Leitsatz (amtlich)
1. Hat der Arbeitslose leichtfertig eine Beamtenstellung aufgegeben, um von Gelegenheitsarbeit oder auf Kosten Dritter zu leben, so hat er nach § 1611 BGB keinen Unterhaltsanspruch gegen seinen weiterhin im Beamtenverhältnis tätigen und aufgrund der Beamtenbezüge unterhaltsfähigen Vater.
2. Der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Arbeitslosigkeit mit Absicht und die Bedürftigkeit mit bedingtem Vorsatz herbeigeführt wurde.
3. Allein die Unterhaltsfähigkeit des Vaters rechtfertigt nicht die Fiktion eines Unterhaltsanspruchs.
Normenkette
AFG § 134 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, Abs. 1 Nr. 3, § 137 Abs. 1, § 138 Abs. 1 Nr. 1; BGB §§ 1602, 1611
Verfahrensgang
Tatbestand
Streitig ist, ob die beklagte Bundesanstalt für Arbeit (BA) bei der Bewilligung der Arbeitslosenhilfe (Alhi) im Hinblick auf die Unterhaltsfähigkeit des Vaters des Klägers zu Recht einen Anrechnungsbetrag von 61,44 DM berücksichtigt hat.
Der 1950 geborene Kläger war kinderlos verheiratet von September 1973 bis zur rechtskräftigen Scheidung am 13. November 1984. Seine seit 1974 im Beamtenverhältnis erfolgte Beschäftigung beim Fernmeldeamt U. gab er zum 15. April 1984 auf. Er erhielt Arbeitslosenhilfe für die Zeit ab 30. Juli 1984 bis zum 29. Juli 1985 unter Anrechnung eines Unterhaltsanspruchs von insgesamt 97,46 DM, nämlich 10,55 DM gegen seine Ehefrau und 86,91 DM gegen seinen Vater. Für die Zeit ab 13. November 1984 setzte die Beklagte den Anspruch auf Arbeitslosenhilfe neu fest unter Berücksichtigung eines Unterhaltsanspruchs gegen den Vater in Höhe von 61,44 DM (Bescheid vom 3. Januar 1985; Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 1985).
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage auf Leistung der Alhi ab 13. November 1984 ohne Anrechnung eines Unterhaltsanspruchs abgewiesen (Urteil vom 11. Dezember 1985). Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die zugelassene Berufung die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, dem Kläger Alhi ab 13. November 1984 ohne Anrechnung von Unterhaltsleistungen seines Vaters zu zahlen (Urteil vom 7. Mai 1987).
Mit der zugelassenen Revision rügt die Beklagte Verletzung der §§ 138 Abs 1 Nr1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) und des § 10 Nr 1 der Alhi-Verordnung.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der beklagten BA ist nicht begründet.
Das LSG hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger Arbeitslosenhilfe ab 13. November 1984 "ohne Anrechnung von Unterhaltsleistungen seines Vaters zu zahlen". Damit ist nach dem Gesamtzusammenhang gemeint, "ohne Anrechnung eines (fiktiven) Unterhaltsanspruchs gegen seinen Vater", da die nach dem Gesetz eindeutige Anrechenbarkeit tatsächlicher Unterhaltsleistungen zwischen den Beteiligten nicht streitig ist.
Nach den Feststellungen des LSG hat die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden den mit Bescheid vom 28. Oktober 1984 für die Zeit vom 30. Juli 1984 bis zum 29. Juli 1985 bewilligten Anspruch auf Alhi für die Zeit ab 13. November 1984 neu festgestellt, wobei "Unterhaltsleistungen der früheren Ehefrau entfielen" und ein fiktiver Unterhaltsbeitrag des Vaters des Klägers in Höhe von 61,44 DM angerechnet wurde. Die Bescheide vom 26. Juni, 24. Juli und 7. Oktober 1985, mit denen die Alhi ebenfalls unter Berücksichtigung eines fiktiven Unterhaltsanspruchs gegen den Vater, aber in unterschiedlicher Höhe, für weitere Zeiträume neu festgestellt wurde, hat das LSG in das Verfahren entgegen § 96 SGG nicht einbezogen. Das ist von den Beteiligten nicht gerügt, so daß der Senat nur die Zeit von November 1984 bis Juli 1985 zu überprüfen hat.
Das LSG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, Alhi ohne Berücksichtigung des streitigen Anrechnungsbetrages zu gewähren. Die Beklagte hat den Alhi-Anspruch für die Zeit ab 13. November 1984 neu festgestellt. Sie hat zwar den Widerspruch gegen den zunächst gleichfalls angefochtenen ursprünglichen Bescheid vom 26. Oktober 1984 über die Alhi ab 30. Juli 1984 in einem eigenen Widerspruchsbescheid als verspätet verworfen; in den hier angefochtenen Bescheiden ist die Beklagte jedoch nicht davon ausgegangen, daß die Neufeststellung der Alhi für die Zeit ab Rechtskraft der Ehescheidung nur nach Maßgabe der eingetretenen Veränderung (Wegfall des Unterhaltsanspruchs gegen die Ehefrau, Minderung des Unterhaltsanspruchs gegen den Vater von zunächst 86,91 DM auf nunmehr 61,46 DM) erfolgt, sondern sie hat über die Alhi für die Zeit ab 13. November 1984 neu entschieden. Der Kläger ist hierdurch nicht beschwert, da die alten Bescheide für ihn ungünstiger waren. Die nach vorlagen, aber ein Unterhaltsanspruch gegen den Vater nach § 138 Abs 1 Neufeststellung geht davon aus, daß die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alhi dem Grunde nach vorlagen, aber ein Unterhaltsanspruch gegen den Vater nach § 138 Abs 1 Nr1 AFG anzurechnen ist. Der Kläger hat jedoch keinen Unterhaltsanspruch in Höhe des Anrechnungsbetrages gegen seinen Vater.
Ob der Arbeitslose einen nach § 138 AFG anrechenbaren Unterhaltsanspruch gegen seine Eltern hat, beurteilt sich allein nach bürgerlichem Recht. Die Beklagte bekämpft in erster Linie die Auffassung des LSG, der Kläger habe schon wegen Unterhaltsrecht sind jedoch die beiden Tatbestände zu unterscheiden, daß dem Unterhaltsberechtigten lediglich die leichtfertige Aufgabe einer Arbeitsstelle (ungeachtet ausreichender Bemühungen um eine neue Arbeitsstelle) vorgeworfen wird, oder ob ihm unzureichende Bemühungen um eine neue Arbeitsstelle (unabhängig von der Vorgeschichte) anzulasten sind (vgl Hoppenz NJW 1984, 2327). Verstößt der Unterhaltsgläubiger gegen die Verpflichtung, Arbeit zu suchen, so ist schon bei einfacher Fahrlässigkeit das bei ordnungsgemäßem Verhalten (fiktiv) zu erzielende Einkommen anzurechnen. Kann der Unterhaltsberechtigte nach willkürlicher Aufgabe einer Arbeitsstelle trotz ausreichender Bemühungen keine neue Arbeit finden, so ist das bisher erzielte und mutmaßlich ohne die willkürliche Arbeitsaufgabe weiterhin erzielte Einkommen nur dann fiktiv anzurechnen, wenn in der Arbeitsaufgabe ein "sittliches Verschulden" iS des § 1611 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) liegt (BGHZ 93, 123, 132f).
Bei einem sittlichen Verschulden handelt es sich - worin der Senat der angeführten Entscheidung des BGH folgt - um Vorwerfbarkeit von erheblichem Gewicht. Es liegt vor, wenn das Verhalten, das die Bedürftigkeit herbeigeführt hat, sittliche Mißbilligung verdient. Der Bedürftige muß in vorwerfbarer Weise anerkannte Gebote der Sittlichkeit außer acht gelassen haben. Eine solche Bewertung kann sich insbesondere aus dem Bezug des Verhaltens des Bedürftigen zu der Unterhaltsverpflichtung der Eltern ergeben. Sie gilt in der Regel für jede Form der Selbstverwirklichung auf Kosten Dritter. Eine schrankenlose Selbstverwirklichung auf Kosten Dritter kann nicht einmal hinsichtlich des höchstpersönlichen Rechts auf Mutterschaft anerkannt werden. Auch darin folgt der Senat der angeführten Entscheidung des BGH. Das gilt erst recht, wenn die Selbstverwirklichung in einer möglichst arbeitsfreien Lebensgestaltung gesucht wird.
Hätte der Kläger allerdings nach Aufgabe der Beamtenstellung sein Leben mit Gelegenheitsarbeit gefristet, ohne Dritte in Anspruch zu nehmen, so läge in der Aufgabe der Arbeitsstelle kein "sittliches Verschulden". Ein sittliches Verschulden liegt dagegen vor, wenn bei der Arbeitsaufgabe bereits damit gerechnet wird, Dritte in Anspruch zu nehmen. Im vorliegenden Fall hat der Kläger nach seinem Ausscheiden im November 1984 zumindest bis Oktober 1985 durchgehend Arbeitslosenhilfe bezogen. Er hat nach den Feststellungen des LSG mit seinem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis leichtfertig und verantwortungslos seine wirtschaftliche Existenz vernichtet. Damit hat der Kläger seine letzte Arbeitsstelle vorsätzlich aufgegeben und dabei billigend in Kauf genommen, daß er in Zukunft auf Kosten anderer leben werde. Ob er dabei an Sozialleistungen oder an Unterhaltsansprüche dachte, ist für den Vorwurf eines sittlichen Verschuldens unbeachtlich.
Selbst wenn der Unterhaltsberechtigte durch sittliches Verschulden bedürftig geworden ist, entfällt die Unterhaltsverpflichtung nach § 1611 Abs 1 BGB nur dann ganz, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre (BSGE 58, 165, 168 = SozR 4100 § 138 Nr 12). Das ist hier der Fall, da der Vater des Klägers als Beamter tätig ist, also mit einer Arbeit sein Einkommen erzielt, die der Kläger ohne Grund nicht ausüben will. Sein Unterhaltsanspruch entfällt daher schon aufgrund seiner Arbeitsaufgabe. Auf die Frage, ob sich der Kläger später fortlaufend ausreichend um Arbeit bemüht hat, kommt es damit für den Unterhaltsanspruch nicht mehr an.
Die Beklagte wendet ein, der mutwillig herbeigeführte Verlust des sicheren Beamtenstatus könne einen Unterhaltsanspruch keinesfalls auf Dauer ausschließen. Bei längerer Dauer der Arbeitslosigkeit und damit verbundener Unfähigkeit, die eigene Arbeitskraft zu verwerten, werde die Ursache der Arbeitsaufgabe von der schlechten Arbeitsmarktsituation überlagert, so daß nur noch letztere als kausal für die Bedürftigkeit anzusehen sei. Das könnte zutreffen, wenn aufgrund der Arbeitsmarktsituation die Annahme nahe läge, daß der Kläger seinen Arbeitsplatz früher oder später auch ohne sein bewußtes Ausscheiden verloren hätte. Beim Lebenszeitbeamten scheidet dieser Gedanke jedoch von vornherein aus, jedenfalls für die hier streitige Zeit. Die Beklagte beruft sich in diesem Zusammenhang zu Unrecht auf die Regelung der Sperrzeit in § 119 AFG und meint, als Begründung für den zeitlich begrenzten Ausschluß des Anspruches auf Alg oder Alhi werde die begrenzte Kausalität der Arbeitsaufgabe gesehen; eine über die Sperrzeit hinausgehende Arbeitslosigkeit liege deshalb nur noch an der schlechten Arbeitsmarktlage und nicht mehr am Verhalten des Arbeitslosen.
Die Sperrzeitregelung beruht, wie der 7. Senat des BSG wiederholt herausgestellt hat, auf der Erwägung, daß sich die Versichertengemeinschaft bzw im Falle der Alhi die Allgemeinheit gegen Risikofälle wehren muß, deren Eintritt der Betroffene selbst zu vertreten hat oder an deren Behebung er unbegründet nicht mithilft (SozR 4100 § 119 Nr 27 mwN). Schon die in § 119 Abs 3 AFG erfolgte "Erlöschens-Regelung" zeigt, daß die zeitliche Begrenzung der Sperrzeit nicht auf einer gesetzlich vermuteten begrenzten Kausalität des bekämpften Fehlverhaltens beruht. Nach § 119 Abs 3 AFG erlischt der Anspruch auf Alg, wenn der Arbeitslose, der nach der Entstehung des Anspruchs bereits einmal Anlaß für den Eintritt einer Sperrzeit von 8 Wochen gegeben und hierüber einen schriftlichen Bescheid erhalten hat, erneut Anlaß für den Eintritt einer Sperrzeit von 8 Wochen gibt. Auch die Staffelung der Länge der Sperrzeit schließt deren Deutung als gesetzliche Anerkennung einer nur eng begrenzten Kausalität aus. Nach § 119 AFG beträgt die Dauer der Sperrzeit 8 Wochen, 4 Wochen oder 2 Wochen, nach § 119a AFG 12 Wochen, 6 Wochen oder 8 Wochen, je nach Maßgabe der dort genannten Tatbestände, die nicht im Sinne einer mutmaßlich zeitlich begrenzten Kausalität für die Dauer der Arbeitslosigkeit gedeutet werden können. Der Umfang der verursachten Arbeitslosigkeit ist für die Sperrzeitregelung auch dann ohne Bedeutung, wenn im Einzelfall feststeht, daß der Arbeitslose zum Beispiel wegen der Befristung seines Arbeitsverhältnisses schon eine Woche nach der Aufgabe des Arbeitsverhältnisses arbeitslos geworden wäre (BSG SozR 4100 § 119 Nr 24). Der Gesetzgeber hat im Hinblick auf diese Entscheidung (vom 12. Dezember 1984 - 7 RAr 49/84 -) in § 119 Abs 2 AFG mit dem 7. Änderungsgesetz vom 20. Dezember 1985 einen Satz 2 eingefügt (vgl BT-Drucks 10/3923 auf Seite 24), wonach die Sperrzeit 2 Wochen umfaßt, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von 4 Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte, bzw wenn der Arbeitslose eine bis zu 4 Wochen befristete Arbeit nicht angenommen oder nicht angetreten hat. Diese Regelung bestätigt, daß ein direkter Zusammenhang zwischen der Dauer der Sperrzeit und der verursachten Arbeitslosigkeit nicht besteht.
Andererseits wird der Anspruch auf Alhi nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Kläger mit dem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis vorsätzlich seine Arbeitslosigkeit und mit bedingtem Vorsatz seine Hilfsbedürftigkeit herbeigeführt hat. Das vorsätzliche Herbeiführen der Arbeitslosigkeit rechtfertigt nach § 134 Abs 4 iVm § 119 AFG nur eine Sperrzeit im Bezug der Alhi. Auf die Voraussetzungen einer Sperrzeit ist hier indes nicht näher einzugehen, da der Kläger erst zu einem Zeitpunkt Alhi beantragt hat, in dem eine Sperrzeit bereits abgelaufen gewesen wäre. Der Senat versteht das angefochtene Urteil im Sinne der globalen Feststellung, daß die Anspruchsvoraussetzungen des § 134 AFG erfüllt sind. Diese ist unbedenklich, soweit die Rechtsbegriffe zweifelsfrei sind und der Sachverhalt unumstritten ist. Das gilt hier auch für die subjektive Verfügbarkeit, obgleich sie bei der Aufgabe einer Beamtenstellung zweifelhaft werden kann. Der Kläger hat in seinem Antrag auf Alhi den Grund für die Aufgabe der Beamtenstellung nicht näher erläutert und auch seinen Arbeitswillen nicht eingeschränkt. In der Klageschrift vom Februar 1985 heißt es, der Kläger sei aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden, da er in Zukunft ein anderes Leben als bisher habe führen wollen. Danach habe er in Ruhe prüfen wollen, wie er seine Zukunft gestalte. Zweifel an der - künftigen - subjektiven Verfügbarkeit wurden erst begründet, als der Kläger im Dezember 1985 zur Niederschrift des SG erklärte, er habe die Arbeit aufgegeben, weil er das Gefühl habe, so nicht weiterleben zu können. Die Arbeit habe auch sein Privatleben bestimmt. Er bemühe sich zwar um "Jobs", wolle aber jetzt noch nicht "in ein festes Arbeitsverhältnis eingebunden sein". Diese Äußerung ist indes erst längere Zeit nach Ablauf des hier zu beurteilenden Zeitraums (Juli 1985) erfolgt.
Auch die mit bedingtem Vorsatz erfolgte Herbeiführung der Bedürftigkeit schließt den Anspruch auf Alhi nicht aus. Nach dem Wortlaut und dem Sinn des Gesetzes kommt es nicht auf die Gründe der Bedürftigkeit an, wie der 7. Senat des BSG zu seiner Entscheidung, ein grob fahrlässiger Verbrauch des Vermögens schließe den Anspruch auf Alhi nicht aus, bereits ausgeführt hat (SozR 4100 § 134 Nr 16). Nach § 25 Abs 2 Nr 1 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) kann die Sozialhilfe auf das zum Lebensunterhalt Unerläßliche eingeschränkt werden, wenn der Hilfesuchende sein Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert hat, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung der Hilfe herbeizuführen. An einer solchen gerade auf die Belastung der Beklagten ausgerichteten Absicht des Klägers fehlt es aber in der hier zu beurteilenden Zeit, so daß auf die Möglichkeit einer entsprechenden Anwendung dieser Vorschrift nicht näher einzugehen ist.
Der Auffassung der Beklagten, der Kläger müsse sich einen fiktiven Unterhaltsanspruch anrechnen lassen, vermochte der Senat nicht zu folgen. Die Beklagte meint, der Kläger habe nur deshalb keinen Unterhaltsanspruch, weil er sich nicht um einen auch unter seiner Qualifikationsebene liegenden Arbeitsplatz bemüht habe. Damit verkennt sie, daß er gerade einfache Gelegenheitsarbeiten sucht. Selbst wenn aber das unterhaltsschädliche Verhalten unberücksichtigt bliebe, könnte das keinen fiktiven Anspruch auf Unterhalt rechtfertigen. Wird nämlich unterstellt, daß der Arbeitslose die Arbeit nicht aufgegeben hätte, so hätte er keinen Unterhaltsanspruch, sondern weiterhin Anspruch auf Dienstbezüge. Damit kann nicht ein Unterhaltsanspruch, sondern allenfalls ein Anspruch auf Dienstbezüge unterstellt werden. Die Berücksichtigung eines fiktiven Arbeitseinkommens ist nach dem Recht der Alhi aber nur so lange zulässig, als der Arbeitslose fortlaufend die Möglichkeit hat, ein solches zu erzielen.
Soweit die Beklagte die Anrechnung eines fiktiven Unterhaltsanspruchs mit der Rangfolge der Unterhaltssicherungssysteme begründet und das Vorhandensein eines unterhaltsfähigen Verwandten ersten Grades genügen lassen will, ist dem der Senat bereits in seinem Urteil vom heutigen Tage - 11 RAr 25/88 - entgegengetreten.
Schließlich macht die Beklagte mit der Revision geltend, aufgrund der langdauernden Arbeitslosigkeit des Klägers habe sich die Zumutbarkeit nach dem AFG an die nach § 1602 BGB angeglichen. Selbst nach der Zumutbarkeitsanordnung könne deshalb vom Kläger derzeit die Aufnahme jeder Tätigkeit erwartet werden, deren Nettoentlohnung nicht unter dem Alhi-Satz liege. Nachdem das LSG keine Feststellungen zum Ablauf der Fristen der Zumutbarkeitsanordnung getroffen habe, müsse der Rechtsstreit jedenfalls zurückverwiesen werden. Die Revision läßt jedoch schon die Angabe der Tatsachen vermissen, die nach § 12 Abs 4 der Zumutbarkeitsanordnung zur Zumutbarkeit jeder Tätigkeit führen. Sie läßt auch nicht erkennen, unter welchem rechtlichen Gesichtspunkt es darauf ankommen soll, ob und ab wann dem Kläger einfache Arbeiten zumutbar waren. Denn nach dem vom LSG festgestellten Sachverhalt hat der Kläger weder eine Vermittlung in einfache Tätigkeiten (Jobs) abgelehnt, noch sich geweigert, sich selbst um solche Tätigkeiten zu bemühen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen