Entscheidungsstichwort (Thema)
Statthaftigkeit der Anschlußberufung
Leitsatz (amtlich)
Ob die Vorinstanzen nach § 75 Abs 2 (2. Alternative) SGG einen anderen Versicherungsträger hätten beiladen müssen, weil dieser als leistungspflichtig in Betracht kommt (sogenannte unechte notwendige Beiladung), ist im Revisionsverfahren nicht von Amts wegen zu prüfen.
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Berufungsbegehren einer selbständigen, aber nicht statthaften Berufung ist als unselbständige Anschlußberufung zu werten, sofern dies dem Willen des Beteiligten nicht widerspricht (vgl BSG 1970-05-13 4 RJ 363/69 = SozR Nr 13 zu § 521 ZPO). Für die Anschlußberufung gilt § 147 SGG nicht (vgl BSG 1979-12-11 7 RAr 2/79 = SozR 1750 § 522 Nr 1). Erforderlich ist lediglich, daß die selbständige Berufung des Gegners zulässig ist und die Anschlußberufung den gleichen prozessualen Anspruch betrifft (BSG 4 RJ 363/69 aaO).
2. Eine gegen die Übernahme von Kosten für auswärtige Unterkunft und Verpflegung gerichtete Berufung wendet sich nicht gegen die Höhe der Kosten, sondern dagegen, daß diese Kosten überhaupt getragen werden sollen. Wird die Übernahme dieser Kosten für einen Zeitraum von mehr als 13 Wochen verlangt, so ist der Berufungsausschluß unter keinem Gesichtspunkt zulässig.
3. In Rechnung gestellte Kosten für auswärtige Unterkunft und Verpflegung werden nicht erstattet, wenn der Maßnahmeteilnehmer mit Duldung der Bildungseinrichtung täglich gependelt ist. Sonstige Sachkosten der Maßnahmen sind nur nach Maßgabe des Gesetzes zu tragen. Zum Begriff "sonstige Kosten" iS des Anordnungsrechts.
Normenkette
SGG § 75 Abs. 1 Alt. 2 Fassung: 1953-09-03, Abs. 2 Hs. 2 Fassung: 1953-09-03, § 147 Fassung: 1958-06-25; ZPO § 521; AFG § 45; SGG § 144 Abs. 1 Nr. 2; AFuU § 16 Abs. 3, 1 Fassung: 1976-03-23, § 18 Fassung: 1976-03-23
Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 31.03.1981; Aktenzeichen L 5 Ar 1931/79) |
SG Heilbronn (Entscheidung vom 09.10.1979; Aktenzeichen S 3 Ar 569/79) |
Tatbestand
Der Rechtsstreit betrifft die Übernahme von Kosten für Bildungsmaßnahmen.
Der 1932 geborene Kläger ist blind. Er hat 1952/53 eine Ausbildung als Betriebstelefonist erhalten, hat aber diesen Beruf nicht ausgeübt, sondern war berufsfremd tätig. Im Mai 1974 verlor der Kläger seinen Arbeitsplatz, als der Arbeitgeber in Konkurs geriet. Damals beantragte berufsfördernde Maßnahmen zur Rehabilitation lehnte die Landesversicherungsanstalt Württemberg (LVA) 1974 bindend ab, weil angesichts des erlernten Berufs eine Umschulung nicht erforderlich sei.
Vom 4. Oktober 1976 bis zum 30. September 1977 durchlief der Kläger auf Kosten der Beklagten eine blindentechnische Grundausbildung. Anschließend nahm der Kläger, der in B M (M.) seinen Wohnsitz hat, vom 3. Oktober 1977 bis 29. September 1978 im Süddeutschen Rehabilitationswerk für erwachsene Blinde in W (W.) an einer Ausbildung als Teilezurichter und, nach dem im Frühjahr 1978 erfolgten Abbruch dieser Maßnahme, an einer Ausbildung als Metallwerker teil. Hierfür fuhr der Kläger täglich nach W.; die ihm in einem Heim des Rehabilitationswerks in W. gebotene Unterkunftsmöglichkeit nahm der Kläger nicht wahr. Die Beklagte förderte die Bildungsmaßnahmen in W. durch Gewährung von Unterhaltsgeld (Uhg) in Höhe von 80 vH des Nettoarbeitsentgelts, die Übernahme der Lehrgangsgebühren in Höhe von 47,50 DM täglich und Fahrkosten in Höhe von 808,-- DM.
