Leitsatz (amtlich)

Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, daß das vorgezogene Altersruhegeld auch unter Berücksichtigung des ArVNG Art 2 § 25 Abs 2 nicht vor dem ersten des Antragsmonats beginnen kann (Vergleiche BSG 1960-09-21- 4 RJ 125/59 = BSGE 13,79).

 

Normenkette

ArVNG Art. 2 § 25 Abs. 2 Fassung: 1957-02-23

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts in Celle vom 5. August 1959 insoweit aufgehoben, als es das Altersruhegeld für die Zeit vom 1. Januar bis 30. September 1957 betrifft.

Insoweit wird auf die Berufung der Beklagten auch das Urteil des Sozialgerichts in Lüneburg vom 17. Februar 1959 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Tatbestand

Der am 8. November 1896 geborene Kläger war mit Unterbrechungen bis zum 11. Dezember 1955 als Arbeiter tätig. Am 12. Dezember 1955 meldete er sich arbeitslos und erhielt von diesem Tage an Arbeitslosenunterstützung. Da er ihm angebotene Arbeiten ohne besonderen Grund nicht aufnahm, wurden gegen ihn zwei Sperrfristen verhängt. Während deren Dauer erhielt er nur eine ermäßigte Arbeitslosenunterstützung. Vom 18. April 1956 an bezog er Arbeitslosenhilfe. Vom 13. Oktober 1956 bis zum 31. Oktober 1956 war er als Notstandsarbeiter beschäftigt. Vom 1. November 1956 an bezog er wieder Arbeitslosenhilfe. Mit Wirkung vom 5. September 1957 an stellte das Arbeitsamt die Unterstützung ein, weil der Kläger nach seinem körperlichen Zustand nicht mehr als nur noch geringfügige Lohnarbeiten unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten könne. Der Kläger bemühte sich in der Folgezeit nicht mehr um Arbeit.

Am 14. Oktober 1955 beantragte er bei der Beklagten die Zahlung von Invalidenrente wegen Vorliegens von Invalidität. Der Antrag wurde nach einer ärztlichen Untersuchung durch Bescheid der Beklagten vom 18. Juli 1956 abgelehnt.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht, in welchem der Kläger schriftlich zunächst Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 18. Juli 1956 und Verurteilung zur Gewährung von Invalidenrente begehrt hatte, stellte er, nachdem das Sozialgericht mehrere ärztliche Gutachten eingeholt hatte, in der mündlichen Verhandlung vom 17. Januar 1958 den Antrag auf Gewährung von vorgezogenem Altersruhegeld nach § 1248 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) und in der mündlichen Verhandlung vom 17. Februar 1959 den Antrag, den Bescheid der Beklagten vom 18. Juli 1956 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm vom 1. Januar 1957 an vorgezogenes Altersruhegeld nach § 1248 Abs. 2 RVO in gesetzlicher Höhe zu zahlen.

Bei der Beklagten stellte er am 30. Mai 1958 Antrag auf Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit und des vorgezogenen Altersruhegeldes nach § 1248 Abs. 2 RVO sowie am 14. Mai 1960 den Antrag auf Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit, um zu erreichen, daß er diese Rente sofort - ohne Rücksicht auf den laufenden Prozeß - erhalten konnte.

Das Sozialgericht verurteilte die Beklagte durch Urteil vom 17. Februar 1959 unter Abänderung des Bescheides der Beklagten vom 18. Juli 1956 zur Gewährung von Altersruhegeld nach § 1248 Abs. 2 RVO vom 1. Januar 1957 an.

Gegen dieses Urteil legte die Beklagte Berufung ein und beantragte, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 18. Juli 1956 in vollem Umfang abzuweisen.

Der Kläger erhob Anschlußberufung und beantragte,

1. die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß diese zur Zahlung von Altersruhegeld nach § 1248 Abs. 2 RVO für die Zeit vom 1. Januar 1957 bis zum 30. September 1957 verurteilt werde,

2. ferner die Beklagte zu verurteilen, ihm vom 1. Oktober 1957 an Rente wegen Berufsunfähigkeit in gesetzlicher Höhe zu zahlen.

