Leitsatz (amtlich)

1. Eine "Strahlenbehandlung" iS der GOÄ Nummern 1005 ff ist - auch bei Verteilung auf mehrere Sitzungen (Bestrahlungsserie) - erst abgeschlossen, wenn diejenige Strahlenmenge verabfolgt ist, die im Einzelfall zur Erzielung einer optimalen Heilwirkung erforderlich ist. Für eine einzige durchlaufende Bestrahlungsserie können deshalb nicht mehrere Gebühren angesetzt werden.

2. Zur Eingriffsbefugnis der Gerichte in das Tarifgefüge einer - von den Organen der kassenärztlichen Selbstverwaltung beschlossenen - Gebührenordnung.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die zur Überwachung der Wirtschaftlichkeit der kassenärztlichen Versorgung nach RVO § 368a Abs 4 gebildeten Prüfungs- und Beschwerdeausschüsse haben nicht darüber zu entscheiden, nach welchen Gebührenansätzen bestimmte kassenärztliche Leistungen abzurechnen sind; insoweit ist der Vorstand einer KÄV zur Entscheidung berufen.

2. Eine Strahlenbehandlung iS der GOÄ Nr 998 ff ist eine einheitliche, in der Regel eine Vielzahl von Bestrahlungen (Sitzungen) umfassende Gesamtleistung; die Behandlungsgebühr ist erst verdient, wenn dem Patienten die, bezogen auf die individuelle Strahlenverträglichkeit, optimale Strahlenmenge (Heilwirkungsdosis) verabreicht würde.

3. Die Organe der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen können in normativen Regelungen die einzelnen kassenärztlichen Leistungen inhaltlich beschreiben, gegeneinander abgrenzen und bewerten; nur ausnahmsweise und in engen Grenzen dürfen die Gerichte in eine solche Regelung eingreifen.

 

Normenkette

RVO § 368g Abs. 1 Fassung: 1955-08-17, § 368f Fassung: 1955-08-17; GOÄ Nrn. 1005, 1010; RVO § 368a Abs. 4

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 27. September 1974 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger, der als Radiologe an der kassenärztlichen Versorgung teilnimmt, wendet sich gegen eine Berichtigung seiner Honorarforderungen im Bereich der RVO-Krankenkassen für die Quartale I/67 bis II/69. Die Honorarberichtigung - durch den Vorstand der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung - betrifft Kobaltbestrahlungen bösartiger Geschwülste (Nummern 1005 ff der Gebührenordnung für Ärzte - GOÄ -). Sie ist erfolgt, weil der Kläger auch bei Bestrahlungen, die in einer einzigen, fortlaufenden Serie durchgeführt wurden, in einer Reihe von Fällen die entsprechende Gebühr der GOÄ mehrfach angesetzt hatte: Dazu sei er nicht berechtigt gewesen, denn es gehöre zum Wesen der Strahlentherapie, bis zur Toleranzgrenze zu bestrahlen; erst wenn diese Grenze erreicht sei, könne - unabhängig von der jeweils angewandten Methode - eine Behandlung abgerechnet werden; ein erneuter Gebührenansatz komme nur in Ausnahmefällen bei Rezidiven, d. h. nach Ablauf einer längeren Zeit, in Frage; eine Gebühr nach Nr. 1010 GOÄ sei entgegen der Ansicht des Klägers nur bei Fern- oder Spätmetastasen abrechenbar (Bescheid vom 1. April und Widerspruchsbescheid vom 2. Juni 1970).

