Leitsatz (redaktionell)
Die Entscheidung einer Knappschaft über den Antrag auf Zulassung zur knappschaftszahnärztlichen Versorgung stellt einen Verwaltungsakt dar. Ein Rechtsstreit, der auf Aufhebung eines solchen Verwaltungsaktes und Verpflichtung der Knappschaft zur Zulassung zur knappschaftszahnärztlichen Versorgung gerichtet ist, betrifft eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten des Kassenarztrechtes iS des SGG § 51 Abs 1, 2, für die der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben ist. Bei der Entscheidung wirken als ehrenamtliche Beisitzer je ein Sozialrichter - Landessozialrichter, Bundessozialrichter - aus den Kreisen der KK und der Kassenzahnärzte mit.
Das Knappschaftszahnarztsystem der Ruhrknappschaft mit seinem strengen Auswahlprinzip auf der Grundlage einer von der Ruhrknappschaft nach ihrem Ermessen gehandhabten Bedürfnisprüfung hält sich im Rahmen der Gestaltungsermächtigung der RKG §§ 20, 204 und verstößt auch nicht gegen das GG (Art 3 Abs 1, Art 12 Abs 1).
Normenkette
SGG § 51 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03, Abs. 2 Fassung: 1953-09-03; RKG §§ 20, 204 Abs. 1 S. 1; GG Art. 3 Abs. 1 Fassung: 1949-05-23, Art. 12 Abs. 1 Fassung: 1956-03-19; SGG § 12 Abs. 3 S. 1 Fassung: 1953-09-03
Tenor
Die Revisionen des Klägers und der beigeladenen Kassenzahnärztlichen Vereinigung gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. Januar 1964 werden zurückgewiesen.
Die Anschlußrevision der beklagten Ruhrknappschaft gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. Januar 1964 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger ist in L. seit 1957 als Zahnarzt niedergelassen und als Kassenzahnarzt zugelassen. Er erstrebt mit der Klage seine Zulassung zur knappschaftszahnärztlichen Versorgung.
Nachdem der Kläger sich bereits 1957 vergeblich um diese Zulassung bemüht hatte, erneuerte er nach dem Tode des bisher in L. tätigen Knappschaftszahnarztes seine Bewerbung im Jahre 1960. Er wurde mit der Begründung abschlägig beschieden, daß sich die Ruhrknappschaft dahin entschieden habe, die Knappschaftszahnarztstelle in L. mit einem anderen Zahnarzt zu besetzen (Bescheid vom 23. April 1960).
Mit der Klage beim Sozialgericht (SG) machte der Kläger geltend, die Mitteilung der Beklagten vom 23. April 1960 sei ein Verwaltungsakt. Dieser sei rechtswidrig. § 204 des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG), wonach die Beklagte ihre Beziehungen zu den Ärzten und Zahnärzten selbständig regele, sei verfassungswidrig. Die Beklagte könne hiernach willkürlich einen Bewerber, bei dem sämtliche Voraussetzungen für eine Zulassung gegeben seien, ausschließen. Er habe daher auch Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eingelegt. Dieses habe sich aber auf den Standpunkt gestellt, daß die mit der Sache befaßten Sozialgerichte die mit der Zulassung der Ärzte zur Knappschaftspraxis zusammenhängenden Rechtsfragen zunächst in eigener Zuständigkeit zu klären hätten.
Der Kläger hat beantragt,
den angefochtenen Bescheid der Ruhrknappschaft vom 23. April 1960 aufzuheben und die Beklagte für verpflichtet zu erklären, den Kläger als Knappschaftszahnarzt für den Sprengelbezirk L. zuzulassen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die Klage für unzulässig, weil es sich nicht um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne des § 51 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) handele.
Durch Urteil vom 24. November 1961 hat das SG die Klage als unzulässig abgewiesen. Es hat die öffentlich-rechtliche Natur des erhobenen Anspruchs verneint und ist daher zu dem Ergebnis gekommen, daß der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nicht gegeben sei.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt.
Er wiederholt im wesentlichen sein früheres Vorbringen. Entgegen der Ansicht des SG hält er seine Klage für zulässig, weil er mit ihr nicht die Stellung eines Sprengelarztes begehre, sondern vielmehr verlange, im Verhältnis zur Beklagten so gestellt zu werden wie gegenüber den RVO-Kassen. Nur die Zulassung zur knappschaftszahnärztlichen Versorgung könne ihm eine sinnvolle Ausübung des Zahnarztberufes ermöglichen. Von den rund 6.000 Einwohnern L.s seien nämlich ungefähr 1/3 bei der Knappschaft versichert. Seine Existenz als Zahnarzt sei gefährdet, wenn er nicht an der zahnärztlichen Knappschaftspraxis beteiligt werde.
Der Kläger hat beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des SG vom 24. November 1961 den Bescheid der Beklagten vom 23. April 1960 aufzuheben.
Die beklagte Ruhrknappschaft hat beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bestreitet, daß der Rechtsstreit zur Zuständigkeit des Kassenarztsenats gehöre; vielmehr sei er dem Knappschaftssenat zugewiesen. Sie verneint die Zulässigkeit des Rechtswegs zum SG, weil die vorliegende Streitsache keinen öffentlich-rechtlichen Charakter aufweise. Die Zurückweisung einer Bewerbung sei kein Verwaltungsakt (VA). Es fehle an der hierzu erforderlichen Unterordnung der Ärzte. Der freipraktizierende Arzt sei nicht auf die Mitwirkung in der Knappschaftsversicherung angewiesen.
Die beigeladene Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZÄV) hat sich dem Antrag des Klägers angeschlossen.
Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen; die Revision wurde zugelassen (Urteil vom 28. Januar 1964). Es hat in der für Angelegenheiten des Kassenzahnarztrechts vorgeschriebenen Besetzung (§ 12 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 33 Satz 2 SGG) entschieden und als Begründung im wesentlichen ausgeführt: Für die vorliegende Klage sei der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben; denn die vom Kläger erstrebte Zulassung zur knappschaftszahnärztlichen Versorgung betreffe eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der Sozialversicherung i. S. des § 51 Abs. 1 und 2 Satz 1 SGG. Die Klage sei jedoch unbegründet. Nur für die zahnärztliche Versorgung der RVO-Versicherten habe das Gesetz (§§ 368 der Reichsversicherungsordnung -- RVO - ff) dem Arzt einen Zulassungsanspruch eingeräumt. Hingegen seien die Knappschaften durch § 204 RKG i. V. m. § 12 des Knappschaftsversicherungs-Anpassungsgesetzes (KnVAG) vom 30. Juli 1949 ermächtigt, ihr Verhältnis zu den Ärzten und Zahnärzten in eigener Zuständigkeit nach den örtlichen Bedürfnissen zu regeln. Von dieser Ermächtigung habe die Ruhrknappschaft in der Form Gebrauch gemacht, daß sie die Versicherten in Sprengel eingeteilt und bestimmten Ärzten innerhalb des jeweiligen Sprengelbereiches die ärztliche Betreuung auf der Grundlage von Dienstverträgen übertragen habe. Der Kläger habe keinen Anspruch darauf, in diese Organisation eingegliedert zu werden. Daß die Ruhrknappschaft nur nach Maßgabe des Bedürfnisses im Sinne ihrer Verwaltungsübung Sprengelärzte einstelle, verstoße nicht gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 des Grundgesetzes - GG -). Während der freipraktizierende Arzt nach der Auffassung des BVerfG in aller Regel seinen Beruf wirtschaftlich gesehen ohne Kassenzulassung nicht erfolgreich ausüben könne, komme der Zulassung zur knappschaftsärztlichen Versorgung nicht die gleiche Bedeutung zu. Auch verstoße es nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), daß zwar regelmäßig die Knappschaftsärzte auch zur kassenärztlichen Versorgung der RVO-Versicherten, nicht aber umgekehrt die Kassenärzte zur knappschaftsärztlichen Versorgung zugelassen würden. Schließlich könne auch nicht aus dem Gesichtspunkt, der Versicherte müsse freie Arztwahl haben, ein Anspruch auf Zulassung zur knappschaftsärztlichen Versorgung hergeleitet werden. Der Versicherte habe nur einen Anspruch auf ausreichende ärztliche Versorgung. Diesem Erfordernis sei im vorliegenden Fall in genügendem Umfang Rechnung getragen; selbst wenn, wie der Kläger ausführe, von den rund 6.000 Einwohnern von L. 1/3 von der Knappschaft betreut würden (nach den Angaben der Beklagten seien es 281 Mitglieder und rund 277 Familienmitglieder), so sei dem Erfordernis der freien Arztwahl Rechnung getragen. Zwar sei in L. nur ein Knappschaftszahnarzt niedergelassen. Außerdem stünden aber den Knappschaftsversicherten nach dem glaubhaften Vorbringen der Beklagten im engeren Bereich noch drei Knappschaftszahnärzte in dem 7 km von L. entfernten Ort Ibbenbüren zur Verfügung.
Gegen dieses Urteil haben der Kläger und die beigeladene KZÄV Revision, die beklagte Ruhrknappschaft Anschlußrevision eingelegt.
Der Kläger hält daran fest, daß die Versagung der Zulassung zur knappschaftsärztlichen Versorgung gegen Art. 12 und Art. 3 GG verstoße. Die Beschränkung der Berufsfreiheit des Klägers sei durch keine vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt. Zu Unrecht habe sich das LSG auch darauf berufen, daß die unterschiedliche Stellung des Knappschaftsarztes und des Kassenarztes durch ihre Zugehörigkeit zu verschiedenen Ordnungssystemen gerechtfertigt sei. Beide Sicherungsformen gehörten zum Bereich der Sozialversicherung. Er hat beantragt,
das angefochtene Urteil und das Urteil des SG vom 24. November 1961 sowie den Bescheid der beklagten Ruhrknappschaft vom 23. April 1960 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Kläger als Knappschaftszahnarzt für den Sprengelbezirk L. zuzulassen, hilfsweise ihn zur knappschaftszahnärztlichen Versorgung zuzulassen.
Den gleichen Antrag hat die beigeladene KZÄV gestellt. Sie hat zur Begründung ihrer Revision geltend gemacht:
Das LSG habe nicht seiner Verpflichtung zur Aufklärung des Sachverhalts genügt (Verstoß gegen § 103 SGG). Es hätte nicht lediglich die Arbeits- und sozialstatistischen Mitteilungen 1960 für die Frage der wirtschaftlichen Bedeutung der knappschaftlichen Krankenversicherung für einen niedergelassenen Zahnarzt verwerten dürfen. Ferner habe das LSG nicht die Verschiedenartigkeit des Knappschaftsarzt- und des Knappschaftszahnarztsystems aufgeklärt. Bei den Knappschaftsärzten bestehe das "Sprengelarztsystem", bei den Knappschaftszahnärzten das "System der organisierten freien Zahnarztwahl", das dem System der kassenärztlichen Zulassung vor seiner Liberalisierung ähnele. Zu Unrecht habe das LSG die Stellung des Kassenzahnarztes und des Knappschaftszahnarztes als wesentlich verschieden angesehen. Beide hätten nicht die Möglichkeit, die Modalitäten ihrer Tätigkeit frei zu vereinbaren, sondern müßten die jeweils gegebenen Bedingungen hinnehmen. Sowenig die Zulassung der Kassenzahnärzte vom Bedürfnis abhängig gemacht werden dürfe, sowenig sei es auch der Knappschaft gestattet, eine objektive Zulassungsbeschränkung in Gestalt einer Bedürfnisprüfung einzuführen.
Die beklagte Ruhrknappschaft hat beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an den Senat für Angelegenheiten der Knappschaftsversicherung des LSG zurückzuverweisen.
Sie hat die Anschlußrevision einmal darauf gestützt, daß das LSG bei seiner Entscheidung falsch besetzt gewesen sei: Der Streitfall betreffe nicht eine Angelegenheit des Kassenarztrechts, sondern der Knappschaftsversicherung. Die Knappschaftszahnärzte seien keine Kassenzahnärzte. Auch würden weder die Knappschaftszahnärzte noch die Knappschaften durch die ehrenamtlichen Beisitzer repräsentiert, die bei den Spruchkörpern für Angelegenheiten des Kassenarztrechts mitwirkten. - Ferner hält die beklagte Ruhrknappschaft nicht den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für gegeben. Der vorliegende Rechtsstreit betreffe keine Angelegenheit der Sozialversicherung im Sinne des § 51 Abs. 1 SGG, insbesondere nicht des § 51 Abs. 2 Satz 1 SGG. Der mit der Klage verfolgte Anspruch sei auf Abschluß eines privatrechtlichen Dienstvertrags gerichtet. Die Ablehnung der Bewerbung eines Zahnarztes stelle keinen Verwaltungsakt dar. - In der Sache selbst habe das LSG richtig entschieden. Mit dem Bundessozialgericht - BSG - (Urteil vom 4. Juni 1964 in BSG 21, 104) sei davon auszugehen, daß im Hinblick auf die verhältnismäßig geringe Zahl von knappschaftlich Versicherten die Ausübung des freien Berufs als niedergelassener Arzt durch die Ablehnung einer Zulassung zur knappschaftsärztlichen Versorgung nicht in dem gleichen Maße wie bei Nichtzulassung zur kassenärztlichen Versorgung eingeschränkt werde. Das gelte auch für die niedergelassenen Zahnärzte. Demnach betreffe das bei der Ruhrknappschaft angewandte Knappschaftszahnarztsystem nur die Berufsausübung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG - nicht die Freiheit der Berufswahl -, die aus vernünftigen Gründen des Gemeinwohls eingeschränkt werden könne. Diese seien auch die Triebfeder für das von der Ruhrknappschaft praktizierte System der knappschaftszahnärztlichen Versorgung. Das besondere Ineinandergreifen von Vorsorge (Anlegeuntersuchungen, vorbeugende Behandlungen), Diagnose und Therapie im knappschaftlichen Bereich erfordere einen ständigen Erfahrungsaustausch sowohl zwischen Ärzten und Zahnärzten als auch mit der Knappschaft als Versicherungsträger. Diese Erkenntnisse seien Ursache einer zentralen Beratung, Erfassung und Behandlung durch Errichtung einer Fachabteilung für Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten im Knappschafts-Krankenhaus Bochum-L. gewesen, die im engen Kontakt mit den Knappschaftszahnärzten und den übrigen ärztlichen Einrichtungen der Ruhrknappschaft die Knappschaftszahnärzte allgemein berate, Fortbildungsbesprechungen durchführe und Vorschläge überprüfe, die aus knappschaftszahnärztlicher Sicht im Hinblick auf die besonderen "bergbaugebundenen" Krankheiten an sie herangetragen würden. Nur das System einer ärztlichen und zahnärztlichen Versorgung, die von der Beratung des Arbeitsplatzes über Frühbehandlung bis zur laufenden Versorgung die Gesamtheit der besonderen Arbeitsbedingungen des Bergbaus kenne und zu beurteilen vermöge, werde den Aufgaben der Knappschaft gerecht.
II
Der erkennende Senat ist - wie das LSG - davon ausgegangen, daß der vorliegende Rechtsstreit eine "Angelegenheit des Kassenarztrechts" (vgl. § 10 Abs. 2, § 31 Abs. 2, § 40 Satz 2 SGG) betrifft und über ihn daher in der für solche Angelegenheiten vorgeschriebenen Besetzung (§ 12 Abs. 3 Satz 1, §§ 33 Satz 2, § 40 Satz 1 SGG) zu entscheiden ist. Er hat diese Auffassung bereits in seinem Urteil vom 4. Juni 1964 (BSG 21, 104) eingehend begründet und hält trotz der von der beklagten Ruhrknappschaft erneut hiergegen vorgetragenen Bedenken daran fest, daß bei diesem Grenzfall, der sicherlich auch den Bereich der Knappschaftsversicherung berührt, wesentlich mehr für seine Zuordnung zum Kassenarztrecht als zur Knappschaftsversicherung spricht. Der im Gesetz verwandte Begriff "Kassenarztrecht" ist schlagwortartig geprägt und wird erst durch die nähere Umschreibung in § 51 Abs. 2 Satz 1 SGG verdeutlicht, auf die § 10 Abs. 2 SGG verweist. Hiernach gehören zum Kassenarztrecht alle Angelegenheiten, die auf Grund der Beziehungen zwischen Ärzten, Zahnärzten und Krankenkassen im Rechtsweg zu entscheiden sind. Dabei geht es um die Eingliederung von Ärzten (Zahnärzten) in das jeweilige System ärztlicher (zahnärztlicher) Versorgung von Versicherten, die den Krankenkassen als Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung kraft Gesetzes auferlegt ist. Auch die Ruhrknappschaft ist als Träger der knappschaftlichen Krankenversicherung Krankenkasse (vgl. im einzelnen BSG aaO S. 106). Demnach betrifft der vorliegende Rechtsstreit eine für das "Kassenarztrecht" typische Streitigkeit um die Zulassung zur knappschaftszahnärztlichen Versorgung.
Daraus folgt, daß in diesen Angelegenheiten als ehrenamtliche Beisitzer Sozialrichter (Landessozialrichter, Bundessozialrichter) aus den Kreisen der Krankenkassen und der Kassenärzte (Kassenzahnärzte) mitwirken (§ 12 Abs. 3 Satz § 33 Satz 2, § 40 Satz 1 SGG). Knappschaftsärzte (Knappschaftszahnärzte) und ehrenamtliche Richter aus den Kreisen der Knappschaften sind demnach an der Entscheidung nicht beteiligt, jedenfalls nicht in dem Sinne, daß diese Personenkreise gerade im Hinblick auf ihre Funktion als Knappschaftsärzte (Knappschaftszahnärzte) zur Rechtsprechung herangezogen werden und die entsprechenden Vereinigungen (Knappschaftszahnärzteverein, Arbeitsgemeinschaft der Knappschaften der Bundesrepublik Deutschland) ein eigenes Vorschlagsrecht im Sinne des § 14 Abs. 3 SGG haben. Immerhin ist es keineswegs ausgeschlossen, daß die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen Knappschaftszahnärzte, die Kassenzahnärzte sind - was häufig der Fall ist -, im Rahmen ihres Vorschlagsrechts berücksichtigen. Auch ließe es die weitgespannte Formulierung "aus den Kreisen der Krankenkassen" (§ 12 Abs. 3 Satz 1 SGG) wohl zu, daß die vorschlagsberechtigten Zusammenschlüsse der Krankenkassen (§ 14 Abs. 3 SGG) Vertreter der knappschaftlichen Krankenversicherung für die Berufung als Sozialrichter (Landessozialrichter, Bundessozialrichter) vorschlügen. Wenn diese Möglichkeiten auch nicht, wie der Ruhrknappschaft zuzugeben ist, dem Bedürfnis der beteiligten Berufskreise, an der sie betreffenden Rechtsprechung repräsentativ mitzuwirken, voll genügen, so bietet eine dem § 12 Abs. 3 Satz 1 SGG entsprechende Besetzung des Spruchkörpers doch die Gewähr, daß ehrenamtliche Beisitzer mitwirken, die mit der besonderen Problematik der mit der ärztlichen (zahnärztlichen) Behandlung der Versicherten und ihrer Angehörigen zusammenhängenden Fragen vertraut sind. Das ist aber immer noch sachgemäßer, als die Besetzung des Gerichts, wie sie die Ruhrknappschaft nach § 12 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGG für geboten hält, nämlich mit ehrenamtlichen Beisitzern aus den Kreisen der Versicherten und der Arbeitgeber (vgl. dazu im einzelnen BSG aaO S. 107). Demgemäß haben bei der Entscheidung des Senats als ehrenamtliche Beisitzer je ein Bundessozialrichter aus den Kreisen der Krankenkassen und der Kassenzahnärzte mitgewirkt.
Die Anschlußrevision der beklagten Ruhrknappschaft ist unzulässig. Voraussetzung jedes Rechtsmittels ist die Beschwer. Eine völlig siegreiche Partei kann daher kein Rechtsmittel "gegen" eine Entscheidung einlegen, die ihr alles zuspricht, was sie im Prozeß verfolgt hat (Rosenberg, Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts, 9. Aufl., § 134 II 2 a, S. 660; vgl. auch BSG 21, 104, 108). Die Ruhrknappschaft hat dadurch, daß das LSG aus Sachgründen die vom SG ausgesprochene Klageabweisung bestätigt hat, in vollem Umfange obgesiegt. Daß sie mehr als die von ihr in erster Linie angestrebte bloße Prozeßabweisung erreicht und daß das ihr günstige Urteil vom Gericht in anderer Besetzung, als von ihr für richtig gehalten wird, erlassen ist, beschwert sie nicht. Demgemäß mußte ihre Anschlußrevision verworfen werden.
Die Revisionen des Klägers und der beigeladenen KZÄV sind unbegründet.
Entgegen den Bedenken der Ruhrknappschaft ist für den vorliegenden Rechtsstreit der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit - Sozialrechtsweg - gegeben. Wie der Senat in der zitierten Entscheidung (BSG aaO S. 108 ff) näher dargelegt hat, handelt es sich bei dem Klageanspruch nicht um Auswirkungen eines Dienstverhältnisses bürgerlich-rechtlicher Art. Der Kläger will zur knappschaftszahnärztlichen Versorgung - auf welche Weise auch immer - auf Grund der von ihm angenommenen Verpflichtung der Ruhrknappschaft, jeden geeigneten niedergelassenen Zahnarzt auf seinen Antrag an der zahnärztlichen Versorgung der Versicherten und ihrer Angehörigen zu beteiligen, zugelassen werden. Hierbei tritt - auch nach der Auffassung des Klägers - die Frage, wie die Ruhrknappschaft einer solchen Verpflichtung zu genügen hätte, völlig in den Hintergrund. Demnach wird die rein zivilrechtliche Deutung des vom Kläger gestellten Zulassungsantrags als eines Angebots zum Abschluß eines bürgerlich-rechtlichen Vertrags der Sachlage nicht gerecht. Im Streit ist vielmehr die vom Kläger behauptete Verpflichtung der Ruhrknappschaft, ihn in einer von dieser noch näher auszugestaltenden Weise in ein System knappschaftszahnärztlicher Versorgung einzugliedern.
Dabei ist die Vorentscheidung, die die Verwaltung in Wahrnehmung ihrer öffentlichen Aufgaben und in Ausübung staatlicher Gewalt mit dem ihr hierfür zur Verfügung stehenden Instrument des Verwaltungsakts trifft, von dem Durchführungsgeschäft zu trennen, bei dem die Verwaltung auf dem Boden des Privatrechts treten kann. Nach dieser Zweistufenlehre (vgl. dazu im einzelnen BSG aaO S. 109 f mit Nachweisen) gehört die primäre Rechtsbeziehung, in der durch Verwaltungsakt über das "Ob" der von der Verwaltung zu gewährenden Maßnahme entschieden wird, dem öffentlichen Recht, die nachfolgende Rechtsgestaltung des Erfüllungsgeschäfts - das "Wie" - hingegen dem Privatrecht an, wenn die Verwaltung sich hierfür privatrechtlicher Mittel bedient. Nur diese Unterscheidung verbürgt den angemessenen Rechtsschutz, wie der Kläger mit Recht hervorhebt.
Demnach ist auch die vom Kläger angestrebte "Zulassung" zur knappschaftszahnärztlichen Versorgung von dem privatrechtlichen Dienstverhältnis zu trennen, das der zugelassene Knappschaftszahnarzt mit der Ruhrknappschaft nach deren Verwaltungsübung einzugehen hat. Diese Unterscheidung zwischen der "Zulassung" und dem Dienstvertrag tritt im Verhältnis der Ruhrknappschaft zu ihren Zahnärzten besonders deutlich hervor, wie die Bedingungen der vorläufigen Zulassung für Knappschafts-Zahnärzte der Ruhrknappschaft (Nr. 1) zeigen:
"Die Zulassung ist zunächst eine vorläufige. Die endgültige Zulassung unter den Bedingungen des mit dem Verein der Knappschafts-Zahnärzte vereinbarten Zahnarztvertrages erfolgt grundsätzlich frühestens nach einer dreijährigen Ausübung der Knappschaftspraxis. Ein Anspruch auf endgültige Zulassung erwächst aus der vorläufigen Zulassung nicht."
Demnach ist der vorliegende Rechtsstreit eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten des Kassenarztrechts im Sinne des § 51 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGG.
Zu Recht hat das LSG angenommen, daß der Kläger keinen Anspruch auf Zulassung zur knappschaftszahnärztlichen Versorgung hat.
Das insbesondere von der KZÄV vorgetragene Argument, das von der Ruhrknappschaft praktizierte Knappschaftszahnarztsystem beeinträchtige die freie Zahnarztwahl der Versicherten, hat der Senat bereits in Zusammenhang mit dem wesentlich stärkere Einschränkungen der freien Arztwahl enthaltenden Sprengelarztsystem geprüft und für nicht stichhaltig erachtet (BSG aaO S. 111 ff). Das Knappschaftszahnarztsystem - von der KZÄV selbst als "System der organisierten freien Zahnarztwahl" bezeichnet - stellt den knappschaftlich Versicherten in der Wahl des Zahnarztes wesentlich freier als das Sprengelarztsystem in der Wahl des Arztes. Der Versicherte braucht sich nicht für einen bestimmten Knappschaftszahnarzt auf Zeit zu entscheiden, sondern kann unter den erreichbaren Knappschaftszahnärzten von Fall zu Fall frei wählen. Zwar ist trotzdem die Stellung der RVO-Versicherten und ihrer Angehörigen in der Frage der freien Arztwahl wesentlich günstiger. Indessen sind die Knappschaften nicht zur uneingeschränkten Gleichbehandlung der Knappschaftsversicherten mit den RVO-Versicherten verpflichtet. Die grundlegende Vorschrift (§ 20 RKG) läßt Abweichungen zu. Zu diesem Sonderrecht der knappschaftlichen Krankenversicherung gehört § 204 RKG. Wenn die Knappschaften nach dieser Vorschrift ua ihr Verhältnis zu den Zahnärzten "nach den örtlichen Verhältnissen" regeln dürfen, so sind mit der Ermächtigung, die Organisationsform der knappschaftszahnärztlichen Versorgung zu bestimmen, die damit verbundenen Rückwirkungen auf die Rechtsstellung der Versicherten, insbesondere die freie Arztwahl, vom Gesetzgeber in Kauf genommen. Das Knappschaftszahnarztsystem der Ruhrknappschaft hält sich somit im Rahmen der Gestaltungsermächtigung des § 204 RKG.
Es verstößt auch nicht gegen das Grundrecht der freien Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 GG), obwohl es mit seinem strengen Auswahlprinzip auf der Grundlage einer von der Ruhrknappschaft nach ihrem Ermessen gehandhabten Bedürfnisprüfung stark dirigistisch wirkt. Insofern gelten hier im wesentlichen die gleichen Erwägungen, die der Senat bereits zum Sprengelarztsystem der Ruhrknappschaft angestellt hat (vgl. BSG aaO S. 112 ff). Die Tätigkeit des Knappschaftszahnarztes ist nur eine besondere Ausübungs form des Berufs des niedergelassenen, frei praktizierenden Zahnarztes. Die Freiheit der Berufs wahl wird hiervon nicht berührt. Nur wenn die Regelung der knappschaftszahnärztlichen Versorgung so stark in die Berufsausübung der niedergelassenen Zahnärzte eingriffe, daß sie deren Berufswahl beeinträchtigte, käme ein Verstoß gegen die besondere, die Freiheit der Berufswahl sichernde Grundrechtsverbürgung des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG in Frage (vgl. BVerfG 11, 30, 42 ff; 12, 144, 147 ff; 16, 286, 296 ff).
Eine solche weitreichende Bedeutung für die Berufsausübung der nicht zur knappschaftszahnärztlichen Versorgung zugelassenen Zahnärzte kommt jedoch der Ausschlußwirkung des bei der Ruhrknappschaft geübten Knappschaftszahnarztsystems nicht zu. Zwar ist an Orten mit einem höheren Anteil an Knappschaftsversicherten - wie an dem Niederlassungsort des Klägers - für jeden niedergelassenen Zahnarzt die Frage, ob er zur Behandlung der Knappschaftsversicherten und ihrer Angehörigen zugelassen wird, von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Wie das LSG zutreffend erwogen hat, kann es aber bei der Frage, ob ein Zahnarzt durch Versagung der Zulassung zur knappschaftszahnärztlichen Tätigkeit der Möglichkeit beraubt wird, seinen Beruf erfolgreich auszuüben, nicht auf die Verhältnisse am Niederlassungsort des Zahnarztes ankommen. Deshalb geht auch die verfahrensrechtliche Rüge der beigeladenen KZÄV fehl, das LSG hätte versäumt, den hohen Anteil der Knappschaftsversicherten in L. und die daraus resultierende Bedeutung der Zulassung zur knappschaftszahnärztlichen Versorgung für einen dort niedergelassenen Zahnarzt zu ermitteln. Vom sachlich-rechtlichen Standpunkt des LSG, der für den Umfang seiner Aufklärungspflicht nach § 103 SGG maßgebend war, war diese Frage unerheblich. Ob es genügt, wie es das LSG getan hat, auf die Verhältnisse in der Bundesrepublik abzustellen - im Oktober 1960 20 500 000 Pflichtmitglieder der RVO-Kassen gegenüber 1 400 000 Pflichtmitgliedern der knappschaftlichen Krankenversicherung -, kann dahinstehen. Selbst wenn es für die Frage, ob ein die freiberufliche Betätigung anstrebender Zahnarzt auch ohne die Zulassung zur knappschaftszahnärztlichen Versorgung ein angemessenes Betätigungsfeld mit hinreichenden beruflichen Erfolgsaussichten finden kann, auf die Verhältnisse im jeweiligen Land - hier: dem Land Nordrhein-Westfalen - ankommt, ist die Freiheit der Berufswahl des Klägers nicht beeinträchtigt. Es steht außer Zweifel, daß Nordrhein-Westfalen außerhalb der bergbaulichen Ballungszentren genügend Niederlassungsmöglichkeiten an Orten bietet, in denen nicht ein großer Teil der Bevölkerung von der Knappschaftsversicherung erfaßt ist.
Berührt aber die Ausschlußwirkung des Knappschaftszahnarztsystems nur die Berufsausübung, so genügen zum mindesten "vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls" zur Rechtfertigung der mit diesem System verbundenen Begrenzungen der Berufsausübung (BVerfG 7, 377, 405; 16, 286, 298 ff; vgl. dazu BSG aaO S. 113 f). Zutreffend verweist die Ruhrknappschaft darauf, daß ihr System der beschränkten Zulassung es ermöglicht, für die Behandlung der Knappschaftsversicherten Ärzte und Zahnärzte auszuwählen, die in der Behandlung von typischen Gesundheitsschäden im Bergbau besonders erfahren sind. Wie sehr der Ruhrknappschaft an der besonderen Eignung des Zahnarztes für die knappschaftszahnärztliche Versorgung gelegen ist, zeigt die mehrjährige Dauer des Erprobungsverhältnisses, bevor der Knappschaftszahnarzt endgültig zugelassen wird. Um die "bergbaugebundenen" Krankheiten der Knappschaftsversicherten möglichst erfolgreich zu bekämpfen, womöglich zu verhüten, ist in der modernen Diagnose und Therapie nicht selten eine enge Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Zahnärzten erforderlich. Sie ist in einem verhältnismäßig kleinen Kreis hierfür zugelassener, spezifisch erfahrener Ärzte und Zahnärzte besonders gut zu verwirklichen, wenn auch die "bergbaugebundenen" Zahnkrankheiten dabei nur eine untergeordnete Rolle spielen.
Vor allem aber gewinnt in Zeiten eines immer weiter um sich greifenden Zahnarztmangels der Umstand zunehmende Bedeutung, daß das bei der Ruhrknappschaft praktizierte Knappschaftszahnarztsystem mit der ihm innewohnenden starken Bindung des Knappschaftszahnarztes an seine Aufgabe der zahnärztlichen Versorgung der Knappschaftsversicherten sicherstellt, daß dieser Personenkreis auch in Zeiten und Gebieten ausreichend zahnärztlich betreut wird, in denen es allgemein an Zahnärzten mangelt. Ist aber das bei der Ruhrknappschaft übliche Knappschaftszahnarztsystem von der Aufgabenstellung der Knappschaft her - Krankheitsbekämpfung und -verhütung unter besonderer Berücksichtigung der "bergbaugebundenen" Gesundheitsschäden - gerechtfertigt, so bedarf es angesichts der großen Bedeutung des Bergbaus für die Allgemeinheit keiner näheren Begründung, daß damit zugleich dem Gemeinwohl gedient wird.
Die dargelegte besondere Zielsetzung der knappschaftszahnärztlichen Versorgung tritt bei der zahnärztlichen Behandlung der Familienangehörigen der Knappschaftsversicherten zurück. Daß die Ruhrknappschaft aber auch insoweit ihr Knappschaftszahnarztsystem anwendet, folgt aus dem akzessorischen Charakter der Familienhilfe. Es wäre jedenfalls wenig sachgemäß und würde Leistungsgewährung und Abrechnung sehr erschweren, wenn aus demselben Versicherungsverhältnis zwei grundsätzlich verschiedene Zahnarztgruppen in Anspruch genommen werden könnten, je nachdem, ob sich der Anspruch des Versicherten auf zahnärztliche Behandlung für ihn selbst oder für seine Familienangehörigen richtet. Wegen dieses Sachzusammenhangs erscheint die Erstreckung des Knappschaftszahnarztsystems auf die Familienangehörigen der Knappschaftsversicherten gerechtfertigt.
Demnach kann der Kläger seinen Zulassungsanspruch nicht aus der Grundrechtsverbürgung des Art. 12 Abs. 1 GG herleiten. Auch der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) trägt diesen Anspruch nicht. Wie der Senat es bereits ähnlich für das Sprengelarztsystem dargelegt hat (BSG aaO S. 114), ist die ungleiche Behandlung freiberuflicher Zahnärzte in der Frage der Zulassung zur kassenzahnärztlichen und zur knappschaftszahnärztlichen Versorgung durch die schon dargelegte unterschiedliche Bedeutung der beiden Arten zahnärztlicher Tätigkeit für die Berufsausübung begründet. Muß die Zulassung zur kassenzahnärztlichen Versorgung regelmäßig als entscheidende Voraussetzung für eine freiberufliche Betätigung als Zahnarzt angesehen werden, so gilt das nicht entfernt für die Zulassung als Knappschaftszahnarzt.
Demnach mußten die Revisionen des Klägers und der beigeladenen KZÄV zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.
Fundstellen