Das Landessozialgericht in Celle entschied durch Teilurteil vom 5. August 1959 über den Anspruch des Klägers auf vorgezogenes Altersruhegeld nach § 1248 Abs. 2 RVO wie folgt:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 17. Februar 1959 dahin geändert, daß sie Altersruhegeld nach § 1248 Abs. 2 RVO nur bis zum 30. September 1959 zu zahlen hat.

Ihre weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung über die Klage auf. Zahlung von Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 1. Oktober 1957 sowie die Kostenentscheidung bleiben dem Schlußurteil vorbehalten.

Die Revision wird zugelassen.

Das Sozialgericht habe über den Anspruch auf vorgezogenes Altersruhegeld entscheiden dürfen. Zwar habe sich der Kläger zunächst nur gegen die Ablehnung der Invalidenrente gewandt. Die Klageänderung sei aber nach § 99 Abs. 1 und Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig.

Dem Kläger stehe vorgezogenes Altersruhegeld für die Zeit vom 1. Januar 1957 bis zum 30. September 1957 zu. Die Voraussetzungen für den Eintritt des Versicherungsfalles (§ 1248 Abs. 2 Satz 1 RVO) seien am 1. Januar 1957 gegeben gewesen. Der Kläger sei am 8. November 1956 60 Jahre alt geworden. Die Wartezeit von 180 Beitragsmonaten sei erfüllt gewesen. Der erforderliche Antrag, der Anspruchsvoraussetzung sei, habe zwar am 1. Januar 1957 noch nicht vorgelegen. Nach Art. 2 § 25 Abs. 2 des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (ArVNG) könne jedoch gleichwohl die Rente mit dem 1. Januar 1957 beginnen. Der Kläger sei auch vor dem 1. Januar 1957 mindestens ein Jahr lang ununterbrochen arbeitslos gewesen. Die beiden Sperrfristen hätten die Arbeitslosigkeit nicht unterbrochen, weil der Kläger während ihrer Dauer die gekürzte Arbeitslosenfürsorgeunterstützung (Alfu) nach § 5 des Anhangs zur Militärregierungsverordnung (MRVO) Nr. 117 erhalten und für diese Zeit der Meldepflicht nach § 73 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) aF unterlegen habe und dieser auch nachgekommen sei. Man könne nicht sagen, der Kläger sei während dieser beiden Sperrfristen nicht arbeitswillig gewesen; denn dann wäre ihm die Unterstützung vollständig versagt worden. Ebensowenig sei die Beschäftigung als Notstandsarbeiter, da sie nicht über eine gelegentliche Aushilfe hinausgehe, von Einfluß. Die Auffassung der Beklagten, § 1248 Abs. 2 Satz 4 RVO beziehe sich nur auf ein bereits zustehendes Altersruhegeld, gelte aber nicht für Satz 2 des Abs. 2, sei nicht richtig.

Die Revision wurde zugelassen.

Das Urteil ist der Beklagten am 26. August 1959 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 14. September 1959, beim Bundessozialgericht eingegangen am 22. September 1959, hat die Beklagte unter Antragstellung Revision eingelegt und diese gleichzeitig begründet. Sie rügt Verletzung des § 1248 Abs. 2 RVO und des Art. 2 § 25 Abs. 2 ArVNG.

Das Landessozialgericht habe den Begriff der Arbeitslosigkeit im Sinne des § 1248 Abs. 2 RVO verkannt und zu Unrecht § 1248 Abs. 2 Satz 4 RVO auf Satz 1 dieser Vorschrift bezogen. Aus der Entstehungsgeschichte des § 1248 Abs. 2 RVO könne nicht geschlossen werden, daß Satz 4 des § 1248 Abs. 2 RVO auch auf Satz 1 dieser Bestimmung anzuwenden sei. Satz 4 enthalte anders als Abs. 4 des § 397 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) aF, dessen Anwendung auf die Absätze 1 und 3 ausdrücklich vorgeschrieben sei, nicht eine Verweisung auf den Satz 1. Demnach unterbreche jede Tätigkeit die Jahresfrist des Satzes 1. Da der Kläger vom 13. bis zum 31. Oktober 1956 beschäftigt gewesen sei, habe die Arbeitslosigkeit am 12. Oktober 1956 geendet und am 31. Oktober 1956 habe mit Beendigung dieser Tätigkeit eine neue Arbeitslosenzeit begonnen. Von diesem Zeitpunkt an sei daher die Frist des § 1248 Abs. 2 RVO erneut gelaufen.

