Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen den Beschluß des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 1. Dezember 1995 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist ein Recht zur Nachzahlung von Beiträgen in der Rentenversicherung.
Die im November 1929 geborene Klägerin war in der Zeit von August 1954 bis September 1962 rentenversicherungspflichtig beschäftigt. Sie heiratete im August 1962 und nahm in der Folgezeit keine versicherungspflichtige Beschäftigung mehr auf. Beiträge wurden nicht erstattet. Die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte erkannte Kindererziehungszeiten von September 1963 bis August 1965 an. Für die Zeit ab Januar 1984 entrichtete die Klägerin freiwillige Beiträge. Seit September 1990 bezog sie Rente wegen Erwerbsunfähigkeit; seit Dezember 1994 erhält sie Regelaltersrente.
Im Mai 1994 beantragte die Klägerin die Zulassung zur Nachzahlung freiwilliger Beiträge für die Zeit von August 1954 bis September 1962 nach der Regelung über die Nachzahlung bei Heiratserstattung (§ 282 des Sozialgesetzbuchs – Gesetzliche Rentenversicherung ≪SGB VI≫). Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 7. Juli 1994 und Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 1995 ab. Eine Nachzahlung bei Heiratserstattung komme nicht in Betracht, weil Beiträge weder anläßlich der Eheschließung noch aus anderen Gründen erstattet worden seien.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 5. Mai 1995). Die Klägerin gehöre nicht zu dem Personenkreis des § 282 Abs 1 SGB VI. Die Regelung sei nicht verfassungswidrig. Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung der Klägerin gegenüber den nachzahlungsberechtigten Frauen liege nicht vor. Die Klägerin habe das Recht der Beitragserstattung gehabt, hiervon jedoch keinen Gebrauch gemacht. Durch die Nachzahlung lebe das alte Versicherungsverhältnis nicht mehr auf. Es entstehe ein neues auf freiwilligen Beiträgen beruhendes Versicherungsverhältnis mit anderen Rechtsfolgen. Die besonders günstige Rendite der Nachzahlung bei Heiratserstattung halte sich im weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin unter Bezugnahme auf diese Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils zurückgewiesen (Beschluß vom 1. Dezember 1995) und ergänzend ausgeführt, der von der Klägerin geltend gemachte Herstellungsanspruch bestehe nicht. Wenn ihr 1962/63 empfohlen worden sei, sich die Beiträge nicht erstatten zu lassen, sei diese Beratung nicht falsch oder unvollständig gewesen. Es sei damals nicht absehbar gewesen, daß ein Nachzahlungsrecht eingeführt werden würde; außerdem hätte eine Beratung das Fortbestehen des Versicherungsverhältnisses berücksichtigen müssen.
Mit der Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes (GG). § 282 SGB VI treffe eine Regelung, die einem Teil einer im übrigen homogenen Gruppe von Frauen erhebliche Sondervorteile verschaffe. Nicht zu beanstanden wäre es gewesen, wenn der Gesetzgeber den Frauen, die von der Heiratserstattung Gebrauch gemacht haben, die Möglichkeit eingeräumt hätte, ihre Beiträge wieder einzuzahlen. Die in § 282 SGB VI getroffene Regelung lasse für diese Gruppe von Frauen jedoch die Nachzahlung mit einer Rendite von über 50 vH zu. Darin, daß den anderen Frauen, die weiterhin Beiträge gezahlt haben, eine ähnliche Aufstockung ihrer Rente nicht ermöglicht werde, liege eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Beschluß des LSG vom 1. Dezember 1995 und das Urteil des SG vom 5. Mai 1995 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. Juli 1994 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 1995 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Nachzahlung von freiwilligen Beiträgen entsprechend der Regelung des § 282 SGB VI zuzulassen und der Klägerin eine höhere Rente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat die Berufung der Klägerin gegen das klagabweisende Urteil des SG zutreffend zurückgewiesen. Die Nachzahlung von freiwilligen Beiträgen nach der Vorschrift über die Nachzahlung bei Heiratserstattung (§ 282 Abs 1 SGB VI) ist bei Fehlen einer Beitragserstattung anläßlich der Eheschließung (im folgenden: Heiratserstattung) zur Aufstockung vorhandener Beiträge, wie sie die Klägerin begehrt, unzulässig.
Nach § 282 Abs 1 Satz 1 SGB VI können Frauen, denen anläßlich der Eheschließung Beiträge erstattet worden sind, auf Antrag für die Zeiten der Beitragserstattung bis zum 1. Januar 1924 zurück freiwillige Beiträge nachzahlen, sofern die Zeiten nicht bereits mit Beiträgen belegt sind. Das Nachzahlungsrecht gilt danach für Frauen, denen aufgrund der früheren Vorschriften über eine Heiratserstattung Beiträge erstattet worden sind (zur Entwicklung und Abschaffung der Heiratserstattung vgl BSGE 76, 250 = SozR 3-2600 § 282 Nr 2 und SozR 3-2600 § 282 Nr 1). Die Vorschrift schließt außerdem die Nachzahlung für Zeiten aus, die bereits mit Beiträgen belegt sind. Das bedeutet, daß eine sogenannte Aufstockung oder ein hier ebenfalls geprüfter Austausch vorhandener Beiträge nicht zugelassen ist. Die Klägerin ist demnach nicht nachzahlungsberechtigt. Es fehlt an einer Heiratserstattung. Sie hat von dem zur Zeit ihrer Eheschließung im Jahre 1962 bestehenden Recht auf Heiratserstattung nach § 83 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) idF des Art 1 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) vom 23. Februar 1957 (BGBl I 88) keinen Gebrauch gemacht. Die Zeiten, für die sie Beiträge nachzahlen will (August 1954 bis September 1962), sind außerdem mit Beiträgen belegt.
Der Wortlaut des § 282 Abs 1 Satz 1 SGB VI läßt keinen Raum für eine Auslegung oder analoge Anwendung zugunsten der Klägerin. Eine Nachzahlung ohne Heiratserstattung und eine Aufstockung oder ein Austausch vorhandener Beiträge sollen erkennbar ausgeschlossen sein. Die Klägerin ist auch nicht aufgrund eines Herstellungs- oder Aufopferungsanspruchs so zu stellen, als habe sie früher das Recht auf Heiratserstattung genutzt und erfülle nunmehr die Voraussetzungen des Nachzahlungsrechts nach § 282 Abs 1 Satz 1 SGB VI. Ein auf Beitragserstattung gerichteter Herstellungsanspruch besteht nicht, weil die Beklagte, wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, bei Gesprächen mit der Klägerin in den Jahren 1962 und 1963 keine aus dem Sozialrechtsverhältnis folgende Pflicht verletzt hat. Es war damals nicht absehbar, daß die Heiratserstattung 1968 abgeschafft und ab 1969 die Nachentrichtung wegen Heiratserstattung zugelassen werden würde (Art 2 § 27 AnVNG, Art 2 § 28 des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes ≪ArVNG≫ idF des Art 2 § 2 Nr 6 und § 1 Nr 4 des Dritten Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes vom 28. Juli 1969, BGBl I 956). Eine Pflicht der Beklagten zum Hinweis auf künftige Regelungen bestand unter diesen Umständen nicht. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch aus dem Gesichtspunkt der Aufopferung setzt einen unmittelbaren hoheitlichen Eingriff in eigentumsgeschützte Rechtspositionen oder in nicht vermögenswerte Güter wie Leben, Gesundheit oder Freiheit voraus und ist auf Entschädigung gerichtet (vgl Rüfner in Erichsen, AllgVerwR, 10. Aufl, § 49 RdNrn 58 f, 67, 82, 91). Weder ist eine solche Rechtsgutverletzung erkennbar noch entspricht das Ziel dieses Rechtsstreits (Beitragsnachzahlung) dem Inhalt eines solchen Entschädigungsanspruchs.
Die Beschränkung des Nachzahlungsrechts auf den Ausgleich von Heiratserstattungen und der Ausschluß einer Aufstockung oder eines Austauschs vorhandener Beiträge in § 282 Abs 1 Satz 1 SGB VI sind nicht verfassungswidrig. Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, daß die Regelung Frauen wie die Klägerin in ihrem Grundrecht auf Gleichbehandlung (Art 3 Abs 1 GG) verletzt.
§ 282 Abs 1 Satz 1 SGB VI führt allerdings zu einer ungleichen Behandlung derjenigen Frauen, die von der Heiratserstattung Gebrauch gemacht haben, mit denjenigen, die wie die Klägerin dieses Recht früher nicht genutzt haben und nunmehr von der Nachzahlung ausgeschlossen sind. Im einzelnen bestehen folgende Unterschiede:
Die Heiratserstattung hatte für Frauen, die dieses Recht in Anspruch nahmen, die rückwirkende Auflösung des Versicherungsverhältnisses zur Folge. Sie verloren damit alle Ansprüche aus den bisher zurückgelegten Versicherungszeiten (Beitragszeiten, Ersatzzeiten) und das Recht zur freiwilligen Weiterversicherung (§ 83 Abs 3, § 82 Abs 7 AVG; § 1304 Abs 3, § 1303 Abs 7 der Reichsversicherungsordnung ≪RVO≫). Erstattet wurden nur Beiträge, die für Zeiten nach der Währungsreform im Jahre 1948 im Bundesgebiet oder im Land Berlin (West) entrichtet worden waren, und diese auch nur zur Hälfte, dh in Höhe des Arbeitnehmeranteils (§ 83 Abs 1 AVG, § 1304 Abs 1 RVO). Unabhängig vom Umfang der Beitragsrückzahlung erloschen jedoch die Rechte aus allen vorher entrichteten Beiträgen (vgl BSG SozR 2200 § 1303 Nr 18; BSG SozR 5750 Art 2 § 28 Nr 3; vgl auch BVerfG SozR 2200 § 1303 Nr 19). Die Verfallswirkung erfaßte auch die nach dem Fremdrentengesetz anrechenbaren Beitragszeiten (vgl BSGE 49, 63 = SozR 2200 § 1303 Nr 14; BSG SozR 2200 § 1303 Nr 26; BSG SozR 3-2200 § 1303 Nr 5; zur Ausnahme für Zeiten im Beitrittsgebiet vgl § 286d Abs 2 Satz 1 SGB VI). Die Nachzahlung nach § 282 SGB VI führt nicht zur Wiederherstellung des früheren Versicherungsverhältnisses (vgl BSGE 49, 63, 67 f = SozR 2200 § 1303 Nr 14 S 40 zum Nachentrichtungsrecht nach Art 2 § 27 AnVNG, Art 2 § 28 ArVNG). Die nachgezahlten freiwilligen Beiträge begründen daher keinen Versicherungsschutz bei verminderter Erwerbsfähigkeit, weil die Renten wegen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit die Entrichtung von Pflichtbeiträgen voraussetzen (§ 43 Abs 1 Satz 1 Nr 2, § 44 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB VI). Die Nachzahlung ist allerdings für die Altersrente besonders günstig. Wie generell bei der Zahlung freiwilliger Beiträge ist jeder Betrag zwischen der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage und der Beitragsbemessungsgrenze wählbar. Daher können die Erstattungszeiträume nunmehr unabhängig von der Höhe der früher entrichteten und erstatteten Beiträge mit Höchstbeiträgen belegt werden. Außerdem ist der Erfolgswert des aufgewendeten Geldbetrages erheblich. Grundsätzlich sind nachzuzahlende Beiträge allerdings wie die laufenden Beiträge für eine freiwillige Versicherung zu berechnen. Maßgebend sind die Mindestbeitragsbemessungsgrundlage, die Beitragsbemessungsgrenze und der Beitragssatz, die zum Zeitpunkt der Nachzahlung gelten (§ 209 Abs 2 SGB VI; „In-Prinzip”). Für die Berechnung der nach § 282 Abs 1 Satz 1 SGB VI nachzuzahlenden Beiträge gilt dagegen die Beitragsbemessungsgrenze des Jahres, für das sie nachgezahlt werden, für Zeiten vor dem 1. Januar 1957 die Beitragsbemessungsgrenze dieses Jahres (§ 282 Abs 2 Satz 2 SGB VI; „Für-Prinzip”). Der Erfolgswert „Rendite”) ist je nach Zeitpunkt bei Nachzahlungen für das Jahr 1957 und früher acht- bis inzwischen sogar elfmal höher als bei Beitragszahlungen nach anderen Vorschriften (vgl BSG SozR 3-2600 § 283 Nr 1) oder bei der laufenden Zahlung von Beiträgen zu einer freiwilligen Versicherung.
Demgegenüber blieb für Frauen, die von der Heiratserstattung keinen Gebrauch gemacht haben, das Versicherungsverhältnis erhalten. Hatten sie, wie auch die Klägerin des vorliegenden Rechtsstreits, eine Versicherungszeit von 60 Kalendermonaten zurückgelegt, erfüllten sie die Wartezeit für die Renten wegen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit (§ 23 Abs 3, § 24 Abs 3 AVG; § 1246 Abs 3, § 1247 Abs 3 RVO) und hatten bei Eintritt des Versicherungsfalls Anspruch auf die Rente. Sie konnten die Anwartschaft auf diese Leistungen nach dem seit 1. Januar 1984 geltenden Recht erhalten, indem sie fortlaufend freiwillige Beiträge entrichteten, wovon die Klägerin Gebrauch gemacht hat (Art 2 § 7b Abs 1 AnVNG, Art 2 § 6 Abs 2 ArVNG). Außerdem bestand das Recht zur freiwilligen Weiterversicherung auch vor der Rentenreform 1972, als dieses Recht noch von einer Vorversicherungszeit abhängig war. Voraussetzung der freiwilligen Weiterversicherung war lediglich, daß die Versicherungszeit von 60 Kalendermonaten auf Pflichtbeiträgen beruhte und diese Pflichtbeiträge in die zehnjährige Rahmenfrist fielen (§ 10 Abs 1 Satz 1 AVG, § 1233 Abs 1 Satz 1 RVO, jeweils in der bis zum 18. Oktober 1972 geltenden Fassung). Damit konnte die Wartezeit für das Altersruhegeld nach Vollendung des 65. Lebensjahres von zunächst noch 180 Kalendermonaten erfüllt werden. Seit Herabsetzung der Wartezeit für dieses Altersruhegeld zum 31. Dezember 1983 genügen bereits 60 Kalendermonate für diese Altersrente (§ 25 Abs 5 iVm Abs 7 Satz 3 AVG, § 1248 Abs 5 iVm Abs 7 Satz 3 RVO idF des Art 2 Nr 11 und Art 1 Nr 34, Art 39 Abs 7 des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 vom 22. Dezember 1983, BGBl I 1532; § 35 iVm § 50 Abs 1 Satz 1 SGB VI). Die Rentenanwartschaften aus den vor der Eheschließung entrichteten, nach den früheren Heiratserstattungsvorschriften erstattungsfähigen, jedoch in der Rentenversicherung verbliebenen Beiträgen sind allerdings in der Regel gering, weil zu Beginn des Erwerbslebens regelmäßig nur niedrige Beiträge entrichtet worden sind. Daher begehrt die Klägerin die Zulassung zur Aufstockung dieser Beiträge, ist hiervon jedoch nach § 282 Abs 1 Satz 1 SGB VI ausgeschlossen.
Die Begünstigung der Frauen mit einer Heiratserstattung gegenüber denjenigen ohne Heiratserstattung ist noch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG vereinbar. Er verbietet lediglich, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen anders zu behandeln, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl BVerfGE 55, 72, 88; BVerfGE 87, 1, 36 f = SozR 3-5761 Allg Nr 1). Ungleichbehandlung und rechtfertigender Grund müssen dabei in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen (BVerfGE 82, 126, 146). Bei allen Nachzahlungsrechten ist zu berücksichtigen, daß sie eine Ausnahme im Finanzierungssystem der Rentenversicherung darstellen. Die Leistungen der Rentenversicherung werden grundsätzlich im Umlageverfahren durch laufende Beiträge finanziert. Die Nachzahlung bedeutet für die Berechtigten eine Vergünstigung gegenüber der laufenden Beitragszahlung. Dem Gesetzgeber steht hinsichtlich Einführung und Ausgestaltung dieser Vergünstigung ein Gestaltungsspielraum zu. Er findet seine Grenzen einerseits an dem Erfordernis sachlicher Gründe für Einführung und Ausgestaltung des Nachzahlungsrechts, andererseits an der Belastung, die dieses Recht für die Rentenversicherung und für die dort bereits Versicherten zur Folge hat.
Das Nachzahlungsrecht des § 282 SGB VI hat nur den Zweck, eine Korrektur der früher gesetzlich zugelassenen Heiratserstattungen zu ermöglichen. Das Gesetz beschränkt den Kreis der Berechtigten daher auf Frauen, die von der seinerzeit zulässigen Heiratserstattung Gebrauch gemacht haben. Ihnen soll ermöglicht werden, die entstandenen und vom Gesetzgeber später als unerwünscht angesehenen Versicherungslücken zu schließen (vgl BSGE 76, 250 = SozR 3-2600 § 282 Nr 2; BSG SozR 3-2600 § 282 Nr 1). Ausgehend von dieser sozialpolitischen Zielsetzung ist die Begünstigung der Frauen mit Heiratserstattung sachgerecht. Es entspricht diesem Normzweck, Frauen wie die Klägerin, die das Recht auf Heiratserstattung nicht genutzt haben und bei denen dadurch keine Versicherungslücken eingetreten sind, von der Nachzahlung auszuschließen.
Die Klägerin sieht sich auch nicht durch das Nachzahlungsrecht der Frauen mit Heiratserstattung als solchem benachteiligt, sondern in dem Verbot, ihre trotz des Rechts auf Heiratserstattung in der Rentenversicherung belassenen Beiträge aufzustocken. Sie hält sich für benachteiligt, weil Frauen mit Heiratserstattung nunmehr das Recht haben, unter besonders günstigen Modalitäten Höchstbeiträge zu zahlen, während es für sie bei den früher entrichteten Beiträgen weit unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze bleiben soll. Dieses erscheint insbesondere bei Frauen wie der Klägerin verständlich, die für die als Nachzahlungszeiträume in Betracht kommenden Zeiten früher nicht aus eigener Entschließung nur niedrige freiwillige Beiträge entrichtet haben, sondern für die aufgrund bestehender Versicherungspflicht entgeltabhängige Beiträge entrichtet worden sind.
Die von der Klägerin begehrte Aufstockung würde jedoch zu erheblichen Folgeproblemen führen. Die Zulassung der Beitragsaufstockung für Frauen, die das Recht der Heiratserstattung nicht genutzt haben, würde andere Ungleichheiten im System der Rentenversicherung auslösen. Diese Frauen gehören zu der weit größeren Gruppe der Versicherten, für die ebenfalls ein Bedürfnis zur Aufstockung ihrer Beiträge besteht, weil für sie in der Vergangenheit niedrige Pflichtbeiträge entrichtet worden sind oder die zwar freiwillige Beiträge entrichtet haben, jedoch nicht in Höhe des jeweils zulässigen Höchstbeitrags. In dieser Lage können verheiratete Frauen sein, für die eine Heiratserstattung aus Rechtsgründen nicht oder nicht mehr in Betracht kam (vgl die vom Senat entschiedenen Sachverhalte: BSGE 76, 250, 251 = SozR 3-2600 § 282 Nr 2 und BSG SozR 3-2600 § 282 Nr 1) oder die zwar von der Heiratserstattung Gebrauch gemacht hatten, jedoch schon nach den Nachentrichtungsregelungen freiwillige Beiträge nachentrichtet haben, welche zusammen mit dem Recht zur freiwilligen Versicherung ohne Vorversicherungszeit in § 10 Abs 1 AVG, § 1233 Abs 1 RVO idF des Art 1 § 2 Nr 4, Art 1 § 1 Nr 4 des Rentenreformgesetzes (RRG) 1972 vom 16. Oktober 1972 (BGBl I 1965) eingeführt worden waren und dieses Recht ergänzten (Art 2 § 49a Abs 2 AnVNG, Art 2 § 51a Abs 2 ArVNG). Letztlich sind in dieser Lage auch viele unverheiratete Frauen und viele männliche Versicherte, für die eine Heiratserstattung zu keiner Zeit in Betracht kam. Frauen wie die Klägerin würden gegenüber diesen Personengruppen begünstigt, wenn ihnen die Aufstockung gestattet würde. Würden aus Gründen der Gleichbehandlung gleichzeitig alle anderen Angehörigen der Gruppe, zu der sie gehören, zur Nachzahlung iS der Aufstockung zugelassen, würde der Bereich der Heiratserstattung verlassen. Es würde sich auch die Frage stellen, ob das Aufstockungsverbot bei anderen Nachzahlungen gerechtfertigt ist oder aus verfassungsrechtlicher Sicht die Einführung jeder Nachzahlung mit einer Aufstockungsberechtigung für diejenigen Versicherten verbunden werden muß, bei denen die Nachzahlungszeiträume bereits mit Pflichtbeiträgen oder freiwilligen Beiträgen unterhalb der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze belegt sind. Damit wäre jedoch das Finanzierungssystem der Rentenversicherung insgesamt in Frage gestellt.
Einfachrechtliche Regelungen, die es gebieten würden, Versicherten wie der Klägerin unter Beachtung des Art 3 Abs 1 GG ein Recht zur Aufstockung von Beiträgen einzuräumen, gab und gibt es nicht. Das Bundessozialgericht (BSG) hat in ständiger Rechtsprechung zu den früheren Nachentrichtungsvorschriften die Aufstockung als dem System der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich fremd und nach einfachem Recht unzulässig abgelehnt (vgl BSG SozR Nr 10 zu Art 2 § 52 ArVNG; BSG vom 22. August 1967 – 11 RA 338/64 – DAngV 1968, 67; BSGE 35, 178 = SozR Nr 4 zu § 1407 RVO; BSGE 47, 207 = SozR 5750 Art 2 § 51a Nr 24; BSG SozR 5750 Art 2 § 51a Nr 48; BSG vom 2. Juni 1982 – 12 RK 64/81). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit dieser Begründung den Ausschluß einer Aufstockung vorhandener Pflichtbeiträge oder freiwilliger Beiträge unterhalb der Beitragshöchstgrenze in den durch das RRG 1972 eingeführten Nachentrichtungsvorschriften (Art 2 § 49a Abs 1, 2 AnVNG, Art 2 § 51a Abs 1, 2 ArVNG) nicht als verfassungswidrig, weil mit Art 3 Abs 1 GG vereinbar angesehen (BVerfGE 49, 192 = SozR 5750 Art 2 § 51a Nr 19). Ausnahmen von dem Grundsatz, daß eine Aufstockung im Rahmen einer Nachentrichtung nach Zahlung der Beiträge ausgeschlossen ist, welche die Rechtsprechung nur unter den Voraussetzungen des Herstellungsanspruchs zugelassen hat (vgl BSGE 59, 60 = SozR 5070 § 10 Nr 31; BSGE 59, 190 = SozR 5750 Art 2 § 51a Nr 63; BSG SozR 1200 § 14 Nr 24), sind für die verfassungsrechtliche Beurteilung unerheblich. Zu einer Aufstockung führte auch die Anrechnung von Kindererziehungszeiten mit Wirkung ab 1. Januar 1986, solange sie beim Zusammentreffen mit Beiträgen aufgrund einer Pflichtversicherung oder freiwilligen Versicherung nur deren Aufwertung bewirkte, wenn die Beiträge allein noch nicht den gesetzlich für Kindererziehungszeiten anzusetzenden Wert erreichten (vgl § 32a Abs 5 Satz 2 und § 32 Abs 6a Satz 2 AVG; § 1255a Abs 5 Satz 2 und § 1255 Abs 6a Satz 2 RVO, jeweils idF des Hinterbliebenenrenten- und Erziehungszeiten-Gesetzes ≪HEZG≫ vom 11. Juli 1985, BGBl I 1450, jetzt § 70 Abs 2 und § 83 Abs 1 SGB VI). Das BVerfG hat diese Aufstockung jedoch wegen Verstoßes gegen Art 3 Abs 1 GG für verfassungswidrig erklärt und eine selbständige Bewertung der Kindererziehungszeiten gefordert (Beschluß vom 12. März 1996 – 1 BvR 609/90 ua – BVerfGE 94, 241, 260 ff = SozR 3-2200 § 1255a Nr 5). Sollte der Gesetzgeber die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten auf der Grundlage des additiven Modells regeln (vgl BVerfGE 94, 241, 265 = SozR 3-2200 § 1255a Nr 5 S 17), dürfte es zu einer Doppelbelegung von Beitragszeiten kommen. Die Rechtsprechung des BSG hat eine solche Doppelbelegung schon bisher für zulässig gehalten, wenn Beiträge aufgrund verschiedener zeitgleich erfüllter Versicherungstatbestände entrichtet werden, etwa neben einer Pflichtversicherung aufgrund abhängiger Beschäftigung eine Antragspflichtversicherung als Selbständiger besteht (vgl BSGE 49, 38 = SozR 2200 § 1227 Nr 29; BSG vom 15. Dezember 1983 – 12 RK 6/83 – USK 83163; vgl auch das Urteil vom 25. Februar 1997 – 12 RK 33/96, zur Veröffentlichung vorgesehen). Der Senat hat bei diesem Sachverhalt die Nachentrichtung von Beiträgen nach Art 2 § 49a Abs 1 AnVNG auch für Zeiten zugelassen, die aufgrund der Beitragsentrichtung aus dem Beschäftigungsverhältnis schon mit Beiträgen belegt waren (BSGE 49, 38 = SozR 2200 § 1227 Nr 29; vgl auch BSG SozR 5750 Art 2 § 51a Nr 48 S 97). Es handelt sich bei dieser Doppelbelegung jedoch nicht um eine Aufstockung in dem hier streitigen Sinne. Das übersieht die Klägerin, wenn sie in ihrer Revisionsbegründung eine Übertragung der vom BVerfG zur rentenrechtlichen Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten entwickelten Grundsätze auf die von ihr angestrebte Beitragsaufstockung fordert.
Das Nachzahlungsrecht des RRG 1992 vom 18. Dezember 1989 (BGBl I 2261) hat erkennbar an dem grundsätzlichen Aufstockungsverbot festgehalten. Die von der Rechtsprechung als Ausdruck des Aufstockungsverbots verstandene Regelung des § 129 Abs 2 Satz 1 AVG (§ 1407 Abs 2 Satz 1 RVO, vgl BSG SozR Nr 10 zu Art 2 § 52 ArVNG; BSGE 35, 178, 179 = SozR Nr 4 zu § 1407 RVO), wonach für jeden Kalendermonat nur ein freiwilliger Beitrag entrichtet werden konnte, ist allerdings nicht in das SGB VI übernommen worden. Eine dem früheren Recht entsprechende Vorschrift findet sich lediglich in § 8 Abs 1 Satz 2 der Rentenversicherungs-Beitragszahlungsverordnung vom 30. Oktober 1991 (BGBl I 2057). Dabei handelt es sich, wie sich aus der Verordnungsermächtigung in § 178 Abs 2 SGB VI ergibt, nur um eine Ordnungsvorschrift, welche die Zahlungsweise der Beiträge betrifft. Die Nachzahlungsrechte des SGB VI und auch die durch das RRG 1992 neu geregelten Nachzahlungsrechte nach dem Gesetz zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) sind jedoch so ausgestaltet, daß eine Aufstockung durch Beitragsnachzahlung nicht zulässig ist (vgl §§ 206, 207 und §§ 282 bis 285 SGB VI; § 9, § 10a Satz 2, § 22 Abs 2 Satz 1 WGSVG, § 21 iVm § 10 Abs 1 Satz 1 WGSVG in der am 31. Dezember 1991 geltenden Fassung). Die §§ 204, 205 SGB VI lassen keine Aufstockung zu, sondern einen Beitragsaustausch. Danach können Deutsche, die unversorgt aus den Diensten einer internationalen Organisation ausscheiden, und Versicherte, für die ein Anspruch auf Entschädigung für Zeiten von Strafverfolgungsmaßnahmen rechtskräftig festgestellt ist, für Zeiten des Dienstes oder der Entschädigung selbst dann Beiträge nachzahlen, wenn diese bereits mit freiwilligen Beiträgen, bei Anwendung des § 205 SGB VI auch mit Pflichtbeiträgen belegt waren. Diese zu einem Beitragsaustausch berechtigenden Nachzahlungen, für die außerdem das „In-Prinzip” gilt, sind für kleine Personengruppen aus besonderen Gründen geschaffen worden. Die Regelungen zwingen den Gesetzgeber nicht, auch bei der Nachzahlung wegen Heiratserstattung für Frauen wie die Klägerin den Austausch von Beiträgen zuzulassen. Der Austausch würde hier dazu führen, die Heiratserstattung nachzuholen und sie gleichzeitig durch eine Nachzahlung wieder auszugleichen. Dieses Ergebnis würde der Abschaffung der Heiratserstattung widersprechen. Außerdem würde die jetzige Benachteiligung überkompensiert, weil diese Frauen sowohl den bisherigen Versicherungsschutz behalten als auch die Vorteile der Nachzahlung hätten.
Der Gesetzgeber hat in § 282 SGB VI die Nachzahlung bei Heiratserstattung noch einmal großzügig ausgestaltet, um den versicherungsrechtlichen Ausgleich der früheren Heiratserstattungen endgültig abschließen zu können (vgl Begründung des Fraktionsentwurfs eines RRG 1992, BT-Drucks 11/4124 S 204 zu § 274). Der Kreis der Nachzahlungsberechtigten ist dabei zwar noch einmal erweitert worden. Mit dieser Erweiterung hat sich der Gesetzgeber aber im Bereich „Heiratserstattung” gehalten. Gegenüber dem früheren Nachentrichtungsrecht bei Heiratserstattung (Art 2 § 27 Abs 1 AnVNG, Art 2 § 28 Abs 1 ArVNG) ist nur das Erfordernis der (Wieder-)Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit entfallen, nicht die Erstattung von Beiträgen aus Anlaß der Heirat. Damit sollte lediglich der Tatsache Rechnung getragen werden, daß seit Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten in der Rentenversicherung auch Frauen Zugang zu einer Versicherung erhalten haben, die nicht mehr in das Erwerbsleben zurückgekehrt sind. Diesen Frauen sollte auch über die Nachzahlung bei Heiratserstattung die Möglichkeit eröffnet werden, die herabgesetzte Wartezeit für das Altersruhegeld zu erfüllen, wenn die Kindererziehungszeiten hierfür nicht ausreichten. Für die Nachzahlung galt im übrigen eine Antragsfrist, die am 31. Dezember 1995, vier Jahre nach Inkrafttreten der Regelung abgelaufen ist (§ 282 Abs 2 Satz 1). Der Gesetzgeber wollte durch Erweiterung des nachzahlungsberechtigten Personenkreises einerseits und Einführung der Antragsfrist andererseits die Korrektur der schon 1967 ausgelaufenen Heiratserstattung rechtlich (im Hinblick auf die Rechtsänderungen bei Kindererziehungszeiten und Altersrente) und tatsächlich (iS eines Anreizes zur Inanspruchnahme der Nachzahlung) umfassend und in einem für die Versichertengemeinschaft vertretbaren zeitlichen Rahmen abschließen. Die durch die Erweiterung des Nachzahlungsrechts notwendige Entscheidung sollte nicht durch Nützlichkeitserwägungen kurz vor Eintritt des Versicherungsfalls bestimmt werden und von solchen Überlegungen abhängig sein können (vgl Begründung des Fraktionsentwurfs eines RRG 1992, BT-Drucks 11/4124 S 204 zu § 274 und zu § 275). Dem Ziel einer umfassenden und rechtzeitigen Inanspruchnahme der Nachzahlung diente es auch, die Beitragsberechnung nach dem „Für-Prinzip” beizubehalten, wie sie schon für die frühere Nachentrichtung bei Heiratserstattung gegolten hatte. Der Gesetzgeber war nicht verpflichtet, für die Nachzahlung bei Heiratserstattung die erheblich ungünstigere Beitragsberechnung nach dem „In-Prinzip” einzuführen, die seit 1992 für alle anderen Nachzahlungsrechte gilt (vgl § 209 Abs 2 SGB VI und BSG SozR 3-2600 § 283 Nr 1). Er kann, wenn er eine Nachzahlung fördern will, dies vor allem durch eine großzügige Ausgestaltung erreichen. Ungünstige Modalitäten würden dazu führen, daß von der Nachzahlung kaum Gebrauch gemacht wird.
Insgesamt ist die Vorschrift des § 282 SGB VI im Hinblick auf die mit der Nachzahlung bei Heiratserstattung verfolgten Ziele trotz ihrer Großzügigkeit verfassungsrechtlich vertretbar. Eine von der Klägerin erstrebte Aufstockungs- oder Austauschregelung hätte demgegenüber den Bereich der Heiratserstattung verlassen und zu Ausweitungen des Nachzahlungsrechts geführt, die dem Bestreben, den Heiratserstattungskomplex abzuschließen, iS einer Ausweitung über den Zweck hinaus zuwidergelaufen wären.
Da eine Beeinträchtigung der Grundrechte der Klägerin nicht vorliegt, kam eine Vorlage an das BVerfG gemäß Art 100 Abs 1 Satz 1 GG nicht in Betracht. Die Revision der Klägerin war vielmehr zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen