Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Krankenversicherung. Inhalt der Verträge zwischen den Hamburger Pflegediensten und den Ersatzkassen. Verweigerung des Abschlusses eines Versorgungsvertrags. Eignung für die Leitung eines ambulanten Krankenpflegedienstes. Voraussetzung einer abgeschlossenen Ausbildung in der Krankenpflege. Verfassungsmäßigkeit dieser formalen Einstellungsvoraussetzung. Zulässigkeit einer Klage gerichtet auf Eignungsfeststellung. Bindung der weiteren Instanzen an die Entscheidung des SG zur Zulässigkeit des Rechtswegs
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Gesetz kennt keinen Anspruch einer Person gegen eine Krankenkasse auf Anerkennung als Pflegedienstleitung. Jedoch ist insoweit eine Feststellungsklage mit dem Antrag der Feststellung, dass die Person die fachlichen Voraussetzungen für die Leitung eines ambulanten Pflegedienstes erfüllt, zulässig. Insoweit wird nämlich die Feststellung eines konkreten Rechtsverhältnisses mit den Ersatzkassen begehrt, woran nicht nur ein berechtigtes, sondern im Hinblick auf das durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Recht auf freie Berufsausübung auch ein rechtliches Interesse besteht.
2. Die vom SG in erster Instanz mit der Entscheidung in der Hauptsache ausdrücklich oder stillschweigend bejahte Zulässigkeit des Rechtswegs ist von den höheren Instanzen gem. § 17a Abs. 5 GVG nicht zu überprüfen, und zwar auch dann nicht, wenn ein Amtshaftungsanspruch in Streit steht (st.Rspr.; vgl. BSG, Urteil vom 20.05.2003, Az. B 1 KR 7/03 R).
3. Die in § 12 der Verträge zwischen den Hamburger Pflegediensten und den Ersatzkassen enthaltene Regelung, dass eine leitende Pflegefachkraft die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung “Krankenschwester/Krankenpfleger” oder “Kinderkrankenschwester/Kinderkrankenpfleger” besitzen muss, ist mit den Vorgaben des GG und des SGB V vereinbar. Zwar bedingt diese Regelung für Personen mit anderen als den erforderlichen Qualifikationen (hier: einer zweijährigen Altenpflegerausbildung) eine Einschränkung der Freiheit der Berufsausübung, diese Einschränkung ist jedoch durch sachliche Gründe, nämlich zur Sicherung einer ausreichenden Pflegequalität, gerechtfertigt.
4. Jedenfalls bis zum Inkrafttreten des bundesweiten Altenpflegergesetzes, das erstmalig eine dreijährige Ausbildung vorsieht, kann nicht beanstandet werden, dass die Ersatzkassen die noch nach Landesrecht ausgebildeten Altenpfleger mit einer teilweise nur zweijährigen Ausbildung als nicht gleichwertig für eine Leitungsfunktion qualifiziert angesehen haben. Aus einer anderen Regelung im Bereich der Pflegeversicherung kann für den Bereich der Krankenversicherung nichts hergeleitet werden.
5. Die Krankenkassen können auf formalen Ausbildungs- und Weiterbildungsqualifikationen bestehen, weil sonst eine den praktischen Erfordernissen entsprechende Qualitätskontrolle der Leistungserbringung nicht möglich ist.
Normenkette
SGB V §§ 37, 132a Abs. 1, 2 S.1, § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 6; SGB XI § 72 Abs. 2, § 71; GG Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1; GVG § 17a Abs. 5; SGG § 55 Abs. 1 Nr. 1; AltPflG § 29
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 6. April 2005 – L 1 KR 119/04 – wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die in Hamburg lebende Klägerin die Eignung für die Leitung eines ambulanten Krankenpflegedienstes hat und ob ihr wegen der Weigerung der beklagten Krankenkasse, diese Eignung anzuerkennen, Anspruch auf Schadensersatz zusteht.
Die 1958 geborene Klägerin hat in Schleswig-Holstein Ausbildungen zur staatlich anerkannten Altenpflegerin (1980-1982) und zur Arzthelferin (1986-1989) absolviert. Ferner hat sie an einer berufsbegleitenden Weiterbildung für Leitungskräfte in der ambulanten Pflege “Soziales Management” mit 600 Unterrichtsstunden teilgenommen (Zertifikat des Bildungswerkes des Deutschen Roten Kreuzes – Landesverband Hamburg eV vom 21. Januar 2000). Sie war als Altenpflegerin in einem Krankenhaus (1982-1986) und bei einem ambulanten Pflegedienst (1990-1997, ab 1994 als Teamleiterin) sowie als Arzthelferin (1989-1990) beschäftigt. Nach einer Bescheinigung der Malteser Hilfsdienst gGmbH war die Klägerin von Juli 1997 bis September 1999 in Nürnberg zunächst als stellvertretende Leiterin (Juli bis Dezember 1997) und sodann als verantwortliche Pflegefachkraft der Ambulanten Pflege der Malteser Werke gGmbH (Januar bis Dezember 1998) bzw der Malteser Hilfsdienst gGmbH (Januar bis September 1999) tätig. Anschließend war die Klägerin bis Ende August 2002 bei der M…. Pflegedienst und Service GmbH in Hamburg wiederum als Altenpflegerin beschäftigt. Seitdem war sie arbeitslos.
Die Klägerin behauptet, die letzte Arbeitsstelle habe sie aus gesundheitlichen Gründen aufgeben müssen. Auf Grund chronischer orthopädischer Erkrankungen sei ihr eine weitere Tätigkeit als Altenpflegerin nur bei Vermeidung schwerer körperlicher Verrichtungen (zB bettlägerige Patienten anheben bzw umlagern) möglich (Attest des Facharztes für Orthopädie Dr. D…. vom 2. Oktober 2002), weshalb nur noch eine Tätigkeit als Leiterin eines Pflegedienstes in Betracht komme. Der schon ab Dezember 2000 angestrebte Einsatz als Pflegedienstleiterin bei ihrem letzten Arbeitgeber sowie die Bemühungen um Anstellung als Pflegedienstleiterin bei diversen anderen Unternehmen der häuslichen Krankenpflege in Hamburg (ab September 2002) seien nur an der Weigerung der Beklagten und aller anderen Krankenkassen in Hamburg gescheitert, staatlich anerkannte Altenpfleger und Altenpflegerinnen als Pflegedienstleiter in Unternehmen anzuerkennen, mit denen Versorgungsverträge nach § 132a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) über die Versorgung der Versicherten mit Leistungen der häuslichen Krankenpflege (§ 37 SGB V) abgeschlossen worden sind oder werden sollen.
Nachdem die Beklagte sich geweigert hatte, die Eignung der Klägerin ausdrücklich anzuerkennen (Schreiben vom 7. Dezember 2000), hat diese Klage mit dem Antrag erhoben, die Verpflichtung der Beklagten festzustellen, sie als Pflegedienstleitung eines ambulanten Pflegedienstes anzuerkennen und die Beklagte zu verurteilen, an sie 30.960,50 € (Schadensersatz für die Zeit vom 15. Dezember 2000 bis zum 30. November 2003 in Höhe der Differenz zwischen einem in Hamburg üblichen Entgelt aus einer Beschäftigung als Pflegedienstleitung und dem bezogenen Gehalt als Altenpflegerin bis 31. August 2002 bzw den Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung ab 1. September 2002) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 3. Januar 2001 und in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 1. Januar 2002 in gestaffelter Form zu zahlen sowie festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin auch den weiteren durch die Nichtanerkennung als Pflegedienstleitung entstandenen Schaden in Form verminderter Einkünfte ab dem 1. Dezember 2003 zu ersetzen.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 25. August 2004). Es hat das Verhalten der Beklagten, Versorgungsverträge nur mit solchen Pflegediensten abzuschließen, deren fachliche Leitung die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnungen Krankenschwester oder Kinderkrankenschwester, Krankenpfleger oder Kinderkrankenpfleger besitzt, als rechtmäßig angesehen. Als staatlich anerkannte, aber nach Landesrecht ausgebildete Altenpflegerin könne die Klägerin keine Gleichbehandlung beanspruchen, weil ihre Ausbildung nicht derjenigen in der Krankenpflege gleichwertig sei. Eine Gleichwertigkeit der Ausbildungen könne allenfalls erst auf der Grundlage des bundeseinheitlichen Altenpflegegesetzes angenommen werden, das am 1. August 2003 in Kraft getreten sei. Aus diesem Grund sei auch ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte nicht gegeben.
Das Landessozialgericht (LSG) hat die dagegen eingelegte Berufung mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage insgesamt unzulässig sei (Urteil vom 6. April 2005). Eine Anerkennung einer natürlichen Person als Pflegedienstleitung durch die Krankenkassen sehe das Gesetz nicht vor, sodass eine Leistungsklage nicht in Betracht käme. Das Feststellungsbegehren sei unzulässig, weil es nicht auf das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses gerichtet sei. Zwischen der Klägerin und den Krankenkassen in Hamburg bestünden keinerlei rechtliche Beziehungen. Ein Rechtsverhältnis ergebe sich auch nicht aus den zwischen den verschiedenen Pflegediensten mit Betriebssitz im Land Hamburg und der Beklagten abgeschlossenen Verträgen über die Versorgung mit häuslicher Krankenpflege, in deren § 12 gleichlautend die fachlichen Voraussetzungen für die verantwortliche Pflegefachkraft geregelt seien. Diese Regelungen hätten keinen drittschützenden Charakter. Ein Feststellungsinteresse der Klägerin fehle auch deshalb, weil sie allein eine wirtschaftliche Betroffenheit geltend mache. Die Frage, ob die Regelung in den Versorgungsverträgen über die verantwortliche Pflegefachkraft gegen höherrangiges Recht verstoße, könne im Wege der Feststellungsklage nicht entschieden werden, weil das sozialgerichtliche Verfahren keine abstrakte Normenkontrolle kenne. Die Schadensersatzklage sei schließlich ebenfalls unzulässig, weil der Sozialrechtsweg für Schadensersatzansprüche wegen Amtspflichtverletzung nicht gegeben sei. Das SG habe seine Rechtswegzuständigkeit ausdrücklich offen gelassen, sodass das LSG nicht gehindert sei, seine Zuständigkeit zu verneinen. Eine Verweisung an das zuständige Zivilgericht sei nicht in Betracht gekommen, weil die Klägerin trotz gerichtlichen Hinweises auf die fehlende Zuständigkeit keinen Verweisungsantrag gestellt habe.
Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin. Sie rügt in erster Linie eine Verletzung von Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG). Die in § 12 der Verträge zwischen den Hamburger Pflegediensten und der Beklagten enthaltene Regelung, dass eine Pflegedienstleitung die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung “Krankenschwester/Krankenpfleger” oder “Kinderkrankenschwester/Kinderkrankenpfleger” besitzen müsse, bedeute eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung zu Lasten aller staatlich anerkannten Altenpfleger mit entsprechender Berufserfahrung, mithin auch zu Lasten der Klägerin. Die Gleichwertigkeit der Ausbildungen habe der Bundesgesetzgeber mit dem Altenpflegegesetz anerkannt, in dem er in den Übergangsvorschriften explizit diejenigen Altenpfleger, die ihre berufliche Qualifikation noch nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften erworben haben, den nach neuem Recht ausgebildeten Altenpflegern gleichgestellt habe, deren Ausbildung wiederum derjenigen eines Krankenpflegers entspreche. Der Hinweis auf die unterschiedliche Schwerpunktbildung in den Ausbildungsgängen sei in ihrem, der Klägerin, Falle schon deshalb nicht zutreffend, weil sie ihre medizinischen Defizite in der Ausbildung zur Altenpflegerin durch ihre weitere Ausbildung und mehrjährige Tätigkeit als Arzthelferin kompensiert habe. Da es bei der Leitung eines Pflegedienstes im Wesentlichen auf die Organisation der Geschäftsabläufe ankomme, könne auch nicht entscheidend sein, wo der Schwerpunkt einer gemeinhin schon längere Zeit zurückliegenden Berufsausbildung gelegen habe. Gewisse Unterschiede in der beruflichen Ausbildung würden auch dadurch kompensiert, dass für die Leitung eines Pflegedienstes eine mehrjährige berufliche Praxis in den letzten Jahren vor einer Anstellung verlangt werde. Die vertraglichen Regelungen seien auch im Hinblick auf ihre berufsregelnde Tendenz unzulässig, weil sie gegen das Wesentlichkeitsgebot des GG verstießen. Da das Gesetz keine näheren Anhaltspunkte dafür biete, welche Pflegekräfte zur fachlichen Leitung eines ambulanten Pflegedienstes geeignet seien, müsse auf die Regelungen im Bereich der sozialen Pflegeversicherung über die Anforderungen an die fachliche Leitung eines Pflegedienstes zurückgegriffen werden, wonach eine Ausbildung als Altenpflegerin eine ausreichende Qualifikation sei.
Die Entscheidung des LSG, dass die Klage auf Feststellung ihrer Qualifikation unzulässig sei, verstoße gegen Art 19 Abs 4 GG, da ihr damit faktisch der Rechtsschutz gegen eine rechtswidrige Praxis der Beklagten und der anderen Krankenkassen in Hamburg, durch die sie beruflich benachteiligt werde, versagt werde. Zu Unrecht habe das LSG auch nicht über die Schadensersatzklage entschieden. Das LSG habe § 17a Abs 5 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) verletzt, weil es die Zulässigkeit des Rechtswegs verneint habe, obwohl das SG, ohne dass der Rechtsweg bis dahin gerügt worden sei, in der Hauptsache entschieden habe. In der Sache hätte das LSG die Beklagte zum Schadensersatz verurteilen müssen, weil ihr, der Klägerin, durch die Nichtanerkennung als Pflegedienstleitung ein vermögenswerter Schaden entstanden sei. Bei einer Einstellung als Leiterin eines Pflegedienstes hätte sie ein weit höheres Entgelt als bei einer Tätigkeit als “einfache” Pflegefachkraft erzielt und wäre auch nicht arbeitslos geworden. Der danach entstandene Schaden belaufe sich für den Zeitraum vom 15. Dezember 2000 bis zum 28. Februar 2005 auf insgesamt 58.824,50 €.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Hamburg vom 6. April 2005 – L 1 KR 119/04 – und des Sozialgerichts Hamburg vom 25. August 2004 – S 23 KR 604/01 – zu ändern und
1) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin als Pflegedienstleitung eines ambulanten Pflegedienstes (§ 132a SGB V) anzuerkennen,
hilfsweise festzustellen, dass die Klägerin die Voraussetzungen des § 12 Abs 1 des zwischen der Beklagten und den Hamburger Pflegediensten zustande gekommenen Versorgungsvertrages nach §§ 132 Abs 1 und 132a Abs 2 SGB V erfüllt,
äußerst hilfsweise festzustellen, dass § 12 Abs 1 dieses Vertrages gegen höherrangiges Recht, namentlich gegen Art 3 Abs 1 und Art 12 Abs 1 GG sowie gegen § 37 SGB V, verstößt,
2) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 58.824,50 € nebst gestaffelten Zinsen seit dem 3. Januar 2001 gemäß der Aufstellung auf S 13 bis 16 des Schriftsatzes vom 26. April 2006 zu zahlen,
3) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin auch den ab 1. März 2005 aus der Nichtanerkennung als Pflegedienstleitung eingetretenen bzw noch eintretenden weiteren Schaden in Form verminderter Einkünfte zu ersetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Aus dem Übergangsrecht zum Altenpflegegesetz ergebe sich nicht, dass die Klägerin nunmehr auch die Qualifikation zur Leitung eines ambulanten Pflegedienstes habe. Die Klägerin könne auch schon deshalb nicht mehr als fachliche Leiterin eines Pflegedienstes eingesetzt werden, weil sie seit September 2002 arbeitslos sei und deshalb nicht mehr über die erforderliche berufspraktische Erfahrung in den letzten Jahren verfüge. Im Übrigen müsse bestritten werden, dass die Klägerin von ihrem letzten Arbeitgeber als Leiterin des Pflegedienstes beschäftigt worden wäre, wenn sie die begehrte Anerkennung der Krankenkassen hätte vorweisen können. Auch das aus einer Anstellung als Pflegedienstleitung zu erwartende Gehalt sei nicht belegt.
Dazu hat die Klägerin vorgetragen, sie arbeite seit etwa einem Jahr wieder als Altenpflegerin bei einem ambulanten Krankenpflegedienst, obwohl ihre gesundheitlichen Beschwerden nach wie vor vorhanden seien. Die Beklagte hat dieses Vorbringen mit Nichtwissen bestritten.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Das LSG hätte die Klage aber nicht insgesamt als unzulässig, sondern als unbegründet abweisen müssen. Das die Klage in der Sache abweisende Urteil des SG erweist sich als im Ergebnis zutreffend.
A. Zur Feststellungsklage
Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor.
1. Die Feststellungsklage ist nach § 55 Abs 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Danach kann mit der Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Diese Voraussetzungen sind hier im Gegensatz zur Ansicht des LSG erfüllt. Das Gesetz kennt zwar keinen Anspruch einer Person gegen eine Krankenkasse auf Anerkennung als Pflegedienstleitung; das LSG hätte jedoch auf den hilfsweise erhobenen Antrag auf Feststellung, dass die Klägerin die fachlichen Voraussetzungen für die Leitung eines ambulanten Pflegedienstes erfüllt, in der Sache entscheiden müssen. Die Feststellungsklage war insoweit zulässig, weil die Klägerin die Feststellung eines konkreten Rechtsverhältnisses zwischen den Hamburger Pflegediensten und der Beklagten begehrte, woran sie nicht nur ein berechtigtes, sondern auch rechtliches Interesse hat.
a) Das Begehren ist auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses gerichtet. “Rechtsverhältnisse” sind die Rechtsbeziehungen zwischen Personen oder Personen und Gegenständen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt auf Grund einer Norm (des öffentlichen Rechts nichtverfassungsrechtlicher Art) für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Hier hat die begehrte Feststellung das Ziel, Rechtssicherheit darüber zu schaffen, dass der künftige Einsatz der Klägerin als Pflegedienstleiterin in einem zur Versorgung der Versicherten der Beklagten mit Leistungen der häuslichen Krankenpflege (§ 37 SGB V) zugelassenen Krankenpflegedienst nicht zur Kündigung des Versorgungsvertrags (§ 132a Abs 2 SGB V) mangels fachlicher oder persönlicher Eignung der Pflegedienstleitung führen kann bzw dass ihr Einsatz in einem den Abschluss eines Versorgungsvertrages erst anstrebenden Krankenpflegedienst die Beklagte nicht zur Ablehnung des Vertragsschlusses aus diesem Grunde berechtigt. Es geht daher um die gerichtliche Klarstellung, dass ein bestimmtes, jederzeit eingehbares arbeitsrechtliches Rechtsverhältnis der Klägerin zu einem potenziellen Arbeitgeber/Leistungserbringer das – seit dem Jahr 2000 ausschließlich dem öffentlichen Recht zuzuordnende (§ 69 SGB V) – leistungserbringerrechtliche Rechtsverhältnis zwischen diesem Arbeitgeber/Leistungserbringer und der beklagten Krankenkasse nicht berühren kann. Dies reicht zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses aus.
b) Die Klägerin hat auch ein “berechtigtes Interesse” an der baldigen Feststellung. Damit ist jedes nach der Sachlage vernünftigerweise gerechtfertigte Interesse gemeint, das rechtlicher, aber auch bloß wirtschaftlicher oder ideeller Art sein kann (BSG SozR 3-1500 § 55 Nr 34; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl 2005, § 55 RdNr 15a mwN). Die Klägerin hat hier sogar ein rechtliches Interesse an der Feststellung, sie erfülle die fachlichen Voraussetzungen für die Leitung eines ambulanten Krankenpflegedienstes, weil unmittelbar der Rechtsbereich der Klägerin, nämlich ihre Berufsausübungsfreiheit (Art 12 Abs 1 GG) und deren derzeitige Einschränkung, durch die begehrte Feststellung betroffen ist.
c) Das Interesse ist auch auf eine “baldige Feststellung” gerichtet. Ohne die begehrte Feststellung wird sie kein Arbeitgeber in Hamburg als Pflegedienstleiterin beschäftigen. Entsprechende Stellenangebote sind der Klägerin dort derzeit verschlossen, sodass gegenwärtig ein höheres Einkommen nicht erzielt werden kann. Die Bundesagentur für Arbeit kann ihr ohne die begehrte Feststellung dort kein Erfolg versprechendes Arbeitsangebot als Pflegedienstleiterin machen. Es bedarf möglichst schneller Klarstellung, ob die aus der Haltung der Beklagten resultierende Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit der Klägerin gerechtfertigt ist. Letztlich ergibt sich das Feststellungsinteresse auch daraus, dass die Frage für die Entscheidung über die Schadensersatzklage vorgreiflich ist (sog Inzidentfeststellungsklage, vgl § 256 Abs 2 Zivilprozessordnung iVm § 202 SGG).
d) Die Klägerin kann auch nicht darauf verwiesen werden, selbst einen Krankenpflegedienst zu gründen und die Zulassung durch Abschluss eines Versorgungsvertrages (§ 132a SGB V) zu betreiben, um auf diese Weise die Klärung der Streitfrage herbeizuführen. Das Feststellungsinteresse kann nicht mit dieser Begründung verneint werden, weil es unzumutbar wäre, von einem Interessenten, der als Angestellter tätig sein will, ohne zwingenden Grund den Schritt in die Selbstständigkeit nebst damit verbundener finanzieller und organisatorischer Belastungen (Betriebsgründung, Gewerbeanmeldung usw) bei ungewissem Erfolg der Zulassungsbemühungen zu verlangen.
2. In der Sache konnte das Feststellungsbegehren keinen Erfolg haben, weil die vom LSG festgestellten Tatsachen für den Senat ausreichen, um zu dem Ergebnis zu kommen, dass die faktische Einschränkung der Berufsfreiheit der Klägerin durch das Verwaltungshandeln der Beklagten rechtmäßig war. Damit liegt auch keine Verletzung von Art 3 Abs 1 GG im Sinne einer ungerechtfertigten Diskriminierung der Klägerin vor.
Hintergrund des Verwaltungshandelns der Beklagten gegenüber der Klägerin ist die Regelung des § 12 der insoweit einheitlich formulierten Versorgungsverträge mit den Hamburger Krankenpflegediensten, wonach
“die Pflegedienstleitung eines ambulanten Pflegedienstes
1. die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung ‘Krankenschwester’ oder ‘Krankenpfleger’, ‘Kinderkrankenschwester’ oder ‘Kinderkrankenpfleger’ entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen in der jeweils gültigen Fassung besitzen und
2. innerhalb der letzten fünf Jahre vor Aufnahme der Tätigkeit als fachliche Leitung mindestens drei Jahre eine praktische Tätigkeit nach erteilter Erlaubnis in dem unter Ziffer 1 genannten Beruf nachweisen; davon mindestens zwei Jahre in Vollzeit im ambulanten pflegerischen Bereich, in einer stationären Pflegeeinrichtung oder im pflegerischen Bereich eines Krankenhauses und
3. die Voraussetzungen nach § 10 Absätze 1 und 2 Satz 2 des Vertrages erfüllen und
4. den Abschluss einer Weiterbildungsmaßnahme für leitende Funktionen in der Pflege mit einer Mindeststundenzahl von 460 Stunden (…) nachweisen muss.”
Die vertragliche Regelung ist mit den Vorgaben des GG und des SGB V vereinbar und daher rechtmäßig. Da die Klägerin die Voraussetzungen des § 12 Nr 1 und 2 des Vertrages nicht erfüllt, ist die Feststellungsklage unbegründet.
Mit der angegriffenen vertraglichen Verpflichtung der Betreiber von ambulanten Krankenpflegediensten, nur solche Personen als leitende Pflegefachkraft einzustellen und zu beschäftigen, die eine Anerkennung als staatlich geprüfte Krankenschwester/Krankenpfleger oder Kinderkrankenschwester/Kinderkrankenpfleger besitzen, wird die Klägerin in ihrer Berufsausübung jedenfalls im Land Hamburg als Leiterin eines ambulanten Krankenpflegedienstes eingeschränkt, obwohl sie in einigen anderen Bundesländern eine derartige Tätigkeit und in Hamburg zumindest eine leitende Tätigkeit in einer stationären Pflegeeinrichtung hätte ausüben können. Mit ihren Anforderungen an die Leitung eines ambulanten Krankenpflegedienstes hat die Beklagte dies aber aus zulässigen Erwägungen getan, nämlich zur Sicherung einer ausreichenden Pflegequalität und damit aus vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls (BVerfGE 70, 1, 28 = SozR 2200 § 376d Nr 1 S 10). Da die Berufsfreiheit der Klägerin nur örtlich und sachlich nur in Teilbereichen eingeschränkt wird, sind zur Rechtfertigung des Eingriffs keine höheren Anforderungen zu stellen, insbesondere ist es nicht erforderlich, dass die Regelung zwingend geboten ist (BVerfGE 54, 301, 330 ff). Die Regelung beruht auf einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage, sodass die Voraussetzungen für die Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit nach Art 12 Abs 1 Satz 2 GG erfüllt sind.
a) Die Regelung des § 12 verstößt nicht gegen die Zuständigkeitsbestimmungen des SGB V.
Nach § 132a Abs 1 Satz 1 SGB V sollen die Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam und einheitlich und die für die Wahrnehmung der Interessen von Pflegediensten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene unter Berücksichtigung der Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V gemeinsam Rahmenempfehlungen über die einheitliche Versorgung mit häuslicher Krankenpflege abgeben. Dabei sind nach § 132a Abs 1 Satz 4 SGB V insbesondere zu regeln: Inhalte der häuslichen Krankenpflege einschließlich deren Abgrenzung (Nr 1), Eignung der Leistungserbringer (Nr 2), Maßnahmen zur Qualitätssicherung und Fortbildung (Nr 3), Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des Leistungserbringers mit dem verordnenden Vertragsarzt und dem Krankenhaus (Nr 4), Grundsätze der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung einschließlich deren Prüfung (Nr 5) sowie Grundsätze der Vergütungen und ihrer Strukturen (Nr 6). Über die Einzelheiten der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege, über die Preise und deren Abrechnung und die Verpflichtung der Leistungserbringer zur Fortbildung schließen dann die Krankenkassen Verträge mit den Leistungserbringern (§ 132a Abs 2 Satz 1 SGB V). Die Frage, welche persönlichen und fachlichen Anforderungen die Leitung eines ambulanten Krankenpflegedienstes (§ 132a SGB V) erfüllen muss, sollen hiernach grundsätzlich Rahmenempfehlungen der Spitzenverbände auf Bundesebene regeln, weil es dabei um die “Eignung der Leistungserbringer” (§ 132a Abs 1 Satz 4 Nr 2 SGB V) und nicht nur um die “Einzelheiten der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege” (§ 132a Abs 2 Satz 1 SGB V) geht. Dennoch ist ein Versorgungsvertrag, der eine Regelung über die Eignung der Leistungserbringer trifft, nicht schon mangels gesetzlicher Grundlage rechtswidrig. Für die Regelungsgegenstände des § 132a Abs 1 Satz 4 SGB V müssen solche Verträge zumindest solange geschlossen werden, wie es keine Rahmenempfehlungen auf Bundesebene gibt, und das ist bis heute der Fall. Die Krankenkassen und die Pflegedienste benötigen konkrete Regelungen über die Grundsätze der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege, um ihre tägliche Arbeit durchzuführen und Streitfälle nach Möglichkeit zu vermeiden; vom Gesetzgeber wird auch nur auf Rahmenempfehlungen auf Bundesebene verwiesen, die erlassen werden “sollen”, also auch nicht innerhalb einer bestimmten Frist erlassen werden mussten. In dieser Situation sind die Parteien der Versorgungsverträge zur Lückenfüllung befugt.
b) § 12 des Versorgungsvertrages verstößt auch materiell nicht gegen Vorschriften des SGB V.
§ 132a Abs 2 SGB V nennt ebenso wie § 37 Abs 1 Satz 1 SGB V (“geeignete Pflegekräfte”) keine Anforderungsmerkmale für die Pflegedienstleitung. Auch in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V (Krankenpflege-RL) vom 16. Februar 2000 (BAnz Nr 91, S 8878) findet sich dazu nichts.
c) Der Gesetzgeber hat allerdings auf dem eng mit der Krankenversicherung verflochtenen Gebiet der Pflegeversicherung die maßgeblichen Voraussetzungen für die Anerkennung von Pflegedienstleitern (dort verantwortliche Pflegefachkraft genannt) von ambulanten Pflegediensten und Pflegeheimen näher umschrieben. Gemäß § 72 Abs 3 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) dürfen Versorgungsverträge nur mit solchen Pflegeeinrichtungen geschlossen werden, die den Anforderungen von § 71 SGB XI genügen. Nach § 71 Abs 1, 2 SGB XI gehört dazu, dass die Einrichtung unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft steht. Nach § 71 Abs 3 SGB XI (eingefügt durch das 1. SGB XI-ÄndG vom 14. Juni 1996 – BGBl I 830) setzt die Anerkennung als Pflegefachkraft eine abgeschlossene Ausbildung als Kranken- oder Kinderkrankenschwester, Kranken- oder Kinderkrankenpfleger nach dem Krankenpflegegesetz (KrPflG) oder als Altenpfleger(in) nach Landesrecht voraus; bei ambulanten Pflegeeinrichtungen, die überwiegend behinderte Menschen pflegen und betreuen, genügt auch eine Ausbildung als Heilerziehungspfleger(in) oder Heilerzieher(in) nach Landesrecht. Hinzukommen muss jeweils eine praktische Berufserfahrung in dem erlernten Pflegeberuf von zwei Jahren innerhalb der letzten fünf Jahre. Diese Regelung ist zur Auslegung des § 132a Abs 2 SGB V jedoch nicht heranzuziehen und von den Parteien der Versorgungsverträge deshalb auch nicht zu beachten. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn der Gesetzgeber in § 132a SGB V auf § 71 Abs 3 SGB XI verwiesen hätte. Das ist jedoch nicht geschehen. Daraus kann nur geschlossen werden, dass der Gesetzgeber für den Bereich der häuslichen Krankenpflege (§§ 37, 132a SGB V) in § 132a SGB V den Spitzenverbänden bzw den Parteien der Versorgungsverträge eine eigenständige Regelung der “Eignung der Leistungserbringer” und der Anforderungen an die Leitung der Krankenpflegedienste überlassen hat.
d) Der Gesetzgeber hat zwar mit der Regelung des § 71 Abs 3 Satz 1 SGB XI akzeptiert, dass auch nach Landesrecht ausgebildete Altenpfleger(innen) trotz ihres Defizits an krankenpflegerischen Ausbildungsinhalten als verantwortliche Pflegefachkräfte von Pflegeheimen fungieren dürfen, obgleich dort auch Behandlungspflege zu leisten ist, die der Sache nach alle Leistungen der Behandlungspflege im Rahmen der häuslichen Krankenpflege (§ 37 SGB V) umfasst. Damit hat er jedoch nicht generell die nach Landesrecht ausgebildeten Altenpfleger(innen) bezüglich der Leitung von Pflegediensten, die Behandlungspflege anbieten, mit ausgebildeten Krankenpflegekräften gleichgestellt.
Schwerpunkt der Pflege in Pflegeheimen ist trotz der Aufgaben der Behandlungspflege immer noch die Grundpflege, die hauswirtschaftliche Versorgung sowie die soziale Betreuung der Heimbewohner (§§ 43, 84 SGB XI). Für diese Aufgaben sind Altenpfleger(innen) ausgebildet und qualifiziert. Dies gilt deshalb auch für die Leitungsfunktionen in Pflegeheimen. Der Gesetzgeber des Pflegeversicherungsgesetzes musste an die vorhandenen Strukturen anknüpfen, auch wenn die Ausbildungssituation bei den Altenpflegern bundesweit uneinheitlich war und Reformbedarf gesehen wurde. Die Qualifikation von ausgebildeten Krankenpflegekräften für diese Aufgaben stand andererseits nie in Frage (vgl Moldenhauer/Kämper, BKK 1995, 183; Orthen in Hauck/Noftz, SGB XI, Stand April 2002, K § 71 RdNr 12).
Aus der Regelung im Bereich der Pflegeversicherung kann also lediglich gefolgert werden, dass hier ausgebildete Krankenpfleger und Altenpfleger gleichgestellt werden. Das lässt aber nicht den Schluss zu, dass dies auch im Bereich der Krankenversicherung zu gelten habe. Dies gilt jedenfalls nicht bis zum Inkrafttreten der Altenpflegeausbildung nach dem bundesweit geltenden Altenpflegegesetz (AltPflG vom 17. November 2000, BGBl I S 1513, in Kraft ab 1. August 2003, BGBl I 2002, 4410), das nunmehr eine dreijährige Ausbildung vorsieht und die krankenpflegerischen Ausbildungsinhalte weitgehend denjenigen der immer schon dreijährigen Ausbildung zur Krankenschwester/zum Krankenpfleger angenähert hat, sodass nach dem neuen AltPflG ausgebildete Altenpfleger(innen) künftig den Krankenpflegefachkräften insoweit gleichgestellt werden können. Bei einer dreijährigen Berufsausbildung ab 1. August 2003 und einer wenigstens dreijährigen Berufspraxis als Altenpfleger(in), wie in § 12 Abs 1 Nr 2 der Versorgungsverträge gefordert (ähnlich § 71 Abs 3 SGB XI), kann dies frühestens zum 1. August 2009 der Fall sein. Daher kann es nicht beanstandet werden, dass die Beklagte die noch nach Landesrecht ausgebildeten Altenpfleger mit einer – wie im Fall der Klägerin – teilweise nur zweijährigen Ausbildung, die als sachlich unbefriedigend und im Vergleich zur Krankenpflege inhaltlich defizitär empfunden wurde (vgl BVerfG, Urteil vom 24. Oktober 2002 – 2 BvF 1/01 – BVerfGE 106, 62 = NJW 2003, 41), als nicht gleichwertig für eine Leitungsfunktion qualifiziert angesehen hat. Aus der Übergangsregelung des § 29 AltPflG ergibt sich lediglich, dass die nach altem Recht ausgebildeten Altenpfleger weiterhin ihren Beruf ausüben und die Berufsbezeichnung Altenpfleger weiterführen dürfen; sie besagt nichts über eine Qualifikation für eine Leitungsfunktion in einem ambulanten Krankenpflegedienst.
Ob die Klägerin wegen ihrer langjährigen Berufspraxis und ihrer Zusatzqualifikation als Arzthelferin für eine Leitungsfunktion tatsächlich qualifiziert ist, kann dahinstehen. Der Senat hat bereits früher zum Ausdruck gebracht, dass die Krankenkassen auf formalen Ausbildungs- und Weiterbildungsqualifikationen bestehen können, weil sonst eine den praktischen Erfordernissen entsprechende Qualitätskontrolle der Leistungserbringung nicht möglich ist (BSG, Urteil vom 21. November 2002 – B 3 KR 14/02 R – BSGE 90, 150 = SozR 3-2500 § 132a Nr 4 zur Rettungsassistentin). In jenem Urteil hat der Senat auch nicht etwa – direkt oder indirekt – Altenpfleger als generell für die Position der Pflegedienstleitung in ambulanten Krankenpflegediensten geeignete Personen anerkannt. Vielmehr sind die Ausführungen ersichtlich nur so zu verstehen, dass die Krankenkassen nicht verpflichtet sind, pflegerische Qualifikationen anhand von Arbeitgeberbescheinigungen über tatsächlich durchgeführte Tätigkeiten und deren Beurteilung sowie anhand sonstiger Tätigkeitsnachweise zu prüfen, sondern sich darauf beschränken dürfen, dass diese Qualifikationen anhand von formalen Kriterien (zB Ausbildungs- und Prüfungszeugnisse sowie Weiterbildungszertifikate) nachgewiesen werden. Die formalen Abschlüsse als Altenpfleger(in), Krankenpfleger/-schwester und Kinderkrankenpfleger/-schwester sind dabei nur beispielhaft genannt worden, und die Erwähnung der Altenpfleger erklärt sich zusätzlich dadurch, dass in Baden-Württemberg die Ausbildung zum staatlich anerkannten Altenpfleger von der dort zuständigen AOK Baden-Württemberg als für die Zulassung zur Leistungserbringung nach den §§ 37, 132a SGB V ausreichend erachtet worden war, was mit der in Baden-Württemberg nach dortigem Landesrecht vorgeschriebenen Dauer und dem Inhalt der Ausbildung zum Altenpfleger zusammenhängen mag.
e) Da die Klägerin nicht die Erlaubnis zur Führung einer der in § 12 Abs 1 Nr 1 des Versorgungsvertrages genannten krankenpflegefachlichen Berufsbezeichnungen besitzt und die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung “staatlich anerkannte Altenpflegerin” bei nur nach Landesrecht erfolgter Ausbildung den dort genannten Berufsbezeichnungen auch nicht gleichgestellt werden kann, fehlt es an der Berufsqualifikation nach § 12 Abs 1 Nr 1 des Versorgungsvertrages. Zugleich kann die Klägerin nicht die nach § 12 Abs 1 Nr 2 des Versorgungsvertrages erforderliche berufspraktische Erfahrungszeit von drei Jahren innerhalb der letzten fünf Jahre erfüllen, weil die Berufspraxis nur in einem der in Nr 1 genannten Krankenpflegeberufe erworben werden kann. Daher konnte die Frage offen bleiben, ob die Klägerin durch die – nach eigenen Angaben – seit etwa einem Jahr wieder aufgenommene Tätigkeit als Altenpflegerin die notwendige Berufspraxis wenn schon nicht gegenwärtig, so doch jedenfalls in zwei Jahren nachweisen könnte.
B. Zur Schadensersatzklage
1. Das LSG hat die Schadensersatzklage zu Unrecht als unzulässig erachtet. Als Rechtsmittelgericht war das LSG nach § 17a Abs 5 GVG gehindert, die Frage der Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges zu prüfen, weil das SG die Schadensersatzklage aus materiellen Gründen abgewiesen hat, ohne die Zulässigkeit des Rechtsweges in Zweifel zu ziehen. Das SG hat in seinem Urteil vom 25. August 2004 ausgeführt, die Feststellungsklage sei unbegründet, “womit eine Grundlage für den mit dem Antrag zu 2) geltend gemachten Schadensersatzanspruch fehle, unabhängig von den sonstigen rechtlichen Problemen hinsichtlich des Antrages zu 2)”. Die vom SG mit der Entscheidung in der Hauptsache ausdrücklich oder – wie hier – stillschweigend bejahte Zulässigkeit des Rechtsweges ist von den höheren Instanzen gemäß § 17a Abs 5 GVG nicht zu überprüfen, und zwar auch dann nicht, wenn ein Amtshaftungsanspruch in Streit steht (BSG, Urteil vom 20. Mai 2003 – B 1 KR 7/03 R – SozR 4-1720 § 17a Nr 1).
2. Für den hier allein in Betracht kommenden Schadensersatzanspruch wegen Amtspflichtverletzung nach § 839 BGB iVm Art 34 GG fehlt es jedoch schon an der Grundvoraussetzung eines rechtswidrigen Verwaltungshandelns.
Demgemäß ist auch das Begehren auf Feststellung der Ersatzpflicht bezüglich künftiger Vermögensschäden unbegründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung, die wegen der vor diesem Stichtag erfolgten Klageerhebung hier noch anwendbar war.
Fundstellen
Haufe-Index 1695289 |
SGb 2007, 99 |
PflR 2007, 219 |
ZfSSV 2007, 55 |