Entscheidungsstichwort (Thema)

Zusatzversorgung. Altersversorgung der Intelligenz. Sozialpflichtversicherungsrente. Zusatzversorgungsrente. Zusatzaltersrente. Anpassung. Überführungsprogramm. Zahlbetragsgarantie. Zahlbetragsbegrenzung. Gesamtzahlbetrag

 

Leitsatz (amtlich)

Altersrenten aus dem Zusatzversorgungssystem der Altersversorgung der Intelligenz (AVI) der früheren DDR waren zum 1.1. und 1.7.1991 nicht zu erhöhen. Dies gilt auch dann, wenn eine Zusatzrente erstmalig nach dem 30.6.1990 festgesetzt worden ist. Die von der früheren DDR in § 25 RAnglG aufgestellten Grundsätze für die Überführung von Zusatzversorgungsansprüchen und -anwartschaften in ein eigenständiges Rentenversicherungsrecht der DDR sind mit dem Beitritt kein (sekundäres) Bundesrecht geworden. (Anschluß an und Fortführung von BSGE 76, 136 = SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr 9 Nr 1)

 

Normenkette

EinigVtr Art. 9 Abs. 2; EinigVtr Anlage II Kap VIII H III Nr. 9; SozPflVRV §§ 5, 13; RAV 1 §§ 2, 6; RAV 2 § 4; RAnglG §§ 19, 22-25; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 14, 20, 80 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LSG Sachsen-Anhalt (Urteil vom 20.10.1993; Aktenzeichen L 1 An 78/92)

SG Magdeburg (Urteil vom 17.11.1992; Aktenzeichen S 8 An 21/92)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 20. Oktober 1993 abgeändert. Die Berufung des Klägers wird – ausgenommen den durch Anerkenntnis in der mündlichen Verhandlung vom 8. Februar 1996 erledigten Teil – zurückgewiesen.

Die Revision des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger ein Fünftel der Kosten des gesamten Verfahrens zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Streitig ist die Höhe der Altersversorgung des Klägers. Insbesondere ist umstritten, in welcher Höhe ihm Leistungen aus der zusätzlichen Altersversorgung der Intelligenz (AVI) in der Zeit vom 1. August 1990 bis zum 31. Juli 1991 zu gewähren sind.

Der im August 1925 geborene Kläger war bis zu seiner Emeritierung zum 1. September 1990 als ordentlicher Professor an der Technischen Hochschule bzw der späteren Technischen Universität “O… v… G…” in M… tätig. Seit 1964 war er aufgrund der Verordnung über die zusätzliche AVI an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR vom 12. Juli 1951, geändert durch die Verordnung vom 13. Mai 1959 (GBl I 521), in die AVI einbezogen.

Der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB) gewährte dem Kläger ab 1. August 1990 eine Altersrente aus der Sozialpflichtversicherung (SV) in Höhe von monatlich 364 DM, die einen Festbetrag von 70 DM enthielt, und zusätzlich einen Kinderzuschlag in Höhe von 60 DM. Bei der Berechnung dieser Rente war eine versicherungspflichtige Tätigkeit von 49 Jahren zugrunde gelegt worden. Von der Staatlichen Versicherung der DDR erhielt der Kläger ab 1. August 1990 eine Altersrente aus der AVI in Höhe von monatlich 2.190 DM (Bescheid vom 18. September 1990); dies entsprach 60 vH seines durchschnittlichen Bruttomonatsgehalts als Hochschullehrer in der Zeit vom 1. Juli 1989 bis 30. Juni 1990.

Der Gemeinsame Träger der Sozialversicherung setzte die SV-Rente mit undatiertem, nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenem Bescheid nach der 1. Rentenanpassungsverordnung vom 14. Dezember 1990 (BGBl I 2867 – 1. RAV) neu auf 504 DM fest, glich sie im Rahmen der Nachholung der zum 1. Juli 1990 für die SV-Renten erfolgten Rentenangleichung auf 590 DM an und paßte sie ab 1. Januar 1991 auf 679 DM an. Die Erhöhungsbeträge wurden auf die Zusatzaltersrente aus der AVI angerechnet, die danach noch 1.875 DM betrug. Der Kinderzuschlag von 60 DM und der Gesamtzahlbetrag von 2.614 DM blieben unverändert.

Mit ebenfalls undatiertem und nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenem Bescheid nach der 2. Rentenanpassungsverordnung vom 19. Juni 1991 (BGBl I 1300 – 2. RAV) paßte der Träger der Rentenversicherung – Überleitungsanstalt Sozialversicherung – die SV-Rente ab 1. Juli 1991 auf 781 DM an; durch die wiederum vorgenommene Anrechnung des Erhöhungsbetrages auf die Zusatzaltersrente blieb der Gesamtzahlbetrag erneut unverändert.

Mit einem weiteren undatierten Bescheid begrenzte der Träger der Rentenversicherung – Überleitungsanstalt Sozialversicherung – den Gesamtzahlbetrag ab 1. August 1991 auf monatlich 2.010 DM, indem er die Zusatzaltersrente auf 1.229 DM verminderte. Hiergegen erhob der Kläger nach erfolglosem Widerspruch Klage beim Kreisgericht Magdeburg. In diesen Rechtsstreit wurde der Bescheid der Beklagten vom 3. Dezember 1991 einbezogen, durch den diese die SV-Rente und die Zusatzaltersrente des Klägers mit Wirkung vom 1. Januar 1992 in eine einheitliche Altersrente umgewertet und im pauschalen Verfahren nach § 307b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) neu berechnet hatte. Dieses Verfahren wurde durch Prozeßvergleich vom 25. Februar 1992 beendet; die Beklagte verpflichtete sich darin, dem Kläger für die Zeit ab 1. August 1991 einen neuen Bescheid zu erteilen, falls sie in einer vergleichbaren Streitsache rechtskräftig zu einem höheren als dem sich aus § 10 Abs 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) ergebenden Zahlbetrag von 2.010 DM verurteilt würde.

Gegen die nach der 1. und der 2. RAV ergangenen Bescheide erhob der Kläger erfolglos Widerspruch (Widerspruchsbescheid vom 29. Mai 1992) und sodann Klage bei dem Sozialgericht Magdeburg (SG). Das SG wies die Klage mit der Begründung ab, die angegriffenen Regelungen seien nicht zu beanstanden; es sei auch nicht in durch das Grundgesetz (GG) geschützte Vertrauens- oder Eigentumspositionen des Klägers eingegriffen worden.

Im Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt (LSG) hat der Kläger beantragt, ihm für den Zeitraum vom 1. August 1990 bis 31. Juli 1991 eine Gesamtrente zu gewähren, bei der neben der SV-Rente der Zahlbetrag aus der Zusatzversorgung in Höhe von 2.190 DM weiter ungekürzt, zumindest jedoch in Höhe einer nach § 25 des Rentenangleichungsgesetzes (RAnglG-DDR) berechneten und fortlaufend angepaßten Rente zu zahlen ist. Das LSG hat diesem Begehren teilweise stattgegeben und die Beklagte unter Zurückweisung der Berufung der Klägers im übrigen verurteilt, “die Versorgungsbezüge des Klägers für den Zeitraum vom 1. August 1990 bis 31. Juli 1991 neu nach § 25 RAnglG-DDR iVm § 24 Abs 1 Ziffer 1 und 2 RAnglG-DDR zu berechnen sowie nach Maßgabe der Gründe anzupassen und an den Kläger unter Anrechnung bereits erbrachter Leistungen zu zahlen” (Urteil vom 20. Oktober 1993). Es hat seine Entscheidung im wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt: § 6 1. RAV sei nicht anzuwenden, weil von dieser Regelung nur diejenigen Leistungsbezieher erfaßt würden, deren SV-Renten bisher gemäß § 23 RAnglG-DDR wegen des Bezuges einer Zusatzversorgung nicht erhöht worden seien. Diese Regelung gelte aber nicht für Rentenneuzugänge nach dem 1. Juli 1990. Nach Inkrafttreten des RAnglG-DDR habe die Zusatzversorgung nämlich nicht mehr in einer am Durchschnittsbruttogehalt der letzten zwölf Monate vor Eintritt des Rentenfalls orientierten Höhe gewährt werden dürfen, sondern es hätte gemäß § 25 Abs 1 Nr 1 RAnglG-DDR eine Zusatzrente nach den Grundsätzen des § 24 Abs 1 RAnglG-DDR festgesetzt werden müssen. Die SV-Rente hätte entsprechend den Regeln für alle anderen Arbeitnehmer, also einschließlich des vollen Festbetrages, berechnet werden müssen. Nach § 25 Abs 1 Nr 3 RAnglG-DDR hätte ein Vergleich der so festgesetzten SV-Rente und der Zusatzrente mit dem Gesamtzahlungsanspruch stattfinden müssen, den der Kläger als Empfänger einer zusätzlichen Versorgung am 1. Juli 1990 nach altem Recht gehabt hätte. Für den Fall, daß der Gesamtzahlbetrag nach altem Recht höher als die neu festgesetzten Renten gewesen wäre, hätte ein Anspruch auf Zahlung des Differenzbetrages – begrenzt auf maximal 90 Prozent des Nettoverdienstes – als zusätzliche Versorgung bestanden. Die nach § 25 Abs 1 Nr 1 RAnglG-DDR errechnete Zusatzrente hätte an den Rentenanpassungen teilnehmen müssen, wobei die Erhöhungsbeträge nur zur Hälfte auf den als zusätzliche Versorgung weiter zu zahlenden Differenzbetrag hätten angerechnet werden dürfen. Da nicht an eine vorherige unrichtige Rentenberechnung angeknüpft werden dürfe, sei die Beklagte bei der Bescheidung nach der 1. RAV zu einer Korrektur dieser unzutreffenden Rentenberechnung verpflichtet gewesen.

Auch der Bescheid über die Rentenanpassung nach der 2. RAV sei teilweise rechtswidrig, denn der Kläger habe – ausgehend von der korrigierten Rentenberechnung –Anspruch auf eine Erhöhung der SV-Rente und der Zusatzrente nach § 25 Abs 1 Nr 1 RAnglG-DDR um jeweils 15 vH gehabt. Allerdings werde die Anrechnungsregelung in § 25 Abs 2 Satz 2 RAnglG-DDR durch § 8 Abs 1 der 2. RAV verdrängt, so daß die sich aus der 2. RAV ergebenden Erhöhungen der SV-Rente angerechnet werden könnten.

Beide Parteien haben die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Die Beklagte hat sich im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 8. Februar 1996 vor dem erkennenden Senat mit Zustimmung des Klägers bereit erklärt, dessen Zusatzrente ab 1. September 1990 auf der Grundlage von 80 vH seines letzten (monatlichen) Bruttogehalts als Hochschullehrer neu zu berechnen.

Der Kläger rügt die Verletzung der §§ 24, 25 RAnglG-DDR, des GG und von Artikeln der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Er ist der Auffassung, er habe sich aufgrund des Art 20 Abs 2 des Staatsvertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR (StVtr) vom 18. Mai 1990 (BGBl II 537), in dem die Schließung der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme sowie die Überführung der bisher erworbenen Ansprüche und Anwartschaften in die Rentenversicherung statuiert werde, auf die Gewährung der ihm in der DDR zugesagten Leistungen verlassen können. “Überführung” bedeute in diesem Zusammenhang die Überleitung der bestehenden Versorgungsleistungen ohne Kürzung in die Zuständigkeit eines anderen Trägers. Die an sich verfassungswidrige “Systementscheidung”, die Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatzversorgungssystemen in die gesetzliche Rentenversicherung zu überführen, rechtfertige deshalb bereits bei “einfachrechtlicher” Betrachtung keine Anspruchskürzungen.

Entgegen der Ansicht der Beklagten sei es zu einer tatsächlichen Überführung nicht erst durch das AAÜG gekommen. Vielmehr enthielten die §§ 24, 25 RAnglG-DDR bereits die rechtliche Grundlage für die Überführung, die im Einzelfall durch Neufestsetzung der Rente mit Bescheid hätte erfolgen müssen. Insofern habe der Einigungsvertrag vom 31. August 1991 (BGBl II 889 – EinigVtr) nicht den Zeitpunkt für die gesetzliche Regelung der Überführung hinausgeschoben, sondern lediglich die Frist für die von der DDR nicht mehr bewältigte Überführung der einzelnen Ansprüche verlängert. Nicht anwendbar seien nur die in den §§ 24, 25 RAnglG-DDR getroffenen Regelungen hinsichtlich der Anrechnung der Erhöhungsbeträge auf die verbliebenen Zusatzrentenansprüche. Die Volkskammer der DDR sei nicht zu einem Eingriff in die Ansprüche des Klägers berechtigt gewesen, denn zumindest ab Inkrafttreten des Verfassungsgrundsätzgesetzes habe in der DDR ein dem GG vergleichbarer Grundrechtsschutz gegolten.

Die Beklagte habe es versäumt, ihrer Verpflichtung zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften nach den Regelungen des RAnglG-DDR nachzukommen. Seine Zusatzversorgungsansprüche seien als solche aus der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) zu behandeln, von Anbeginn an zu dynamisieren und dann gemäß § 307a SGB VI ohne Beachtung der Beitragsbemessungsgrenze zu berechnen.

Für die 1. und 2. RAV gebe es keine Regelungsermächtigung. Eine Kürzung seiner Ansprüche hätte nach dem RAnglG-DDR und dem EinigVtr nur bei – in seinem Falle nicht vorliegendem – individuellen Verstoß gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit oder bei Mißbrauch der Stellung zum eigenen Vorteil oder zum Nachteil anderer erfolgen dürfen. Auch sei zweifelhaft, ob seine Ansprüche und Anwartschaften aus dem Zusatzversorgungssystem als sozialrechtliche Positionen eingeordnet werden könnten. Nach dem Recht der DDR habe ein nach dem Zivilgesetzbuch zu beurteilendes Versicherungsverhältnis mit der Deutschen Versicherungsanstalt bestanden; an deren Stelle seien die Überleitungsanstalt Sozialversicherung und später die Beklagte getreten. Diese seien daher nicht berechtigt gewesen, seine Ansprüche einseitig zu reduzieren.

