Leitsatz (amtlich)
Zur Frage des Unfallversicherungsschutzes bei vorverlegter Anreise zu einem auswärtigen Dienstgeschäft.
Normenkette
RVO § 548 Abs. 1 Fassung: 1956-05-09
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 11. Juni 1964 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten der Revisionsinstanz sind unter den Beteiligten nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Klägerin erstrebt Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung (UV) nach ihrem verstorbenen Ehemann, Prof. Dr. med. Freiherr v. D., der als Werksarzt einer Bergwerksgesellschaft in C... tätig war, die Mitglied der Beklagten ist.
Der Versicherte nahm, wie auch in früheren Jahren, an dem vom 9. April (Mittwoch nach Ostern) bis zum 12. April 1958 in München stattfindenden Chirurgen-Kongreß teil; die Reise war von dem Unternehmen als Betriebsreise genehmigt worden. Er fuhr in Begleitung der Klägerin und seiner Tochter am Abend des Gründonnerstags (3. April) von C. ab, übernachtete bei dem Bruder der Klägerin in Königstein i.T. und setzte die Reise am Karfreitagmorgen fort. Um die Mittagzeit erlitt er auf der Autobahnstrecke F. -M. einen Unfall; hierbei zog er sich Prellungen und Rippenbrüche zu, konnte aber das Krankenhaus in M. schon nach einer Stunde verlassen. Anschließend fuhr er mit der Eisenbahn nach L. weiter und verbrachte die Ostertage mit seiner Familie bei der befreundeten Zeugin ... in B. (Allgäu). Am Dienstag (8. April) reiste er von dort nach M., nahm am Kongreß teil und kehrte am Samstag, dem 12. April, nach C. zurück.
Nachdem der Versicherte am 9. Mai 1958 an einem Herzschlag gestorben war, erstattete der Arbeitgeber Unfallanzeige. In einem von der Beklagten eingeholten Gutachten kam Prof. Dr. S. zu dem Ergebnis, der Versicherte würde ohne den erlittenen Unfall mit hoher Wahrscheinlichkeit noch länger als ein Jahr gelebt haben.
Die Beklagte lehnte den Anspruch der Klägerin auf Hinterbliebenenrente mit der Begründung ab, wegen des frühzeitigen Beginns der Reise sei ein Zusammenhang zwischen dem Unfall und der Teilnahme am Chirurgen-Kongreß schon aus zeitlichen Gründen nicht anzunehmen; die Fahrt habe der Erholung, also privaten Zwecken, gedient; es sei anzunehmen, daß nicht M., sondern B. das Ziel der Fahrt gewesen sei.
Das Sozialgericht (SG) hat nach Beweisaufnahme die auf Gewährung der Hinterbliebenenrente gerichtete Klage abgewiesen. Es sicht die Voraussetzungen für einen Wegeunfall i.S. des § 543 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) aF nicht als erfüllt an. Bei dem zeitlichen Abstand zwischen der Unfallfahrt und dem Beginn des Kongresses sei ein Zusammenhang zwischen Weg und Dienstverrichtung nicht wahrscheinlich gemacht.
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Es hält die Entscheidung des SG im Ergebnis für richtig; allerdings komme nicht ein Wegeunfall nach § 543 RVO aF, sondern ein nach § 542 RVO aF zu beurteilender Dienstreiseunfall in Frage. Zur Begründung des Versicherungsschutzes für die Unfallfahrt genüge es nicht, daß der Arbeitgeber die Fahrt bereits ab Gründonnerstag als Dienstreise genehmigt habe, zumal er Beginn und Ausgestaltung der Reise dem Belieben des Versicherten überlassen habe, im übrigen auch nicht bereit gewesen sei, die Kosten der Reise in vollem Umfang zu tragen. Auch der Umstand, daß es ohne die genehmigte Reise zum Chirurgen-Kongreß vielleicht nicht zu der Fahrt nach Süddeutschland und damit zu dem Unfall gekommen wäre, reiche allein noch nicht aus, den ursächlichen Zusammenhang zwischen Beschäftigungsverhältnis und Unfallereignis herzustellen. Es fehle im vorliegenden Fall der hierfür erforderliche enge Zusammenhang mit der betrieblichen Sphäre. Es habe nicht eindeutig geklärt werden können, welches Ziel die Fahrt am Unfalltage gehabt habe. Doch könne es letztlich auf sich beruhen, ob der Versicherte beabsichtigt habe, von der nach M. führenden Autobahn nach B. im Allgäu abzubiegen oder einen Zwischenaufenthalt in der Nähe der Autobahn einzulegen oder unmittelbar nach M. durchzufahren oder sich bis zum Kongreßbeginn an verschiedenen Orten aufzuhalten; jedenfalls sei der zeitliche Abstand zwischen dem Antritt der Fahrt bis zum Beginn des Kongresses zu groß gewesen. Es habe weder eine betriebliche Notwendigkeit noch auch nur ein betriebliches Interesse daran bestanden, bereits am Gründonnerstag die Reise zu dem am nächsten Mittwoch beginnenden Kongreß anzutreten. Der Entschluß, die Anreise so weit vorzuverlegen, sei nur damit zu erklären, daß der Versicherte die freien Tage vor und zu Ostern für einen kurzen Erholungsaufenthalt in Süddeutschland habe benutzen wollen; hierfür spreche auch die Mitnahme der Familie. Daran könne auch das Vorbringen der Klägerin nichts ändern, daß der Versicherte vor Kongreßbeginn an einer Zusammenkunft ehemaliger Sauerbruchschüler teilgenommen und mit anderen Wissenschaftlern medizinische Fachfragen besprochen habe; auch zu diesem Treffen, die am Dienstag stattgefunden hätten, wäre eine so frühzeitige Anreise nicht erforderlich gewesen. Da der Versicherte nicht als aktiver Kongreßteilnehmer vorgesehen war, könne auch das Argument der Klägerin, er habe sich durch Literaturstudien auf den Kongreß vorbereiten wollen, nicht durchgreifen. Gleiches gelte für ihr Vorbringen, der Versicherte habe in Buchenbühl mitgenommene Krankengeschichten studiert und mit dem Biologen Prof. Dr. H. fachwissenschaftliche Gespräche geführt. Es sei bei Geistesarbeitern seines Ranges üblich, sich auch in der Freizeit mit Berufsproblemen zu befassen und jede Gelegenheit wahrzunehmen, sich hierüber mit anderen Fachleuten auszusprechen. Die Ausdehnung des Versicherungsschutzes auf diesen der Freizeitgestaltung angehörenden Bereich sei mit dem Zweck der gesetzlichen Unfallversicherung nicht zu vereinbaren.
Als wesentlicher Gesichtspunkt komme hinzu, daß der Versicherte die Unfallgefahr dadurch nicht unbeträchtlich erhöht habe, daß er die Fahrt zur Zeit der erfahrungsgemäß größten Verkehrsdichte ausgeführt habe. Nach einer Auskunft des zuständigen Autobahnbauamts habe sich die Verkehrsdichte zur Zeit der Fahrt zu der am Montag und am Dienstag wie 18 zu 14 und zu der am Karsamstag und Ostersonntag wie 18 zu 7,5 verhalten. Hierbei sei die progressive Erhöhung bei starkem Verkehr zu beachten. Da diese Erhöhung des Unfallrisikos durch die Vorverlegung der Fahrt ausschließlich den privaten Zwecken des Versicherten gedient habe, unterliege die Fahrt nicht mehr dem Schutz der gesetzlichen UV nach § 542 RVO aF.
Das LSG hat die Revision zugelassen. Mit der frist- und formgerecht eingelegten Revision rügt die Klägerin Verletzung des § 542 RVO aF und der Rechtsgrundsätze über den ursächlichen Zusammenhang zwischen Berufstätigkeit und Unfall. Da es sich bei der Unfallfahrt nicht um einen Weg zur Arbeit, sondern um eine Dienstreise gehandelt habe, sei für die Frage, ob eine Unterbrechung oder Lösung des betrieblichen Zusammenhangs vorliegt, ein großzügiger Maßstab anzulegen; dem werde das angefochtene Urteil nicht gerecht.
Es sei zu berücksichtigen, daß der Arbeitgeber des Versicherten die Reise zum Chirurgen-Kongreß bereits von Gründonnerstag an als Dienstreise genehmigt habe. Wenn ein Arbeitgeber auch nicht willkürlich einer Reise den Charakter als Dienstreise beilegen könne, so könne er doch im Rahmen eines vernünftigen Spielraums auf die Art und Weise der Ausführung einer Dienstreise und den Zeitpunkt ihres Antritts Einfluß nehmen oder dies auch dem Angestellten überlassen. Hier habe es im betrieblichen Interesse gelegen, dem Versicherten im Rahmen dieser Dienstreise die erforderliche Muße für die Prüfung, Auswertung und schöpferische Verarbeitung des mitgenommenen Materials (Krankengeschichten) zu lassen; eine solche Periode wissenschaftlicher Tätigkeit gehöre nicht in die private Sphäre. Dieser Gesichtspunkt müsse auch für den Fall gelten, daß der Versicherte beabsichtigt haben sollte, nicht direkt nach München, sondern zunächst nach Buchenbühl zu fahren, um sich dort der Kongreßvorbereitung zu widmen und mit dem dort wohnenden Biologen Prof. Dr. H. wissenschaftliche Probleme zu erörtern.
Es sei ferner zu beachten, daß eine Fahrt an hohen religiösen Feiertagen nicht zumutbar sei. Werte man aber den Dienstag als Vorbereitungstag, so blieben als Anreisetage eben nur der Gründonnerstag und der Karsamstag; die Reise sei demnach zum rechten Zeitpunkt angetreten worden.
Wenn sich das angefochtene Urteil weiterhin darauf stütze, daß sich das Gefahrenrisiko durch die besondere Verkehrsdichte am Unfalltage erhöht habe, so sei dem entgegenzuhalten, daß der Versicherte des weder gewußt, noch daß er damit gerechnet habe. Im Jahre 1958 sei die Überfüllung der Autobahnen nicht entfernt so stark gewesen wie heute, zumal damals auch der Samstag noch nicht allgemein arbeitsfrei gewesen sei.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zur Gewährung der Hinterbliebenenrente zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für richtig. Sie ist darüber hinaus der Ansicht, die Teilnahme des Versicherten als Werksarzt an dem Chirurgen-Kongreß sei überhaupt nicht betriebsbedingt gewesen; auch der ursächliche Zusammenhang zwischen Unfall und Tod des Versicherten sei weder im medizinischen noch im unfallrechtlichen Sinne hinreichend nachgewiesen.
Beide Beteiligten sind mit Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden.
II
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das LSG hat zutreffend erkannt, daß sie keinen Anspruch auf Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung hat.
Nach Lage der Sache kommt hier nur der Unfall auf einer Dienstreise, nicht ein sogenannter Wegeunfall nach § 543 Abs. 1 RVO aF in Betracht. Auch wenn man davon ausgeht, daß es sich bei der betrieblich genehmigten Teilnahme an dem Kongreß um ein Dienstgeschäft des Versicherten als Werksarzt handelte, entfällt hier der Versicherungsschutz, weil es an dem erforderlichen Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem eigentlichen Dienstgeschäft fehlt. Das LSG hat zutreffend berücksichtigt, daß nach höchstrichterlicher Rechtsprechung der Versicherungsschutz auf Dienstreisen im allgemeinen durch "Unterbrechung" oder "Lösung" des betrieblichen Zusammenhangs weniger leicht verlorengeht, als es bei Wegen nach und von der Arbeitsstelle (§ 543 RVO aF) der Fall sein kann (RVA in Breith. 1936 S. 343; BSG-Urt. vom 30.10.1963 - 2 RU 23/60 = Breith. 1964 S. 378; BSG-Urt. vom 28.10.1966 - 2 RU 30/65), weil die Dienstreise, also der Weg zum und vom Ort des auswärtigen Dienstgeschäfts, selbst eine Betriebstätigkeit darstellt. Aber auch hier entfällt der Versicherungsschutz dann, wenn die Unterbrechung oder die Lösung so stark ist, daß die Unfallfahrt bei natürlicher Betrachtungsweise und nach der Verkehrsanschauung nicht mehr als Fortsetzung der Dienstreise angesehen werden kann. Was aber für Fortsetzung und Beendigung einer Dienstreise gilt, muß - gewissermaßen spiegelbildlich gesehen - ebenso für deren Beginn gelten. Hier geht es dann allerdings nicht um die Frage, ob eine Fahrt den Charakter als Dienstreise wegen besonderer Umstände verloren hat, sondern darum, ob sie den Umständen nach überhaupt schon einen solchen Charakter hatte; das begründet aber der Sache nach keinen wesentlichen Unterschied.
Im vorliegenden Fall besteht ein Zusammenhang der Unfallfahrt mit dem Dienstgeschäft insofern, als der Unfall sich auf der Straße ereignete, die vom Wohnort des Versicherten zu dem Tagungsort führt. Jedoch läßt es der zeitliche Abstand zwischen der Unfallfahrt und dem datumsmäßig feststehenden Beginn des eigentlichen Dienstgeschäfts nicht zu, sie schon als Dienstfahrt zu behandeln. Hierbei kommt es - wie das LSG richtig erkannt hat - nicht entscheidend darauf an, welches Tagesziel der Versicherte am Unfalltage hatte und wo er die Zeit bis zum Vorabend des Kongresses mit seiner Familie verbringen wollte. Geht man zugunsten der Klägerin davon aus, er habe unmittelbar nach dem Tagungsort München fahren wollen, so wären ihm dort noch vier Tage für rein private Zwecke verblieben. Dieser Zeitraum ist so bedeutend, daß er den Charakter der Hinfahrt bestimmt. Sie stellt sich bei natürlicher Betrachtungsweise nicht als verfrühte Fahrt zum Chirurgen-Kongreß, sondern als Urlaubsfahrt nach Süddeutschland dar. Hierfür ist es ohne Bedeutung, ob der Ehemann der Klägerin ohne die geplante dienstliche Teilnahme am Kongreß überhaupt zu Ostern verreist und ob er gerade nach Süddeutschland gefahren wäre. Es genügt, daß eine solche Osterfahrt nach Süddeutschland für einen Versicherten dieser Art aus dem Ruhrgebiet nichts Ungewöhnliches darstellt. Es wäre auch durchaus denkbar, daß ein Versicherter in einer ähnlichen Situation zunächst mit seinen Angehörigen am Ostermontag nach Hause zurückgefahren wäre, um dann erst die eigentliche Fahrt zur Tagung anzutreten. Ist damit eine klare Trennung zwischen der privaten und der dienstlich gebotenen Reise möglich, so kann der Umstand, daß der Versicherte sich die Heimfahrt von der Privatreise und die Hinfahrt zum Dienstgeschäft erspart hat, indem er gleich an dem betreffenden Ort verblieben ist, nicht dazu führen, der Hinreise zu diesem Ort schon den Charakter einer Dienstreise zu geben. Das muß erst recht gelten, wenn man davon ausgeht, daß der Versicherte im vorliegenden Fall die Absicht gehabt hätte, die Zeit bis zum Vorabend des Kongresses nicht in München, sondern in Buchenbühl oder einem anderen Ort in Süddeutschland zu verbringen. In diesem Falle wäre vielmehr die spätere Fahrt von diesem Urlaubsort nach München als Anreise zum Chirurgenkongreß anzusehen und hätte - vorausgesetzt, daß sie zu dem "normalen" Reiseweg vom Wohnort zum Tagungsort in einem angemessenen, das Unfallrisiko nicht erhöhenden Verhältnis stand - als Dienstreise unter Versicherungsschutz gestanden (vgl. Urt. des 2. Senats vom 28.10.1966 - 2 RU 30/65).
Für die Beurteilung der Frage, ob eine vorzeitig angetretene Fahrt zu einem auswärtigen Dienstgeschäft als versicherte Dienstfahrt oder als nicht geschützte Privatfahrt anzusehen ist, kommt es demnach regelmäßig im wesentlichen darauf an, wie sich die Bedeutung der Fahrt hinsichtlich Zeitdauer, Kosten und Erschwernissen zu der Bedeutung der dadurch am Ziel- oder Unterbrechungsort gewonnenen Freizeit verhält. Einer Freizeit von etwa vier Tagen kommt im Verhältnis zu der Fahrt Ruhrgebiet-München jedenfalls eine selbständige Bedeutung zu; sie kann nicht nur als unbedeutendes Anhängsel an das Dienstgeschäft angesehen werden. Bei einer besonders langwierigen oder kostspieligen Anreise - etwa nach Übersee - wäre eine andere Beurteilung denkbar. Unter diesen Umständen kommt es auf die Feststellung des LSG, daß am Unfalltage ein besonders starker Straßenverkehr geherrscht und sich das Unfallrisiko dadurch erhöht hat, nicht entscheidend an; diese Feststellung hat nur insofern Bedeutung, als die Klägerin sich nicht etwa darauf berufen könnte, die vorzeitige Anreise sei gerade wegen günstiger Verkehrsverhältnisse an diesen Tagen auch im dienstlichen Interesse geboten gewesen. Auch die Begleitung durch die Familie, die den Urlaubscharakter des ersten Teils der Gesamtreise noch unterstreicht, ist hier nicht von entscheidender Bedeutung.
Das LSG hat auch zutreffend erkannt, daß die Vergütung der Fahrtkosten durch den Arbeitgeber oder Dienstherren keinen entscheidenden Einfluß darauf hat, ob eine Fahrt als versicherte Dienstfahrt anzusehen ist. Dem Arbeitgeber, der die Fahrtkosten für eine dienstlich gebotene Reise zu tragen hat, ist es - soweit dadurch keine Arbeitszeit verloren geht - gleich, ob und aus welchen Gründen diese Fahrt früher oder später ausgeführt wird. Dagegen erstreckt sich die Haftung des Trägers der gesetzlichen UV nur auf echte Dienstfahrten. Da ein Unfallgeschehen als örtlich und zeitlich fixiertes Ereignis immer mit einer nach Zeit und Ort ganz bestimmten Fahrt verknüpft ist, muß feststehen, daß gerade diese Fahrt als Dienstfahrt versichert war. Es kommt daher auch nicht entscheidend darauf an, ob der Arbeitgeber des Versicherten die Reise zum Chirurgen-Kongreß bereits vom Gründonnerstag an als Dienstreise "genehmigt" hatte, zumal er nach den Feststellungen des LSG nicht bereit war, die Kosten für die Reise in vollem Umfang zu tragen. Eine solche Genehmigung bedeutete praktisch nichts anderes, als daß es dem Versicherten überlassen blieb, die Osterfreizeit nach eigenen Plänen in die Reise einzubeziehen; sie betraf daher allenfalls das arbeitsrechtliche Verhältnis des Versicherten zu seinem Arbeitgeber.
Unerheblich ist das Vorbringen der Klägerin, der Versicherte habe auf der Reise mitgeführte Krankengeschichten durchgearbeitet und wissenschaftliche Studien getrieben, die auch den Interessen des Betriebes gedient hätten. Die Revision verkennt, daß zu einer solchen - üblicherweise zu Hause oder auf der Dienststelle verrichteten - Tätigkeit eine Fahrt nach Süddeutschland weder erforderlich noch irgendwie förderlich war, daß also keinerlei Zusammenhang zwischen ihr und dem Unfall bestand. Wenn der Versicherte gelegentlich des Aufenthalts in Buchenbühl mit einem dort wohnenden Biologen wissenschaftliche Gespräche geführt hat, so vermag das ebenfalls an dem Urlaubscharakter dieses Teiles der Gesamtreise nichts zu ändern; das LSG hat zutreffend ausgeführt, daß solche Gespräche bei Geistesarbeitern, insbesondere Wissenschaftlern von Rang, auch im Rahmen der Freizeitgestaltung üblich sind. Da der Versicherte an der Organisation und Gestaltung des Kongresses nicht aktiv beteiligt war, war seine Anwesenheit in München jedenfalls nicht vor dem inoffiziellen oder halboffiziellen Treffen der Sauerbruchschüler am Vorabend des Kongreßbeginns erforderlich. Das soll allerdings nicht besagen, daß die Reise unbedingt erst am Dienstag als dem normalen Anreisetag hätte angetreten werden dürfen, um als versicherte Dienstreise zu gelten. Bei einem längeren Reiseweg kann sich etwa das Einschieben einer Übernachtung aus Bequemlichkeit wie aus Sicherheitsgründen, oder auch eine frühzeitige Ankunft am Ort des Dienstgeschäfts, um sich dort in Ruhe darauf vorzubereiten, je nach den Umständen durchaus noch im Rahmen einer zweckbestimmten Dienstreise halten. Das darf aber nicht dazu führen, daß durch Zusammenrechnung aller solcher Möglichkeiten die Anreise schließlich einen zeitlichen Umfang annimmt, der in keinem Verhältnis mehr zu der wirklich erforderlichen Dauer steht. Dann ändert sich nämlich der Charakter der Reise: statt einer Anreise zu einem Dienstgeschäft handelt es sich um eine selbständige, vom Dienstzweck losgelöste Privatreise. Das gilt insbesondere auch für den Einwand der Klägerin, ihr Ehemann sei nicht verpflichtet gewesen, an Feiertagen zu reisen. Abgesehen davon, daß dieses Argument im vorliegenden Fall schon deshalb nicht paßt, weil sich der Unfall gerade auf einer Fahrt am Feiertage ereignet hat, hätte der Versicherte - evtl. unter Benutzung der Eisenbahn - den hierfür ja gerade vorgesehenen Dienstag als Anreisetag verwenden können, wenn er an den Ostertagen selbst nicht fahren wollte.
Die Revision war daher zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Im Einverständnis der Beteiligten konnte der Senat durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 SGG. i.V.m. §§ 153, 165 SGG).
Fundstellen