Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 15. Dezember 1994 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 25. März 1994 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungs- und das Revisionsverfahren keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
I
Die klagende Stadt begehrt als Sozialhilfeträger die Zahlung von Kindergeldzuschlag für das Jahr 1993.
Der im Jahre 1945 geborene Sohn der Beigeladenen ist geistig behindert und seit 1980 in einem Behindertenheim untergebracht; er war in einer Behindertenwerkstatt beschäftigt. Das für ihn gewährte Kindergeld mit Kindergeldzuschlag zahlte die Beklagte an die Klägerin, die die Heimunterbringungskosten im Rahmen der Eingliederungshilfe gemäß § 40 Abs 1 Nrn 6a, 8 und Abs 2 (aF) Bundessozialhilfegesetz (BSHG) trug. Einen Unterhaltsbeitrag gemäß § 91 Abs 3 Satz 1 Halbs 2 BSHG forderte sie von der Beigeladenen nicht, da diese mit ihrer Witwenrente von ca. DM 2.000,– monatlich unter der nach den Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe festgelegten Einkommensgrenze des sechsfachen Betrages nach §§ 79, 81 Abs 1 BSHG lag. An Feiertagen sowie in unregelmäßigen Abständen an Wochenenden hielt sich der Sohn der Beigeladenen bei ihr auf, die ihn weitgehend einkleidete und teilweise Einrichtungsgegenstände in seinem Zimmer im Heim finanziert hatte.
Mit Bescheid vom 27. Januar 1993 und Widerspruchsbescheid vom 2. Juni 1993 lehnte die Beklagte den Antrag auf Kindergeldzuschlag für das Jahr 1993 ab.
Das Sozialgericht (SG) wies mit Urteil vom 25. März 1994 die Klage im wesentlichen mit der Begründung ab, der steuerliche Kinderfreibetrag und damit ein Anspruch auf Kindergeldzuschlag für behinderte Kinder entfalle bei voller Unterhaltsgewährung durch den Sozialhilfeträger. Nach den Einkommensteuerrichtlinien (EStR) seien die Sozialhilfeleistungen als anrechenbare Einkünfte des Kindes anzusehen, wenn, wie im vorliegenden Fall, von einer Rückforderung abgesehen werde. Die freiwilligen Leistungen der Beigeladenen erzeugten keinen Rechtsanspruch auf Kinderfreibetrag oder Kindergeldzuschlag.
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Bescheide und das Urteil des SG aufgehoben und die Beklagte zur Gewährung des Kindergeldzuschlags an die Beigeladene und zur Zahlung der Beträge an die Klägerin verurteilt. Mit dem dualen System bestehend aus Kindergeld und Kinderfreibetrag bezwecke der Gesetzgeber eine Minderung der kindbedingten Belastung der Eltern. Das Kindergeld sei wegen des Übergewichts als Sozialleistung im Sozialrecht und nicht im Steuerrecht angesiedelt, was trotz der Bezugnahme auf § 32 Abs 6 und § 32a Abs 1 Nr 1 Einkommensteuergesetz (EStG) in § 11a Bundeskindergeldgesetz (BKGG) auch für den Kindergeldzuschlag zutreffe. Die Kindergeldkassen seien verpflichtet, die steuerrechtlichen Voraussetzungen des Kindergeldzuschlages nach § 11a BKGG selbständig zu prüfen, was hinsichtlich der sozialrechtlichen und der steuerrechtlichen Beurteilung zu unterschiedlichen Ergebnissen führen könne. Da es für den Kindergeldanspruch über das 27. Lebensjahr hinaus nach § 2 Abs 2 Nr 3 BKGG ausreiche, daß das Kind wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande sei, sich selbst zu unterhalten, könne für die entsprechende Regelung des Kinderfreibetrags in § 32 Abs 5 und 6 EStG jedenfalls als Voraussetzung für den Kindergeldzuschlag nach § 11a BKGG nichts anderes gelten. Die steuerrechtliche Regelung in § 32 Abs 5 EStG stimme nahezu wörtlich mit der kindergeldrechtlichen Regelung überein. Wenn die Heimunterbringung auf Kosten des Sozialhilfeträgers ohne weitere finanzielle Beteiligung der Beigeladenen dem Kindergeldanspruch nicht entgegenstehe, müsse das auch für den Kinderfreibetrag als Grundlage des Kindergeldzuschlages gelten. Die Einkommensteuerrichtlinien seien als nur die Finanzverwaltung bindende Verwaltungsvorschriften nicht von den Kindergeldkassen und den SGen zu beachten. Schließlich sei ein eigener Kostenbeitrag der Eltern, welcher den Kinderfreibetrag und damit den Kindergeldzuschlag begründe, stets darin zu sehen, daß sie das ihnen zustehende und daher zu ihrem Einkommen zählende Kindergeld an den Sozialhilfeträger weitergäben. Gleiches gelte für den Kindergeldzuschlag, bei dem es sich ebenfalls um Einkommen handele (Hinweis auf BSG SozR 3-5870 § 11a Nr 1).
Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten. Sie rügt eine Verletzung des § 11a BKGG. Zu Unrecht bejahe das LSG den Anspruch auf Kindergeldzuschlag, obwohl nach dem Steuerrecht kein Kinderfreibetrag zustehe.
Sie beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 15. Dezember 1994 – L 5 Kg 13/94 – aufzuheben und die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie trägt vor, auch eine Person, für die Eingliederungshilfe gezahlt werde, sei iS des Steuerrechts behinderungsbedingt außerstande, sich selbst zu unterhalten.
Die Beigeladene hat sich im Revisionsverfahren nicht zur Sache geäußert.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Berufungsurteil war aufzuheben und das Urteil des SG wiederherzustellen.
Die Beigeladene hat keinen Anspruch auf Gewährung des Kindergeldzuschlages für das Jahr 1993 für ihren Sohn; die klagende Stadt kann daher auch die Auszahlung jener Leistung an sich nicht beanspruchen.
Der geltend gemachte Anspruch besteht weder nach materiellem Recht (1) noch aufgrund einer Bindungswirkung der entsprechenden Bewilligungen der Vorjahre (2).
(zu 1) Der Beigeladenen steht für ihren volljährigen Sohn kein entweder nicht oder nur teilweise ausgenutzter steuerlicher Kinderfreibetrag nach dem allein maßgeblichen Steuerrecht zu. Insbesondere ist ihr Sohn iS des Steuerrechts wegen der gewährten Eingliederungshilfe nach dem BSHG nicht „wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande, sich selbst zu unterhalten”. Damit entfällt der Rechtsgrund für den ersatzweise gewährten Kindergeldzuschlag.
Gemäß § 11a Abs 1 Satz 1 BKGG vom 14. April 1964 (BGBl I 265) idF der Bekanntmachung vom 30. Januar 1990 (BGBl I 149), der durch Art 1 Nr 4 des 11. BKGG-ÄndG vom 27. Juni 1985 (BGBl I 1251) mit Wirkung vom 1. Januar 1986 eingeführt wurde, erhöht sich das Kindergeld für die Kinder des Berechtigten, für die ihm der Kinderfreibetrag nach § 32 Abs 6 EStG (hier idF der Bekanntmachung vom 7. September 1990, BGBl I 1898, ber. BGBl 1991 I 808) zusteht, ersatzweise um den in Abs 6 dieser Vorschrift bemessenen Zuschlag, wenn das zu versteuernde Einkommen (§ 2 Abs 5 EStG) des Berechtigten geringer ist als der Grundfreibetrag nach § 32a Abs 1 Nr 1 EStG.
Der Beigeladenen steht unstreitig ein Anspruch auf Kindergeld gemäß § 1 BKGG zu, insbesondere wird nach den Feststellungen des LSG das behinderte Kind gemäß § 2 Abs 2 Satz 1 Nr 3 BKGG bei der Kindergeldgewährung berücksichtigt, weil es als Voraussetzung für den Anspruch auf Kindergeld wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Ebenso ist unstreitig durch das LSG festgestellt worden, daß das zu versteuernde Einkommen der Beigeladenen geringer ist als der Grundfreibetrag nach § 32a Abs 1 Nr 1 EStG.
Dagegen sind nach § 11a Abs 1 BKGG iVm § 32 Abs 6 Satz 1 EStG die Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrages nicht gegeben.
Es handelt sich bei der Verweisung auf das EStG um eine Rechtsgrundverweisung, durch die prinzipiell alle einkommensteuerrechtliche Regelungen, welche die Voraussetzungen für die Gewährung eines Kinderfreibetrages schaffen bzw konkretisieren, anzuwenden sind. Der Gesetzgeber hat den Familienlastenausgleich in Form eines dualen Systems gestaltet (BT-Drucks 9/2140 S 66). Einerseits soll durch eine allgemeine Sozialleistung die wirtschaftliche Belastung teilweise ausgeglichen werden, die Eltern durch die Sorge für ihre Kinder entsteht. Andererseits ist der steuerliche Kinderfreibetrag dazu bestimmt, im Steuerrecht zu berücksichtigen, daß die Leistungsfähigkeit von Steuerpflichtigen durch den Unterhalt ihrer Kinder gemindert wird. In der Zeit von 1974 bis einschließlich 1982 galt ein einheitlicher Familienlastenausgleich, bei dem das Kindergeld wegen der Abschaffung der Kinderfreibeträge durch das Einkommensteuerreformgesetz 1974 zusätzlich die steuerliche Entlastungsfunktion der Kinderfreibeträge übernehmen mußte. Diese den Familienlastenausgleich bezweckende steuerliche Entlastungsfunktion (BVerfGE 82, 60, 78 f) hat das Kindergeld nach Wiedereinführung des Kinderfreibetrages durch das Haushaltsbegleitgesetz 1983 teilweise, dh neben seiner Funktion als allgemeine Sozialleistung, auch in der Folgezeit behalten. Zusammen mit dem Kinderfreibetrag trägt es zugleich wie dieser dazu bei, daß dem Steuerpflichtigen wirtschaftlich das steuerlich zu verschonende Existenzminimum (s BVerfGE 87, 153, 169 f) verbleibt. Mit dem Kindergeldzuschlag als rechtlich selbständigen Teil des Kindergeldes (s die Urteile des Senats vom 18. Juli 1989, SozR 5870 § 27 Nr 3 S 7 und vom 30. Januar 1996 – 10 RKg 13/95 –, unveröffentlicht) hat das Kindergeld in den Ausnahmefällen, in denen es wegen geringen Einkommens ganz oder teilweise unmöglich ist, den zustehenden Kinderfreibetrag auszuschöpfen, auch diejenige Seite des Familienlastenausgleichs übernommen, die regelmäßig über die steuerliche Entlastungsfunktion des Kinderfreibetrages die Minderung der Leistungsfähigkeit der Eltern durch den Unterhalt ihrer Kinder teilweise ausgleichen soll. Durch den Kindergeldzuschlag ist somit nicht die Funktion des Kindergeldes als allgemeine Sozialleistung, sondern seine auf das Einkommensteuerrecht bezogene Entlastungsfunktion im dualen System des Familienlastenausgleichs ergänzt worden. Als Ersatz für den nicht oder nicht voll ausgeschöpften steuerlichen Kinderfreibetrag ist der Kindergeldzuschlag insoweit, dh zur Berechnung des Kinderfreibetrages, allein von der Regelung des Steuerrechts abhängig. Maßgeblich sind vor allem § 32 Abs 4 Satz 1 Nr 7 und Abs 5 EStG. Sie bestimmen, daß Kinder nach Vollendung des 18. Lebensjahres beim steuerlichen Kinderfreibetrag nur dann zu berücksichtigen sind, wenn sie wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten.
Der in den oa steuerrechtlichen Vorschriften verwandte Begriff „außerstande sein, sich selbst zu unterhalten” ist als Voraussetzung für den Anspruch auf Kindergeldzuschlag nach steuerrechtlichen und nicht nach kindergeldrechtlichen Kriterien auszulegen. Die von den Sozialhilfebehörden nach den §§ 11 ff, § 27 Abs 1 Nr 6 und Abs 3 Satz 1 iVm § 39 Abs 1 Satz 1, § 40 Abs 1 Nr 1 BSHG idF der Bekanntmachung vom 23. März 1994 (BGBl I 646, ber. 2975) gewährte Hilfe zum Lebensunterhalt sowie die Eingliederungshilfe führen zum Wegfall des Anspruchs auf Kindergeldzuschlag, wenn dadurch der (existentiell) notwendige Unterhaltsbedarf des Kindes gedeckt ist und seine Eltern vom Träger der Sozialhilfe nicht regreßpflichtig gemacht werden.
Das Kindergeldrecht verwendet in § 2 Abs 2 Satz 1 Nr 3 BKGG ebenfalls den Begriff „außerstande sein, sich selbst zu unterhalten”. Der kindergeldrechtlichen und der steuerlichen Regelung ist gemeinsam, daß sie demjenigen, der unterhaltsrechtlich für ein behindertes Kind einzustehen hat, einen finanziellen Ausgleich der dadurch bedingten Belastung einerseits direkt durch den Kindergeldbezug und andererseits indirekt durch Steuerfreistellung des eigenen Einkommens gewährt. Danach könnte bei oberflächlicher Betrachtung eine einheitliche Auslegung in Frage kommen. Die wesensverschiedenen Anspruchsvoraussetzungen für Kindergeld (§§ 1 ff BKGG) und Kindergeldzuschlag (§ 11a Abs 1 BKGG) gebieten jedoch eine unterschiedliche Interpretation.
Das Bundessozialgericht ≪BSG≫ (Urteil des Senats vom 14. August 1984, BSGE 57, 108, 112 f = SozR 5870 § 2 Nr 35) hat den Begriff des Außerstandeseins, sich selbst zu unterhalten, als Voraussetzung für die Gewährung von Kindergeld iS des § 2 Abs 2 Satz 1 Nr 3 BKGG entsprechend dem Begriff der Erwerbsunfähigkeit iS des § 1247 Abs 2 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) ausgefüllt, da Ziel beider Normen gleichermaßen sei, die jeweilige Sozialleistung demjenigen oder für denjenigen zu gewähren, der selbst nicht in der Lage sei, durch Arbeit das Existenzminimum zu verdienen. Maßgeblich sei demnach ausschließlich, ob der Behinderte fähig sei, sich selbst durch eine Erwerbstätigkeit zu unterhalten. Auf Zuwendungen Dritter, zB des Trägers der Sozialhilfe, komme es im Zusammenhang mit der Kindergeldgewährung nicht an.
Im Einkommensteuerrecht, auf das § 11a Abs 1 BKGG über § 32 Abs 6 EStG Bezug nimmt, ist der sozialrechtliche Begriff der Erwerbsunfähigkeit unzureichend. Steuerrechtlich ist ein behindertes Kind, auch wenn es kein oder nur ein geringes Erwerbseinkommen erzielen kann, in der Lage, sich selbst zu unterhalten, wenn es über andere, nicht aus eigener Erwerbstätigkeit erworbene Einkünfte oder Bezüge verfügt. Dazu zählen auch Unterhaltsbeiträge des Sozialamts, soweit dieses von einer Rückforderung beim dem Hilfeempfänger unterhaltsverpflichteten Steuerpflichtigen absieht. Diese Grundsätze gehen zurück auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), erstmalig entwickelt in der Entscheidung vom 2. August 1974 (BFHE 114, 37). Der BFH versteht unter dem Begriff „Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts bestimmt oder geeignet sind” (§ 33a Abs 1 Satz 3 EStG) alle Einnahmen, die nicht im Rahmen der einkommensteuerlichen Einkunftsermittlung erfaßt wurden, also nicht steuerbare und im einzelnen für steuerfrei erklärte Einnahmen. Unterhaltsbeiträge des Sozialamts seien nach § 3 Nr 11 EStG einkommen- und lohnsteuerfrei und im Rahmen des § 33a Abs 1 Satz 3 EStG als „steuerfreie Bezüge” zu berücksichtigen, da sie zur Bestreitung des Unterhalts bestimmt und geeignet seien. Leistungen des Sozialamts könnten dann nicht als Leistungen des Steuerpflichtigen angesehen werden, wenn das Sozialamt von einer Nachforderung abgesehen habe. Denn in diesem Falle zahle das Sozialamt nicht wirtschaftlich für den Steuerpflichtigen, sondern rechtlich und wirtschaftlich aufgrund eigener Verpflichtung. Der Steuerpflichtige sei wirtschaftlich nicht anders gestellt, als wenn statt des Sozialamts ein sonstiger Dritter, zB ein naher Angehöriger, zum Unterhalt beigetragen hätte. Diese bis heute aufrechterhaltene Rechtsprechung des BFH (vgl Urteile vom 22. Juli 1988, BFHE 154, 111, 115 und BFHE 154, 115, 120) ist dahingehend zusammenzufassen, daß iS des § 33a Abs 1 Satz 3 EStG unter den Begriff „Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts bestimmt oder geeignet sind”, nur solche Bezüge nicht fallen, die dem Unterhaltsempfänger von einem Dritten zweckgebunden für die Abdeckung eines nach Art und Höhe über das Übliche hinausgehenden besonderen und außergewöhnlichen Lebensbedarfs zufließen.
Dazu zählen exemplarisch die im Rahmen der Sozialhilfe geleisteten Beträge für Krankenhilfe (§ 37 BSHG), häusliche Pflege (§ 69 Abs 2 BSHG) und Mehrbedarf (§ 23 Abs 1 Nr 1 BSHG; BFHE 154, 111, 114 f) und die sog Telefonhilfe im Rahmen der Altenhilfe (§ 75 Abs 2 Nr 3 BSHG). Speziell für den hier vorliegenden Fall, daß dem behinderten Kind mit der Hilfe zum Lebensunterhalt nach den §§ 11 ff BSHG und der Eingliederungshilfe für Behinderte gemäß § 27 Abs 1 Nr 6 und Abs 3 Satz 1 iVm den §§ 39, 40 die Unterbringungs- und Verpflegungskosten sowie zusätzliche Barbeträge (Taschengeld) gewährt werden und damit sein notwendiger Lebensbedarf grundsätzlich abgedeckt ist, hat der BFH im Urteil vom 14. Juni 1996 (BFHE 181, 128) die bereits entwickelten Grundsätze nochmals bekräftigt. Er hat ausgeführt, daß es im Zusammenhang mit der Gewährung des Kinderfreibetrages nicht auf den angemessenen, sondern nur auf den existentiell notwendigen Grundbedarf ankomme. Dieser sei mit dem Leistungskatalog des BSHG deckungsgleich. Zur Absicherung des existentiell notwendigen Grundbedarfs diene auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (≪BVerfG≫, vgl BVerfGE 82, 60) der steuerliche Kinderfreibetrag. Die Inanspruchnahme der Eltern durch den Sozialhilfeträger sei in der Regel ausgeschlossen. Bei typisierender Betrachtung benötigten diese Eltern keine zusätzliche steuerliche Entlastung; im Gegenteil, würde ihnen der Steuerfreibetrag gewährt, läge hierin eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gegenüber denjenigen Eltern, die tatsächlich Unterhalt zahlten. Nach diesen Maßgaben sind wegen ihrer Sachnähe zu § 33a Abs 1 Satz 3 EStG auch die vom Bundesfinanzministerium erlassenen EStR hinsichtlich der Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrages bei behinderten Kindern gemäß § 32 Abs 6 Satz 1 iVm Abs 4 Satz 1 Nr 7 und Abs 5 EStG ausgestaltet. Nach Abschnitt 180d EStR 1990 sind bei der Prüfung, ob der unterhaltsberechtigte Behinderte wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, die Gesamtumstände des Einzelfalls maßgeblich. Dabei kommt es nach dem Wortlaut der Richtlinien nicht nur auf die Unfähigkeit des Kindes, durch eigene Erwerbstätigkeit seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, sondern auch darauf an, ob dem Kind hierfür andere Bezüge zur Verfügung stehen (s Nissen in: Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, EStG-Komm, Stand Oktober 1996, § 32 Rz 90; Ross in: Dankmeyer/Giloy, Einkommensteuer, Stand Juni 1996, § 32 EStG RdNr 62). Nach Abschnitt 190 EStR 1990, auf welchen in Abschnitt 180d EStR 1990 verwiesen wird, sind anrechenbar nur solche Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts bestimmt oder geeignet sind. Dazu gehören Unterhaltsbeträge des Sozialamtes, soweit dieses von einer Rückforderung bei gesetzlich unterhaltsverpflichteten Steuerpflichtigen abgesehen hat (Abschnitt 190 Abs 6 Nr 2d EStR 1990).
Soweit der Anspruch auf den Kindergeldzuschlag einen Kinderfreibetrag nach § 32 Abs 6 EStG voraussetzt, schließt sich der Senat dieser steuerrechtlichen Auslegung des Begriffs „außerstande sein, sich selbst zu unterhalten” in § 32 Abs 5 EStG an.
Damit stimmt überein, daß grundsätzlich eine Bindung der Kindergeldkasse und der Sozialgerichte an die von der Finanzverwaltung bzw den Finanzgerichten festgestellten Steuertatbestände besteht (Urteil des Senats vom 21. Februar 1995, SozR 3-5870 § 11a Nr 7). Sobald steuerrechtliche Beurteilungen und steuerliche Spezialkenntnisse erforderlich sind, kann aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität für die endgültige Entscheidung über die Gewährung des Kindergeldzuschlags nicht von der Durchführung der Einkommensveranlagung durch die Finanzverwaltung abgesehen werden. Ausnahmen sind dort notwendig, wo die für die Feststellung der Leistung notwendigen steuerrelevanten Ermittlungen durch die Kindergeldkasse möglich und erforderlich sind, zB wenn das zu versteuernde (Gesamt-)Einkommen nachweisbar geringer ist als der Grundfreibetrag und eine Einkommensteuerveranlagung oder ein Lohnsteuerjahresausgleich, gleich aus welchen Gründen, unterblieben sind (Urteil des Senats vom 14. Februar 1991 SozR 3-5870 § 11a Nr 2). Da im vorliegenden Falle schon mangels eines zu versteuernden Einkommens der Eltern keine Steuerfestsetzung nach der Abgabenordnung (AO) – und damit keine die Kindergeldkasse bindende Entscheidung über die Anrechnung steuerlicher Kinderfreibeträge – erfolgt ist, hatte die Kindergeldkasse selbst über die steuerlichen Voraussetzungen des Kindergeldzuschlags zu entscheiden. Dabei hat sie jedoch die sich aus dem Steuerrecht ergebende Rechtslage zu berücksichtigen. Das ergibt sich schon aus der Begründung zum Regierungsentwurf des § 11a BKGG vom 21. Februar 1985 (BT-Drucks 10/2886, S 6 zu Art 3). Dort heißt es ua: „Es entspricht der sozialen Gerechtigkeit, anläßlich der zum 1. Januar 1986 vorgesehenen Erhöhung des Kinderfreibetrages des Einkommensteuergesetzes auf 2.484,00 DM den Eltern, denen für ihre Kinder Kindergeld und Kinderfreibetrag zusteht, die aber mangels hinreichenden Einkommens den Kinderfreibetrag nicht oder nicht voll nutzen können, einen Ersatz in Form eines Zuschlages zum Kindergeld zu zahlen. …”
Die von der Revision sowie in Urteilen der Instanzgerichte angeführten Argumente für die „kindergeldrechtliche” Auslegung des Begriffs „außerstande sein, sich selbst zu unterhalten” iS des § 2 Satz 1 Nr 3 BKGG können demgegenüber nicht überzeugen.
Der Senat vermag nicht der Auffassung zu folgen, § 32 Abs 4 Nr 7 und Abs 5 EStG sei entsprechend § 2 Abs 2 Satz 1 Nr 3 BKGG auszulegen, weil sonst ein „Wertungswiderspruch” bestehe und mittels eines „normativen Zirkelschlusses” das Nachrangprinzip der Sozialhilfe unterlaufen werde.
Für die unterschiedliche Wertung gibt es sachliche Gründe, die sich aus den bereits dargestellten verschiedenartigen Anknüpfungspunkten des Kindergeldes einerseits und des Kindergeldzuschlags andererseits erklären. Die Annahme eines „Zirkelschlusses” (Anspruch auf Kindergeldzuschlag nur bei steuerlichem Kinderfreibetrag – dieser abhängig von einer tatsächlichen Belastung des Betroffenen – tatsächliche Belastung aber nur bei Rückforderung durch den Sozialhilfeträger – Rückforderungsmöglichkeit des Sozialhilfeträgers nur bei Anspruch auf Kindergeldzuschlag) beruht auf einer Verkennung der Rechtslage nach dem BSHG. Ein solcher Zirkel von Rechtsfolgen besteht nicht. Denn dem Träger der Sozialhilfe, der volljährigen Kindern Hilfe zum Lebensunterhalt und zur Eingliederung gewährt hat, ist es in der Regel untersagt, den Anspruch der Eltern auf Kindergeldzuschlag, selbst wenn er bestünde, auf sich überzuleiten bzw abzuzweigen. Nach § 28 Halbs 2 BSHG idF vom 10. Januar 1991 (BGBl I 1993, 808) = § 28 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 BSHG idF des Gesetzes vom 23. Juli 1996 (BGBl I 1088) kann von den Eltern des Behinderten nur dann ein sozialhilferechtlicher Kostenbeitrag nach dem Abschnitt 4 des BSHG verlangt werden, wenn der Behinderte minderjährig und unverheiratet ist. Bei volljährigen behinderten Kindern, wie der Tochter der Beigeladenen, liegt eine Einsatz- oder Bedarfsgemeinschaft iS des § 28 BSHG nicht vor (s Lehr- und Praxiskommentar BSHG, 3. Aufl 1993, § 28 RdNr 2). Deshalb scheidet die sozialhilferechtliche Inanspruchnahme der unterhaltsverpflichteten Eltern gemäß § 43 Abs 1 Satz 1, §§ 76 ff, § 85 Abs 1 Satz 1 Nr 1 BSHG aus.
Unterhaltsrechtlich kann der Sozialhilfeträger die Eltern ebenfalls nicht in Anspruch nehmen. Nach § 91 Abs 3 Satz 1 BSHG idF des Dritten Änderungsgesetzes zum BSHG vom 25. März 1974 (BGBl I 777 ≪aF≫) soll der Träger von einer Inanspruchnahme unterhaltspflichtiger Eltern (mittels Überleitung des Unterhaltsanspruches des behinderten Kindes gegen seine Eltern) absehen, wenn dies eine Härte bedeuten würde. Der Sozialhilfeträger soll vor allem von der Inanspruchnahme unterhaltspflichtiger Eltern absehen, soweit einem Behinderten oder einem Pflegebedürftigen nach Vollendung des 21. Lebensjahres Eingliederungshilfe für Behinderte oder Hilfe zur Pflege gewährt wird (§ 91 Abs 3 Satz 1 Halbs 2 BSHG idF des Gesetzes vom 25. März 1974). Eine unterhaltsrechtliche Inanspruchnahme durch den Sozialhilfeträger kommt deshalb nur bei atypischen Ausnahmefällen in Betracht, in denen – ausgerichtet an dem Interesse der Allgemeinheit an einem gerechtfertigten Einsatz öffentlicher Mittel – die Nichtinanspruchnahme der unterhaltspflichtigen Eltern unangemessen und mit dem Anliegen des Sozialhilferechts unvereinbar wäre, zB bei sehr guten wirtschaftlichen Verhältnissen (BVerwGE 56, 220, 224; 92, 330, 333 f). Hier sind solche Umstände vom LSG nicht festgestellt worden. Lägen sie vor, bestünde ggf ein Anspruch auf den Kindergeldzuschlag, auf den der Sozialhilfeträger zurückgreifen könnte. In der Regel scheidet aber bei Heimunterbringung erwachsener behinderter Kinder die unterhaltsrechtliche Inanspruchnahme der Eltern auf der Grundlage übergeleiteter bzw übergegangener Unterhaltsansprüche durch den Sozialhilfeträger nach § 91 Abs 3 BSHG aF oder (ab 27. Juni 1993) nach § 91 Abs 2 BSHG idF durch Art 7 Nr 19 des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms vom 23. Juni 1993 (BGBl I 944, 952, 991) aus. Die angestrebte Abzweigung des Kindergeldzuschlags nach § 48 Abs 1 Satz 4 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) wegen Verletzung der Unterhaltspflicht wäre deshalb in der Regel unzulässig. Wenn aber der Sozialhilfeträger nicht auf das Einkommen der Eltern behinderter volljähriger Kinder, wozu auch der Kindergeldzuschlag gehören würde, zurückgreifen kann, dann ist das Prinzip des Nachrangs von Sozialhilfeleistungen (§ 2 BSHG) praktisch ohne Bedeutung. Im Gegenteil: Der Gesetzgeber hat mit der Koppelung des Anspruchs auf den Kindergeldzuschlag an das Steuerrecht in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise bereits das Entstehen des Anspruchs verhindert und damit bewußt darauf verzichtet, den Kindergeldzuschlag im vorliegenden Fall eventuell vorrangig vor der Sozialhilfe zu gewähren.
Deshalb gibt es keinen Raum mehr für eine entgegengesetzte Auslegung der Vorschriften über den Kindergeldzuschlag, um in jedem Falle nach Maßgabe des Prinzips des Nachrangs von Sozialhilfeleistungen, eine Entlastung der Sozialhilfeträger herbeizuführen.
(zu 2) Zur Begründung ihres Anspruchs auf Kindergeldzuschlag für das Jahr 1993 können sich Beigeladene und Klägerin auch nicht auf einen oder alle Bewilligungsbescheide hinsichtlich des Kindergeldzuschlags für die Jahre 1986 bis 1992 berufen. Denn die entsprechenden Bescheide haben keine Regelung (§ 31 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs – Zehntes Buch – ≪SGB X≫) über den Anspruch auf Kindergeld für das hier streitige Jahr 1993 getroffen.
Zwar handelt es sich beim Kindergeld um eine laufende Leistung, deren Bewilligung als Verwaltungsakt mit – (abgesehen von der Vorschrift des § 17 Abs 3 BKGG: Vollendung des 16. Lebensjahres) unbefristeter – Dauerwirkung aufgefaßt werden kann und zu deren Entziehung es grundsätzlich eines aufhebenden Verwaltungsakts (s § 25 Abs 1 BKGG) bedarf. Dies gilt jedoch nicht für den Kindergeldzuschlag. Dieser wird nach § 11a Abs 7 Satz 1 BKGG grundsätzlich nach Ablauf des (Kalender-)Jahres, für das er zu leisten ist, auf – jeweils neu zu stellenden (s § 11a Abs 7 Satz 2 BKGG) – Antrag gewährt. Die ausnahmsweise Bewilligung von laufendem Kindergeldzuschlag (wie an die Beigeladene) nach § 11a Abs 8 BKGG erfolgt ebenfalls nur für jenes – einzelne – Kalenderjahr (s § 11a Abs 8 Satz 1 BKGG: „während des Jahres, für das er in Betracht kommt”).
Auch aus den konkreten, der Beigeladenen erteilten und der Klägerin zur Kenntnis gegebenen Bescheiden über Kindergeldzuschlag folgt nichts anderes. Nach ihrem Inhalt (den das LSG durch Bezugnahme auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten festgestellt hat) beschränken sie sich jeweils ausdrücklich auf die Gewährung von Kindergeldzuschlag für das jeweilige Kalenderjahr (unter dem Vorbehalt der Rückforderung: § 11a Abs 8 Satz 1 BKGG). Sie erledigten sich damit auch ohne Rücknahme oder Aufhebung durch Zeitablauf (§ 39 Abs 2 SGB X). Ein Anspruch auf Kindergeldzuschlag für spätere hier nicht erfaßte Zeiträume – insbesondere für das hier streitige Jahr 1993 – läßt sich aus jenen Bescheiden nicht ableiten.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen