Verfahrensgang

Bayerisches LSG (Urteil vom 24.11.1994; Aktenzeichen L 16 Ar 203/91)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 24. November 1994 aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozial-gericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

I

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Hinterbliebenenrente für den Zeitraum vom 1. März 1985 bis zum 31. Juli 1988 aus der Versicherung ihres am 18. Dezember 1927 geborenen und am 1. Februar 1985 verstorbenen geschiedenen Ehemannes P. … S. … (Versicherter). Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin ein Unterhaltsanspruch gegen den Versicherten im Zeitpunkt seines Todes zugestanden hat und welche Berechnungsart zur Feststellung eines solchen Anspruchs heranzuziehen ist.

Die am 7. Mai 1931 geborene Klägerin heiratete den Versicherten im Jahre 1965. Mit notariellem Ehe- und Erbvertrag vom 31. Januar 1966 vereinbarten die Eheleute für die fernere Dauer der Ehe Gütergemeinschaft nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Durch weiteren Vertrag vom 31. Januar 1966 übergab der Vater des Versicherten an die Eheleute zum Gesamtgut der Gütergemeinschaft seinen gesamten ca 14 ha großen, zum überwiegenden Teil verpachteten Grundbesitz einschließlich der vorhandenen landwirtschaftlichen Maschinen und Geräte sowie des wesentlichen Hausrats. Hierbei behielt er sich auf Lebenszeit den Nießbrauch gemäß §§ 1030 ff BGB an sämtlichen Grundstücken (mit Ausnahme der Flur-Nrn 925a und b der Gemarkung Enghausen) vor. Die kinderlos gebliebene Ehe wurde mit Rechtskraftwirkung vom 16. August 1974 aus dem Verschulden des Versicherten geschieden. Danach ging keiner der Ehegatten eine neue Ehe ein. Ihren letzten gemeinsamen Aufenthalt hatten die früheren Eheleute und der am 15. Juni 1956 geborene Sohn der Klägerin (R. … G.) in Peterswahl, Landkreis Freising.

Nach der Scheidung wurde die Zwangsversteigerung des landwirtschaftlichen Anwesens zur Aufhebung der Gütergemeinschaft durchgeführt. Der Versicherte erhielt am 28. Januar 1977 den Zuschlag auf sein Gebot von 309.000,00 DM. Vom Übererlös bekam die Klägerin 150.000,00 DM. Der Versicherte erhielt den Rest.

Im August 1977 erwarb die Klägerin ein Grundstück mit Wohnhaus für 200.000,00 DM in der Gemeinde Buch, Landkreis Landshut. Ihrem Sohn räumte die Klägerin Miteigentum ein.

Im Zeitpunkt der Scheidung war der Versicherte bei der Firma A. C. … GmbH in Eching beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete mit dem Tode des Versicherten am 1. Februar 1985. In der Zeit vom 8. Juni 1984 bis zu seinem Tode war der Versicherte überwiegend arbeitsunfähig erkrankt. Lediglich am 23. Juli 1984 und in der Zeit vom 26. September 1984 bis zum 30. Oktober 1984 hat er noch gearbeitet. Arbeitsentgelt erhielt er zuletzt am 30. Oktober 1984. Er bezog dann bis zum 11. Dezember 1984 Übergangsgeld während einer Rehabilitationsmaßnahme und anschließend bis zu seinem Tode Krankengeld. In der Zeit vom 1. Februar 1984 bis 31. Januar 1985 verfügte der Versicherte über ein Nettoarbeitsentgelt von 14.923,01 DM zuzüglich Kranken- und Übergangsgeld in Höhe von 9.109,71 DM.

Die Klägerin arbeitete während und nach der Ehe bei der Firma F. … D. … & Söhne in Moosburg/Isar. Sie erzielte dort im Jahr vor dem Tode des Versicherten einen Nettoverdienst von 19.443,96 DM. Außerdem erhielt sie in dieser Zeit Zinsen in Höhe von 449,46 DM aus einer Festgeldanlage sowie 520,00 DM Pachtzinsen.

Am 8. Februar 1985 stellte die Klägerin einen Antrag auf Gewährung einer Hinterbliebenenrente aus der Versicherung ihres geschiedenen Ehemanns. Im Antragsfragebogen erklärte sie, ihr geschiedener Ehemann habe ihr keinen Unterhalt gezahlt. Sie habe davon abgesehen, einen Unterhaltsanspruch gerichtlich geltend zu machen, und von ihrem Arbeitseinkommen gelebt.

Mit Bescheid vom 10. September 1985 lehnte die Beklagte die Rentengewährung ab. Angesichts der durchschnittlichen Monatseinkünfte von 2.002,73 DM beim Versicherten und 1.701,12 DM bei ihr habe die Klägerin keinen Unterhalt verlangen können, so daß auch kein Rentenanspruch nach § 1265 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) – damaliger Fassung – bestehe. Ein Rentenanspruch nach § 1265 Satz 2 RVO scheitere am Fehlen der persönlichen Voraussetzungen der Nr 3 dieser Regelung.

Dagegen hat die Klägerin am 9. Oktober 1985 Klage erhoben. Mit Urteil vom 9. Dezember 1987 hat das Sozialgericht (SG) Landshut die Beklagte zur Zahlung einer Hinterbliebenenrente gemäß § 1265 Satz 1 RVO in der bis zum 31. Dezember 1985 gültigen Fassung dieser Vorschrift verurteilt. Die Klägerin habe einen Unterhaltsanspruch gehabt. Er ergebe sich jedenfalls dann, wenn zur Ermittlung des Unterhaltsbedarfs statt der bisher vom Bundessozialgericht (BSG) angewendeten sog Anrechnungsmethode die von der zivilrechtlichen Rechtsprechung vertretene sog Differenzmethode des Bundesgerichtshofs (BGH) angewendet werde, die hier zu bevorzugen sei.

Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Das Rechtsmittel ist im Laufe des Berufungsverfahrens auf den Zeitraum vom 1. März 1985 bis zum 31. Juli 1988 beschränkt worden, nachdem die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 4. September 1989 nach § 1265 Abs 1 Satz 2 RVO aufgrund einer im Juli 1988 eingetretenen Berufsunfähigkeit Hinterbliebenenrente ab 1. August 1988 gewährt hatte.

Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hat in seinem Urteil vom 24. November 1994 folgendes ausgeführt: Die zulässige Berufung sei nicht begründet. Zu Recht sei das SG von einem Unterhaltsanspruch der Klägerin iS des § 1265 Satz 1 1. Alternative RVO idF des Gesetzes vom 14. Juni 1976 bzw § 1265 Abs 1 Satz 1 1. Alternative RVO idF des Art 1 Nr 27 des Hinterbliebenen- und Erziehungszeitengesetzes (HEZG) vom 11. Juli 1985 (BGBl I S 1450) ausgegangen. Nachdem die Ehe vor dem 1. Juli 1977 aus alleinigem Verschulden des Versicherten geschieden worden sei, ergebe sich der Unterhaltsanspruch aus dem auch über den 30. Juni 1977 hinaus fortgeltenden § 58 Abs 1 des Ehegesetzes (EheG). Danach komme es auf die ehelichen Lebensverhältnisse an, während im Rahmen des § 1265 RVO die Höhe eines etwaigen Unterhaltsanspruchs während des letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes vor dem Tode des Versicherten zu prüfen sei. Auf eine Fortschreibung der Brutto- und Nettoeinkünfte beider Ehegatten könne insoweit verzichtet werden, weil sich das Einkommen sowohl des Versicherten wie auch der Klägerin von 1970 bis 1983 parallel zur allgemeinen Einkommensentwicklung verändert habe. Es gebe auch keine besonderen Umstände des Einzelfalls, die dazu führen könnten, nicht das letzte Jahr vor dem Tode des Versicherten als letzten wirtschaftlichen Dauerzustand anzunehmen. Nicht die vorhergehende Krankheit des Versicherten, nämlich die Herz-, Kreislauf- und Gefäßerkrankung, sei die spätere Todesursache gewesen, sondern ein akut erlittener Herzinfarkt. Die Herz-, Kreislauf- und Gefäßerkrankung hätte auch nicht in absehbarer Zeit zum Tode führen müssen. Daher sei die Zeit des Krankengeldbezuges für den letzten wirtschaftlichen Dauerzustand mit zu berücksichtigen. Dem stehe auch der Zweck des Krankengeldes nicht entgegen, den Lohnausfall nur vorübergehend zu ersetzen, denn die Höchstbezugszeit von 78 Wochen sei kein bloß „vorübergehender Zustand”. Ebenso führe der vorübergehende Minderverdienst der Klägerin aufgrund von Kurzarbeit nicht zu einer Veränderung des maßgeblichen Zeitraums.

Unter Anwendung der vom BSG bisher verwendeten sog Anrechnungsmethode habe die Klägerin keinen Unterhaltsanspruch. Dies gelte selbst dann, wenn man die für die Klägerin günstigste Quote von 3/7 des addierten relevanten beiderseitigen Einkommens der letzten zwölf Monate (23.703,00 DM und 20.295,00 DM = 43.998,00 DM), also 18.856,00 DM, zugrunde lege, da das Einkommen der Klägerin von 20.295,00 DM diese Quote übersteige.

Das Einkommen des Versicherten sei auch nicht um fiktive Mieteinnahmen oder Einkünfte aus dem Tonabbau zu erhöhen. Der Versicherte habe das auf dem landwirtschaftlichen Anwesen befindliche Zweifamilienhaus zur Erhöhung seiner unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit nicht vermieten müssen. Er hätte es auch selber nutzen können. Wenn man fiktive Mieteinnahmen berücksichtigen wolle, so müsse man auf seiten der Klägerin auch miteinbeziehen, daß sie den Kaufpreis des für sich und ihren Sohn erworbenen Hauses offensichtlich allein aufgebracht habe und deshalb in Höhe der Hälfte dieses Kaufpreises eine Schenkung an den Sohn vorliege. Dies führe zu einem Ausgleich der anzusetzenden Mieteinnahmen.

Die Einkünfte aus Tonabbau seien nicht zu berücksichtigen, weil sie aufgrund des eingeräumten Nießbrauchs dem Vater des Versicherten zugestanden hätten. Soweit dieser dem Versicherten die Erlöse überlassen habe, liege eine unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigende fortlaufende Schenkung vor.

Richtigerweise habe das SG bei Berechnung des Unterhaltsanspruchs jedoch die Differenzmethode des BGH zugrunde gelegt, aus der der 13. Senat des BSG die sog modifizierte Additionsmethode entwickelt habe.

Danach sei vom Einkommen des Versicherten über 24.032,72 DM ein Betrag von 329,76 DM für Fahrtkosten sowie 1/6 des Restbetrages für nicht quantifizierbare Aufwendungen in Abzug zu bringen. Der Mehrbedarf von 1/6 – gegenüber 1/7 für nicht quantifizierbare berufsbedingte Aufwendungen der Klägerin – ergebe sich daraus, daß der Versicherte fahrzeitbedingt arbeitstäglich ca zwei Stunden länger außer Haus habe sein müssen als die Klägerin, er aufgrund seiner Erkrankung einen Mehrbedarf für Nahrungsmittel und Arztbesuche gehabt habe und ein Anreiz für die Fortsetzung der Berufstätigkeit des Unterhaltspflichtigen bestehen solle. Danach ergebe sich für den Versicherten ein Betrag von 19.752,50 DM. Bei der Klägerin seien zum Nettoarbeitsentgelt von 19.443,96 DM die Pachtzinsen (520,00 DM) sowie die Festgeldzinsen (449,46 DM) und das Krankengeld für 13 Tage im Dezember 1984 (515,45 DM) hinzuzuzählen. Abzuziehen seien 633,60 DM Fahrtkosten und 1/7 des Restbetrages für nicht quantifizierbare Aufwendungen. Hieraus ergebe sich ein Betrag von 17.396,00 DM. Der Unterschiedsbetrag von 2.356,50 DM ergebe halbiert 1.178,25 DM, was einem monatlichen Unterhaltsanspruch der Klägerin in Höhe von 98,19 DM entspreche. Dieser übersteige die Quote von 25 % des örtlich und zeitlich relevanten Regelsatzes der Sozialhilfe (bis 30. Juni 1984 335,00 DM; ab 1. Juli 1984 346,00 DM). Damit stehe der Klägerin der Anspruch auf Gewährung der Hinterbliebenenrente auch für den Zeitraum vom 1. März 1985 bis zum 31. Juli 1988 zu.

Zur Begründung ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 1265 Abs 1 Satz 1 RVO. Zu Unrecht sei das LSG von einem Unterhaltsanspruch der Klägerin ausgegangen. Ein solcher habe weder zum Zeitpunkt der Scheidung noch im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tode des Versicherten bestanden. Hierbei sei die sog Anrechnungsmethode zugrunde zu legen, die das BSG in ständiger Rechtsprechung anwende (vgl BSGE 52, 83 = SozR 2200 § 1265 Nr 56 und zuletzt BSG SozR 3-2200 § 1265 Nrn 4 und 7). Bisher sei lediglich in einer Entscheidung eine Hinwendung zur sog modifizierten Additionsmethode angedeutet worden, die Berechnungsmethode sei dort aber nicht entscheidungserheblich gewesen (BSG, Urteil vom 12. Oktober 1993 – 13 RJ 55/92 – SozR 3-2200 § 1265 Nr 11).

Die Beklagte beantragt,

die Urteile des Bayerischen LSG vom 24. November 1994 und des SG Landshut vom 9. Dezember 1987 insoweit aufzuheben, als der Klägerin Geschiedenenwitwenrente für den Zeitraum vom 1. März 1985 bis zum 31. Juli 1988 zugesprochen worden ist.

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision der Beklagten ist zulässig und im Sinne der Zurückverweisung der Sache auch begründet.

Das LSG hat die Berufung der Beklagten zutreffend als zulässig erachtet. Der Streit betraf in dem insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Einlegung der Berufung (vgl zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Prüfung der Berufungsvoraussetzungen BSGE 16, 134, 135 = SozR Nr 4 zu § 46 RKG; BSGE 37, 64, 65 = SozR Nr 1 zu § 11 AA vom 31. Oktober 1969; BSG SozR 1500 § 146 Nr 6 und BSG SozR 1500 § 144 Nr 30) weder ausschließlich eine Rente für zurückliegende Zeiträume noch allein den Beginn einer Rentengewährung iS des § 143 iVm § 146 SGG in der bis zum 28. Februar 1993 gültigen Fassung; denn der Bescheid vom 4. September 1989 über die Gewährung der Hinterbliebenenrente ab 1. August 1988 existierte am 29. Februar 1988 noch nicht.

In der Sache kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Der Rechtsstreit wird gemäß § 170 Abs 2 Satz 2 SGG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen. Nach den bisher getroffenen Feststellungen läßt sich nämlich nicht entscheiden, ob das LSG die Berufung der Beklagten gegen deren Verurteilung durch das SG zur Gewährung einer Geschiedenenwitwenrente an die Klägerin für den Zeitraum vom 1. März 1985 bis zum 31. Juli 1988 im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen hat.

Der streitige Rentenanspruch richtet sich nach dem Recht der RVO, denn dieses ist nach § 300 Abs 2 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) auf Ansprüche bis zum 31. Dezember 1991, also auch auf den Anspruch für den Zeitraum vom 1. März 1985 bis zum 31. Juli 1988, noch anzuwenden, wenn der Anspruch – wie hier (8. Februar 1985) – bis zum Ablauf des 31. März 1992 geltend gemacht worden ist. Wie bei allen Hinterbliebenenrenten ist auch bei der Rente nach § 1265 RVO (vgl § 1263 Abs 1 RVO in der ab 1. Januar 1986 geltenden und hier maßgeblichen Fassung durch Art 1 Nr 25 HEZG; insoweit inhaltsgleich mit der Fassung vom 1. Januar 1957 durch Art 1 des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes ≪ArVNG≫ vom 23. Februar 1957, BGBl I S 45). Voraussetzung für die Rentengewährung, daß dem Verstorbenen zur Zeit seines Todes Versichertenrente zustand oder zu diesem Zeitpunkt die Wartezeit für die Rente wegen Berufsunfähigkeit von ihm erfüllt ist oder nach § 1252 RVO als erfüllt gilt (§ 1263 Abs 2 RVO in der Neufassung ab 1. Juli 1965 durch Art 1 § 1 Nr 26 des Rentenversicherungsänderungsgesetzes vom 9. Juni 1965, BGBl I S 476). Die Wartezeit für die Rente wegen Berufsunfähigkeit umfaßt 60 Kalendermonate, also fünf Jahre (§ 1246 Abs 3 RVO in der Neufassung ab 1. Januar 1957 durch Art 1 ArVNG). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt; denn aus dem Bescheid vom 4. September 1989, mit dem die Beklagte der Klägerin Hinterbliebenenrente gemäß § 1265 Abs 1 Satz 2 RVO ab 1. August 1988 gewährt hat, ergibt sich, daß der Versicherte zur Zeit seines Todes eine Versicherungszeit von 24,17 Jahren zurückgelegt hatte.

Der Anspruch der Klägerin richtet sich nach § 1265 Abs 1 Satz 1 RVO in der ab 1. Januar 1986 geltenden Fassung durch Art 1 Nr 27 HEZG (wortgleich mit § 1265 Satz 1 RVO in der bis zum 31. Dezember 1985 geltenden Fassung). Danach wird einer früheren Ehefrau des Versicherten, deren Ehe mit dem Versicherten vor dem 1. Juli 1977 geschieden, für nichtig erklärt oder aufgehoben ist, nach dem Tode des Versicherten Rente gewährt, wenn ihr der Versicherte zur Zeit seines Todes Unterhalt nach den Vorschriften des EheG oder aus sonstigen Gründen zu leisten hatte oder wenn er im letzten Jahr vor seinem Tode Unterhalt geleistet hat. Ist eine Witwenrente nicht zu gewähren, findet gemäß § 1265 Abs 1 Satz 2 RVO diese Regelung auch dann Anwendung,

  1. wenn eine Unterhaltsverpflichtung wegen der Vermögens- oder Erwerbsverhältnisse des Versicherten oder wegen der Erträgnisse der früheren Ehefrau aus einer Erwerbstätigkeit nicht bestanden hat und
  2. wenn die frühere Ehefrau im Zeitpunkt der Scheidung, Nichtigerklärung oder Aufhebung der Ehe mindestens ein waisenrentenberechtigtes Kind zu erziehen oder für ein Kind, das wegen körperlicher oder geistiger Gebrechen Waisenrente erhielt, zu sorgen oder das 45. Lebensjahr vollendet hatte und
  3. solange sie berufsunfähig (§ 1246 Abs 2 RVO) oder erwerbsunfähig (§ 1247 Abs 2 RVO) ist oder mindestens ein waisenrentenberechtigtes Kind erzieht oder für ein Kind, das wegen körperlicher oder geistiger Gebrechen Waisenrente erhält, sorgt oder wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet hat.

In Betracht kommt hier allein ein Rentenanspruch nach § 1265 Abs 1 Satz 1 RVO. Sonstige Anspruchsgrundlagen scheiden aus.

Für den streitigen Zeitraum besteht insbesondere kein Rentenanspruch gemäß § 1265 Abs 1 Satz 2 RVO. Ein solcher Anspruch scheitert – unabhängig vom Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen – am Fehlen der Voraussetzungen des § 1265 Abs 1 Satz 2 Nr 3 RVO. Nach den unangegriffenen und für die Revisionsinstanz daher bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) ist die Klägerin erst seit Juli 1988 berufsunfähig. Dies schließt auch eine Erwerbsunfähigkeit für die vorhergehende Zeit aus. Da aus der Ehe keine Kinder hervorgegangen sind, hatte sie kein waisenrentenberechtigtes Kind zu erziehen oder für ein Kind zu sorgen, welches Waisenrente erhält. Das 60. Lebensjahr hat die am 7. Mai 1931 geborene Klägerin erst nach dem hier streitigen Zeitraum vollendet.

Soweit es § 1265 Abs 1 Satz 1 RVO betrifft, ist nach den Feststellungen des LSG davon auszugehen, daß der Versicherte der Klägerin im letzten Jahr vor seinem Tod keinen Unterhalt gezahlt hat (3. Fall) und hierzu auch aus außerhalb der Unterhaltsvorschriften des EheG liegenden Gründen nicht verpflichtet war (2. Fall). Das LSG ist aber von einer Unterhaltsverpflichtung nach den Vorschriften des EheG und damit vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 1265 Abs 1 Satz 1 RVO (1. Fall) ausgegangen. Ob dies zutrifft, bedarf weiterer Ermittlungen des LSG.

Da die Ehe aus alleinigem Verschulden des Versicherten geschieden wurde, richtet sich der Unterhaltsanspruch nach § 58 Abs 1 EheG, der in seiner bis zum 30. Juni 1977 geltenden Fassung auf Ehen, die – wie hier – nach dem bis zum 30. Juni 1977 geltenden Recht geschieden wurden, weiter Anwendung findet (vgl Art 12 Nr 3 Abs 2, Nr 13 Buchst a des Ersten Eherechtsreformgesetzes vom 14. Juli 1976, BGBl I 1221). Gemäß § 58 Abs 1 EheG hat der allein oder überwiegend für schuldig erklärte Mann der geschiedenen Frau den nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt zu gewähren, soweit die Einkünfte aus dem Vermögen der Frau und die Erträgnisse einer Erwerbstätigkeit nicht ausreichen. Es kommt hiernach auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Scheidung an. Sie sind Maßstab für die Angemessenheit des Unterhalts (st Rspr, vgl BSG SozR 3-2200 § 1265 Nr 11). Spätere Veränderungen, wie hier zB die Versteigerung des landwirtschaftlichen Anwesens, beeinflussen nicht mehr die Lebensverhältnisse zur Zeit der Scheidung, sondern allenfalls die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten oder die Deckung des Unterhaltsbedarfs bei dem Unterhaltsberechtigten.

Zur Ermittlung der Unterhaltsverpflichtung iS des § 1265 Abs 1 Satz 1 RVO wird grundsätzlich die im Zeitpunkt der Scheidung vorhandene Unterhaltssituation auf die Verhältnisse zur Zeit des Todes des Versicherten umgerechnet, um zwischenzeitlich eingetretene Inflationssteigerungen auszugleichen und die allgemeine Einkommensentwicklung zu berücksichtigen (vgl BSG SozR 2200 § 1265 Nrn 8, 15, 17). Sind bereits während der Ehe beide Ehepartner erwerbstätig gewesen, wurde die Ehe von beiden Einkommen, also ihrer Summe, geprägt (BSGE 54, 34, 35 = SozR 2200 § 1265 Nr 66). Auf die Fortschreibung der insoweit maßgeblichen Nettoeinkünfte beider Ehegatten konnte hier jedoch verzichtet werden (vgl dazu BSG SozR 2200 § 1265 Nr 56), weil nach den Feststellungen des LSG die Entwicklung der Einkommen beider Ehegatten aus ihrer Erwerbstätigkeit in der fraglichen Zeit der allgemeinen Einkommensentwicklung entsprochen hat.

Um Zufallsergebnisse auszuschließen, wird im Rahmen des § 1265 Abs 1 Satz 1 RVO (1. Fall) auf den letzten wirtschaftlichen Dauerzustand in der Zeit vor dem Tode abgestellt. Das ist unabhängig von ihrer Dauer die Zeit ab der letzten wesentlichen Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse eines Familienmitglieds mit Dauerwirkung bis zum Tode des Versicherten (vgl BSG SozR 2200 § 1266 Nr 6 und BSG SozR 2200 § 1265 Nr 64). Hierbei ist nicht schematisch zu verfahren; es bleibt Raum für Billigkeitserwägungen. So kann es beispielsweise unbillig sein, eine dem Tode vorausgehende Krankheitszeit und die dadurch hervorgerufene Verschlechterung der Unterhaltslage mit zu berücksichtigen. Hierbei ist auf die Umstände des Einzelfalls, insbesondere darauf abzustellen, ob die Krankheit die spätere Todesursache gewesen ist oder sie den Tod in absehbarer Zeit hätte herbeiführen müssen. Je mehr die Krankheit als Vorstufe des Todes erscheint, desto eher ist es unbillig, die durch sie herbeigeführte Verschlechterung der Unterhaltslage zum Prüfungsmaßstab für die Hinterbliebenenrente zu nehmen (vgl BSGE 35, 243, 245 f = SozR Nr 13 zu § 1266 RVO; BSG SozR 2200 § 1265 Nr 35; BSGE 47, 269, 273 = SozR 2200 § 1265 Nr 37; BSG SozR 2200 § 1265 Nr 64). Andererseits können aber auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherten vor seinem Tod durch eine länger andauernde schwere Erkrankung und dadurch bedingte Arbeitsunfähigkeit mit Verlust oder spürbarer Verringerung der Einkünfte geprägt sein. Dies kann im Einzelfall dazu führen, daß nur die Einkommenssituation aus der Zeit der Arbeitsunfähigkeit für die Berechnung des Unterhaltsanspruchs heranzuziehen ist, weil das frühere Arbeitseinkommen die nun eingetretenen neuen wirtschaftlichen Verhältnisse nicht mehr zutreffend kennzeichnet. Eine solche Lage ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die Erkrankung nach medizinischer Erkenntnis als Dauerzustand einzuschätzen und mit einer Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Versicherten nicht zu rechnen ist.

Das LSG hat als letzten wirtschaftlichen Dauerzustand den Zeitraum vom 1. Februar 1984 bis 31. Januar 1985 zugrunde gelegt. Zutreffend ist insoweit zunächst die Zeit der Krankheit des Versicherten mit in den maßgeblichen Dauerzustand einbezogen worden. Wie das LSG unangegriffen festgestellt hat, führte nicht die Herz-, Kreislauf- und Gefäßerkrankung, aufgrund derer der Versicherte ab 8. Juni 1984 fast durchgehend arbeitsunfähig war, zum Tode, sondern das am 1. Februar 1985 erlittene akute Herzversagen nach Infarkt. Das LSG hat zudem festgestellt, daß nach allgemeiner Erfahrung eine Herz-, Kreislauf- und Gefäßerkrankung den Tod kaum zwingend innerhalb eines bestimmten Zeitraums herbeiführen muß. Von daher bestand kein Grund, den Dauerzustand auf die Zeit vor dem 8. Juni 1984 zu verlegen. Damit sind das Kranken- und Übergangsgeld als Einkommen des Versicherten anzusetzen (vgl zur grundsätzlichen Einbeziehung von Krankengeld bei der Unterhaltsberechnung BSG SozR 2200 § 1265 Nr 87).

Die gesamte Zeitspanne vom 1. Februar 1984 bis zum 31. Januar 1985 kann für die Einkommensberechnung indes nur dann maßgeblich sein, wenn die am 8. Juni 1984 aufgrund der Herz-, Kreislauf- und Gefäßerkrankung eingetretene Arbeitsunfähigkeit des Versicherten nach medizinischer Erkenntnis kein – allenfalls von kurzen Arbeitsfähigkeitszeiten unterbrochener – neuer Dauerzustand war, sondern eine zeitnahe Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit möglich erschien. Ist hingegen von einer Arbeitsunfähigkeit auf Dauer auszugehen, so trat mit Beginn des Krankengeldbezuges im Juli 1984 eine wesentliche Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherten ein. Mit Blick auf die Höchstbezugsdauer von 78 Wochen ist ein Krankengeldbezug nicht nur als vorübergehende Erscheinung, sondern als letzter wirtschaftlicher Dauerzustand anzusehen, wenn eine Besserung des Zustandes nicht mehr zu erwarten ist. In einem solchen Fall ist bei der Einkommensermittlung nur die Zeit ab Beginn des Krankengeldbezuges zu betrachten.

Den bisherigen Feststellungen des LSG läßt sich nicht entnehmen, ob eine Besserung des Gesundheitszustandes des Versicherten noch zu erwarten war. Immerhin ist der Versicherte seit dem ersten Auftreten seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit am 8. Juni 1984 zwischendurch wieder – wenn auch nur kurzzeitig – arbeitsfähig gewesen. Zudem reicht weder die durchgehende Arbeitsunfähigkeit vom 31. Oktober 1984 bis zum 1. Februar 1985 (vier Monate einschließlich der Zeit der Rehabilitationsmaßnahme) noch die – nicht näher konkretisierte – Herz-, Kreislauf- und Gefäßerkrankung des Versicherten für sich genommen aus, um einen Dauerzustand mit Sicherheit bejahen zu können.

Auf seiten der Klägerin hat das LSG denselben Bezugszeitraum gewählt. Das ist im Grundsatz zutreffend (vgl BSGE 31, 90, 94 = SozR Nr 7 zu § 1266 RVO). So wäre auch zu verfahren, wenn der letzte wirtschaftliche Dauerzustand auf seiten des Versicherten erst im Juli 1984 eingetreten sein sollte. In beiden Zeiträumen waren die Arbeitseinkünfte der Klägerin phasenweise durch Kurzarbeit verringert. Kurzarbeitergeld ist wie das Krankengeld eine Lohnersatzleistung. Es orientiert sich am pauschalisierten Nettoeinkommen, ist seiner Höhe nach jedoch deutlich niedriger als dieses (68 bzw 63 vH, vgl § 68 Arbeitsförderungsgesetz ≪AFG≫ in der in den Jahren 1984 und 1985 geltenden Fassung). Da im Februar 1984 (40 Stunden), im März 1984 (44 Stunden), im April 1984 (24 Stunden) und im Mai 1984 (24 Stunden) sowie im Oktober 1984 (24 Stunden) und im Januar 1985 (40 Stunden) kurz gearbeitet wurde, prägten die – vorübergehend – verringerten Einkünfte ebenso die Lebensverhältnisse der Klägerin in beiden in Betracht kommenden Zeiträumen (1. Februar 1984 bis 31. Januar 1985 bzw 7. Juli 1984 bis 31. Januar 1985) wie die normalen Arbeitseinkommen.

Bei der Berechnung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin hat das LSG auf seiten des Versicherten einen Jahresbetrag von 23.703,00 DM als anrechnungsfähiges Einkommen zugrunde gelegt und dabei das Nettoarbeitsentgelt (abzüglich Fahrtkosten) sowie das Krankengeld und das Übergangsgeld berücksichtigt. Nach den getroffenen Feststellungen läßt sich jedoch nicht beurteilen, ob damit alle anzurechnenden Einkommensarten erschöpfend erfaßt sind. Hierzu bedarf es weiterer Ermittlungen des LSG.

Ausgangspunkt ist stets die Frage, durch welche wirtschaftlichen Faktoren die ehelichen Lebensverhältnisse zum Zeitpunkt der Scheidung und unmittelbar davor geprägt gewesen sind. Zu erfassen sind dem Grunde und der Höhe nach alle Einkünfte, soweit sie dem Unterhalt der Eheleute gedient haben. Auszuklammern sind demgegenüber jene Einkünfte, die zur Vermögensbildung oder zu sonstigen nicht der Bestreitung des Lebensunterhalts der Eheleute zuzurechnenden Zwecken verwandt worden sind. Sofern solche dem Unterhalt zur Zeit der Ehe dienenden Einkünfte während des letzten wirtschaftlichen Dauerzustands vor dem Tode des Versicherten ganz oder teilweise noch vorhanden waren, sind sie neben den Erwerbseinkünften und Lohnersatzleistungen und etwaigen sonstigen Einkünften als anrechnungsfähiges Einkommen des Versicherten zu berücksichtigen.

Das LSG wird demgemäß festzustellen haben, ob und in welchem Umfang Einnahmen aus der Verpachtung von Grundflächen zur landwirtschaftlichen Nutzung und zum Abbau von Tonerde vor der Scheidung dem Versicherten zugeflossen sind und dem ehelichen Unterhalt gedient haben. Der Umstand, daß diese Einnahmen nach dem Übergabevertrag vom 31. Januar 1966 aufgrund des vorbehaltenen Nießbrauchs formal weiterhin dem Vater des Versicherten zustanden, schließt deren Berücksichtigung im Rahmen des Unterhaltsanspruchs nicht aus, wenn diese Einnahmen tatsächlich für den Lebensunterhalt der Ehegatten verwandt worden sind. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Nießbrauch des Vaters des Versicherten von vornherein nur eine „leere Hülse” oder ein Scheingeschäft (§ 117 BGB) war und die Einnahmen direkt dem Versicherten zugeflossen sind, ob der Anspruch auf die Einnahmen dem Versicherten von seinem Vater – etwa aufgrund einer Schenkung – abgetreten worden ist oder ob der Versicherte im Zeitpunkt der Scheidung möglicherweise sogar selbst Partner der Pachtverträge und damit Anspruchsinhaber war (vgl BGH NJW 1981, 1313; Palandt/Diederichsen § 1603 BGB RdNr 5; Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 3. Aufl 1995, § 1 RdNrn 20, 21, 44, 204, 368).

Die ehelichen Lebensverhältnisse waren hier auch geprägt vom Bau eines Zweifamilienhauses, das im Zeitpunkt der Scheidung nahezu bezugsfertig war. Das LSG wird festzustellen haben, ob dieser Neubau ganz oder teilweise vermietet werden sollte und ob und in welchem Umfang die Mieteinnahmen nach den damaligen Vorstellungen der Eheleute dem Lebensunterhalt oder anderen Zwecken, zB der Abtragung eines Kredits für den Hausbau, dienen sollten. Für die Hebung des Lebensstandards vorgesehene Investitionen aus der Zeit der Ehe können unterhaltsrechtlich nicht unberücksichtigt bleiben, wenn die Erzielung der Einnahmen zum Zeitpunkt der Scheidung unmittelbar bevorstand und die Einkünfte bei Fortsetzung der Ehe dem gemeinsamen Lebensunterhalt gedient hätten. Sofern die Eheleute geplant hatten, den Neubau vollständig selbst zu nutzen, kommt ferner die Möglichkeit in Betracht, daß im Falle der dann vorgesehenen Vermietung ihres bisher genutzten Hauses bzw einer Wohnung in diesem Haus diese Mieteinnahmen anzurechnen sind.

Sollten sich hiernach anrechnungsfähige Mieteinnahmen zum Zeitpunkt der Scheidung ergeben, ist ferner zu klären, ob und in welchem Umfang entsprechende Einkünfte auch zur Zeit des Todes des Versicherten anzusetzen sind. Der Versicherte hat das Zweifamilienhaus weder selbst bewohnt noch vermietet. Dem LSG ist nicht zu folgen, wenn es davon ausgeht, die Nutzung habe dem Versicherten freigestanden, weil dieses Haus in seinem Eigentum stand. Unterhaltsrechtlich ist vielmehr abzuwägen, ob eine Nutzung im Sinne einer Erzielung von Mieteinnahmen zumutbar war. Falls dies zu bejahen ist, ist ein fiktiver Mietwert als Einnahme dem Einkommen des Versicherten zuzuschlagen (vgl BGH, FamRZ 1988, 145, 149 f und BGH, FamRZ 1990, 269, 270 f = NJW 1990, 709, 711).

Die anzurechnenden Einkünfte der Klägerin hat das LSG auf jährlich 30.295,27 DM beziffert und dabei das Nettoarbeitsentgelt (abzüglich Fahrtkosten) einschließlich Kurzarbeitergeld und Fahrtkostenzuschuß des Arbeitgebers, das Krankengeld, Festgeldzinsen und Pachtzinsen zugrunde gelegt. Dabei hat das LSG zu Recht, ebenso wie beim Versicherten, einmalige Zahlungen (wie Weihnachts- und Urlaubsgeld) mit einbezogen (vgl BGH FamRZ 82, 250, 252 und BGH NJW 1991, 1049). Da die Arbeitgeber jeweils die Nettoeinkünfte mitgeteilt haben, waren weder steuerliche Abzüge noch Sozialversicherungsbeiträge zu berücksichtigen. Im übrigen wurden die tatsächlichen Feststellungen zur Höhe der arbeitsbedingten Fahrtkosten nicht gerügt. Sie sind daher für das Revisionsgericht bindend.

Dennoch besteht auch hinsichtlich des anzurechnenden Einkommens der Klägerin weiterer Klärungsbedarf.

Das LSG hat bisher keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Klägerin in dem Zeitraum des letzten wirtschaftlichen Dauerzustands gegenüber ihrem Sohn unterhaltsverpflichtet war. Dies ist zwar unwahrscheinlich, weil der Sohn der Klägerin beim Tod des Versicherten bereits 29 Jahre alt war und deswegen vermutlich über ausreichende eigene Einkünfte verfügte, aber nicht ausgeschlossen; denn die Eltern sind nach § 1602 Abs 1 BGB auch ihren volljährigen Kindern gegenüber unterhaltsplichtig, wenn diese außerstande sind, sich selbst zu unterhalten (vgl BSGE 58, 165, 167 ff = SozR 4100 § 138 Nr 12). Ein solcher Unterhaltsbetrag wäre vom Einkommen der Klägerin in Abzug zu bringen (vgl BSG SozR Nrn 16 und 42 zu § 1265 RVO).

Zu Recht hat das LSG auf seiten des Versicherten wie auf seiten der Klägerin keinen fiktiven Mietbetrag für das selbst bewohnte Haus angesetzt. Die Eigennutzung eines Hauses prägte vorliegend bereits die ehelichen Lebensverhältnisse. In den nachehelichen Lebensverhältnissen wohnte der Versicherte weiter im eigenen Haus, und die Klägerin erwarb ein Haus, welches sie mit ihrem Sohn gemeinsam bewohnte. Nutzen beide ehemaligen Eheleute Eigentum zu Wohnzwecken, kann der Ansatz eines fiktiven Mietwerts unterbleiben. Dies ist auch nicht deswegen anders, weil die Klägerin ihrem Sohn schenkungsweise ideelles Miteigentum an dem Haus eingeräumt hat. Weder aus dem Gesichtspunkt der unterlassenen Einkommenserzielung noch der unterlassenen Vermögensverwertung sind bei der Klägerin fiktive Einkünfte anzusetzen. Aus dem verschenkten Miteigentumsanteil kann sie keinen Nutzen mehr ziehen. Gesichtspunkte, die die Schenkung im Verhältnis zum Versicherten unbeachtlich machen könnten, sind ebenfalls nicht erkennbar.

Auf der Grundlage der sich nach den weiteren Ermittlungen ergebenden Tatsachen wird das LSG zu entscheiden haben, ob der Klägerin im Zeitpunkt des Todes des Versicherten ein Unterhaltsanspruch zugestanden hat. Ob dabei der traditionellen Anrechnungsmethode oder der vom Senat nach wie vor für sachgerecht empfundenen modifizierten Additionsmethode (BSG SozR 3-2200 § 1265 Nr 11) der Vorzug zu geben ist, kann an dieser Stelle offenbleiben. Das LSG wird sich erst dann für eine der Methoden zu entscheiden haben, wenn sich – wie in dem nun aufgehobenen Berufungsurteil – erneut herausstellen sollte, daß die Klage nur auf der Basis einer der beiden Methoden begründet ist.

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1173174

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