Leitsatz (redaktionell)

1. Das Studium an einer Erziehungswissenschaftlichen Hochschule als Teil der Regelausbildung zum Volksschullehrer erfüllt nicht die Voraussetzungen einer förderungsfähigen Maßnahme der beruflichen Fortbildung (AFG § 41 ff) oder der beruflichen Umschulung (AFG § 47).

2. Ein Anspruch auf Förderung des Studiums kann nicht auf eine erteilte Zusage gestützt werden. Aus der Berechtigung, gesetzwidrige Entscheidungen gemäß AFG § 151 Abs 1 aufzuheben, ist die Berechtigung abzuleiten, vom Vollzug rechtswidriger Zusagen Abstand zu nehmen.

 

Orientierungssatz

1. Zur Frage der Förderung des Studiums an einer Erziehungswissenschaftlichen Hochschule als berufliche Umschulung.

2. Rücknahme einer durch einen Bediensteten des ArbA gegebenen Zusage für eine Förderung - Vertrauensschutz.

 

Normenkette

AFG § 47 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25, § 151 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25; AFuU § 3 Abs. 2 Fassung: 1969-12-18; AFuU 1969 § 3 Abs. 2 Fassung: 1969-12-18; AFuU § 6 Abs. 1 S. 3 Fassung: 1969-12-18; AFuU 1969 § 6 Abs. 1 S. 3 Fassung: 1969-12-18; AFG § 41 Fassung: 1969-06-25

 

Verfahrensgang

LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 18.12.1972; Aktenzeichen L 1 Ar 10/72)

SG Koblenz (Entscheidung vom 14.03.1972; Aktenzeichen S 4 Ar 79/71)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 18. Dezember 1972 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 14. März 1972 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte das Studium der Klägerin an der Erziehungswissenschaftlichen Hochschule (EH) in Koblenz nach den Vorschriften des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) zu fördern hat.

Die 1939 geborene Klägerin hat die Volksschule und die Handelsschule besucht, ohne einen Abschluß zu erreichen. Sie war danach als Angestellte bis Ende April 1967 tätig. Im März 1971 hat sie das Abitur bestanden, auf welches sie sich im zweiten Bildungsweg vorbereitet hatte. Ab 1. April 1971 hat sie das Studium an der EH aufgenommen.

Bei einem Gespräch Ende März 1971 im Arbeitsamt Koblenz hat der Zeuge W der Klägerin erklärt, die Förderung ihres Studiums sei grundsätzlich möglich. Einzelheiten des Gesprächs sind streitig. Am 4. Juni 1971 fand ein weiteres Gespräch zwischen der Klägerin und dem Zeugen V. im Arbeitsamt statt. Inzwischen, nämlich am 18. und 19. Mai 1971, hatte die Beklagte ihre Rechtsauffassung über die Förderungsfähigkeit von Studiengängen an der EH geändert. Die Klägerin hat gleichwohl am 4. Juni 1971 einen schriftlichen Antrag abgegeben.

Dieser wurde von der Beklagten im Bescheid vom 5. Juli 1971 abgelehnt mit der Begründung, daß die Bildungsmaßnahme nach Inhalt, Art, Ziel und Dauer nicht den besonderen Bedürfnissen der beruflichen Erwachsenenbildung entspreche. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 20. September 1971 zurück. Ergänzend führte die Beklagte darin aus, daß sich die Klägerin weder auf eine verbindliche Zusage berufen könne noch darauf, daß sie - die Beklagte - in anderen Fällen rechtswidrig eine Förderung gewährt habe.

Im Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) den Zeugen V. uneidlich gehört.

Im Urteil vom 14. März 1972 hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Das Studium der Klägerin stelle zwar eine berufliche Umschulung dar. Es sei jedoch nicht auf die besonderen Erfordernisse der Erwachsenenbildung ausgerichtet, wie es nach § 3 Abs. 3 Satz 2 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit (BA) über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung vom 18. Dezember 1969 (ANBA 1970, 85 - AFuU 1969 -) erforderlich wäre. Im übrigen gelte auch die Vorschrift des § 2 Abs. 6 Satz 2 AFuU 1969 entsprechend; hiernach könne ein Studium grundsätzlich nicht gefördert werden. Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, daß das Arbeitsamt andere Studenten fördere; ihr sei eine verbindliche Zusage nicht gemacht worden.

Auf die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 18. Dezember 1972 die Entscheidung des SG aufgehoben und die Beklagte dem Grunde nach verurteilt, der Klägerin ab 1. April 1971 Leistungen nach den §§ 44, 45 AFG zur Förderung ihres Studiums an der EH zu gewähren. Das LSG hat die Revision zugelassen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im wesentlichen ausgeführt: Das Studium der Klägerin stelle eine Maßnahme der beruflichen Umschulung dar. Dem stehe der Umstand, daß das Studium für die Klägerin zu einem beruflichen Aufstieg führe, nicht entgegen. Eine Fortbildungsmaßnahme sei schon deswegen nicht gegeben, weil das Studium weder eine abgeschlossene Berufsausbildung noch eine angemessene Berufserfahrung i. S. von § 41 Abs. 1 AFG voraussetze. Deshalb stehe der Förderung auch nicht die Regelung in § 2 Abs. 6 Satz 2 AFuU 1969 entgegen. Diese Regelung gelte nur für die berufliche Fortbildung, nicht aber für die Förderung der beruflichen Umschulung. Dies ergebe sich aus dem Zusammenhang der Regelungen in der AFuU 1969. Nach Ansicht des LSG kann sich die Beklagte für ihre Ablehnung nicht darauf berufen, daß die Bildungsmaßnahme nicht erwachsenenspezifisch gestaltet sei. Eine derartige Forderung erhebe das Gesetz nicht. § 47 Abs. 1 AFG sei richtig vielmehr dahin zu verstehen, daß die Umschulungsmaßnahme für die Teilnehmer und nicht ihrer Ausgestaltung nach das Ziel haben müsse, eine Umschulung zu ermöglichen. Wenn und solange es jedenfalls erwachsenenspezifisch ausgerichtete Maßnahmen für bestimmte Bildungszwecke nicht gäbe, könne für diesen Bereich die Förderung der beruflichen Bildung durch Umschulung im Rahmen eines normalen Bildungsganges nicht ausgeschlossen sein.

Das LSG hat mit näherer Begründung die Bedingung der arbeitsmarktpolitischen Zweckmäßigkeit i. S. des § 36 AFG, § 8 AFuU 1969 als erfüllt angesehen.

Obwohl die übrigen Voraussetzungen für die begehrte Förderung dem Grunde nach im Falle der Klägerin gegeben seien, habe sie gleichwohl nicht einen Rechtsanspruch auf Förderung ihres Studiums. Da ihr Studium den Zeitraum des § 47 Abs. 3 Satz 2 AFG von zwei Jahren überschreite, liege die Förderung im Ermessen der Beklagten. Allerdings könne dieses Ermessen im vorliegenden Fall nur noch in einer Weise, nämlich in der Bewilligung der begehrten Förderung, ausgeübt werden; jede andere Entscheidung wäre ermessensfehlerhaft. Infolgedessen sei das LSG berechtigt, dem Leistungsbegehren der Klägerin dem Grunde nach stattzugeben.

Gegen das Urteil des LSG hat die Beklagte die zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung der §§ 36, 44, 45, 47 AFG, §§ 3 und 8 AFuU 1969, §§ 103, 128 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch das LSG.

Zur Begründung ihrer Revision trägt die Beklagte im wesentlichen vor: Der Entscheidung des LSG könne schon deshalb nicht gefolgt werden, weil es sich bei dem Studium der Klägerin nicht um eine förderungsfähige Umschulung i. S. des AFG handele. Nach § 47 Abs. 2 Satz 2 AFG dürften Umschulungsmaßnahmen in der Regel nur gefördert werden, wenn sie nicht länger als zwei Jahre dauern. Damit übereinstimmend regele § 3 Abs. 3 Satz 2 AFuU 1969, daß die Dauer der Maßnahme bei Erwachsenen grundsätzlich kürzer sein solle als die Ausbildungszeit für Jugendliche. Das bedeute, daß nicht jeder Berufswechsel, der begrifflich noch unter "Umschulung" eingeordnet werden könne, zu fördern sei, sondern nur solche Maßnahmen, die in ihrer Ausgestaltung und in der zeitlichen Dauer von der üblichen Ausbildung für den gleichen Beruf abwichen. Das sei für das Studium der Klägerin nicht der Fall; hier handele es sich um ein übliches Hochschulstudium. Die Neuregelung in § 3 Abs. 2 Satz 2 der AFuU vom 9. September 1971 (ANBA 1971 S. 797 - AFuU 1971 -) bestätige dies. Für die Klägerin käme daher allenfalls eine Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) in Betracht.

Daß ein übliches Hochschulstudium nicht Gegenstand einer Förderung nach dem AFG sein könne, folgt nach Auffassung der Beklagten auch aus § 2 Abs. 6 Satz 3 AFuU 1969, der sinngemäß auch für den Bereich der beruflichen Umschulung anzuwenden sei. Es könne auch nicht der Feststellung des LSG beigepflichtet werden, daß die Förderung des Studiums der Klägerin unter dem Gesichtspunkt des § 36 AFG zweckmäßig sei. Das LSG habe zwar insoweit zutreffend auf die Verhältnisse zur Zeit der Erteilung des Widerspruchsbescheides abgestellt. Dem LSG könne jedoch nicht gefolgt werden, daß es arbeitsmarktpolitisch zweckmäßig sei, aus einem Mangelberuf in einen anderen umzuschulen. Es weise zwar zu Recht auf die Bedeutung der Ausbildung der Jugend in der Volksschule für das Wohl der Allgemeinheit hin. Dies sei jedoch eine Frage der allgemeinen Bildungspolitik, die nicht in die Zuständigkeit der Beklagten falle. Im übrigen würden Lehrkräfte in der Regel später Beamte und daher nicht zu einem arbeitsmarktbezogenen Beruf herangebildet. Nach Auffassung der Beklagten hat das LSG ferner nicht die für seine Entscheidung notwendigen Feststellungen in bezug auf einen Lehrer-Fehlbestand getroffen. Es habe nicht angegeben, woher es die Kenntnisse über den Lehrerbedarf, die weitere Entwicklung und die Stellenpläne entnommen habe. Eine Gerichtskunde auf diesem Gebiet könne nicht angenommen werden. Im übrigen hätten hierfür die Grundlagen im Urteil angegeben werden müssen.

Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, daß die Beklagte ihr die Förderung zugesagt habe bzw. daß sie früher in gleichgelagerten Fällen eine Förderung gewährt habe. Nach der Beweisaufnahme sei der Klägerin eine verbindliche Zusage nicht erteilt worden, sondern nur eine allgemeine Auskunft. Selbst wenn man diese Auskunft des Förderungsberaters W als die Zusicherung einer positiven Entscheidung über den Antrag der Klägerin verstehen wollte, wäre die Beklagte nicht daran gebunden. Da sie - die Beklagte - nach § 151 Abs. 1 AFG selbst bindend gewordene Leistungsbescheide zurücknehmen könne, bestehe ein stärkerer Vertrauensschutz für mündliche Zusicherungen nicht. Im übrigen habe die Klägerin nicht etwa im Vertrauen auf die ihr erteilte Auskunft Dispositionen finanzieller Art getroffen; bei ihr habe unabhängig von der erteilten Auskunft von vornherein festgestanden, das Studium aufzunehmen, wie aus ihren Ausführungen in der Klageschrift zu entnehmen sei. Auch aus diesem Grunde könne sie sich auf den Vertrauensschutzgedanken nicht berufen. Auch der Gleichheitsgrundsatz gäbe der Klägerin schließlich keinen Anspruch, sich auf eine möglicherweise unrichtige Verwaltungsübung der Beklagten in anderen Fällen zu berufen. Im übrigen sei ein Anspruch der Klägerin auf Förderung des Studiums auch deshalb nicht gegeben, weil die Ausbildung für ein Lehramt an der Grund- und Hauptschule unter Berücksichtigung des an das Studium anschließenden schulpraktischen Vorbereitungsdienstes länger als drei Jahre dauere und damit die Höchstdauer einer förderungsfähigen Umschulungsmaßnahme überschreite.

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Koblenz vom 14. März 1972 als unbegründet zurückzuweisen,

hilfsweise,

den Rechtsstreit an das LSG zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält mit näheren Ausführungen die angefochtene Entscheidung für richtig. Folgte man ihr jedoch nicht, müßte der Rechtsstreit wegen der vom LSG nicht geprüften Frage der Zusage einer Förderung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

Beide Beteiligten sind mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden.

II

Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückweisung der Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Förderung ihres Studiums.

Nach den Vorschriften des AFG käme eine Förderung nur in Betracht, wenn das Studium der Klägerin die Voraussetzungen einer förderungsfähigen Maßnahme der beruflichen Fortbildung (§§ 41 ff AFG) oder der beruflichen Umschulung (§ 47 AFG) erfüllen würde. Das ist jedoch nicht der Fall.

Der Anspruch auf eine Fortbildungsförderung scheitert bereits am Fehlen der erforderlichen Zugangsvoraussetzungen gemäß § 41 Abs. 1 AFG, denn das Studium an einer EH setzt nicht zwingend entweder eine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine angemessene Berufserfahrung voraus (vgl. BSG 36, 48, sowie Urteil des erkennenden Senats vom 19. März 1974 - 7 RAr 3/72 -). Im übrigen ist das Studium der Klägerin nicht dem Bereich der beruflichen Fortbildung, sondern dem der beruflichen Umschulung zuzuordnen (§ 47 Abs. 1 AFG). Die Klägerin war vor Beginn ihres Studiums an der EH als Verwaltungsangestellte berufstätig. Im Verhältnis hierzu stellt sich die angestrebte Tätigkeit als Volksschullehrerin inhaltlich nicht als eine berufliche Fortbildung i. S. von §§ 41, 43 Abs. 1 AFG, sondern als eine berufliche Umschulung i. S. von § 47 AFG dar; denn insoweit liegt eine Berufstätigkeit mit neuem Inhalt vor (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1 AFuU 1969 und BSGE 36,48). Der damit verbundene soziale (berufliche) Aufstieg hindert die Annahme einer Umschulung nicht; denn die Frage des beruflichen Aufstiegs ist kein Abgrenzungskriterium zu anderen Formen der beruflichen Bildung (vgl. BSG vom 21.5.1974 - 7 RAr 14/72, 15/72, 16/72, 33/72 -; ferner § 1 Nr. 2 AFuU 1969).

In den vorgenannten Entscheidungen hat der Senat ausgeführt, daß der Anspruch auf Förderung einer Umschulung nur besteht, wenn die Voraussetzungen des § 47 AFG erfüllt sind. Nach dessen Abs. 1 fördert die BA die Teilnahme von Arbeitssuchenden an Maßnahmen, die das Ziel haben, den Übergang in eine andere geeignete berufliche Tätigkeit zu ermöglichen, insbesondere um die berufliche Beweglichkeit zu sichern oder zu verbessern (berufliche Umschulung). Wie in den o. a. entschiedenen Fällen des Studiums an einer Pädagogischen Hochschule (PH) der Länder Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen scheitert der Anspruch der Klägerin auch hier daran, daß das EH-Studium ihr nicht den Übergang in eine "andere geeignete berufliche Tätigkeit" i. S. von § 47 Abs. 1 AFG ermöglicht. Aus dem in § 47 Abs. 1 AFG umschriebenen Ziel der Umschulungsmaßnahme, "den Übergang in eine andere geeignete berufliche Tätigkeit zu ermöglichen", geht hervor, daß die Maßnahme nicht zu irgendeiner späteren Tätigkeit führen soll, sondern zum Ziele haben muß, die Verbesserung der beruflichen Mobilität und beruflichen Qualifikation als Mittel zum Schutz gegen Arbeitslosigkeit und zur Deckung des Bedarfs an geeigneten Arbeitskräften in der durch technischen Fortschritt und Strukturwandel sich ändernden Wirtschaft zu sichern (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines AFG, BT-Durcks. V/2291, Teil A III 4 a, S. 54, 55; Schriftlicher Bericht über den Entwurf zu BT-Drucks. V/4110 I 2, S. 3). Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn der Umschüler nach der erfolgreichen Teilnahme an der Bildungsmaßnahme wieder qualifiziert dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht, d. h., wie das Wort "Übergang" es in § 47 Abs. 1 AFG ausdrückt, wenn er nunmehr - und zwar unmittelbar nach Beendigung der Umschulungsmaßnahme - eine andere, geeignete berufliche Tätigkeit ausüben kann. Geeignet in diesem Sinne kann aber nur eine berufliche Tätigkeit sein, die den Ansprüchen sowohl des Umschülers als auch des allgemeinen Arbeitsmarktes i. S. einer Verbesserung der beruflichen Beweglichkeit und der Sicherung vor Arbeitslosigkeit gerecht wird, und zwar nicht nur für einen erkennbar vorübergehenden Zeitraum, sondern für eine zunächst jedenfalls unbestimmte Zeit. Die Umschulung muß also zu einem für die Aufnahme einer auf dem Arbeitsmarkt verwertbaren Berufstätigkeit ausreichenden beruflichen Abschluß führen. Dabei sind nicht die subjektiven Zielvorstellungen des Umschülers selbst von Bedeutung, vielmehr kommt es auf die objektiven Gegebenheiten des Arbeitsmarktes an. Von diesen Voraussetzungen ausgehend führt das EH-Studium der Klägerin nicht dazu, ihr den Übergang in eine andere geeignete - nach Abschluß auf dem Arbeitsmarkt verwertbare - berufliche Tätigkeit zu ermöglichen. Dies ergibt sich aus den landesrechtlichen Vorschriften über die Lehrerausbildung. Zwar hat das LSG insoweit keine Feststellungen getroffen, der erkennende Senat ist jedoch befugt, im Rahmen der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen des § 47 Abs. 1 AFG die landesrechtlichen Vorschriften selbst heranzuziehen, weil sie das LSG völlig unberücksichtigt gelassen hat (BSGE 7, 122, 125; 31, 275, 278; 34, 163, 166; BSG SozR Nr. 7 zu § 657 der Reichsversicherungsordnung - RVO -). Nach § 49 Abs. 2 des Gesetzes vom 3. August 1970 (GVBl Rheinland-Pfalz S. 344) kann hauptamtlicher Lehrer an einer Grund- oder Hauptschule in der Regel nur sein, wer nach den Laufbahnvorschriften die Befähigung für den Volksschuldienst besitzt. Diese Befähigung wird grundsätzlich durch Ableisten eines Vorbereitungsdienstes und Bestehen der vorgeschriebenen Laufbahnprüfung erworben; für Lehrer gilt ein anderer Befähigungsnachweis (§ 5 Abs. 1 der Laufbahnverordnung vom 14. Juli 1966 - GVBl Rheinland-Pfalz, S. 217 -; ebenso heute § 5 Abs. 1 der Laufbahnverordnung vom 26. Juni 1971 - GVBl Rheinland-Pfalz, S. 143 - idF vom 19. Februar 1973 - GVBl Rheinland-Pfalz, S. 166 -). Gemäß § 46 der Laufbahnverordnung vom 14. Juli 1966 (jetzt § 45 der Laufbahnverordnung vom 26. Juni 1971 idF vom 19. Februar 1973) kann in das Beamtenverhältnis auf Probe berufen werden, wer nach dem Studium die "Erste Prüfung für das Lehramt" bestanden hat. § 46 Abs. 2 aaO schreibt vor, daß am Ende der erfolgreichen Probezeit "die Zweite Prüfung für das Lehramt an Volksschulen abzulegen" ist, Beamte, die die Prüfung endgültig nicht bestehen, sind zu entlassen (§ 46 Abs. 2 Satz 2 iVm § 24 Abs. 2 Satz 1 aaO). Hieran wird hinreichend deutlich, daß das Studium den Übergang in eine andere geeignete berufliche Tätigkeit i. S. von § 47 Abs. 1 AFG nicht ermöglicht. Wie der Senat in den o. a. Urteilen vom 21. Mai 1974 schon ausgeführt hat, vermittelt auch das EH-Studium in Rheinland-Pfalz allein noch nicht eine auf dem Arbeitsmarkt verwertbare berufliche Qualifikation. Mit dem Abschluß des EH-Studiums kann die Klägerin vielmehr erst eine Tätigkeit ausüben, die noch im Vorfeld eigentlicher beruflicher Tätigkeit i. S. des § 47 Abs. 1 AFG liegt. Eine Tätigkeit, die ihren Sinn ausschließlich oder doch jedenfalls entscheidend daraus empfängt, daß sie erst auf den endgültigen Abschluß einer Berufsqualifikation hinführen soll, ist grundsätzlich noch keine "geeignete berufliche Tätigkeit" in diesem Sinne. Etwas anderes kann allerdings dort gelten, wo mit Hilfe eines Bildungsabschnittes bereits eine Berufsqualifikation erreicht wird, mit welcher der Umschüler schon eine nicht nur ausnahmsweise oder vereinzelt, sondern in nennenswertem Umfang auf dem Arbeitsmarkt vorhandene Berufstätigkeit ausüben könnte. Die Verkoppelung mehrerer Bildungsgänge ist also grundsätzlich nicht dafür entscheidend, wann der Übergang in eine andere geeignete berufliche Tätigkeit ermöglicht wird; es kommt vielmehr auf die Einsetzbarkeit des Umschülers mit seiner durch die Bildungsmaßnahme jeweils erreichten Berufsqualifikation auf dem Arbeitsmarkt an. Wenn für den Absolventen einer EH überhaupt eine Möglichkeit bestehen sollte, ohne qualifizierende schulpraktische Erfahrungen beruflich tätig zu werden, dann kann es sich allenfalls nur um vereinzelt vorhandene Arbeitsplätze handeln, die im Rahmen des § 47 Abs. 1 AFG in bezug auf seine Zielsetzung außer Betracht bleiben müssen. Verbleibt somit als "andere geeignete berufliche Tätigkeit" nur der Lehrerberuf, so ist entscheidend, daß - im Gegensatz zu anderen Schularten - fast keine privaten Volksschulen bestehen (vgl. auch Art. 7 Abs. 5 des Grundgesetzes - GG -). Für den Volksschullehrer ist daher der durch die öffentlichen Schulen bestimmte Arbeitsmarkt für die Beurteilung maßgebend (vgl. Heckel/Seipp Schulrechtskunde 1969 S. 162, 185). Selbst wenn das Studium der Klägerin nicht auf die Weiterbildung im Vorbereitungsdienst des Landes Rheinland-Pfalz ausgerichtet wäre, würde sie damit allein auch nach den Verhältnissen des übrigen Arbeitsmarktes in der Bundesrepublik Deutschland nicht eine geeignete berufliche Qualifikation i. S. von § 47 Abs. 1 AFG erwerben. Nach den Ausbildungsregelungen der einzelnen Bundesländer wird im Anschluß an das EH- oder PH-Studium überall eine schulpraktische Tätigkeit verlangt. Dabei ist es unerheblich, wie dieser Vorbereitungsdienst bezeichnet wird, welchen rechtlichen Status der Bewerber um das Lehramt in dieser Zeit erlangt und in welchem Umfange er dabei auch Lehrtätigkeit mit auszuüben vermag (vgl. die Nachweise in den o. a. Urteilen vom 21.5.1974, insbesondere 7 RAr 15/72). Rechtlich bedeutsam ist allein, daß die auf dem Arbeitsmarkt verwertbare "andere geeignete berufliche Tätigkeit", nämlich die eines Lehrers, mit Abschluß des EH-Studiums allein nicht aufgenommen werden kann, weil die Qualifikation hierfür ohne einen weiteren Bildungsabschnitt nicht erreicht wird. Insofern dient: das EH-Studium nicht dem Übergang i. S. des § 47 Abs. 1 AFG in den neuen Beruf. Es kann für sich allein nach dieser Vorschrift nicht als Umschulungsmaßnahme angesehen werden.

Der Übergang i. S. des § 47 Abs. 1 AFG wird erst durch den erfolgreichen Abschluß des Probedienstes ermöglicht. Dieser muß somit als eine zum eigentlichen Abschluß führende Bildungsmaßnahme mitberücksichtigt werden; das bedeutet, daß die Umschulungsmaßnahmen, die den Übergang von einem anderen Beruf in den des Volksschullehrers ermöglicht, sich aus Studium und schulpraktischer Tätigkeit zusammensetzt. Der Umstand, daß die Umschulungsmaßnahme aus zwei Teilen besteht, hindert zwar die Förderung nur eines einzelnen Teiles nicht, sofern für die Gesamtmaßnahme die Voraussetzungen des Förderungsanspruches gegeben sind. Das ist bei der Regelausbildung zum Volksschullehrer - also auch bei der Klägerin - jedoch nicht mehr der Fall, denn die Maßnahme (Studium und schulpraktische Tätigkeit) überschreitet den für die Förderungsfähigkeit einer Umschulungsmaßnahme zugelassenen Zeitraum von drei Jahren (§ 6 Abs. 1 Satz 3 AFuU 1969). Das Überschreiten dieses Zeitrahmens nimmt der Umschulung insgesamt den Charakter einer förderungsfähigen Maßnahme (BSGE 36, 1, 3). Nach allem besteht für die Klägerin auf Grund der gesetzlichen Regelungen kein Anspruch auf Förderung ihres Studiums.

Die Klägerin kann ihren Anspruch auch nicht auf eine ihr wirksam erteilte Zusage stützen. Das LSG hat zum Inhalt der der Klägerin von dem Zeugen W gegebenen "Zusage" keine Feststellungen getroffen, weil es nach seiner Rechtsauffassung hierauf nicht ankam. Es hat ferner nichts dazu festgestellt, ob der Angestellte W überhaupt eine für die Beklagte verbindliche Zusage abgeben konnte (vgl. § 209 Satz 2 AFG, § 214 AFG, § 18 Abs. 2 der Satzung der BA vom 2. Juli 1970 - Bundesanzeiger Nr. 188 vom 9. Oktober 1970).

Indes bedarf es deswegen nicht ergänzender Feststellungen durch das LSG; denn selbst wenn der Klägerin eine verbindliche Zusage des behaupteten Inhalts erteilt worden ist, bedeutet dies noch nicht, daß sie daraus einen Förderungsanspruch herleiten kann. Dies ergibt sich aus der Regelung des § 151 Abs. 1 AFG. Hiernach kann die Beklagte bewilligende Leistungsbescheide jederzeit insoweit aufheben, als die Voraussetzungen für die Leistungen nicht vorgelegen haben oder weggefallen sind. Der Vertrauensschutz in die Bestandskraft von Verwaltungsakten ist im Bereich des AFG auf bestimmte Fälle der Rückforderung zu Unrecht gewährter Leistungen nach § 152 AFG beschränkt. Wenn die BA schon berechtigt ist, gesetzwidrige Entscheidungen gem. § 151 AFG aufzuheben, selbst wenn diese bindend geworden sind, dann muß sie auch berechtigt sein, vom Vollzug rechtwidriger Zusagen, die ihrem Wesen nach schwächer sind als bindende Verwaltungsakte, von vornherein Abstand nehmen zu können. Dies ergibt sich auch aus dem Grundsatz, daß niemand etwas verlangen darf, was er sogleich wieder herauszugeben verpflichtet wäre. Wenn ein sogar schon bindender Verwaltungsakt zurückgenommen werden kann, kann eine Behörde nicht gehalten sein, auf Grund einer fehlerhaften Zusage "noch und erst überhaupt tätig zu werden" (BVerwG in BVBl 1966, 859). Hiervon ausgehend stellt sich die Ablehnung der Bewilligung der von der Klägerin beantragten Förderung im Bescheid vom 29. Juli 1971 zugleich rechtlich als Rücknahme einer ihr etwa zuvor gegebenen Zusage dar.

Bei dieser Sach- und Rechtslage brauchte der Senat nicht mehr einzugehen auf die zur Bindung an Zusagen in Rechtsprechung und Lehre entwickelten Grundsätze aus dem Bereich des allgemeinen Verwaltungsrechtes (vgl. BVerwGE 3, 199; 19, 188; BVerwG in JZ 1964, 687, BVBl 1966, 859; Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 10. Aufl. § 9 Seiten 171, 172; Mainka, Vertrauensschutz im öffentlichen Recht, 1963 Seiten 31, 72 ff; Randelzhofer, JZ 1973, 536, 538 m. w. N) und des besonderen Sozialversicherungsrechtes (vgl. BSGE 14, 104; 18, 270, 273; 23, 248, 252; 25, 219, 220).

Die Klägerin kann schließlich nicht etwa deshalb die Förderung ihres Studiums verlangen, weil die Beklagte in anderen Fällen aus der Annahme eines Vertrauensschutzes auf Grund gegebener Zusagen Leistungen an andere Antragsteller gewährt hat. Sofern diese das gleiche Studium wie die Klägerin mit dem gleichen Ziel durchlaufen, ist die Förderung nicht rechtmäßig. Eine Verwaltungsübung aber, die dem Gesetz nicht entspricht, gibt keinen Anspruch auf Gleichbehandlung (vgl. BSG 7, 75, 78; 15,10, 14; SozR Nr. 2 zu § 1 der 14. DVO/AVAVG vom 30.1.1962; Urteil des Senats vom 19.3.1974 - 7 RAr 3/72 -).

Die Revision der Beklagten muß sonach zum Erfolg führen, weil der Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die begehrte Förderung zusteht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1654001

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