Verfahrensgang

LSG Sachsen-Anhalt (Urteil vom 10.11.1994; Aktenzeichen L 2 Ar 87/94)

SG Magdeburg (Urteil vom 17.05.1994)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 10. November 1994 abgeändert. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 17. Mai 1994 wird in vollem Umfang zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Streitig ist, ob der am 8. November 1932 geborenen Klägerin nach der Vorruhestandsregelung-Ost Vorruhestandsgeld (Vog) in Höhe des ihre Altersrente übersteigenden Differenzbetrages (sog Spitzbetrag) für die Zeit vom 1. Dezember 1992 bis 28. Februar 1993 zusteht.

Die Klägerin bezog von der Firma P. … mbH (in Magdeburg) vom 1. September bis 31. Oktober 1990 Vog in Höhe von 986,– DM monatlich. Auf entsprechenden Antrag übernahm die Beklagte die Leistung (in Höhe von 987,– DM) ab 1. November 1990 bis längstens 31. Oktober 1992 (Bescheid vom 3. Dezember 1990), zahlte das Vog jedoch bis einschließlich 30. November 1992, zuletzt (nach Dynamisierung) in Höhe von 1.528,– DM monatlich.

Nachdem zunächst Rentenvorschüsse gewährt worden waren, erhielt die Klägerin von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) mit Bescheid vom 5. Februar 1993 rückwirkend ab 1. Dezember 1992 Altersrente (838,86 DM laufende Rente ab 1. April 1993; Nachzahlung für die vorangegangene Zeit in Höhe von 121,24 DM).

Auf einen im Februar 1993 gestellten Überprüfungsantrag der Klägerin lehnte die Beklagte die Zahlung von Vog über November 1992 hinaus für das von der Klägerin beantragte weitere Jahr ab (Bescheid vom 8. März 1993; Widerspruchsbescheid vom 8. Juli 1993). Die anschließende Klage, gerichtet auf Zahlung von Vog bis nunmehr 31. August 1995, hatte keinen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ vom 17. Mai 1994). Auf die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) die Beklagte verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 1. Dezember 1992 bis 28. Februar 1993 Vog in Höhe der Differenz zwischen dem Zahlbetrag des Vog nach allgemeinen Regeln und der Bruttorente zu gewähren, die Berufung jedoch im übrigen zurückgewiesen (Urteil vom 10. November 1994). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, daß nach § 2 Abs 2 Satz 2 der Verordnung über die Gewährung von Vog vom 8. Februar 1990 (VogVO-DDR) Vog bis zur Gewährung der Altersrente zu zahlen sei. Da die Bewilligung der Rente im Februar 1993 erfolgt sei, müsse Vog bis zum Ende dieses Monats gezahlt werden. In Höhe der rückwirkend gewährten Rente sei der Vog-Anspruch indes erloschen.

Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 2 Abs 2 Satz 2 VogVO-DDR und des § 44 Abs 2 Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren -(SGB X) iVm § 54 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Nach § 2 Abs 2 Satz 2 VogVO-DDR stehe der Klägerin – so die Beklagte – Vog lediglich bis 30. November 1992 zu, weil ihr für die Zeit danach von der BfA Altersrente zuerkannt worden sei. Wie in den Fällen des § 118 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) müsse davon ausgegangen werden, daß mit der Rentenbewilligung der Vog-Anspruch rückwirkend entfalle. Damit sei auch der Spitzbetrag nicht mehr nachträglich zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des LSG abzuändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG in vollem Umfang zurückzuweisen.

Die Klägerin hat sich weder zur Sache geäußert noch einen Antrag gestellt.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision der Beklagten ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG).

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 8. März 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juli 1993, gegen den sich die Klägerin zulässigerweise mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) wehrt. Im angefochtenen Bescheid hat es die Beklagte abgelehnt, den bindend gewordenen (§ 77 SGG) früheren Bescheid vom 3. Dezember 1990 dahin abzuändern, daß Vog auch nach dem 30. November 1992 gezahlt werde. Inhaltlich betrifft das Revisionsverfahren jedoch nur noch den Vog-Spitzbetrag für die Zeit vom 1. Dezember 1992 bis 28. Februar 1993.

Von Amts wegen zu beachtende Verfahrensmängel stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen. Insbesondere war die Berufung der Klägerin gegen das erstinstanzliche Urteil gemäß § 144 Abs 1 SGG idF des Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege vom 11. Januar 1993 (BGBl I 50) statthaft, da sie wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betraf (Satz 2).

Der Klägerin steht jedoch ab 1. Dezember 1992 über § 44 SGB X – ob iVm § 152 AFG, kann dahinstehen – Vog nach § 2 der VogVO-DDR (GVBl I Nr 7 S 42) iVm Anl II Kap VIII Sachgebiet E Abschn III Nr 5 des Einigungsvertrages (EinigVtr) idF des Gesetzes vom 23. September 1990 (BGBl II 885) nicht zu; ob die VogVO-DDR idF des Gesetzes zur Änderung der VogVO-DDR vom 26. Juli 1994 (BGBl I 1796) anwendbar ist, bedarf keiner Entscheidung, weil sich auch daraus kein Anspruch ableiten ließe. Der Gesetzgeber hat nämlich ab 29. Juni 1994 mit dem bezeichneten Änderungsgesetz klarstellend zu § 2 Abs 2 der VogVO-DDR (vgl BT-Drucks 12/8039 S 4) ein Erlöschen des Vog-Anspruchs schon mit Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für eine Altersrente geregelt, während die VogVO-DDR zuvor nach Ansicht des Senats (vgl hierzu BSGE 74, 225 ff = SozR 3-8825 § 2 Nr 2) ein Entfallen des Rentenanspruchs erst mit Gewährung der Rente vorsah. Träfe entgegen der bezeichneten Entscheidung des Senats § 2 Abs 2 VogVO-DRR nF für alle laufenden Fälle – im Sinne einer authentischen Interpretation – ab 29. Juni 1994 eine (rückwirkende) Regelung (anders die Beklagte in ihrer Dokumentation über die Vorruhestandsregelung-Ost, S 45 ff), käme es auf eine Rentengewährung nicht mehr an. Ob die damit verbundene Schlechterstellung der Vog-Empfänger gegenüber der zitierten Entscheidung des Senats mit Wirkung für die Vergangenheit vom Gesetzgeber gewollt war und zulässig wäre, kann indes dahinstehen. Denn auch nach § 2 Abs 2 VogVO-DDR aF war der Anspruch nicht begründet.

Spätestens durch die Bewilligung der Altersrente rückwirkend ab 1. Dezember 1992 ist nämlich der Anspruch auf Vog nachträglich ab 1. Dezember 1992 entfallen. Die Auswirkungen von Rentenvorschüssen auf den Vog-Anspruch sind damit ohne Bedeutung.

Einzuräumen ist, daß sich die bezeichnete Rechtsfolge nicht allein dem Wortlaut des § 2 Abs 2 Satz 2 VogVO-DDR aF „Gewährung” der Altersrente) entnehmen läßt. Zwar kann unter Gewährung nach allgemeinem und juristischem Sprachgebrauch auch die „Bewilligung” oder die „Zuerkennung”, nicht nur die tatsächliche Erbringung zu verstehen sein (BSGE 74, 225, 229 = SozR 3-8825 § 2 Nr 2). Hingegen beantwortet der Wortlaut der Vorschrift nicht, ab wann bei Bewilligung einer Altersrente der Vog-Anspruch entfällt, ob die Rentenbewilligung also insbesondere den Verlust eines zunächst bestehenden Vog-Anspruchs mit Rückwirkung für den gesamten Rentenbewilligungszeitraum zur Folge hat. Letzteres ergibt sich aus Sinn und Zweck der Vorschrift sowie aus rechtssystematischen Erwägungen (Urteile des Senats vom 30. März 1995: 7 RAr 22/94, zur Veröffentlichung vorgesehen; 7 RAr 38/94, 7 RAr 42/94, 7 RAr 66/94, jeweils unveröffentlicht).

§ 2 Abs 2 Satz 2 VogVO-DDR aF wie nF soll eine Doppelleistung von Altersrente und Vog verhindern. Anders ausgedrückt: Der Bezug von Altersrente und der von Vog schließen sich nach den gesetzgeberischen Zielen aus, auch wenn § 2 Abs 2 Satz 2 VogVO-DDR aF den Anspruch auf Vog nicht bereits mit der Erfüllung der Voraussetzungen für die Gewährung einer Altersrente entfallen ließ (vgl BSGE 74, 225 ff = SozR 3-8825 § 2 Nr 2). Vog kann schon begrifflich nur die Zeit bis zum Ruhestand überbrücken. Dies gilt um so mehr, als die Änderung des § 2 Abs 2 VogVO-DDR durch das Gesetz vom 26. Juli 1994 (aaO) die Vorstellung des Gesetzgebers deutlich zum Ausdruck bringt: Der Anspruch sollte bereits mit dem Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung einer Altersrente entfallen, also unabhängig von einer Antragstellung und einer Zubilligung der Rente. Weil dies im Wortlaut der Vorschrift indes keinen Niederschlag gefunden hatte, hat der Senat zur früheren Fassung des § 2 Abs 2 VogVO-DRR anders entschieden (BSGE 74, 225 ff = SozR 3-8825 § 2 Nr 2), ohne andererseits die Frage beantworten zu müssen, ob die Beklagte nicht wenigstens zur Stellung eines Rentenantrags auffordern durfte. Jedenfalls läßt sich ein Anspruch auf beide Leistungen nebeneinander keinesfalls begründen (Urteile des Senats vom 30. März 1995, aaO).

§ 2 Abs 2 Satz 2 VogVO-DDR aF muß allerdings zwischen Vog-Zahlung und Rentenzahlung nach Stellung des Rentenantrags eine Nahtlosigkeit gewährleisten (Urteile des Senats vom 30. März 1995, aaO). Bis die Zahlung von Altersrente durch Bescheid gesichert ist, besteht weiterhin ein Anspruch auf Vog. Die Vorschrift stellt in dieser Ausprägung einen Kompromiß zwischen zwei „Radikallösungen” dar. Der Anspruch auf Vog besteht auflösend bedingt längstens bis zur positiven Klärung des Anspruchs auf Altersrente. Denknotwendig ist dieser Zeitpunkt – von den Rentenvorschüssen einmal abgesehen – spätestens der Tag der Zubilligung der Altersrente, also der Tag, an dem der Rentenbescheid wirksam wird (§§ 39 Abs 1, 37 SGB X). Ergeht der Rentenbescheid, entfällt gleichzeitig rückwirkend der Anspruch auf Vog mit Beginn des Rentenbewilligungszeitraums (Urteile des Senats vom 30. März 1995, aaO).

Dies würde im übrigen selbst dann gelten, wenn die Beklagte (rechtmäßig) das Vog bis zur Rentenbewilligung fortgezahlt hätte. Der Beklagten würde dann nach § 103 SGB X ein Erstattungsanspruch gegen den Rentenversicherungsträger zustehen, in dessen Höhe nach § 107 SGB X der Anspruch auf Altersrente als erfüllt gelten würde. Ob dann in Höhe des Erstattungsanspruchs eine Aufhebung der Vog-Bewilligung mit Wirkung für die Vergangenheit nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X möglich oder notwendig wäre, ist zweifelhaft; die Bewilligung der Altersrente würde jedenfalls wegen des damit verbundenen Entfallens des gesamten Vog-Anspruchs für die Vergangenheit eine Änderung der Rechtsverhältnisse darstellen. Wegen der Regelung der §§ 103, 107 SGB X wäre sie, soweit es die Vergangenheit betrifft, gleichwohl nicht wesentlich iS des § 48 SGB X (vgl aber zur Notwendigkeit der Aufhebung im Hinblick auf § 157 Abs 4 AFG: BSG, Urteil vom 31. Oktober 1991 – 7 RAr 46/90 –, unveröffentlicht). Unabhängig von der Fortzahlung des Vog bis zur Rentenbewilligung entfällt also der Vog-Anspruch der Klägerin mit der Bewilligung der Rente rückwirkend für den gesamten Rentenbewilligungszeitraum in vollem Umfang. Ob ein gezahlter Spitzbetrag zurückzuzahlen wäre, ist eine andere Frage.

Ein Vergleich mit sonstigen Vorschriften über das Zusammentreffen von Sozialleistungen erhärtet dieses Ergebnis. So begegnet etwa das Arbeitsförderungsrecht unerwünschter Doppelversorgung mit der Ruhensvorschrift des § 118 AFG. Gemäß Abs 1 dieser Bestimmung ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) während der Zeit, für die dem Arbeitslosen ua ein Anspruch auf Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (Nr 4) zuerkannt (worden) ist. Gleiches galt nach der mit bestimmten Maßgaben (vgl Anl II Kap VIII Sachgebiet E Abschn III Nr 1 Buchstabe a dd EinigVtr) weiterhin anzuwendenden Vorschrift des § 118 Satz 1 Nr 5 AFG-DDR vom 22. Juni 1990 (GBl I Nr 36 S 403) im Fall der Zuerkennung einer Altersrente. Das Ruhen des Alg-Anspruchs tritt in diesen Fällen unabhängig von der Höhe der Rente grundsätzlich in vollem Umfang ein, und zwar ab dem Zeitpunkt, von dem an die Rente zuerkannt ist. Das schließt das rückwirkende vollständige Ruhen eines Alg-Anspruchs für deckungsgleiche Zeiträume ein (BSGE 60, 180, 182 ff = SozR 1300 § 48 Nr 26; BSGE 73, 10, 13 ff = SozR 3-4100 § 118 Nr 4; BSG SozR 1300 § 48 Nr 22). Nur aus Gründen des Vertrauensschutzes kann bei rückwirkender Gewährung von Altersrente für einen Zeitraum, für den bereits Alg gezahlt wurde, die Aufhebung der Alg-Bewilligung (§ 48 Abs 1 Satz 2 SGB X) nicht über die Rentenhöhe (für deckungsgleiche Zeiträume) hinaus erfolgen; gleichzeitig ist so die Höhe des Erstattungsanspruchs (§ 50 Abs 1 Satz 1 SGB X) beschränkt (BSGE 60, 180, 184 f = SozR 1300 § 48 Nr 26; BSG SozR 1300 § 48 Nr 22).

Ähnliche Regelungen existieren im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung. Gemäß § 50 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) haben Versicherte von Beginn der Vollrente wegen Alters an keinen Anspruch auf Krankengeld (Krg). Hierbei ist unter „Beginn” des Rentenanspruchs wiederum der Zeitpunkt zu verstehen, ab dem (rückwirkend) Rente bewilligt wurde (vgl nur BSGE 71, 294, 296 mwN = SozR 3-2500 § 48 Nr 4). Rückwirkend entfällt dann der Anspruch auf Krg in vollem Umfang. Grund dafür ist, daß neben der Vollrente und dem mit ihr typischerweise verbundenen Ausscheiden aus dem Erwerbsleben grundsätzlich kein Anspruch auf Krg gegeben sein soll. Die Wegfallwirkung erfaßt einen Krg-Anspruch selbst dann, wenn das Krg über den Beginn der Rentenzahlung hinaus gezahlt worden ist, weil die Rente nachträglich bewilligt worden ist. Wiederum nur aus Gründen des Vertrauensschutzes darf die Krankenkasse einen evtl Unterschiedsbetrag zwischen (höherem) Krg und (niedrigerer) Rente nicht zurückfordern (§ 50 Abs 1 Satz 2 SGB V); der Versicherte soll nach dem gesetzgeberischen Willen das behalten, was er zunächst rechtmäßig bezogen hat und worauf er seine Lebenshaltung einrichten durfte (BSGE 71, 294, 296 f mwN = SozR 3-2500 § 48 Nr 4). Auch die Krankenkasse darf ihre Krg-Leistung allerdings erst einstellen, wenn feststeht, daß der Versicherte den Anspruch auf Altersrente hat. Maßgeblicher Zeitpunkt ist der Tag des Erlasses des Rentenbescheides (BSG SozR Nr 39 zu § 183 RVO; SozR 2200 § 183 Nr 43).

Trägt aber das Behaltendürfen des Spitzbetrages bei Zusammentreffen zweier sich ausschließender Leistungen und nachträglicher Zuerkennung einer dieser Leistungen nur Vertrauensschutzgesichtspunkten Rechnung, so liegt es auf der Hand, daß der Spitzbetrag im Fall der Nichtzahlung der zunächst weiterhin zu erbringenden Leistung, vorliegend des Vog, nicht nachträglich zuerkannt werden kann, wenn bereits durch Bescheid feststeht, daß ein Anspruch auf die andere Leistung, hier die Altersrente, für einen zurückliegenden Zeitpunkt besteht (Urteile des Senats vom 30. März 1995, aaO). Die Zielsetzung, Doppelleistungen zu verhindern, wäre ansonsten verfehlt. Im Verhältnis von Krg und Rente ist demgemäß mehrfach entschieden worden, daß ein Versicherter keinen Anspruch auf Krg hat, auch nicht auf Nachzahlung eines etwaigen Differenzbetrages zwischen Krg und Rente, wenn ihm Krg vor der Rentenbewilligung (rechtsirrtümlich) verweigert worden ist (vgl BSG SozR Nrn 24 und 29 zu § 183 RVO; SozR 2200 § 183 Nr 43; BSG, Urteil vom 25. Januar 1995 – 12 RK 51/93 –, zur Veröffentlichung vorgesehen). Dem ist der Senat für das Verhältnis von Vog und Rente gefolgt (BSG, Urteile vom 30. März 1995, aaO). Ob darüber hinaus der Leistungsempfänger, der den Erlaß des Bescheides über die Zubilligung der Rente verzögert, etwa über den Rechtsgedanken des § 162 Bürgerliches Gesetzbuch, so zu stellen ist, als wäre der Bescheid über die andere Leistung bereits ergangen, kann offenbleiben. Unerheblich ist jedenfalls, ob der Rentenbescheid bestandskräftig oder rechtmäßig ist. Er entfaltet als solcher Tatbestandswirkung und ist ohne weitere Prüfung – außer bei Nichtigkeit – zu beachten (Urteile des Senats vom 30. März 1995, aaO). Nicht zuletzt erscheint das Vertrauen der Klägerin vorliegend schon in tatsächlicher Hinsicht nicht schützenswert. Denn abgesehen davon, daß die Beklagte die Weitergewährung von Vog über den November 1992 hinaus abgelehnt hat, fehlte für ein Vertrauen der Klägerin auf Gewährung von Vog über das Erreichen des Rentenalters hinaus vor dem Senatsurteil vom 1. Juni 1994 (BSGE 74, 225 ff = SozR 3-8825 § 2 Nr 2) eine sichere Rechtsbasis.

Eine Sonderregelung, die die Gewährung von Vog neben der Altersrente bis zum Beginn der laufenden Rentenzahlung vorsieht, ist nicht ersichtlich. Die Vorschrift des § 118 Abs 2 Nr 1 AFG bezieht sich ausschließlich auf Renten wegen Erwerbsunfähigkeit; sie trägt insbesondere der Vorschrift des § 95 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – iVm § 105a AFG Rechnung und ist einer erweiternden Auslegung oder analogen Anwendung auf das Vog nicht zugänglich (Urteile des Senats vom 30. März 1995, aaO).

Nichts anderes gilt im Ergebnis für die Bestimmung des § 249e Abs 4a AFG, eingefügt mit Wirkung vom 1. Januar 1995. Danach ist Rentenberechtigten, deren Rente niedriger als das Altersübergangsgeld (Alüg) ist, anstelle des Alüg ein pauschalierter Ausgleichsbetrag in Höhe des festgestellten Unterschiedsbetrages zu gewähren; der Ausgleichsbetrag wird während der Zeit, für die eine Rente zuerkannt ist, und für die ansonsten verbleibende Dauer des Anspruchs auf Alüg, längstens bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres (§ 100 Abs 2 AFG), in unveränderter Höhe im selben Verfahren gezahlt wie zuvor das Alüg. Insoweit kann von einer für einen Analogieschluß notwendigen planwidrigen Gesetzeslücke nicht gesprochen werden. Denn das Problem der unterschiedlichen Regelungen für das Alüg und für das Vog ist vom Gesetzgeber gesehen worden (Urteile des Senats vom 30. März 1995, aaO). Die Empfänger von Vog und von Alüg sind bewußt unterschiedlich behandelt worden; die Zahlung von Vog durch die Beklagte nach der VogVO-DDR sollte nur den vor der Wiedervereinigung bestehenden Status gewährleisten. Daß die Regelungen zum Alüg anders gestaltet sind, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wie der Senat in seinen Urteilen vom 30. März 1995 (aaO) dargelegt hat. Ein der Klägerin günstigeres Ergebnis ergibt sich schließlich nicht mittels des sog sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs (vgl hierzu ausführlich die Urteile des Senats vom 30. März 1995, aaO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1174546

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