Das angefochtene Urteil sei aber auch deshalb unrichtig, weil das Berufungsgericht angenommen habe, das Altersruhegeld könne vom 1. Januar 1957 an gewährt werden, obwohl zu diesem Zeitpunkt ein Antrag des Klägers auf Altersruhegeld noch, nicht vorgelegen habe. Bei dem Rentenantrag des Klägers vom Oktober 1955 habe es sich nach der damaligen Rechtslage nur um einen Antrag auf Invalidenrente handeln können. Dieser sei mit Bescheid vom 18. Juli 1956, also vor Inkrafttreten des ArVNG, abgelehnt worden. Damit sei das Verwaltungsverfahren mit seinen weitherzigen Auslegungsregeln hinsichtlich des Antrages abgeschlossen gewesen. Im sozialgerichtlichen Verfahren sei dagegen der Klagantrag entscheidend gewesen. Erst in der mündlichen Verhandlung vom 17. Januar 1959 habe aber der Kläger erstmals Altersruhegeld beantragt.

Das Landessozialgericht habe zu Unrecht angenommen, daß dem Kläger gleichwohl vorgezogenes Altersruhegeld nach der Übergangsvorschrift des Art. 2 § 25 Abs. 2 ArVNG bereits vom 1. Januar 1957 an gewährt werden müsse. § 25 Abs. 2 Satz 2 ArVNG ergänze den Satz 1 dieses Absatzes. Es sei nicht angängig, diese Vorschrift isoliert von Satz 1 zu lesen. Der Abs. 2 aber betreffe die Fälle, in denen die Leistung als solche schon vor dem 1. Januar 1957 hätte gewährt werden können, auf sie jedoch nach der damals geltenden Rechtslage, beispielsweise wegen Anwartschaftsverlustes, kein Anspruch bestanden habe. Es erscheine abwegig, eine nach dem bis zum 31. Dezember 1956 geltenden Recht überhaupt nicht vorgesehene Leistung unter die Vorschrift des Art. 2 § 25 Abs. 2 ArVNG zu fassen. Hier werde nämlich nicht durch dieses Gesetz erst ein Anspruch begründet, sondern eine Leistung eingeführt, die es früher nicht gegeben habe.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil und das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen, soweit sie zur Zahlung des vorgezogenen Altersruhegeldes verurteilt worden ist.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er schließt sich dem angefochtenen Urteil an. Zudem müsse der von ihm im Jahre 1955 gestellte Rentenantrag auch als Antrag auf Gewährung des vorgezogenen Altersruhegeldes angesehen werden.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Da das Berufungsgericht sie zugelassen hat, ist sie auch statthaft. Bedenken gegen ihre Zulässigkeit bestehen somit nicht. Es konnte ihr auch der Erfolg nicht versagt bleiben.

Gegen die Zulässigkeit der Berufung sind, obwohl im Zeitpunkt des Schlusses der letzten mündlichen Verhandlung das vorgezogene Altersruhegeld nur noch für eine bereits abgelaufene Zeit begehrt worden ist und daher in diesem Zeitpunkt auch die Berufung nur noch Rente für eine bereits abgelaufene Zeit betraf, keine Bedenken nach § 146 SGG zu erheben, da es insoweit, wie der erkennende. Senat bereits anderweitig entschieden hat, grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Einlegung der Berufung und nicht auf den Zeitpunkt des Schlusses der letzten mündlichen Verhandlung ankommt (SozR, SGG § 146 Da 3 Nr. 6). In dem ersten Zeitpunkt aber war noch Anspruch auf Gewährung einer zeitlich unbegrenzten Rente erhoben und auch die Berufung betraf in diesem Zeitpunkt noch den zeitlich unbegrenzten Rentenanspruch. Eine im Laufe des Berufungsverfahrens eintretende Beschränkung der Berufung auf eine bereits abgelaufene Zeit ist jedenfalls dann ohne Bedeutung für ihre Zulässigkeit, wenn sie, wie hier, nicht willkürlich durch den Rechtsmittelkläger erfolgt, sondern infolge der im Laufe des Berufungsverfahrens durch den Kläger vorgenommenen Beschränkung des Klageanspruchs erforderlich geworden ist.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist aber der Anspruch des Klägers auf Gewährung des vorgezogenen Altersruhegeldes für die allein noch im Streit befangene Zeit vom 1. Januar bis zum 30. September 1957 nicht gegeben. Der Kläger hat erstmalig - und zwar dem Gericht gegenüber - Antrag auf Gewährung des vorgezogenen Altersruhegeldes im Januar 1958 und der Beklagten gegenüber sogar erst im Mai 1958 gestellt. Der Kläger meint zwar, daß sein Antrag vom 14. Oktober 1955 auf Gewährung von Invalidenrente auch als Antrag auf Gewährung des vorgezogenen Altersruhegeldes aufgefaßt werden müsse. Diese Ansicht ist jedoch rechtsirrig. Wenn es auch richtig ist, daß ein Rentenantrag weit auszulegen ist, so ist es doch nicht möglich, ihn dahin aufzufassen, daß die Gewährung einer Rentenart, die zu dieser Zeit gesetzlich überhaupt noch nicht vorgesehen war, die der Antragsteller also nicht in seinen Willen aufgenommen haben konnte, begehrt werde.

Selbst wenn man den dem Gericht gegenüber im Januar 1958 gestellten Klageantrag als einen der Beklagten gegenüber wirksamen Rentenantrag auffassen würde, könnte das vorgezogene Altersruhegeld nach § 1290 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 5 RVO daher allenfalls vom 1. Januar 1958 an, also keinesfalls für die hier streitige Zeit gewährt werden. Das Berufungsgericht hat dies auch nicht verkannt, meint aber, dieser Anspruch sei nach Art. 2 § 25 Abs. 2 ArVNG begründet, weil die Voraussetzungen des vorgezogenen Altersruhegeldes bereits bei Inkrafttreten des ArVNG vorgelegen hätten. Es verkennt jedoch, daß, wie der erkennende Senat bereits anderweitig entschieden hat (BSG 13, 79; SozR RVO § 1248 A a 3 Nr. 5), das vorgezogene Altersruhegeld nicht vor dem ersten des Antragsmonats beginnen kann. Richtig ist, daß es nach der genannten Vorschrift auf den Zeitpunkt der Antragstellung nicht ankommt, die Rente vielmehr auch dann vom 1. Januar 1957 an zu gewähren ist, wenn der Antrag erst später gestellt wird. Andererseits hängt der Beginn der Rente zum 1. Januar 1957 davon ab, daß bei Inkrafttreten des ArVNG die Voraussetzungen des Rentenanspruchs vorliegen. Wenn nun der Rentenantrag, wie bei dem vorgezogenen Altersruhegeld, materielle Anspruchsvoraussetzung ist (§§ 1248 Abs. 2 und 3, 1290 Abs. 5 RVO), so ist allerdings nicht miteinander vereinbar, daß einerseits der Zeitpunkt der Antragstellung ohne Bedeutung für den frühzeitigen Beginn der Rente ist, andererseits aber Voraussetzung dieses frühzeitigen Rentenbeginns ist, daß er am 1. Januar 1957 gestellt gewesen sein muß. Diese Vorschrift ist nur für die Regelfälle gedacht, in welchen der Antrag nicht materielle Anspruchsvoraussetzung ist. Dieser Annahme steht auch nicht etwa Art. 2 § 7 ArVNG entgegen. Richtig ist, daß an sich aus dem Wortlaut dieser Vorschrift entnommen werden muß, daß der Gesetzgeber auch an die Möglichkeit von Fällen gedacht hat, in denen das in § 1248 Abs. 2 RVO erwähnte Jahr der Arbeitslosigkeit ganz vor dem 1. Januar 1957 gelegen hat, daß diese Fälle aber andererseits überhaupt nicht eintreten können, wenn sich der Rentenbeginn ausschließlich nach § 1290 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 5 RVO richtet; denn der Antrag konnte erst nach Verkündung des Gesetzes, also frühestens im Februar 1957, gestellt werden. Es darf jedoch nicht übersehen werden, daß die Vorschriften des ArVNG in dem Gedanken entworfen worden sind, daß das Gesetz vor seinem Inkrafttreten, also spätestens im Dezember 1956, verkündet werden würde. Dadurch daß sich seine Verkündung dann aber bis zum Februar 1957 hinausgezogen hat und es trotzdem bei dem Inkrafttreten am 1. Januar 1957 verblieb, ergaben sich Unstimmigkeiten dieser Art, die nur zum Teil noch durch entsprechende Anpassung dieser Vorschriften ausgeräumt worden sind. Aus der Fassung des Art. 2 § 7 ArVNG können also keine entsprechenden Erkenntnisse für die Auslegung des Art. 2 § 25 Abs. 2 ArVNG gewonnen werden. Allenfalls ließe sich aus allgemeinen Erwägungen die Notwendigkeit begründen, das vorgezogene Altersruhegeld entgegen § 1290 Abs. 1 in Verbindung mit § 5 RVO auch dann bereits vom 1. Januar 1957 an zu gewähren, wenn der Antrag erst eine angemessene Zeit nach der Verkündung des ArVNG gestellt worden ist. Allerdings könnte diese Zeitspanne keinesfalls so weit gefaßt werden, daß der vorliegende Fall, in welchem der Antrag frühestens im Jahre 1958 gestellt worden ist, noch davon berührt werden könnte.

Auch eine entsprechende Anwendung des Art. 2 § 25 Abs. 2 ArVNG auf das vorgezogene Altersruhegeld ist nicht möglich. Es würde, wie der erkennende Senat bereits in dem o.a. Urteil entschieden hat, dem Wesen des vorgezogenen Altersruhegeldes widersprechen, wenn dem Versicherten die Entscheidung über den Beginn der Rente aus der Hand genommen würde, zumal der Zeitpunkt des Beginns der Rente für ihn auch insoweit, von erheblicher Bedeutung ist, als er nach § 1229 Abs. 1 Nr. 1 RVO vom Rentenbeginn an versicherungsfrei ist und er sich nach § 1233 Abs. 1 RVO von diesem Zeitpunkt an nicht mehr weiterversichern kann. Alle von ihm seit dem 1. Januar 1957 bis zur Antragstellung entrichteten Beiträge würden also, ohne daß er hieran etwas ändern könnte, rückwirkend unwirksam. Dieses Ergebnis aber wäre für ihn nicht tragbar. Wenn dieses Problem auch praktisch bei Versicherten, die einen Rentenantrag nach § 1248 Abs. 2 RVO stellen - bei denen es sich also um Arbeitslose handelt -, auch wohl keine große Bedeutung haben wird, so ist es doch von einer erheblichen praktischen Bedeutung für Versicherte, die einen Antrag nach § 1248 Abs. 3 RVO stellen. Beide Vorschriften können aber, soweit sie für die hier anstehende Frage bedeutsam sind, nicht verschieden angewandt werden.

Da der Anspruch des Klägers auf vorgezogenes Altersruhegeld für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. September 1957 somit nicht begründet ist, mußten das angefochtene Urteil und - auf die Berufung der Beklagten - das Urteil des Sozialgerichts in Lüneburg vom 17. Februar 1959 insoweit aufgehoben werden, als die Beklagte zur Zahlung des vorgezogenen Altersruhegeldes für die streitige Zeit verurteilt worden ist, und es mußte die Klage insoweit abgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2304674

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