Leitsatz (amtlich)

Aus KVLG § 65 lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, daß Mitunternehmer in die von den KK zu bildenden Beitragsklassen nach anderen Gesichtspunkten eingestuft werden müßten als Alleinunternehmer; die KK sind gesetzlich nicht verpflichtet, auf das Maß der Beteiligung am Unternehmen abzustellen.

 

Normenkette

KVLG § 2 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1972-08-10, § 65 Abs. 1 Fassung: 1972-08-10

 

Tenor

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 11. Februar 1976 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Kläger sind (ledige) Geschwister, die gemeinsam mit gleicher Beteiligung ein Unternehmen des Gartenbaus betreiben; sie beschäftigen eine fremde Arbeitskraft. Seit November 1972 sind sie aufgrund von § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG) gegen Krankheit pflichtversichert. Mit Bescheiden vom 28. November 1972 setzte die Beklagte für jeden der Kläger die Beiträge zur Krankenversicherung in der Beitragsklasse 5 (monatlicher Beitrag damals 129,- DM) fest; dabei ging sie gemäß § 65 Abs. 1 und 5 KVLG iVm §§ 55, 56 ihrer Satzung (Ausgabe 1972) von dem Jahresarbeitswert des Unternehmens für 1971 von 22.930,- DM aus, der von der Gartenbau-Berufsgenossenschaft (BG) für die Beitragsberechnung in der gesetzlichen Unfallversicherung ermittelt wurde. Hiergegen erhoben die Kläger erfolglos Widerspruch mit der Begründung, der Jahresarbeitswert sei jedem von ihnen anteilsgemäß nur zu einem Drittel zuzurechnen, so daß die Beiträge nach der Beitragsklasse 3 (monatlich 90,- DM) festzusetzen seien.

Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte verpflichtet, die Kläger in diese Beitragsklasse einzustufen (Urteil vom 14. März 1974). Das Landessozialgericht (LSG) hat dagegen die Klage mit Urteil vom 11. Februar 1976 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Beklagte habe nach Gesetz und Satzung zu Recht die Kläger der Beitragsklasse 5 zugeordnet und den entsprechenden Beitrag gefordert. Zwar lege § 55 der Satzung der Beklagten nicht fest, daß bei einer Unternehmermehrheit jedem Mitunternehmer der volle Jahresarbeitswert zuzurechnen sei; dies ergebe sich aber schon aus § 64 Abs. 1 KVLG, wonach jeder versicherungspflichtige Unternehmer und damit auch der Mitunternehmer beitragspflichtig sei; nur für Ehegatten begründe § 2 Abs. 2 Satz 2 KVLG eine Ausnahme. Die persönlichen Vermögens- und Einkommensverhältnisse der landwirtschaftlichen Unternehmer seien anders als in der Krankenversicherung nach der Reichsversicherungsordnung (RVO) bei der Festsetzung der Beiträge nicht zu berücksichtigen.

Mit der - zugelassenen - Revision beantragen die Kläger,

das angefochtene Urteil aufzuheben.

Zur Begründung rügen sie die Verletzung des § 65 KVLG. Das Gesetz verpflichte die landwirtschaftlichen Krankenkassen zu einer angemessenen Einstufung der Versicherungspflichtigen in Beitragsklassen; hiernach solle die Beitragslast der Unternehmer offensichtlich in ein vernünftiges Verhältnis zu ihrem Einkommen gebracht werden. Das Einkommen von Mitunternehmern werde indessen nur dann angemessen berücksichtigt, wenn der Jahresarbeitswert ihren Anteilen gemäß aufgeteilt und dementsprechend die Einstufung in die Beitragsklassen vorgenommen werde.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Zutreffend hat das LSG entschieden, daß die Kläger von der Beklagten in die ihnen gebührende Beitragsklasse eingestuft worden sind; die angefochtenen Beitragsbescheide sind nicht zu beanstanden.

Die Kläger betreiben für gemeinsame Rechnung ein gärtnerisches Unternehmen, das eine Existenzgrundlage bildet; sie sind daher landwirtschaftliche Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVLG (= § 7 Abs. 1 Nr. 1 der Satzung der Beklagten). Daß sie als Mitglieder einer Personenmehrheit (Gesellschaft des bürgerlichen Rechts) jeder für sich - gleichberechtigte - Mitunternehmer sind, ändert hieran nichts.

Als landwirtschaftliche Unternehmer (Mitunternehmer) unterliegen die Kläger nach § 2 Abs. 1 KVLG der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Landwirte. Sie haben die Beiträge selbst zu tragen (§ 64 Abs. 1 Satz 1 KVLG), die gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 KVLG nach Beitragsklassen festzusetzen sind. Welche Beitragsklasse für die Kläger in Betracht kommt, ist dabei entgegen ihrer Ansicht aus § 65 KVLG nicht zu entnehmen. Diese Vorschrift überträgt die Bestimmung der Beitragsklassen für die versicherungspflichtigen landwirtschaftlichen Unternehmer vielmehr den Satzungen der landwirtschaftlichen Krankenkassen. Hierbei gibt das Gesetz zwar Anweisungen über den zugrunde zu legenden Maßstab, die Mindest- und Höchstzahl der Beitragsklassen und weitere beim Höchstbeitrag zu beachtende Gesichtspunkte. Daraus läßt sich indessen (auch mittelbar) nicht herleiten, in welche Beitragsklassen Mitunternehmer einzustufen sind.

Daß die krankenversicherungspflichtigen Mitunternehmer gärtnerischer Betriebe in andere Beitragsklassen einzustufen wären als Alleinunternehmer, geht auch aus der Satzung der Beklagten (Ausgabe 1972) nicht hervor. Sie bestimmt (aufgrund des § 65 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 KVLG) in § 55, daß sich der Beitrag für die in § 7 Abs. 1 Nr. 1 genannten Personen nach dem der Beitragsberechnung der Gartenbau-BG zugrunde gelegten "Jahresarbeitswert des Unternehmens" bemißt. In § 47 der Satzung der Gartenbau-BG (Ausgabe 1969) wird dieser "Arbeitswert" als Wert der menschlichen Arbeit definiert, welche in den Mitgliederunternehmen im abgelaufenen Geschäftsjahr geleistet worden ist. Er umfaßt nach Absatz 1 Satz 2 sowohl die von Arbeitnehmern als auch die vom oder von Unternehmern in dem Unternehmen geleistete Arbeit. Zur Berechnung des Arbeitswerts als Beitragsgrundlage für die Versicherung des Unternehmers werden je nach der Anzahl seiner Beschäftigungstage im Unternehmen bestimmte Geldbeträge angesetzt; betätigt er sich im Unternehmen überhaupt nicht, so ist er für sich selbst von den Beiträgen befreit (§ 47 Abs. 1 Nr. 4 Sätze 1 und 3 der BG-Satzung). Hiernach sieht die Satzung der Gartenbau-BG zwar eine unterschiedliche Beitragsveranlagung je nach dem zeitlichen Umfang der von Unternehmern geleisteten Arbeit vor; eine sich auf die Beitragshöhe auswirkende anteilige Aufteilung des jährlichen Arbeitswerts des Unternehmens auf die Mitglieder einer es gemeinsam betreibenden Unternehmermehrheit kennt sie jedoch nicht.

Eine solche Regelung hat auch die Beklagte in den §§ 55 und 56 ihrer Satzung (Ausgabe 1972) nicht (zusätzlich) getroffen. Sie hat den Jahresarbeitswert in § 55 als eine an das Unternehmen gekoppelte Bezugsgröße übernommen. Dieser Wert ist für die Staffelung der Beitragsklassen in § 56 Abs. 1 maßgebend geworden. Daraus ergab sich die Einstufung der Kläger in die Beitragsklasse 5, die sonach nicht gegen das Satzungsrecht verstößt: Als Unternehmer eines gärtnerischen Betriebes mit einem für 1971 festgestellten Jahresarbeitswert über 20.000,- DM gehörten sie 1972 (bis 1974) in die seinerzeit höchste Beitragsklasse 5.

Daß die Satzung mit dieser Regelung sich nicht an die gesetzliche Ermächtigung in § 65 KVLG gehalten hätte, trifft nicht zu. Zwar können sich die Kläger auf Noell ("Die Krankenversicherung der Landwirte", 4. Aufl., 1975, S. 128) berufen, der ohne Begründung meint, für Mitunternehmer gelte die Beitragsklasse, die ihrem Anteil am Unternehmen entspreche. Die Kläger übersehen aber, daß sich das Problem der Einstufung von Mitunternehmern ebenso stellt, wenn die Beitragsklassen nach dem Einheitswert oder dem Arbeitsbedarf des Unternehmens bestimmt werden (§ 65 Abs. 1 Satz 2 KVLG). Es besagt daher in diesem Zusammenhang nichts, daß das Gesetz, soweit es einen anderen Maßstab zuläßt, verlangt, daß dieser "angemessen", d.h. bei Vergleich mit den im Gesetz bereits genannten Maßstäben des Einheitswertes und des Arbeitsbedarfs angemessen ist. Daraus und aus der sonstigen Gesetzesfassung ergibt sich keine allgemeine Verpflichtung der Krankenkassen, den wirtschaftlichen Verhältnissen von Mitunternehmern in der von den Klägern geltend gemachten Weise Rechnung zu tragen. Ihre auf den Jahresarbeitswert zugeschnittene Argumentation kann daher nicht durchgreifen. Das gilt auch für ihre Meinung, daß sich die Beitragspflicht am Einkommen aus dem Unternehmen orientieren müsse. Denn der Umstand, daß der Gesetzgeber den landwirtschaftlichen Krankenkassen in § 65 Abs. 1 Satz 3 KVLG die Bildung mehrerer Beitragsklassen auferlegt hat, kann keine Beziehung zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der versicherungspflichtigen landwirtschaftlichen Unternehmen herstellen. Die vorgeschriebene Differenzierung der Beiträge bezieht sich nur auf die Größe der Unternehmen; diesem Beitragsfaktor hat die Beklagte in § 56 Abs. 1 ihrer Satzung (Ausgabe 1972) der Ermächtigung entsprechend Rechnung getragen.

Ob und inwieweit sich die Einstufung der Kläger in die Beitragsklassen durch den 2. Nachtrag zur Satzung ab 1. Januar 1975 geändert hat, war nicht zu prüfen, weil das Klagebegehren nur die Zeit betrifft, in der § 56 der Satzung fünf Beitragsklassen vorgesehen hat; der 2. Nachtrag hat demgegenüber sechs Beitragsklassen gebildet. In dem (neu eingefügten) Absatz 3 des § 56 der Satzung ist nun geregelt, daß bei der Einstufung der Mitunternehmer die anteiligen Jahresarbeitswerte der übrigen Mitunternehmer (und die von Ehegatten) außer Ansatz bleiben; damit dürfte sich die Belastung der Kläger vom 1. Januar 1975 an mindern, wenn auch nicht in dem von ihnen erstrebten Maße.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1649687

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