Leitsatz (redaktionell)
Verschiedene selbständige Ansprüche im prozeßrechtlichen Sinne.
Normenkette
SGG § 164 Abs. 2 S. 2 Fassung: 1953-09-03, § 141 Abs. 1, § 123
Tenor
Das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 27. Februar 1973 wird insoweit aufgehoben, als es die Anerkennung einer allgemeinen nervösen Übererregbarkeit als Schädigungsfolge und die Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit betrifft; insoweit wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Bei dem 1915 geborenen Kläger anerkannte das Versorgungsamt (VersorgA) mit Bescheid vom 6. März 1962 eine "kleine Narbe am linken Fuß" als Schädigungsfolge nach § 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) ohne rentenberechtigenden Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 25 v. H.; es stellte fest, Krampfaderbildung an beiden Beinen und ein darauf beruhendes chronisches Unterschenkelgeschwür rechts seien anlagebedingt. Der Widerspruch blieb erfolglos (Bescheid vom 16. Mai 1962). Während des anschließenden Streitverfahrens vor dem Sozialgericht (SG) Wiesbaden gewährte das VersorgA dem Kläger eine Beschädigtenrente nach einer MdE von 30 v. H. im allgemeinen Erwerbsleben, anerkannte zusätzlich als Schädigungsfolge i. S. der Verschlimmerung "Geschwür am rechten Unterschenkel sowie Varizen am rechten Bein" und entschied außerdem, konstitutionelle Varizen an beiden Beinen seien durch schädigende Einwirkungen i. S. des § 1 BVG weder entstanden noch verschlimmert und der Kläger sei nicht besonders beruflich betroffen i. S. des § 30 Abs. 2 BVG (Bescheid vom 16. April 1963). Darauf nahm der Kläger seine Klage zurück. Eine Klage, als welche ein "Wiederaufnahmeantrag" behandelt und die durch Urteil des SG abgewiesen wurde, nahm der Kläger im Berufungsverfahren zurück. Im Februar 1966 beantragte er, die MdE um 10 v. H. höher zu bewerten, da er seinen Beruf als Bergmann habe aufgeben müssen und sich als Stukkateur selbständig gemacht hätte. Außerdem machte er geltend, seine Schädigungsfolgen müßten ergänzt werden, u. a. um eine Lungenerkrankung und um Frostschäden. Aufgrund versorgungsärztlicher Gutachten lehnte das Versorgungsamt eine Neufeststellung des Versorgungsanspruchs ab, weil sich das anerkannte Versorgungsleiden nicht verschlimmert habe und weitere Gesundheitsstörungen (Lungenherde, Blählunge, Abnutzungserscheinungen der Wirbelsäule) keine Schädigungsfolgen seien; an der bindenden Entscheidung über die Krampfadern und über ein berufliches Betroffensein wurde festgehalten (Bescheid vom 10. Oktober 1966). Der Widerspruch blieb erfolglos (Bescheid vom 2. Januar 1967). Das SG holte nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein chirurgisches Gutachten von Chefarzt Dr. F und ein weiteres Gutachten von Kreisobermedizinalrat Dr. R ein, das dieser aufgrund einer Untersuchung für die Hessische Knappschaft am 18. Juli 1969 erstattete. Dr. R beurteilte das Unterschenkelgeschwürsleiden als Schädigungsfolge i. S. der Entstehung, verschlimmert durch das anlagemäßige Krampfaderleiden, außerdem einen Leberschaden, ein chronisches Nierenleiden, eine beschleunigte Blutkörpersenkungsgeschwindigkeit bei Leukozytose und teilweise eine allgemeine nervöse Übererregbarkeit stärkeren Grades (mit einer anteiligen MdE von 20 v. H.) als Folgen des chronisch eitrigen Unterschenkelgeschwürsleidens; er bewertete die gesamte MdE mindestens seit der Untersuchung vom 18. April 1966 mit 60 v. H.. Gegenüber einer chirurgischen Stellungnahme des Oberregierungsmedizinalrats Dr. B, die der Beklagte einreichte, blieb Dr. R bei seiner Beurteilung. Der Beklagte legte eine internistische Äußerung des Regierungsmedizinaldirektors Dr. V vor, die sich gegen Dr. R Auffassung über die nervöse Übererregbarkeit wandte. Sodann ließ das SG folgende Gutachten erstatten: Ein innerfachärztliches Gutachten durch Privatdozent Dr. G, ein innerfachärztliches Gutachten durch Prof. Dr. B und ein urologisches Gutachten durch Dr. K Die vor allem auf Dr. R Gutachten gestützte Klage wies das SG ab (Urteil vom 24. November 1971). Mit der Berufung wiederholte der Kläger seinen Antrag, "den Beklagten zu verurteilen, Rente wegen der anerkannten Schädigungsfolgen und zusätzlich durch Kriegsdienst verursachter Krampfadern und ihrer Folgen sowie der von Dr. R in seiner Begutachtung vom 18. Juni 1967 genannten Leiden um mindestens 60 v. H. unter Einbeziehung eines besonderen beruflichen Betroffenseins zu zahlen bzw. einen neuen Bescheid unter Aufhebung der bisher ergangenen Bescheide zu erteilen". Er machte in erster Linie eine Unrichtigkeit der früheren Verwaltungsakte geltend. Das Landessozialgericht (LSG) wies die Berufung zurück (Urteil vom 27. Februar 1973): Der Kläger mache keine Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolgen geltend, sondern begehre einen Zugunstenbescheid nach § 40 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (VerwVG), wenn er anstelle der Entscheidung im Bescheid vom 16. April 1963 die Krampfadern am rechten Bein als durch schädigende Einwirkungen i. S. des § 1 BVG hervorgerufen und weitere Leider die schon 1963 bestanden haben müßten, entsprechend Dr. R Beurteilung als Schädigungsfolgen anerkannt haben wolle. Der Beklagte habe mit der neuen Entscheidung über das Krampfaderleiden sein Ermessen nicht fehlerhaft ausgeübt. Die Schädigungsfolgen hätten sich nicht wesentlich verschlimmert. Auch habe der Beklagte zu Recht die Anerkennung der zusätzlich geltend gemachten Gesundheitsstörungen abgelehnt. Da Dr. G die stärkere allgemeine nervöse Übererregbarkeit, die Dr. R festgestellt haben wolle, nicht besonders hervorgehoben habe, bestehe sie nicht oder sei keine Schädigungsfolge. Dr. G habe zwar ein besonderes berufliches Betroffensein des Klägers in seinem früheren Beruf als Bergmann und auch als Stukkateur angenommen, dabei aber nicht deutlich gemacht, ob er davon ausgegangen sei, daß das Unterschenkelgeschwürsleiden lediglich als Schädigungsfolge i. S. der Verschlimmerung festgestellt sei. Daher habe der Beklagte durch die Ablehnung einer Zugunstenentscheidung gemäß § 30 Abs. 2 BVG sein Ermessen nicht fehlerhaft ausgeübt. Der Kläger beziehe auch eine Bergmannsrente erst seit 1. Februar 1966, eine weitere Verschlimmerung des Unterschenkelgeschwürsleidens seit 1963 sei aber nicht mehr auf den Kriegsdienst zurückzuführen.
Der Kläger rügt mit der nicht zugelassenen Revision als wesentliche Verfahrensmängel, das LSG habe die §§ 103 und 128 SGG verletzt, soweit es über die allgemeine nervöse Übererregbarkeit und ein besonderes berufliches Betroffensein entschieden habe. Zu Dr. R Ansicht, die stärkere nervöse Übererregbarkeit sei teilweise durch die körperlichen und seelischen Belastungen infolge der chronisch eitrigen Unterschenkelgeschwüre verursacht, habe Dr. G in der Zusammenfassung gar nicht Stellung genommen; er habe vielmehr erklärt, aufgrund einer einmaligen Untersuchung könne nicht sicher entschieden werden, ob diese Gesundheitsstörung bestehe. Das LSG habe mit seiner Deutung dieser Äußerung in unzulässiger Weise seine eigene Meinung an die Stelle einer nur ärztlich zu treffenden Stellungnahme gesetzt und damit sein Beweiswürdigungsrecht verletzt; für diese Entscheidung hätten dem LSG die notwendigen Fachkenntnisse gefehlt. Dr. G Gutachten habe es außerdem eine Beurteilung entnommen, die darin nicht enthalten sei. Wenn das LSG Dr. R Feststellung nicht hätte folgen wollen, hätte es sich insoweit zu einer weiteren Sachaufklärung gedrängt fühlen müssen, entweder zu einer ergänzenden Befragung Dr. G oder zur Anhörung eines anderen Sachverständigen. Eine solche Beweiserhebung hätte Dr. R Beurteilung bestätigt. Wenn dem LSG nicht deutlich erkennbar gewesen sei, ob Dr. G bei der Annahme eines besonderen beruflichen Betroffenseins die bloß anteilige Anerkennung des Unterschenkelgeschwürsleidens berücksichtigt habe, so sei es denkfehlerhaft, diese Ungewißheit und Unbestimmtheit als Grundlage für die Entscheidung zu verwerten, daß der Bescheid vom 16. April 1963 hinsichtlich des § 30 Abs. 2 BVG rechtmäßig sei. Das LSG hätte nach § 103 SGG Dr. G befragen müssen, ob auch unter Berücksichtigung der bloßen Verschlimmerung des Geschwürsleidens die MdE nach § 30 Abs. 2 BVG höher zu bewerten sei. Dies hätte Dr. G bei nochmaliger Anhörung bejaht. Das angefochtene Urteil beruhe auch auf diesen Verfahrensmängeln. Gegen die Ansicht des LSG, die erstmalig begehrte Anerkennung weiterer Schädigungsfolgen könne nur durch einen Zugunstenbescheid erreicht werden, beständen erhebliche rechtliche Bedenken.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit es die Anerkennung einer allgemeinen nervösen Übererregbarkeit und die Bemessung der MdE betrifft, und insoweit den Rechtsstreit an das LSG zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision als unzulässig zu verwerfen.
Er hält die gerügten Verfahrensfehler nicht für gegeben.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist zulässig (§§ 164, 166, 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG; BSG 1, 150) und auch insoweit erfolgreich, als im Umfang der Anfechtung das Urteil des LSG aufzuheben und der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist.
Die Anfechtung beschränkt sich auf verschiedene selbständige Ansprüche im prozeßrechtlichen Sinne, die der Kläger neben anderen vor dem LSG wie schon vor dem SG geltend gemacht hat (§§ 123, 141 Abs. 1 SGG; BSG 9, 17, 20): Auf die Verpflichtung zur Anerkennung einer nervösen Übererregbarkeit als weiterer Schädigungsfolge gemäß § 1 BVG, die selbständiger Streitgegenstand, z. B. auch einer Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG, sein kann (BSG 9, 80, 82; 21, 167, 168 f = SozR Nr. 38 zu § 55 SGG; SozR Nr. 81 zu § 1 BVG), und auf die Verpflichtung zur Gewährung einer Rente nach einer höheren MdE, teils bedingt durch eine weitere Schädigungsfolge, teils bedingt durch ein besonderes Betroffensein in den Berufen des Bergmanns und Stukkateurs (§ 30 Abs. 1 und 2, § 31 Abs. 1 und 2 BVG; BSG 23, 188, 190 = SozR Nr. 20 zu § 30 BVG). Bezüglich dieser "Ansprüche" ist die Revision infolge der darauf beschränkten Verfahrensrügen gesondert statthaft (BSG 8, 228, 231 f; bezüglich § 164 Abs. 2 Satz 2 SGG: BSG 7, 35, 38, 39; bezüglich der Berufung: BSG 10, 264, 266). Im übrigen ist das Urteil des LSG mangels Anfechtung rechtskräftig (§ 141 Abs. 1 SGG).
Zutreffend rügt die Revision eine Verletzung des Rechts zur freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) und der Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG), soweit das LSG es für rechtmäßig erklärt hat, daß der Beklagte eine allgemeine nervöse Übererregbarkeit nicht als weitere Schädigungsfolge nach § 1 BVG anerkannt hat. Das Berufungsgericht hat Dr. G Gutachten eine Stellungnahme entnommen, die nach dem Wortlaut darin nicht enthalten ist, und hat daraus einen unrichtigen Schluß für die Beweiswürdigung gezogen. Damit hat es gegen § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG verstoßen (BSG 4, 112, 114). Das LSG hat angenommen, Dr. G habe die von Dr. R festgestellte Übererregbarkeit nicht besonders hervorgehoben, und ... hat daraus gefolgert, sie bestehe überhaupt nicht oder sei keine Schädigungsfolge. Dr. G hat jedoch in Wirklichkeit aufgrund seiner einmaligen Untersuchung nicht sicher entscheiden können, ob eine nervöse Übererregbarkeit beim Kläger besteht. Er hat sie keineswegs ausgeschlossen, vielmehr im nächsten Satz ihr Vorhandensein für möglich erklärt, aber es als "sehr willkürlich" bewertet, diese Gesundheitsstörung auf das chronische Unterschenkelgeschwürsleiden und die Varizen zurückzuführen (Seite 15 des Gutachtens). Eine endgültige ärztliche Stellungnahme hat Dr. G damit nicht abgegeben; dies wird dadurch bestätigt, daß er in der Zusammenfassung (Seite 17) die Übererregbarkeit gar nicht erwähnt hat. Vielleicht hat Dr. G eine begründete Beurteilung deshalb nicht für erforderlich gehalten, weil er eine eingehende Begründung der gegenteiligen Ansicht des Dr. R vermißt hat (Seite 13 f). Ohne eine eindeutige Stellungnahme eines medizinischen Sachverständigen hat aber das LSG mangels eigener Sachkunde, die genauer hätte dargelegt werden müssen, sich nicht über Dr. R Beurteilung hinwegsetzen dürfen (BSG SozR Nr. 33 zu § 103 SGG; Nr. 64 zu § 128 SGG). Wenn es die Ansicht dieses Sachverständigen über das Vorhandensein und über die Ursachen der Übererregbarkeit nicht für überzeugend hielt, hätte es insoweit den Sachverhalt von Amts wegen weiter aufklären müssen (§ 103 SGG), wie die Revision zusätzlich mit Recht rügt. Das LSG hat das Beweisergebnis entgegen der Ansicht des Beklagten nicht etwa auf Dr. V ablehnende Stellungnahme hinsichtlich der nervösen Übererregbarkeit gestützt.
Die Revision rügt auch zutreffend eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht, soweit das LSG die Ablehnung einer Höherbewertung der MdE nach § 30 Abs. 2 BVG als rechtmäßig beurteilt hat. Obgleich Dr. G im wesentlichen von den anerkannten Schädigungsfolgen und von der durch sie bedingten MdE ausgegangen ist (Seite 13, 16, 17 seines Gutachtens), läßt sein Gutachten, wie das LSG zutreffend bemerkt hat, nicht eindeutig erkennen, ob er die Anerkennung des Unterschenkelgeschwürsleidens bloß im Sinne der Verschlimmerung berücksichtigt hat; auf Seite 13 fehlt diese Einschränkung bei der Wiedergabe des anerkannten Versorgungsleidens. Dann hat das LSG jedoch Dr. G Beurteilung, der Kläger sei zweifelsohne als Bergmann und als Stukkateur, der länger stehen müsse, besonders betroffen, nicht ohne weitere medizinische Aufklärung als unrichtig bewerten dürfen. Vielmehr hätte jene Unklarheit dem Gericht aufdrängen müssen, von Amts wegen Dr. G ergänzend zu befragen, ob er seine Stellungnahme zu § 30 Abs. 2 BVG auch in Kenntnis des vollständigen Inhalts des Bescheides vom 16. April 1963 aufrechterhalte, oder einen anderen Sachverständigen dazu zu hören. Den Richtern des LSG fehlt eine ausreichende medizinische Sachkunde, um diese Beweisfrage im Gegensatz zu einem ärztlichen Sachverständigen selbständig beantworten zu können. Selbst wenn die weitere Begründung der Entscheidung zu § 30 Abs. 2 BVG als tragend gemeint sein sollte, vermöchte sie das Urteil nicht zu rechtfertigen. Auch über die Auswirkungen des 1963 als Schädigungsfolge anerkannten Anteiles des Unterschenkelgeschwürsleidens in den beiden Berufen im Verhältnis zu den Auswirkungen, die auf eine nachträgliche schädigungsunabhängige Verschlimmerung zurückzuführen sind, und zu den Auswirkungen der nicht benannten Gesundheitsstörungen, die 1966 zur Bewilligung der Bergmannsrente geführt haben, hätte ein medizinischer Sachverständiger gehört werden müssen.
Die Revision ist auch begründet, soweit Verfahrensrügen erhoben werden. Möglicherweise hätte das LSG bei Vermeidung der Verfahrensfehler zugunsten des Klägers entschieden.
Der Senat kann mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen nicht selbst in der Sache entscheiden (§ 170 Abs. 2 Satz 1 SGG), muß vielmehr unter Aufhebung des Urteils, soweit es angefochten ist, den Rechtsstreit an das LSG zurückverweisen (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG; Stein/Jonas/Grunsky, Zivilprozeßordnung, 19. Aufl., 1972, § 564 Anm. I, 2).
Da im Bescheid vom 16. April 1963 eine Höherbewertung der MdE nach § 30 Abs. 2 BVG rechtsverbindlich abgelehnt worden ist (§ 77 SGG, § 24 VerwVG), hat das LSG mit Recht entschieden, die MdE könne nur durch einen Zugunstenbescheid nach § 40 Abs. 1 VerwVG wegen besonderen beruflichen Betroffenseins anders bemessen werden. Ob diese sachlich-rechtliche Voraussetzung des § 30 Abs. 2 BVG gegeben ist, muß allerdings in vollem Umfang geprüft werden (BSG 36, 21, 22 f = SozR Nr. 66 zu § 30 BVG). Vor einer abschließenden medizinischen Beurteilung müßten die Belastungen der Beine in beiden Berufen genau festgestellt werden.
Dagegen kommt ein Zugunstenbescheid nach § 40 Abs. 1 VerwVG entgegen der Ansicht des LSG nicht in Betracht, soweit der Kläger die zusätzliche Anerkennung einer nervösen Übererregbarkeit als Schädigungsfolge nach § 1 BVG und eine entsprechend höhere Rente begehrt; denn es ist noch nicht rechtsverbindlich entschieden, ob insoweit ein Versorgungsanspruch besteht (BSG SozR Nr. 7 zu § 40 VerwVG). Da diese Gesundheitsstörung ursächlich auf die eine der beiden anerkannten Schädigungsfolgen zurückgeführt wird, könnte darüber in einem Neufeststellungsbescheid nach § 62 Abs. 1 BVG zu befinden sein. Das setzt voraus, daß die nervöse Übererregbarkeit, soweit sie eine Schädigungsfolge sein soll, erst nach der Erteilung des Bescheides vom 16. April 1963 aufgetreten ist; dies bedeutete dann eine nachträgliche wesentliche Änderung der Verhältnisse, die jenem Verwaltungsakt zugrunde lagen. Falls dagegen diese Gesundheitsstörung schon zu jener Zeit bestanden hätte, wäre der Bescheid vom 16. April 1963, der sie nicht betroffen hat, durch eine erstmalige Entscheidung zu ergänzen.
In dem weiteren Verfahren sollte das LSG den Kläger veranlassen, entsprechend dem schon im angefochtenen Urteil gedeuteten Begehren (§ 123 SGG) die selbständige Feststellung oder Verpflichtung zur Anerkennung der weiteren Schädigungsfolge (nervöse Übererregbarkeit) zu beantragen (§ 106 Abs. 1, § 112 Abs. 2 Satz 2 SGG).
Von dieser Rechtslage hat das LSG bei der weiteren Beweiserhebung und neuen Entscheidung, die auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu ergehen hat, auszugehen (§ 170 Abs. 4 SGG).
Fundstellen