Entscheidungsstichwort (Thema)
Ständige Familienwohnung. Einheitliche Wegeunfall-Rechtsprechung für Soldatenversorgung und gesetzliche Unfallversicherung. Familienheimfahrt. Erreichen der üblichen Fahrtstrecke nach privater Verrichtung
Leitsatz (amtlich)
Seine ständige Familienwohnung hat ein lediger Soldat nicht allein deshalb bei einem Freund, weil er ihn häufig in der Freizeit besucht (Besuchswohnung).
Orientierungssatz
1. Die "ständige Familienwohnung" eines ledigen Soldaten, der eine Unterkunft in der Kaserne hat und dort regelmäßig schläft sowie kurze Freizeiten verbringt, besteht in der Regel in der Häuslichkeit seiner Eltern (vgl ua BSG vom 26.6.1985 4b/9a RV 33/84).
2. Der Schutz auf Wegen für die Kriegsopfer- und Soldatenversorgung sowie für die gesetzliche Unfallversicherung (§§ 1 und 4 BVG, § 81 SVG, § 550 RVO) ist grundsätzlich einheitlich zu beurteilen (vgl ua BSG vom 3.10.1984 9a RV 6/83).
3. Der Rechtsgrundsatz, daß nach einer privaten Verrichtung der Versicherungs- und Versorgungsschutz wieder beginnt, sobald die Strecke erreicht ist, die zwischen dem regelmäßigen Erholungsort und dem Dienstort zurückgelegt würde, gilt allein für den Weg zum Dienst iS des § 550 Abs 1 RVO und des § 81 Abs 4 S 1 Nr 2 SVG. Er läßt sich hingegen nicht auf das Erreichen einer Familienheimfahrtsstrecke iS des § 550 Abs 3 RVO und des § 81 Abs 4 S 3 SVG übertragen.
Normenkette
SVG § 81 Abs 4 S 1 Nr 2; SVG § 81 Abs 4 S 3; RVO § 550 Abs 1; RVO § 550 Abs 3; BVG § 1 Abs 1, § 4 Abs 1
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 26.03.1985; Aktenzeichen L 6 V 145/84) |
SG Köln (Entscheidung vom 02.08.1984; Aktenzeichen S 13 V 325/83) |
Tatbestand
Der Kläger verunglückte am 10. Oktober 1982 während seines in V. (Niedersachsen) geleisteten Wehrdienstes und begehrt Versorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) wegen der vor allem am rechten Bein erlittenen Gesundheitsschäden. Er fuhr am Freitag (8. Oktober 1982) zu einem Wochenendurlaub mit der Bundesbahn nach Bonn und vom dortigen Hauptbahnhof mit einem geliehenen Motorrad zur Wohnung seines Freundes in B. -B. G., dem Wohnort seiner Eltern. Bei dem Freund verbrachte er das Wochenende. Als er am Sonntag (10. Oktober 1982) kurz nach 17.00 Uhr mit dem Motorrad zum Hauptbahnhof fahren wollte, um einen Zug zu seinem Dienstort zu erreichen, stieß er an einer Kreuzung mit einem Pkw zusammen und erlitt schwere Verletzungen. Die Unfallstelle liegt einen Straßenblock weit vor der Einmündung der zuletzt befahrenen Straße in die Straße, durch die der Kläger von der elterlichen Wohnung zum Hauptbahnhof hätte fahren müssen.
Der nach dem Wehrdienst gestellte Versorgungsantrag wurde abgelehnt (Bescheid vom 10. August 1983). Das Sozialgericht (SG) hat der Klage stattgegeben (Urteil vom 2. August 1984). Das Landessozialgericht (LSG) hat sie abgewiesen (Urteil vom 26. März 1983). Der Kläger verunglückte nach der Auffassung des Berufungsgerichts nicht auf einem mit dem Dienst zusammenhängenden Weg zu seiner Dienststelle (§ 81 Abs 4 Satz 1 Nr 2 SVG). Der Weg von der Wohnung des Freundes sei nicht versorgungsrechtlich geschützt gewesen, weil der Besuch bei dem Freund nicht rechtlich mit dem Dienst wesentlich verbunden gewesen sei, sondern zum privaten Lebensbereich gehöre, mithin einem dienstfremden Zweck gedient habe. Die Fahrt habe auch nicht im angemessenen Verhältnis zum üblichen Weg von der dienstlichen Unterkunft in V zur dienstlichen Tätigkeit gestanden. Schließlich sei der Kläger nicht auf der Rückfahrt von seiner ständigen Familienwohnung (§ 81 Abs 4 Satz 3 SVG) verunglückt; diese habe in seinem Elternhaus gelegen. Obgleich der Kläger nicht regelmäßig nach Hause gekommen sei, sondern sich an manchen Wochenenden mit Wissen seiner Eltern nur bei Freunden aufgehalten habe, sei sein "häuslicher Wirkungskreis" nicht bei diesen gewesen.
Der Kläger rügt mit seiner - vom LSG zugelassenen - Revision eine Verletzung des § 81 Abs 4 Satz 3 SVG. Das LSG hätte den Begriff "ständige Familienwohnung" in einem weiteren Sinn auf die Wohnung des Freundes ausdehnen müssen. Bei diesem habe der volljährige Kläger, durch den Wehrdienst von seinem angestammten Lebensraum getrennt, seinen selbstgewählten außerdienstlichen Lebenskreis neben demjenigen im Elternhaus gehabt. Im übrigen brauche der Rückweg von der Familienheimfahrt nicht unbedingt an der Wohnung der Eltern, der üblichen Familienwohnung im engeren Sinn, angetreten zu werden, wenn der tatsächlich zurückgelegte Weg nicht erheblich länger und unerträglich risikoreicher, sondern - wie hier - sogar kürzer sei.
Der Kläger beantragt, das Urteil des LSG zu ändern und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG zurückzuweisen, hilfsweise, das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Er tritt der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts bei.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist nicht erfolgreich. Das LSG hat mit Recht seine Klage abgewiesen.
Der Kläger kann nach seinem Wehrdienst keine Versorgung wegen der Folgen des in jener Zeit erlittenen Unfalls auf Grund des § 80 Satz 1 SVG (idF der Bekanntmachungen vom 18. Februar 1977 -BGBl I 337-/10. August 1978 -BGBl I 1217- und 21. April 1983 -BGBl I 457-) nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) beanspruchen. Entschädigt werden nach jener Vorschrift die Folgen einer Wehrdienstbeschädigung. Als solche ist nach § 81 Abs 1 SVG bei der Sachlage dieses Falles allein eine gesundheitliche Schädigung durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes (dazu BSGE 41, 153, 154 = SozR 3200 § 81 Nr 5; BSG 20. April 1983 - 9a RV 30/82 -) erlittenen Unfall in Betracht zu ziehen. Als Wehrdienst in diesem Sinn gilt nach § 81 Abs 4 Satz 1 Nr 2 SVG das Zurücklegen des mit dem Dienst zusammenhängenden Weges nach und von der Dienststelle. Auf einem solchen Weg ist der Kläger nicht verunglückt, als er von seinem Freund in Richtung zum Standort zurückfuhr.
Endpunkt bei einem derart versorgungsrechtlich geschützten Hinweg und zugleich Ausgangspunkt in der Gegenrichtung ist die "Dienststelle", für den Soldaten im allgemeinen die Kaserne, in der er Wehrdienst leistet. Das Gesetz hat den anderen Punkt, den entsprechenden Ausgangs- oder Endpunkt, nicht ausdrücklich festgelegt. In der Regel ist dies die private Wohnung, für kasernierte Soldaten - wie den Kläger - die Unterkunft im Wohnbereich der Kaserne. Auf einem Weg zwischen dieser Wohnung oder Unterkunft und den Räumen oder sonstigen Örtlichkeiten der Dienstausübung hat sich der Unfall des Klägers nicht ereignet. Wer von einem anderen Ort nach privater Verrichtung zum Dienst fährt, ist in der Regel nicht versorgungsrechtlich geschützt (BSGE 32, 38, 41 = SozR Nr 10 zu § 550 Reichsversicherungsordnung -RVO-; BSG, Breithaupt 1977, 732; Beschluß des erkennenden Senats vom 24. Juli 1985 - 9b BU 148/84 -). Grundsätzlich ist der Schutz auf Wegen für die Kriegsopfer- und Soldatenversorgung sowie für die gesetzliche Unfallversicherung (§§ 1 und 4 BVG, § 81 SVG, § 550 RVO) einheitlich zu beurteilen (BSGE 33, 239, 242 f = SozR Nr 2 zu § 81 SVG 1964; BSGE 50, 80, 81 = SozR 3200 § 81 Nr 13; USK 81245; BSG 3. Oktober 1984 - 9a RV 6/83 -). Nach ständiger Rechtsprechung zu diesen beiden Sozialrechtsgebieten können ausnahmsweise auch andere Wege von und nach der Dienststelle oder Arbeitsstätte als diejenigen zur oder von der Wohnung oder sonstigen Unterkunft unfallversicherungsrechtlich und versorgungsrechtlich geschützt sein; sie müssen in einem angemessenen Verhältnis zum Weg zur und von der Häuslichkeit aus stehen (BSG SozR Nr 56 zu § 543 RVO aF; 2200 § 550 Nr 57; USK 73244; Breithaupt 1982, 982 = USK 8269; USK 81245; BSG 8. September 1977 - 2 RU 121/75 -; 19. Februar 1982 - 2 RU 67/81 - und - 2 RU 7/81 -). Das traf für die Fahrt, auf der der Kläger verunglückte, nicht zu; der Ort, an dem er zu Besuch war, liegt einige hundert Kilometer von der Standortunterkunft entfernt und wurde aus privaten Gründen aufgesucht.
Verrichtungen eines Soldaten in der dienstfreien Zeit sind grundsätzlich nicht versorgungsrechtlich geschützt (BSG SozR 3200 § 81 Nrn 6 und 19). Nur ausnahmsweise ist kraft zweier ausdrücklicher gesetzlicher Anordnungen eine solche Fahrt zugleich dem Dienstbereich zuzurechnen, dh sie wird als dienstliche Tätigkeit angesehen, obwohl sie kein Dienst ist: als unmittelbar vom oder zum Dienst führender und mit ihm zusammenhängender Weg aus der Nähe, der hier, wie schon dargelegt, nicht gegeben war, oder darüber hinaus als Familienheimfahrt oder entsprechende Rückfahrt von der Familienwohnung.
Auch diese zweite Alternative vermag keinen Versorgungsanspruch für den Kläger zu begründen.
§ 81 Abs 4 Satz 1 Nr 2 SVG gilt nach Satz 3 auch für den Weg von einer "ständigen Familienwohnung" und zu ihr, wenn ein Soldat wegen der Entfernung einer solchen vom Dienstort, die tägliches Hin- und Herfahren unmöglich macht oder allzusehr erschweren würde, oder wegen der Kasernierungspflicht am Dienstort oder in dessen Nähe eine Unterkunft hat, und zwar in der Regel - wie auch hier - in der Kaserne.
Der Kläger hatte nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG, die nicht mit der Revision angegriffen worden und daher für das Revisionsgericht verbindlich sind (§ 163 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), zur Unfallzeit seine Familienwohnung iS des § 81 Abs 4 Satz 3 SVG bei seinen Eltern. Das hat das Berufungsgericht auch zutreffend rechtlich beurteilt. Die "ständige Familienwohnung" eines ledigen Soldaten, der eine Unterkunft in der Kaserne hat und dort regelmäßig schläft sowie kurze Freizeiten verbringt, besteht in der Regel in der Häuslichkeit seiner Eltern (BSG SozR 3200 § 81 Nr 12; 2200 § 550 Nr 31; BVBl 1973, 6; Breithaupt 1977, 732; BSG 26. Juni 1985 - 4b/9a RV 33/84 -; ergänzend Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Band II, 486 bis 486a I). Der ledige Soldat kann wohl diesen Mittelpunkt seines außerdienstlichen Lebens bei den Eltern ersichtlich aufgegeben und "ständig", also für dauernd in eine andere Wohnung verlegt haben; dann müssen aber die tatsächlichen Verhältnisse, besonders Unterbringung der privaten Habe, Aufenthaltsgewohnheiten und Reinigen der Wäsche, entsprechend verändert worden sein (BSGE 20, 110, 111 f = SozR Nr 48 zu § 543 RVO aF; SozR 3200 § 81 Nr 12; Breithaupt 1977, 732). Dies traf beim Kläger nicht zu. Auch wenn er wiederholt oder sogar häufig seinen Freund in der dienstfreien Zeit, besonders an Wochenenden, besuchte, so war er doch nicht von seinen Eltern fortgezogen. Solche gelegentlichen, sogar häufigen Besuche unterscheiden sich in versorgungs- und unfallversicherungsrechtlicher Weise vom Aufenthalt in der "ständigen Familienwohnung" als dem Mittelpunkt des außerdienstlichen Lebens.
Eine derartige Besuchswohnung kann nicht deshalb als "ständige Familienwohnung" iS des § 81 Abs 4 Satz 3 SVG gewertet werden, weil ein Soldat auch von Bekannten, Freunden und Verwandten, die außerhalb seiner regulären Familienwohnung leben und die er zu besuchen pflegt, infolge seines am entfernten Standort geleisteten Wehrdienstes getrennt ist. Das Gesetz hat diesen Privatbereich im Unterschied zum Weg zu und von der "ständigen Familienwohnung" nicht unter einen Schutz gestellt. Wohl können die Lebensverhältnisse in der Kaserne, die das normale bürgerliche Leben und damit regelmäßiges Zusammensein mit Freunden ersetzen, wehrdiensteigentümlich sein (BSG SozR 3200 § 81 Nr 21). Das erstreckt sich indes nicht auf die Wege zwischen dem Standort und entfernt davon außerhalb der Familienwohnung lebenden Personen. Einer solchen weiten Auslegung der Ausnahmevorschrift, wie sie der Kläger für richtig hält, stehen Grund und Sinn des Versorgungs- und Versicherungsschutzes für Wege von und zu der "ständigen Familienwohnung" entgegen. Diese Regelung dehnt den Schutzbereich in das Privatleben hinein aus. Vorausgesetzt wird auch hier, daß der - weitere - Weg zu und von der Familienwohnung in der Weise mit dem Dienst zusammenhängt, daß er vom Dienst zur Erholung fort- oder zu ihm hinführt. Dies geht auf die gleichartige Regelung des Unfallversicherungsrechtes zurück, die 1939 zum ersten Mal in die RVO eingeführt wurde (zur Geschichte: BSGE 2, 78, 80; 24, 159, 161 = SozR Nr 58 zu § 543 RVO aF; BSGE 41, 153, 156). Damals legte es die Trennung vieler Arbeitnehmer von ihren Familien infolge der Arbeitsplatzlenkung nahe, den versicherungsrechtlich geschützten Wegen, die schon einen Bereich außerhalb des Arbeitsgeschehens erfaßten, auch die Wege zur weit vom Arbeitsort entfernten Familienwohnung und zurück zur Arbeitsstätte oder zur Unterkunft in deren Nähe zuzurechnen. Unter der Herrschaft des Grundgesetzes wird angesichts der Mobilität auf dem nunmehr freien Arbeitsmarkt dem Schutz der Familie (Art 6) dadurch genügt, daß diese Sondervorschrift weiterhin in der Unfallversicherung gilt und auf Soldaten ebenso wie auf Beamte ausgedehnt wird. Arbeitnehmern und Soldaten soll nicht zugemutet werden, die gesamte Freizeit in einer vielfach unzureichenden Unterkunft in der Nähe der Dienststelle von der Familie getrennt zu verbringen. Wenn die Rechtsprechung diesen geschützten Bereich ebenfalls für Wege zu und von der Wohnung gelten läßt, in der ein Arbeitnehmer oder Soldat seine Freizeit mit anderen Personen als den nächsten Familienangehörigen regelmäßig, dauernd oder überwiegend verbringt, so gilt dies, wie dargelegt, nur bezüglich solcher Wohnverhältnisse, die denen des ständigen Lebensmittelpunktes in der Familie gleichkommen; sie müssen - anders als hier - rechtfertigen, in gleicher Weise diese Wohnung als "ständige Familienwohnung" zu bewerten.
Das Zurücklegen des Weges von der Besuchswohnung zum Standort ist auch nicht deshalb kraft der Fiktion des § 81 Abs 4 Satz 1 Nr 2 iVm Satz 3 SVG der Dienstausübung gleichzusetzen, weil der Kläger kurz vor der Strecke verunglückte, die er bei einer Rückfahrt von seiner ständigen Familienwohnung (bei den Eltern) zur Kaserne benutzt hätte. Selbst wenn der Kläger auf dieser Strecke verunglückt wäre, wäre er nicht geschützt (vgl Urteil des erkennenden Senats vom 7. Mai 1986 - 9a RV 18/85 -).
Der versorgungsrechtlich geschützte Bereich beschränkt sich nach der Ausnahmevorschrift des § 81 Abs 4 Satz 3 SVG (entsprechend § 550 Abs 3 RVO) auf den direkten Weg zwischen der ständigen Familienwohnung und dem Dienstort, genauer: der Dienststelle (für das Unfallversicherungsrecht: dem Beschäftigungsort, genauer: der Arbeitsstätte) oder der Unterkunft in deren Nähe, falls diese vor Dienstbeginn noch aufgesucht wird (BSG SozR 3200 § 81 Nr 12; 2200 § 550 Nr 6; BVBl 1973, 6; USK 81245; BSG 16. Mai 1972 - 9 RV 676/71 -; 5. März 1980 - 9 RV 40/78 -). Diese Vorschrift schreibt auf der einen Seite den unmittelbaren Bezug zur Familienwohnung vor, in der anderen Richtung die direkte Beziehung auf den Tätigkeitsort und auf den Dienst selbst.
Der Schutzbereich ist nicht bloß rein örtlich und räumlich zu verstehen; es genügt nicht in jedem Fall allein das Befahren der Strecke zwischen den beiden genannten Bezugspunkten. Vielmehr muß der Weg darüber hinaus zu einem bestimmten Zweck zurückgelegt werden: vom Ort der geschützten Tätigkeit, hier der Wehrdienstausübung, und damit vom Dienst weg zum Aufsuchen der ständigen Familienwohnung als einem bestimmten Ort und Mittelpunkt der Erholung und des privaten, dienstfreien Lebens, - in umgekehrter Richtung von dort gegen Ende einer Freizeit zum Dienstort, um dort unmittelbar nach Eintreffen oder nach einer Nachtruhe oder nach ähnlichem dienstfreien Aufenthalt in der Unterkunft wieder den Dienst zu beginnen (BSG SozR 3200 § 81 Nr 9; im Ergebnis ebenso: BSG SozR 2200 § 550 Nrn 6 und 34). Diese einschränkende funktionale Beziehung ist, soweit sie auf den Aufenthalt am Mittelpunkt des privaten außerdienstlichen Lebens gerichtet ist, durch den zuvor dargelegten Grund und Zweck des erweiterten Versicherungs- und Versorgungsschutzes geboten. Was ein Soldat - ebenso wie ein Arbeitnehmer - außerhalb der ständigen Familienwohnung in der Freizeit, auch am Heimatort, betreibt, ist nicht mehr in den Schutz der Wehrdienstausübung - ebenso wie der Beschäftigung - einbezogen. Dort trägt er selbst das volle Risiko; es kann nicht auf den Versorgungsträger - in der Unfallversicherung auf den Versicherungsträger - abgewälzt werden. Dann kann weder der Weg zu einer solchen Betätigung noch der Rückweg von ihr geschützt sein, selbst wenn er über dieselbe Strecke führt wie der Weg von und zu der Familienwohnung.
Die Rechtsprechung läßt zwar nach der Rückkehr von einer privaten Verrichtung den Versicherungs- und Versorgungsschutz wieder beginnen, sobald die Strecke erreicht ist, die zwischen dem regelmäßigen Erholungsort und dem Dienstort zurückgelegt würde. Dieser Fall war hier nicht gegeben; der Kläger verunglückte kurz vor der bezeichneten Strecke. Abgesehen davon gilt jener Rechtsgrundsatz allein für den Weg zum Dienst iS des § 550 Abs 1 RVO und des § 81 Abs 4 Satz 1 Nr 2 SVG (BSG SozR 2200 § 550 Nrn 42, 57 und 69). Er läßt sich hingegen nicht auf das Erreichen einer Familienheimfahrtsstrecke iS des § 550 Abs 3 RVO und des § 81 Abs 4 Satz 3 SVG übertragen. Für eine solche Ausdehnung fehlt es im räumlichen Bereich, der die Voraussetzung für einen Schutz nach dieser Sonderregelung darstellt, an der erforderlichen funktionalen Beziehung.
Diese Auslegung des § 81 Abs 4 Satz 3 SVG ist auch wegen des besonderen Zweckes dieser Vorschrift geboten, die den Schutz beträchtlich weiter als § 81 Abs 4 Satz 1 Nr 2 SVG in den privaten Lebensbereich hinein ausdehnt; das begrenzt ihren besonderen Zweck, wie dargelegt. Es handelt sich nicht um einen reinen Unterfall des § 81 Abs 4 Satz 1 Nr 2 SVG, der sich in allen Einzelheiten nach den Grundsätzen dieser Vorschrift richten müßte. Allgemein mögen Wege von und zu einer Familienwohnung ebenso wie solche von einer Wohnung oder Unterkunft zum Dienst zu beurteilen sein (BSG SozR 2200 § 550 Nr 6). Das gilt jedoch nicht, soweit Unterschiede eine verschiedenartige Beurteilung rechtfertigen und gebieten (BSG SozR 2200 § 550 Nr 58), wie es hier der Fall ist.
Außerdem erfordert ein anderer Rechtsgrundsatz des Wegeunfallrechtes die hier maßgebende Einschränkung. Falls jemand durch eine private, nicht mit dem Dienst oder der Beschäftigung zusammenhängenden Verrichtung das Zurücklegen eines gesetzlich geschützten Weges, der dienstbezogen sein muß, unterbrochen und sich wegen längerer Dauer, im allgemeinen länger als zwei Stunden, von der mit dem Dienst zusammenhängenden Betätigung "gelöst" hat, entsteht kein Versicherungs- und Versorgungsschutz mehr mit dem Erreichen der üblichen, geschützten Wegstrecke (BSG SozR 2200 § 548 Nr 67; BSG, Bericht in Ersatzkasse 1979, 42; BSG 3. Oktober 1984 - 9a RV 6/83 -; Beschluß des erkennenden Senats vom 5. Mai 1982 - 9a BV 19/82 -).
So war es hier. Der Rückweg ist grundsätzlich ebenso wie der Hinweg zu beurteilen. Der Kläger hatte nach dem Verlassen des Standortes zuerst weithin die Strecke befahren, die zu seiner Familienwohnung führte. Ob er in diesem Abschnitt auch dann geschützt gewesen wäre, wenn er von vorneherein nicht nach Hause hätte fahren wollen, sondern direkt die Besuchswohnung angestrebt hätte, ist hier nicht zu entscheiden. Jedenfalls endete der Schutzbereich spätestens mit der Abzweigung zur Wohnung des Freundes. Anschließend hielt sich der Kläger so lange im rein privaten Bereich anderswo, nämlich außerhalb des Lebensmittelpunktes iS des § 81 Abs 4 Satz 3 SVG und ohne Berührung desselben auf, daß seine spätere Rückkehr auf den Weg zwischen Familienwohnung und Standort keinen Versorgungsschutz mehr begründen konnte. Viel weniger vermochten dies vor Erreichen der Strecke zwischen der elterlichen Wohnung und der Kaserne die bloße Fahrtrichtung und die Absicht, alsbald auf diesen Straßenabschnitt zu fahren.
Wenn der erkennende Senat die Fahrt eines Soldaten, der eine Dauerausgangskarte für dienstfreie Nächte besitzt, auch von einer anderen Wohnung als der Familienwohnung zur Kaserne als versorgungsrechtlich geschützt beurteilt hat (BSG Breithaupt 1982, 982), dann war dies in jenem Fall als "Zurücklegen des Weges zur Dienststelle" iS des § 81 Abs 4 Satz 1 Nr 2 SVG zu beurteilen. Die Sondererlaubnis machte die Unterkunft am Standort überflüssig, und die Wohnung bei den Eltern erhielt die Bedeutung der nächstgelegenen Unterkunft, brauchte also nicht als "ständige Familienwohnung" iS des § 81 Abs 4 Satz 3 SVG beurteilt zu werden.
Mithin mußte die Klageabweisung bestätigt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen