Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausbildungsanrechnungszeit wegen Schulbesuch nach Ablegung der Abschlußprüfung und nach Aushändigung des Abschlußzeugnisses. Vormerkungsverfahren
Orientierungssatz
1. Zeiten, in denen ein Versicherter iS von § 58 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB 6 "eine Schule besucht", sind nur solche, in denen er in einer für einen Schüler typischen Weise ordnungsgemäß am schulischen Ausbildungsgeschehen teilnimmt (sowie die von der Schulausbildung umschlossenen typischen Schulferien als unvermeidbare Zwischenzeiten). Ist das Ausbildungsziel bereits erreicht und hat demgemäß auch eine der weiteren Förderung dienende Wissensvermittlung ihren Sinn verloren, so findet Schulausbildung grundsätzlich nicht mehr statt (vgl BSG vom 5.12.1996 - 4 RA 101/95).
2. Nach abgelegter Abschlußprüfung und nach Aushändigung des Abschlußzeugnisses kann daher Schulausbildung nur ausnahmsweise dann vorliegen, wenn und solange danach noch eine im oben genannten Sinn typische Schulausbildung wirklich erfolgt. Diesem Erfordernis genügt die bloße organisatorische Zugehörigkeit zu einer Institution unter keinen Umständen.
3. Im Rahmen des Vormerkungsverfahrens (§ 149 Abs 5 SGB 6) ist auf der Grundlage des im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt geltenden materiellen Rechts vorab nur zu klären, ob der behauptete Anrechnungszeittatbestand nach seinen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen erfüllt ist und generell die Möglichkeit besteht, daß der Sachverhalt in einem künftigen Leistungsfall rentenversicherungsrechtlich relevant werden kann. Es geht dabei insbesondere nicht um die "Anerkennung" oder "Feststellung" von rentenrechtlichen Zeiten für den späteren Leistungsfall (vgl BSG vom 16.12.1997 - 4 RA 67/97 = SozR 3-2600 § 58 Nr 13).
Normenkette
SGB VI § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 Fassung: 1996-09-25, § 149 Abs. 5
Verfahrensgang
Tatbestand
Zwischen den Parteien ist zuletzt noch streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Zeit vom 28. Juni bis 31. August 1971 als Ausbildungsanrechnungszeittatbestand vorzumerken.
Der am 15. März 1953 geborene Kläger besuchte von 1969 bis 1971 die EOS D. S. und legte dort im Juni 1971 mit Erfolg die Reifeprüfung ab. Das entsprechende Zeugnis wurde ihm von der Prüfungskommission am 27. Juni 1971 ausgehändigt. In der Zeit vom 1. September bis 29. Oktober 1971 war der Kläger als sog Güterbodenarbeiter bei der Deutschen Reichsbahn beschäftigt und leistete dann vom 1. November 1971 bis 30. April 1973 seinen Wehrdienst ab. Im Anschluß an eine erneute Beschäftigung als Güterbodenarbeiter bei der Deutschen Reichsbahn vom 4. Juni bis 31. August 1973 nahm der Kläger ab 1. September 1973 ein Studium an der Ingenieurhochschule K. auf, das er mit der Aushändigung des Abschlußzeugnisses als Hochschulingenieur am 25. Februar 1977 abschloß; sodann erwarb er in einem Direktstudium bis zum 31. August 1977 den Grad des "Diplom-Ingenieurs".
Auf seinen Kontenklärungsantrag führte die Beklagte im nunmehr streitgegenständlichen Bescheid vom 20. Februar 1995 einleitend aus, es sei geprüft worden, "ob und welche der angegebenen Zeiten für die gesetzliche Rentenversicherung erheblich sind und nach den gesetzlichen Bestimmungen anerkannt werden können". Nachfolgend wurde ausdrücklich die Berücksichtigung der Zeiträume vom 8. Oktober 1973 bis 31. August 1977 (als Beitragszeit) sowie vom 26. Februar 1977 bis 31. August 1977 (als Anrechnungszeit) abgelehnt. Nachdem der Kläger mit seinem hiergegen gerichteten Widerspruch ua ausdrücklich nochmals die fehlende Berücksichtigung des nunmehr noch streitigen Zeitraums gerügt hatte, bestätigte die Beklagte ihre Ausgangsentscheidung mit Widerspruchsbescheid vom 10. Mai 1995 und wies insofern darauf hin, daß die Schulausbildung mit der Aushändigung des Reifezeugnisses ende.
Das Sozialgericht (SG) Dresden hat mit Urteil vom 1. August 1996 den Bescheid vom 20. Februar 1995 idG des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 1995 abgeändert und die Beklagte zur Vormerkung der Zeit vom 28. Juni 1971 bis 31. August 1971 als Anrechnungszeit verurteilt. Die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Das Sächsische Landessozialgericht (LSG) hat sein Urteil vom 12. Dezember 1997 im wesentlichen wie folgt begründet: Der geltend gemachte Anspruch finde seine Grundlage in § 149 Abs 5 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) iVm § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB VI (idF des Gesetzes vom 25. September 1996, BGBl I, S 1461). Zutreffend habe das SG insofern darauf abgestellt, daß dem streitbefangenen Zeitraum "eine Bindung des Klägers aufgrund eines Schulbesuches zugrunde gelegen" habe. Eine derartige Bindung des Schülers an die Schuleinrichtung, die bis zum Ende des laufenden Schuljahres währe, sei dem Schulbesuch im Gegensatz zur weitgehend von der persönlichen Disposition des Studierenden abhängigen Hochschulausbildung eigen. Dies gelte gerade für den Kläger, der die Schule ungeachtet der Aushändigung des Reifezeugnisses am 27. Juni 1971 erst einheitlich und gemeinsam mit seinen Mitschülern zum Schuljahresende habe verlassen können. Zudem ergebe sich aus der vom SG beigezogenen Richtlinie des Leiters des Staatlichen Amtes für Arbeit und Löhne beim Ministerrat der DDR vom 22. April 1969, daß es den Schülern des Beitrittsgebietes verwehrt gewesen sei, durch freiwillige produktive Tätigkeit in den Ferien "Versicherungspflicht zur Sozialversicherung zu begründen". Ausweislich der Auskunft des Oberschulamtes D. vom 9. Mai 1996 habe sich an dieser Praxis nichts geändert. Folge man demgemäß der Auffassung der Beklagten, wäre es dem Kläger nach Aushändigung des Reifezeugnisses schlechthin verwehrt gewesen, Sozialversicherungsschutz zu erlangen.
Die Beklagte wendet sich gegen diese Entscheidung mit der vom LSG zugelassenen Revision: Für den Begriff des Schulbesuchs komme es ausschlaggebend auf die Teilnahme an den der Ausbildung dienenden Unterrichtsveranstaltungen an. Grundsätzlich sei daher die Schulausbildung mit dem Ablegen der Abschlußprüfung beendet. Demgegenüber sei das bloße Fortbestehen einer sonstigen Bindung an die Schule unerheblich. Eine Berücksichtigung "DDR-spezifischer" Besonderheiten komme nicht in Betracht. Auch könne der streitige Zeitraum nicht als sog unvermeidbare Zwischenzeit anerkannt werden, da er nicht zwischen zwei ihrer Art nach anrechenbaren Ausbildungszeiten liege.
Die Beklagte beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und des Urteils des Sozialgerichts Dresden vom 1. August 1996 - S 15 An 529/95 - die Klage abzuweisen.
Der Kläger ist im Revisionsverfahren nicht durch einen postulationsfähigen Bevollmächtigten vertreten.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Beklagten erweist sich im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung an das LSG auch sachlich als begründet. Die bisherigen Tatsachenfeststellungen reichen zwar für die Feststellung aus, daß das Urteil aus den angegebenen Gründen keinen Bestand haben kann, ermöglichen aber noch keine abschließende Beurteilung des Streitfalles.
Die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (vgl Bundessozialgericht ≪BSG≫ in SozR 3-2200 § 1259 Nr 9 S 34 und SozR 3-2600 § 58 Nr 9 S 49 f), mit der der Kläger die Vormerkung eines weiteren (Ausbildungs-)Anrechnungszeittatbestandes vom 28. Juni bis 31. August 1971 begehrt, kann mit der von den Vorinstanzen gegebenen Begründung keinen Erfolg haben. LSG und SG sind - auf der Grundlage des derzeit bekannten Sachverhalts - zu Unrecht davon ausgegangen, daß der behauptete Tatbestand einer ausbildungslosen Schulzugehörigkeit zwischen der Aushändigung des Reifezeugnisses (27. Juni 1971) und Schuljahresende (31. August 1971) nach derzeit gültigem Recht bei Eintritt des Leistungsfalles als rentenrechtlich erhebliche Zeit in Betracht kommen könnte und der Kläger deshalb bereits jetzt dessen beweissichernde Feststellung als Anrechnungszeittatsache begehren kann.
Als Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers kommt allein § 149 Abs 5 SGB VI iVm § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB VI in Betracht. Nach § 149 Abs 5 SGB VI stellt der Versicherungsträger nach Klärung des Versicherungskontos die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits geklärten Daten durch Bescheid fest. Über Anrechnung und Bewertung der im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten wird demgegenüber erst bei Feststellung einer Leistung entschieden (Satz 2 ebenda). Im Rahmen des Vormerkungsverfahrens (hierzu zuletzt im einzelnen Urteil des Senats vom 16. Dezember 1997 in SozR 3-2600 § 58 Nr 13) ist folglich auf der Grundlage des im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt geltenden materiellen Rechts vorab nur zu klären, ob der behauptete Anrechnungszeittatbestand nach seinen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen erfüllt ist und generell die Möglichkeit besteht, daß der Sachverhalt in einem künftigen Leistungsfall rentenversicherungsrechtlich relevant werden kann. Insbesondere geht es nicht um die "Anerkennung" oder "Feststellung" von rentenrechtlichen "Zeiten" für den späteren Leistungsfall; ob der Sachverhalt, der nach heutigem Recht als Tatbestand einer bestimmten rentenrechtlichen Zeit vorzumerken ist, auch noch im späteren Leistungsfall nach dem dann geltenden Recht den Tatbestand dieser rentenrechtlichen Zeit, den einer anderen oder aber keinen mehr erfüllt, wird hier nicht verbindlich geklärt. Insoweit bedarf der Vormerkungsanspruch des Klägers sogar dann einer Klarstellung, wenn er sich als in der Intention rechtlich zutreffend erweisen sollte.
Die Zeit vom 28. Juni bis 31. August 1971 erfüllt - jedenfalls unmittelbar - nicht den Tatbestand einer Anrechnungszeit im Sinne von § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB VI idF von Art 1 Nr 11 des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes vom 25. September 1996 (BGBl I S 1461), das am 1. Januar 1997 in Kraft getreten und vom Berufungsgericht anzuwenden ist (Art 12 Abs 1 aaO). Danach sind Anrechnungszeiten nur Zeiten, in denen Versicherte nach dem vollendeten 17. Lebensjahr ua eine Schule, Fachschule oder Hochschule besucht oder an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme teilgenommen haben (Zeiten einer schulischen Ausbildung). Bereits nach dem Wortlaut der Norm genügt damit ebenso wie im Falle der Hochschulausbildung (vgl Urteil des Senats vom 16. Dezember 1997, aaO) auch für den "Besuch" einer Schule nicht lediglich die bloße äußere Zugehörigkeit zu ihrem organisatorischen Einflußbereich; vielmehr verdeutlicht der alle aufgeführten Einrichtungen gleichermaßen erläuternde Klammerzusatz unzweideutig, daß der Besuch bzw die Teilnahme generell zu Ausbildungszwecken erfolgt sein muß, um trotz fehlender Beitragsleistung Grundlage einer späteren rentensteigernden Berücksichtigung des entsprechenden Zeitraums sein zu können.
Der Begriff der Ausbildung in diesem Sinne setzt indessen ein hinreichend bestimmtes Ziel voraus (vgl bereits BSG in SozR § 1259 Reichsversicherungsordnung ≪RVO≫ Nr 23, Seite Aa 29), das mit den speziellen Mitteln der Schule und innerhalb der - wenn auch in einem "weit gefaßten Sinn" (BSG in SozR 2200 § 1259 Nr 25) - für sie typischen Organisationsform (insbesondere: Zusammenfassung nach Alter und Ausbildungsstand, regelmäßiger Unterricht durch ausgebildete Lehrkräfte, räumliches Beisammensein von Lehrern und Schülern, Leistungskontrolle, Vergabe von Zensuren und Zeugnissen; vgl BSG in SozR § 1259 RVO Nrn 38, 57; § 1267 RVO Nr 33; SozR 2200 § 1259 Nr 62) planmäßig verfolgt wird. Zeiten, in welchen der Versicherte iS von § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB VI "eine Schule besucht", sind daher nur solche, in denen er in einer für einen Schüler typischen Weise ordnungsgemäß am schulischen Ausbildungsgeschehen teilnimmt (sowie die von der Schulausbildung umschlossenen typischen Schulferien als unvermeidbare Zwischenzeiten). Wo daher das Ausbildungsziel bereits erreicht ist und demgemäß auch eine seiner weiteren Förderung dienende Wissensvermittlung ihren Sinn verloren hat, findet Schulausbildung grundsätzlich nicht mehr statt (so ausdrücklich bereits Entscheidung des Senats vom 5. Dezember 1996, 4 RA 101/95; ebenso zur Fach- und Hochschulausbildung Urteil des Senats vom 16. Dezember 1997, aaO). Nach abgelegter Abschlußprüfung und nach Aushändigung des Abschlußzeugnisses kann daher Schulausbildung nur ausnahmsweise dann vorliegen, wenn und solange danach noch eine im og Sinn typische Schulausbildung wirklich erfolgt, wohingegen diesem Erfordernis mit der bloßen organisatorischen Zugehörigkeit zu einer Institution unter keinen Umständen genügt wird. Soweit sich insofern der (für Fragen der gesetzlichen Rentenversicherung ohnehin nicht mehr zuständige) 1. Senat des BSG in seiner - vom LSG zitierten und als einzige einschlägige Aussage der oberstgerichtlichen Rechtsprechung überhaupt verwerteten - Entscheidung vom 6. Februar 1976 (SozR 2200 § 1259 Nr 17) zum damaligen Rechtszustand möglicherweise mißverständlich geäußert hat, hat er seine Auffassung im weiteren Urteil vom 28. Juni 1979 (SozR 2200 § 1259 Nr 42 S 110) dahingehend klargestellt, daß auch die Fachschulausbildung im Regelfall mit der erfolgreichen Abschlußprüfung ende und demgemäß der nachfolgende Zeitraum grundsätzlich nicht den Tatbestand einer Ausbildungszeit erfülle.
Nach der begrenzten Zielsetzung des § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB VI soll als - jeweils begründungsbedürftige - sozialversicherungsrechtliche Modifikation des Versicherungsprinzips ein gegenleistungsfreier Ausgleich für Zeiträume, in denen aus Gründen der Ausbildung eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung nicht ausgeübt und demgemäß auch Beiträge nicht entrichtet werden konnten, im Leistungsfall nur in bestimmten Fällen des sozialen Ausgleichs unter den Sozialversicherten gewährt werden. Dieser Zweck ist indessen grundsätzlich und faktisch in aller Regel mit dem in der jeweiligen Schulform möglichen Abschluß jedenfalls mit Ablauf des letzten Tages der "Schulausbildung", dem Schulbesuch im og Sinn, erreicht; eine Erstreckung des Anwendungsbereichs auf sonstige Tatbestände kommt nicht in Betracht (vgl etwa BSGE 31, 226, 230 f mwN). Derartige rentenrechtliche Zeiten erhöhen den Wert der späteren Rente, genauer die Rangstelle des Versicherten im Vergleich zu den anderen (Beitrag zahlenden) Versicherten, und sind nicht Gegenleistung für Finanzierungsbeiträge des Versicherten, sondern Akt des sozialen Ausgleichs der Solidarität unter den Sozialversicherten bzw - soweit aus Steuermitteln finanziert - auch Ausdruck "staatlicher Fürsorge" (BVerfGE 29, 283, 302; 50, 177, 187; BVerfG in SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 12). Schon zur Vermeidung einer Überlastung der Beitragszahler ist daher im Gesetz davon abgesehen worden, Ausbildungszeiten schlechthin den Charakter von Anrechnungszeiten zu verleihen (BSG in SozR 2200 § 1259 Nr 46) und statt dessen eine Beschränkung auf die dort abschließend konzipierten und eng umschriebenen Tatbestände (Urteil vom 5. Dezember 1996, 4 RA 101/95) vorgenommen worden. Eine beitragsfreie Begünstigung ist daher nur selektiv, zeitlich begrenzt und bei solchen Versicherten vorgesehen, die nach Vollendung des 17. Lebensjahres typische und ihrerseits typischerweise durch den Charakter der Ausbildungsstätte geprägte Ausbildungswege zurückgelegt haben (vgl hierzu BSG SozR 2200 § 1259 Nrn 77, 102 sowie Urteil des Senats vom 24. Oktober 1996 in SozR 3-2600 § 58 Nr 8, S 44); nur insofern konnte nämlich unter Zugrundelegung einer typisierenden Betrachtungsweise, dh unabhängig vom tatsächlichen späteren Verlauf der Erwerbsbiographie, davon ausgegangen werden, daß der Versicherte durch diese Ausbildung eine berufliche Qualifikation erreicht, die ihm (rechtlich) die Aufnahme einer regelmäßig in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtigen Beschäftigung ermöglicht und ihn damit potentiell auch zum Teil der Finanzierungsgemeinschaft macht, die dann - gerade wegen der Ausbildung - regelmäßig auch umgekehrt mit höheren Beiträgen rechnen darf.
Der ausschnitthafte Charakter der Anrechnungszeittatbestände (vgl BSGE 30, 158, 162 ) entspricht dabei dem grundsätzlich selektiven Vorgehen der Sozialversicherung überhaupt, die sich auf typisierte Lebenssachverhalte beschränkt und es im übrigen den Betroffenen selbst überläßt, für die Folgen ihnen nachteiliger Ereignisse einzustehen, also nicht etwa einen umfassenden öffentlich-rechtlich im Rahmen einer Zwangsversicherung organisierten Ausgleich aller denkbaren Schadensfälle aus beliebiger Ursache verspricht. Die gesetzliche Rentenversicherung erfaßt demgemäß historisch und sachlich vom Grundtatbestand der entgeltlichen abhängigen Beschäftigung ausgehend im wesentlichen das Risiko der vorzeitigen Aufgabe oder Beschränkung dieser Erwerbsarbeit aus gesundheitlichen Gründen und kompensiert den vermuteten Wegfall der Erwerbsfähigkeit bei Erreichen bestimmter Altersgrenzen. Hiervon ausgehend werden dann (im wesentlichen) im Rahmen von § 58 SGB VI, trotz fehlender Beitragsleistung, Zeiten der Arbeitsunterbrechung aufgrund arbeitnehmertypischer Individualumstände den Zeiten der Erwerbstätigkeit partiell gleichgestellt und rentensteigernd zugrunde gelegt. Einen vom LSG offenbar angenommen Grundsatz des Inhalts, daß lückenlos und für jeden denkbaren Zeitraum die Möglichkeit bestehen müsse, "Sozialversicherungsschutz" zu erlangen, gibt es demgemäß nicht.
Zu einer hiervon abweichenden Auffassung geben unter diesen Umständen auch "DDR-spezifische Besonderheiten" keinen Anlaß (Urteil des Senats vom 16. Dezember 1997, aaO). Das Gesetz hat ihnen gerade nicht durch eine Modifikation des § 58 SGB VI sondern nur durch Einfügung der - hier nicht in Betracht kommenden - Sondernorm des § 252a SGB VI mit Art 1 des Renten-Überleitungsgesetzes vom 25. Juli 1991 (BGBl I S 1606) Rechnung getragen. Im Hinblick auf die grundsätzliche Unerheblichkeit von Umständen, die nach dem Ausbildungsabschluß ggf noch weiterhin der Aufnahme einer versicherungspflichtigen Tätigkeit und der Entrichtung von Beiträgen entgegengestanden haben, ist für die Anwendung von § 58 Abs 1 Nr 4 SGB VI daher entgegen der Auffassung der Vorinstanzen auch ohne Belang, ob der Kläger etwa aufgrund staatlicher Maßnahmen der früheren DDR an einer "freiwilligen produktiven Tätigkeit" gehindert war. Im Blick hierauf ist hier nicht abermals näher darauf einzugehen, daß für das BSG ohnehin nur Bundesrecht (iS von § 162 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫) als Prüfungsmaßstab in Betracht kommen kann (BSGE 72, 50, 52) und demgemäß Recht der früheren DDR nur weiter gilt, wenn und soweit dies im Einigungsvertrag angeordnet ist (vgl exemplarisch Senat in SozR 3-8570 § 11 Nr 11 S 30 f); weder der "Richtlinie" des Leiters des Staatlichen Amtes für Arbeit und Löhne beim Ministerrat der DDR vom 22. April 1969 noch erst recht der "Praxis" von staatlichen Einrichtungen der früheren DDR kann unter diesen Umständen irgendwelche Relevanz für die Klärung der hier zu beantwortenden Rechtsfragen zukommen.
Wenn auch entfernt, ist allerdings in Betracht zu ziehen, daß der streitige Zeitraum vom 28. Juni bis 31. August 1971 den Tatbestand der Anrechnungszeit der (Schul-)Ausbildung ggf unter dem Gesichtspunkt der sog unvermeidlichen Zwischenzeit erfüllen könnte. Wie nämlich der Senat ebenfalls bereits entschieden hat (Urteil vom 5. Dezember 1996 mit Zusammenfassung der einschlägigen Rechtsprechung), ist die Ausdehnung des Ausbildungs-/Anrechnungszeittatbestandes auf einen unvermeidbaren, organisationsbedingt typischen und auf höchstens vier Monate begrenzten Zeitraum dann möglich, wenn er - wie Schul- oder Semesterferien - von zwei Ausbildungsabschnitten eingebettet ist, deren erster ein Ausbildungs-/Anrechnungszeittatbestand iS von § 58 Abs 1 Nr 4 SGB VI sein muß. Bei der nachfolgenden Zeit muß es sich um den Tatbestand einer rentenrechtlichen Zeit (iS der Überschrift des Zweiten Kapitels, Zweiter Abschnitt, Zweiter Unterabschnitt, Fünfter Titel SGB VI), gleich welcher Art, handeln. Außerdem muß diese Ausbildung ein typischer Schritt zur Aufnahme einer regelmäßig in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtigen Berufstätigkeit sein (Senat aaO mit Hinweis auf BSG in SozR 3-2600 § 252 Nr 1 S 3). Nur unter diesen Voraussetzungen bildet die nachfolgende Ausbildungszeit sozusagen die Klammer, die es ermöglicht, die Zwischenzeit der vorhergehenden Schulausbildung zuzuordnen. Dies wäre etwa dann möglich, wenn die vor Antritt des Wehrdienstes bei der Deutschen Reichsbahn ausgeübte Beschäftigung ihrerseits bereits Teil des anschließend aufgenommenen Studiums gewesen wäre. Hierfür trägt der Kläger die Darlegungs- und (objektive) Beweislast. Das LSG hätte ihm insofern Gelegenheit zur Ergänzung seiner tatsächlichen Angaben geben (§ 106 Abs 1 SGG; vgl § 139 Abs 1, 2 Zivilprozeßordnung), die Beteiligten zur Sachverhaltserforschung heranziehen (§ 103 Satz 1 Halbsatz 2 SGG) und dann ggf Beweis erheben müssen. Das BSG kann indessen in Ermangelung einschlägiger Feststellungen des Berufungsgerichts nicht abschließend Stellung nehmen, so daß der Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung sowie erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen ist.
Die Kostenentscheidung bleibt dem abschließenden Urteil des LSG vorbehalten.
Fundstellen