Das Sozialgericht (SG) und das Landessozialgericht (LSG) haben die Klage für unbegründet gehalten. Nach Ansicht des LSG war der Vorstand der Beklagten für den Erlaß der Bescheide zuständig. Die Honorarkürzung sei nach den Bestimmungen der GOÄ und ihrer Kommentierung durch Brück auch berechtigt gewesen. Anders als das frühere Recht stelle die GOÄ - wie schon die Ersatzkassen - Adgo von 1960 - bei den Gebühren für strahlentherapeutische Leistungen nicht mehr auf die jeweils verabfolgte Strahlenmenge (Wirkungsdosis) ab, sondern auf die Strahlenbehandlung als solche; diese sei aber erst nach Applizierung der im Einzelfall optimalen Strahlendosis abgeschlossen, erst dann - und nach einer mehrwöchigen Bestrahlungspause - könne eine neue Behandlung, die einen neuen Gebührenanspruch auslöse, beginnen; deshalb sei nur eine Gebühr zu zahlen, wenn die Gesamtstrahlendosis - im Gegensatz zu dem heute wohl noch gebräuchlichsten Behandlungsverfahren mit zwei Bestrahlungsserien im Abstand von zwei bis sechs Monaten oder einem Verfahren mit drei bis vier Serien innerhalb eines Jahres - in einer einzigen, sich über mehrere Monate erstreckenden Bestrahlungsserie verabreicht werde. Daß der Kläger heute generell höhere Strahlendosen verabfolge als bei Schaffung der GOÄ üblich gewesen sei, gebe ihm keinen Anspruch auf eine zweite oder dritte Gebühr, sondern könne allenfalls eine Gebührenanpassung erforderlich machen, für die aber ein besonderes Verfahren vorgesehen sei. Die Gerichte seien zu einer entsprechenden Änderung der GOÄ weder befähigt noch befugt, selbst wenn etwa heute bestimmte Behandlungsmethoden "unterbezahlt" sein sollten. Im übrigen sei insoweit eine Vielzahl unterschiedlicher Faktoren zu berücksichtigen. Die Gebühr nach Nr. 1010 GOÄ sei dem Kläger mit Recht gestrichen worden, soweit er keine Fern- oder Spätmetastasen bestrahlt habe (Urteil vom 27. September 1974).

Der Kläger hat die zugelassene Revision eingelegt und ausgeführt: Durch die Honorarkürzung werde sein Anspruch auf eine angemessene Vergütung seiner Leistungen (§ 368 g Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung - RVO -) verletzt; das zeige besonders ein Vergleich mit der Honorierung einfacher Rotlichtbestrahlungen. Bei Ausübung der - mit hohen Anschaffungs- und Unterhaltungskosten verbundenen Strahlentherapie entstünden ihm nach der derzeitigen Vergütungsregelung sogar beträchtliche Defizite, die er nur durch Gewinne im Bereich der Diagnostik ausgleichen könne. Mit dieser Regelung habe deshalb die Beklagte ihren Ermessensspielraum willkürlich überschritten und gegen Verfassungsgrundsätze (Art. 12 und 14 Grundgesetz - GG -) verstoßen. Er, der Kläger, kämpfe seit fast zehn Jahren um eine strukturelle Verbesserung der Gebühren in der Strahlentherapie, ein längeres Abwarten sei ihm nicht zuzumuten. Die Ausführungen des LSG über die Häufigkeit der verschiedenen Bestrahlungsmethoden und der dabei verabreichten Strahlendosen beruhten auf einer unzureichenden Aufklärung des Sachverhalts, zu Unrecht habe das LSG auch unterlassen, Ermittlungen über die Höhe seines Kostendefizits anzustellen. Unberechtigt sei schließlich die Streichung der Nr. 1010 GOÄ.

Der Kläger beantragt,

die Urteile der Vorinstanzen und die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Sie hält die streitige Gebührenregelung für gerichtlich nicht überprüfbar. Eine Ausnahme könne nur bei einem - hier nicht vorliegenden - eklatanten Mißverhältnis zwischen Leistung und Vergütung gelten. Im übrigen müsse die Gebührenordnung als ein zusammenhängendes Ganzes gesehen werden. Was die behaupteten Defizite angehe, trage der Kläger als freiberuflich tätiger Arzt auch das Unternehmerrisiko für etwaige Fehlinvestitionen.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die streitigen Bescheide der Beklagten, mit denen - soweit sie jetzt noch angefochten sind - der mehrfache Ansatz einer Bestrahlungsgebühr für eine einheitliche ("durchgehende") Bestrahlungsserie gestrichen worden ist, sind rechtmäßig.

Die Bescheide sind entgegen der - im Revisionsverfahren allerdings nicht mehr vorgetragenen - Ansicht des Klägers zu Recht vom Vorstand der Beklagten erlassen worden. Wie der Senat schon früher entschieden hat, haben die zur Überwachung der Wirtschaftlichkeit der kassenärztlichen Versorgung gebildeten Prüfungs- und Beschwerdeausschüsse (§ 368 n Abs. 4 RVO) nicht darüber zu entscheiden, nach welchen Gebührenansätzen bestimmte kassenärztliche Leistungen bei der Honorarverteilung abzurechnen sind (BSG 27, 146). Das gleiche gilt, wenn, wie hier, der mehrfache Ansatz einer Gebührenposition streitig ist. Darüber hatte bei der Beklagten während der fraglichen Zeit nach den - insoweit für den Senat nicht revisiblen (§ 162 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) - Feststellungen des LSG der Vorstand zu entscheiden. Daß dieser auch als Widerspruchsstelle bestimmt werden darf, hat das LSG zutreffend angenommen (vgl. BSG 27, 146, 148).

Auch in der Sache ist der Senat dem Urteil des LSG beigetreten. Nach dem Honorarverteilungsmaßstab (HVM) der Beklagten, der in den hier in Betracht kommenden Abrechnungsquartalen (I/67 bis II/69) anzuwenden war, wurden die ärztlichen Leistungen nach der Gebührenordnung für Ärzte vom 18. März 1965 in der jeweils gültigen Fassung vergütet. Für Leistungen der "Röntgentherapie, Anwendung des Teilchenbeschleunigers, Telecurie-Therapie" (Abschnitt XIV des Gebühren-Verzeichnisses der GOÄ) richtete sich die Honorierung deshalb nach den Nummern 998 ff GOÄ. Diese enthalten in 22 Positionen Gebühren für verschiedene Arten einer "Strahlenbehandlung", insbesondere von bösartigen Geschwülsten (Nummern 1005 bis 1010).

Wie das LSG im Anschluß an Brück (Kommentar zur GOÄ, 3. Aufl., S. 601 ff; im wesentlichen unverändert übernommen in seinem Kommentar zum Bewertungsmaßstab/Ärzte, 2. Aufl., S. 1071 ff) überzeugend dargelegt hat, ist der Begriff der "Strahlenbehandlung" - in Abkehr von dem früheren Gebührenrecht, das von der verabfolgten "Wirkungsdosis" ausging und danach die Höhe der Vergütung bemaß - bewußt gewählt worden, um damit die Behandlung als eine einheitliche, in der Regel eine Vielzahl von einzelnen Bestrahlungen (Sitzungen) umfassende Gesamtleistung zu kennzeichnen. Als "Bestrahlungsserie" - im Gegensatz zur sog. "Einzeitbestrahlung" (vgl. Ziffer 999 GOÄ) - brauchen dabei die einzelnen Bestrahlungen nicht notwendig in einem engen zeitlichen Zusammenhang zu erfolgen. Auch eine durch kürzere Behandlungspausen unterbrochene Serie ist noch eine einzige "Strahlenbehandlung", wenn und solange sie dazu dient, dem Kranken die unter den gegebenen Verhältnissen, insbesondere nach seiner individuellen Strahlenverträglichkeit optimale Strahlenmenge (Heilwirkungsdosis) zu verabfolgen. Bis zur Erreichung dieser "Toleranzgrenze" liegt mithin eine einheitliche, auf einen mehr oder minder langen Zeitraum verteilte ("fraktionierte") Strahlenbehandlung vor; dabei kommt es nicht auf die Zahl der erforderlichen Sitzungen und der insgesamt verabreichten Strahlenmenge an (vgl. hierzu vor allem Brück aaO).

Einer in diesem Sinn einheitlichen Behandlung entspricht eine einheitliche Behandlungsgebühr. Auch sie ist deshalb grundsätzlich unabhängig von der Zahl und dem zeitlichen Zusammenhang der einzelnen Bestrahlungen sowie der verabfolgten Strahlenmenge. Erst wenn mit der Applikation der optimalen Strahlendosis der Zweck der Behandlung erreicht ist, ist die Gebühr verdient. Entsprechend definiert die Ersatzkassen-Adgo für ihren Anwendungsbereich als "Leistungserfordernis" bei Bestrahlungen bösartiger Geschwülste, daß "Geschwulst und ggf. regionales Lymphstromgebiet in fraktionierter Bestrahlungsserie eine Gesamtdosis erhalten haben, mit der die Belastbarkeit des durchstrahlten Gewebes soweit ausgenutzt ist, daß eine weitere kontinuierliche Erhöhung dieser Gesamtdosis erfahrungsgemäß die Gefahr einer bleibenden Gewebsschädigung außerhalb der Geschwulst bedeuten würde, die angesichts des Behandlungszieles nicht hingenommen werden kann" (Allgemeine Bestimmungen vor Nummern 976 ff, Buchst. a 1). Inwieweit dabei der behandelnde Arzt durch die Wahl des von ihm angewendeten Behandlungsverfahrens das Ziel und damit den Abschluß der Strahlenbehandlung bestimmen, die Gesamtstrahlendosis u. U. also auf mehrere Serien verteilen kann, braucht der Senat hier nicht zu entscheiden; in jedem Falle würde er als Kassenarzt insoweit dem Gebot der Wirtschaftlichkeit der Behandlung und des Behandlungsverfahrens unterliegen (§ 182 Abs. 2, § 368 e RVO). Im vorliegenden Fall hat der Kläger nach den Feststellungen des LSG die jetzt noch streitigen Leistungen in jeweils einheitlichen, fortlaufenden Bestrahlungsserien erbracht. Für jede dieser Behandlungen steht ihm deshalb nur eine einzige Gebühr nach Nummern 1005 ff GOÄ zu.

Der Kläger hält diese Vergütung für unangemessen niedrig, namentlich im Vergleich mit der Honorierung einfacher Rotlichtbestrahlungen; da das Honorar nicht einmal seine Unkosten decke, überschreite die Honorierungsregelung den der Beklagten gezogenen Ermessensspielraum und verstoße auch gegen Vorschriften des Grundgesetzes (GG). Dem kann der Senat nicht folgen.

In welcher Weise die Kassenärztliche Vereinigung die von den Krankenkassen entrichtete Gesamtvergütung unter die Kassenärzte zu verteilen hat, bestimmt § 368 f Abs. 1 RVO. Danach muß die Verteilung aufgrund eines Verteilungsmaßstabes erfolgen, der inhaltlich den Anforderungen entspricht, die § 368 f Abs. 1 Satz 4 vorschreibt: Bei der Verteilung sind Art und Umfang der Leistungen des Kassenarztes zugrunde zu legen; eine Verteilung der Gesamtvergütung nach der Zahl der Behandlungsfälle (Krankenscheine) ist nicht zulässig. Diesen Anforderungen genügt der HVM der Beklagten für die streitigen Leistungen in den fraglichen Zeiträumen. Die Beklagte hatte damals - wie andere Kassenärztliche Vereinigungen - noch kein eigenes System für die Bewertung der ärztlichen Leistungen geschaffen; der HVM verwies insoweit vielmehr auf die - in erster Linie für den privatärztlichen Bereich als Rechtsverordnung erlassene - GOÄ. Erst seit der Vereinbarung der beiderseitigen Spitzenorganisationen über Grundsätze für die Berechnung der kassenärztlichen Gesamtvergütung vom 25. Februar 1971 (DOK 1971, 201) haben die Vertragspartner schrittweise einen eigenen Bewertungsmaßstab für kassenärztliche Leistungen entwickelt, der nunmehr - soweit dies, wie üblich, im jeweiligen HVM bestimmt ist - auch für die Honorarverteilung unter die Kassenärzte gilt.

Wie in diesen normativen Regelungen - der GOÄ oder jetzt dem kassenärztlichen Bewertungsmaßstab - die einzelnen Leistungen inhaltlich beschrieben, gegeneinander abgegrenzt und in ihrer relativen Wertigkeit festgelegt werden, ist grundsätzlich Sache der zur Rechtsetzung berufenen Organe. Diese können, wie der Senat in anderem Zusammenhang ausgeführt hat, alle insoweit maßgebenden Umstände gebührend berücksichtigen, zumal wenn sie - wie die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung bei Beschlüssen über die Verteilung der Gesamtvergütung - aufgrund ihrer personellen Zusammensetzung die Sachkunde besitzen, um selbst die Wertigkeit der Leistungen richtig zu beurteilen und widerstreitende Interessen auszugleichen (BSG 27, 146, 152 f). Ein solches System autonomer Leistungsbewertung kann nur funktionieren, wenn Eingriffe von außen grundsätzlich unterbleiben. Das gilt auch für Eingriffe durch die Gerichte, die im übrigen nicht das ganze Bewertungssystem in ihre Beurteilung einbeziehen könnten, sondern sich auf die jeweils streitigen Leistungen und damit auf eine mehr oder weniger "punktuelle" Entscheidung beschränken müßten. Daß dies leicht zu Störungen des - als ausgewogen vorauszusetzenden - Tarifgefüges führen könnte, liegt auf der Hand. Auch die Gerichte dürfen deshalb nur ausnahmsweise und in engen Grenzen eingreifen, sofern nämlich die Selbstverwaltungsorgane ihren Regelungsspielraum überschritten oder ihre Bewertungskompetenz mißbräuchlich ausgeübt haben, insbesondere wenn sie sich bei dem ihnen aufgetragenen Interessenausgleich von sachfremden Erwägungen haben leiten lassen, indem sie etwa eine ärztliche Minderheitsgruppe bei der Honorierung willkürlich benachteiligt haben. Von solchen oder ähnlichen Fällen abgesehen, in denen die Überschreitung der "Ermessensgrenzen" rechtlich faßbar wird, haben auch die Gerichte die Regelungen der Selbstverwaltungsorgane als für sie maßgebend hinzunehmen.

Daß im vorliegenden Fall die zuständigen Organe bei der Bewertung der streitigen Leistungen ihren Regelungsspielraum nicht überschritten haben, hat das LSG zutreffend entschieden. Die Frage nach der "richtigen" Bewertung radiologischer Leistungen - etwa im Verhältnis zu den vom Kläger erwähnten Rotlichtbestrahlungen - ist von so vielen Umständen abhängig, daß es nur eine einzige, in einem logischen Subsumtionsverfahren zu gewinnende Entscheidung nicht geben kann, zumal radiologische Leistungen anders als die meisten sonstigen ärztlichen Leistungen als Gesamtleistung vergütet werden. Für die Annahme aber, daß die Bewertung - unter bewußter Vernachlässigung der Interessen einer ärztlichen Minderheitsgruppe - willkürlich zu niedrig erfolgt sei, gibt es keine genügenden Anhaltspunkte.

Das LSG ist mit Recht auch dem Vorbringen des Klägers nicht nachgegangen, die gegenwärtige Honorierung seiner Strahlentherapie decke nicht einmal seine Unkosten. Sollte dies tatsächlich zutreffen, könnten dafür Gründe vorliegen, die mit der Honorierung der Leistungen nicht zusammenzuhängen brauchen (beispielsweise die Organisation der Praxis, die Anschaffungskosten und der Auslastungsgrad der Geräte). Aus der mangelnden Rentabilität einer Arztpraxis oder eines einzelnen Behandlungsbereichs lassen sich deshalb kaum Rückschlüsse auf die Angemessenheit der Honorierung ziehen; im übrigen gehört die Rentabilität der Praxis zum Berufsrisiko des freiberuflich tätigen Arztes, wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat.

Die Höhe der Gebühren für Strahlenbehandlungen scheint seiner Zeit wesentlich danach bemessen worden zu sein, wieviel Bestrahlungen erfahrungsgemäß im Rahmen einer Strahlenbehandlung (Serie) durchschnittlich erforderlich sind, um die beabsichtigte Wirkung zu erreichen (vgl. Brück aaO S. 602 bzw. 1072). Sollten sich diese Erfahrungswerte inzwischen erheblich erhöht haben und ein Ausgleich nicht in anderer Weise, insbesondere durch eine Änderung der Behandlungsmethoden (z. B. durch Verteilung der Gesamtstrahlendosis auf mehrere Behandlungsserien) eingetreten sein, dann könnte allerdings eine Anpassung der Gebührensätze erforderlich werden. Dafür wäre aber in erster Linie der in § 5 der genannten Vereinbarung vom 25. Februar 1971 gebildete Ausschuß der Vertragspartner zuständig (vgl. besonders § 5 Abs. 2 Buchst. b der Vereinbarung). Erst wenn dieser Ausschuß trotz eines eindeutig feststellbaren Anpassungsbedürfnisses und auch nach Ablauf eines ausreichend bemessenen Ermittlungs- und Entscheidungszeitraums nicht tätig geworden sein sollte, könnte ersatzweise ein Eingreifen der Gerichte in Betracht gezogen werden. Daß die genannten Voraussetzungen hier gegeben sind, hat der Kläger selbst nicht vorgetragen. Wie seinem Revisionsvorbringen, er kämpfe seit fast 10 Jahren um eine strukturelle Verbesserung in der Vergütung radiologischer Leistungen, zu entnehmen ist, geht es ihm nicht so sehr um eine Anpassung der Gebühren als vielmehr um eine Neubewertung der - seiner Ansicht von Anfang an unterbewerteten - Leistungen.

An eine Gebührenanpassung wäre ferner zu denken, wenn sich die - in der medizinischen Wissenschaft anerkannte - Auffassung über die zweckmäßigste Methode der Strahlenbehandlung im letzten Jahrzehnt wesentlich geändert hätte, etwa in einer nicht unerheblichen Zahl von Fällen die früher auf mehrere Bestrahlungsserien verteilte Behandlung nunmehr - trotz Abgabe der gleichen oder sogar höheren Strahlendosis - in einer einzigen Serie durchgeführt würde. Auch in dieser Hinsicht bieten indessen die Feststellungen des LSG keine ausreichend konkreten Anhaltspunkte.

Nicht zu beanstanden ist schließlich die Entscheidung des LSG, daß dem Kläger bei Kobaltbestrahlungen außerhalb der Nummern 1007 bis 1010 GOÄ (Bestrahlungen bestimmter Geschwülste oder ihrer Fern- bzw. Spätmetastasen) kein Telecurie-Zuschlag zusteht, selbst wenn die Kobalttherapie inzwischen auch in anderen Bereichen als denen der genannten Ziffern angewendet werden sollte. Ob und in welchem Umfang ein solcher Zuschlag zu zahlen ist, muß grundsätzlich, d. h. mit den vom Senat gemachten Einschränkungen, der Entscheidung der zuständigen Bewertungsorgane vorbehalten bleiben. Auch insoweit kann eine willkürliche Ausübung der autonomen Regelungsbefugnis bisher nicht festgestellt werden.

Da die Entscheidung des LSG sich nach allem als richtig erweist, hat der Senat die Revision des Klägers als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1648023

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