Entscheidungsstichwort (Thema)
Witwerrentenanspruch aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 303 SGB 6. Berechnung des Unterhaltsbeitrages der Versicherten im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand. Berücksichtigung von Leistungen der Pflegekasse für die stationäre Versorgung der Versicherten
Leitsatz (amtlich)
Bei Prüfung eines Anspruchs auf Witwerrente nach altem Recht sind die Leistungen der Pflegekasse für die stationäre Versorgung einer Versicherten nicht als deren Unterhaltsbeitrag zu werten (Aufgabe von BSG vom 16.3.2006 - B 4 RA 15/05 R = SozR 4-2600 § 46 Nr 3).
Orientierungssatz
1. Für die Auslegung des Tatbestandsmerkmals "überwiegendes Bestreiten des Familienunterhalts im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tod" iS des § 303 S 1 SGB 6 sind die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 43 AVG (= § 1266 Abs 1 RVO) entwickelten Grundsätze heranzuziehen (vgl BSG vom 16.3.2006 - B 4 RA 15/05 R aaO RdNr 20, vom 16.8.2016 - B 5 R 98/16 B = juris RdNr 6 sowie vom 15.8.2019 - B 13 R 193/17 B = juris RdNr 7).
2. Das gilt nicht nur in den Fällen, in denen weiterhin altes Recht zur Anwendung kommt, sondern auch in Fällen, die sich nach § 46 Abs 2 S 1 Nr 2 iVm § 303 S 1 SGB 6 beurteilen (vgl BSG vom 16.3.2006 - B 4 RA 15/05 R aaO RdNr 20).
Normenkette
SGB I § 16; SGB VI § 46 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, § 303 S. 1 Alt. 2; AVG § 43; RVO § 1266 Abs. 1; SGB XI § 43 Abs. 2 S. 1, § 87a Abs. 3 S. 1; BGB §§ 1360, 1360a, 1610a; HEZG
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 13. November 2019 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Der 1933 geborene Kläger begehrt eine große Witwerrente nach § 46 Abs 2 Satz 1 Nr 2 iVm § 303 Satz 1 Alt 2 SGB VI. Umstritten ist, ob das von der Pflegekasse für die Versicherte - seine Ehefrau - übernommene Heimentgelt als deren Beitrag zum Familienunterhalt zu werten ist.
Die Eheleute hatten eine gemeinsame Erklärung über die weitere Anwendung des bis zum 31.12.1985 geltenden Hinterbliebenenrentenrechts abgegeben, die am 29.12.1988 bei der Wohnortgemeinde eingegangen und von dort an die Beklagte weitergeleitet worden war. Die Versicherte wurde in ihren letzten Lebensjahren vor ihrem Tod am 12.2.2017 vollstationär in einem Pflegeheim versorgt. Die Kosten hierfür beliefen sich im Zeitraum vom 1.2.2016 bis zum 31.1.2017 auf insgesamt 42 832,27 Euro. Die Pflegekasse der Versicherten übernahm hiervon 19 507 Euro, die unmittelbar an den Heimträger gezahlt wurden. Die Versicherte bezog im genannten Zeitraum eine Regelaltersrente in Höhe von insgesamt 5307,32 Euro und ihr flossen Dividenden in Höhe von 1580 Euro zu. Der Kläger bezog im selben Zeitraum Regelaltersrente in Höhe von insgesamt 9634,06 Euro und ihm flossen ebenfalls Dividenden in Höhe von 1580 Euro zu. Er hatte zudem Einkünfte aus Vermietung in Höhe von 1200 Euro. Der Mietwert seiner Eigentumswohnung, die er bis zu deren Aufnahme in das Pflegeheim gemeinsam mit der Versicherten bewohnt hatte, betrug für diesen Zeitraum 5160 Euro.
Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers auf Witwerrente ab, weil die Versicherte den Familienunterhalt nicht überwiegend bestritten habe (Bescheid vom 24.5.2017, Widerspruchsbescheid vom 10.10.2017). Das SG hat dem Kläger unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids eine Witwerrente zugesprochen (Urteil vom 27.11.2018). Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG mit Urteil vom 13.11.2019 das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger und die Versicherte hätten zwar rechtzeitig eine gemeinsame Erklärung über die weitere Anwendung des bis zum 31.12.1985 geltenden Hinterbliebenenrentenrechts abgegeben. Die Versicherte habe jedoch den Familienunterhalt im maßgeblichen letzten wirtschaftlichen Dauerzustand - dem letzten Jahr vor ihrem Tod - nicht überwiegend bestritten. Ihr persönlicher Pflegebedarf sei durch die Pflegesachleistungen gedeckt worden. Die davon nicht abgedeckten pflegebedingten Aufwendungen in Höhe von 23 325,27 Euro hätten überwiegend aus dem Einkommen des Klägers gedeckt werden müssen, das mit 17 574 Euro anzusetzen sei. Als Einkommen der Versicherten habe demgegenüber nur ihre Rente in Höhe von 5307,32 Euro sowie die ihr zugeflossenen Dividenden in Höhe von 1580 Euro zur Verfügung gestanden.
Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 46 Abs 2 Satz 1 Nr 2 iVm § 303 Satz 1 Alt 2 SGB VI. Er macht geltend, die monatlichen pauschalen Leistungsbeträge der Pflegekasse seien jeweils als Unterhaltsbeitrag der Versicherten anzusehen, der zur Erfüllung der zivilrechtlichen Zahlungsansprüche des Pflegeheimbetreibers eingesetzt worden sei.
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Der Kläger beantragt, |
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das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 13. November 2019 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 27. November 2018 zurückzuweisen. |
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Die Beklagte beantragt, |
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die Revision zurückzuweisen. |
Sie verteidigt das angegriffene Urteil. Die Leistungen der Pflegekasse hätten der Versicherten zu keinem Zeitpunkt zur freien Verfügung gestanden.
Entscheidungsgründe
A. Nach Schließung des 13. Senats zum 1.7.2021 durch Erlass des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 24.6.2021 (vgl § 202 Satz 1 SGG iVm § 130 Abs 1 Satz 2 GVG) ist nach dem Geschäftsverteilungsplan des BSG nunmehr der 5. Senat zuständig.
B. Die kraft Zulassung durch das BSG statthafte (§ 160 Abs 1 und 3 SGG) und zulässig erhobene Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Zwar hat das LSG zutreffend keinen Unterhaltsbeitrag der Versicherten darin gesehen, dass ihre Pflegekasse pauschale Leistungsbeträge an den Heimträger zahlte. Der Senat kann auf Grundlage der Feststellungen im Berufungsurteil jedoch nicht abschließend beurteilen, ob das LSG einen Anspruch des Klägers auf eine große Witwerrente zu Recht verneint hat und der Bescheid vom 24.5.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.10.2017 (§ 95 SGG) rechtmäßig ist.
I. Als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch kommt allein § 46 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB VI (hier anzuwenden in der auch aktuell gültigen Fassung des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20.4.2007 ≪BGBl I 554≫) iVm § 303 Satz 1 Alt 2 SGB VI (hier anzuwenden in der auch aktuell gültigen Fassung der Neubekanntmachung vom 19.2.2002 ≪BGBl I 754≫) in Betracht. Nicht maßgeblich ist hingegen die Rechtslage unter § 43 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) bzw § 1266 Abs 1 Reichsversicherungsordnung (RVO), die mit Wirkung zum 1.1.1986 außer Kraft getreten sind (vgl Art 2 Nr 17 bzw Art 1 Nr 28 Gesetz zur Neuordnung der Hinterbliebenenrenten sowie zur Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung ≪HEZG≫ vom 11.7.1985, ≪BGBl I 1450≫). Die alte Rechtslage gilt nach der Übergangsvorschrift des Art 2 § 18a Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz (AnVNG) idF des HEZG (vgl Art 5 Nr 4 HEZG) bzw des Art 2 § 19a Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz (ArVNG) idF des HEZG (vgl Art 4 Nr 4 HEZG) nur in den Fällen weiter, in denen der Tod der Versicherten vor dem 1.1.1986 eingetreten ist (vgl zur Verfassungsmäßigkeit der Übergangsregelung und des Stichtags BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 27.3.1987 - 1 BvR 1284/86 - SozR 2200 § 1264 Nr 8). Das war hier nicht der Fall.
II. Nach § 46 Abs 2 Satz 1 Nr 2 iVm § 303 Satz 1 Alt 2 SGB VI haben Witwer, die mit ihrer versicherten Ehefrau bis zum 31.12.1988 eine wirksame Erklärung über die weitere Anwendung des bis zum 31.12.1985 geltenden Hinterbliebenenrentenrechts abgegeben haben, nach dem Tode der Ehefrau, wenn diese die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, ein Recht auf große Witwerrente, wenn sie nicht wieder geheiratet und das 47. Lebensjahr vollendet haben und zudem die Ehefrau den Unterhalt ihrer Familie im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tode überwiegend bestritten hat (vgl dazu, dass § 303 Satz 1 SGB VI die allgemeinen Vorschriften über die Witwerrente in § 46 Abs 1 und 2 SGB VI lediglich um eine weitere Anspruchsvoraussetzung ergänzt, BSG Urteil vom 16.3.2006 - B 4 RA 15/05 R - SozR 4-2600 § 46 Nr 3 RdNr 16). Ob diese Voraussetzungen hier erfüllt sind, lässt sich anhand der bisherigen Tatsachenfeststellungen nicht beurteilen.
1. Der Kläger und die Versicherte haben allerdings mit dem am 29.12.1988 bei der Wohnortgemeinde eingegangenen Schreiben rechtzeitig eine wirksame Erklärung iS des § 303 Satz 1 SGB VI abgegeben. Die Erklärung konnte in entsprechender Anwendung des § 16 Abs 2 Satz 1 SGB I fristwahrend gegenüber der zur Entgegennahme dieser Erklärung nicht zuständigen Wohnortgemeinde abgegeben werden. Zwar bezieht sich § 16 SGB I nach seinem Wortlaut nur auf Anträge auf Sozialleistungen. Die Regelung in seinem Abs 2 Satz 1 erfasst aber auch andere empfangsbedürftige Willenserklärungen, die für die Stellung als Versicherter und somit mittelbar für den Erhalt von Sozialleistungen Bedeutung haben (vgl Merten/Dankelmann in Eichenhofer/v. Koppenfels-Spies/Wenner, SGB I, 2. Aufl 2018, § 16 RdNr 12; Spellbrink in KassKomm, Stand der Einzelkommentierung: Dezember 2020, § 16 RdNr 29). Dies trifft auf Erklärungen nach § 303 Satz 1 SGB VI zu. Deren Abgabe sichert den Zugang zu einer Hinterbliebenenversorgung nach dem vor dem 1.1.1986 geltenden Recht und damit insbesondere ohne die Anrechnung eigenen Einkommens (vgl zum Regelungszweck zB Diel in Hauck/Noftz, SGB VI, Stand der Einzelkommentierung: Oktober 2018, § 303 RdNr 4 f).
2. Der Kläger war bei Versterben der Versicherten auch älter als 47, nämlich bereits 83 Jahre alt. Dem Gesamtzusammenhang der für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG lässt sich zudem entnehmen, dass die Versicherte die allgemeine Wartezeit erfüllt und der Kläger nicht wieder geheiratet hat.
3. Es bedarf ergänzender Feststellungen um abschließend zu beurteilen, ob die Versicherte den Unterhalt ihrer Familie im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tode überwiegend bestritten hat.
a) Für die Auslegung des Tatbestandsmerkmals "überwiegendes Bestreiten des Familienunterhalts im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tod" iS des § 303 Satz 1 SGB VI sind die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 43 AVG (= § 1266 Abs 1 RVO) entwickelten Grundsätze heranzuziehen (vgl BSG Urteil vom 16.3.2006 - B 4 RA 15/05 R - SozR 4-2600 § 46 Nr 3 RdNr 20; BSG Beschluss vom 16.8.2016 - B 5 R 98/16 B - juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 15.8.2019 - B 13 R 193/17 B - juris RdNr 7). Das gilt nicht nur in den Fällen, in denen weiterhin altes Recht zur Anwendung kommt (vgl zu einer solchen Konstellation BSG Beschluss vom 16.8.2016 - B 5 R 98/16 B - juris RdNr 6), sondern auch in Fällen, die sich, wie hier, nach § 46 Abs 2 Satz 1 Nr 2 iVm § 303 Satz 1 SGB VI beurteilen (vgl BSG Urteil vom 16.3.2006 - B 4 RA 15/05 R - SozR 4-2600 § 46 Nr 3 RdNr 20).
b) Nach diesen Grundsätzen hat eine Versicherte den Unterhalt der Familie "überwiegend bestritten" iS des § 43 Abs 1 AVG, wenn ihr Unterhaltsbeitrag während des letzten wirtschaftlichen Dauerzustands vor dem Tod mehr als die Hälfte des gesamten Familienunterhalts ausgemacht hat (stRspr; vgl zB BSG Urteil vom 1.2.1984 - 5b RJ 56/83 - SozR 2200 § 1266 Nr 23 S 89; BSG Urteil vom 16.3.1989 - 4/1 RA 17/87 - juris RdNr 15; BSG Urteil vom 12.9.1990 - 5 RJ 67/89 - juris RdNr 12). In Bezug auf die Versicherte lässt sich dies erst nach ergänzenden Feststellungen im wiedereröffneten Berufungsverfahren beurteilen.
aa) Zutreffend hat das LSG den Zeitraum vom 1.2.2016 bis zum 31.1.2017 als den maßgeblichen Zeitraum erachtet. Der letzte wirtschaftliche Dauerzustand beginnt mit der letzten wesentlichen Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse eines Familienmitgliedes mit Dauerwirkung (vgl zB BSG Urteil vom 2.8.1989 - 1 RA 71/87 - juris RdNr 16 mwN) und bezieht sich grundsätzlich auf ein Jahr, im Regelfall das Jahr vor dem Tod der betroffenen Versicherten (vgl zB BSG Urteil vom 1.2.1984 - 5b RJ 56/83 - SozR 2200 § 1266 Nr 23 S 90; BSG Urteil vom 16.3.1989 - 4/1 RA 17/87 - juris RdNr 15; BSG Urteil vom 16.3.2006 - B 4 RA 15/05 R - SozR 4-2600 § 46 Nr 3 RdNr 22 mwN). Die Feststellungen des LSG tragen seine Annahme, dass der maßgebliche Dauerzustand hier während des letzten Lebensjahrs der Versicherten bestand. Die stationäre Pflege erfolgte bereits vor dem 1.2.2016 und es spricht nichts dafür, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse im letzten Lebensjahr der Versicherten wesentlich änderten.
Ebenso zutreffend hat das LSG angenommen, dass die in §§ 1360, 1360a BGB vorausgesetzte eheliche Lebensgemeinschaft zwischen dem Kläger und der Versicherten während dieses Zeitraums fortbestand. Die dauerhafte stationäre Pflege eines Ehegatten in einem Pflegeheim führt für sich genommen nicht zur Trennung der Ehegatten (BGH Urteil vom 25.1.1989 - IVb ZR 34/88 - NJW 1989, 1988; BGH Beschluss vom 27.4.2016 - XII ZB 485/14 - BGHZ 210, 124 RdNr 14 = NJW 2016, 2122, 2123; vgl auch Weber-Monecke in MüKo BGB, 8. Aufl 2019, BGB § 1360 RdNr 2). Anhaltspunkte für eine Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft bestehen nach den Feststellungen des LSG nicht.
bb) Ob das LSG zutreffend zu dem Ergebnis gelangt ist, der Unterhaltsbeitrag der Versicherten habe im maßgeblichen Zeitraum nicht mehr als die Hälfte des gesamten Familienunterhalts ausgemacht, kann anhand der bisherigen Feststellungen nicht beurteilt werden. Zur Bestimmung des Familienunterhalts iS des § 43 Abs 1 AVG sind die familienrechtlichen Vorgaben maßgeblich (stRspr; vgl grundlegend BSG Urteil vom 1.8.1968 - 4 RJ 305/65 - BSGE 28, 185, 188 f = SozR Nr 6 zu § 1266 RVO Aa 10; aus jüngerer Zeit zB BSG Urteil vom 1.2.1984 - 5b RJ 56/83 - SozR 2200 § 1266 Nr 23 S 89; BSG Urteil vom 16.3.2006 - B 4 RA 15/05 R - SozR 4-2600 § 46 Nr 3 RdNr 20 mwN). Unter "Unterhalt der Familie" iS der §§ 1360, 1360a BGB ist alles zu verstehen, was nach den Verhältnissen der Ehegatten erforderlich ist, um die Kosten des Haushalts zu bestreiten und die persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und - hier nicht einschlägig - den Lebensbedarf der gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kinder zu befriedigen (§ 1360a Abs 1 BGB). Wie das LSG dargestellt hat, ist zur Beurteilung eines Unterhaltsbeitrags als "überwiegend" eine umfassende dreischrittige Prüfung vorzunehmen. Im ersten Schritt ist zu prüfen, wie hoch nach den wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen der Ehegatten der gesamte Lebensbedarf der Familie iS der §§ 1360, 1360a BGB im maßgeblichen Zeitraum war. Im zweiten Schritt ist festzustellen, mit welchen Mitteln und von welcher Person der Bedarf gedeckt wurde. Im dritten Schritt ist durch eine Gegenüberstellung der von jedem Ehegatten wirklich aufgebrachten Mittel der Anteil jedes Ehegatten festzustellen, der dann den Schluss auf das überwiegende Bestreiten des Familienunterhalts zulässt (vgl zu dieser Prüfungsreihenfolge BSG Urteil vom 16.3.2006 - B 4 RA 15/05 R - SozR 4-2600 § 46 Nr 3 RdNr 23). Anhand der bisherigen Feststellung lässt sich diese Prüfung nicht abschließend durchführen. Das LSG hat zwar Feststellungen zum Bedarf der Versicherten getroffen, nicht aber zu demjenigen des Klägers. Zudem bedarf es ergänzender Feststellungen zu den Mitteln, mit denen der Lebensbedarf der Familie gedeckt wurde.
(1) Bei der Bemessung des Familienunterhalts - dem ersten Prüfungsschritt - ist grundsätzlich der gesamte Bedarf der Versicherten und des Klägers im maßgeblichen Zeitraum zu berücksichtigen.
(a) Der Bedarf der Versicherten umfasste sowohl ihren Eigenanteil am Heimentgelt als auch die von der Pflegekasse übernommenen pauschalen Leistungsbeträge. Das Maß des in §§ 1360, 1360a BGB umschriebenen Familienunterhalts hängt wesentlich von den Lebensumständen und -verhältnissen der Ehegatten ab, nicht nur allein von ihrer wirtschaftlichen und finanziellen, sondern auch von ihrer sozialen und persönlichen Lage, die sie entscheidend durch ihre eigene Lebensgestaltung prägen (BGH Urteil vom 6.10.1992 - VI ZR 305/91 - NJW 1993, 124, 125, auch zum Folgenden). In diesem Rahmen gehören zum Unterhalt auch, wie in § 1360a Abs 1 BGB ausdrücklich bestimmt, die persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten. Bei dauerhaften Körper- und Gesundheitsschäden zählt zu den persönlichen Bedürfnissen des betroffenen Ehegatten der Pflege- und Betreuungsaufwand. Im Fall stationärer Pflege bestimmt sich der Familienunterhalt nach den (gesamten) Heim- und Pflegekosten des pflegebedürftigen Ehegatten zuzüglich eines Barbetrags für die Bedürfnisse des täglichen Lebens (BGH Beschluss vom 27.4.2016 - XII ZB 485/14 - BGHZ 210, 124 RdNr 18 = NJW 2016, 2123; vgl auch OLG Köln Urteil vom 28.5.2010 - 19 U 103/09 - juris RdNr 92).
Zwar wurden die Heim- und Pflegekosten der Versicherten zum Teil von den Pauschalen abgedeckt, die ihre Pflegekasse übernommen und unmittelbar an den Pflegeheimträger gezahlt hatte (vgl § 87a Abs 3 Satz 1 SGB XI in der aktuellen Fassung sowie der insoweit inhaltsgleichen Fassung des Ersten Gesetzes zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften ≪Erstes Pflegestärkungsgesetz - PSG I≫ vom 17.12.2014 ≪BGBl I 2222≫, die im letzten Lebensjahr der Versicherten bis zum 31.12.2016 galt). Dabei handelte es sich um Sachleistungen (vgl dazu, dass bei stationärer Pflege gegenüber den Versicherten in der sozialen Pflegeversicherung eine Sachleistungspflicht hinsichtlich der pflegebedingten Aufwendungen besteht, die von den Pflegeeinrichtungen erfüllt wird, zB BSG Urteil vom 1.9.2005 - B 3 P 4/04 R - BSGE 95, 102 RdNr 18 = SozR 4-3300 § 43 Nr 1 RdNr 23; BSG Urteil vom 16.5.2013 - B 3 P 1/12 R - BSGE 113, 250 = SozR 4-3300 § 84 Nr 3, RdNr 9). Das hindert aber die Berücksichtigung der davon abgedeckten Aufwendungen beim Bedarf nicht. Das hat das BSG bereits entschieden (BSG Urteil vom 16.3.2006 - B 4 RA 15/05 R - SozR 4-2600 § 46 Nr 3 RdNr 26). Obgleich die Entscheidung zur Rechtslage unter dem bei Einführung der Leistungen bei stationärer Pflege vom 1.7.1996 bis zum 31.12.1997 geltenden Übergangsrecht ergangen ist, besteht an dieser Stelle kein Anlass, dies für die Rechtslage unter den hier geltenden Vorschriften anders zu beurteilen. Insbesondere leisteten die Pflegekassen bereits nach dem Übergangsrecht Pauschalen unmittelbar an den Heimträger (vgl Art 49a § 4 Abs 1 Satz 1 Pflege-Versicherungsgesetz idF des Art 2 Nr 2 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Elften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze ≪Erstes SGB XI-Änderungsgesetz - 1. SGB XI-ÄndG≫ vom 14.6.1996 ≪BGBl I 830≫).
(b) Hinsichtlich des Bedarfs des Klägers wird das LSG insbesondere Feststellungen zu den laufenden Aufwendungen für seine Ernährung und die Beheizung, (Warm-)Wasserversorgung und sonstige Unterhaltung der in seinem Alleineigentum stehenden Familienwohnung nachzuholen haben. Gleiches gilt für Feststellungen zu den laufenden Kosten für seine angemessene Kleidung, Körperpflege und ggf seine ärztliche Behandlung. All diese Positionen gehören zu den Kosten der Haushaltsführung bzw zu seinen persönlichen Bedürfnissen iS des § 1360a Abs 1 BGB (vgl zB Weber-Monecke in MüKo BGB, 8. Aufl 2019, BGB § 1360a RdNr 4 und 5, jeweils mwN). Das LSG wird auch den Nutzungswert der Familienwohnung beim Lebensbedarf der Familie zu berücksichtigen haben (vgl zur spiegelbildlichen Berücksichtigung des Nutzungswerts von Wohneigentum sowohl beim Lebensbedarf als auch beim Unterhaltsbeitrag BSG Urteil vom 16.3.2006 - B 4 RA 15/05 R - SozR 4-2600 § 46 Nr 3 RdNr 31).
(2) In einem zweiten Schritt wird das LSG weitere Ermittlungen dazu anzustellen haben, welche Einkommens- oder Vermögensmittel der Kläger, die Versicherte und ggf Dritte für den Familienunterhalt jeweils aufwandten. Das bislang festgestellte Einkommen wurde schon für die Deckung des Eigenanteils am Heimentgelt sowie der Aufwendungen für die Wohnraumbeschaffung (Mietwert der Eigentumswohnung) nahezu aufgezehrt. Die monatlichen pauschalen Leistungsbeträge, die die Pflegekasse der Versicherten unmittelbar an den Heimträger zahlte, erhöhen dabei nicht den Unterhaltsbeitrag der Versicherten, wie das LSG bereits zutreffend befunden hat. Soweit das BSG dies in der Vergangenheit in einem vergleichbaren Fall anders beurteilt hat (vgl BSG Urteil vom 16.3.2006 - B 4 RA 15/05 R - SozR 4-2600 § 46 Nr 3 RdNr 30), hält der inzwischen für rentenversicherungsrechtliche Streitigkeiten allein zuständige Senat hieran nicht fest.
Das folgt allerdings noch nicht aus der Erwägung, mit dem Versterben der Versicherten entfielen zugleich die Heimkosten. Durch den Tod eines Ehegatten entfallen regelmäßig die bis dahin angefallen Aufwendungen zur Deckung seiner persönlichen Bedürfnisse sowie ein Teil der Haushaltskosten. Im Rahmen der Prüfung, ob eine Versicherte den Unterhalt der Familie "überwiegend bestritten hat" iS des § 43 Abs 1 AVG, erfolgt lediglich die generelle Betrachtung, ob ihr Unterhaltsbeitrag im maßgebenden Zeitraum mehr als die Hälfte der gesamten Unterhaltsleistungen ausgemacht hat (vgl erneut BSG Urteil vom 1.2.1984 - 5b RJ 56/83 - SozR 2200 § 1266 Nr 23 S 89; BSG Urteil vom 16.3.1989 - 4/1 RA 17/87 - juris RdNr 15; BSG Urteil vom 12.9.1990 - 5 RJ 67/89 - juris RdNr 12).
Ebenso wenig kann insoweit § 1610a BGB herangezogen werden. Das gilt schon deswegen, weil die Vorschrift bei der Bestimmung des Umfangs der Verpflichtung zum Familienunterhalt nicht entsprechend anwendbar ist (vgl § 1360a Abs 3 BGB). Im Übrigen ließe sich der Vorschrift allenfalls die Vermutung entnehmen, dass die pflegebedingten Aufwendungen der Versicherten hier nicht geringer waren als die von der zuständigen Pflegekasse übernommenen pauschalierten Leistungsbeträge (vgl zu dieser vermuteten Kongruenz zB Hammermann in Erman, BGB, 16. Aufl 2020, § 1610a BGB RdNr 11).
Dass Sachleistungen aus der Pflegeversicherung für die stationäre Pflege nicht als Unterhaltsbeitrag des pflegebedürftigen Ehepartners zu berücksichtigen sind, ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Witwerrente nach § 46 Abs 2 Satz 1 Nr 2 iVm § 303 Satz 1 Alt 2 SGB VI unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte der maßgebenden Vorschriften.
Nach der bis zum 31.12.1985 geltenden Rechtslage wurden Witwen- und Witwerrenten unter unterschiedlichen Voraussetzungen gewährt. Während Witwen nach dem Tod eines Versicherten grundsätzlich Anspruch auf eine Witwenrente hatten, unabhängig davon, wer in welchem Umfang zum Unterhalt der Familie beigetragen hatte, wurde Witwerrente nur gewährt, wenn die verstorbene Versicherte den Familienunterhalt im konkreten Einzelfall überwiegend bestritten hatte (§ 1266 Abs 1 RVO; § 43 Abs 1 AVG). Das BVerfG erachtete diese Differenzierung im Zeitpunkt seiner Entscheidung als noch mit Art 3 Abs 2 und 3 GG vereinbar, gab dem Gesetzgeber aber eine Neuregelung für die Zukunft auf (BVerfG Urteil vom 12.3.1975 - 1 BvL 15/71 ua - SozR 2200 § 1266 Nr 2 S 6 ff). Diese erfolgte mit Wirkung zum 1.1.1986 durch das HEZG. Witwen- und Witwerrente wurden nunmehr unter den gleichen Voraussetzungen gewährt, dh ohne Rücksicht auf die vor dem Tod des oder der Versicherten von den Eheleuten jeweils erbrachten Unterhaltsbeiträge (vgl § 1264 Abs 1 und 2 RVO idF des HEZG; § 41 Abs 1 und 2 AVG idF des HEZG). Gleichzeitig wurden Regelungen zur Anrechnung von Einkommen (§§ 18a ff SGB IV) eingeführt (vgl § 1280 RVO idF des HEZG; § 58 AVG idF des HEZG). Um das Vertrauen auf eine Hinterbliebenenrente ohne Einkommensanrechnung zu schützen, konnten langjährig verheiratete, über 50-jährige Ehegatten sich durch Abgabe einer entsprechenden Erklärung bis zum 31.12.1988 für die Weiteranwendung des bisherigen Hinterbliebenenrentenrechts entscheiden (vgl Art 2 § 18 Abs 3 ArVNG idF des HEZG; Art 2 § 17a Abs 2 AnVNG idF des HEZG). Die Überleitungsvorschriften, die das BVerfG nicht beanstandet hat (vgl BVerfG Beschluss ≪Kammer≫ vom 12.2.1987 - 1 BvR 79/86 - SozR 5750 Art 2 § 18 Nr 1 S 2 ff und Beschluss vom 10.6.1998 ≪Kammer≫ - 1 BvR 1485/86 - juris RdNr 5, jeweils zu Art 2 § 17a Abs 2 AnVNG idF des HEZG), sind mit Neuordnung des Rentenversicherungsrechts durch das Rentenreformgesetz 1992 vom 18.12.1989 (BGBl I 2261) zum 1.1.1992 in § 303 SGB VI überführt worden. Die Regelung in § 303 Satz 1 SGB VI iVm § 314 Abs 1 SGB VI stellt sicher, dass in den erfassten Fällen gemäß dem vor dem 1986 geltenden Hinterbliebenenrentenrecht weiterhin keine Einkommensanrechnung erfolgt (vgl zB Diel in Hauck/Noftz, SGB VI, Stand der Einzelkommentierung: Oktober 2018, § 303 RdNr 4). Haben Ehegatten durch Abgabe einer entsprechenden Erklärung von der sie begünstigenden Übergangsregelung Gebrauch gemacht, kommen im Zuge der Weiteranwendung des alten Hinterbliebenenrentenrechts allerdings auch die einschränkenden Voraussetzungen der Witwerrente nach § 43 Abs 1 AVG zum Tragen.
Die Witwerrente nach altem Recht bezweckte, einem Witwer nur dann eine Rentenleistung mit Unterhaltsersatzfunktion zukommen zu lassen, wenn die versicherte Ehefrau vor ihrem Tod dauerhaft den Familienunterhalt überwiegend bestritten hatte und dieser Zustand - bei generalisierender Betrachtung - ohne den Tod für einen ins Gewicht fallenden Zeitraum fortgedauert hätte (BSG Urteil vom 24.4.1980 - 1 RA 3/79 - SozR 2200 § 1266 Nr 15 S 60 mwN; BSG Urteil vom 16.3.1989 - 4/1 RA 17/87 - juris RdNr 17). Hinterbliebenenrenten haben grundsätzlich den Zweck, das durch den Tod des Versicherten entfallende Einkommen zu ersetzen. Unter Geltung des alten Hinterbliebenenrentenrechts sah der Gesetzgeber diese Notwendigkeit für Witwer nur, wenn der Beitrag der Ehefrau den Familienunterhalt geprägt hatte (vgl zB BSG Urteil vom 1.8.1968 - 4 RJ 305/65 - BSGE 28, 185, 187 = SozR Nr 6 zu § 1266 RVO Aa 9 R). Für die Annahme eines überwiegenden Unterhaltsbeitrags der Ehefrau wurde es daher im Regelfall für erforderlich gehalten, dass die Ehefrau Geldmittel zur Verfügung gestellt oder sonstige Leistungen erbracht hatte (zB die Führung des gemeinsamen Haushalts) und damit für den Unterhalt der Familie tätig geworden war (vgl BSG Urteil vom 16.12.1981 - 11 RA 69/80 - BSGE 53, 34, 36 = SozR 2200 § 1266 Nr 19 S 74 f).
In der Rechtsprechung des BSG wurden im Zusammenhang mit der Witwerrente nach altem Recht sowohl das vom Sozialhilfeträger gewährte Pflegegeld (vgl BSG Urteil vom 17.3.1970 - 11/12 RJ 478/67 - BSGE 31, 90, 98 = SozR Nr 7 zu § 1266 RVO Aa 14 R; BSG Urteil vom 1.12.1972 - 12 RJ 226/72 - juris RdNr 11 f) als auch das Blindengeld nach landesrechtlichen Vorschriften und die Blindenhilfe (vgl BSG Urteil vom 30.5.1978 - 1 RA 71/77 - SozR 2200 § 1266 Nr 7 S 33 f) als Unterhaltsbeitrag der Ehefrau gewertet. Gleiches galt für das Pflegegeld aus der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl BSG Urteil vom 1.2.1995 - 13 RJ 13/94 - juris RdNr 29). Die ebenfalls als Geldleistung vom Sozialamt geleistete Hilfe zum Lebensunterhalt nach den §§ 11 ff Bundessozialhilfegesetz wurde hingegen als Unterhaltsbeitrag eines Außenstehenden angesehen (vgl BSG Urteil vom 17.3.1970 - 11/12 RJ 478/67 - BSGE 31, 90, 99 = SozR Nr 7 zu § 1266 RVO Aa 15), ebenso das Wohngeld nach dem 2. Wohngeldgesetz (vgl BSG Urteil vom 30.5.1978 - 1 RA 71/77 - SozR 2200 § 1266 Nr 7 S 34).
Bei wertender Betrachtung unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck stellen die monatlichen Zahlungen der pauschalen Leistungsbeträge nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB XI an den Heimträger keinen Beitrag der stationär versorgten Ehefrau zum Familienunterhalt dar. Enden die Zahlungen aufgrund ihres Versterbens, tritt hierdurch keine wirtschaftliche Beeinträchtigung in der Lebensführung des Witwers ein, zu deren Ausgleich die Witwerrente nach altem Recht berufen wäre. Es trifft zwar zu, dass die Leistungen der Pflegekasse die Familie faktisch und rechtlich entlasten. Über den Einsatz der Pauschalen kann die pflegebedürftige Ehefrau aber nicht frei verfügen und sie als beliebig einsetzbares Unterhaltsmittel bereitstellen (vgl zu diesem Aspekt BSG Urteil vom 17.3.1970 - 11/12 RJ 478/67 - BSGE 31, 90, 98 = SozR Nr 7 zu § 1266 RVO Aa 14 R und zum Pflegegeld BSG Urteil vom 1.2.1995 - B 13 RJ 13/94 - juris RdNr 27 und 29; vgl auch Bohlken in jurisPK-SGB VI, 3. Aufl 2021, Stand der Einzelkommentierung: 27.8.2021, § 303 RdNr 32). Die zur Erfüllung ihres (Sachleistungs-)Anspruchs von der Pflegekasse unmittelbar an den Heimträger gezahlten Pauschalen lassen sich vielmehr ausschließlich zur teilweisen Begleichung des Heimentgelts verwenden. Für den wirtschaftlichen Zuschnitt der Lebensführung des anderen Ehegatten sind sie nicht relevant. Ebenso wenig werden hierdurch die Kosten der Haushaltsführung in der ehemaligen Ehewohnung geschmälert, in der aufgrund der stationären Versorgung der Ehefrau keine häusliche Gemeinschaft mehr besteht. Als Unterhaltsbeiträge können aber nur solche Leistungen gelten, die für den Familienunterhalt effektiv zur Verfügung gestanden haben (vgl BSG Urteil vom 27.4.1982 - 1 RJ 134/80 - SozR 2200 § 1266 Nr 21 S 81).
Dieses Ergebnis führt schließlich zu einem Gleichlauf mit der familienrechtlichen Rechtsprechung. Die dauerhafte stationäre Pflege eines Ehegatten bei fortbestehender ehelicher Lebensgemeinschaft wird als wesentliche Abweichung vom Regelfall des häuslichen Zusammenlebens der Familie erachtet (vgl BGH Beschluss vom 27.4.2016 - XII ZB 485/14 - BGHZ 210, 124 RdNr 21 = NJW 2016, 2122, 2123 f). Dieser Sondersituation, in der die Pflegekosten oftmals das gesamte Familieneinkommen übersteigen, wird innerhalb der Anspruchsvoraussetzungen des pflegebedürftigen Ehegatten gegen den anderen Ehegatten Rechnung getragen. Der Anspruch auf Familienunterhalt nach den §§ 1360, 1360a BGB hängt dann ausnahmsweise von der Leistungsfähigkeit des anderen Ehegatten ab (vgl BGH Beschluss vom 27.4.2016 - XII ZB 485/14 - BGHZ 210, 124 RdNr 22 = NJW 2016, 2122, 2124; vgl dazu, dass der Unterhaltsanspruch in diesem Fall statt auf Naturalleistungen ausnahmsweise auf eine Geldrente gerichtet ist, zB von Pückler in Grüneberg ≪vormals Palandt≫, Bürgerliches Gesetzbuch, 81. Aufl 2022, § 1360a RdNr 1; Weber-Monecke MüKo BGB, 8. Aufl 2019, BGB § 1360a RdNr 14). Die Sachleistungen aus der Pflegeversicherung dienen dabei allein der Befriedigung des unabweisbaren Bedarfs des pflegebedürftigen Ehegatten, wodurch die Familie entlastet wird (vgl Bömelburg in Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Aufl 2019, § 3 RdNr 30; vgl auch Kaiser in Kaiser/Schnitzler/Schilling/Sanders, BGB, Bd 4: Familienrecht, 4. Aufl 2021, § 1360a RdNr 6). In der familienrechtlichen Praxis dürften die von den Pflegekassen übernommenen Aufwendungen selbst deshalb ohne Bedeutung für den Anspruch auf Familienunterhalt sein. Insofern ergibt sich letztlich das gleiche Bild wie für die Kosten ärztlicher Behandlung, die beim Familienunterhalt nach den §§ 1360, 1360a BGB nur eine Rolle spielen, wenn und soweit sie nicht durch eine gesetzliche oder private Krankenversicherung abgedeckt sind (vgl zB Voppel in Staudinger, BGB, Stand Januar 2018, § 1360a RdNr 11; vgl zu einem solchen Fall zB BGH Urteil vom 27.11.1991 - XII ZR 226/90 - BGHZ 116, 184, 188 f).
(3) Wenn das LSG den gesamten Lebensbedarf der Familie und die jeweiligen Unterhaltsbeiträge des Klägers, der Versicherten und etwaiger Dritter festgestellt hat, lässt sich - im dritten Prüfungsschritt - der Anteil jedes Ehegatten bestimmen.
C. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Düring Körner Hannes
Fundstellen
Haufe-Index 15161225 |
NJW 2022, 3380 |
NZS 2022, 792 |
SGb 2022, 164 |
SGb 2023, 49 |
Breith. 2023, 500 |
NZFam 2022, 665 |