Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, ob das Zuordnungsmerkmal der "abgelegten Meisterprüfung" ersetzt werden kann.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Von einer "gleichwertigen Schulausbildung" kann nur gesprochen werden, wenn die höhere Schule mit dem Zeugnis der Versetzung nach Obersekunda, dh der Erlangung der mittleren Reife abgeschlossen worden ist. Der Besuch einer höheren Schule, der vor der Reife für Obersekunda - gleichviel aus welchen Gründen - abgebrochen worden ist, kann jedoch nicht als den erfolgreichen Besuch einer Mittelschule gleichwertig angesehen werden.

Der Besuch der Drogistenfachschule ist nicht als eine dem Mittelschulabschluß gleichwertige Schulausbildung zu werten.

2. Selbständig Tätige mit (nur) Volksschulbildung in Berufen, in denen es wie in den meisten kaufmännischen Berufen keine Meisterprüfung gibt, können auch bei abgeschlossener Berufsausbildung jedenfalls nach BVG§30Abs3u4DV § 5, die Besoldungsgruppe A9 nicht erreichen.

 

Normenkette

BVG § 30 Abs. 3 u 4 DV § 5 Fassung: 1968-02-28

 

Tenor

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21. März 1968 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Der frühere Kläger W R (R.), geboren am 3. August 1914, bezog zuletzt wegen einer Lungentuberkulose als Schädigungsfolge eine Versorgungsrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 60 v. H.; darin war eine Erhöhung der MdE wegen des besonderen beruflichen Betroffenseins nach § 30 Abs. 2 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) enthalten.

R. besuchte von 1920 bis 1924 die Volksschule und anschließend eine höhere Schule, die er jedoch ohne die Reife für Obersekunda ("mittlere Reife") verließ. Er lernte von 1930 an Drogist und besuchte die Drogistenfachschule. Im Februar 1933 legte er die Gehilfenprüfung des deutschen Drogistenverbandes ab; in dem Zeugnis über die Gehilfenprüfung wurde R. auch die "Fähigkeit zum Handel mit Giften" bescheinigt. R. war dann bis zum Beginn seines Wehrdienstes im Jahre 1936 als Drogist in einem Arbeitsverhältnis tätig. Nach dem Kriege war er wegen seines Tuberkuloseleidens zunächst nicht berufstätig. Seit 1955 war er als Heilgehilfe auf einer Zeche beschäftigt.

Den Antrag des R., ihm einen Berufsschadensausgleich zu gewähren, lehnte das Versorgungsamt (VersorgA) E mit Bescheid vom 14. Juni 1965 ab; es könne zwar das Berufsziel eines selbständigen Drogisten unterstellt werden, da eine abgeschlossene Berufsausbildung nachgewiesen sei; einen Mittelschulabschluß oder eine "gleichwertige Schulausbildung" habe R. jedoch nicht gehabt. Sein Einkommensverlust sei daher unter Zugrundelegung eines Durchschnittseinkommens nach der Gruppe A 7 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) zu berechnen (§ 5 der Durchführungsverordnung - DVO - zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG - 64 -); bei dieser Berechnung ergebe sich aber unter Berücksichtigung seines jetzigen Einkommens als Heilgehilfe kein Einkommensverlust.

Der Widerspruch, mit dem R. die Berechnung seines Berufsschadensausgleichs auf der Grundlage der Besoldungsgruppe A 9 BBG begehrte, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid des Landesversorgungsamts (LVersorgA) Nordrhein-Westfalen vom 2. Dezember 1966).

Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) Duisburg mit Urteil vom 28. April 1967 den Beklagten entsprechend dem Klageantrag verurteilt, der Berechnung des Berufsschadensausgleichs des R. die Besoldungsgruppe A 9 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) zugrunde zu legen. Das SG hat die Auffassung vertreten, zwar sei der Besuch der Drogistenfachschule nicht der mittleren Reife gleichzusetzen, jedoch sei eine unterschiedliche Behandlung eines selbständigen Handwerkers mit Meisterprüfung, der nach § 5 Abs. 1 DVO der Besoldungsgruppe A 9 zuzuordnen sei, und einem selbständigen Kaufmann nicht gerechtfertigt.

Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat mit Urteil vom 21. März 1968 wie folgt entschieden: "Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des SG Duisburg vom 28. April 1967 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen."

Das LSG hat ausgeführt: Der Auffassung des SG, die Bundesregierung habe mit der unterschiedlichen Behandlung eines selbständigen Handwerkers mit Meisterprüfung und eines selbständigen Kaufmanns in § 5 Abs. 1 der DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG die ihr in § 30 Abs. 7 BVG eingeräumte Ermächtigung "fehlerhaft gebraucht", sei nicht zu folgen. Die Bundesregierung sei ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise diese zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen sei. Hierbei dürfte sie typische berufliche Geschehensabläufe zur Vergleichsgrundlage des Einkommensverlustes bestimmen. Wenn sie nun die abgelegte Meisterprüfung bei der Berechnung des Durchschnittseinkommens bei selbständig Tätigen mit Volksschulbildung, nicht dagegen bei selbständig Tätigen mit mindestens dem Zeugnis über den erfolgreichen Besuch einer Mittelschule oder mit gleichwertiger Schulbildung besonders hervorgehoben habe, so könnten Bedenken hiergegen nicht durchgreifen. Denn im Handwerk sei eben der Berufsweg der Volksschulbildung mit einer vorgeschriebenen Lehrzeit und vorgeschriebener Gesellenzeit bis zur Ablegung der Meisterprüfung typisch, während sich das von anderen Berufen, insbesondere dem eines selbständigen Kaufmannes nicht sagen lasse. Wenn aber Gründe vorlägen, die eine pauschale gesetzliche Regelung und Abgrenzung ermöglichten und zuließen, könne nicht von einem Fehlgebrauch der gesetzlich eingeräumten Ermächtigung gesprochen werden. Die Voraussetzungen der Berechnung des Durchschnittseinkommens des R. nach der Besoldungsgruppe A 9 seien damit nicht gegeben. Dem stehe auch nicht entgegen, daß R. ein Realgymnasium von Sexta bis Untersekunda besucht habe und den Schulbesuch erst ein halbes Jahr vor der Erlangung der mittleren Reife abgebrochen habe, um in eine Drogistenlehre einzutreten. Ein "erfolgreicher" Besuch einer Mittelschule oder eine "gleichwertige" Schulausbildung liege nicht vor. Daran ändere auch nichts, daß R. die Drogistenfachschule besucht habe; soweit er dort auch die Befähigung zum "Handel mit Giften" erworben habe, handele es sich um eine spezielle Fachausbildung.

R. hat formgerecht und fristgemäß Revision eingelegt. Er beantragt,

das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 21. März 1968 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG Duisburg vom 28. April 1967 zurückzuweisen.

Er rügt, das LSG habe § 30 BVG und § 5 der DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 verletzt. Dabei wiederholt er sein Vorbringen, die Bundesregierung habe mit § 5 Abs. 1 DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG die ihr in § 30 Abs. 7 BVG eingeräumte Ermächtigung "fehlerhaft gebraucht", soweit sie einen selbständigen Handwerker mit Meisterprüfung und einen selbständigen Kaufmann mit dem für seinen Beruf vorgesehenen Ausbildungsgang unterschiedlich behandelt habe. Er habe einem selbständigen Handwerker mit Meisterprüfung gleichgestellt und der Besoldungsgruppe A 9 BBG zugeordnet werden müssen.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. W R ist während des Revisionsverfahrens gestorben. Der Rechtsstreit wird von seinen - durch Erbschein ausgewiesenen - Erben 1. der Witwe E R geb. St und 2. seiner Tochter K R fortgesetzt.

Die Revision ist statthaft (§ 162 Abs. 1 Nr. 1, § 164 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -). Sie ist jedoch unbegründet.

Streitig ist, ob der Beklagte bei der Feststellung des Berufsschadensausgleichs des Rechtsvorgängers der Kläger (R.) zu Recht als Vergleichseinkommen das Durchschnittseinkommen nach der Besoldungsgruppe A 7 BBesG zugrundegelegt hat. Das LSG hat dies zutreffend bejaht. Mit den Vorinstanzen - und der insoweit übereinstimmenden Auffassung der Beteiligten - ist davon auszugehen, daß R. ohne die Schädigung als selbständiger Drogist tätig geworden wäre; als Vergleichseinkommen zur Errechnung des Einkommensverlustes ist daher ein Durchschnittseinkommen aus selbständiger Tätigkeit nach § 5 der DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 (64) zu ermitteln. Danach sind selbständig Tätige mit abgeschlossener Berufsausbildung, wie sie R. nach seiner Lehrzeit und Gehilfenprüfung gehabt hat, der Besoldungsgruppe A 7 BBG zuzuordnen. Die Zuordnung zu der mit der Klage begehrten Besoldungsgruppe A 9 BBG wäre nur gerechtfertigt, wenn R. selbständig Tätiger "mit abgelegter Meisterprüfung" oder "mit mindestens dem Zeugnis über den erfolgreichen Besuch einer Mittelschule oder mit gleichwertiger Schulbildung" gewesen wäre. Beides trifft, wie das LSG richtig angenommen hat, nicht zu. R. hatte (vor der Schädigung) keine Meisterprüfung abgelegt und er hätte auch (ohne die Schädigung) später in seinem Beruf keine Meisterprüfung ablegen können, weil es in seinem Beruf keine Meisterprüfung (oder einen entsprechenden, über die durch Lehre und Gesellen-(Gehilfen-)prüfung abgeschlossene Berufsausbildung hinausgehenden - weiteren - beruflichen Befähigungsnachweis) gibt. Wenn in dem Zeugnis über die Gehilfenprüfung des R. als Drogist auch seine "Fähigkeit zum Handel mit Giften" bescheinigt worden ist, so stellt dies keinen über den Abschluß der Berufsausbildung hinausgehenden beruflichen Befähigungsnachweis dar, der einer Meisterprüfung entspricht. Nach der Regelung des § 5 DVO trifft es zwar zu, daß selbständig Tätige mit (nur) Volksschulbildung, wenn sie eine abgeschlossene Berufsausbildung (Gesellen- oder Gehilfenprüfung) haben und Berufen angehören, die eine Meisterprüfung kennen, wie die handwerklichen Berufe, durch Ablegung dieser Prüfung die Besoldungsgruppe A 9 BBG erreichen können. Selbständig Tätige mit (nur) Volksschulbildung in Berufen, in denen es keine Meisterprüfung gibt, wie in den meisten kaufmännischen Berufen, können, auch bei abgeschlossener Berufsausbildung, jedenfalls nach § 5 DVO, die Besoldungsgruppe A 9 BBG nicht erreichen. Zu Unrecht ist jedoch die Revision der Auffassung, die Bundesregierung habe mit dieser Regelung die ihr in § 30 Abs. 7 BVG eingeräumte Ermächtigung "fehlerhaft gebraucht". Soweit es die Revision als fraglich ansieht, ob der Verordnungsgeber überhaupt zur Ermittlung des fiktiven Durchschnittseinkommens selbständig Tätiger, nach dem der Einkommensverlust zu errechnen ist, allgemeine Befähigungsnachweise, wie Schulbildung, mittlere Reife, Berufsausbildung, abgelegte Meisterprüfung, abgeschlossene Hochschulbildung, als maßgebend betrachten durfte, weil hiervon der Berufserfolg selbständig Tätiger weniger abhänge als von individuellen wirtschaftlichen Elementen, hat das Bundessozialgericht (BSG) bereits entschieden, daß § 5 der DVO mit der Ermächtigung des § 30 Abs. 7 BVG in Einklang steht, und daß insoweit keine "höherrangige Rechtsnorm" verletzt ist (Urt. des BSG vom 25. Juli 1967, SozR Nr. 1 zu DVO § 30 Abs. 3 und 4, § 6; vgl. auch Urt. des BSG vom 16. Februar 1967, SozR Nr. 1 zu § 4 DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 vom 30. Juli 1964). Der Zusammenhang zwischen § 30 BVG Abs. 1 und 2 einerseits und Abs. 3 und 4 andererseits sowie der Inhalt dieser Vorschriften lassen erkennen, daß mit dem Berufsschadensausgleich nicht ein individuell festzustellender, also nach Lage des Einzelfalls zu beurteilender Einkommensverlust entschädigt werden soll, daß vielmehr nur ein Ausgleich gewährt werden soll, und daß dieser Ausgleich überhaupt nur auf der Grundlage der nicht beweisbaren Annahme eines vermutlichen (fiktiven) Einkommens gewährt wird und gewährt werden kann. Bei der Bestimmung, "welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist" (§ 30 Abs. 7 BVG) hat sich der Verordnungsgeber, auch soweit er in § 5 die Ermittlung des fiktiven Einkommens selbständig Tätiger geregelt hat, im Rahmen der zulässigen Typisierung und Pauschalierung gehalten. Es ist möglich, daß sich das fiktive Einkommen selbständig Tätiger als Vergleichsgrundlage für den Einkommensverlust auch anders ermitteln ließe als nur durch Zuordnung in bestimmte beamtenrechtliche Besoldungsgruppen, je nach der Schul- und Berufsausbildung, zB auch unter Berücksichtigung der tatsächlichen Berufsausübung (wie es durch § 5 Abs. 2 der DVO idF vom 28.2.1968 auch insofern schon geschehen ist, als eine langjährige Berufstätigkeit dem Abschluß einer Berufsausbildung gleichgestellt wird). Auch wenn die Regelung, die der Verordnungsgeber in § 5 DVO gefunden hat, sich nicht als die zweckmäßigste und gerechteste Lösung darstellen sollte, so ändert dies nichts daran, daß sie als eine mit dem Gesetz in Einklang stehende Regelung von den Gerichten zu beachten ist (vgl. auch Entscheidung des BVerfG vom 14. Mai 1969 - 1 BvR 615/67 und 1 BvR 303/68).

Auch soweit der Kläger im besonderen dem Sinne nach geltend macht, eine gesetzes- und verfassungskonforme Anwendung des § 5 DVO müsse zu dem Ergebnis führen, daß ein selbständiger Kaufmann mit der für seinen Beruf vorgesehenen Ausbildung einem selbständigen Handwerker mit abgelegter Meisterprüfung gleichzustellen sei, kann ihm nicht gefolgt werden. Wenn der Verordnungsgeber bei selbständig Tätigen die Meisterprüfung als ein besonderes Eingruppierungsmerkmal angesehen hat, das die Einstufung in die Besoldungsgruppe A 9 rechtfertigt, so hat er denselben rechtlichen Erfolg nicht auch bei denen eintreten lassen müssen, die in ihren selbständigen Berufen einen solchen Befähigungsnachweis nicht erbringen können. Er hat der Ordnung eines Prüfungs- und Ausbildungswesens, in dem, wie im Handwerk, durch Ablegung einer Meisterprüfung ein Befähigungsnachweis für eine qualifizierte Berufsausbildung erbracht werden kann, auch rentensteigernd Rechnung tragen dürfen, obwohl für einen Teil der selbständig Tätigen eine solche Ordnung nicht besteht. Der Verordnungsgeber hat auch nicht für diese selbständig Tätigen anstelle der "abgelegten Meisterprüfung" ein anderes Zuordnungsmerkmal einführen müssen, insbesondere nicht ein Zuordnungsmerkmal, das von seinem System, nach dem der mutmaßliche Berufserfolg selbständig Tätiger grundsätzlich nach Merkmalen des Ausbildungsgangs ermittelt werden soll, abweicht. Wenn der Verordnungsgeber für die handwerkliche selbständige Tätigkeit mit ihrem typischen Berufsweg von der Volksschulausbildung über die Lehre zur Gesellenprüfung und damit zur "abgeschlossenen Berufsausbildung" und darüber hinaus zur Meisterprüfung - als Nachweis einer qualifizierten Berufsausbildung, die erst eine selbständige Tätigkeit ermöglicht -, ein Zuordnungsmerkmal gewählt hat, das für die vielfältigen anderen selbständigen Tätigkeiten und ihren sehr verschiedenartigen Berufswegen nicht paßt und daher nicht für sie gelten kann, so hat er sich damit im Rahmen der zulässigen Typisierung gehalten und diese auch nicht willkürlich differenziert. Von einem Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz kann daher nicht gesprochen werden.

Der erkennende Senat hat zwar die Auffassung vertreten, daß das Merkmal "mit abgelegter Meisterprüfung" auslegungsfähig und auslegungsbedürftig sei (Urt. vom 19.10.67, SozR DVO zu § 30 Nr. 3 und 4 BVG § 5 Nr. 2). Das rechtfertigt jedoch nicht die Annahme, daß Selbständige, die Berufen angehören, bei denen es keine Meisterprüfung gibt, den selbständig Tätigen mit abgelegter Meisterprüfung gleichgestellt werden könnten; und zwar auch dann nicht, wenn sie die für ihre Berufe übliche Ausbildung abgeschlossen und bereits eine langjährige Tätigkeit in diesem Beruf ausgeübt haben. Der Senat hat lediglich beim Vorliegen bestimmter Tatbestände, die einen Vergleich der Erwerbschancen eines Selbständigen ohne Meisterprüfung mit denen eines Selbständigen seines Berufes mit "abgelegter Meisterprüfung" zulassen und notwendig machen, eine solche Gleichstellung für gerechtfertigt gehalten, so bei den "alten eingetragenen Handwerkern", die ohne Meisterprüfung ein selbständiges Handwerk betrieben haben, und bei den "erfolgreichen Landwirten", die eine später möglich gewordene Meisterprüfung nicht mehr ablegen konnten (Urt. vom 19.10.67 aaO und Urt. vom 28.11.67 - 8 RV 409/66). Der Verordnungsgeber hat zwar in § 5 Abs. 2 DVO idF vom 28.2.68 nunmehr auch eine langjährige Berufsausübung als Zuordnungsmerkmal nach § 5 DVO anerkannt, aber nur als Ersatz für den Abschluß einer Berufsausbildung; wenn er im übrigen aber an den bisherigen Zuordnungsmerkmalen nichts geändert hat, insbesondere wenn er nicht auch einen "Gleichstellungstatbestand" für die "abgelegte Meisterprüfung" normiert hat, so ist daraus zu schließen, daß es insoweit bei der bisherigen - nicht zu beanstandenden - Regelung verbleiben soll.

R. kann daher nicht "aus Gleichstellungsgründen" wie ein selbständig Tätiger mit "abgelegter Meisterprüfung" der Besoldungsgruppe A 9 BBG zugeordnet werden. Er wäre auch nicht selbständig Tätiger "mit mindestens dem Zeugnis über den erfolgreichen Besuch einer Mittelschule oder mit gleichwertiger Schulbildung geworden". Insoweit hat das LSG zutreffend ausgeführt, daß die Berechnung des höheren Durchschnittseinkommens (A 9) von dem "erfolgreichen" Besuch einer Mittelschule abhängig sei und daß von einer "gleichwertigen Schulausbildung" nur gesprochen werden könne, wenn die andere Schulausbildung entsprechend "erfolgreich" beendet worden sei, d. h. wenn die höhere Schule mit dem Zeugnis der Versetzung nach Obersekunda, d. h. der Erlangung der "mittleren Reife" abgeschlossen worden sei. Der Besuch einer höheren Schule, der vor der Reife für Obersekunda - gleichviel aus welchen Gründen - abgebrochen worden ist, kann jedoch nicht als dem erfolgreichen Besuch einer Mittelschule gleichwertig angesehen werden.

Ebenfalls zutreffend ist die Annahme des LSG, daß der Besuch der Drogistenfachschule, bei dem R. auch Kenntnisse über den Handel mit Giften erworben hat, die Gegenstand seiner Gehilfenprüfung gewesen sind, nicht als eine dem Mittelschulabschluß gleichwertige Schulausbildung zu werten ist. Die Drogistenfachschule ist lediglich ein besonderer Zweig der Berufsschule; soweit dort auch zur Befähigung zum Handel mit Giften vorbereitet wird, die die Gehilfenprüfung mit umfaßt, wird "Berufs- oder Fachwissen" vermittelt; der Hebung des allgemeinen Bildungsstandes zu dem, der dem Mittelschulabschluß gleichwertig ist, dient diese Schule nicht. (vgl. Urt. des erkennenden Senats vom 26.11.68, SozR DVO § 30 Abs. 3 und 4 DVO § 5 Nr. 3). Die Wertung des Besuchs der Drogistenfachschule als eine dem Mittelschulabschluß gleichwertige Schulausbildung läßt sich auch nicht "in Verbindung damit" rechtfertigen, daß R. eine höhere Schule besucht hat, die er erst ein halbes Jahr vor dem Erlangen der mittleren Reife verlassen hat. Die Wertung dieses Schulbesuchs als eine im wesentlichen "Berufs- und Fachwissen" vermittelnde Ausbildung kann nicht zu anderen Ergebnissen führen, je nachdem, ob dort Volksschulabsolventen oder höhere Schüler, die die mittlere Reife nicht erreicht haben, unterrichtet werden. Wenn weder der ohne Erlangung der "mittleren Reife" abgebrochene Besuch der höheren Schule noch der Besuch der Drogistenfachschule des R. eine dem Mittelschulabschluß gleichwertige Schulausbildung darstellen, so liegen die gesetzlichen Voraussetzungen des Zuordnungsmerkmals nicht vor.

Das LSG hat danach die Rechtslage zutreffend beurteilt.

Die Revision ist als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2226420

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