Leitsatz (amtlich)

Der Erbe eines Beschädigten ist "Berechtigter" iS des KOV-VfG § 40 Abs 1, wenn die Versorgungsverwaltung, ohne Antrag des Beschädigten, vor dessen Tod die Unrichtigkeit eines früheren Bescheides erkannt und von Amts wegen alle Maßnahmen zur Erteilung eines Zugunstenbescheides getroffen hat und wenn lediglich die Bekanntgabe des Bescheides durch den Tod des Beschädigten verhindert worden ist (Fortentwicklung von BSG 1965-01-22 10 RV 1035/62 = BSGE 22, 210 und BSG 1968-09-27 8 RV 943/66 = SozR Nr 13 zu § 40 VerwVG).

 

Normenkette

KOVVfG § 40 Abs. 1 Fassung: 1960-06-27

 

Tenor

Die Sprungrevision des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 19. November 1970 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

 

Gründe

I

Die Klägerin ist die Witwe des am 1. November 1968 verstorbenen Schachtmeisters Karl K (K.). Dieser bezog Grundrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um (zuletzt) 100 v.H. und Berufsschadensausgleich. Ausgleichsrente und Ehegattenzuschlag wurden nicht gewährt. Bei der Berechnung der vom Einkommen abhängigen Leistungen rechnete das Versorgungsamt Heide in dem Bescheid vom 10. August 1967 neben einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung vom 1. Oktober 1966 an einen Unterhaltsanspruch des K. gegenüber seiner Ehefrau in Höhe von monatlich 90,- DM an. Dieser Bescheid wurde bindend. Bei einer Überprüfung, die durch das Landesversorgungsamt (LVersorgA) Schleswig-Holstein am 27. Mai 1968 durchgeführt wurde, ergab sich, daß die Anrechnung eines Unterhaltsanspruchs gegen die Ehefrau nicht berechtigt war. Das Versorgungsamt (VersorgA) fertigte darauf von Amts wegen mit Datum vom 27. September 1968 einen Zugunstenbescheid nach § 40 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VerwVG) und legte diesen dem LVersorgA zur Zustimmung vor. Die Zustimmung wurde am 17. Oktober 1968 erteilt. Nach dem Ausführungsbescheid vom 30. Oktober 1968 ergab sich eine Nachzahlung von insgesamt 1.125,- DM. Die Bescheide vom 27. September 1968 und 30. Oktober 1968 wurden am 5. November 1968 zur Post gegeben; sie konnten dem am 1. November 1968 verstorbenen K. aber nicht mehr zugestellt werden.

Mit Schreiben vom 16. Dezember 1968 teilte das VersorgA Heide der Klägerin mit, daß die Bescheide nicht mehr rechtswirksam geworden seien. Durch Bescheid vom 6. Juni 1969 lehnte das VersorgA die Erteilung eines Zugunstenbescheides an die Klägerin ab. Der Widerspruch war erfolglos (Widerspruchsbescheid des LVersorgA Schleswig-Holstein vom 28. Oktober 1969).

Das Sozialgericht(SG) Itzehoe hat durch Urteil vom 19. November 1970 den Beklagten verurteilt, einen neuen Bescheid dahingehend zu erteilen, daß der Klägerin als gesamthänderischer Rechtsnachfolgerin die nach dem Bescheid vom 30. Oktober 1968 errechnete Rentennachzahlung von 1.125,- DM auszuzahlen ist. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, die Verwaltung habe die Anrechnung des Unterhaltsanspruchs von monatlich 90,- DM als fehlerhaft erkannt gehabt; sie sei daher verpflichtet gewesen, im Rahmen einer fehlerfreien Ermessensentscheidung nach § 40 Abs. 1 VerwVG diesen rechtswidrigen Zustand zu beseitigen. Diese Rechtsposition, die zunächst dem Beschädigten K. zugestanden habe, sei auf die Klägerin als gesamthänderische Rechtsnachfolgerin gemäß § 1922 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) übergegangen. Auch bedingte oder künftige Rechte sowie bloße Anwartschaften bzw. Rechtspositionen gingen auf den Erben über. Die Klägerin sei daher berechtigt, vom Beklagten den Erlaß eines Zugunstenbescheides zu verlangen. Der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - (Urteil vom 27. September 1968 - 8 RV 943/66) könne insoweit nicht gefolgt werden; sie führe zu einem nicht überzeugenden Ergebnis. Habe nämlich der Verstorbene zufällig vor seinem Tode noch einen Zugunstenbescheid beantragt gehabt, so gelangten seine Erben in den Genuß der begünstigenden Regelung. Führe die Behörde aber von Amts wegen eine Berichtigung durch, so solle diese zugunsten der Erben nicht gelten. Dieses Ergebnis sei schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil ein besonderer Antrag nach § 40 Abs. 1 VerwVG überhaupt nicht erforderlich sei.

Das SG hat die Berufung zugelassen. Der Beklagte hat unter Beifügung einer Einverständniserklärung der Klägerin am 23. Dezember 1970 Sprungrevision eingelegt und diese mit einem Schriftsatz vom 21. Januar 1971 begründet.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 19. November 1970 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

In seiner Revisionsbegründung rügt er eine Verletzung des § 40 VerwVG sowie der §§ 54 Abs. 2 und 131 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und führt dazu insbesondere aus, Verwaltungsakte bedürften zu ihrer Wirksamkeit der amtlichen Bekanntgabe an den unmittelbar Betroffenen (Adressaten); die für K. bestimmten Bescheide seien daher nicht mehr wirksam geworden. Bei der Vorbereitung des Zugunstenbescheides, der Zustimmung des LVersorgA und der Fertigung des Ausführungsbescheides handele es sich um behördeninterne Vorgänge, aus denen dem Berechtigten noch keine öffentlich-rechtlichen Ansprüche erwachsen. Die Klägerin könne nicht als Berechtigte i.S. des § 40 VerwVG angesehen werden; sie könne daher nach dem Tode ihres Ehemannes nicht die Erteilung eines Zugunstenbescheides an sich verlangen. Nach § 40 VerwVG könne die Verwaltung zugunsten des Berechtigten jederzeit einen neuen Bescheid erteilen. Die Erben seien aber, wie das BSG bereits entschieden habe, nur dann "Berechtigte" i.S. dieser Vorschrift, wenn der Erblasser noch zu seinen Lebzeiten den Erlaß eines Zugunstenbescheides beantragt habe. Dies habe K. unstreitig nicht getan. Rechtspositionen, wie z.B. Reflexrechte oder das Recht auf fehlerfreie Ermessensausübung, könnten nicht vererbt werden, weil es sich hier noch nicht um Anwartschaftsrechte aus einem konkreten Rechtsverhältnis, sondern lediglich um Reflexe des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung handele, die noch nicht zu einem subjektiv - öffentlichen Recht erstarkt seien. Das VersorgA sei bereit gewesen, einen gesetzwidrigen Zustand zu beseitigen; die beabsichtigte Zugunstenregelung habe auch einer fehlerfreien Ermessensausübung entsprochen. Eine Neuregelung sei aber nur in bezug auf den Versorgungsanspruch des K. beabsichtigt gewesen; dieser Versorgungsanspruch habe mit dem Tode des K. sein Ende gefunden. Die Klägerin habe aus dem Versorgungsanspruch ihres Ehemannes kein klagbares Recht geerbt; ein gesetzwidriger Zustand ihr gegenüber bestehe nicht.

Die Klägerin beantragt,

die Revision des Beklagten als unbegründet zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

II

Die Sprungrevision ist gemäß § 161 SGG statthaft; das SG hat die an sich nach § 148 Nr. 2 SGG ausgeschlossene Berufung zugelassen (§ 150 Nr. 1 SGG); der Beklagte hat eine Einwilligungserklärung der Klägerin vorgelegt. Die Sprungrevision ist auch sonst zulässig, weil der Beklagte sie frist- und formgerecht eingelegt und begründet hat (§§ 164, 166 SGG). Sachlich konnte sie jedoch keinen Erfolg haben.

Zwischen den Beteiligten besteht kein Streit darüber, daß die Anrechnung eines Unterhaltsanspruchs des K. gegen seine Ehefrau unberechtigt und der ursprüngliche Bescheid vom 10. August 1967 daher unrichtig war. Der Beklagte hat im Revisionsverfahren ausdrücklich bestätigt, daß insoweit ein gesetzwidriger Zustand vorgelegen hat und daß er bereit gewesen ist, diesen Zustand durch Erteilung eines Zugunstenbescheides an den Beschädigten K. zu beseitigen. Die Klägerin hat Einwendungen gegen die Höhe des nachzuzahlenden Betrages nicht erhoben. Der Senat konnte daher davon ausgehen, daß der Unterhaltsanspruch zu Unrecht angerechnet worden war und daß die jetzige Berechnung des Beklagten richtig ist.

Die Beteiligten streiten lediglich darüber, ob die Klägerin als Erbin die Erteilung des für ihren verstorbenen Ehemann vorbereiteten und mangels Bekanntgabe (vgl. § 27 VerwVG) nicht mehr wirksam gewordenen (vgl. BSG 7, 8; Urteil BSG vom 18. Februar 1960 in BVBl 1960, 177) Zugunstenbescheides nach § 40 Abs. 1 VerwVG an sich verlangen kann. Nach dieser Vorschrift kann die Verwaltungsbehörde zugunsten des Berechtigten jederzeit einen neuen Bescheid erteilen. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt davon ab, wer als "Berechtigter" i.S. des § 40 Abs. 1 VerwVG anzusehen ist. Der erkennende Senat hat hierzu bereits entschieden (s. Urteil vom 22. Januar 1965 in BSG 22, 210), daß "Berechtigter" i.S. des § 40 Abs. 1 VerwVG nur derjenige ist, dessen Versorgungsanspruch durch den ursprünglichen Bescheid ganz oder teilweise nicht richtig festgestellt ist; seine Erben seien daher nicht "Berechtigte". Der Senat hat dabei ausgesprochen, mit dem Zugunstenbescheid solle (§ 40 Abs.1 VerwVG) oder müsse (§ 40 Abs. 2 VerwVG) das dem Versorgungsberechtigten mit dem früheren Bescheid zugefügte Unrecht beseitigt werden. Nach Wortlaut, Sinn und Zweck des § 40 VerwVG könne demnach als Berechtigter dieser Vorschrift nur derjenige angesehen werden, der schon früher nach materiellem Recht selbst Versorgungsberechtigter war, es aber dem früheren Bescheid nach fälschlich nicht geworden ist. Die Beschränkung des Antragsrechts auf den "Berechtigten" in § 40 Abs. 2 VerwVG mache deutlich, daß nicht auch jedem Dritten, der jetzt ein Recht zu haben glaube, ein Antragsrecht eingeräumt werden sollte. Wenn das Gesetz auch anderen Personen, d.h. den Erben, ein Antragsrecht hätte einräumen wollen, dann hätte es sich mit der üblichen Fassung "auf Antrag" ohne weiteren Zusatz begnügt.

Diese Rechtsprechung hat der 8. Senat des BSG (Urteil vom 27. September 1968 in SozR VerwVG Nr. 13 zu § 40) dahin weiterentwickelt, daß "Berechtigte" i.S. des § 40 Abs.1 VerwVG die Erben eines Beschädigten dann sein können, wenn dieser noch vor seinem Tode die Erteilung eines Zugunstenbescheides beantragt hatte. Das BSG hat sich dabei von der Erwägung leiten lassen, daß im Erbfall das Vermögen des Erblassers als Ganzes auf den oder die Erben übergeht (§ 1922 BGB). Vererblich sind Vermögensrechte und - unter gewissen Voraussetzungen - auch Befugnisse und Ansprüche. Zu den vererblichen Rechten gehören auch Ansprüche aus öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnissen. Sie sind aber nur insoweit vererblich, als sie von dem unmittelbar Berechtigten noch zu seinen Lebzeiten erhoben sind; denn ein dem Vermögen zurechenbarer Anspruch entsteht erst dann, wenn der Berechtigte die ihm persönlich gebotene Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen eine Rente oder eine höhere Rente fordern zu können, geltend gemacht und dies in rechtserheblicher Weise zum Ausdruck gebracht hat (vgl. BSG aaO).

Diesem Fall, in dem der Berechtigte noch selbst einen Antrag auf eine Zugunstenregelung gestellt hatte, muß der Fall gleicherachtet werden, in dem die Versorgungsbehörde noch zu Lebzeiten des Versorgungsberechtigten die Unrichtigkeit der früheren Entscheidung erkannt und alle Maßnahmen getroffen hat, um eine Berichtigung im Wege des Zugunstenbescheides vorzunehmen, diese jedoch wegen des Todes des Beschädigten deshalb nicht mehr wirksam werden konnte, weil die Zustellung des gefertigten Zugunstenbescheides unmöglich geworden war. Nach § 40 Abs. 1 VerwVG ist die Verwaltungsbehörde auch ohne Antrag verpflichtet, von Amts wegen einen neuen Bescheid zu erteilen, wenn ein früherer Bescheid zweifelsfrei zum Nachteil des Beschädigten gegen das Gesetz verstößt. Zwar handelt es sich bei § 40 Abs. 1 VerwVG um eine Ermessensentscheidung ("kann"). Steht jedoch fest, daß ein früherer, bindend gewordener Bescheid unrichtig ist, so besteht für die Versorgungsbehörde keine Wahl, entweder zugunsten des Beschädigten nach § 40 Abs. 1 VerwVG einen neuen Bescheid zu erteilen oder davon Abstand zu nehmen; sie ist dann vielmehr verpflichtet, einen der materiellen Rechtslage entsprechenden neuen Bescheid zu erteilen (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 14. März 1967 in BSG 26, 146 = SozR Nr. 10 zu § 40 VerwVG mit weiteren Hinweisen).

Der Beklagte weist zwar mit Recht darauf hin, daß es sich bei der Prüfung der Frage, ob und in welchem Umfang ein Zugunstenbescheid erlassen werden soll, zunächst nur um "verwaltungsinterne" Vorgänge handelt. Er übersieht aber im vorliegenden Fall, daß diese Prüfung bereits abgeschlossen und die Versorgungsverwaltung selbst zu dem Ergebnis gekommen war, daß die fehlerhafte Berechnung der Rente von Anfang an richtiggestellt werden mußte. Darüber war der Zugunstenbescheid (vom 27. September 1968) gefertigt, dem LVersorgA zur Genehmigung vorgelegt und von diesem (am 17. Oktober 1968) genehmigt worden. Gleichfalls noch vor dem Tode des Berechtigten war auch der Ausführungsbescheid vom 30. Oktober 1968 gefertigt worden, aus dem sich die Nachzahlung von 1.125,- DM ergab. Die verwaltungsinternen Vorgänge hatten sich demnach bereits zu einem bescheidmäßigen Erkenntnis verdichtet, bei dem lediglich noch die Bekanntgabe an den Berechtigten ausstand. Hinsichtlich dieses fehlenden Formalaktes war weiter zu berücksichtigen, daß die frühere starre Vorschrift des § 27 Abs. 1 VerwVG, wonach Bescheide, die eine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten - das trifft für den Zugunstenbescheid vom 27. September 1968 zu -, zuzustellen sind, beseitigt worden ist. Nunmehr schreibt § 27 Abs. 1 VerwVG (idF des Art. II des Dritten Neuordnungsgesetzes - 3. NOG - vom 28. Dezember 1966 - BGBl I S. 750 -) lediglich vor, daß Bescheide und andere Verwaltungsakte demjenigen "bekanntzugeben" sind, an den sie sich richten. In den Verwaltungsvorschriften (VV) zu §§ 27 und 28 VerwVG heißt es unter Ziff. 1: "Die Bekanntgabe durch Übersendung eines einfachen Briefes ist die Regel" (vgl. auch Schönleiter/Hennig, Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung, 2. Aufl. 1969, §§ 27, 28). Entsprechend ist auch im vorliegenden Fall verfahren worden. Die erst nach dem Tode des Berechtigten - also verspätet - vorgenommene Bekanntgabe ließ zwar den Bescheid diesem gegenüber nicht mehr wirksam werden (vgl. BSG 7, 8); trotz der Unmöglichkeit der Bekanntgabe des Zugunstenbescheides war aber in der Person des Beschädigten ein Anwartschaftsrecht entstanden, das mit seinem Tode auf den bzw. die Erben überging. Ein Antrag, der i.S. der oben zitierten Rechtsprechung des BSG erst ein vererbliches Anwartschaftsrecht entstehen läßt, ist jedenfalls dann nicht mehr erforderlich und muß als überflüssig angesehen werden, wenn die Verwaltung bereits von Amts wegen tätig geworden ist, ihren früheren Fehler erkannt und den entsprechenden Zugunstenbescheid vor dem Tode des Beschädigten gefertigt hat. Ein etwaiger Antrag des Beschädigten, den dieser vor seinem Tode, aber nach einer bereits verwaltungsintern beabsichtigten und abgeschlossenen Zugunstenregelung nach § 40 Abs. 1 VerwVG stellen würde, wäre nämlich - sofern vom Beschädigten keine weitergehenden Ansprüche geltend gemacht würden - durch die voraufgegangenen abgeschlossenen Maßnahmen der Verwaltung überholt und somit gegenstandslos.

Dabei bedarf es im vorliegenden Fall keiner Entscheidung darüber, ob jede verwaltungsinterne Überprüfung ein Anwartschaftsrecht entstehen läßt, bzw. von welchem Abschnitt des Verwaltungsverfahrens an ein solches Anwartschaftsrecht angenommen werden muß. Jedenfalls ist in Fällen der vorliegenden Art, in denen bis auf die Bekanntgabe an den Beschädigten sämtliche Akte des Verwaltungsverfahrens abgeschlossen sind, ein besonderer Antrag des Beschädigten nicht mehr erforderlich, um für ihn ein "Anwartschaftsrecht auf Erteilung eines Zugunstenbescheides" entstehen zu lassen, welches nach seinem Tode auf den Erben übergeht. Dessen Rechtsstellung ist derjenigen im Rahmen des § 40 Abs. 1 VerwVG gleichzustellen, die sich daraus ergibt, daß der Beschädigte einen Antrag auf Erteilung eines Zugunstenbescheides noch zu seinen Lebzeiten gestellt hat. Der Senat setzt sich mit dieser Auffassung nicht, wie das SG zu meinen scheint, in Widerspruch zu der früheren Rechtsprechung des BSG, sondern entwickelt sie in sinnentsprechender Weise fort. Der vom erkennenden Senat am 22. Januar 1965 entschiedene Fall (BSG 22, 210) war nämlich dadurch gekennzeichnet, daß zu Lebzeiten des Beschädigten weder die Verwaltung tätig geworden war noch der Beschädigte selbst einen Antrag gestellt hatte, also bis zu dessen Tode von keiner Seite aus erkannt worden war, daß die früher erteilten Bescheide möglicherweise hätten unrichtig sein können; vielmehr hatten erst nach dem Tode des Beschädigten seine Erben einen Antrag auf Erteilung eines Zugunstenbescheides gestellt. Bei dieser Sachlage konnte von einem vererblichen "Anwartschaftsrecht" des Beschädigten nicht gesprochen werden, denn - entgegen der Auffassung des SG - kann von einer auf den Erben übergehenden Anwartschaft solange noch nicht gesprochen werden, als weder die Versorgungsbehörde noch der Beschädigte die Unrichtigkeit einer früheren Entscheidung erkannt und die jeweils erforderlichen Maßnahmen getroffen hat. Eine allein aus dem Regelungsinhalt des § 40 Abs. 1 VerwVG herzuleitende "Rechtsposition" des Beschädigten gibt es nicht; sie kann daher auch nicht auf einen Erben übergehen.

Ist somit davon auszugehen, daß K. im Zeitpunkt seines Todes eine "Anwartschaft" auf Erteilung eines Zugunstenbescheides erlangt hatte, so ist das SG im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, daß die Klägerin als Erbin "Berechtigte" i.S. des § 40 Abs. 1 VerwVG geworden ist. Bei dieser Rechtslage brauchte nicht erörtert zu werden, ob die Klägerin unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung die Erteilung eines Zugunstenbescheides verlangen kann, weil der an K. gerichtete Zugunstenbescheid nebst Ausführungsbescheid der Klägerin unmittelbar nach dem Tode ihres Ehemannes noch zugegangen war.

Das SG hat den Beklagten zur Erteilung eines neuen Bescheides verurteilt und gleichzeitig ausgesprochen, welchen Inhalt dieser Bescheid haben muß, nämlich die Auszahlung von 1.125,- DM an die Klägerin. Gegen diese Tenorierung könnten Bedenken bestehen, da die Erteilung eines Zugunstenbescheides grundsätzlich in das Ermessen der Versorgungsverwaltung gestellt ist. Diese ist jedoch bei der Vorbereitung und Fertigung des Zugunstenbescheides selbst davon ausgegangen, daß ein gesetzwidriger Zustand vorlag, den sie bereit war zu beseitigen. In der Revisionsbegründung hat der Beklagte nämlich bestätigt, daß - nur - die beabsichtigte Zugunstenregelung einer fehlerfreien Ermessensausübung entsprochen hat. War aber der Beklagte, weil der frühere Bescheid unrichtig war, verpflichtet, einen neuen Bescheid zu erteilen (vgl. BSG 26, 146), und kam aufgrund der materiellen Rechtslage nur ein Bescheid mit einem bestimmten Inhalt in Betracht, dann konnte die Verpflichtung dazu auch von dem SG ausgesprochen werden. Die Sprungrevision des Beklagten war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1669294

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