Die Übernahme von Kosten für auswärtige Unterkunft und Verpflegung, die das Rehabilitationswerk dem Kläger mit 13.826,65 DM in Rechnung gestellt hat, weil er durch sein Verhalten verursacht habe, daß die Beklagte diese Kosten nicht in vollem Umfange übernehme, lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, daß auswärtige Unterkunft nicht notwendig gewesen sei, da der Kläger täglich gependelt sei (Bescheid vom 14. Dezember 1978, Widerspruchsbescheid vom 6. April 1979). Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte in Abänderung der ergangenen Bescheide verurteilt, dem Kläger die Kosten für auswärtige Verpflegung zu erstatten und im übrigen die Klage abgewiesen (Urteil vom 9. Oktober 1979). Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) die Beklagte verurteilt, dem Kläger die angefallenen Kosten für Unterbringung und Verpflegung als sonstige Kosten zu erstatten und die verspätete Berufung der Beklagten unter Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen (Urteil vom 31. März 1981). Zur Begründung seines Urteils hat das LSG ausgeführt, die Berufung des Klägers sei statthaft; der Streit um Erstattung von Kosten auswärtiger Unterbringung sei kein Höhenstreit. Die Berufung sei auch begründet. Maßgebend sei § 45 Arbeitsförderungsgesetz (AFG), nicht §§ 56 ff AFG. Die Arbeitslosigkeit des Klägers, der bereits eine behindertengerechte Ausbildung erhalten habe, sei nicht auf die Behinderung, sondern auf die Arbeitsmarktlage zurückzuführen. Auch habe die LVA als zuständiger Rehabilitationsträger Leistungen abgelehnt, so daß die Beklagte nach § 57 AFG Rehabilitationsleistungen nicht habe erbringen dürfen. Nach § 45 AFG trage die Beklagte ganz oder teilweise die notwendigen Kosten, die durch eine Fortbildungs- oder Umschulungsmaßnahme unmittelbar entstanden seien, ua auch Kosten der Unterkunft und Mehrkosten der Verpflegung, wenn die Teilnahme an einer Maßnahme eine auswärtige Unterbringung erfordere. Diese Vorschrift habe die Beklagte durch die Anordnung über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung vom 23. März 1976 (ANBA 1976, 559) - AFuU - näher ausgestaltet. Nach § 16 Abs 3 AFuU übernehme die Beklagte die Kosten für Unterkunft und Verpflegung in voller Höhe, wenn die auswärtige Unterbringung notwendig sei und der Maßnahmeträger im Einvernehmen mit der Beklagten Unterkunft und Verpflegung bereitstelle. Auf diese Vorschrift könne sich der Kläger nicht stützen. Eine auswärtige Unterbringung sei dann notwendig, wenn ein tägliches Pendeln zwischen Wohn- und Maßnahmeort für den Maßnahmeteilnehmer nicht zumutbar sei. Der Kläger sei trotz der Möglichkeit einer internatsmäßigen Unterbringung täglich gependelt; er habe die Maßnahme auch erfolgreich abgeschlossen. Hieraus ergebe sich, daß eine auswärtige Unterbringung nicht notwendig gewesen sei. Nach § 18 Abs 2 Nr 1 AFuU würden jedoch sonstige Kosten, die durch die Teilnahme an einer Maßnahme unvermeidbar entstehen, in voller Höhe getragen, wenn die Voraussetzungen des § 44 Abs 2 AFG erfüllt seien. Der Kläger habe, wie sich aus einem Schreiben des Rehabilitationswerks vom 17. November 1977 an den Landeswohlfahrtsverband ergebe, den Ausbildungsplatz nur erhalten können, wenn er auch für Unterkunft und Verpflegung bezahle. Ihm sei daher mindestens der Teil der Vollpensionskosten (täglich 42,-- DM) unvermeidbar entstanden, den das Rehabilitationswerk für das Bereithalten eines Bettes berechne (täglich 33,60 DM). Dies gelte aber auch für den auf die Verpflegung entfallenden Teil (täglich 8,40 DM); denn ein wesentlicher Teil dieser Kosten entstehe durch das Vorhalten von Küche, Gerät und Personal. Die Tagessätze seien so knapp kalkuliert, daß Ausfälle nicht hingenommen werden könnten. Hieraus ziehe der Senat den Schluß, daß das Rehabilitationswerk den ganzen Tagessatz als Bereitstellungsgebühr verlange. Somit seien die 13.826,65 DM unvermeidbare sonstige, dh in den §§ 1 bis 17 AFuU nicht geregelte Kosten, die dem Kläger, dem das Uhg nach § 44 Abs 2 AFG bewilligt worden sei, durch die Teilnahme an der Maßnahme entstanden seien.
Die Beklagte rügt mit der Revision eine Verletzung der §§ 34, 45 AFG, § 18 AFuU und § 128 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG- und führt hierzu insbesondere aus: Trotz der vom Maßnahmeträger nachträglich gewählten Bezeichnung "Bereitstellungsgebühr" betreffe der Rechtsstreit Kosten für Unterkunft und Verpflegung iS des § 16 AFuU. Solche Kosten seien nur nach Maßgabe dieser Vorschrift zu übernehmen. Diese Regelung, deren Voraussetzungen nicht vorlägen, weil eine auswärtige Unterbringung nicht notwendig gewesen sei, sei abschließend; Kosten der Unterkunft und Verpflegung könnten nicht als "sonstige Kosten" erstattet werden. Andernfalls werde die in § 16 Abs 3 AFuU vorgesehene Selbstbeteiligung nicht wirksam. Es gälten die gleichen Grundsätze, die der erkennende Senat zum Verhältnis der geregelten benannten Leistungen zu den sonstigen Leistungen nach § 56 Abs 3 AFG entwickelt habe (Urteil vom 10. Dezember 1980 - 7 RAr 51/79 -). Selbst wenn dem nicht zu folgen wäre und, wie das LSG zu Unrecht angenommen habe, der Kläger die "Bereitstellungsgebühr" schulde, komme eine Übernahme nicht in Betracht. Maßnahmen, deren Teilnahmebedingungen knebelnde Vertragsstrafen vorsähen, seien nicht zu fördern. Gleiches müsse gelten, wenn ein Maßnahmeträger erkennbar seine vertraglichen Rechte extensiv zur unangemessenen Disziplinierung der Teilnehmer nutze. Kosten seien nicht notwendig, deren überflüssiges Entstehen der Teilnehmer selbst zu vertreten habe; hier fehle es an der Unmittelbarkeit und Unvermeidbarkeit. Im übrigen treffe es nicht zu, daß die "Bereitstellungsgebühren" unvermeidbar gewesen seien. Die Richtlinien des Maßnahmeträgers ließen zu, daß der Teilnehmer nicht im Wohnheim untergebracht werde, wenn er vor der Aufnahme der Ausbildung seinen Wohnsitz im Ort der Ausbildungsstätte oder in der nächsten Umgebung habe und das Pendeln weder die Gesundheit noch das Ausbildungsziel gefährde. Tatsächlich habe der Maßnahmeträger das Pendeln des Klägers geduldet. Die nachträgliche Forderung der "Bereitstellungsgebühr" erscheine auch nicht aus dem Vertragsverhältnis des Klägers berechtigt; dagegen spreche schon das Verhalten des Maßnahmeträgers. Es treffe schließlich nicht zu, daß der Maßnahmeträger gezwungen sei, wegen einer knappen Kalkulation die "Bereitstellungsgebühr" geltend zu machen. Das Rehabilitationswerk kalkuliere nicht mit einer Vollauslastung seiner Einrichtungen; es habe zudem die Möglichkeit, Defizite durch entsprechende Erhöhung der Tagessätze im nächsten Haushaltsjahr auszugleichen. Das LSG sei daher zu Unrecht davon ausgegangen, daß der Kläger den Ausbildungsplatz nur erhalten habe, wenn er sich zur Inanspruchnahme von Unterkunft und Verpflegung verpflichtet habe. Insoweit habe sich das LSG nach den Umständen gedrängt fühlen müssen, den tatsächlichen Inhalt der Richtlinien des Rehabilitationswerks durch unmittelbare Einsichtnahme festzustellen. Weil die Beklagte Kosten für Unterkunft und Verpflegung nur in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen übernehmen könne, seien Fälle denkbar, in denen am Maßnahmeort wohnenden Interessenten die Teilnahme verschlossen sei, weil sie zur internatsmäßigen Unterbringung gezwungen seien, die Beklagte die Kosten hierfür aber nicht übernehme. Dies habe das LSG nicht als selbstverständlich hinnehmen dürfen. Es habe auch berücksichtigen müssen, daß - wegen der Eigeninteressen des Rehabilitationswerkes am Obsiegen des Klägers - die zweckgerichteten lückenhaften Äußerungen des Rehabilitationswerks nicht ohne nähere Prüfung hätten übernommen werden können. Ebenfalls habe das LSG die vertragliche Verpflichtung des Klägers, die "Bereitstellungsgebühren" zu zahlen, nicht ohne nähere Prüfung annehmen dürfen. Der Kläger habe nur deshalb den Anspruch des Rehabilitationswerks nicht bestritten, weil er mit diesem bis zum Abschluß des vorliegenden Rechtsstreits ein Stillhalteabkommen erzielt habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts aufzuheben,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen und das
Urteil des Sozialgerichts dahin abzuändern, daß
die Klage in vollem Umfange abgewiesen wird,
und hilfsweise,
den Rechtsstreit unter Aufhebung des Urteils des
Landessozialgerichts an die Vorinstanz
zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Er nimmt auf das angefochtene Urteil Bezug.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet.
Zutreffend ist das LSG von der Zulässigkeit der Berufung, die das Revisionsgericht bei einer zulässigen Revision als eine von Amts wegen zu beachtende Verfahrensvoraussetzung zu prüfen hat (vgl für viele BSG SozR 1500 § 150 Nrn 11 und 18 mwN), hinsichtlich des Rechtsmittels der Beklagten ausgegangen. Diese Berufung unterfällt weder § 147 SGG noch § 144 Abs 1 Nr 2 SGG. Mit ihr wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung durch das SG, dem Kläger die Kosten für auswärtige Verpflegung im Rahmen des § 16 Abs 3 AFuU zu erstatten. Die Übernahme von Kosten für Unterkunft und Verpflegung bei der Förderung der individuellen beruflichen Fortbildung und Umschulung ist nicht Teil eines einheitlichen Anspruchs auf Übernahme notwendiger Kosten einer Bildungsmaßnahme. Wie der Senat wiederholt entschieden hat, sind in der Grundvorschrift des § 45 AFG eine Reihe einzelner Ansprüche zusammengefaßt angesprochen, die sowohl gegenüber sonstigen Ansprüchen im Rahmen des § 45 AFG als auch gegenüber dem Uhg einen selbständigen Charakter haben (BSGE 39, 119, 120 = SozR 4100 § 45 Nr 4; SozR 1500 § 162 Nr 4; SozR 1500 § 130 Nr 2; SozR 1500 § 144 Nr 16); gleiches gilt für Leistungen, die nach § 56 Abs 3 AFG die berufsfördernden Leistungen ergänzen. Die Beklagte wendet sich somit nicht gegen die Höhe der von ihr zu übernehmenden Kosten, sondern dagegen, daß sie überhaupt Kosten für (Unterkunft und) Verpflegung tragen soll. Ihre Berufung betrifft somit den Grund des geltend gemachten Anspruchs auf Übernahme von Kosten für auswärtige Unterkunft und Verpflegung, der mit Rücksicht auf die Dauer des Besuchs des Rehabilitationswerks durch den Kläger auf wiederkehrende Leistungen für einen Zeitraum von mehr als 13 Wochen (3 Monaten) gerichtet ist. Die genannten Berufungsausschlüsse greifen daher nicht Platz. Im übrigen sind keine Bedenken gegen die Berufung der Beklagten ersichtlich. Die der Beklagten gegen die Versäumung der Berufungsfrist im Urteil gewährte Wiedereinsetzung ist unanfechtbar, dh auch für das Revisionsgericht unüberprüfbar und bindend (§ 67 Abs 4 Satz 2 SGG; vgl BSGE 13, 61).
Das LSG hat die Berufung des Klägers als statthaft angesehen, weil der Streit um die Erstattung von Kosten auswärtiger Unterbringung kein Höhenstreit sei und diese Berufung daher nicht § 147 SGG unterfalle. Das ist nicht unbedenklich. Gehören die Kosten von Unterkunft und Verpflegung zur gleichen Kostenart, wofür § 45 und § 56 Abs 3 Nr 3a AFG sprechen, erstrebt der Kläger mit seiner Berufung nur mehr, als ihm das SG schon zugebilligt hat; vom Erfolg seiner Berufung ist es nicht abhängig, ob ihm ein Teil dieser Kostenart auszuzahlen bleibt. Doch kann diese Frage und die bisher ebenfalls noch nicht entschiedene Frage, ob § 147 SGG auch gilt, soweit Leistungen nach §§ 56 ff AFG in Betracht kommen (vgl dazu BSG SozR 1500 § 147 Nr 3 mwN), unentschieden bleiben; denn auch wenn das Rechtsmittel des Klägers als selbständige Berufung nicht statthaft ist, ist über das Berufungsbegehren in der Sache zu entscheiden. Das Berufungsbegehren einer selbständigen, aber nicht statthaften Berufung ist nämlich als unselbständige Anschlußberufung zu werten, sofern dies dem Willen des Beteiligten nicht widerspricht (vgl BSG SozR Nrn 8 und 13 zu § 521 ZPO; Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, 11. Aufl 1974, § 139 III 3). Die Voraussetzungen der auch im sozialgerichtlichen Verfahren zulässigen Anschlußberufung (seit BSGE 2, 229, 231 ständige Rechtsprechung) sind gegeben. Für sie gilt § 147 SGG nicht (BSG SozR 1750 § 522 Nr 1). Erforderlich ist lediglich, daß die selbständige Berufung des Gegners zulässig ist und die Anschlußberufung den gleichen prozessualen Anspruch betrifft (BSG aaO; ferner SozR Nr 12 zu § 521 ZPO), wie das hier der Fall ist, wenn ein Höhenstreit vorliegt. Es ist daher in jedem Falle auch über das Berufungsbegehren des Klägers in der Sache zu entscheiden.
Nicht zu beanstanden ist die Erwägung des LSG, daß der geltend gemachte Anspruch nicht auf die §§ 56 ff AFG (berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation) zu stützen ist. Nach § 57 AFG (idF des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation - RehaAnglG - vom 7. August 1974, BGBl I 1881) darf die Beklagte berufsfördernde und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation nur gewähren, sofern nicht ein anderer Rehabilitationsträger iS des RehaAnglG zuständig ist. Nach den Feststellungen des LSG, die nicht angegriffen worden sind, ist zuständiger Rehabilitationsträger die LVA Württemberg. Allein die Rehabilitationszuständigkeit eines anderen Rehabilitationsträgers für den Behinderten schließt Rehabilitationsleistungen der Beklagten aus; es ist nicht erforderlich, daß der zuständige Rehabilitationsträger solche Leistungen erbringt oder zu erbringen hat (BSGE 48, 92, 98 ff = SozR 2200 § 1236 Nr 15; SozR 4100 § 57 Nr 9; BSGE 50, 111 = SozR 4100 § 57 Nr 11). Es kann daher dahingestellt bleiben, ob berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation nach § 56 Abs 1 AFG, zu denen auch Hilfen zählen, die erforderlich sind, um die Erwerbsfähigkeit des Behinderten zu bessern, die infolge eingeschränkter Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt ist, dem Kläger nicht zustanden, weil er eine behindertengerechte Ausbildung schon erhalten hatte und seine Arbeitslosigkeit nicht auf Grund seiner Behinderung, sondern auf Grund der Arbeitsmarktlage eingetreten war, wie das LSG angenommen hat (vgl zur wiederholten Inanspruchnahme von Rehabilitationsleistungen Gagel/Jülicher, Kommentar zum AFG, § 56 Rdnr 12 sowie BSG SozR 2200 § 1236 Nr 5).
Ob die LVA als leistungspflichtiger anderer Versicherungsträger gem § 75 Abs 2 (2. Alternative) SGG zu dem Rechtsstreit hätte beigeladen werden müssen, bedarf keiner Entscheidung; denn nunmehr kommt eine Beiladung nicht mehr in Betracht. In Angelegenheiten der Bundesanstalt für Arbeit sind Beiladungen im Revisionsverfahren unzulässig (§ 168 SGG). Ob in der Unterlassung der Beiladung ein Verfahrensmangel des LSG zu erblicken ist, ist vom Senat nicht zu entscheiden. Ein solcher Mangel wäre nur zu berücksichtigen, wenn sich ein Beteiligter gem § 164 Abs 2 Satz 3 SGG hierauf berufen hätte, was jedoch nicht der Fall ist; die Unterlassung der Beiladung nach § 75 Abs 2 (2. Alternative) SGG ist im Revisionsverfahren nicht von Amts wegen zu berücksichtigen, wie schon früher entschieden worden ist (BSGE 1, 158, 159 f; 7, 269, 275). Zwar hat das Bundessozialgericht (BSG) unter Aufgabe seiner entgegenstehenden Ansicht (BSGE 13, 217, 220; 33, 99, 102) sich inzwischen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesfinanzhofs angeschlossen, daß das Unterlassen einer echten notwendigen Beiladung nach § 75 Abs 2 (1. Alternative) SGG bei einer zulässigen Revision von Amts wegen als Verfahrensmangel mit der Folge zu beachten ist, daß die Sache, soweit der Mangel reicht, zur Nachholung der Beiladung an das SG bzw LSG zurückzuverweisen ist (vgl BSG SozR 1500 § 75 Nrn 1, 4, 8, 10, 15, 20, 21, 29, 36 und 37). Für die unechte notwendige Beiladung nach § 75 Abs 2 (2. Alternative) SGG ist jedoch daran festzuhalten, daß ihre Unterlassung keinen so schwerwiegenden Verstoß gegen die Grundlagen des Verfahrens darstellt, daß sie in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu berücksichtigen wäre; die Unterlassung verletzt weder rechtsstaatliche Grundsätze des Verfahrens noch unabdingbare öffentliche Interessen. Die Beiladung des anderen leistungspflichtigen Versicherungsträgers (bzw des leistungspflichtigen Landes) ist lediglich aus prozeßökonomischen Gründen vorgeschrieben. Sie soll ermöglichen, rasch zu einer Sachentscheidung zu kommen; deshalb sieht § 75 Abs 5 SGG vor, daß der beigeladene Versicherungsträger bzw das beigeladene Land verurteilt werden können. Auf diese Weise wird ein neuer Rechtsstreit und die Gefahr widersprechender abweisender Entscheidungen vermieden. Mit der Beiladung wird daher in diesen Fällen der Sache nach von Amts wegen eine Klagänderung ermöglicht, so daß nunmehr hilfsweise auch die Verurteilung des Beigeladenen begehrt werden kann, selbst wenn das für eine Klage gegen den Beigeladenen an sich erforderliche Vorverfahren nicht stattgefunden hat. Zielt somit die Beiladung nach § 75 Abs 2 (2. Alternative) SGG auf die Klageänderung ab, hindert ihre Unterlassung nicht die formell und materiell rechtskräftige, wirksame und endgültige Entscheidung über den vom Kläger gegen den Beklagten geltend gemachten ursprünglichen Anspruch (so zutreffend Rohwer-Kahlmann, Kommentar zum SGG, § 75 Rdnrn 100 und 104, 1973; Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 2. Auflage 1981, § 75 Rdnr 13; Hennig/Danckwerts/König, Kommentar zum SGG, § 75 Anm 7). Anders als in den Fällen des § 75 Abs 2 (1. Alternative) SGG ist die Beiladung daher nicht unabdingbar, um eine wirksame endgültige Entscheidung über den Streitgegenstand herbeizuführen. Ist daher die Unterlassung der unechten notwendigen Beiladung nicht von Amts wegen zu berücksichtigen, stellt sich nicht die streitige Frage, ob eine Verurteilung des beigeladenen Versicherungsträgers nach § 75 Abs 5 SGG ausgeschlossen ist, wenn, wie das hier der Fall ist, der Versicherungsträger Leistungen bindend abgelehnt hat (vgl BSGE 50, 111, 114 = SozR 1500 § 181 Nr 1; aA BSG SozR 1500 § 75 Nr 38) und ob die Notwendigkeit der Beiladung etwa deshalb entfällt.
Es besteht auch keine Veranlassung, wegen der Entscheidung der LVA gem § 181 SGG zu verfahren. Nach dieser Vorschrift hat das BSG, das die Klage gegen einen Versicherungsträger ablehnen will, weil es einen anderen Versicherungsträger für leistungspflichtig hält, obwohl dieser bereits den Anspruch endgültig abgelehnt hat, den anderen Versicherungsträger zu verständigen und unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide den Leistungspflichtigen zu bestimmen. Voraussetzung des § 181 SGG ist jedoch, daß die frühere (bindend oder rechtskräftig gewordene) Entscheidung ihrem materiellen Inhalt nach der nunmehr zu treffenden Entscheidung widerspricht (vgl BSGE 50, 111, 115 = SozR 1500 § 181 Nr 1; SozR 1500 § 75 Nr 38). An diesem Widerspruch fehlt es im vorliegenden Falle. Die LVA hat zwar berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation abgelehnt, jedoch nicht, weil sie sich nicht als den zuständigen Rehabilitationsträger angesehen hat, sondern weil eine Umschulung nicht erforderlich sei. Es besteht somit kein Widerspruch zwischen der Entscheidung und dem vorliegenden Urteil des Senats, das ebenfalls von der Rehabilitationszuständigkeit der LVA ausgeht und deshalb Ansprüche des Klägers auf berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation gegen die Beklagte gem § 57 AFG verneint.
Auf § 45 AFG und die Vorschriften der AFuU kann entgegen der Ansicht des LSG der geltend gemachte Anspruch ebenfalls nicht gestützt werden.
Nach § 45 Satz 1 AFG in der bis zum 31. Dezember 1977 geltenden Fassung (des Art 1 § 1 Nr 8 des Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur im Geltungsbereich des Arbeitsförderungs- und des Bundesversorgungsgesetzes - HStruktG-AFG - vom 18. Dezember 1975, BGBl I 3113) trägt die Beklagte ganz oder teilweise die notwendigen Kosten, die durch die Fortbildungsmaßnahme unmittelbar entstehen, ua für Personen, die nicht allein stehen, Kosten der Unterkunft und Verpflegung, wenn die Teilnahme an einer Maßnahme auswärtige Unterbringung erfordert. Das am 1. Januar 1978 in Kraft getretene Vierte Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes (vom 12. Dezember 1977, BGBl I 2557) hat durch Art 1 Nr 2 die Worte "für Personen, die nicht allein stehen" gestrichen und hinter den Worten "Unterkunft und" die Worte "Mehrkosten der" eingefügt. Die Änderung sollte ermöglichen, auch Alleinstehenden Kosten bei auswärtiger Unterbringung, ggf beschränkt auf die Unterkunftskosten, zu erstattet (vgl Begründung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks 8/857 S 8). Nach beiden im Falle des Klägers anwendbaren Fassungen des Gesetzes muß es sich um notwendige Kosten handeln, die ohne die Teilnahme an der Maßnahme nicht entstanden wären (vgl BSGE 38, 109, 116 = SozR 4100 § 44 Nr 1; BSGE 38, 292, 295 = SozR 4100 § 45 Nr 3; SozR 4100 § 45 Nr 6). Gewöhnliche Kosten der Unterkunft und Verpflegung zählen hierzu nicht, da solche Kosten auch ohne die Bildungsmaßnahme anfallen. Kosten für Unterkunft und Verpflegung trägt die Beklagte nach beiden Gesetzesfassungen daher nur, wenn die Teilnahme an einer Maßnahme auswärtige Unterbringung erfordert. Entsprechend sieht § 16 Abs 1 AFuU (vom 23. März 1976, ANBA 1976, 559; ab 1. Januar 1978 idF der 3. Änderungsanordnung vom 6. April 1978, ANBA 1978, 731) die Übernahme der Kosten für Unterkunft und Verpflegung nach Maßgabe von § 16 Abs 2 und 3 AFuU vor, wenn eine auswärtige Unterbringung notwendig ist. Auswärtige Unterbringung ist erforderlich ("notwendig"), wenn die Bildungsmaßnahme nicht am Wohnort des Teilnehmers stattfindet und ihm auch nicht zugemutet werden kann, den Ort der Bildungsmaßnahme von seinem Wohnort aus durch tägliches Pendeln zu erreichen (BSGE 39, 119, 120 = SozR 4100 § 45 Nr 4; vgl zu BT-Drucks V/4110 S 10 zu § 44 AFG). Nach den tatsächlichen, nicht angegriffenen Feststellungen des LSG, an die der Senat gebunden ist (§ 163 SGG), war dem Kläger das Pendeln zuzumuten. Auswärtige Unterbringung ist ferner erforderlich, wenn eine internatsmäßige Unterbringung notwendig ist, dh aus pädagogischen Gründen eine Unterbringung erfolgt, um die Maßnahmeteilnehmer über die eigentliche Unterrichtszeit hinaus mit Anregungen, Nachhilfen und im Hinblick auf das Maßnahmeziel zu fördern; die Übernahme der Kosten für Unterkunft und Verpflegung sieht § 16 Abs 1 AFuU im Ausnahmefalle sogar vor, wenn die internatsmäßige Unterbringung am Wohnort des Teilnehmers erfolgt. Auch eine solche internatsmäßige Unterbringung war nicht erforderlich; andernfalls hätte das Rehabilitationswerk darauf gedrungen, daß der Kläger die ihm gebotene Unterbringungsmöglichkeit in W. auch tatsächlich in Anspruch nimmt. Damit steht dem Kläger, wie das LSG nicht verkannt hat, nach § 45 AFG, § 16 AFuU ein Anspruch auf die Übernahme von Kosten für Unterkunft und Verpflegung nicht zu.
Das LSG hat gemeint, der geltend gemachte Anspruch ergebe sich aus § 45 AFG, § 18 AFuU. Das ist unzutreffend. Nach § 18 Abs 1 AFuU werden sonstige Kosten bis zur Höhe von 150,-- DM getragen und nach § 18 Abs 2 AFuU in voller Höhe, wenn der Antragsteller die Voraussetzungen des § 44 Abs 2 AFG erfüllt oder wegen einer Behinderung nur an einer Maßnahme in einer Rehabilitationsstätte teilnehmen kann, ohne daß ein Anspruch auf Förderung nach der Anordnung über Arbeits- und Berufsförderung Behinderter besteht. Der § 18 AFuU ist eine Auffangvorschrift. Sie erfaßt nur solche Kosten, die die AFuU nicht schon an anderer Stelle geregelt hat. Eine Anwendung des § 18 AFuU darf nicht dazu führen, daß Kosten übernommen werden, obwohl die AFuU ihre Übernahme nur teilweise vorsieht oder gar ausschließt. Sonstige Kosten, die die Beklagte hiernach zu übernehmen hat, können ferner nur solche Kosten sein, deren Übernahme § 45 AFG ermöglicht; denn die §§ 11 - 18 AFuU können nur den Rahmen ausfüllen, den § 45 AFG hinsichtlich der dort angesprochenen Kosten der Rechtsetzungsbefugnis des Anordnungsgebers überlassen hat. Bei der Auslegung der §§ 16, 18 AFuU ist daher zu beachten, daß die in § 45 AFG getroffene Regelung der Übernahme von Kosten für Unterkunft und Verpflegung die Erstattung jeglichen sonstigen Mehraufwands an Verpflegungs- und Unterhaltskosten einschränkt (BSGE 39, 119, 120 = SozR 4100 § 45 Nr 4). Dies verbietet nicht nur die Erstattung von Kosten für Unterkunft und Verpflegung in anderen Fällen, sondern erst recht die Erstattung von Kosten, die anstelle von Kosten für Unterkunft und Verpflegung erhoben werden, wenn die Teilnahme an der Maßnahme auswärtige Unterbringung nicht erfordert. Die Übernahme solcher Kosten kann die Beklagte in ihren Anordnungen nicht vorsehen. Daher dürfen sowohl die Kosten für Unterkunft und Verpflegung als auch für das Bereithalten von Unterkunft und Verpflegung entgegen der Ansicht des LSG nicht als sonstige erstattungsfähige Kosten iS des § 18 AFuU angesehen werden.
Ergibt sich somit, daß eine Übernahme der dem Kläger vom Rehabilitationswerk in Rechnung gestellten 13.826,65 DM durch die Beklagte schon nach § 45 AFG, §§ 16, 18 AFuU nicht in Betracht kommt, kann dahingestellt bleiben, ob die Feststellung, dem Kläger seien durch die Teilnahme an der Maßnahme unvermeidbar die Kosten von 13.826,65 DM entstanden, verfahrensfehlerfrei zustande gekommen ist. Ebenfalls bedarf es keiner Erörterung, ob die Förderung der Teilnahme des Klägers an den beiden Bildungsmaßnahmen und damit auch der geltend gemachte Anspruch daran scheitert, daß die Teilnahmebedingungen des Rehabilitationswerks unangemessen waren, wenn das Rehabilitationswerk Kosten für auswärtige Unterbringung und Verpflegung verlangte, obwohl eine Unterbringung des Klägers in W. nicht erforderlich war.
Die Revision der Beklagten hat daher Erfolg, die angefochtenen Urteile sind somit aufzuheben; die Berufung des Klägers gegen das Urteil erster Instand ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen