Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 20.08.1976) |
SG Köln (Urteil vom 29.05.1974) |
Tenor
Auf die Revisionen des Klägers und der Beigeladenen werden die Urteile des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 20. August 1976 und des Sozialgerichts Köln vom 29. Mai 1974 sowie die Bescheide der Beklagten vom 16. Oktober 1972 und 31. Oktober 1972 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Kindergeld für seinen Sohn Herbert über den 31. Oktober 1971 hinaus bis zum 31. Dezember 1974 zu gewähren.
Die Beklagte hat dem Kläger und der Beigeladenen deren außergerichtliche Kosten aller Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist der Anspruch des Klägers auf Zweitkindergeld für die Zeit von 1. August 1971 bis 31. Dezember 1974.
Der Kläger ist der Vater der Kinder Bernd und Herbert (geb. am 28. April 1954 und 4. September 1956). Er war seit Juli 1953 kaufmännischer Angestellter bei der G. GmbH in Bonn. Diese wurde, aufgrund eines am 17. Juli 1970 in das Handelsregister eingetragenen Umwandlungsbeschlusses, von der W. GmbH – der jetzigen Beigeladenen – übernommen. Diese Gesellschaft änderte in der Folgezeit ihren Namen in L. Nordrhein-Westfalen für Städtebau, Wohnungswesen und Agrarordnung GmbH (LEG). Nach § 2 des Gesellschaftsvertrages steht die Gesellschaft dem Land, den Gemeinden, Gemeindeverbänden und anderen Auftraggebern für den Ausbau der Infrastruktur, die Stadt- und Dorfentwicklung, sowie für die Förderung der Land- und Forstwirtschaft zur Verfügung. Sie verfolgt ausschließlich gemeinnützige Zwecke und ist Organ der staatlichen Wohnungspolitik. Nach § 3 des Vertrages sind die Geschäfte nach kaufmännischen und privatwirtschaftlichen Grundsätzen zu führen.
Für das Arbeitsverhältnis des Klägers war für die hier streitige Zeit der Manteltarifvertrag (MTV) zwischen der Beigeladenen und der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen, Landesbezirksleitung Nordrhein-Westfalen, vom 17. Juli 1969 maßgebend. Für die Zeit ab 1. März 1972 trat an dessen Stelle der MTV vom 19. April 1972.
Die Beklagte gewährte dem Kläger für sein (zweites) Kind Herbert ab September 1970 Kindergeld. Mit Bescheid vom 2. Dezember 1971 stellte sie die Zahlung des Kindergeldes vorläufig mit Ablauf Oktober 1971 ein, weil noch zu klären sei, ob auf die Arbeitnehmer der Beigeladenen die Ausschlußvorschrift des § 7 Abs. 1 Nr. 4 des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) anzuwenden sei. Mit einer Eingabe vom 14. Dezember 1971 begehrte der Kläger die Aufhebung des Einstellungsbescheides und die Weiterzahlung des Kindergeldes. Die Beklagte entzog ihm mit Bescheid vom 22. Februar 1972 das Kindergeld gemäß § 22 BKGG ab September 1970 in Höhe von 25,– DM monatlich. Auf den Widerspruch des Klägers änderte sie diesen Bescheid mit Bescheid vom 16. Oktober 1972 dahin, daß der Anspruch auf Kindergeld ab August 1971 entzogen und das gezahlte Kindergeld für August bis Oktober 1971 in Höhe von 75,– DM zurückgefordert wurde. Der weitergehende Widerspruch des Klägers wurde durch Widerspruchsbescheid vom 31. Oktober 1972 als unbegründet zurückgewiesen. Die gegen die Entziehung und Rückforderung gerichtete Klage hat das Sozialgericht (SG) abgewiesen und die Berufung zugelassen (Urteil vom 29. Mai 1974). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufungen des Klägers und der Beigeladenen zurückgewiesen (Urteil vom 20. August 1976). Es hat zur Begründung ua ausgeführt: Der Kläger sei gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG (in der bis zum 31. Dezember 1974 geltenden Fassung) vom Kindergeldbezug ausgeschlossen. Die Beigeladene sei eine „Unternehmung” im Sinne dieser Bestimmung. Als GmbH gehöre sie zwar dem Privatrecht an. Sie bezeichne sich jedoch selbst als Organ der staatlichen Wohnungspolitik und verfolge ausschließlich gemeinnützige Zwecke. Schließlich sei sie mit Wirkung vom 22. Juni 1970 als gemeinnütziges Siedlungsunternehmen im Sinne des § 1 des Reichssiedlungsgesetz es anerkannt worden. Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers bei der Beigeladenen würden die für Arbeitnehmer des Bundes oder eines Landes geltenden Tarifverträge oder vergleichbare tarifvertragliche Regelungen angewandt. Die Tarifverträge vom 17. Juli 1969 und 19. April 1972 enthielten derartige mit dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 vergleichbare Regelungen. § 7 Abs. 1 Nr 4 BKGG aF stelle auf eine vergleichbare tarifvertragliche Gesamtregelung und nicht auf eine vergleichbare Kinderzuschlagsregelung ab. Die von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) als entscheidend bezeichneten Voraussetzungen für die Vergleichbarkeit seien im vorliegenden Falle erfüllt. Die Vergleichbarkeit scheitere auch nicht daran, daß die Beigeladene ihren Personalbestand seit 1970 um 50 vH habe verringern müssen. Wenn sich die Beigeladene infolge wesentlich veränderter Verhältnisse auf dem Baumarkt vornehmlich als Bauträger betätigt habe, so schließe das nicht aus, daß sie bei veränderter Wirtschaftslage wieder ihren anderen satzungsmäßigen Aufgaben nachgehe. Der MTV sehe – ebenso wie der BAT – die Gewährung von Krankenbezügen bei Arbeitsunfähigkeit infolge Unfall oder Krankheit vor. Wie nach dem BAT könnten bei Krankheits-, Geburts- und Todesfällen im Einvernehmen mit dem Betriebsrat Beihilfen gewährt werden. Ferner werde nach dem MTV 1972 Sterbegeld gezahlt, was im Einzelfall für den Arbeitnehmer günstiger sein könne als nach dem BAT. Lediglich bezüglich der zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung fehle es in dem MTV an einer dem BAT entsprechenden Regelung. Im Ergebnis sei aber eine Gleichartigkeit im Sinne der vom BSG geforderten Art. zu bejahen. Hieran ändere auch nichts, daß die Beigeladene bei überdurchschnittlichen Leistungen zum Tarifgehalt eine widerrufliche Leistungszulage gewähre. Hierin liege kein überwiegendes Indiz dafür, daß in ihrem Bereich dem Leistungsgedanken der Vorzug gegenüber dem Versorgungsgedanken eingeräumt sei, wie er im BAT verwirklicht sei. Der letztlich entscheidende Grund für den Ausschluß des Kindergeldes sei, daß derjenige kein Kindergeld aus öffentlichen Mitteln erhalten solle, der als Beamter oder als Angestellter nach dem BAT Kinderzuschlag ebenfalls aus öffentlichen Mitteln beziehe. Damit solle eine Doppelleistung aus öffentlichen Mitteln vermieden werden. Die Beklagte sei daher berechtigt gewesen, für die streitige Zeit das gezahlte Kindergeld zurückzufordern und die Zahlung für die folgende Zeit zu verweigern.
Zur Begründung ihrer von dem LSG zugelassenen Revisionen tragen der Kläger und die Beigeladene ua vor: Die Beigeladene sei keine Unternehmung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG aF. Aus dem vertraglich festgelegten Zweck der Beigeladenen könne nicht geschlossen werden, sie übe eine mittelbare Verwaltungstätigkeit aus. Die Sicherheit der Arbeitsplätze ihrer Beschäftigten sei von der privatwirtschaftlichen Situation des Baumarktes abhängig, die mit Daseinsvorsorge nicht das mindeste zu tun habe. Diese Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Entwicklung auf dem Baumarkt sei so umfassend, daß die Beigeladene innerhalb kurzer Zeit mehr als die Hälfte ihrer Beschäftigten habe entlassen müssen und die Reduzierung der Zahl der Mitarbeiter weiterhin anhalte. Die in anderen Fällen von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über die Vergleichbarkeit könnten daher auf die Beigeladene nicht angewendet werden. Im übrigen wichen aber auch die tarifvertraglichen Regelungen, die auf das Arbeitsverhältnis des Klägers angewendet würden, von den vergleichbaren tarifvertraglichen Regelungen für Arbeitnehmer des Bundes oder der Länder ab. Bei der Beigeladenen stehe der Leistungsanspruch gegenüber dem Versorgungsgedanken im Vordergrund. So sei beispielsweise die Haushaltszulage in der geringen Höhe von 50,– DM monatlich in keiner Weise mit dem Ortszuschlag zu vergleichen. Dieser betrage nahezu das Zehnfache bis Zwanzigfache der Haushaltszulage der Beigeladenen. Diese Regelung sei gardezu Indiz dafür, daß erwerbswirtschaftliche Gesichtspunkte maßgebend für die rechtliche Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse der Beigeladenen seien.
Der Kläger und die Beigeladene beantragen sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 20. August 1976 sowie das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 29. Mai 1974 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 2. Dezember 1971 und 22. Februar 1972 in der Gestalt des einschränkenden Abänderungsbescheides vom 16. Oktober 1972 und des Widerspruchsbescheides vom 31. Oktober 1972 zu verurteilen, dem Kläger über den 31. Oktober 1971 hinaus bis zum 31. Dezember 1974 Kindergeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG–) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
II
Die durch Zulassung statthaften Revisionen des Klägers und der Beigeladenen sind begründet.
Entgegen der Auffassung der Beklagten und der Vorinstanzen hat der Kläger für die noch streitige Zeit vom 1. August 1971 bis 31. Dezember 1974 Anspruch auf Kindergeld für sein zweites Kind (§§ 1, 2, Abs. 1 Nr. 1, 10 Abs. 1 des Bundeskindergeldgesetzes in der bis zum 31. Dezember 1974 geltenden Fassung –BKGG aF–). Dieser Anspruch ist nicht nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG aF ausgeschlossen. Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers bei der Beigeladenen werden keine Tarifverträge, die für die Arbeitnehmer des Bundes oder eines Landes gelten, oder vergleichbare tarifvertragliche Regelungen angewandt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des 7. Senats des BSG (BSGE 35, 156 ff; Urteile vom 30. Januar 1973 – 7 RKg 30/70; vom 27. September 1968 in SozR Nr. 3 zu § 7 BKGG, vom 7. August 1974 = 7 RKg 13/73), der sich auch der erkennende Senat angeschlossen hat (Urteil vom 19. Dezember 1974 = 8/7 RKg 12/73), ist Voraussetzung für den Ausschluß des Kindergeldanspruches nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG aF, daß ein Arbeitsverhältnis bei einer Vereinigung (Einrichtung oder Unternehmung) im Sinne dieser Vorschrift besteht und daß darauf die für Arbeitnehmer des Bundes oder eines Landes geltenden Tarifverträge oder vergleichbare tarifvertragliche Regelungen angewendet werden. Fehlt es an einer dieser Voraussetzungen, ist der Ausschlußtatbestand nicht erfüllt.
Für die vorliegende Entscheidung kann dahinstehen, ob die Beigeladene eine Unternehmung im Sinne der von der genannten Rechtsprechung hierzu entwickelten Grundsätze ist, insbesondere, ob diese Voraussetzungen mindestens deshalb nicht mehr gegeben sind, weil sich die Beigeladene nach ihren Angaben praktisch nur noch als Bauträger betätigt und ihren im Gesellschaftsvertrag niedergelegten Aufgaben nicht mehr in vollem Umfang nachgehen kann. Immerhin ist sie nicht nur „Organ der staatlichen Wohnungspolitik” (§ 2 des Gesellschaftsvertrages), sondern auch anerkanntes gemeinnütziges Siedlungsunternehmen. Nach den genannten Urteilen ist die Förderung des Wohnungsbaus jedoch eine Aufgabe der Verwaltung im Rahmen der Daseinsvorsorge, wobei in diesem Zusammenhang die Tätigkeit des Unternehmens maßgebend ist und nicht, wie die Revision zu meinen scheint, die Daseinsvorsorge des Betriebes gegenüber seinen Beschäftigten.
Dem Beschäftigungsverhältnis des Klägers bei der Beigeladenen liegen für die streitige Zeit die MTVe vom 17. Juli 1969 und 19. April 1972 zugrunde, die keine Bezugnahme auf für den öffentlichen Dienst geltende Tarifverträge enthalten, so daß solche Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis nicht unmittelbar angewendet werden. Die genannten MTVe sind aber auch mit solchen Tarifverträgen nicht vergleichbar, insbesondere nicht mit dem BAT vom 23. Februar 1961.
Nach der oben genannten Rechtsprechung bedeutet Vergleichbarkeit im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG aF nicht Gleichartigkeit in allen Punkten. Maßgebend ist vielmehr, ob in die Regelung allgemein bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen der wesentliche Inhalt eines Tarifvertrages für Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes aufgenommen oder einbezogen ist. Einzelne Unterschiede schließen die Vergleichbarkeit nicht aus, wenn der für den öffentlichen Dienst typische Charakter der Gesamtregelung erhalten bleibt. Von entscheidender Bedeutung für die Vergleichbarkeit in diesem Sinne ist, ob die Vergütung nach Vergütungsgruppen und Lebensaltersstufen oder der Lohn nach Lohngruppen und Dienstzeitstufen und Ortslohnklassen bemessen wird, und ob Ortszuschläge oder Sozialzuschläge, Krankenbezüge, Beihilfen und Unterstützungen, Sterbegeld und Übergangsgeld, ein erweiterter Kündigungsschutz (gestaffelte Kündigungsfristen), Unkündbarkeit nach längerer Beschäftigungszeit und eine zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung gewährleistet werden (vgl. BSGE 35, 156, Leitsatz 3). Zutreffend geht der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung in seinem Erlaß vom 28. Juni 1972 (Dienstblatt der Beklagten Teil A 1972 Seite 791, 792) davon aus, daß eine den Kindergeldanspruch ausschließende Gesamtregelung nicht vorliegt, wenn es auch nur an einem der oben angegebenen (entscheidenden) Kriterien fehlt. Andererseits wird die Vergleichbarkeit im oa Sinne nicht dadurch ausgeschlossen, daß in einem Punkt eine generelle Regelung in der Unternehmung zwar besteht, die rechtliche Wirkung sich aber nicht aus dem Tarifvertrag, sondern aus einem Einzelvertrag aufgrund einer Bezugnahme auf eine tarifrechtliche Regelung, eine vertragliche Einheitsregelung, eine betriebliche Übung oder aus einer Betriebsvereinbarung herleitet (BSGE 35, 156, 157, Leitsatz 4). So hat der 7. Senat in seinem Urteil vom 30. Januar 1973 eine vergleichbare Gesamtregelung angenommen, obwohl der Tarifvertrag keine Bestimmungen über eine zusätzliche Alters- oder Hinterbliebenenversorgung vorsah, wie sie § 46 BAT in Verbindung mit dem Versorgungstarifvertrag vom 4. November 1966 enthielt. Das werde jedoch dadurch ausgeglichen, daß sich das Unternehmen an der Höherversicherung seiner Angestellten vor Vollendung des fünften Dienstjahres mit zwei Dritteln der Beiträge beteilige und danach sogar die Beitrage voll übernehme, wobei es sich um eine gleichmäßige und vorbehaltlose, durch Beschluß des Aufsichtsrates eingeführte, betriebliche Übung handele, die Bestandteil der Einzelarbeitsverträge werde. Der Einbeziehung dieser betrieblichen Übung stehe für die Vergleichbarkeit nicht entgegen, daß in § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG aF ausdrücklich „vergleichbare tarifvertragliche Regelungen” gefordert würden (BSGE 32, 98, 35, 156, 163). Eine vergleichbare Gesamtregelung liegt jedoch nicht vor, wenn der Tarifvertrag bezüglich einer wesentlichen Leistung zwar eine Regelung enthält, diese dem Unternehmen aber eine derartige Gestaltungsfreiheit läßt, daß die Leistung durch den Tarifvertrag selbst nicht gewährleistet ist und auch tatsächlich nicht erbracht wird.
Nach den insoweit nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des LSG enthalten die MTVe vom 17. Juli 1969 und 19. April 1972 in vielen Punkten zwar Regelungen, die denen des BAT vergleichbar sind, etwa hinsichtlich der Vergütung nach Vergütungsgruppen und im Ergebnis auch nach Altersstufen, der Gewährung von Krankenbezügen, eines Sterbegeldes und Übergangsgeldes. Auch besteht ein erweiterter Kündigungsschutz, wobei es allerdings zweifelhaft sein kann, ob die Unkündbarkeit nach 25jähriger Betriebszugehörigkeit mit derjenigen nach 15 Jahren (§ 53 BAT) noch vergleichbar ist.
Demgegenüber erscheint jedoch die Haushaltszulage von einheitlich 50,– DM monatlich dem Ortszuschlag des BAT nicht vergleichbar. Zwar enthält § 29 BAT keine unmittelbare Regelung der Ortszuschläge, verweist vielmehr auf die für Beamte des Arbeitgebers geltenden Bestimmungen. Das kann aber nicht bedeuten, daß hinsichtlich der „Vergleichbarkeit” diese Regelung außer Betracht bleiben muß, weil es im Bereich des betreffenden privatwirtschaftlichen Unternehmens keine Beamten gibt. Vielmehr sind die entsprechenden Besoldungsordnungen des Bundes und der Länder zum Vergleich heranzuziehen. Dabei ergibt sich, was die Revision zu Recht rügt, daß die beamtenrechtlichen Ortszuschläge schon dem Betrag nach wesentlich höher liegen als die Haushaltszulage der Beklagten und nach Vergütungsgruppen, Familienstand und Kinderzahl gegliedert sind. Die einheitliche Haushaltszulage erhalten dagegen ausnahmslos alle über dreißig- bzw fünfunddreißigjährigen Beschäftigten und diejenigen Jüngeren, die nachweislich Haupternährer ihrer Familie bzw verwitwet oder geschieden sind (§ 14 MTV 1969, 1972).
Bezüglich der Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Greburts- und Todesfällen bestimmt § 24 MTV 1969, daß solche Beihilfen gewährt werden können und § 26 MTV 1972 verweist wegen deren Art. und Umfang auf eine Betriebsvereinbarung. Demgegenüber gibt zwar § 40 BAT den Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes keinen unmittelbaren Beihilfeanspruch (vgl. Urteil vom 30. Januar 1973 = 7 RKg 31/70, Seite 16), er setzt aber das Vorhandensein solcher Regelungen bei den einzelnen Arbeitgebern voraus. Die Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst haben einen Rechtsanspruch auf Gewährung von Beihilfen als Auswirkung der Fürsorgepflicht des öffentlichen Arbeitgebers (Uttlinger/Breier, Bundesangestelltentarifvertrag, Stand Mai 1976, Erl. zu § 40 BAT Seite 202b). Lediglich dessen Ausgestaltung im einzelnen bleibt dem Arbeitgeber überlassen. Bei der Beigeladenen dagegen handelt es sich insoweit schon dem Grunde nach um eine Ermessensleistung. Nach den nicht angefochtenen Feststellungen des LSG ist eine Betriebsvereinbarung über Beihilfen bisher weder getroffen, noch sind in der streitigen Zeit tatsächlich Beihilfen gezahlt worden. Es fehlt daher in diesem Punkte ebenfalls an einer dem Recht des öffentlichen Dienstes vergleichbaren Regelung. Die §§ 24 MTV 1969 und 26 MTV 1972 sind (bisher jedenfalls) praktisch gegenstandslos.
Was schließlich die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung (§ 46 BAT iVm dem Versorgungstarifvertrag vom 4. November 1966 und dessen Ergänzungen) angeht, so würde allerdings einer „Vergleichbarkeit” der MTVe 1969 und 1972 nicht grundsätzlich entgegenstehen, daß sie keine diesbezüglichen Regelungen enthalten. Insoweit bestehen Richtlinien (vgl. SG-Urteil, Seite 6), hinsichtlich derer im Berufungs- und Revisionsverfahren keine abweichenden tatsächlichen Umstände hervorgetreten sind. Ob diese Richtlinien insbesondere deshalb die fehlende tarifvertragliche Regelung nicht ausgleichen, weil dort allen Arbeitnehmern und ihren Witwen und Waisen eine Ausgleichshilfe seitens des Betriebes und keine zusätzliche Versicherung eingeräumt wird und weil diese Beihilfe eine freiwillige und jederzeit widerrufliche Leistung ist, kann im Ergebnis unentschieden bleiben, weil es an einer Vergleichbarkeit bereits in den beiden oben genannten wesentlichen Punkten (Ortszuschlag und Beihilfe in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen) fehlt und deshalb die Gesamtregelung nicht „vergleichbar” ist.
Daran vermag die von dem LSG ergänzend für seine Rechtsauffassung herangezogene Erwägung nichts zu ändern, daß der Ausschluß der Kindergeldberechtigung nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG aF zur Vermeidung des Doppelbezuges gleichartiger Leistungen aus öffentlichen Mitteln dienen solle und die Beigeladene dem öffentlichen Dienst zuzurechnen sei. Dem steht vielmehr der eindeutige Gesetzeswortlaut entgegen, wonach es sich um eine Unternehmung handeln muß, (die Aufgaben der Verwaltung wahrnimmt) und auf deren Arbeitsverhältnisse „vergleichbare” tarifvertragliche Regelungen angewendet werden. Nur wenn beide Voraussetzungen erfüllt sind, ist der Kindergeldanspruch ausgeschlossen. Das ist nach dem oben Gesagten jedoch nicht der Fall. Dem Kläger steht daher das für die streitige Zeit begehrte Kindergeld zu, so daß auch die Entziehung und Rückforderung des für die Monate August bis Oktober 1971 bereits gezahlten Kindergeldes rechtswidrig ist.
Die Urteile der Vorinstanzen waren daher aufzuheben. Nachdem die Beklagte ihre Bescheide vom 2. Dezember 1971 und 22. Februar 1972 mit den nachfolgenden Bescheiden vom 16. Oktober 1972 und 31. Oktober 1972 (Widerspruchsbescheid) selbst geändert hatte, bedurfte es nur der Aufhebung dieser beiden letztgenannten Bescheide und der Verurteilung der Beklagten zur Zahlung des Kindergeldes für das zweite Kind des Klägers bis zum 31. Dezember 1974.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen