Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsweg bei Streitigkeiten zwischen Ersatzkasse und ehemaligen Vertragsarzt - Besetzung des Gerichts. Schadensersatzanspruch. Nachwirkungen des Beteiligungsverhältnisses
Leitsatz (amtlich)
Eine Ersatzkasse hat gegen einen ehemaligen Vertragsarzt vertragliche Ersatzansprüche, wenn er nach dem Ende der Beteiligung Verordnungen unter Verwendung der ihm aufgrund des Beteiligungsverhältnisses zur Verfügung gestellten Mittel (zB Vordrucke) ausgestellt und dadurch die Kasse geschädigt hat.
Orientierungssatz
1. Bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen einer Ersatzkasse gegen einen Arzt, die aus Nachwirkungen seines Beteiligungsverhältnisses an der vertragsärztlichen Versorgung hergeleitet werden, ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben; derartige Rechtsstreitigkeiten gehören zu den Angelegenheiten des Kassenarztrechts, die in der Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Krankenkassen und der Kassenärzte zu entscheiden sind.
2. Die Beteiligung eines Arztes an der ärztlichen Versorgung der Versicherten als Vertragsarzt nach den Vorschriften des EKV-Ärzte ist öffentlich-rechtlicher Natur. Daraus folgt die öffentlich-rechtliche Natur von Schadensersatzansprüchen aus Verletzungen des Vertrages oder seiner Nachwirkungen.
3. Das durch die Beteiligung an der Versorgung der Versicherten begründete Rechtsverhältnis ist insoweit vergleichbar einem Vertrag mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter. Dieser Gestaltung der Rechtsbeziehungen kann auch entnommen werden, daß der Kasse unmittelbare Ansprüche gegen den Arzt zustehen, wenn seine Verordnungen nicht den Vertragspflichten entsprechen.
Normenkette
SGG § 51 Abs 2 S 1; EKV-Ä § 18 Fassung: 1950-05-12; BGB § 328; SGG § 12 Abs 3 S 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Streitig ist der Ersatz von Aufwendungen der Klägerin für vom Beklagten verordnete Arznei-, Heil- und Hilfsmittel.
Der Beklagte ist praktischer Arzt. Er war bis zum 31. Dezember 1982 nach der Zulassungsordnung für Ärzte und dem Arzt/Ersatzkassenvertrag (EKV-Ärzte) sowohl zur Teilnahme an der kassenärztlichen als auch an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt. Sein Antrag auf Verlängerung der Ermächtigung über den 31. Dezember 1982 hinaus wurde abgelehnt. Klage und Berufung hatten keinen Erfolg.
Im anhängigen Rechtsstreit begehrt die Klägerin Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 32.617,72 DM. Sie macht geltend, der Beklagte habe nach dem 31. Dezember 1982 zu ihren Lasten in dieser Höhe Arzneimittel, Heil- und Hilfsmittel verordnet und Sprechstundenbedarf angefordert. Ihren Anspruch stützt sie auf Nachwirkungen aus dem Beteiligungsverhältnis des Beklagten.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage als unzulässig abgewiesen und ausgeführt, daß es zur Entscheidung dieser bürgerlich-rechtlichen Streitigkeit sachlich nicht zuständig sei (Urteil vom 25. September 1985). Auf die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) in der Besetzung mit zwei Kassenärzten als ehrenamtlichen Richtern das erstinstanzliche Urteil abgeändert und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 32.617,71 DM zu zahlen. Es hat zur Begründung ausgeführt: Für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch treffe der Rechtsweg nach § 51 Abs 2 iVm Abs 1 SGG zu, denn es handele sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit aufgrund der Beziehungen zwischen Ärzten und Krankenkassen. Ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich sei, richte sich bei fehlender ausdrücklicher Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet werde (Beschluß des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 10. April 1986 - GmS-OGB 1/85 - in SozR 1500 § 51 Nr 39 = BGHZ 97, 312 = BVerwGE 74, 368). Allein die Art des geltend gemachten Anspruchs - hier ein Schadensersatzanspruch - könne dabei die Zuordnung als öffentlich-rechtlich oder bürgerlich-rechtlich nicht bestimmen. Maßgebend sei vielmehr das Rechtsverhältnis, das Grundlage für diesen Anspruch sei. Grundlage des hier geltend gemachten Schadensersatzanspruchs sei, daß der Beklagte sich gegenüber Dritten als nach dem EKV ermächtigter Arzt (Vertragsarzt) geriert habe und dadurch die Klägerin verpflichtet haben solle, Leistungen zu erbringen. Das Rechtsverhältnis, das diesem Streit zugrunde liege, sei öffentlich-rechtlich, denn die Regelungen des EKV seien öffentlich-rechtlich. Da sowohl bei Streitigkeiten über Honorarkürzungen oder Regresse wegen unwirtschaftlicher Verordnungen im Rahmen des EKV als auch bei Streitfällen aus der Notfallbehandlung von Anspruchsberechtigten der gesetzlichen Krankenkassen die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zuständig seien, müsse dies auch dann gelten, wenn ein Arzt den Anschein erwecke, er werde als Vertragsarzt tätig, und wenn sich daraus Honoraransprüche ergäben. Umgekehrt könne die Krankenkasse Schadensersatzansprüche gegen den tatsächlich nach dem EKV beteiligten oder ermächtigten Arzt nur im Rahmen der besonderen Vorschriften des EKV verfolgen, insbesondere auch die Verordnungen des Arztes nur im Rahmen des EKV überprüfen lassen. Der Schadensersatzanspruch stamme aus dem einheitlichen Rechtsverhältnis der - behaupteten - Stellung des Arztes als Vertragsarzt. Da die Klägerin einen Schadensersatzanspruch aus einem öffentlich-rechtlichen Vertrag - dem EKV - bzw den Folgewirkungen aus diesem Vertrag geltend mache, sei der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten auch nicht nach § 40 Abs 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ausgeschlossen. Die Klage sei auch als Leistungsklage zulässig. Zum einen könne die Klägerin keine Maßnahmen nach dem EKV beantragen, da der Beklagte kein Vertragsarzt oder ermächtigter Arzt gewesen sei. Zum anderen könne die Klägerin keinen Verwaltungsakt über die Zahlung des geltend gemachten Schadensersatzbetrages erlassen, weil es an einem Über- und Unterordnungsverhältnis als Grundlage einer Regelungsbefugnis fehle. Auch gebe es keine besondere gesetzliche Ermächtigung, den Anspruch mit Hilfe eines Verwaltungsaktes durchzusetzen. Die Klage sei des weiteren auch begründet. Der Beklagte sei der Klägerin in entsprechender Anwendung der Vorschriften der §§ 687 Abs 2 und 678 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den er ihr durch seine Handlungen verursacht habe. Der Beklagte habe ein fremdes Geschäft - die von der Klägerin zu gewährende Krankenversorgung, zu der auch die Versorgung mit Arzneimitteln sowie Heil- und Hilfsmitteln gehöre - als ein eigenes geführt, als er sich wie ein Vertragsarzt, der dieses Geschäft für die Klägerin verrichtet, verhalten habe. Seine Handlungen hätten einen Schaden verursacht, der darin bestehe, daß die Klägerin aufgrund seiner Verordnungen verpflichtet gewesen sei, diese Verordnungen den betreffenden Apothekern bzw Bademeistern zu honorieren. Für die Bestimmung des Schadens sei von der Lehre vom normativen Schadensbegriff auszugehen (vgl BGHZ 43, 378, 384; 45, 212, 218 und 54, 45, 49). Eine Anrechnung von ersparten Aufwendungen im Wege des Vorteilsausgleichs widerspräche in Fällen wie dem vorliegenden dem Zweck des Schadensersatzanspruchs, da es - im Gegensatz zu Vertragsärzten - bei Nichtvertragsärzten keine Kontrollmöglichkeit des Verordnungsverhaltens, beispielsweise die Einhaltung des Gebots der Wirtschaftlichkeit, durch die nach dem EKV vorgesehenen Gremien gäbe.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Beklagte die nicht ordnungsgemäße Besetzung des Gerichts und macht geltend, Gegenstand der Klage seien ausschließlich bürgerlich-rechtliche Ansprüche, über die die Zivilgerichte zu entscheiden hätten.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 11. September 1987 abzuändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25. September 1985 zurückzuweisen, hilfsweise, den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung an das Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zurückzuverweisen.
Die Klägerin und die Beigeladenen beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
1) Der Senat hat in der Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Krankenkassen und der Kassenärzte entschieden, denn es handelt sich um eine Angelegenheit des Kassenarztrechts iS des § 40 SGG iVm §§ 33, 12 Abs 3 Satz 1 SGG. Angelegenheiten des Kassenarztrechts sind alle Rechtsstreitigkeiten, für die die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nach § 51 Abs 2 Satz 1 SGG zuständig sind, und die nicht zu den Angelegenheiten der Kassenärzte gehören; bei den Angelegenheiten der Kassenärzte handelt es sich aber lediglich um solche, die aufgrund der Beziehungen zwischen Ärzten oder Zahnärzten zu entscheiden sind (Urteil des Senats vom 20. Juli 1988 - 6 RKa 2/88 - zur Veröffentlichung bestimmt). Der anhängige Rechtsstreit gehört schon deshalb nicht dazu, weil Streitgegenstand ein Anspruch der Krankenkasse und auch nicht etwa über eine hoheitliche Maßnahme der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) zu entscheiden ist.
Das LSG hat zwar mit Recht dargelegt, der Anspruch der Klägerin stelle sich als Nachwirkung aus dem früheren Status des Beklagten als Vertragsarzt dar. Daraus folgt aber nicht, daß es sich etwa ursprünglich oder dem Wesen nach um einen Anspruch der KÄV gehandelt hätte, so daß Beziehungen zwischen Ärzten begründet worden wären. Die Klägerin macht vielmehr einen eigenen, nicht von der KÄV abgeleiteten Anspruch geltend. Ihren Anspruch leitet sie her aus Nachwirkungen des durch die Beteiligung des Beklagten an der vertragsärztlichen Versorgung begründeten Rechtsverhältnisses.
2) Das Urteil des LSG ist aufzuheben. Der Kläger hat die unvorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts gerügt. Nach § 202 SGG iVm § 551 Zivilprozeßordnung (ZPO) beruht das Urteil auf der Verletzung des Gesetzes, wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war oder wenn es seine Zuständigkeit oder Unzuständigkeit zu Unrecht angenommen hat. Das LSG hat entsprechend den Ausführungen zu 1) zu Unrecht in der Besetzung mit zwei Kassenärzten entschieden.
3) Der Rechtsstreit ist zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen. Dem Senat ist eine Entscheidung in der Sache verwehrt, denn es fehlt dafür an tatsächlichen Feststellungen. Die tatsächlichen Feststellungen des LSG werden von der Aufhebung des Urteils erfaßt und können daher der Entscheidung des Senats nicht zugrunde gelegt werden (vgl auch BSGE 44, 133, 135). Für eine Entscheidung des Senats in der Sache wären aber tatsächliche Feststellungen von der Art erforderlich, wie sie das Bundessozialgericht (BSG) nicht treffen kann.
Über die Klage kann insbesondere nicht schon aufgrund des Vorbringens der Klägerin und des unstreitigen Sachverhalts entschieden werden.
Das LSG hat zutreffend angenommen, daß der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben ist. Ihren Anspruch stützt die Klägerin auf Nachwirkungen des Beteiligungsverhältnisses des Beklagten. Die Beteiligung eines Arztes an der ärztlichen Versorgung der Versicherten als Vertragsarzt nach den Vorschriften des EKV-Ärzte ist öffentlich-rechtlicher Natur. Daraus folgt die öffentlich-rechtliche Natur von Schadensersatzansprüchen aus Verletzungen des Vertrages oder seiner Nachwirkungen.
Das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage ist gegeben. Zutreffend hat das LSG ausgeführt, daß die Klägerin ihre Forderung nicht durch einen Verwaltungsakt geltend machen kann. Die Kasse steht gegenüber einem Arzt, wenn sie Ansprüche aus Nachwirkungen des Beteiligungsverhältnisses geltend macht, nicht in einem Überordnungsverhältnis wie es für die Befugnis zum Erlaß von Verwaltungsakten erforderlich wäre (BSGE 62, 251, 253). Zutreffend hat das LSG darauf hingewiesen, daß die Klägerin zur Durchsetzung ihres Anspruchs keine Maßnahmen nach dem EKV-Ärzte beantragen konnte. Die einzige im EKV-Ärzte geregelte Entscheidungsbefugnis wäre die hier nicht einschlägige Festsetzung des Schadensersatzes wegen unwirtschaftlicher Verordnungsweise (§ 17 Ziff 4 EKV-Ärzte). Dagegen könnte die Ahndung von Vertragsverletzungen durch die KÄV (§ 20 EKV-Ärzte) für die Klägerin jedenfalls keinen Schadensersatz bewirken.
Der geltend gemachte Anspruch der Klägerin kann nach ihrem Vorbringen gegeben sein. Danach hat der Beklagte nach dem Ende seiner Beteiligung Arznei-, Heil-und Hilfsmittel für Versicherte der Klägerin verordnet. Er kann dadurch Pflichten aus dem Beteiligungsverhältnis verletzt haben, die er zum Schutz der Klägerin zu beachten hatte. Aus Vertragsverletzungen bei der Verordnungstätigkeit des Arztes erwachsen der Krankenkasse unmittelbare Ansprüche gegen den Arzt. Das durch die Beteiligung an der Versorgung der Versicherten begründete Rechtsverhältnis ist insoweit vergleichbar einem Vertrag mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter (vgl Palandt, Kommentar zum BGB § 328 Anm 3). Zur vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten gehört die Verordnung von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln (§ 1 Ziff 4 Buchst c EKV-Ärzte). Der Vertragsarzt wird ermächtigt, diese Mittel zu Lasten der Kasse zu verordnen. Die Kosten der Verordnung trägt nicht die KÄV, sondern nach näherer Maßgabe der Verträge mit den Lieferanten unmittelbar die Kasse. Dieser Gestaltung der Rechtsbeziehungen kann auch entnommen werden, daß der Kasse unmittelbare Ansprüche gegen den Arzt zustehen, wenn seine Verordnungen nicht den Vertragspflichten entsprechen. Für den Fall unwirtschaftlicher Verordnungen ist der Schadensersatzanspruch der Vertragskasse gegen den Vertragsarzt im EKV-Ärzte ausdrücklich geregelt (§ 17 Ziff 4). Bei anderen Schadensersatzansprüchen der Kassen ist die KÄV an der Regulierung insoweit beteiligt, als sie zu einer Schlichtungsverhandlung zu laden ist (§ 18 EKV-Ärzte). Selbst Schadensersatzansprüche wegen unerlaubter Handlung werden aber hier in den Wirkungskreis des EKV-Ärzte einbezogen. Um so mehr entfaltet der EKV-Ärzte Schutzwirkungen zugunsten der Kasse bei Vertragsverletzungen.
Das durch die Ermächtigung des Beklagten begründete Rechtsverhältnis hat über den 31. Dezember 1982 hinaus Nachwirkungen gehabt; der Beklagte kann auch nach dem Auslaufen der Ermächtigung vertragsärztliche Pflichten mit Schutzwirkungen zugunsten der Klägerin verletzt haben. Nach dem Ende der Beteiligung durfte der Beklagte Verordnungen nach § 1 Ziff 4 Buchst c EKV-Ärzte nicht mehr ausstellen. Das Verbot der Ausstellung ergab sich für den Beklagten aus dem -beendeten - Beteiligungsverhältnis. Die Nachwirkung des Beteiligungsverhältnisses beruht darauf, daß dem Vertragsarzt gerade aufgrund des Beteiligungsverhältnisses die Mittel für Verordnungen von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln zu Lasten der Kassen zur Verfügung stehen und die Pflicht zur vertragsgemäßen Verwendung dieser Mittel nach ihrem Inhalt über das Vertragsende fortbestehen. Die Verordnungen sind nämlich wie folgt geregelt:
Für die Verordnung von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln (Ausnahme: Brillen und Hörhilfen) hat der Vertragsarzt einen Vordruck zu verwenden (Ziffern 1.11 und 2.16 der Vereinbarung über Vordrucke zum EKV-Ärzte vom 20. Juli 1963 - Vordruckvereinbarung - vom 23. August 1979). Der Vertragsarzt hat die Vordrucke sorgfältig aufzubewahren und unter Verwendung des Kassenarztstempels persönlich zu unterzeichnen. Beim Ausfüllen der Vordrucke sind die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung im Einvernehmen mit dem Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V. (VdAK) sowie dem Verband der Arbeiter-Ersatzkassen e.V. herausgegebenen Erläuterungen zu beachten (§ 1.2.1 der Vordruckvereinbarung). Auf die Verwendung des Kassenarztstempels kann zwar verzichtet werden, doch muß dann der Inhalt an der für die Stempelung vorgesehenen Stelle in Maschinendruck bereits enthalten sein (Erläuterungen Ziffern 1 und 2). Der Kassenarztstempel wird jedem Kassenarzt - bzw Vertragsarzt - von der KÄV mit gedruckten Angaben zur Verfügung gestellt und enthält ua eine Arztnummer, die ebenfalls von der KÄV zugeteilt wird (Heinemann/Liebold, Kassenarztrecht RdNr H 360). Damit sind die Verordnungen an Bedingungen geknüpft, die ohne eine besondere Rechtsbeziehung zur KÄV - zB Beteiligung, Zulassung - nicht erfüllt werden können. Der Arzt hat auch nach dem Ende seiner Beteiligung als Vertragsarzt die fortbestehende Pflicht, den Kassenarztstempel und die Arztnummer sowie die ihm von der Kasse überlassenen Vordrucke nur zu dem Zweck zu benutzen, für den sie ihm zugeteilt sind und darf sich nicht unter Einsatz dieser Mittel als Vertragsarzt gerieren.
Wenn der Beklagte bei den streitigen Verordnungen seinen Kassenarztstempel und die Kassenarztnummer verwendet hat (vgl S 10 des LSG-Urteils), hätte er damit seine Pflichten aus dem Beteiligungsverhältnis verletzt. Darüber hinaus kann schon die bloße Verwendung der Vordrucke eine Vertragsverletzung darstellen. Das LSG ist davon ausgegangen, daß dem Beklagten die Vordrucke aufgrund des Beteiligungsverhältnisses erteilt worden sind, denn es hat eine Rückgabepflicht des Beklagten nach § 51 Satz 2 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) angenommen.
Der Schaden, dessen Ersatz die Klägerin begehrt, kann durch die Verletzung des Beteiligungsverhältnisses entstanden sein, denn der Beklagte kann gerade dadurch die Leistungen der Arznei-, Heil- und Hilfsmittel bewirkt haben. Wenn schon die bloße Verwendung der Vordrucke eine Vertragsverletzung dargestellt hätte, würde sich der Kausalzusammenhang hinsichtlich der verordneten Arzneien aus den vom LSG dargelegten Regelungen des Vertrages des VdAK und des Verbandes der Arbeiter-Ersatzkassen mit dem deutschen Apothekerverein e.V. ergeben. Darin ist bestimmt, daß das vereinbarte Verordnungsblatt zu verwenden ist (§ 4). Die Abgabe der Arzneien erfolgt aufgrund einer ordnungsgemäß ausgestellten und unterschriebenen ärztlichen Verordnung zu Lasten der angegebenen Ersatzkasse (§ 5 Abs 1). Zwar genügen für eine ordnungsgemäß ausgestellte Verordnung die in § 5 Abs 3 des Vertrages aufgeführten Angaben, zu denen nicht die Arztnummer gehört. Jedenfalls ist aber das Verordnungsblatt zu benutzen.
Da somit ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegeben sein kann, zur Entscheidung darüber aber tatsächliche Feststellungen erforderlich sind, ist die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen. Dabei braucht dem Einwand der Vorteilsausgleichung möglicherweise auch im Hinblick auf die Schwierigkeiten einer Einzelfallprüfung nicht nachgegangen zu werden.
Über die Kosten des Revisionsverfahrens wird das LSG mitzuentscheiden haben.
Fundstellen