Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 30. Januar 2002 und der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stade vom 19. September 2000 abgeändert. Unter Aufhebung des Bescheides vom 11. Juni 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Januar 2000 wird die Beklagte verurteilt, den Kläger von den Kosten der Ernährungspumpe nebst Applikationssystem freizustellen.
Die Beklagte hat dem Kläger und der Beigeladenen zu 2) die Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Revisionskläger beansprucht von der beklagten Krankenkasse, von den Kosten einer – noch von seiner inzwischen verstorbenen Mutter selbstbeschafften – Ernährungspumpe nebst Applikationssystem freigestellt zu werden.
Der Revisionskläger ist der Rechtsnachfolger der im Jahre 1910 geborenen und bei der beklagten Krankenkasse kranken- sowie der beigeladenen Pflegekasse (Beigeladene zu 1) pflegeversicherten, am 19. Mai 2002 während des Revisionsverfahrens verstorbenen I.…T. …Diese litt auf Grund eines Schlaganfalls an einer Halbseitenlähmung mit Schluckstörungen, Bluthochdruck mit Herzinsuffizienz und Herzrhythmusstörungen sowie einem psychomotorischem Unruhezustand mit Desorientierung. Ab April 1999 wurde die Versicherte im Pflegeheim der beigeladenen Kirchengemeinde (Beigeladene zu 2) vollstationär gepflegt und bezog von der Beigeladenen zu 1) Leistungen gemäß Pflegestufe III nach dem Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI).
Zur Ermöglichung der künstlichen Ernährung wurde bei der Versicherten im Rahmen einer stationären Krankenbehandlung eine Darmsonde angelegt. Außerdem wurde ärztlich eine elektronisch gesteuerte Ernährungspumpe (mit Überleitungszubehör – so genanntes Applikationssystem – zur Darmsonde: Behälteradapter, Tropfkammer und Kunststoffschlauch mit Rollenklemme) zur Vermeidung der Gefahr einer Lungenentzündung durch Einatmung von Speisen verordnet. Das Gerät wurde zum Gesamtpreis von 3.808,77 DM geliefert, die Kaufpreisforderung gegenüber der Versicherten aber gestundet. Am 12. Mai 1999 beantragte die Versicherte bei der Beklagten die Kostenübernahme für Gerät und Zubehör als Hilfsmittel nach § 33 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Auf Grund von zwei ablehnenden Stellungnahmen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Niedersachsen (MDK) lehnte die Beklagte den Antrag ab, da ein so genanntes Radsystem genüge (Bescheid vom 11. Juni 1999 und Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2000).
Das Sozialgericht (SG) hat die noch von der Versicherten erhobene Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 19. September 2000). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 30. Januar 2002). Das LSG hat ausgeführt, dass bei der Versicherten zwar der Einsatz einer Ernährungspumpe mit Überleitungsgeräten erforderlich sei. Gleichwohl habe sie keinen Anspruch gegen die Beklagte auf das Hilfsmittel nebst Zubehör. Nach der Konzeption von SGB V und SGB XI ende die Pflicht der Beklagten zur Versorgung mit Hilfsmitteln dort, wo bei vollstationärer Pflege die Pflicht des Heimträgers auf Vorhaltung von Hilfsmitteln zur Pflege gegeben sei. Die Ernährungspumpe mit Zubehör sei iS der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) weder individuell angepasst bzw hergestellt oder nur für die Versicherte verwendbar, noch befriedige sie ein allgemeines Grundbedürfnis der Versicherten außerhalb des Pflegeheims. Vielmehr handele es sich um ein Pflegehilfsmittel, das bei einer typischen Maßnahme der Grundpflege, der Nahrungsaufnahme, eingesetzt werde.
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 33 SGB V, da die dort normierte Leistungspflicht nicht durch andere Vorschriften ausgeschlossen werden könne. Allenfalls könne sich eine vorrangige Leistungspflicht nicht des Heimträgers, sondern der Pflegekassen nach den §§ 43, 72 ff SGB XI ergeben. Hier gehe es aber um eine Maßnahme der Behandlungspflege; die zu deren Durchführung erforderlichen Hilfsmittel könnten nicht der Heimsphäre zugeordnet werden. Die vom BSG entwickelten Kriterien zur Leistungspflicht bei Rollstühlen seien nicht auf Hilfsmittel übertragbar, die bereits ihrer Natur nach weder der Fortbewegung dienten noch individuell angepasst seien. Schließlich ergebe sich die Leistungspflicht der Beklagten aus dem Recht auf Gleichbehandlung mit den Versicherten in häuslicher Pflege.
Die Beigeladene zu 2) trägt vor, die Ernährungspumpe sei nur individuell zuzuordnen, da durch die Dauer der täglichen Nutzung ein Einsatz bei anderen Heimbewohnern zwingend ausgeschlossen sei. Die Sondenernährung zähle zudem zur verrichtungsbezogenen Behandlungspflege, die systemwidrig nur bis 31. Dezember 2004 eine Leistung der Pflegeversicherung sei.
Der Revisionskläger und die Beigeladene zu 2) beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 30. Januar 2002 sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stade vom 19. September 2000 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 11. Juni 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Januar 2000 zu verurteilen, den Kläger von den seit Mai 1999 angefallenen Kosten für die Beschaffung der elektronisch gesteuerten Ernährungspumpe und der Applikationssysteme freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihr zweitinstanzliches Vorbringen, die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils sowie ihre Ausführungen in der Parallelsache B 3 KR 67/01 R.
Die Beigeladene zu 1) stellt keinen Antrag. Sie verweist auf einen am 31. August 2001 von Vertretern des Bundesministeriums für Gesundheit, Vertretern der Länder und der Spitzenverbände der Krankenkassen, also ohne Beteiligung von Vertretern der Pflegeheime, erstellten so genannten “Abgrenzungskatalog über die Leistungspflicht von Pflegeheimen und Krankenkassen”.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist begründet. Er hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Freistellung von den Kosten der Ernährungspumpe nebst Applikationssystem.
Nach dem Tode der Versicherten ist der Kläger als Sohn (alleiniger) Erbe und Rechtsinhaber des verfolgten Anspruchs geworden; eine vorrangige Sonderrechtsnachfolge kommt nicht in Betracht (§ 56 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch ≪SGB I≫). Ansprüche auf Geldleistungen erlöschen schon dann nicht, wenn zum Zeitpunkt des Todes des Berechtigten ein Verwaltungsverfahren (§ 59 Satz 2 SGB I), und damit erst recht nicht, wenn bereits ein Gerichtsverfahren anhängig ist. Den von der Versicherten ebenfalls gestellten Leistungsantrag für die Zukunft (“und sie in Zukunft im Wege der Sachleistung mit diesen Hilfsmitteln zu versorgen”) hat der Revisionskläger nach dem Tode seiner Mutter nicht mehr verfolgt.
Zwar macht der Kläger hier im engen Sinne keinen Geldleistungsanspruch, sondern einen Befreiungsanspruch geltend, der in der Weise zu erfüllen ist, dass die Beklagte die noch offene Forderung des Lieferanten unmittelbar (als Dritte iS von § 267 Bürgerliches Gesetzbuch ≪BGB≫) bezahlt. Der Anspruch steht aber den im SGB vorgesehenen Geldleistungsansprüchen (vgl §§ 11, 47 SGB I) so nahe, dass er hinsichtlich der Vererblichkeit eine Gleichbehandlung rechtfertigt. Der Ausschluss der Sach- und Dienstleistungen von der Vererbung beruht im Wesentlichen darauf, dass es sich um höchstpersönliche Leistungen handelt; das ist bei einem Freistellungsanspruch nicht der Fall. Er ist vielmehr eine Vorstufe zum Erstattungsanspruch, der entsteht, wenn die Forderung vom Versicherten selbst beglichen wird. Der Erstattungsanspruch ist wiederum ein Geldleistungsanspruch.
Nach § 13 Abs 1 SGB V idF des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl I, 2266) darf die Krankenkasse an Stelle einer Sachleistung Kosten erstatten, soweit das SGB V das vorsieht; nach Abs 3 sind einem Versicherten Kosten in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Krankenkasse eine Leistung nicht rechtzeitig erbracht oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Dasselbe folgt seit dem 1. Juli 2001 auch aus der allgemeinen Regelung des § 15 Abs 1 Satz 4 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX), der eine Kostenerstattungspflicht unter diesen Voraussetzungen für alle Rehabilitationsträger vorsieht, wozu auch die Krankenkassen zählen (§ 6 Abs 1 Nr 1 SGB IX). § 13 Abs 3 Satz 2 SGB V verweist für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nunmehr auf § 15 SGB IX, und zwar auch hinsichtlich der erleichterten Voraussetzungen. Beide Regelungen sind entsprechend anzuwenden, wenn die Verpflichtung bereits entstanden ist, der Versicherte jedoch noch nicht gezahlt hat. Statt einer Erstattung kann er dann die Bezahlung seiner Schuld durch den Versicherungsträger verlangen; einer genauen Bezifferung des Antrages bedarf es für diesen Fall nicht (vgl zum Ganzen BSGE 88, 204, 205 = SozR 3-2500 § 33 Nr 41 und BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 37).
Hier hatte die Beklagte die Leistung vor der Selbstbeschaffung abgelehnt, ferner eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbracht. Die Feststellungen des LSG, dass die Ernährungspumpe mit Applikationssystem, nach Anbringung einer Darmsonde mit Fistel nach Typ PEJ, für die Versicherte notwendig und ihre Beschaffung unaufschiebbar gewesen war, weil die Versicherte auf natürlichem Wege keine Nahrung mehr zu sich nehmen konnte und ein weniger aufwändiges Gerät auf reiner Schwerkraftbasis die erforderliche Genauigkeit bei der Dosierung nicht gewährleistet hätte, werden von der Beklagten nicht angegriffen.
Die Beklagte hat die somit notwendige (Sach-)Leistung der Ernährungspumpe nebst Applikationssystem als Hilfsmittel der Gesetzlichen Krankenversicherung zu Unrecht verweigert. Nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V idF des Gesundheits-Reformgesetzes (GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl I, 2477; vgl jetzt auch die §§ 31 Abs 1, 26 Abs 2 Nr 6 SGB IX) haben Versicherte einen Anspruch gegen ihre Krankenkasse auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs 4 SGB V durch Rechtsverordnung ausgeschlossen sind. Hier geht es um ein “anderes Hilfsmittel”, das erforderlich ist, um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, die mit dem operativen ärztlichen Eingriff – dem Anbringen von Darmsonde und -fistel zum Passieren der Bauchwand (PEJ = perkutane endoskopische Jejunostomie, vgl Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 259. Aufl 2002, Stichwörter “Fistel 2.” und “Jejunostomie, endoskopisch kontrollierte perkutane”) – begann und mit der Sondenernährung fortgesetzt wurde. Das die natürlichen Funktionen der Organe zur Nahrungsaufnahme ersetzende Hilfsmittel ist kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens und nicht durch Rechtsverordnung ausgeschlossen; im Hilfsmittelverzeichnis der Spitzenverbände der Krankenkassen gemäß § 128 SGB V (abgedruckt in: Hilfsmittelkatalog, herausgegeben von den Spitzenverbänden der Krankenkassen, Stand Juli 2001, Bd II, Abschnitt 3, Applikationshilfen, Untergruppe Ernährungspumpen) ist es vielmehr ausdrücklich aufgeführt.
Die Beklagte verweigert die Kostenfreistellung – wie zuvor die Sachleistung – auch nicht wegen Verneinung von Tatbestandsmerkmalen des § 33 SGB V, sondern allein unter Hinweis auf eine nach ihrer Auffassung hinsichtlich Ernährungspumpen bestehende (vorrangige) Vorhaltepflicht des Heimträgers (Beigeladener zu 2) sowie auf die dazu ergangene Rechtsprechung des Senats. In mehreren Urteilen vom 10. Februar 2000 (vgl vor allem BSGE 85, 287 = SozR 3-2500 § 33 Nr 37) hat der Senat bei Rollstühlen die Pflicht der Krankenkassen zur Hilfsmittelgewährung nach § 33 Abs 1 SGB V einerseits von der Pflicht der Heimträger zur Vorhaltung von Inventar und Pflegehilfsmitteln nach den §§ 71, 72 SGB XI andererseits abgegrenzt. Er hat dabei zunächst festgestellt, dass die Leistungspflicht der Krankenkasse – entgegen dem früheren Recht – grundsätzlich nicht davon abhängt, ob der Versicherte zu Hause oder in einer Pflegeeinrichtung wohnt. Bei einer weiten Auslegung des Hilfsmittelbegriffs – wie bislang im ambulanten Bereich – würde dies allerdings dazu führen, dass auch typisches Inventar von Pflegeeinrichtungen als Hilfsmittel der Gesetzlichen Krankenversicherung einzuordnen und – entgegen der Absicht des Gesetzgebers – von dieser zu finanzieren wäre. Als Beispiel seien Pflegebetten und reine Transportmittel wie einfache Schieberollstühle erwähnt. Auch diese Gegenstände gleichen mittelbar noch Behinderungen aus, nämlich die fehlende Fähigkeit des Betroffenen, sich im Bett selbstständig zu bewegen und das Bett zu verlassen. Dass damit gleichzeitig auch die Pflege erleichtert wird, hat nach der ständigen Rechtsprechung des BSG einer Einordnung als Hilfsmittel der Krankenversicherung bislang nicht entgegengestanden (vgl BSG SozR 2200 § 182 b Nr 9; BSGE 51, 268, 271 f = SozR 2200 § 182b Nr 20; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 7 und 13). Es ist bei Gelegenheit zu prüfen, ob diese Rechtsprechung im ambulanten Bereich nach Inkrafttreten des SGB XI in vollem Umfang aufrechterhalten werden kann oder einer Differenzierung bedarf.
Bei einer Pflege in einer stationären Pflegeeinrichtung kann die Leistungspflicht der Krankenversicherung jedenfalls nicht so weit gehen. Der erkennende Senat hat in den genannten Urteilen vom 10. Februar 2000 (aaO) eine erste Abgrenzung wie folgt umrissen:
“Die Pflicht der gesetzlichen KV zur Versorgung der Versicherten mit Hilfsmitteln endet nach der gesetzlichen Konzeption des SGB V und des SGB XI dort, wo bei vollstationärer Pflege die Pflicht des Heimträgers auf Versorgung der Heimbewohner mit Hilfsmitteln einsetzt. Bei vollstationärer Pflege hat der Träger des Heimes für die im Rahmen des üblichen Pflegebetriebs notwendigen Hilfsmittel zu sorgen, weil er verpflichtet ist, die Pflegebedürftigen ausreichend und angemessen zu pflegen, sozial zu betreuen und mit medizinischer Behandlungspflege zu versorgen (§ 43 Abs 1, 2 und § 43a SGB XI). Nach § 11 Abs 1 SGB XI hat die Pflege in einem Pflegeheim (§ 71 Abs 2 SGB XI) nach dem allgemein anerkannten Stand medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse zu erfolgen … Die Heime müssen daher das für die vollstationäre Pflege notwendige Inventar bereithalten. Einen geeigneten Anhaltspunkt für die von den Heimen vorzuhaltenden Hilfsmittel bietet – ohne dass hier eine abschließende Beurteilung jedes einzelnen Hilfsmittels vorzunehmen ist – zB die “Gemeinsame Verlautbarung der Spitzenverbände der KKn/Pflegekassen zur Ausstattung von Pflegeheimen mit Hilfsmitteln” vom 26.5.1997, solange Rechts-VOen über die Ausstattung von Pflegeheimen mit Hilfsmitteln fehlen … Hierzu zählen zB alle Hilfsmittel, die bei Verwirrtheitszuständen, Lähmungen und sonstigen Funktionseinschränkungen üblicher Art (zB bei Altersdemenz, Morbus Alzheimer, Folgen eines Schlaganfalls, Multipler Sklerose und Querschnittslähmungen) benötigt werden. Die gesetzliche KV hat darüber hinaus nur solche Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, die nicht der “Sphäre” der vollstationären Pflege zuzurechnen sind. Das sind im wesentlichen (1) individuelle angepasste Hilfsmittel, die ihrer Natur nach nur für den einzelnen Versicherten bestimmt und grundsätzlich nur für ihn verwendbar sind (zB Brillen, Hörgeräte, Prothesen); (2) Hilfsmittel, die der Befriedigung eines allgemeinen Grundbedürfnisses … außerhalb des Pflegeheims dienen …”
Diese Ausführungen, die der Senat im Zusammenhang mit der Verpflichtung der Krankenkassen zur Rollstuhlversorgung gemacht hat, sind zum Teil missverstanden worden und bei dieser Gelegenheit zu präzisieren. Insbesondere der Ausdruck “Heimsphäre” ist nicht rein räumlich dahin zu verstehen, dass damit alle Hilfsmittel aus der Leistungspflicht der Krankenkasse herausfielen, die nur innerhalb des Heimes verwendet werden. Das ergibt sich schon daraus, dass der Senat ausdrücklich individuell angepasste Hilfsmittel ausgenommen hat, und zwar unabhängig davon, wo sie benutzt werden. Der Ausdruck “Heimsphäre” soll vielmehr nur bildhaft beschreiben, was zur Vorhaltepflicht der Pflegeeinrichtung gehört, die wiederum entscheidend vom jeweiligen Versorgungsauftrag und nach Inkrafttreten des Pflege-Qualitätssicherungsgesetzes (PQsG) vom 9. September 2001 (BGBl I, 2320) von der Leistungs- und Qualitätsvereinbarung (§ 80a SGB XI) abhängt. Sie lässt sich daher nicht allgemein für Pflegeheime jeder Art beschreiben, sondern wird zB für Pflegeheime mit Pflegebedürftigen überwiegend der Pflegestufe I anders aussehen als bei Pflegeheimen mit beatmungsbedürftigen Schwerstpflegebedürftigen oder Apallikern.
Soweit der Versorgungsvertrag, den die Pflegekassen mit dem Heimträger abschließen, nichts Ausdrückliches zur Heimausstattung vorschreibt, ist lediglich die zur Durchführung von üblichen Maßnahmen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung erforderliche Ausstattung vorzuhalten, weil sich dies aus dem Wesen jeder Pflegeeinrichtung ohne weiteres ergibt. Was im Einzelnen dazu gehört und wie die Abgrenzung zu den von den Krankenkassen zu leistenden Hilfsmitteln in diesen Bereichen vorzunehmen ist, ist hier nicht zu entscheiden und kann auch nur jeweils für konkrete Gegenstände entschieden werden. Es spricht einiges dafür, auch solche Gegenstände der Heimausstattung zuzurechnen, bei denen zwar noch ein gewisser Behinderungsausgleich zu erkennen ist, ganz überwiegend aber die Pflege im Vordergrund steht, weil eine Selbstbestimmung und Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (vgl § 1 Satz 1 SGB IX) nicht mehr möglich ist, eine Rehabilitation damit nicht mehr stattfindet. Soweit der Senat in seinen Urteilen vom 10. Februar 2000 (aaO) ausgeführt hat, jeder Behinderte, der auf einen Rollstuhl angewiesen ist, das Heim aber nicht mehr verlässt, sei vom Heimträger damit auszustatten, ist dies in der Weise einzuschränken, dass davon Menschen ausgenommen sind, die ihre Wege und Aufenthaltsorte zumindest innerhalb des Heimes noch selbst bestimmen.
Für Hilfsmittel, die der Durchführung von Behandlungspflege dienen, kann eine Vorhaltepflicht des Heimträgers nicht bejaht werden, sofern der jeweilige Versorgungsvertrag bzw die Leistungs- und Qualitätsvereinbarung nichts anderes besagen. Die Verpflichtung des Heimträgers zur Bereitstellung der erforderlichen Hilfsmittel ergibt sich hier insbesondere nicht daraus, dass die Pflegeeinrichtung kraft Gesetzes auch die Behandlungspflege selbst erbringen muss. Die Gewährleistung von Behandlungspflege ist stets Aufgabe der Krankenversicherung gewesen; sie ist nur bei stationärer Pflege vorübergehend und voraussichtlich letztmalig verlängert bis zum 31. Dezember 2004 (§§ 43 Abs 2, 3 und 5, 43b SGB XI idF des Pflegeleistungsergänzungsgesetzes vom 14. Dezember 2001, BGBl I, 3728) den Pflegekassen zugeordnet worden. Aus dieser Ausnahmeregelung lässt sich für die Zuständigkeit zur Beschaffung der erforderlichen Hilfsmittel nichts herleiten; ein faktisch zwingender Zusammenhang besteht ebenfalls nicht.
Eine Vorhaltepflicht des Heimträgers für Ernährungspumpen (mit Applikationssystemen) besteht auch nicht deshalb, weil die Notwendigkeit einer künstlichen Ernährung in Pflegeheimen nicht selten eintritt, sie vielmehr häufig Folge von Altersdemenz im Spätstadium, Lähmungen durch Schlaganfälle oder Nervenleiden ist, also Erkrankungen, wie sie in normalen Pflegeheimen eher die Regel sind. Gleichwohl stellt der Einsatz einer Ernährungspumpe keine routinemäßige Pflegemaßnahme dar, deren Erforderlichkeit auf Grund von Erfahrungswerten vom Heimträger vorausgeschätzt werden und Grundlage für die wirtschaftliche Vorhaltung einer oder mehrerer Ernährungspumpen sein könnte. Vielmehr handelt es sich jeweils um ärztlich angeordnete und überwachte Maßnahmen, die regelmäßig mit einem körperlichen Eingriff verbunden und deren Ziel die Aufrechterhaltung der Vitalfunktionen ist. Auch wenn sie Maßnahmen der Grundpflege ersetzen (Hilfe bei der Nahrungsaufnahme) und möglicherweise die Pflege erleichtern, weil der Personalaufwand in zeitlicher Hinsicht verringert wird, handelt es sich nicht um Maßnahmen der Grundpflege, sondern einer fachlich qualifizierten Behandlungspflege. Die Ernährungspumpe ist damit Hilfsmittel iS von § 33 SGB V, weil sie vorrangig der Sicherstellung der ärztlichen Behandlung dient und die Erleichterung der Pflege demgegenüber zurücktritt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Fundstellen