Die Begrenzung seiner Ansprüche auf solche aus der gesetzlichen Rentenversicherung und die Ungleichbehandlung mit seinen Berufskollegen “im Westen” verstoße gegen Art 3 GG. Auch liege eine gegen Art 14 GG verstoßende enteignungsgleiche Vernichtung seiner nach rechtsstaatlichen Grundsätzen in der DDR erworbenen Versorgungsansprüche vor, soweit diese aus das 1,8-fache des Durchschnittseinkommens übersteigendem Einkommen herrührten. Bei den Regelungen nach der 1. und der 2. RAV handele es sich auch nicht um vorübergehende Minderungen der Ansprüche, sondern diese dienten der “projektierten Liquidierung” der nach dem RAnglG-DDR vorliegenden Ansprüche. Auch verstoße es gegen den grundrechtlichen Eigentumsschutz und den EinigVtr, daß für den Bestandsschutz nur an den nominellen Zahlbetrag angeknüpft, die notwendige Garantie der realen Kaufkraft aber verweigert werde.

Weiter liege eine Verletzung des Bestimmtheitsgrundsatzes vor, denn die verschiedenen Regelungen vom StVtr bis zum AAÜG seien insgesamt unklar, unbestimmt und in sich widersprüchlich. Die für die Rentenüberleitung geltenden Gesetze, insbesondere das Renten-Überleitungsgesetz (RÜG), seien schon deshalb grundgesetzwidrig, weil ihre inhaltlichen Vorgaben nicht in einer für die Rentner im Beitrittsgebiet zumutbaren Frist durchsetzbar seien. Es sei verfassungswidrig, die schon gegen die Verfassung der DDR verstoßende Entscheidung zur Liquidierung der Ansprüche aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen zu übernehmen. Durch die “Systementscheidung”, sämtliche in der DDR bestehenden Zusatz- und Sonderversorgungssysteme sowie wesentliche Teile der FZR abzuschaffen, werde die in der DDR neben der SV bestehende “zweite Säule” der Alterssicherung beseitigt. Nur die Renten aus der SV und bestimmte Teile der FZR seien mit den Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung in der Bundesrepublik Deutschland vergleichbar gewesen. Die Zielsetzung einer schrittweisen Angleichung der Einkommens- und Lebensverhältnisse der Bürger im Beitrittsgebiet hätte eine Überführung in entsprechende oder dafür auszubauende Zusatzversorgungssysteme (neben der gesetzlichen Rentenversicherung) oder die Festlegung erfordert, daß in der gesetzlichen Rentenversicherung Zahlbeträge über den üblichen Standard hinaus erbracht werden müßten. Durch die Liquidierung der “zweiten Säule” der Alterssicherung der DDR-Bürger würden dem erklärten Willen des EinigVtr zuwider für viele Jahrzehnte im wiedervereinigten Deutschland zwei voneinander getrennte Rechtsgebiete geschaffen. Vernünftige Gründe für eine Kürzung der Ansprüche seien nicht ersichtlich. Es gehe nicht an, daß bei einem Teil der Rentenberechtigten bestimmte Gruppen von Ansprüchen gestrichen würden, während bei den Rentenzahlungen an alle anderen Bürger keine vergleichbaren Abstriche erfolgten. Die Bundesrepublik Deutschland sei insoweit als Rechtsnachfolgerin der DDR in deren Verpflichtungen eingetreten und habe dem Rentenversicherungsträger notfalls die erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen. Es sei Aufgabe der Rechtsprechung, im Wege der Rechtsfortbildung eine vertretbare und angemessene Lösung für die anstehenden Fragen zu finden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Urteile des LSG Sachsen-Anhalt und des SG Magdeburg, die Bescheide nach der 1. und 2. Rentenanpassungsverordnung und den Widerspruchsbescheid vom 29. Mai 1992 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm für den Zeitraum vom 1. August 1990 bis 31. Juli 1991 eine Gesamtrente zu gewähren, bei der neben der Rente aus der Sozialpflichtversicherung der Zahlbetrag aus der Zusatzversorgung ungekürzt und dynamisiert zu zahlen ist.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des LSG Sachsen-Anhalt vom 20. Oktober 1993 die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Magdeburg vom 17. November 1992 und auch die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Sie trägt vor: Die §§ 24, 25 RAnglG-DDR enthielten lediglich die Grundsätze für eine Überführung der in den Zusatzversorgungssystemen erworbenen Ansprüche und Anwartschaften. Dies ergebe sich auch aus § 29 RAnglG-DDR, wonach diese Regelungen erst noch durch Rechtsverordnung ausgefüllt werden sollten. Die Überführungsregelungen des RAnglG-DDR seien insoweit durch die des EinigVtr abgelöst worden. Erst durch das AAÜG sei es zu einer tatsächlichen Überführung gekommen. Durch die angefochtenen Bescheide werde nicht in grundrechtlich geschützte Positionen des Klägers eingegriffen. Ein Eingriff in den Schutzbereich des Art 14 Abs 1 Satz 1 GG liege schon deshalb nicht vor, weil der Gesamtanspruch aus SV-Rente und Zusatzversorgung nicht gesenkt worden sei. Selbst wenn ein Eingriff angenommen würde, wäre dieser nicht verfassungswidrig. Der Gesetzgeber sei nach Art 14 Abs 1 Satz 2 GG befugt, Inhalt und Schranken des Eigentums festzulegen; dabei sei ihm nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) hinsichtlich der Behandlung von Rentenansprüchen ein besonders weiter Spielraum eingeräumt. Bei der Prüfung, ob eine Verletzung des Art 3 Abs 1 GG gegeben sei, könne Vergleichsgrundlage nur die Situation gleichgelagerter Fälle innerhalb des Beitrittsgebiets sein. Eine differenzierte Behandlung des Klägers einerseits und seiner Berufskollegen aus den alten Bundesländern andererseits sei schon im Hinblick auf die vormals unterschiedlichen Alterssicherungssysteme geboten. Auch der Kreis der wegen ihrer Belastung aus der Zeit des Nationalsozialismus aus dem Beamtenverhältnis ausgeschiedenen und nachversicherten Personen könne nicht als Vergleichsgruppe herangezogen werden, denn die aus dem Beamtenrecht stammenden Grundsätze ließen sich nicht auf Personen übertragen, die zu keiner Zeit statusrechtlich Beamte gewesen seien. Die den angefochtenen Bescheiden zugrundeliegenden Normen verstießen auch nicht gegen das Bestimmtheitsgebot, denn selbst bei unterstellter Unbestimmtheit sei zunächst der Versuch einer verfassungskonformen Interpretation zu unternehmen, bevor von der Nichtigkeit der Norm ausgegangen werden könne.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Auf die Revision der Beklagten ist das erstinstanzliche Urteil in vollem Umfang wiederherzustellen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren als in den angefochtenen Bescheiden zugebilligten Gesamtversorgung.

Gegenstand des Verfahrens sind die undatierten Bescheide nach der 1. und 2. RAV in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 1992. Insoweit begehrt der Kläger eine höhere Altersversorgung für die Zeit vom 1. August 1990 bis zum 31. Juli 1991. Der anschließende Zeitraum ist durch den Prozeßvergleich vom 25. Februar 1992 nicht mehr Gegenstand des Rechtsstreits. Nicht mehr im Streit ist ferner die Berechnung der Zusatzrente des Klägers auf der Grundlage von 80 vH (statt lediglich 60 vH) seines letzten Bruttogehalts als Hochschullehrer; insoweit ist der Rechtsstreit durch das vom Kläger angenommene Teilanerkenntnis vom 8. Februar 1996 gemäß § 101 Abs 2 SGG in der Hauptsache erledigt.

Die Beklagte ist passivlegitimiert, obwohl die angefochtenen Bescheide nach der 1. und der 2. RAV nicht von ihr, sondern von dem Gemeinsamen Träger der Sozialversicherung bzw der Überleitungsanstalt Sozialversicherung erlassen worden sind. Diese “Rechtsvorgängerinnen” der Beklagten haben den Anspruch des Klägers durch die streitigen Bescheide festgestellt, wobei sie kraft Gesetzes im Auftrag der Beklagten handelten (vgl BSGE 72, 50, 55 = SozR 3-8570 § 10 Nr 1), die seit dem 1. Januar 1991 der für Angestellte im Beitrittsgebiet zuständige Rentenversicherungsträger (vgl EinigVtr Anl I Kap VIII H III Nr 1 Buchst f Buchst bb) und für die Erfüllung der Aufgaben der Rentenversicherung im Bereich der überführten Ansprüche und Anwartschaften aus Sonder- und Zusatzversorgungssystemen zuständig ist (vgl § 8 Abs 5 Satz 1 AAÜG).

Die angefochtenen Bescheide nach der 1. und 2. RAV, mit denen die Altersversorgung des Klägers in Anknüpfung an die Erstbewilligungsbescheide für den streitigen Zeitraum festgesetzt worden ist, sind rechtmäßig.

Für einen Anspruch des Klägers auf Festsetzung einer nach § 25 Abs 1 RAnglG-DDR berechneten (höheren) Rente vom 1. August 1990 an und die Anpassung dieser Rente nach § 25 Abs 2 RAnglG-DDR, wie ihn das LSG angenommen hat, gibt es keine Rechtsgrundlage.

Ein solcher Anspruch ist dem Kläger nicht durch bindenden Bescheid zuerkannt worden. Ihm sind jeweils mit Wirkung vom 1. August 1990 eine SV-Rente in Höhe von 424 DM (Bescheid des FDGB) und eine Altersrente aus der Zusatzversorgung in Höhe von 2.190 DM (Bescheid der Staatlichen Versicherung der DDR) gewährt worden. Diese vor dem Wirksamwerden des Beitritts ergangenen Verwaltungsakte der DDR, die vom Kläger nicht angefochten wurden, sind gemäß Art 19 Satz 1 EinigVtr wirksam geblieben. Eine höhere – nach § 25 RAnglG-DDR zu berechnende und zu dynamisierende – Rente wird in keinem dieser Bescheide zuerkannt; von der nach § 10 Abs 1 und 3 RAnglG-DDR vorzunehmenden Erhöhung der SV-Renten waren Bezieher von Renten aus Zusatzversorgungssystemen gerade ausdrücklich ausgeschlossen (vgl BSGE 76, 136, 138 = SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr 9 Nr 1). Die beiden Rentenanpassungsbescheide nach der 1. und 2. RAV haben diese Leistungen als Gesamtzahlbetrag von 2.614 DM fortgeschrieben.

§ 25 RAnglG-DDR scheidet entgegen der Ansicht des LSG als Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers aus. Zwar galt das RAnglG-DDR nach Art 9 Abs 2 EinigVtr iVm der Anl II Kap VIII F III Nr 8 EinigVtr grundsätzlich über das Wirksamwerden des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik Deutschland am 3. Oktober 1990 hinaus mit bestimmten – hier nicht einschlägigen – Maßgaben fort und ist nach Art 41 iVm Art 42 RÜG erst zum 31. Dezember 1991 außer Kraft getreten. Gleichwohl war aber ua § 25 RAnglG-DDR nicht mehr anwendbar.

Die Anordnung im EinigVtr, das RAnglG-DDR bleibe mit bestimmten Maßgaben in Kraft, wird als lediglich allgemeine Regelung von den speziellen Regelungen im EinigVtr selbst verdrängt (s zu § 26 RAnglG-DDR BSGE 75, 262, 272 = SozR 3-8560 § 26 Nr 2; SozR 3-8650 § 26 Nr 3). In dieser Weise sind auch die §§ 24, 25 RAnglG-DDR unanwendbar geworden, weil sie mit einer speziellen Regelung, nämlich dem Konzept für die Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatzversorgungssystemen in EinigVtr Nr 9, unvereinbar sind. Denn das ursprüngliche Programm zur Überführung von Rentenansprüchen und Anwartschaften aus Zusatzversorgungssystemen in das allgemeine Rentenrecht der DDR hat durch EinigVtr Nr 9 eine entscheidende Abänderung erfahren (vgl. BSGE 72, 50, 65 = SozR 3-8570 § 10 Nr 1; 75, 262, 272 = SozR 3-8560 § 26 Nr 2), die eine Anwendbarkeit der §§ 24, 25 RAnglG-DDR ausschließt.

Mit diesen und anderen Vorschriften sollte das in Art 20 StVtr vereinbarte Konzept zur Angleichung des Rentenrechts der DDR an das der Bundesrepublik Deutschland umgesetzt werden. Nach Abs 2 aaO sollten die bestehenden Zusatz- und Versorgungssysteme der DDR zum 1. Juli 1990 geschlossen und die bisher erworbenen Ansprüche und Anwartschaften in die gesetzliche Rentenversicherung überführt werden; Leistungen aufgrund von Sonderregelungen waren mit dem Ziel zu überprüfen, ungerechtfertigte Leistungen abzuschaffen und überhöhte Leistungen abzubauen. Da bei Abschluß des StVtr am 18. Mai 1990 und auch noch bei Verabschiedung des RAnglG-DDR durch die Volkskammer der DDR am 28. Juni 1990 noch nicht abzusehen war, daß es zu einem baldigen Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland kommen würde, wurde seinerzeit ein einheitliches, eigenständiges, aber dem der Bundesrepublik Deutschland im wesentlichen entsprechendes Rentenrecht der DDR angestrebt, das zum 1. Januar 1991 Geltung erlangen sollte. Mit dem am 1. Juli 1990 in Kraft getretene RAnglG-DDR sollte dabei der erste Schritt zu dieser Angleichung getan werden (so die Ministerin für Arbeit und Soziales der DDR, Hildebrandt, bei der Erläuterung des Entwurfs des RAnglG-DDR vor der Volkskammer, Protokolle der Volkskammer der DDR, 10. Wahlperiode, S 615).

Der Sechste Abschnitt des RAnglG-DDR enthielt Regelungen, mit denen die Angleichung für den Bereich der Zusatzversorgungssysteme erreicht werden sollte: Deren Schließung und die Überführung der erworbenen Ansprüche und Anwartschaften in die gesetzliche Rentenversicherung zum 30. Juni 1991 wurden angeordnet (vgl § 22 Abs 1, 2 RAnglG-DDR). Bis zu dem Stichtag nebeneinander gezahlte SV-Renten und Zusatzversorgungen sollten bis zur Überführung in unveränderter Höhe (also ohne Anpassungen) weitergezahlt werden (vgl § 23 Abs 1 RAnglG-DDR), wobei für bestimmte Zusatz- und Sonderversorgungssysteme eine Begrenzung vorgesehen war (vgl § 23 Abs 2 RAnglG-DDR). Die Überführung der Zusatzversorgungen in die allgemeine Rentenversicherung (der DDR) sollte dann im 2. Halbjahr 1990 durch Neufestsetzung von Renten der Sozialversicherung erfolgen (vgl § 24 Abs 1 Satz 1 RAnglG-DDR), wobei die Grundsätze für die bereits festgesetzten zusätzlichen Versorgungen dem § 24 RAnglG-DDR und für die bis zum Stichtag erworbenen Anwartschaften dem § 25 RAnglG-DDR zu entnehmen waren. Statt der bisherigen Leistungen aus Zusatzversorgungssystemen sollten nach §§ 24, 25 RAnglG-DDR innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung Zusatzrenten nach den Bestimmungen der Verordnung über die FZR vom 17. November 1977 (GBl I 395 – FZR-VO) festgesetzt und künftig wie die SV-Renten angepaßt werden. Die Differenz zu dem nach altem Recht zu zahlenden Gesamtbetrag aus SV-Rente und zusätzlicher Versorgung sollte begrenzt auf 90 vH des Nettoverdienstes weitergezahlt, jede künftige Erhöhung zur Hälfte auf diesen Versorgungsbetrag angerechnet werden. Von der dem Minister für Arbeit und Soziales der DDR in § 29 RAnglG-DDR erteilten Ermächtigung, Einzelheiten zur Überführung der zusätzlichen Versorgungssysteme in die Rentenversicherung zu regeln, ist kein Gebrauch mehr gemacht worden. Während des Bestehens der DDR wurde das im RAnglG-DDR enthaltene Überführungskonzept deshalb nicht mehr umgesetzt (vgl BSGE 72, 50, 53 = SozR 3-8570 § 10 Nr 1; Rürup/Simon, Gutachten zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatzversorgungssystemen der Anl 1 Nr 1 bis 22 des AAÜG in die gesetzliche Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland, S 7; Reimann, DAngVers 1991, 283; Mohn, DAngVers 1993, 439).

EinigVtr-Nr 9 regelt dem Buchstaben nach lediglich die Frage der Fortgeltung von Vorschriften für die Versorgungssysteme der DDR, legt dabei aber zugleich verbindlich die Art und Weise der Überführung der Ansprüche und Anwartschaften in die gesetzliche Rentenversicherung fest. Dies betrifft insbesondere die grundsätzliche Entscheidung, die erworbenen Ansprüche und Anwartschaften aus Sonder- und Zusatzversorgungssystemen auf Leistungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Alter und Tod bis zum 31. Dezember 1991 in die Rentenversicherung – und zwar in Renten nach den ab 1. Januar 1992 geltenden Bestimmungen des SGB VI – zu überführen (vgl BSGE 76, 136, 138 = SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr 9 Nr 1). Das dem RAnglG-DDR zugrundeliegende Regelungskonzept eines “Zwischenschritts” iS einer “DDR-internen” Rentenreform war nämlich bei Abschluß des EinigVtr bereits überholt (vgl BSGE 75, 262, 274 = SozR 3-8560 § 26 Nr 2; SozR 3-8560 § 26 Nr 3). Eine Fortführung dieses Konzepts war nur solange sinnvoll, wie für eine ungewisse Zeitdauer noch von zwei selbständigen Rentenversicherungssystemen in beiden Teilen Deutschlands ausgegangen werden konnte. EinigVtr Anl I Kap III H III Nr 1 sah das Inkrafttreten des SGB VI aber auch für das Beitrittsgebiet zum 1. Januar 1992 vor; einige das Beitragsrecht betreffende Vorschriften und die Regelungen für die Rehabilitation wurden mit bestimmten Maßgaben sogar bereits zum 1. Januar 1991 in Kraft gesetzt. Es ist deshalb davon auszugehen, daß die Vertragsparteien des EinigVtr in Anbetracht der bevorstehenden Wiedervereinigung und des gesamtdeutschen Inkrafttretens des SGB VI die Überleitung so gewollt haben, wie sie dann der (gesamtdeutsche) Bundesgesetzgeber durch das als Art 3 RÜG in Kraft getretene AAÜG geregelt hat, nämlich als Überführung der nach dem EinigVtr zu überführenden Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen in Ansprüche und Anwartschaften nach dem SGB VI.

Mit einem derart modifizierten Überführungskonzept waren zwar die Anordnung der Schließung der Zusatzversorgungssysteme in § 22 RAnglG-DDR, die “Einfrierung” des Zahlbetrages bis zur endgültigen Überführung in § 23 Abs 1 RAnglG-DDR und die Festlegung vorläufiger Zahlbetragsbegrenzungen für bestimmte Leistungen bis zur Überführung in § 23 Abs 2 RAnglG-DDR vereinbar, nicht jedoch die auf Gewährung eigenständiger Leistungen nach dem RAnglG-DDR (statt der Zusatzversorgung) abzielenden Teile des “alten” Überführungskonzepts in §§ 24, 25 RAnglG-DDR.

Dem steht nicht entgegen, daß der Ausschluß der §§ 24, 25 RAnglG-DDR von der Fortgeltung des RAnglG-DDR nicht ausdrücklich in EinigVtr Nr 9 oder bei den in EinigVtr Anl II Kap VIII F III Nr 8 aufgeführten Maßgaben erwähnt wird. Denn dieser Teil des Sechsten Abschnitts des RAnglG-DDR konnte als noch unverbindliche Formulierung später zu konkretisierender Grundsätze aufgefaßt werden, deren Überholtheit nicht ausdrücklich festgestellt und deren Anwendbarkeit nicht besonders ausgeschlossen werden mußte. Da nach der in § 29 RAnglG-DDR enthaltenen Ermächtigung noch “Einzelheiten zur Überführung der zusätzlichen Versorgungssysteme in die Rentenversicherung” zu regeln waren, wurde in den Grundsätzen folgerichtig noch nicht die endgültige Regelung der Überführung gesehen.

Ein Anspruch des Klägers auf Festsetzung einer Zusatzrente nach § 25 Abs 1 RAnglG-DDR und deren künftige Anpassung nach Abs 2 aaO besteht selbst dann nicht, wenn man die Auffassung des LSG zugrundelegt, ab dem Inkrafttreten des RAnglG-DDR am 1. Juli 1990 sei die Berechnung und die Festsetzung einer Rente nach § 25 RAnglG-DDR ohne den Erlaß weiterer Ausführungsbestimmungen möglich und rechtlich geboten gewesen. Denn EinigVtr Nr 9 ist nicht nur zu entnehmen, daß vom Zeitpunkt des Beitritts an keine Renten nach § 25 RAnglG-DDR festzusetzen sind. Auch Verwaltungsentscheidungen, durch welche in der Zeit vom 1. Juli bis 2. Oktober 1990 ohne Rücksicht auf § 25 RAnglG-DDR neben den SV-Renten Zusatzversorgungen bewilligt worden sind, können nicht nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) in dem Sinne korrigiert werden, daß auch derartige Rentenneuzugänge im nachhinein gemäß § 25 RAnglG-DDR zu behandeln wären.

Eine nachträgliche Anwendung des § 25 RAnglG-DDR für den Zeitraum vom 1. Juli 1990 bis zum Beitritt stünde nämlich in einem derart klaren Widerspruch zum Überführungskonzept des EinigVtr Nr 9, daß sie für den gesamten zeitlichen Geltungsbereich des RAnglG-DDR ab dem 1. Juli 1990 ausscheidet (vgl BSGE 75, 262, 276 = SozR 3-8560 § 26 Nr 2 zu § 26 Abs 1 RAnglG-DDR). EinigVtr Nr 9 Buchst b Satz 2 und 3 ist zu entnehmen, daß die leistungsrechtlichen Regelungen der jeweiligen Versorgungssysteme bis zum 31. Dezember 1991 weiter anzuwenden sind. Die Zahlbetragsgarantie nach Buchst b Satz 4 aaO für am 3. Oktober 1990 leistungsberechtigte Personen bestimmt, daß derjenige Zahlbetrag nicht unterschritten werden darf, welcher für Juli 1990 aus der SV und dem Versorgungssystem “zu erbringen” war. Für Personen, die in der Zeit vom 4. Oktober 1990 bis zum 30. Juni 1995 leistungsberechtigt werden, ordnet Buchst b Satz 5 aaO an, daß der Zahlbetrag nicht unterschritten werden darf, der für Juli 1990 aus SV und Versorgungssystem zu erbringen gewesen wäre. Diese Regelungen knüpfen bei nach den Bestimmungen des jeweiligen Versorgungssystems neben der SV-Rente zugebilligten Leistungen an, ohne danach zu differenzieren, ob der Rentenzugang vor oder nach Inkrafttreten des RAnglG-DDR erfolgte. Der EinigVtr geht somit auch hinsichtlich der ab dem 1. Juli 1990 eingetretenen Rentenfälle von noch zu überführenden und nach den Regeln des jeweiligen Versorgungssystems weiter zu zahlenden Zusatzversorgungen aus. Dies schließt die Annahme aus, § 25 RAnglG-DDR sei nach dem Überführungskonzept des EinigVtr als Regelung für einen bereits abgeschlossenen Teilbereich der Überführung vorgesehen.

Auch aus der 1. und 2. RAV ergibt sich kein Anspruch des Klägers auf Gewährung einer höheren Altersversorgung für den Zeitraum vom 1. August 1990 bis zum 31. Juli 1991. Diese aufgrund von EinigVtr Anl II Kap VIII F III Nr 8 Buchst d iVm § 19 RAnglG-DDR und EinigVtr Nr 9 Buchst f ergangenen Verordnungen und die dort getroffenen Regelungen sind – soweit hier einschlägig – rechtlich nicht zu beanstanden. Die darauf gestützten angefochtenen Bescheide sind rechtsfehlerfrei.

Die Ermächtigung der Bundesregierung zum Erlaß der beiden Rechtsverordnungen ergibt sich aus EinigVtr Anl II Kap VIII F III Nr 8 Buchst d. Danach ist sie berechtigt, die Anpassungen der in § 19 RAnglG-DDR genannten Renten aus der SV, der FZR und der Unfallversicherung mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung vorzunehmen; durch EinigVtr Nr 9 Buchst f wird sie ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das “Nähere zu den Maßgaben nach EinigVtr Nr 9 Buchst a bis e zu bestimmen”. Dem gesamten Regelungszusammenhang ist zu entnehmen, daß diese Anpassungen durch Rechtsverordnungen zu erfolgen haben, die im Einklang mit dem durch EinigVtr Nr 9 modifizierten Überführungsprogramm stehen. Denn EinigVtr Nr 9 Buchst f verweist zum Inhalt und Ausmaß der Ermächtigung ausdrücklich auf das gesamte in EinigVtr Nr 9 enthaltene Überführungsprogramm für Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen in die gesetzliche Rentenversicherung.

Die genannten Ermächtigungsgrundlagen entsprechen den Anforderungen des Art 80 GG; insbesondere sind ihr Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt. Aufgrund des Gesetzes zum EinigVtr (EinigVtrG) haben sie den Rang eines Bundesgesetzes ohne verfassungs- oder völkerrechtlichen Vorrang (vgl Bundessozialgericht ≪BSG≫ SozR 3-8570 § 11 Nr 2). Durch die Festlegung auf die Überführung in eine Rente nach den ab 1. Januar 1992 geltenden Bestimmungen des SGB VI und die Garantie des Zahlbetrages, der bei Bestandsrenten im Juli 1990 aus der SV und dem Versorgungssystem zu erbringen war bzw bei Rentenzugängen bis Juni 1995 zu erbringen gewesen wäre (Buchst b Sätze 4 und 5), werden die bei dem Erlaß der RAV vom Verordnungsgeber zu beachtenden Maßgaben hinreichend deutlich (vgl BSGE 76, 136, 140 = SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr 9 Nr 1).

Die Beklagte bzw ihre Rechtsvorgängerinnen haben die Vorschriften der beiden RAV auch zutreffend angewandt. Verfahrensrechtlich ist es nicht zu beanstanden, daß der Gemeinsame Träger der Sozialversicherung die bisher in zwei verschiedenen Bescheiden dem Kläger zuerkannten Leistungen auf Altersversorgung aus der SV und der Zusatzversorgung in einem einzigen Bescheid zusammengefaßt hat. Durch Art 19 Satz 1 EinigVtr war eine Abänderung der wirksam bleibenden Verwaltungsakte der DDR nicht generell ausgeschlossen, sondern diese unterlagen gemäß Art 19 Satz 3 EinigVtr den Vorschriften über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und konnten daher jedenfalls vom 1. Januar 1991 an nach den dann auch im Beitrittsgebiet in Kraft getretenen Vorschriften des SGB X abgeändert werden (EinigVtr Anl I Kap VIII D III Nr 2; vgl BSGE 76, 136, 139 = SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr 9 Nr 1 mwN).

Es kann hier offen bleiben, ob § 48 SGB X direkt (so BSGE 76, 136, 139 = SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr 9, Nr 1) oder für die Bescheide betreffend die SV-Rente und die Zusatzversorgung ab dem 1. Januar 1991 entsprechend Anwendung findet. Mit dem Inkrafttreten der 1. RAV ist eine wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse eingetreten, die gerade auch im Hinblick auf das Überführungskonzept des EinigVtr, anstelle mehrerer Renten aus verschiedenen Systemen der sozialen Sicherung nur noch eine einheitliche Rente nach dem SGB VI zu gewähren, eine Zusammenfassung der konkreten Regelungen, durch die dies im Einzelfall umgesetzt werden soll, in einem Bescheid rechtfertigt.

Nach § 6 Abs 1 1. RAV werden Renten, die wegen Bezuges einer Zusatzversorgung nach § 23 Abs 1 RAnglG-DDR nicht anzugleichen waren, nach den für Arbeitnehmer ohne Zusatzversorgung geltenden Bestimmungen der Verordnung über die Gewährung und Berechnung von Renten der SV vom 23. November 1979 (GBl I 401 – RentV-DDR), zuletzt ergänzt durch die Vierte Verordnung über die Gewährung und Berechnung von Renten der SV vom 8. Juni 1989 (GBl I 229 – 4. RentV-DDR), festgesetzt und nach den Bestimmungen des Ersten und Zweiten Abschnitts des RAnglG-DDR angeglichen. Dadurch sollten bestehende Unterschiede in der Berechnung von neben Zusatzversorgungen gewährten SV-Renten und SV-Renten, neben denen eine solche Leistung nicht erbracht wurde, beseitigt werden. Nach der RentV-DDR wurden die Alters- und Invalidenrenten aus der SV allgemein aus einem Fest- und einem Steigerungsbetrag errechnet (vgl §§ 5, 13 Abs 1 RentV-DDR). Beim Bestehen eines Anspruchs auf eine zusätzliche AVI wurde die SV-Rente nur in Höhe des Steigerungsbetrages (§ 52 RentV-DDR) bzw ab dem 1. Dezember 1989 mit einem niedrigeren Festbetrag neben dem Steigerungsbetrag (vgl §§ 19, 20 der 4. RentV-DDR) gewährt. Aufgrund der Regelung des § 6 Abs 1 1. RAV war demnach allen SV-Rentenbeziehern ab dem 1. Juli 1990 der von der Höhe der Arbeitsjahre abhängige allgemeine Festbetrag zu zahlen, unabhängig davon, welche Zusatzversorgung sie neben der SV-Rente bezogen.

Die Anwendung des § 6 Abs 1 1. RAV ist hier nicht dadurch ausgeschlossen, daß die (erst) ab dem 1. August 1990 gewährte SV-Rente keine Bestandsrente im Sinne des RAnglG-DDR ist. Allerdings erfaßt der Wortlaut des § 6 Abs 1 RAnglG-DDR ausdrücklich nur die Renten, die wegen Bezugs einer Zusatzversorgung nach § 23 Abs 1 RAnglG-DDR nicht anzugleichen waren. § 23 Abs 1 RAnglG-DDR war seinem Wortlaut und der systematischen Stellung im RAnglG-DDR nach zunächst lediglich als Regelung für die bei Inkrafttreten des RAnglG-DDR bereits gezahlten SV-Renten und Zusatzversorgungen vorgesehen. Offenbar ging die Volkskammer der DDR bei der Verabschiedung des RAnglG-DDR von einem baldigen Erlaß der Regelungen für die Einzelheiten zur Überführung der Anwartschaften aus Zusatzversorgungssystemen nach § 29 RAnglG-DDR aus. Da es dazu jedoch nicht kam, der EinigVtr vielmehr – wie oben dargestellt – das Überführungsprogramm des StVtr bzw RAnglG-DDR entscheidend abänderte und die entsprechende Anwendung der leistungsrechtlichen Bestimmungen des jeweiligen Versorgungssystems bis zur endgültigen Überführung anordnete, war der fortgeltende § 23 Abs 1 RAnglG-DDR wegen der Unanwendbarkeit des hierfür ursprünglich als spezielle Regelung vorgesehenen § 25 RAnglG-DDR auf die ab 1. Juli 1990 eintretenden Versicherungsfälle entsprechend anzuwenden.

Gemäß § 6 Abs 1 1. RAV war – wie in dem angefochtenen Bescheid geschehen – der dem Kläger bislang in Höhe von 70 DM gewährte Festbetrag in entsprechender Anwendung der für Arbeitnehmer ohne Zusatzversorgung geltenden Bestimmung des § 19 der 4. RentV-DDR bei 40 und mehr Arbeitsjahren mit 210 DM zu berücksichtigen und die SV-Rente neu auf 504 DM (statt bisher 364 DM) festzusetzen. Da die nach § 10 Abs 3 RAnglG-DDR auch bei neuen SV-Renten vorzunehmende Erhöhung nicht durchgeführt worden war, hatte bei einem Rentenbeginn im Jahre 1990 und 49 zu berücksichtigenden Arbeits- und Zurechnungsjahren nach der Anlage zum RAnglG-DDR eine Erhöhung um 16,89 vH zu erfolgen. Der daraus resultierende Zahlbetrag der SV-Rente von (aufgerundet) 590 DM war gemäß § 2 1. RAV zum 1. Januar 1991 nochmals um 15 vH auf (aufgerundet) 679 DM zu erhöhen. Der nach § 10 Abs 1 RAnglG-DDR iVm § 16 der 4. RentV-DDR in Höhe von 60 DM gewährte Kinderzuschlag blieb zu Recht unverändert.

Wo die sich aus der Nachholung der Rentenangleichung zum 1. Juli 1990 und der Rentenanpassung zum 1. Januar 1991 ergebenden Erhöhungsbeträge zusammen unter dem Zahlbetrag der Leistung aus der Zusatzversorgung lagen, war der Gesamtzahlbetrag aus SV-Rente und Zusatzversorgung nach § 6 Abs 2 und 3 1. RAV im Ergebnis lediglich fortzuschreiben. Auch für den Kläger ergab sich so zum 1. Januar 1991 kein höherer Gesamtzahlbetrag als der bisherige.

Der Bescheid nach der 2. RAV, mit dem der Gesamtzahlbetrag ab 1. Juli 1991 auf unverändert 2.614 DM festgesetzt wurde, ist ebenfalls rechtmäßig. Nach § 4 2. RAV war die SV-Rente zum 1. Juli 1991 um 15 vH zu erhöhen. Gemäß § 8 Abs 1 und 2 war die Erhöhung bei Versichertenrenten auf die Zusatzversorgung anzurechnen, wenn diese zusammen mit der SV-Rente einen Grenzbetrag von 1.500 DM monatlich überschritt. Da der Gesamtzahlbetrag bei dem Kläger über diesem Grenzwert lag, war die Anrechnung im vollen Umfang des Erhöhungsbetrages vorzunehmen.

Entgegen der Ansicht des Klägers ist das Überführungsprogramm des EinigVtr Nr 9, das auch den Inhalt der Ermächtigungsnorm EinigVtr Nr 9 Buchst f für den Erlaß der 1. und der 2. RAV bestimmt, von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Der erkennende Senat schließt sich auch insoweit der Rechtsprechung des 4. Senats des BSG an, mit der dieser die genannten Regelungen im Hinblick auf die Anwendung bei Bestandsrenten als mit dem GG vereinbar angesehen hat (vgl insbesondere Urteil vom 14. Juni 1995 ≪BSGE 76, 136, 140 = SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr 9 Nr 1≫ mwN). Die dort angestellten Erwägungen gelten sinngemäß erst recht für die denselben Bestimmungen unterliegenden Rentenneuzugänge ab 1. Juli 1990.

Der Schutzbereich des Art 14 GG wird durch die Abänderung des ursprünglichen Überführungsprogramms der DDR in EinigVtr Nr 9 nicht berührt, denn bis zur Regelung im EinigVtr und der dort eingeräumten Zahlbetrags- bzw Bestandsgarantie hatten die Berechtigten aus den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen – wie der Kläger – noch keine unter die Eigentumsgarantie des GG fallende Rechtsposition erworben. Gegenstand der Eigentumsgarantie können erst Ansprüche sein, die vom Gesetzgeber gegenüber der Bundesrepublik Deutschland (neu) begründet (vgl BVerfGE 41, 126, 150) oder zumindest als bestehend anerkannt (vgl BVerfGE 87, 1, 42) worden sind. Unter den Eigentumsschutz des GG fallende Rechte konnten somit erstmals durch den EinigVtr begründet werden. Dies konnte nicht bereits durch § 20 Abs 2 StVtr geschehen, denn diese Bestimmung enthielt lediglich einen Handlungsauftrag für den Gesetzgeber der DDR.

Vor der Anerkennung einer sozialrechtlichen Eigentumsposition durch den Bundesgesetzgeber war die Bundesrepublik Deutschland indes nicht für die Durchsetzbarkeit der in der ehemaligen DDR begründeten Rechtspositionen verantwortlich (vgl BVerfGE 84, 90, 122 f). Das Vorbringen des Klägers, aufgrund seiner Mitgliedschaft in dem Zusatzversorgungssystem hätten Ansprüche zivilrechtlicher Natur gegenüber der Deutschen Versicherungsanstalt der DDR bestanden, welche die Beklagte nicht einfach reduzieren dürfe, ist deshalb unerheblich. Denn die Beklagte ist nicht Rechtsnachfolgerin der Versicherungseinrichtungen der DDR, sondern Funktionsnachfolgern und als solche nur im Rahmen der im EinigVtr und nachfolgendem Bundesrecht begründeten Ansprüche leistungspflichtig (vgl BSGE 72, 50, 52 = SozR 3-8570 § 10 Nr 1; BSGE 74, 184, 192 = SozR 3-8570 § 11 Nr 1); diesen Verpflichtungen ist sie jedoch ordnungsgemäß nachgekommen.

Die Ansprüche und Anwartschaften aus der allgemeinen SV der DDR und aus den Zusatzversorgungssystemen wurden von vornherein nur im Rahmen der “Systementscheidung” anerkannt, diese als sozialrechtliche Ansprüche zu behandeln und in die gesetzliche Rentenversicherung zu überführen; dabei wurde bewußt das Überführungskonzept des StVtr bzw RAnglG-DDR nicht übernommen. Diese “Systementscheidung” wurde im Zusammenhang mit der Regelung des Beitritts und seiner Folgen getroffen, bei der angesichts der Vielschichtigkeit der Problematik außergewöhnliche Schwierigkeiten zu bewältigen waren. In einer solchen Situation ist dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsrahmen zuzugestehen, wobei die gesetzlichen Regelungen nicht an Art 14 GG, sondern lediglich an Art 3 Abs 1 GG zu messen sind (vgl BVerfGE 84, 90, 129; 41, 126, 150 ff, 174 f).

Das Überführungsprogramm des EinigVtr Nr 9 verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG. Der Gesetzgeber war entgegen der Ansicht des Klägers aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung heraus nicht verpflichtet, für die Inhaber von Ansprüchen und Anwartschaften aus Zusatzversorgungssystemen im EinigVtr Ansprüche auf eine beamtenrechtliche, berufsständische oder die Sozialversicherungsrente ergänzende Versorgung zu begründen. Die aus solchen bestehenden Versorgungs- oder Versicherungssystemen Berechtigten, die ihre Ansprüche in der Bundesrepublik Deutschland vor dem Beitritt begründet haben, stellen keine geeignete Vergleichsgruppe dar. Die Annahme einer Vergleichbarkeit ließe nämlich unberücksichtigt, daß die Ansprüche aus den Zusatzversorgungssystemen schon während des Bestandes der DDR infolge deren wirtschaftlichen Bankrotts vor der Wiedervereinigung weitgehend entwertet waren (vgl dazu BVerfGE 84, 90, 131).

In der Abänderung des Überführungskonzeptes des RAnglG-DDR ist auch kein Verstoß gegen den aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art 20 GG) resultierenden Schutz des Vertrauens auf den Fortbestand von Rechtsvorschriften zu sehen. Denn ein dem Bundesgesetzgeber zuzurechnender Vertrauensschutz könnte – wie eine eigentumsrechtliche Position – ebenfalls erstmals durch den EinigVtr begründet worden sein. Den Bestimmungen in EinigVtr Nr 9 war aber mit hinreichender Klarheit zu entnehmen, daß eine Fortführung des Überführungsprogramms des RAnglG-DDR gerade nicht gewollt war.

Die Regelungen der 1. und der 2. RAV selbst sind ebenfalls nicht verfassungswidrig.

Sie verstoßen nicht gegen Art 14 GG. Denn die Zahlbetragsgarantie des EinigVtr Nr 9, die als eigentumsgeschützte Rechtsposition angesehen werden kann (vgl Beschlüsse des 4. Senats vom 14. Juni 1995 – 4 RA 4/94 und 4 RA 28/94 –), garantiert nur die nominelle Versorgungshöhe aus SV-Rente und Zusatzversorgung, ohne selbst einen Anspruch auf Anpassung im Hinblick auf geänderte wirtschaftliche Daten einzuräumen. Der aus den beiden Leistungen gebildete Gesamtzahlbetrag wird aber bei dem Anpassungsvorgang nach der 1. und der 2. RAV jeweils nicht unterschritten.

Die Regelungen in der 1. und der 2. RAV sind auch mit Art 3 Abs 1 GG vereinbar. Eine verfassungswidrige Ungleichheit ist insbesondere nicht darin zu sehen, daß die Erhöhung der SV-Rente bei Beziehern von Zusatzversorgungsleistungen zu einer entsprechenden Kürzung ihrer Rente aus der Zusatzversorgung führt, wobei der geschützte Zahlbetrag unverändert bleibt (§ 6 1. RAV und § 8 2. RAV), während bei Beziehern einer Rente aus der FZR sowohl diese als auch die Rente aus der SV angepaßt wird (§§ 1, 2 1. RAV und §§ 1, 4 2. RAV). Dem 4. Senat des BSG ist darin zu folgen, daß diese Ungleichbehandlung bis zur endgültigen Berechnung der Rente nach dem SGB VI für eine Übergangszeit auf sachgerechten Differenzierungskriterien beruht (vgl Urteil vom 14. Juni 1995 ≪BSGE 76, 136 = SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr 9 Nr 1≫). Denn während die FZR-Renten nachvollziehbar auf eigenen Beitragsleistungen beruhten, waren die Leistungs- und Beitragsregelungen der einzelnen Zusatzversorgungssysteme höchst unterschiedlich und zumindest in einer Übergangsphase für den Verordnungsgeber nicht überschau- und bewertbar. Dies rechtfertigt es, die Bezieher von Zusatzversorgungen bis zur endgültigen Berechnung einer SGB VI-Rente von der Anpassung dieser Leistungen auszuschließen, um die Schaffung neuer Besitzstände zu vermeiden (vgl Begründung zur 2. RAV, BR-Drucks 255/91 S 7), welche ggf eine nach der Überführung zu gewährende Rente übersteigen könnten. Die Vermeidung im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung unrealistischer Besitzstände ist in diesem Zusammenhang auch ein geeignetes Anknüpfungsmerkmal für die Regelung in § 8 2. RAV, nach der lediglich solche Bezieher von Zusatzversorgungen im Ergebnis von der Erhöhung des Gesamtzahlbetrages ausgeschlossen sind, die einen bestimmten Grenzbetrag überschreiten (vgl Begründung zur 2. RAV, BR-Drucks 255/91 S 7).

Ein – vom Kläger auch nicht näher dargelegter – Verstoß gegen Bestimmungen der EMRK ist nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI956133

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