Leitsatz (amtlich)
1. "Gesetz" im Sinne des SGG § 77 ist auch die autonome Regelung einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft.
2. Auch wenn die autonome Regelung einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft die Gewährung von Altersunterstützungen an ihre Mitglieder allein auf freiwilliger Grundlage und ohne Rechtsanspruch vorsieht, darf eine einmal bewilligte Unterstützung nur unter Beachtung sozial-staatlicher Grundsätze und nicht willkürlich eingestellt werden.
Normenkette
SGG § 77 Fassung: 1953-09-03, § 54 Abs. 2 Fassung: 1953-09-03
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. März 1962 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
I.
Der Kläger war seit 1905 in W-E als Kassenarzt tätig. Im Jahre 1954 hat er - im Alter von 77 Jahren - auf die Zulassung verzichtet. Von der Kreis- und Abrechnungsstelle Wuppertal der Beklagten ist ihm daraufhin ab 1. Juli 1954 eine Unterstützung von monatlich 630,- DM gewährt worden. Die Abrechnungsstelle hatte diese Leistung nach ihren Richtlinien vom 15. Dezember 1953 als freiwillige Leistung ohne Rechtsanspruch bewilligt. Diesen Richtlinien, die auf § 8 des Honorar-Verteilungsmaßstabs (HVM) der Beklagten sowie auf § 2 Absatz 2 der Satzung der Kassenärztlichen Vereinigung Deutschlands (KVD) gestützt waren, hatte der Gedanke zugrunde gelegen, daß erfahrungsgemäß mit Vollendung des 70. Lebensjahres das Bedürfnis für eine wirtschaftliche Sicherstellung gegeben sei; die Mittel für die Unterstützungen waren der kassenärztlichen Gesamtvergütung entnommen worden. Die Aufsichtsbehörde der Beklagten hatte hiergegen keine Bedenken erhoben. Die Abrechnungsstelle Wuppertal hatte diese - in den örtlichen Ärzteblättern veröffentlichten - Richtlinien herausgegeben, nachdem eine am 25. Juli 1953 von der Beklagten beschlossene "Satzung zur Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenen-Versorgung der rheinischen Kassenärzte" von der Aufsichtsbehörde nicht genehmigt worden war, die schon im Jahre 1916 errichtete, nach 1933 zwangsweise aufgelöste und nach dem zweiten Weltkrieg wieder errichtete Fürsorgeeinrichtung der Wuppertaler Ärzteschaft aber im Hinblick auf diese Altersversorgung aufgelöst worden war. Diese Fürsorgeeinrichtung, der nicht nur Kassenärzte angehören konnten, hatte vor allem berufsunfähigen und über 70-jährigen Ärzten und deren Hinterbliebenen Fürsorgeleistungen ohne Rechtsanspruch zugewandt; die Mittel hatten die praktizierenden Ärzte im Wege des Umlageverfahrens aufgebracht.
Mit Beschluß vom 8. Dezember 1957 hatte die Vertreter-Versammlung der Beklagten die Fürsorgemaßnahmen mit Wirkung vom 1. Januar 1958 auf eine neue Rechtsgrundlage gestellt. Zu ihrer Durchführung hatte sie am 12. Juli 1958 eine Ordnung beschlossen, nach der die erforderlichen Mittel künftig durch Spenden der Mitglieder der Beklagten aufzubringen seien. In den hierzu ergangenen Richtlinien ist festgelegt, daß auf den Notfall abgestellte Barunterstützungen nur bei Hilfsbedürftigkeit gewährt werden dürfen. Mangels nachgewiesener Bedürftigkeit des Klägers hat die Beklagte die Zahlung der Unterstützung mit Ablauf des Jahres 1957 eingestellt.
Nachdem sich der Kläger durch seinen Bevollmächtigten zunächst vergeblich an die Beklagte zwecks Weiterzahlung der Unterstützung gewandt hatte, hat er Klage zum Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben. Dieses hat im Urteil vom 13. Juli 1961 die Klage mit der Maßgabe abgewiesen, daß die Unterstützung für den Monat Januar 1958 noch zu zahlen sei.
Die hiergegen eingelegte Berufung war ohne Erfolg.
Das Landessozialgericht (LSG) hat festgestellt, daß dem Kläger zugegebenermaßen bei Bewilligung der Unterstützung erklärt worden sei, daß er auf diese keinen Rechtsanspruch habe. Die Beteiligten hätten erklärt, daß sie schriftliche Unterlagen weder über die Bewilligung der Unterstützung noch über deren Einstellung besäßen. Das LSG hat das Rechtsmittel des Klägers insbesondere aus folgenden Erwägungen zurückgewiesen: Aus den Richtlinien vom 15. Dezember 1953 sei eindeutig ersichtlich, daß die gewährten Unterstützungen freiwillige Leistungen ohne Rechtsanspruch seien; die Richtlinien besagten außerdem, daß die Unterstützungen hinsichtlich ihrer Zeitdauer widerruflich und in ihrer Höhe veränderlich seien; in ihnen sei ferner festgelegt, daß ihre Geltungsdauer mindestens jährlich überprüft werden sollte. Aus diesem Grunde sei die Beklagte berechtigt gewesen, die bisher bewilligten Leistungen einzustellen. Unbedenklich sei auch, daß die Beklagte die gewährten Leistungen unter dem Vorbehalt ihrer Einstellung gewährt habe; die Unterstützung von Ärzten, die wegen ihres Alters auf die Kassenzulassung verzichtet hätten, gehöre, wie schon das SG zutreffend ausgeführt habe, nicht zu den der Beklagten vom Gesetzgeber übertragenen Aufgaben. Die im Jahre 1954 von der Beklagten angewandte Satzung der ehemaligen KVD habe eine Altersversorgung der Kassenärzte nicht vorgesehen; dies ergebe sich auch nicht aus deren § 2. Die KVen hätten nur die Aufgabe, die ärztliche Versorgung der Versicherten sicherzustellen, aber nicht die Altersversorgung ehemaliger Kassenärzte, denn diese Aufgabe betreffe jeden freipraktizierenden Arzt; aus diesem Grunde sei die Durchführung der Altersversorgung inzwischen auch der Ärztekammer Nordrhein übertragen worden. Die Gewährung von Leistungen unter dem Vorbehalt des Widerrufs sei dem geltenden Recht nicht fremd, wie sich insbesondere aus dem Arbeitsrecht ergebe. Die Einstellung der Zahlungen sei auch deshalb gerechtfertigt gewesen, weil inzwischen geklärt gewesen sei, daß die Verwendung von Mitteln der Gesamtvergütung für Pensionszahlungen an frühere Kassenärzte eine nicht zulässige Zweckentfremdung darstelle. Die Gesamtvergütung sei schon immer dazu bestimmt gewesen, die Kassenärzte entsprechend ihren erbrachten ärztlichen Leistungen zu honorieren. Aus diesem Grunde seien die Unterstützungsmaßnahmen für frühere Kassenärzte auf eine neue Rechtsgrundlage, die auf freiwilligen Zuwendungen beruhe und damit eine strengere Auslese der Begünstigten erfordert habe, gestellt worden. Das LSG hat die Revision zugelassen.
Der Bevollmächtigte des Klägers hat gegen dieses Urteil mit Schriftsatz vom 7. April 1962 Revision eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 12. Juni 1962 wie folgt begründet: Die Bewilligung der Altersunterstützung sei ein begünstigender Verwaltungsakt. Dieser habe von der Beklagten nicht einseitig widerrufen werden können. Das öffentliche Interesse an der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung überwiege nicht den Schutz des Vertrauens des Klägers in die Beständigkeit des einmal gesetzten Verwaltungsaktes. Der Kläger habe jahrzehntelang für seine Altersversorgung eingezahlt, er habe im Vertrauen auf diese Versorgung seine Kassenpraxis zugunsten eines jüngeren Kollegen aufgegeben. Die Versagung der Genehmigung der von der Beklagten beschlossenen Altersversorgung durch die Aufsichtsbehörde sei ohne Rechtswirkungen, die Durchführung einer Altersversorgung gehöre zum Aufgabenbereich der Beklagten. Die ministeriell genehmigte Satzung der Beklagten vom 22. Januar 1957 gestatte ausdrücklich Maßnahmen für eine Altersversorgung im Rahmen der Honorarverteilung. Aber selbst, wenn die Aufsichtsbehörde eine solche Altersversorgung zu Recht nicht genehmigt habe, habe die Beklagte durch Fortzahlung der Rente bis 1957 eine neue Verpflichtung eigener Art gegenüber dem Kläger geschaffen, denn sie habe jahrelang in Kenntnis der Rechtswidrigkeit gezahlt und damit im Kläger das Vertrauen in die Gültigkeit ihres Verwaltungsaktes erweckt. Mit ihrer abrupten Zahlungseinstellung habe sie sich in Widerspruch zu ihrem früheren Verhalten gesetzt. Sie berufe sich auch zu Unrecht darauf, daß die Leistungen unter dem Vorbehalt des Widerrufs gewährt worden seien. Im Arbeitsrecht sei anerkannt, daß eine betriebliche Altersversorgung, selbst wenn sie ohne Rechtsanspruch gewährt werde, nur unter eng begrenzten Voraussetzungen entzogen werden könne. Beim Kläger seien diese Voraussetzungen nicht gegeben, denn dieser habe für die an ihn ausgeschütteten Mittel die entsprechenden Beiträge an die Beklagte entrichtet. Im übrigen hätten die Vorinstanzen § 2 der Satzung der KVD zu eng ausgelegt. Diese Bestimmung eröffne die Möglichkeit der Errichtung einer Altersversorgung durch die Beklagte. Bei der KV Westfalen-Lippe würden Altersrenten immer noch gezahlt. Es sei nicht einzusehen, weshalb dies nicht auch die Beklagte tun könne. Während das SG dem Kläger wenigstens ein Übergangsgeld von einem Monat zugebilligt habe, habe das LSG sogar hiervon abgesehen. Da der Kläger im Vertrauen auf die ihm zustehende Altersrente seine Kassenpraxis aufgegeben habe, hätte die Beklagte - auch unter Berücksichtigung seines fortgeschrittenen Alters - die Rente nicht schlagartig einstellen dürfen, sondern diese wenigstens für eine Übergangszeit bis mindestens 1. Januar 1965 weiterzahlen müssen.
Die Vertreter der Beklagten haben im Schriftsatz vom 22. August 1962 im wesentlichen wie folgt erwidert: Wie das LSG überzeugend dargetan habe, sei die Unterstützungszahlung an den Kläger aus Rechtsgründen nicht zulässig gewesen. Der entsprechende Verwaltungsakt, ein begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, habe daher zurückgenommen werden müssen, denn bei einer fortdauernden Gesetzesverletzung überwiege das öffentliche Interesse an der Beseitigung eines solchen fehlerhaften Verwaltungsaktes gegenüber dem Interesse des einzelnen, ihn weiter bestehen zu lassen. Nach dem bindenden Erlaß der Aufsichtsbehörde sei die Beklagte zur Durchführung einer Altersversorgung nicht befugt gewesen. Die vom Kläger seit 1916 gezahlten Beträge seien an einen Unterstützungsfonds geleistet worden; dieser sei eine Gliederung des Deutschen Ärztevereins-Bundes gewesen. Er sei mit dem Inkrafttreten der Reichsärzteordnung im Jahre 1936 aufgelöst worden. Sein Rechtsnachfolger sei die Reichsärztekammer und nicht die Beklagte gewesen; jene habe das angesammelte Vermögen auf die Deutsche Ärzteversicherung übertragen. Die nach 1945 im Bereich örtlicher Verwaltungsstellen der Beklagten geschaffenen Unterstützungseinrichtungen hätten nur Leistungen ohne Rechtsanspruch gewährt. Der Kläger habe sich an der 1949 errichteten Wuppertaler Fürsorgeeinrichtung etwa fünf Jahre lang beteiligt; er habe aber inzwischen von der Beklagten Leistungen in Höhe von etwa 26.000,- DM erhalten, also weitaus mehr, als er in diese Fürsorgeeinrichtung gezahlt habe. Aus Mitteln der Gesamtvergütung dürften solche Leistungen, wie die Vorinstanzen überzeugend dargelegt hätten, nicht bezahlt werden, ebensowenig aus den Verwaltungskosten der Beklagten. Die 1958 von der Beklagten mit ministerieller Genehmigung geschaffene Fürsorgeeinrichtung werde streng nach den Grundsätzen der sogenannten Gemeinnützigkeits-Verordnung betrieben; dies habe zur Folge, daß Leistungen nur bei Bedürftigkeit gewährt werden dürften. Der Kläger habe es jedoch abgelehnt, die erforderlichen Angaben zu machen und die entsprechenden Nachweise vorzulegen, weil er offenbar glaube, einen Rechtsanspruch auf die Fortzahlung der ursprünglich gewährten Unterstützung zu haben.
Im Schriftsatz vom 28. Oktober 1962 hat der Bevollmächtigte des Klägers u. a. vorgetragen, daß diesem von der Beklagten bereits von 1936 bis 1949 und darüber hinaus bis Ende 1957 für die Altersrente Beträge abgezogen worden seien. Der Kläger betreibe trotz seines hohen Alters gezwungenermaßen noch Privatpraxis, die Einnahmen hieraus betrügen knapp 1000,- DM brutto; dazu kämen Zinsen aus Wertpapieren von jährlich etwa 500,- DM. Außerdem sei zu berücksichtigen, daß die Ehefrau des Klägers schwer krank sei.
Die Vertreter der Beklagten haben im Schriftsatz vom 27. Februar 1963 u. a. darauf hingewiesen, daß die Satzung der Beklagten aus dem Jahre 1957 zwar die Möglichkeit vorsehe, eine Versorgungseinrichtung zu schaffen; es fehle aber - anders als etwa im Lande Hessen - eine gesetzliche Vorschrift, welche die Beklagte zur Gründung einer Versorgungseinrichtung ermächtige. Bei der KV Westfalen-Lippe würden wohl Übergangsgelder gezahlt, doch handele es sich hier ebenfalls nur um eine fürsorgerische Maßnahme, auf die kein Rechtsanspruch bestehe.
In der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat hat der Vertreter der Beklagten u. a. ausgeführt, der Umstand, daß schriftliche Unterlagen weder über die Bewilligung der Unterstützung noch über deren Einstellung vorhanden seien, sei wohl nur so erklärbar, daß dem Kläger die Unterstützung seinerzeit ausbezahlt worden sei, ohne daß hierüber irgendwelche Schriftstücke angelegt worden seien und daß in gleicher Weise bei der Einstellung der Leistung verfahren worden sei.
Der Kläger hat beantragt,
das Urteil des LSG abzuändern sowie den Einstellungsbescheid der Beklagten aufzuheben und diese zu verpflichten, die bisher gezahlten Leistungen über den 31. Dezember 1957 hinaus zu gewähren,
hilfsweise,
die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II.
Der - durch Zulassung statthaften (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG) - Revision war der Erfolg zu versagen.
Der Senat hat - insbesondere im Hinblick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Oktober 1963 (DVBl 1964, 33) zur Zuständigkeit der Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten der Ärzteversorgung - zunächst geprüft, ob in der vorliegenden Streitsache die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zur Entscheidung berufen sind. Er hat diese Frage bejaht. Es handelt sich hier um einen Streit, der Nachwirkungen aus der früheren kassenärztlichen Tätigkeit des Klägers betrifft; angesichts dieser Sachlage liegt eine noch in den Rahmen der gesetzlich geregelten Beziehungen zwischen Ärzten und Krankenkassen (§ 368 ff der Reichsversicherungsordnung - RVO -) fallende Angelegenheit vor, so daß die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zuständig sind (§ 51 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
Die Zusammensetzung des Senats richtet sich in dieser Streitsache nach § 40 Satz 1, § 33 Satz 2, § 12 Abs. 3 Satz 2 SGG, so daß er also durch die Mitwirkung von zwei Kassenärzten als ehrenamtlichen Richtern ordnungsgemäß besetzt ist. Dies ergibt sich daraus, daß die vom Senat zu entscheidende Frage, ob nämlich die Beklagte eine dem Kläger 3 1/2 Jahre lang aus Mitteln der Gesamtvergütung gewährte Geldleistung zu Recht eingestellt hat, die Belange der gesetzlichen Krankenkassen nicht in einem solchen Maße berührt, daß sie als eine Angelegenheit der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen nach § 12 Abs. 3 Satz 1 SGG anzusehen wäre. Die Beklagte hat den angefochtenen Verwaltungsakt allein im Rahmen ihrer kassenärztlichen Selbstverwaltung erlassen (vgl. im übrigen BSG 5, 50; 11, 1, 3; 15, 161, 164; 19, 123, 125; SozR SGG § 12 Bl. Da 8 Nr. 13).
Die Beklagte hat die dem Kläger bewilligte Unterstützung zu Recht eingestellt. Es kann dahingestellt bleiben, ob - wie das Vordergericht angenommen hat - die Beklagte mangels einer Rechtsgrundlage diese Leistung gar nicht hätte gewähren dürfen. Auch wenn die Unterstützung seinerzeit zu Recht bewilligt worden ist, bestehen gegen ihre Einstellung keine rechtlichen Bedenken. Es bedarf daher keiner Erörterung, ob die KVen auf Grund ihres Rechts, ihre Angelegenheiten selbst zu ordnen, befugt sind, Altersversorgungswerke mit Rechtsanspruch für ihre Mitglieder einzurichten und ob sie die Mittel hierfür den von den Krankenkassen gezahlten Gesamtvergütungen (§ 368 f Abs. 1 RVO) entnehmen dürfen.
Die Bewilligung der Unterstützung durch die Beklagte an den Kläger ist ein Verwaltungsakt gewesen. Dies hat auch für den Fall zu gelten, daß dem Kläger kein schriftlicher Bescheid über die Unterstützung erteilt worden sein sollte, zumal die Beklagte darüber, in welcher Form der Verwaltungsakt zu ergehen hatte, keine Regelung getroffen hatte. Angesichts dieses Umstandes wäre es auch nicht fehlerhaft, wenn die Einstellung der Unterstützung dem Kläger nur mündlich erklärt worden sein sollte, auch in diesem Falle würde die Einstellung der bewilligten Unterstützung einen Verwaltungsakt darstellen.
Rechtsgrundlage des die Leistung bewilligenden Verwaltungsakts waren die Richtlinien vom 15. Dezember 1953. Das LSG hat diese Richtlinien, die nur innerhalb des Bezirks des Berufungsgerichts gegolten haben, für den Senat bindend (§ 162 Abs. 2 SGG) dahin ausgelegt, daß die Unterstützungen allein als freiwillige Leistungen ohne Rechtsanspruch gewährt werden konnten und daß sie nach ihrer Höhe und Dauer in regelmäßigen Zeitabständen zu überprüfen waren. Wie das Vordergericht mit Recht festgestellt hat, ist dem Kläger die Unterstützung somit unter dem Vorbehalt ihres Widerrufs bewilligt worden. Hiergegen können Bedenken nicht erhoben werden. Die Beklagte ist gesetzlich nicht verpflichtet, eine Altersversorgung ihrer Mitglieder durchzuführen. Nachdem eine von ihr beschlossene satzungsgemäße Altersversorgung von der Aufsichtsbehörde nicht genehmigt worden war, hat sie mit den Richtlinien vom 15. Dezember 1953 in ihrem Bereich erstmals den - eine Reihe finanzieller Risiken in sich bergenden - Versuch unternommen, eine beschränkte kassenärztliche Altershilfe aufzubauen. Es ist unter diesen Verhältnissen verständlich, wenn sie die Altersversorgung unter einer Reihe von Vorbehalten gewährt hat. Nachdem die Beklagte die Leistung dem Kläger aber bewilligt hatte, ist sie an ihren Verwaltungsakt nach § 77 SGG gebunden gewesen, "soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt" hatte. Als Gesetz in diesem Sinne sind die von der Vertreter-Versammlung der Beklagten beschlossenen Bestimmungen über Altersunterstützungen, die autonomes Recht darstellen, anzusehen (vgl. BSG 15, 252, 256). Dennoch durfte die Beklagte die Unterstützung, obwohl sie freiwillig und ohne Rechtsanspruch bewilligt worden war, nur unter Beachtung sozialstaatlicher Grundsätze, dagegen nicht willkürlich einstellen. Dies hat sie indessen nicht getan.
Die Beklagte hat mit Wirkung vom 1. Januar 1958 ihr Unterstützungswesen, das ersichtlich nur vorläufigen Charakter hatte, aus wirtschaftlichen Erwägungen neu geordnet. Sie hat nämlich an das - schon in der bisherigen Ordnung festgelegte - Prinzip der Bedürftigkeit der Unterstützungsempfänger wesentlich höhere Anforderungen gestellt und die Leistungen nicht mehr der Gesamtvergütung entnommen. Von der neuen Ordnung sind somit zunächst nicht allein der Kläger, sondern alle Unterstützungsempfänger betroffen worden. Der Kläger ist in die neue Ordnung nur deshalb nicht übernommen worden, weil er seine Bedürftigkeit - nach den Bestimmungen der neuen Regelung - nicht nachgewiesen hat. Die Beklagte hat somit die dem Kläger bewilligte Unterstützung aus sachlichen Gründen und damit zu Recht eingestellt. Der Umstand, daß sie es unterlassen hat, in den neuen Richtlinien Übergangsbestimmungen - etwa im Sinne einer Wahrung des Besitzstandes - für solche Ärzte vorzusehen, die angesichts ihres hohen Alters wohl nach der bisherigen, nicht aber nach der neuen Regelung ohne Nachweis der Bedürftigkeit Unterstützung erhalten konnten, macht die Einstellung der Zahlungen nicht zu einem willkürlichen Verwaltungshandeln. Weder die Richtlinien vom 15. Dezember 1953 noch Rechtsgrundsätze allgemeiner Art haben die Beklagte dazu zwingen können, Übergangsbestimmungen solcher Art zu erlassen.
Der Einwand des Klägers, darauf vertraut zu haben, daß ihm die Unterstützung auf Dauer gewährt worden sei, geht fehl. Ein Vertrauensmißbrauch wird schon dadurch ausgeschlossen, daß ihm zugegebenermaßen bei Bewilligung der Unterstützung seitens der Beklagten erklärt worden ist, daß er auf sie keinen Rechtsanspruch habe. Die Richtlinien vom 15. Dezember 1953 sind überdies in den dem Kläger, wie allen Ärzten zugänglichen Ärzteblättern veröffentlicht gewesen, so daß dem Kläger ihr Wortlaut zumindest hätte bekannt sein müssen. Der Kläger hat deshalb damit rechnen müssen, daß ihm die - auf Grund einer vorläufigen Regelung, unter Vorbehalt des Widerrufs bewilligte - Unterstützung eines Tages entzogen werden konnte.
Seiner Behauptung, er habe jahrzehntelang bei der Beklagten für seine Altersversorgung eingezahlt, so daß ihm ein Anspruch auf Weiterzahlung der Unterstützung zustehe, ist die Beklagte mit Recht entgegengetreten. Der Kläger hat in Wirklichkeit Zahlungen an eine örtliche Fürsorgeeinrichtung, der nicht nur Kassenärzte angehört haben, geleistet. Es hat sich hierbei aber nicht, wie der Kläger offenbar meint, um eine Einrichtung der Beklagten gehandelt. Für die dem Kläger nachteiligen Folgen der möglicherweise voreilig erfolgten Auflösung dieser örtlichen Fürsorgeeinrichtung hat die Beklagte somit nicht einzustehen.
Die Revision irrt auch insoweit, als sie annimmt, die Beklagte habe die Unterstützung in Kenntnis des Umstandes gezahlt, daß die Aufsichtsbehörde die von ihr beschlossene satzungsgemäße Altersversorgung nicht genehmigt habe. In Wirklichkeit verhält es sich aber doch so, daß die Unterstützung im Jahre 1954, also nachdem die Beklagte mangels Zustimmung der Aufsichtsbehörde Altersversorgungsleistungen mit Rechtsanspruch nicht gewähren konnte und sie deshalb nach anderen rechtlichen Lösungen gesucht hat, auf Grund einer neuen Regelung - und zwar ohne Rechtsanspruch - bewilligt worden ist.
Die Beklagte hat somit bei der Einstellung der Altersunterstützung des Klägers ihre Rechtspflichten nicht verletzt, weder nach sozialstaatlichen noch nach sonstigen Grundsätzen.
Daher war zu erkennen, wie geschehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen