Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Urteil vom 20.06.1990) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 20. Juni 1990 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an das Bayerische Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Der Kläger ist als Zahnarzt am Zahnarzt-Ersatzkassenvertrag (EKV-Zahnärzte) beteiligt. Im November 1985 gliederte er bei einem Mitglied der Beigeladenen zu 1), einer Ersatzkasse (ErsK), eine Brücke im Unterkiefer links ein (Zähne 34 – 36). Im Dezember 1985 setzte er im Oberkiefer rechts (Zähne 17 – 12) provisorisch eine weitere Brücke ein, die später endgültig eingegliedert werden sollte. Nach dem von der Beigeladenen zu 1) genehmigten Heil- und Kostenplan sollte auch im Bereich des Oberkiefers links (Zähne 24 – 26) eine Brücke eingegliedert werden. Diese Maßnahme ist vom Kläger jedoch nicht durchgeführt worden.
Nachdem sich die Versicherte wegen unzulänglicher Bißverhältnisse an die Beigeladene zu 1) gewandt hatte, veranlaßte diese eine Begutachtung durch den Zahnarzt K.. Dieser kam in seinem Gutachten vom 27. Januar 1986 nach Untersuchung der Klägerin zu dem Ergebnis, daß die Arbeit des Klägers nicht frei von Fehlern sei. Bei der Unterkieferbrücke links führte er die Mängel auf einen Planungsfehler zurück; eine Nachbesserung sei insoweit nicht möglich. In bezug auf die nur provisorisch eingegliederte Brücke im Oberkiefer rechts schloß der Gutachter eine Nachbesserung nicht aus.
Mit Schreiben vom 4. Februar 1986 legte der Kläger der beigeladenen ErsK einen geänderten Heil- und Kostenplan vor, der nur noch die bereits durchgeführten Maßnahmen im Oberkiefer rechts und Unterkiefer links enthielt. Zugleich lehnte er eine Behandlung im Hinblick auf die ursprünglich im Oberkiefer links vorgesehene Brücke ab, weil die Versicherte trotz seines dringenden Anratens einer gleichzeitigen Versorgung mit Brücken im linken Ober- und Unterkiefer nicht zugestimmt habe. Die Beigeladene zu 1) genehmigte den geänderten Heil- und Kostenplan.
Die beklagte Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZÄV) teilte dem Kläger mit, daß sie aufgrund der Feststellungen des Gutachters K. den Kassenanteil von 4.002,50 DM an die Beigeladene zu 1) erstatten und das Honorarkonto des Klägers entsprechend belasten werde (Bescheid vom 21. Juli 1987). Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10. November 1987).
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 7. November 1989); das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 20. Juni 1990).
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 77, 103 und 128 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sowie des § 12 iVm § 9 Nr 6 EKV-Zahnärzte. Einer Rückforderung des Kassenanteils habe im Hinblick auf die Unterkieferbrücke links schon entgegengestanden, daß die Beigeladene zu 1) nachträglich in Kenntnis des vollen Sachverhaltes den geänderten Heil- und Kostenplan genehmigt habe. Bei der Feststellung, der Zahnersatz sei für die Versicherte wertlos, habe das LSG die Grenzen der freien Beweiswürdigung überschritten und die Amtsermittlungspflicht verletzt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 20. Juni 1990, das Urteil des Sozialgerichts München vom 7. November 1989 und den Bescheid der Beklagten vom 21. Juli 1987 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. November 1987 aufzuheben.
Die Beklagte und die Beigeladene zu 1) beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist iS der Zurückverweisung des Rechtsstreits an die Vorinstanz begründet. Hinsichtlich der Oberkieferbrücke rechts ist eine abschließende Beurteilung nicht möglich, weil die Feststellungen des LSG zur Wertlosigkeit der erbrachten Prothetik keinen Bestand haben. Hinsichtlich der Unterkieferbrücke links ist der angefochtene Bescheid aufzuheben. Der Senat hat davon abgesehen, insoweit durch Teilurteil endgültig zu entscheiden, weil das angefochtene Urteil nicht erkennen läßt, in welcher Höhe die Schadensersatzforderung über 4.002,50 DM auf die Unterkieferbrücke links entfällt.
Der Senat entscheidet in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Kassenzahnärzte. Denn es handelt sich um eine Angelegenheit der Kassenzahnärzte iS des § 12 Abs 3 Satz 2 SGG, nicht um eine Angelegenheit des Kassenzahnarztrechts iS des § 12 Abs 3 Satz 1 SGG (BSG SozR 3-5555 § 12 Nr 3).
Gegenstand des Rechtsstreits ist entgegen der Auffassung des LSG kein (öffentlich-rechtlicher) Erstattungs- sondern ein Schadensersatzanspruch. Die KZÄV hat im angefochtenen Bescheid „dem Rückforderungsantrag der Krankenkasse” stattgegeben, weil, wie im Widerspruchsbescheid näher ausgeführt, das provisorische Einsetzen einer mangelhaften Brücke oben rechts nicht zur Abrechnung berechtige, und weil die Brücke unten links fehlerhaft geplant sei. Der Bescheid ist als Feststellung eines Schadensersatzanspruchs der beigeladenen ErsK gegen den Kläger auszulegen. Eine Auslegung als Erstattungsbescheid kommt nicht in Betracht, obwohl die Beklagte im angefochtenen Bescheid eine Abbuchung des Kassenanteils vom Honorarkonto des Klägers beschlossen hat, und obwohl der Kläger in bezug auf die Oberkieferbrücke rechts eine noch nicht abgeschlossene Leistung abgerechnet hat. Die Abbuchung des Kassenanteils ist vielmehr nach dem Gesamtinhalt des Bescheides dahin zu verstehen, daß die erbrachte Leistung als wertlos angesehen und der dadurch entstandene Schaden mit dem hierfür gezahlten Honorar beziffert wurde. Die Abrechnung einer noch nicht abgeschlossenen Leistung kann eine Auslegung des angefochtenen Bescheides im Sinne einer stillschweigenden Aufhebung des Honorarbescheides nicht rechtfertigen, weil die Behandlung vor ihrer Abrechnung tatsächlich beendet war. Nach dem Abbruch der Behandlung durch die Versicherte und der Weigerung des Klägers, diese weiterzubehandeln, war die Behandlung jedenfalls durch den Kläger abgeschlossen. Für diesen Fall sieht § 11 Nr 2 Abs 3 EKV-Zahnärzte ausdrücklich eine Ausnahme von dem Grundsatz vor, daß nur abgeschlossene Leistungen abgerechnet werden dürfen. Der Grund für den Abbruch der Behandlung ist dabei zunächst ohne Bedeutung. Der Honoraranspruch des Klägers war in diesem Zeitpunkt jedenfalls insoweit fällig, als er die abgerechneten Leistungen tatsächlich erbracht hat.
Die KZÄV ist berechtigt, Schadensersatz von dem Vertragszahnarzt zu verlangen und dabei den Schaden in der Weise zu berechnen, daß der Zahnarzt die Krankenkasse finanziell so zu stellen hat, wie sie stehen würde, wenn er seine vertraglichen Verpflichtungen ordnungsgemäß erfüllt hätte (vgl BSG SozR 3-5555 § 12 Nrn 1 und 2). Das dem Zahnarzt für seine Leistung zustehende Honorar ist dabei lediglich ein unselbständiger Rechnungsposten in der Gesamtabrechnung.
Für die Feststellung eines solchen Schadensersatzanspruches und die damit begründete Belastung des Honorarkontos des Klägers war die beklagte KZÄV zuständig. Nach § 12 Nr 6 EKV-Zahnärzte setzt die KZÄV durch Vertragsinstanzen anerkannte Forderungen einer Vertragskasse gegen einen Vertragszahnarzt bei der nächsten Abrechnung vom laufenden Honoraranspruch ab. Die KZÄV hat als allgemeine Vertragsinstanz über Schadensersatzansprüche zu entscheiden, weil keine anderen Vertragsinstanzen zuständig sind, jedenfalls nicht iS einer ausschließlichen Zuständigkeit (vgl BSG SozR 3-5555 § 12 Nr 3). Sie konnte insoweit ihr Rechtsverhältnis zum Kläger durch Verwaltungsakt regeln. Es handelt sich um einen öffentlich-rechtlichen Anspruch, der einen dem Versicherten selbst aus dem Behandlungsvertrag möglicherweise erwachsenden zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch unberührt läßt und sich aus dem Zusammenhang der einzelnen Bestimmungen des EKV-Zahnärzte, die sich mit der Folge von Pflichtverletzungen befassen (vgl §§ 15 Nr 3 und 19 Nr 1 Satz 2), entnehmen läßt. Ein solcher Schadensersatzanspruch ist durch die gesetzliche Ermächtigung in § 525c Reichsversicherungsordnung (RVO) aF gedeckt. Der Senat hat bereits in seinen Entscheidungen vom 20. Mai 1992 aaO (SozR 3-5555 § 12 Nr 3 und 14a/6 RKa 6/90 = DOK 1992, 472) deutlich gemacht, daß ihn die im Schrifttum gegen diese Rechtsprechung erhobenen Einwände (vgl Hess in Kasseler Kommentar, § 75 SGB V, RdNr 8) nicht überzeugen.
In bezug auf die Unterkieferbrücke links ist ein Schadensersatzanspruch schon deshalb von vornherein ausgeschlossen, weil die Beigeladene zu 1) den geänderten Heil- und Kostenplan nachträglich genehmigt hat. Der Senat konnte die nach dem festgestellten Sachverhalt naheliegende, aber nicht deutlich festgestellte nachträgliche Genehmigung berücksichtigen, weil in der mündlichen Verhandlung Kläger und Beklagte es übereinstimmend als unstreitig bezeichnet haben, daß bei Beginn der Behandlung 1985 ein erster genehmigter Heil- und Kostenplan vorlag, und daß der mit Antrag vom 4. Februar 1986 vorgelegte zweite Heil- und Kostenplan im Jahre 1986 genehmigt wurde.
Nach § 9 Nr 6 Satz 6 EKV-Zahnärzte soll der Zahnarzt mit der prothetischen Behandlung erst beginnen, wenn die Vertragskasse die Anspruchsberechtigung bestätigt hat, nachdem sie zuvor Gelegenheit hatte, den Heil- und Kostenplan begutachten zu lassen (§ 9 Nr 6 Satz 2 EKV-Zahnärzte). In § 9 Nr 6 fehlt dagegen eine ausdrückliche Regelung für den Fall, daß der Zahnarzt im Verlauf der Behandlung von dem genehmigten Plan abweicht. § 2 Abs 2 der Vereinbarung über das Gutachterverfahren bei der Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen legt dagegen für den Bereich der Primärkassen fest, daß der Kassenzahnarzt den Plan zu berichtigen und der Krankenkasse zur Neufestsetzung des Zuschusses zuzuleiten hat. Ohne vorherige Zustimmung der Krankenkasse darf er von dem genehmigten Heil- und Kostenplan nicht abweichen; die Kasse braucht Abweichungen vom Plan nicht hinzunehmen (BSG Urteil vom 20. November 1986, 6 RKa 14/85). Ob Satz 6 des § 9 Nr 6 EKV-Zahnärzte ein derartiges Prozedere – auch ohne ausdrückliche Regelung – bei Abweichungen vom Heil- und Kostenplan im Verlauf der Behandlung ebenfalls voraussetzt, braucht hier nicht entschieden zu werden, da der geänderte Plan nachträglich genehmigt wurde.
Das Abweichen des Klägers vom genehmigten Heil- und Kostenplan hätte die Beigeladene zu 1) unter Umständen veranlassen können, die Zahlung des Kassenanteils zu verweigern; etwa wenn sie aufgrund des Gutachtens des Zahnarztes K. (oder eines nach § 9 Nr 6 Satz 2 EKV-Zahnärzte eingeholten Gutachtens) zu dem Schluß gekommen wäre, daß der geänderte Plan den vertraglichen Anforderungen für die Versorgung mit Zahnersatz nicht entsprach. Die Beigeladene zu 1) hat jedoch statt dessen den geänderten Plan genehmigt. Hierdurch hat sie den geänderten Plan als vertragsgerecht anerkannt und sich damit des Rechtes begeben, Ersatz für solche Schäden zu verlangen, die auf einer nicht sachgerechten Planung des Zahnersatzes beruhen. Die Genehmigung eines Heil- und Kostenplanes schließt es – wie der Senat bereits entschieden hat (SozR 3-5555 § 12 Nr 3) -zwar nicht aus, die Mangelhaftigkeit der Ausführung des Planes geltend zu machen. Sinn und Zweck der vorausgehenden Überprüfung des Planes lassen jedoch die nachträgliche Geltendmachung solcher Planungsfehler nicht zu, die anhand des vorgelegten Planes im vorhinein erkennbar sind. Durch die Möglichkeit, im Rahmen der Überprüfung des Planes sachkundige Gutachter einzuschalten, soll die Kasse gerade solche Kosten vermeiden können, die durch unsachgemäße oder unwirtschaftliche Vorhaben drohen.
Die Genehmigung des Planes entfaltet unmittelbare Wirkungen nur gegenüber dem Versicherten, der insoweit einen Anspruch auf den Kassenanteil erhält. Sie bindet die Kasse jedoch auch gegenüber dem Vertrags- (bzw Kassen-)Zahnarzt. Dieser darf darauf vertrauen, daß die Kasse die genehmigte Planung als vertragsgerecht ansieht. Auch die nachträgliche Genehmigung eines geänderten Heil- und Kostenplans steht deshalb der Geltendmachung solcher Schäden im Rahmen von Schadensersatzansprüchen entgegen, die ihren Grund gerade in einer fehlerhaften Planung haben. Dies folgt zwar nicht schon aus § 77 SGG, denn die Genehmigung des Heil- und Kostenplans stellt gegenüber dem Vertrags- (bzw Kassen-)Zahnarzt keinen Verwaltungsakt dar. Es handelt sich vielmehr um eine Selbstbindung des Versicherungsträgers, die es wegen des aus § 242 Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) folgenden Verbots des venire contra factum proprium ausschließt, daß sich die Krankenkasse auf Planungsfehler beruft, die bereits aus dem Heil- und Kostenplan zu ersehen sind.
Aus dem nachträglich (mit Datum vom 4. Februar 1986) eingereichten Heil- und Kostenplan und dem Begleitschreiben, in dem der Kläger insbesondere zum Ablauf der Behandlung Stellung genommen hat, konnte die Beigeladene zu 1) die vom Kläger vorgenommenen Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Heil- und Kostenplan im Bereich der linken Kieferhälfte erkennen. Der Beigeladenen zu 1) lag in diesem Zeitpunkt auch schon das Gutachten des von ihr eingeschalteten Zahnarztes K. vor. Weitere Erkenntnismöglichkeiten zur Beurteilung der Vertragsmäßigkeit der gegenüber dem ursprünglichen Plan geänderten prothetischen Versorgung der linken Kieferhälfte hat die Beigeladene zu 1) auch in der Folgezeit nicht mehr gewonnen. Sie konnte deshalb nicht einerseits den neuen Heil- und Kostenplan genehmigen und den Kassenanteil an ihre Versicherte auszahlen und andererseits nach erfolgter Abrechnung wegen eines vermeintlichen Planungsfehlers einen Schadensersatzanspruch geltend machen.
Bezüglich der Oberkieferbrücke rechts reichen die Feststellungen des LSG für eine abschließende Entscheidung nicht aus. Das LSG hat insoweit eine Erstattungspflicht des Klägers damit begründet, daß eine Abrechnung nach § 11 Nr 2 EKV-Zahnärzte nicht möglich gewesen sei, weil die Eingliederung nur provisorisch erfolgt und der Abbruch der Behandlung „der Patientin zumutbar” gewesen sei. Dies hat es damit begründet, daß im Bereich der Oberkieferbrücke keine ausreichende Kaufähigkeit bestanden habe. Hieraus schließt der Senat, daß das LSG die Versicherte für berechtigt hielt, die Behandlung abzubrechen.
Der Senat hat bereits entschieden (SozR 3-5555 § 12 Nr 3), daß es sich bei der Versorgung mit Zahnersatz gegenüber dem Patienten um einen Dienstvertrag gemäß § 611 BGB handelt, der – da es sich um Dienstleistungen höherer Art handelt – gemäß § 627 BGB grundsätzlich jederzeit gekündigt werden kann. Dies schließt ein Recht des Zahnarztes auf Nachbesserung zur Vermeidung von Schadensersatzansprüchen in der Regel aus. Ein Schadensersatzanspruch setzt jedoch – unabhängig davon, ob man ihn im Einzelfall aus einer analogen Anwendung von § 628 Abs 2 BGB oder dem Rechtsinstitut der positiven Vertragsverletzung ableitet – voraus, daß der Versicherte aufgrund eines schuldhaft vertragswidrigen Verhaltens des Zahnarztes zur Kündigung veranlaßt worden ist. Hierfür reicht die Tatsache, daß eine im Rahmen der Dienstleistung erbrachte Leistung mit Mängeln behaftet ist, allein nicht aus.
Der 6. Senat des BSG hat ein zur Kündigung berechtigendes schuldhaft vertragswidriges Verhalten des Zahnarztes dann als gegeben angesehen, wenn dessen Arbeitsergebnis vollständig unbrauchbar und eine Nachbesserung nicht möglich oder dem Versicherten nicht zumutbar ist (SozR 3-5555 § 12 Nr 2). Dem schließt sich der erkennende Senat an.
Das LSG hat hierzu festgestellt, in der Folgezeit sei durch einen Nachbehandler eine totalprothetische Neuversorgung des Gebisses der Versicherten erfolgt. Die Arbeit des Klägers habe damit für die Versicherte keinerlei Wert mehr. An der Brücke oben rechts habe für die Zähne 17, 16 und 15 keine Okklusion zu den entsprechenden Unterkieferzähnen und folglich keine ausreichende Kaufähigkeit bestanden. Das Gericht sei den zeitnahen Ausführungen im Gutachten des Zahnarztes K. gefolgt.
Die hieraus abgeleitete Feststellung, die Brücke im Oberkiefer rechts sei völlig wertlos und (demgemäß) nicht nachbesserungsfähig, wird vom Kläger zu Recht als verfahrensfehlerhaft angegriffen. Das LSG hat insoweit die Grenzen der freien Beweiswürdigung (§ 128 SGG) überschritten und zugleich die Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) verletzt.
Der Gutachter K. hat die ihm unter Nr. 2 gestellte Frage nach der Nachbesserungsfähigkeit für die Oberkieferbrücke rechts (im Gutachten mit dem Buchstaben a bezeichnet) mit den Worten „durch Erhöhung der Verblendung nach exakter Wurzelfüllung der Pfeilerzähne 13, 12” und für die Brücke unten links (mit dem Buchstaben c gekennzeichnet) mit den Worten „eine Nachbesserung ist nicht möglich”, beantwortet. Demnach war nach Auffassung des Gutachters eine Nachbesserung der Brücke im Oberkiefer möglich und diese Arbeit daher auch nicht völlig wertlos. Die Beweiswürdigung ist insoweit in sich widersprüchlich.
Überdies hätte es sich dem LSG aufdrängen müssen, daß der Sachverhalt durch Einholung eines zahnärztlichen Gutachtens weiter aufzuklären war (§ 103 SGG). Zwar ist ein im Verwaltungsverfahren eingeholtes Gutachten im gerichtlichen Verfahren auch dann urkundlich verwertbar, wenn es nicht von der das Verwaltungsverfahren leitenden KZÄV, sondern von der betroffenen Krankenkasse zur Vorbereitung ihrer Entscheidung eingeholt worden ist, ob ein Verwaltungsverfahren bei der KZÄV beantragt werden soll (BSG SozR 3-5555 § 12 Nr 3); die Einholung eines Sachverständigengutachtens steht dann grundsätzlich im Ermessen des Gerichts. Das LSG hat sein Ermessen jedoch fehlerhaft ausgeübt. Eine Einschränkung des Ermessens folgte hier schon aus der Tatsache, daß im Verwaltungsverfahren der Anspruch des Klägers auf Einholung eines Obergutachtens verletzt wurde; wobei dahinstehen kann, ob hierfür die Weigerung der Versicherten, an einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, ursächlich war. Die Beklagte hat jedenfalls die Einholung eines Gutachtens nach Aktenlage, die sich angesichts der vorhandenen Modelle, Röntgenaufnahmen und der Patientenkarteikarte angeboten hätte, nicht in Erwägung gezogen.
Der Kläger hat zudem im Berufungsverfahren die Sachaussagen des Gutachters K. im einzelnen substantiiert angegriffen und diesen vermeintlich entgegenstehende Sachaussagen des Gutachters Dr. P. gegenübergestellt. Den vom Kläger aufgezeigten Widersprüchen konnte das LSG auch nicht allein unter Hinweis auf die Sachkunde seiner ehrenamtlichen Richter begegnen. Seine Entscheidung läßt nämlich nicht erkennen, aufgrund welcher wissenschaftlicher Erfahrungssätze es die Oberkieferbrücke rechts als nicht nachbesserungsfähig angesehen hat.
Sollte das LSG aufgrund seiner weiteren Feststellungen zu dem Ergebnis gelangen, daß das Arbeitsergebnis des Klägers vollständig unbrauchbar und eine Nachbesserung nicht möglich war, so hat es den Schaden in der Weise zu berechnen, daß die Differenz der Kosten zu ermitteln ist, die die Krankenkasse bei einer vertragsgemäßen Behandlung zu tragen gehabt hätte, verglichen mit den Kosten, die sie letztlich für die Oberkieferbrücke rechts aufbringen mußte. Der Anspruch wird der Höhe nach nur dann mit dem anteiligen Honorar gleichzusetzen sein, wenn die Leistung des Zahnarztes einerseits völlig unbrauchbar war, aber andererseits auch keine weiteren Schäden mit sich gebracht hat. War die Leistung teilweise brauchbar, können dem Zahnarzt nur die zur vertragsgerechten Versorgung erforderlich gewordenen Mehrkosten (Nachbesserungskosten) sowie die durch fehlerhafte Behandlung darüber hinaus entstandenen Zusatzkosten (Mängelfolgeschäden) in Rechnung gestellt werden.
Bei der abschließenden Entscheidung wird das LSG auch über die Kosten des Revisionsverfahrens und der Nichtzulassungsbeschwerde zu entscheiden haben.
Fundstellen