Verfahrensgang

LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 08.05.1992; Aktenzeichen L 4 Vs 63/91)

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. Mai 1992 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Die Klägerin führt den Rechtsstreit als Rechtsnachfolgerin ihres am 4. März 1991 – während des Berufungsverfahrens – verstorbenen Ehemannes H … M … … fort. Er hatte im Zugunstenverfahren die Anerkennung weiterer Schädigungsfolgen und höhere Versorgungen seit 1983 erstrebt. Sie hat im Berufungsverfahren außerdem einen Anspruch auf Witwenrente geltend gemacht.

Anerkannt als Schädigungsfolge war eine „zipflige Ausziehung des rechten Zwerchfells” nach abgelaufener Lungenerkrankung mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) unter 25 vH (Bescheide vom 23. September und 21. Oktober 1983, Widerspruchsbescheid vom 12. April 1984). Ein Antrag auf Versorgung nach Teilresektion des linken Lungenoberlappens im Jahre 1973 war ohne Erfolg geblieben (Bescheid vom 31. Oktober 1975; Urteile des Sozialgerichts ≪SG≫ Koblenz vom 3. August 1977 und des Landessozialgerichts ≪LSG≫ Rheinland-Pfalz vom 16. Januar 1979). Das operierte Bronchialkarzinom sei nicht schädigungsbedingt gewesen. Erfolglos blieb auch ein 1986 gestellter Zugun-stenantrag (Bescheid vom 24. Januar 1986, Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 1986).

Einen weiteren Antrag auf Versorgung wegen der Folgen eines nach Lungentuberkulose entstandenen Narbenkarzinoms lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 11. März und Widerspruchsbescheid vom 30. März 1988 mit der Begründung ab, eine schädigungsabhängige Narbenbildung habe sich nicht feststellen lassen. Klage und Berufung blieben ohne Erfolg (Urteile des SG Mainz vom 6. November 1990 und des LSG Rheinland-Pfalz vom 8. Mai 1992). Aus dem pathologischen Gutachten ergebe sich als Todesursache Verblutung wegen Ruptur eines Aneurysmas im Bauchteil der Aorta. Weitere als die mit Bescheid vom 23. September 1983 anerkannten Schädigungsfolgen hätten sich nicht feststellen lassen, weil die Klägerin sich geweigert habe, dafür erforderliche Röntgenaufnahmen herauszugeben.

Die Klägerin hat – die vom LSG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassene Revision – eingelegt. Sie rügt Verfahrensfehler des Berufungsgerichts. Die tatsächlichen Feststellungen des angegriffenen Urteils seien unvollständig, die Beweiswürdigung deshalb fehlerhaft. Es seien verschiedene Umstände unbeachtet geblieben, aus denen sich ergebe, daß die Teilresektion der linken Lunge wegen Lungentuberkulose als Schädigungsfolge anzuerkennen sei. Entgegen §§ 128 Abs 1 Satz 2, 136 Abs 1 Nr 6 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) habe das LSG auch nicht begründet, weshalb der Antrag auf Anerkennung eines Aneurysmas an der Hauptschlagader als Schädigungsfolge keinen Erfolg gehabt habe. Zu dem vom LSG abgelehnten Anspruch auf Witwenrente wird kein Antrag gestellt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. Mai 1992 und das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 6. November 1990 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11. März 1988 idF des Widerspruchsbescheides vom 30. März 1988 aufzuheben und unter Zurücknahme des Bescheides vom 24. Januar 1986 idF des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 1986, der Bescheide vom 23. September 1983 und 21. Oktober 1983 idF des Widerspruchsbescheides vom 12. April 1984 und des Bescheides vom 31. Oktober 1975 den Beklagten zu verurteilen, bei dem verstorbenen Ehemann der Klägerin als Schädigungsfolge eine Teilresektion der linken Lunge mit Entfernung einer Kaverne im linken Oberlappen wegen offener Lungentuberkulose sowie ein Aneurysma der Hauptschlagader anzuerkennen und ab dem 1. Januar 1983 Versorgung nach einer MdE von 100 vH sowie Berufsschadensausgleich und Schwerbeschädigtenzulage zu gewähren,

hilfsweise,

das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 SGG) einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision der Klägerin ist zulässig; sie ist aber nicht begründet.

An die Zulassungsentscheidung des LSG ist der Senat gebunden (§ 160 Abs 3 SGG), obwohl die Zulassung hier gesetzwidrig ist, weil es an einem Zulassungsgrund fehlt (BSG SozR 1500 § 160 Nr 21). Das LSG hat die Revision nach „§ 160 Abs 1 Nr 1 SGG” zugelassen. Es hat aber keinen Hinweis gegeben, worin es die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sieht. Auch der Senat hat keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung erkennen können, die bei der Entscheidung dieses Rechtsstreits zu beantworten wäre. Ebensowenig hat die Klägerin eine solche Rechtsfrage aufgezeigt. Zur Begründung ihrer Revision rügt sie das Fehlen von Entscheidungsgründen wegen der versagten Anerkennung des Aneurysmas als Schädigungsfolge und im übrigen fehlerhafte Beweiswürdigung. Diese Verfahrensfehler liegen nicht vor.

Das angefochtene Urteil behandelt den Antrag auf Anerkennung des Aneurysmas als Schädigungsfolge. Es läßt erkennen, aus welchen Gründen dieser Antrag ohne Erfolg geblieben ist. Das LSG hat in dem erstmals mit Schriftsatz vom 1. Mai 1992 im Berufungsverfahren gestellten Antrag eine unzulässige Klageerweiterung zur Vorbereitung des Anspruchs auf Witwenrente gesehen. Dieser Klageerweiterung hatte der Beklagte weder zugestimmt noch sich auf sie eingelassen. Das LSG hat mangels einer anfechtbaren Entscheidung des Beklagten über die Anträge die Klageerweiterung für nicht sachdienlich gehalten. Es handelt sich um eine einheitliche Entscheidung über beide Anträge, auch wenn der Antrag auf Anerkennung des Aneurysmas vom LSG in den Entscheidungsgründen nicht ausdrücklich erwähnt worden ist.

Das LSG hat auch alle tatsächlichen Feststellungen getroffen, auf die es von seinem Rechtsstandpunkt aus ankam. § 128 Abs 1 SGG ist mithin nicht verletzt. Auf die von der Klägerin genannten Umstände, aus denen sich ergeben soll, daß der Beschädigte an Lungentuberkulose gelitten hat und deshalb 1973 operiert worden ist, brauchte das LSG in seiner Entscheidung nicht einzugehen, weil dieses Vorbringen offensichtlich unerheblich ist. Wie das LSG festgestellt hat, bestehen nach dem Obduktionsgutachten des Sachverständigen Prof. Dr. R … aufgrund makroskopischer und feingeweblicher Untersuchungen des beim Tode des Beschädigten noch erhaltenen Lungengewebes keine Anhaltspunkte für eine Tuberkulose. Ob eine in dem 1973 resezierten Gewebe des linken Lungenoberlappens abgelaufene Tuberkulose möglicherweise narbige Verwachsungen hinterlassen hatte, auf deren Boden sich das Bronchialkarzinom gebildet haben könnte, konnte das LSG nicht aufklären, weil die Klägerin Röntgenaufnahmen nicht herausgegeben hat, ohne welche diese Frage nach Auskunft des bereits mit einem röntgenologischen Gutachten beauftragten Sachverständigen nicht beantwortet werden kann.

Das LSG hat es danach zu Recht abgelehnt, den Beklagten zur Anerkennung weiterer Schädigungsfolgen und zu den beantragten Leistungen zu verurteilen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1174702

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