Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 7. Dezember 1994 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob es der beklagte Beschwerdeausschuß zu Recht abgelehnt hat, das Honorar des beigeladenen Zahnarztes für Zahnersatzleistungen im August 1986 um vier Ansätze nach Nr 131 und einen Ansatz nach Nr 134 des Bundeseinheitlichen Leistungsverzeichnisses (BEL) zu kürzen.
Der Beigeladene gliederte im Juni 1986 in einem Behandlungsfall einen kombinierten festsitzenden/herausnehmbaren Zahnersatz ein und rechnete dabei vier Steggeschiebe nach Nr 131 BEL und viermal das Einarbeiten eines Sekundärteils nach Nr 134 BEL ab. Die klagende Krankenkasse beanstandete die Abrechnung, weil die Steggeschiebe in dem von ihr genehmigten Behandlungsplan nicht als solche gekennzeichnet worden seien. Der Widerspruchsausschuß der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZÄV) Niedersachsen gab dem Widerspruch der Klägerin insoweit statt, als der mehrfache Ansatz der Nr 134 BEL beanstandet wurde. Den einmaligen Ansatz dieser Ziffer sowie die Abrechnung von vier Steggeschieben nach Nr 131 BEL hielt er für gerechtfertigt. Die Beschwerde der Klägerin wies der Beklagte zurück.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen, weil der Beigeladene zwar möglicherweise nicht alle erforderlichen Stege und Stegverbindungsvorrichtungen im Heil- und Kostenplan dokumentiert habe, die in einem Behandlungsfall erforderliche Anzahl von Stegen und Halteelementen jedoch nicht im vorhinein, sondern erst bei der labormäßigen Ausführung des Zahnersatzes genau feststellbar sei (Urteil vom 25. März 1992). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und ihr Mutwillenskosten in Höhe von 1.046,90 DM auf der Grundlage des § 192 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auferlegt. Das LSG hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Kassenzahnärzte entschieden und die Auffassung vertreten, der Beigeladene sei durch die Eingliederurig eines Steggeschiebes nicht in rechtserheblicher Weise von dem von der Klägerin genehmigten Heil- und Kostenplan abgewichen (Urteil vom 7. Dezember 1994).
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin, mit der diese als Verfahrensfehler beanstandet, daß das LSG mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Kassenzahnärzte falsch besetzt gewesen sei. Die Auslegung der Vorschriften des § 17 Abs 1 und 3 Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) sowie der maßgeblichen Gebührennummern des Bewertungsmaßstabs für kassenzahnärztliche Leistungen (Bema) falle in die Zuständigkeit der gemeinsamen Selbstverwaltung von Zahnärzten und Krankenkassen mit der Folge, daß in der Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Krankenkassen und der Kassenzahnärzte hätte entschieden werden müssen. Im übrigen habe das LSG bei seiner Entscheidung die Grenzen der richterlichen Beweiswürdigung verkannt und zu Unrecht angenommen, sie – die Klägerin – habe aus den Angaben des Beigeladenen im Heil- und Kostenplan erkennen können, daß statt einer Verblockung eine individuell gefertigte Verbindungsvorrichtung erbracht und abgerechnet werden solle.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 7. Dezember 1994 und das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 25. März 1992 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung seines Beschlusses vom 9. Mai 1989 zu verurteilen, von der Zahnersatzabrechnung des Beigeladenen für den Monat August 1986 im Behandlungsfall der Versicherten L.… G.… 220, 11 DM abzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, die Gebühr nach der Nr 93/1 Bema sei für Stege und Stegverbindungsvorrichtungen abrechnungsfähig, auch wenn der behandelnde Zahnarzt die dafür vorgesehenen Symbole versehentlich nicht vollständig im Behandlungsplan eingezeichnet habe. Es sei nicht immer vorhersehbar, welche Art von Verbindungselementen im Einzelfall erforderlich sei, und bei Steggeschieben sei eine ausdrückliche Kennzeichnung im Heil- und Kostenplan nicht vorgesehen.
Der Beigeladene hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Alle Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin hat iS der Zurückverweisung Erfolg.
Die Klägerin rügt zu Recht, daß das Urteil des LSG an einem Verfahrensmangel leidet, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Das LSG hat gemäß § 33 Satz 2, § 12 Abs 3 Satz 2 SGG in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Kassenzahnärzte verhandelt und entschieden, obwohl der Rechtsstreit eine Angelegenheit des Kassenzahnarztrechts iS des § 12 Abs 3 Satz 1 SGG betrifft. Auf dieser nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Berufungsgerichts beruht das angefochtene Urteil (§ 202 SGG iVm § 551 Nr 1 Zivilprozeßordnung).
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats beurteilt sich die Frage, ob eine Streitigkeit eine Angelegenheit des Kassenzahnarztrechts iS des § 12 Abs 3 Satz 1 SGG oder eine Angelegenheit der Kassenzahnärzte iS des Satzes 2 dieser Vorschrift darstellt, danach, ob nach den maßgebenden rechtlichen Vorschriften die Verwaltungsstelle, die über den geltend gemachten Anspruch zu entscheiden hat, nur mit Kassenzahnärzten oder mit Vertretern von Krankenkassen und Kassenzahnärzten besetzt ist (BSGE 70, 246, 249 = SozR 3-2500 § 106 Nr 10 S 46 f; BSGE 67, 256, 257 ff = SozR 2500 § 92 Nr 1 S 3). In Fällen, in denen die Besetzung des Verwaltungsgremiums, das zu entscheiden hat, im Streit steht, oder in denen Gremien mit unterschiedlicher Besetzung zu entscheiden haben, ist in sog paritätischer Besetzung zu entscheiden (BSGE 70, 246, 249 = SozR 3-2500 § 106 Nr 10 S 47). Die hier angefochtene Verwaltungsentscheidung ist im Mai 1989 von dem “Beschwerdeausschuß Reichsversicherungsordnung (RVO)” getroffen worden, bei dem es sich um ein Gremium der gemeinsamen Selbstverwaltung von Zahnärzten und Krankenkassen handelt und dem Vertreter der (Zahn) Ärzte und der Krankenkassen “in gleicher Zahl” angehören (§ 106 Abs 4 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB V≫, § 368n Abs 5 Satz 2 RVO in der bis zum 31. Dezember 1988 geltenden Fassung). Über die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung dieses Gremiums kann nur in der sog paritätischen Besetzung entschieden werden, selbst wenn der beklagte Ausschuß bei seiner Entscheidung falsch, also nur mit Vertretern der Zahnärzte besetzt gewesen sein sollte. Letzteres ist hier nach der in der Verwaltungsakte enthaltenen Niederschrift der Sitzung vom 8. Mai 1989 nicht auszuschließen, wenngleich das LSG dazu keine Feststellungen getroffen hat.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf seine Entscheidung vom 15. November 1995 – 6 RKa 57/94 – hin, die sich mit der Verfahrensgestaltung bei der Honorarberichtigung im Zuständigkeitsbereich der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Niedersachsen befaßt hat. Dort ist ausgeführt: “Aus dem vom SG zitierten Verfahrensablauf läßt sich ersehen, daß die in der streitigen Zeit im Bereich der Beigeladenen zu 2 (KZÄV Niedersachsen) geltende Prüfordnung vom 6. März 1968 für die rechnerische und gebührenordnungsmäßige Prüfung der von den Kassenzahnärzten eingereichten Honorarabrechnungen ein dreistufiges Verwaltungsverfahren vorsah: Über Honorarberichtigungen befand in erster Linie die KZÄV; gegen deren Entscheidung konnten die für die Wirtschaftlichkeitsprüfung zuständigen Prüfungseinrichtungen angerufen werden, und zwar zunächst der – insoweit als ‘Widerspruchsausschuß’ fungierende – Prüfungsausschuß und sodann der beklagte Beschwerdeausschuß. Der Senat hat dieses Verfahren in einem früheren Urteil vom 1. August 1991 (BSGE 69, 166, 167 = SozR 3-2500 § 87 Nr 2) nicht beanstandet und in dem Zusammenhang unter Hinweis auf die als Anlage 4 zum BMV-Z vereinbarte Verfahrensordnung ausdrücklich auch die Übertragung der Zuständigkeit für die gebührenordnungsmäßige Prüfung auf Instanzen der Wirtschaftlichkeitsprüfung als zulässig angesehen. Ob dies nach geltendem Recht ebenso zu beurteilen wäre, kann dahinstehen; für den hier noch maßgebenden Rechtszustand vor Inkrafttreten des SGB V ist an der erwähnten Rechtsprechung jedenfalls aus Gründen der Rechtssicherheit festzuhalten.” Danach war es zumindest für Quartale bis einschließlich 4/1988 statthaft, auch im Rahmen der gebührenordnungsmäßigen Berichtigung die das Verwaltungsverfahren abschließende Entscheidung dem RVO-Beschwerdeausschuß zu übertragen. Daraus folgt, daß für die richtige Besetzung dieses Gremiums die gesetzliche Bestimmung in § 106 Abs 4 SGB V bzw § 368n Abs 5 RVO zwingend zu beachten ist. Nur der gemäß § 368n Abs 5 RVO bzw § 106 Abs 4 SGB V gebildete Beschwerdeausschuß ist ein “gemeinsames Gremium von … Zahnärzten und Krankenkassen” iS des § 51 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGG, das nach § 70 Nr 4 SGG im sozialgerichtlichen Verfahren beteiligtenfähig ist. Eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Besetzung des Beschwerdeausschusses ausschließlich mit Zahnärzten als stimmberechtigten Mitgliedern ist danach auch in den Fällen ausgeschlossen, in denen dem RVO-Beschwerdeausschuß durch eine gesamtvertragliche Prüfvereinbarung die das Verwaltungsverfahren abschließende Entscheidung über die gebührenordnungsmäßige und vertragsgemäße Richtigkeit der Honorarabrechnung eines Kassenzahnarztes übertragen ist (vgl § 3 Abs 1 iVm Abs 6, § 15 Abs 1 Buchst d, § 17 Abs 1 der im Bereich der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Niedersachsen geltenden Prüfvereinbarung vom 6. März 1968). Im übrigen vermag der Senat der Vorschrift des § 6 Abs 1 der genannten Prüfvereinbarung nicht zu entnehmen, daß der Beschwerdeausschuß in den Fällen des § 3 der Prüfvereinbarung (rechnerische und gebührenordnungsmäßige Prüfung) nur mit Vertretern der Zahnärzte als stimmberechtigten Mitgliedern besetzt sein soll.
Das LSG wird prüfen müssen, ob die Kassenzahnärztliche Vereinigung Niedersachsen nach § 75 Abs 2 SGG zum Verfahren beizuladen ist, und wird bei seiner den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens mitzuentscheiden haben.
Fundstellen