Entscheidungsstichwort (Thema)

Geschiedenenwitwenrente. Unterhaltsleistung zur Zeit des Todes. Höhe. Berechnungsmethode. Rechtsprechung des BGH. Übergang von Teilzeit- zu fiktiver Vollzeittätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Ermittlung des Unterhalts iS von § 1265 S 1 RVO bei fiktivem Übergang der Unterhaltsberechtigten von Teilzeitarbeit während der Ehe zu ihr zuzumutender Vollzeittätigkeit.

 

Orientierungssatz

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist als Unterhalt iS von § 1265 RVO nur ein Betrag anzusehen, der 25 vH der zur Zeit des Todes des Versicherten örtlich gültigen Regelsätze der Sozialhilfe erreicht (vgl BSG 7.9.1982 1 RA 87/80 = SozR 2200 § 1265 Nr 65).

2. Zur Frage, ob bei Berechnung des Unterhaltsanspruchs der sogenannten Anrechnungsmethode des BSG zu folgen ist oder ob die sogenannte Differenzmethode des BGH anzuwenden ist, wenn beide Ehegatten während der Ehe Einkommen aus Erwerbstätigkeit bezogen haben.

3. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG bedeuten die Worte "zur Zeit des Todes" in § 1265 S 1 RVO den letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tode des Versicherten. Die als Ersatz für den wirtschaftlichen Dauerzustand der Unterhaltsleistung gedachte Hinterbliebenenrente darf nicht von Zufälligkeiten abhängen, die etwa gerade und nur im Zeitpunkt des Todes des Versicherten bestehen (vgl BSG 1.6.1982 1 RA 53/80 = SozR 2200 § 1265 Nr 64).

 

Normenkette

RVO § 1265 S 1 Alt 1

 

Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 31.01.1985; Aktenzeichen L 1 J 467/84)

SG Konstanz (Entscheidung vom 24.01.1984; Aktenzeichen S 2 J 1340/81)

 

Tatbestand

Die 1933 geborene Klägerin begehrt von der Beklagten Geschiedenenwitwenrente nach § 1265 der Reichsversicherungsordnung (RVO). Sie war mit dem am 1. Februar 1981 verstorbenen Versicherten verheiratet. Der 1966 aus Verschulden des Versicherten geschiedenen Ehe entstammen drei 1952, 1956 und 1960 geborene und nach der Ehescheidung unter die elterliche Gewalt der Klägerin gestellte Kinder. Weder der Versicherte noch die Klägerin haben wieder geheiratet.

Zur Zeit der Scheidung bezog der Versicherte als Schwimmeister ein Jahresbruttoeinkommen von 13.321,-- DM. Die Klägerin arbeitete im letzten Ehejahr stundenweise als Putzfrau und hatte ein Bruttojahreseinkommen von 3.607,20 DM. Seit dem 1. April 1976 erhielt der Versicherte von der Beklagten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Zusammen mit einer Zusatzversorgung und einer schweizer Invalidenrente betrug sein Renteneinkommen 1980 1.700,50 DM und ab Januar 1981 1.776,-- DM monatlich. Das durchschnittliche Nettomonatseinkommen der seit Oktober 1968 bei der Stadt K. als Raumpflegerin beschäftigten Klägerin betrug 1980 durchschnittlich 831,-- DM und ab Januar 1981 863,-- DM monatlich. Ab 1980 unterstützte sie ihre inzwischen volljährigen Kinder nicht mehr.

Zwischen der Klägerin und dem Versicherten galt zunächst ihre Unterhaltsvereinbarung von 1966, wonach der Versicherte der Klägerin 170,-- DM und den drei Kindern je 110,-- DM monatlich Unterhalt zu leisten hatte. Nach der geänderten Unterhaltsvereinbarung von 1973 hatte der Versicherte der Klägerin 75,-- DM und den beiden jüngsten Kindern je 175,-- DM monatlichen Unterhalt zu zahlen. Eine neue Vereinbarung war für den Wegfall der Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern vorgesehen. Seit Februar 1980 leistete der Versicherte der Klägerin keinen Unterhalt mehr.

Die im Februar 1981 von der Klägerin beantragte Hinterbliebenenrente lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 20. November 1981 ab, weil zur Zeit des Todes des Versicherten weder eine Unterhaltsverpflichtung bestanden noch eine als Unterhalt zu wertende wiederkehrende Zahlung des Versicherten stattgefunden habe.

Das Sozialgericht (SG) Konstanz hat die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheids verurteilt, der Klägerin ab 1. März 1981 Hinterbliebenenrente zu gewähren (Urteil vom 24. Januar 1984). Es hat einen über 25 vH des örtlichen und zeitlichen Mindestbedarfs liegenden Unterhaltsanspruch der Klägerin zur Zeit des Todes des Versicherten nach den Vorschriften des Ehegesetzes (EheG) bejaht, weil der Klägerin nach Auskunft des behandelnden Arztes gesundheitlich nur eine halbschichtige Erwerbstätigkeit zumutbar gewesen sei.

Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 31. Januar 1985). Dem Anspruch aus § 1265 RVO stehe entgegen, daß die Klägerin ihren Unterhalt nach dem Gutachten des Dr. L. vom 13. August 1984 durch eine ihr gesundheitlich zumutbare, vollschichtige Erwerbstätigkeit mit einem erzielbaren Einkommen von mindestens 1.200,-- DM und höchstens 1.420,-- DM im wesentlichen selbst habe erwerben können.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 1265 RVO. Das LSG sei bei Berechnung des Unterhaltsanspruchs der sogenannten Anrechnungsmethode gefolgt. Richtigerweise sei aber mit dem Ergebnis eines Unterhaltsanspruchs der Klägerin die sogenannte Differenzmethode anzuwenden, der der Bundesgerichtshof (BGH) in ständiger Rechtsprechung folge, wenn beide Ehegatten während der Ehe Einkommen aus Erwerbstätigkeit bezogen hätten. Dies treffe hier zwar nicht zu; gleichwohl sei aber die Differenzmethode auch hier vorzuziehen, weil danach die Ungleichbehandlung zwischen Unterhaltsberechtigtem und Unterhaltsverpflichtetem geringer ausfalle, als nach der Anrechnungsmethode.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte in Abänderung des Urteils des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 31. Januar 1985 zu verurteilen, ihr ab 1. März 1981 Hinterbliebenenrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Die Klägerin erfüllt derzeit nicht die Voraussetzungen des Anspruchs auf "Geschiedenenwitwenrente" (§ 1265 RVO).

Nach § 1265 Satz 1 RVO wird einer früheren Ehefrau des Versicherten, deren Ehe mit dem Versicherten vor dem 1. Juli 1977 geschieden ist, nach dessen Tod Rente gewährt, wenn ihr der Versicherte zur Zeit des Todes Unterhalt nach den Vorschriften des EheG (1. Alternative) oder aus sonstigen Gründen (2. Alternative) zu leisten hatte oder wenn er im letzten Jahr vor seinem Tode Unterhalt geleistet hat (3. Alternative). Ist eine Witwenrente nicht zu gewähren, findet Satz 1 auch dann Anwendung, wenn 1. eine Unterhaltspflicht wegen der Vermögens- oder Erwerbsverhältnisse des Versicherten oder wegen der Erträgnisse der früheren Ehefrau aus einer Erwerbstätigkeit nicht bestanden hat, 2. wenn die frühere Ehefrau im Zeitpunkt der Scheidung der Ehe mindestens ein waisenrentenberechtigtes Kind zu erziehen oder das 45. Lebensjahr vollendet hatte und 3. solange sie berufsunfähig oder erwerbsunfähig ist oder mindestens ein waisenrentenberechtigtes Kind erzieht oder wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet hat (Satz 2).

Zutreffend und von der Revision nicht beanstandet hat das LSG festgestellt, daß die Klägerin einen Anspruch auf Rente gemäß § 1265 Satz 2 RVO schon deshalb nicht hat, weil sie vollschichtig erwerbsfähig ist, ihre Kinder volljährig sind und sie das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

Aber auch die Voraussetzungen des § 1265 Satz 1 RVO sind nicht gegeben. Nach den von der Revision nicht angegriffenen und daher für den erkennenden Senat gemäß § 163 SGG bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG hat der Versicherte der Klägerin im letzten Jahr vor seinem Tod keinen Unterhalt geleistet. Die dritte Alternative des § 1265 Satz 1 RVO ist deshalb nicht anwendbar. Ein Anspruch auf "Geschiedenenwitwenrente" könnte sich daher nur noch aus der ersten und zweiten Alternative der Bestimmung ergeben. Auch diese sind aber nicht gegeben.

Der Senat läßt offen, ob es sich bei der Unterhaltsvereinbarung von 1973 um einen "sonstigen Grund" iS von § 1265 Satz 1, 2. Alternative RVO handelt. Denn selbst, wenn davon auszugehen wäre, würde der darin festgelegte monatliche Unterhaltsbetrag von 75,-- DM nicht als Unterhalt iS von § 1265 RVO zu werten sein. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist nämlich als Unterhalt iS von § 1265 RVO nur ein Betrag anzusehen, der 25 vH der zur Zeit des Todes des Versicherten örtlich gültigen Regelsätze der Sozialhilfe erreicht (BSG, Urteil vom 16. März 1977, BSGE 43, 221 = SozR 2200 § 1265 Nr 26; Urteil vom 12. Mai 1982, BSGE 53, 256 = SozR 2220 § 1265 Nr 63; Urteil vom 7. September 1982, SozR 2200 § 1265 Nr 65). Der in der Unterhaltsvereinbarung von 1973 festgelegte Betrag von 75,-- DM monatlich liegt aber unter 25 vH des in den Jahren 1980 und 1981 örtlich und zeitlich notwendigen Mindestbedarfs. Denn nach den von der Revision nicht angegriffenen und somit für den erkennenden Senat gemäß § 163 SGG bindenden Feststellungen des LSG betrug der Regelsatz der Sozialhilfe für den Haushaltsvorstand in Baden-Württemberg im Jahre 1980 308,-- DM und im Jahre 1981 330,-- DM monatlich, so daß 25 vH hiervon mehr als 75,-- DM ausmachten.

Entgegen der Auffassung der Revision hatte der Versicherte der Klägerin zur Zeit seines Todes auch nach den Vorschriften des EheG keinen Unterhalt in der für einen Anspruch der Klägerin aus § 1265 RVO wesentlichen - oben dargestellten - Höhe zu leisten. Der Senat geht mit dem LSG davon aus, daß die Klägerin und der Versicherte durch die Unterhaltsvereinbarungen von 1966 und 1973 zwar die Höhe des der Klägerin zu leistenden Unterhalts näher bestimmen, nicht jedoch eine vom EheG abweichende Unterhaltspflicht des Versicherten begründen wollten, wie das LSG namentlich aus dem Vorbehalt einer Änderung der Vereinbarung bei Wegfall der Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern entnommen hat. Der ehegesetzliche Unterhaltsanspruch der Klägerin hing wesentlich davon ab, wieweit sie durch die Erziehung der Kinder gehindert war, sich durch eine ihr zumutbare Erwerbstätigkeit den eigenen angemessenen Unterhalt zu sichern. Der angemessene Unterhalt iS von § 58 EheG richtet sich zwar nach den ehelichen Lebensverhältnissen zum Zeitpunkt der Scheidung. § 1265 Satz 1, 1. Alternative RVO stellt jedoch auf den Zeitpunkt des Todes des Versicherten ab. Schon im letzten Ehejahr hatte die Klägerin - stundenweise - eine eigene Erwerbstätigkeit begonnen, die sich bis zum letzten Jahr vor dem Tode des Versicherten auf eine Halbtagstätigkeit erweitert hat. Das LSG hat hierzu in für den Senat bindender Weise festgestellt, daß die Klägerin seit 1980 keines der bereits volljährigen Kinder mehr zu unterhalten hatte und ihr seitdem nach ärztlicher Beurteilung wie nach der Auskunft des Arbeitsamts eine vollschichtige Erwerbstätigkeit zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts möglich und gesundheitlich zumutbar gewesen ist. Daher muß sich die Klägerin bei der Feststellung ihres Unterhaltsanspruchs im Rahmen von § 1265 Satz 1, 1. Alternative RVO das aus einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit erzielbare Einkommen zurechnen lassen. Der ihr daneben nach den Vorschriften des EheG zustehende Unterhaltsbetrag liegt aber unter 25 vH des zeitlich und örtlich notwendigen Mindestbedarfs und ist daher zu niedrig, um als Unterhalt iS von § 1265 Satz 1 RVO gewertet werden zu können.

Nach den Feststellungen des LSG war ein Einkommen der Klägerin aus zumutbarer vollschichtiger Erwerbstätigkeit von 1.200,-- DM in Beziehung zu setzen zu dem Renteneinkommen des Versicherten, das 1980 1.750,-- DM und 1981 1.776,-- DM monatlich betrug. Die bisher vom Bundessozialgericht (BSG) verwendete sogenannte Anrechnungsmethode zur Berechnung des Unterhaltsanspruchs (BSG, Urteil vom 13. August 1981, BSGE 52, 83 = SozR 2200 § 1265 Nr 56 mwN) ergibt, wie das LSG zutreffend festgestellt hat, für 1980 einen Unterhaltsanspruch von 43,07 DM: (1.700,50 DM + 1.200,-- DM = 2.900,50 DM, davon 3/7 = 1.243,07 DM - 1.200,-- DM = 43,07 DM und für den Monat Januar 1981 einen Unterhaltsanspruch von 75,43 DM: 1.776,-- DM + 1.200,-- DM = 2.976,-- DM, davon 3/7 = 1.275,43 DM - 1.200,-- DM = 75,43 DM). Damit werden aber 25 vH des oben bereits bezeichneten zeitlich und örtlich maßgebenden Mindestbedarfs nicht erreicht.

Der BGH geht ebenso wie das BSG in ständiger Rechtsprechung von der Anrechnungsmethode aus, wenn zum Zeitpunkt der Scheidung nur der Unterhaltspflichtige ein Einkommen bezogen hat (BGH Urteil vom 8. April 1981, FamRZ 81, 539, 541; Urteil vom 24. November 1982, FamRZ 83, 144, 146). Dies gilt auch für den Fall, daß der Unterhaltsberechtigte erst nach der Ehescheidung eine Erwerbstätigkeit aufgenommen hat (vgl das Urteil des BSG vom 27. März 1984 - 5a RKn 19/83 -), sofern deren Aufnahme nicht bereits dem Lebensplan während der Ehezeit entsprach (BGH vom 23. November 1983, FamRZ 84, 149, 150). Haben dagegen beide Ehepartner während der Ehe Einkommen aus Erwerbstätigkeit bezogen bzw dies für die Zukunft geplant, wendet der BGH die von der Revision für allein angemessen erachtete Differenzmethode an (BGH Urteil vom 10. November 1978, NJW 79, 1985, 1986; Urteil vom 13. Juni 1979, FamRZ 79, 692, 693 f; Urteil vom 8. April 1981, FamRZ 81, 539, 541; Urteil vom 25. Januar 1984, FamRZ 84, 356, 357).

Die Revision übersieht jedoch, daß der BGH die Differenzmethode modifiziert, wenn der zur Zeit der Ehescheidung halbschichtig erwerbstätige Unterhaltsberechtigte nach der Scheidung zu einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit übergeht. Er betrachtet die nach der Scheidung aus Erwerbstätigkeit erzielten höheren Einkünfte nicht als Ausdruck der ehelichen Lebensverhältnisse und bezieht sie deshalb nicht in die Berechnung des Unterhaltsbetrags ein. Er stellt dem Unterhaltsbedarf, der sich nach der Differenzmethode bei Ansatz der Einkünfte aus halbschichtiger Erwerbstätigkeit ergibt, das Einkommen aus der vollschichtigen Erwerbstätigkeit anspruchsmindernd gegenüber. Das entspricht dem Gedanken der Eigenverantwortung des geschiedenen Ehegatten, für seinen Unterhalt nach der Scheidung Rechnung zu tragen (BGH vom 14. November 1984, FamRZ 85, 161, 162, 164). Nach der Berechnungsmethode des BGH hatte die Klägerin 1980 einen Unterhaltsanspruch von 4,08 DM (1.700,50 DM - 831,77 DM = 868,73 DM, davon 3/7 = 372,31 DM + 831,77 DM = 1.204,08 DM - 1.200,-- DM = 4,08 DM) und 1981 von 54,54 DM (1.776,-- DM - 863,45 DM = 912,55 DM, davon 3/7 = 391,09 DM + 863,45 DM = 1.254,54 DM - 1.200,- DM = 54,54 DM). Auch diese Beträge lagen aber unter 25 vH des örtlich und zeitlich maßgebenden Mindestbedarfs.

Eine stärkere Ungleichbehandlung zwischen Unterhaltsberechtigtem und Unterhaltsverpflichtetem bei Zugrundelegung der Anrechnungsmethode, wie die Revision im Vergleich zur reinen Differenzmethode annimmt, läßt sich bei der vom BGH auf Fälle wie den vorliegenden angewandten "modifizierten" Differenzmethode demnach nicht feststellen. Auf der Grundlage dieser Berechnungsmethode ergibt sich selbst bei einer Quote von 1/2 kein anderes Ergebnis. Der BGH geht von dieser Quote aus, wenn der Unterhaltsverpflichtete Rentner ist, und deshalb keine besonderen beruflichen Aufwendungen mehr hat, so daß der Grundsatz der hälftigen Teilung des Einkommens durchgreifen kann (BGH Urteil vom 11. Dezember 1980, FamRZ 81, 551, 552; Urteil vom 14. November 1984, FamRZ 85, 161, 164 mwN). Dies läßt er allerdings nur dann gelten, wenn nicht ein anderweitig erhöhter Aufwand des Unterhaltsverpflichteten zu berücksichtigen ist. Ob letzteres hier - etwa krankheitsbedingt - der Fall war, kann offenbleiben. Denn selbst bei einer uneingeschränkten Quote von 1/2 würde sich nur für den Monat Januar 1981 ein über 25 vH des zeitlich und örtlich maßgebenden Mindestbedarfs liegender eherechtlicher Unterhaltsanspruch ergeben (1.776,-- DM - 863,45 DM = 912,55 DM, davon 1/2 = 456,28 DM + 863,45 DM = 1.319,73 DM - 1.200,-- DM = 119,73 DM), der nach der ständigen Rechtsprechung des BSG nicht als Unterhalt iS von § 1265 Satz 1 RVO gewertet werden könnte.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG bedeuten die Worte "zur Zeit des Todes" in § 1265 Satz 1 RVO den letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tode des Versicherten. Denn die als Ersatz für den wirtschaftlichen Dauerzustand der Unterhaltsleistung gedachte Hinterbliebenenrente darf nicht von Zufälligkeiten abhängen, die etwa gerade und nur im Zeitpunkt des Todes des Versicherten bestehen (BSG Urteil vom 1. Juni 1982, SozR 2200 § 1265 Nr 64 mwN). Maßgebend ist unter diesem Gesichtspunkt für die Bestimmung des letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes vielmehr ohne Rücksicht auf ihre Dauer die Zeitspanne von der letzten wesentlichen Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse eines Familienmitgliedes mit Dauerwirkung bis zum Tode des Versicherten. Diese Zeitspanne begann nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG im Februar 1980 und dauerte bis zum Tode des Versicherten, weil die Klägerin nun kein Kind mehr zu versorgen hatte und einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachgehen konnte. In dem Zeitraum von Februar 1980 bis einschließlich Januar 1981 ergibt sich aber nur für den letzten Monat und auch dort nur dann ein eherechtlicher Unterhaltsanspruch der Klägerin von mehr als 25 vH des örtlich und zeitlich maßgebenden Mindestbedarfs, wenn abweichend vom gestiegenen Renteneinkommen des Versicherten bei der Klägerin eine entsprechende Einkommenssteigerung vernachlässigt wird. Daraus kann jedoch ein wirtschaftlicher Dauerzustand der Unterhaltsgewährung iS von § 1265 Satz 1 RVO nicht hergeleitet werden.

Die Klägerin hatte nach alledem während des letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes nach beiden Berechnungsmethoden keinen Unterhaltsanspruch gegen den Versicherten. Sie kann deshalb von der Beklagten eine Geschiedenenwitwenrente nur nach § 1265 Satz 2 RVO und diese erst dann verlangen, wenn sie berufs- oder erwerbsunfähig wird oder das 60. Lebensjahr vollendet hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1662569

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