Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Ruhen. Bezüge, ähnliche, öffentlich-rechtlicher Art. Leistungen, ausländische. Antikumulationsvorschriften, nationale, EG-rechtliche
Leitsatz (amtlich)
1. Auch Leistungen eines ausländischen Rentenversicherungsträgers können das Ruhen von Ansprüchen auf Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe auslösen.
2. Die italienische Altersrente ist ein dem deutschen Altersruhegeld (jetzt: Altersrente) ähnlicher Bezug öffentlich-rechtlicher Art iS des § 118 Abs. 1 Nr. 4 AFG.
Normenkette
AFG § 118 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, § 118 S. 3, § 134 Abs. 4 Sätze 1, 3; EWGV 1408/71 Art. 12 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 12.06.1992; Aktenzeichen L 3 Ar 249/90) |
SG Konstanz (Entscheidung vom 27.10.1989; Aktenzeichen S 2 Ar 1323/88) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. Juni 1992 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Der am 13. Mai 1927 geborene Kläger, ein italienischer Staatsbürger, wendet sich gegen die Ablehnung der Beklagten, ihm für die Zeit vom 18. August 1988 bis 31. Mai 1989 Arbeitslosenhilfe (Alhi) zu gewähren.
Er arbeitete bis 31. Oktober 1978 als Heizer bei den französischen Streitkräften in K. und danach jeweils in der Sommersaison in Gastronomiebetrieben der Insel M.; in der übrigen Zeit erhielt er Arbeitslosengeld (Alg) oder Alhi. Zuletzt war der Kläger vom 7. April bis 4. August 1988 beschäftigt; davor hatte ihm die Beklagte für 78 Tage (13. November 1987 bis 11. Februar 1988). Alg und nach Erschöpfung des Alg-Anspruchs vom 12. Februar bis 6. April 1988 Alhi gezahlt.
Seit Vollendung des 60. Lebensjahrs bezieht er vom Istituto nazionale della previdenza sociale (INPS – Staatliche Anstalt für soziale Vorsorge) eine italienische Altersrente (für die Zeit vom 1. Mai bis 31. August 1988 2.301,53 DM). Mit Wirkung ab 1. Juni 1989 wurde ihm außerdem ein deutsches Altersruhegeld – jetzt Altersrente – (Pro-rata-temporis-Berechnung) bewilligt. Zeitweise nahm der Kläger von der Stadt Konstanz Sozialhilfe in Anspruch.
Auf seinen Antrag vom 18. August 1988 lehnte die Beklagte die Gewährung von Alhi unter Hinweis auf § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) ab, weil der Kläger mit der italienischen Altersrente Bezüge öffentlich-rechtlicher Art erhalte, die dem Altersruhegeld der gesetzlichen Rentenversicherung ähnlich seien; sein möglicher Alhi-Anspruch ruhe deshalb (Bescheid vom 13. September 1988; Widerspruchsbescheid vom 9. November 1988). Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides verurteilt, dem Kläger ab 18. August 1988 Alhi unter Anrechnung der italienischen Altersrente als Einkommen zu gewähren (Urteil vom 27. Oktober 1989).
Das Landessozialgericht (LSG) hat dieses Urteil auf die Berufung der Beklagten aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 12. Juni 1992). Die Entscheidung ist damit begründet, daß ein möglicher Anspruch des Klägers auf Alhi gemäß § 134 Abs. 4 Satz 1 AFG iVm § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AFG wegen des Bezugs der italienischen Altersrente ruhe. Zwar finde die Bestimmung des Art. 12 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Angehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, (EWGV 1408/71) in der Neufassung vom 2. Juni 1983 keine Anwendung, weil ein allein aus nationalem Recht sich ergebender Anspruch durch die EG-rechtliche Vorschrift nicht beeinträchtigt werden könne. Bei der dem Kläger gewährten italienischen Altersrente handele es sich jedoch um ähnliche Bezüge öffentlich-rechtlicher Art iS des § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AFG, weil sie von einem öffentlich-rechtlichen Träger bei Erreichen einer bestimmten Altersgrenze (60. Lebensjahr) zur Sicherstellung des Lebensunterhalts gewährt werde. § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AFG erfasse unmittelbar auch ausländische Leistungen. Daß die Alhi wegen § 134 Abs. 4 Satz 3 AFG vollständig ruhe, obwohl die italienische Altersrente niedriger sei, verstoße nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG).
Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und Satz 3 AFG iVm § 134 Abs. 4 Sätze 1 und 3 AFG. Das LSG habe zu Unrecht das Ruhen des Alhi-Anspruchs bejaht. § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AFG betreffe nur Leistungen innerstaatlichen Rechts. Die italienische Altersrente sei zudem im Gegensatz zum nationalen Altersruhegeld vor dem 65. Lebensjahr mit der uneingeschränkten Befugnis zur weiteren Erwerbstätigkeit verbunden und demnach den in der Vorschrift bezeichneten Leistungen nicht ähnlich. Keinesfalls könne der höhere Alhi-Anspruch in vollem Umfang entfallen; die italienische Altersrente sei nämlich so niedrig, daß sie den Lebensunterhalt nicht decke. Daß § 134 Abs. 4 Satz 3 AFG ein Ruhen des Alhi-Anspruchs ohne Rücksicht auf die Höhe der anderen Leistung anordne, sei systemwidrig und verstoße bei der vom LSG vorgenommenen Auslegung gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Es dürfe allenfalls eine Anrechnung im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung erfolgen. Schließlich verletze § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AFG in der Auslegung des LSG das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG und den Grundsatz des Vertrauensschutzes.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG insoweit aufzuheben, als es den Anspruch auf Alhi für den Zeitraum vom 18. August 1988 bis 31. Mai 1989 betrifft, und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG in diesem Umfang zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt, …
die Revision zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AFG erfasse unmittelbar auch ausländische Altersrenten. Im übrigen sei die Ausgestaltung des Ruhenstatbestandes plausibel und entspreche dem gesetzgeberischen Gestaltungsfreiraum für eine aus Steuermitteln finanzierte Sozialleistung – wie die Alhi.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet.
Verfahrenshindernisse stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen. Es bedurfte insbesondere nicht notwendig der Beiladung der Stadt K. (§ 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) nach Maßgabe des § 168 SGG idF des am 1. März 1993 in Kraft getretenen Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege vom 11. Januar 1993 (BGBl I 50), obwohl der Kläger, wie den Gerichtsakten zu entnehmen ist, im August 1988, von Oktober bis Dezember 1988 sowie im November und Dezember 1989 Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz bezogen hat. Bei dem denkbaren Erstattungsanspruch der Stadt Konstanz (als Trägerin der Sozialhilfe) nach § 104 Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren (SGB X) handelt es sich nicht um einen von der Rechtsposition des Klägers abgeleiteten, sondern um einen eigenständigen Anspruch ohne Notwendigkeit zur Beiladung (BSGE 61, 66, 68 = SozR 2200 § 182 Nr. 104; BSG, Urteil vom 19. März 1992 – 7 RAr 128/90 –, SozR 3-4100 § 103 Nr. 7 ≪ insoweit nicht abgedruckt≫; Urteil vom 11. Februar 1993 – 7 RAr 52/92 – ≪zur Veröffentlichung vorgesehen≫). Daß der mögliche Alhi-Anspruch des Klägers gemäß § 107 Abs. 1 SGB X teilweise als erfüllt gilt, soweit ein Erstattungsanspruch der Stadt Konstanz gegen die Beklagte besteht, rechtfertigt nicht die Annahme eines Rechtsverhältnisses, für das die Entscheidung nur einheitlich ergehen kann, wie es von § 75 Abs. 2 Alternative 1 SGG vorausgesetzt wird.
Gegenstand des Verfahrens ist der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 13. September 1988 idF des Widerspruchsbescheids vom 9. November 1988, soweit sich der Kläger gegen diesen mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 SGG) wehrt. Der Kläger verlangt nur Alhi für den Zeitraum vom 18. August 1988 bis 31. Mai 1989; ein Alg-Anspruch wird ausdrücklich nicht geltend gemacht.
Der streitige Bescheid ist, soweit angefochten, nicht rechtswidrig; denn der Kläger kann für den streitigen Zeitraum die Zahlung von Alhi nicht verlangen. Das LSG hat, ohne die sonstigen Voraussetzungen des Anspruchs zu prüfen, zutreffend entschieden, daß der Alhi-Anspruch nach § 134 Abs. 4 Sätze 1 und 3 AFG idF des Siebten Gesetzes zur Änderung des AFG (7. AFG-ÄndG) vom 20. Dezember 1985 (BGBl I 2484) iVm § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AFG idF des Gesetzes zur Konsolidierung der Arbeitsförderung (Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetzes ≪AFKG≫) vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497) unabhängig davon in vollem Umfang ruht, ob die dem Kläger eigentlich zustehende Alhi höher wäre als die italienische Altersrente.
Diese Rechtsfolge ergibt sich unmittelbar aus § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AFG, der nicht nur inländische Leistungen, wie das dem Kläger gewährte deutsche Altersruhegeld, erfaßt. Art. 12 Abs. 2 Satz 1 der EWGV 1408/71, die als in der gesamten Bundesrepublik ohne innerstaatlichen Umsetzungsakt geltendes Recht (Art. 189 Abs. 2, 51 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vom März 1957 ≪EWGVtr≫ iVm Art. 24 Abs. 1 GG und dem Vertragsgesetz zum EWGVtr – Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG) revisibel ist (§ 162 SGG), findet keine Anwendung, weil der Kläger einen ausschließlich auf nationalem Recht beruhenden Anspruch geltend macht. Nach Art. 12 Abs. 2 Satz 1 EWGV 1408/71 sind die Vorschriften eines Mitgliedstaates, die für den Fall des Zusammentreffens einer Leistung mit anderen Leistungen der sozialen Sicherheit oder mit anderen Einkünften vorsehen, daß die Leistungen gekürzt, zum Ruhen gebracht oder entzogen werden (Antikumulationsvorschriften), einem Berechtigten gegenüber auch dann anwendbar, wenn es sich um Leistungen, die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats erworben wurden, oder um Einkünfte handelt, die im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats bezogen werden, Art. 12 Abs. 2 Satz 1 EWGV 1408/71 ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaft (EuGH) gleichwohl nur einschlägig, wenn der Anspruch auf die zu beschränkende Leistung aufgrund der Anwendung der Vorschriften der EWGV 1408/71 entstanden ist (EuGHE 1975, 1149, 1160 = SozR 6050 Art. 46 Nr. 1; EuGHE 1982, 1063, 1077 = SozR 6050 Alg Nr. 2; EuGHE 1983, 2603, 2613 f – SozR 6050 Art. 12 Nr. 12; EuGHE 1986, 1047, 1061 = SozR 6050 Art. 46 Nr. 24; Hennig/Kühl/Heuer/Henke, AFG, Stand April 1993, § 142 RdNr. 12; Gagel, AFG, Stand August 1992, § 118 RdNrn 63 a ff; Schuler, Das Internationale Sozialrecht der Bundesrepublik Deutschland, 1988, S 466; Neumann-Duesberg in: Schulte/Zacher, Wechselwirkungen zwischen dem Europäischen Sozialrecht und dem Sozialrecht der Bundesrepublik Deutschland, 1991, S 89; Pompe, Leistungen der sozialen Sicherheit bei Alter und Invalidität für Wanderarbeitnehmer nach Europäischem Gemeinschaftsrecht 1986, S 237 ff). Diese Auffassung hat der EuGH auch zu einer gleichartigen früheren Vorschrift vertreten (vgl. EuGHE 1978, 683, 691 = SozR 6040 Art. 11 Nr. 3).
Legt man nämlich Art. 12 Abs. 2 EWGV 1408/71 im Lichte der Art. 48 bis 51 EWGVtr aus, die Grundlage, Rahmen und Grenzen für Verordnungen über die soziale Sicherheit sind, so ist er (nur) als Ausgleich für die Vorteile anzusehen, die das Gemeinschaftsrecht den Arbeitnehmern dadurch gewährt, daß er diesen das Recht gibt, die gleichzeitige Anwendung der Sozialrechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu verlangen; er soll (nur) verhindern, daß den Arbeitnehmern aus dieser gleichzeitigen Anwendung Vorteile erwachsen, die nach innerstaatlichem Recht als unangemessen anzusehen sind (EuGHE 1983, 2603, 2613 f = SozR 6050 Art. 12 Nr. 12). Unter Berücksichtigung dieses Gesichtspunktes verbieten dann andererseits weder die Bestimmungen des EWGVtr noch der EWGV 1408/71 – abgesehen von der Korrektur über den hier nicht einschlägigen Art. 46 EWGV 1408/71 – die Anwendung nationaler Antikumulationsvorschriften – wie etwa des § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AFG – und die daraus resultierende Beschränkung des auf nationalem Recht beruhenden Anspruchs (EuGHE 1978, 707, 714 = SozR 6050 Art. 46 Nr. 8; EuGHE 1978, 717, 722 = SozR 6050 Art. 46 Nr. 9; EuGHE 1981, 1737, 1755 = SozR 6050 Art. 46 Nr. 16; EuGHE 1983, 1385, 1401 = SozR 6050 Art. 46 Nr. 19; EuGHE 1986, 1047, 1061 = SozR 6050 Art. 46 Nr. 24; EuGHE 1987, 3589, 3609 = SozR 6050 Art. 12 Nr. 16; EuGHE 1990, 1599, 1614 f = SozR 3-6050 Art. 46 Nr. 2; Hennig/Kühl/Heuer/Henke, aaO, § 142 RdNr. 12; Pompe, aaO, S 234 ff; Ruland in: Schulte/Zacher, aaO, S 72).
Diese rechtliche Beurteilung kann ohne Vorabentscheidung des EuGH erfolgen. Das letztinstanzlich entscheidende einzelstaatliche Gericht ist zwar nach Art. 177 Abs. 3 EWGVtr verpflichtet, Fragen der Auslegung des EWGVtr oder der Handlungen der Organe der Gemeinschaft, also auch der EWGV 1408/71 als Rechtsakt des Rates (vgl. Art. 145 ff EWGVtr), dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen. Entsprechend der Aufgabe des EuGH, eine einheitliche Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu sichern, besteht eine Vorlagepflicht jedoch nur bei Zweifeln über die Auslegung des Gemeinschaftsrechts (BVerfG NJW 1992, 678; BSGE 43, 255, 268 f = SozR 4100 § 80 Nr. 1; BSGE 68, 123, 127 = SozR 3-2200 § 803 Nr. 2; BSGE 70, 206, 215 = SozR 3-4100 § 4 Nr. 3) bzw wenn die Auslegung entscheidungserheblicher Normen des Gemeinschaftsrechts durch die bisherige Rechtsprechung des EuGH noch nicht geklärt ist (BSGE 70, 206, 215 mwN = SozR 3-4100 § 4 Nr. 3); das Gegenteil ist hier der Fall, so daß die Entscheidung des Senats vom 3. November 1976 – 7 RAr 115/75 – (unveröffentlicht), soweit sie die Anwendung des Art. 12 Abs. 2 Satz 1 EWGV 1408/71 betrifft, durch die Rechtsprechung des EuGH mittlerweile überholt ist.
Nach § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AFG ruht der Anspruch auf Alg während der Zeit, für die dem Arbeitslosen ein Anspruch auf Altersruhegeld aus der Rentenversicherung der Arbeiter oder der Rentenversicherung der Angestellten, Knappschaftsruhegeld oder Knappschaftsausgleichsleistung aus der knappschaftlichen Rentenversicherung oder ähnliche Bezüge öffentlich-rechtlicher Art für eine Zeit vor Vollendung des 65. Lebensjahres zuerkannt ist. Die Ruhenswirkung beschränkt sich indes gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 AFG auf die Höhe der zuerkannten anderen Leistung, wenn diese Leistung auch während einer Beschäftigung und (kumulativ) ohne Rücksicht auf die Höhe des Arbeitsentgelts gewährt wird. Während § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AFG über § 134 Abs. 4 Satz 1 AFG gleichermaßen für die Alhi gilt, ist die Anwendung des § 118 Abs. 1 Satz 3 AFG nach § 134 Abs. 4 Satz 3 AFG ausgeschlossen. Der Alhi-Anspruch des Klägers ruht damit in vollem Umfang ohne Rücksicht auf die Höhe der italienischen Altersrente und die rechtliche Kumulationsmöglichkeit dieser Altersrente mit einer Beschäftigung und Arbeitsentgelt. Auf die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung wird später noch eingegangen.
§ 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AFG bezieht sich nicht nur auf inländische Renten; er erfaßt vielmehr aus Ideologischen Gesichtspunkten unmittelbar auch ausländische vergleichbare Leistungen (GK-AFG, Stand Juni 1993, § 118 RdNr. 39; aA Gagel, aaO, § 118 RdNrn 54 und 68 a). Wie der Senat schon in Urteilen des Jahres 1976 ausgeführt hat, bestehen Sinn und Zweck der Vorschrift unter Berücksichtigung der Motive des Gesetzgebers darin, eine doppelte Sicherung des Lebensunterhalts durch die Gewährung zweier Lohnersatzleistungen öffentlicher Träger zu verhindern (BSGE 43, 26, 27 f = SozR 4100 § 118 Nr. 3; Urteile vom 3. November 1976 – 7 RAr 2/76 ≪ unveröffentlicht ≫ und 7 RAr 115/75 ≪unveröffentlicht≫). Der Eintritt eines solchen Ereignisses wird zwar insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Doppelbelastung des Sozialversicherungssystems der Bundesrepublik als unzweckmäßig und sozialpolitisch unerwünscht anzusehen sein, Damit ist aber der Sinn und Zweck von Ruhensvorschriften regelmäßig nicht erschöpft. Sie stehen dem Gesetzgeber vielmehr auch als Mittel zur Verfügung, die Leistung auf den mit ihr beabsichtigen Erfolg zu begrenzen, sie also nicht zu gewähren, wenn dieser Zweck bereits anderweitig als gewährleistet erscheint (BSG aaO).
Im „Entwurf eines AFG” wird die Einführung des späteren § 118 Abs. 1 Nr. 4 AFG damit begründet, daß Personen, die vorgezogenes Altersruhegeld bezögen, versicherungsmäßig versorgt seien und als aus dem Erwerbsleben ausgeschieden gelten müßten (BT-Drucks V/2291 S 57). Dieser Grundgedanke, der einer typisierenden Betrachtung folgt, kann für ausländische Versicherungsleistungen, die mit Alg oder Alhi zusammentreffen, genauso gelten wie für inländische (BSG aaO). Aus Gründen der Gleichbehandlung wäre es nicht einzusehen, warum ein Arbeitsloser mit ausländischer Rente grundsätzlich besser stehen sollte als ein Arbeitsloser mit inländischer Rente (BSG aaO). Selbst der Gesichtspunkt einer möglichst weitgehenden Verwirklichung sozialer Rechte (§ 2 Abs. 2 Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil ≪SGB I≫) fordert keine Besserstellung von Arbeitslosen mit ausländischen Rentenansprüchen (GK-AFG, aaO, § 118 RdNr. 39). Der Wortlaut des § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AFG widerspricht dem nicht. Obwohl die Regelung nach ihrer formalen Struktur wegen der exemplarischen Aufzählung bestimmter innerstaatlicher Leistungen allein auf diesen innerstaatlichen Bereich bezogen zu sein scheint, läßt doch die Formulierung „ähnliche Bezüge öffentlich-rechtlicher Art” iS einer Öffnungsklausel Spielraum für eine andere Auslegung. Hierauf hat der Senat bereits in den Urteilen des Jahres 1976 hingewiesen (BSG aaO).
Die historische Entwicklung des § 118 AFG (in seiner Anwendung auf das Alg und die Alhi) kann für die gegenteilige Ansicht nicht nutzbar gemacht werden (GK-AFG, aaO, § 118 RdNr. 39). Die Begründung zum „Entwurf eines AFG” (BT-Drucks V/2291 S 82 zu § 108 Nr. 3) bietet keinerlei Auslegungshilfen. Die spätere Streichung der zunächst noch vorgesehenen gleichartigen Passage für die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit („ähnliche Bezüge”) iS der Nr. 3 des § 118 Abs. 1 AFG wurde zwar in einem schriftlichen Bericht des Ausschusses für Arbeit (BT-Drucks V/4110 S 25 zu § 165) damit gebilligt, daß Leistungen, die der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ähnlich seien, in der Praxis bisher nicht festgestellt worden seien; gleichwohl ist dies kein überzeugendes Argument für die Anwendung des § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AFG ausschließlich auf nationale Leistungen (aA Gagel, aaO, § 118 RdNr. 54). Mit dem 21. Rentenanpassungsgesetz (RAG) vom 25. Juli 1978 (BGBl I 1089) wurde später § 118 Abs. 1 AFG neben einem Satz 2 Satz 3 angefügt; gleichzeitig wurde § 134 AFG dahin geändert, daß § 118 Abs. 1 Satz 3 AFG für die Alhi nicht gelten sollte. Die Privilegierung des Alg gegenüber der Alhi wurde damit begründet, daß das Alg eine Versicherungsleistung sei und die Regelung des § 118 Abs. 1 Satz 3 AFG für die Alhi als nachrangige Sozialleistung mit besonderen Vorschriften über die Bedürftigkeitsprüfung nicht gelten könne (BT-Drucks 8/1734 S 37 zu § 7 Nrn 2 und 3). Auch diese Gesetzesänderung erbringt mithin keine weiteren Aufschlüsse.
Daß der Gesetzgeber durch das am 1. Januar 1993 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung von Förderungsvoraussetzungen im AFG und in anderen Gesetzen vom 18. Dezember 1992 (BGBl I 2044) mit § 142 AFG eine über § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AFG hinausgehende allgemeinere Regelung getroffen hat, bestätigt das mit Hilfe des Gleichheitsgrundsatzes gewonnene Ergebnis. Nach § 142 AFG gilt, soweit der Anspruch auf eine laufende Leistung (nach dem AFG) wegen eines Anspruchs auf eine andere Sozialleistung nicht entsteht, ruht oder entfällt, dies auch wegen eines vergleichbaren Anspruchs, den ein ausländischer Träger zuerkannt hat. Der Anwendungsbereich des § 142 AFG, der als Reaktion auf die Rechtsprechung des EuGH zu Art. 12 Abs. 2 EWGV 1408/71 zu verstehen ist (vgl. BT-Drucks 12/3211 S 27 zu Nr. 43), ist damit sogar in zweifacher Hinsicht umfassender als der des § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AFG: hinsichtlich der laufenden nationalen und der vergleichbaren ausländischen Leistungen. Geleitet ist auch er von der Überlegung, daß die Begünstigung von Empfängern ausländischer Leistungen unter dem Blickwinkel des Art. 3 Abs. 1 GG nicht tragbar ist. Ähnliches gilt für Vorschriften anderer Rechtsgebiete, wenn diese wie etwa §§ 49 Abs. 1 Nr. 4, 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 2 Nr. 4 des Sozialgesetzbuchs – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V), § 627 Reichsversicherungsordnung (RVO) oder § 93 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) ausdrücklich Kumulationsverbote bei Bezug ausländischer Leistungen enthalten.
Die dem Kläger gewährte italienische Altersrente ist ein dem Altersruhegeld aus der Rentenversicherung der Arbeiter oder der Rentenversicherung der Angestellten, dem Knappschaftsruhegeld oder der Knappschaftsausgleichsleistung aus der knappschaftlichen Rentenversicherung ähnlicher Bezug öffentlich-rechtlicher Art vor Vollendung des 65. Lebensjahres, Soweit es zur Beurteilung dieser Rechtsfrage der Anwendung italienischen Rechts bedurfte, war der Senat hieran nicht gemäß § 202 SGG iVm § 562 Zivilprozeßordnung (ZPO) gehindert. Nach § 562 ZPO ist die Entscheidung des Berufungsgerichts über das Bestehen und den Inhalt von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nicht gestützt werden kann, also auch von ausländischem Recht (vgl. § 162 SGG), für die auf die Revision ergehende Entscheidung zwar maßgebend. Im vorliegenden Falle hat das LSG jedoch keine Feststellungen zum italienischen Recht getroffen, sondern lediglich unter nationale Vorschriften mit Hinweis auf die Entscheidung des Senats aus dem Jahre 1976 (Urteil vom 3. November 1976 – 7 RAr 115/75) subsumiert und ausländische Rechtsvorschriften überhaupt nicht berücksichtigt. Der Senat ist aus diesem Grund zu eigenen Feststellungen berechtigt (BSG SozR 5050 § 15 Nr. 38; BSG, Urteil vom 13. Oktober 1992 – 4 RAr 40/91 – ≪zur Veröffentlichung vorgesehen≫).
Um Bezüge öffentlich-rechtlicher Art handelt es sich, wenn die Leistung von einem öffentlichen Träger gewährt wird (BSG SozR 4100 § 118 Nr. 9 mwN), wobei es nach Sinn und Zweck der Ruhensvorschrift nicht darauf ankommt, ob die Bezüge auf Öffentlichem oder privatem Recht beruhen (BSG aaO). Bedeutsam ist nur, ob sie aus Mitteln gezahlt werden, die für Öffentliche Aufgaben vorgesehen sind (BSG aaO). Dies trifft für die dem Kläger gewährte Altersrente zu; die italienische Rentenversicherung ist nach nationalem Verständnis – ob dies auch nach italienischem Verständnis gilt, kann offenbleiben – eine solche öffentlich-rechtlicher Natur (vgl. Simons in: Zacher, Alterssicherung im Rechtsvergleich, 1991, S 281), deren System dem nationalen Recht vergleichbare Strukturen aufweist. Leistungsträger ist landeseinheitlich der INPS, und die Finanzierung der Leistung erfolgt aus dem überwiegend von den Arbeitgebern und zu einem geringeren Teil von den Arbeitnehmern aufzubringenden Beitragsaufwand (Vergleichende Darstellung der Systeme der sozialen Sicherheit in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften, 15. Aufl. – Stand 1. Juli 1988 –, S 23); zu erheblichen Teilen wird das Beitragsaufkommen durch staatliche Zuschüsse ergänzt (Simons aaO; vgl. auch Weber/Leienbach, Soziale Sicherung in Europa, 1989, S 95 ff). Die Parallelen zum nationalen Rentensystem verdeutlichen, daß die italienische Rentenversicherung als staatliche und damit öffentliche Aufgabe verstanden werden muß.
Ähnlich sind Bezüge öffentlich-rechtlicher Art den in § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AFG ausdrücklich genannten Leistungen dann, wenn sie die gleichen gemeinsamen und typischen Merkmale aufweisen wie die dort aufgezählten Ruhegelder und Ausgleichsleistungen (BSG SozR 4100 § 118 Nr. 9; GK-AFG, aaO, § 118 RdNr. 26). Es kommen deshalb nur Bezüge in Betracht, die bei Erreichen einer bestimmten Altersgrenze gewährt werden, als Lohnersatz gedacht und nach ihrer Gesamtkonzeption so bemessen sind, daß sie im allgemeinen den Lebensunterhalt sicherstellen (BSGE 43, 26, 30 f = SozR 4100 § 118 Nr. 3; BSG SozR 4100 § 118 Nr. 12; SozR 3-4100 § 118 Nr. 2 mwN). Dahinter steht die Erwägung, daß eine Erwerbstätigkeit aufgrund der gewährten Versorgung in der Regel nicht mehr nötig ist oder den Umständen nach im allgemeinen nicht mehr erstrebt wird (BSG SozR 3-4100 § 118 Nr. 2 mwN).
Die dem Kläger gezahlte italienische Rente weist diese typischen Merkmale auf. Sie stellt zunächst auf das Lebensalter, nämlich das 60. Lebensjahr, ab (vgl.: Simons, aaO, S 282; Weber/Leienbach, aaO, S 103; Vergleichende Darstellung der Systeme der sozialen Sicherheit in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften, aaO. S 69; BSG, Urteil vom 3. November 1976 – 7 RAr 115/75). Ihr Lohnersatzcharakter ergibt sich aus der ihr innewohnenden allgemeinen Zielsetzung iVm der Art ihrer Berechnung. Wie bei deutschen Altersrenten (vgl. Heinze, DAngVers 1980, 341) kann bei Bezug der italienischen Altersrente iS einer typisierenden Betrachtung ein Ausscheiden aus dem Erwerbsleben unterstellt werden, da sie den Eintritt des letztmöglichen Versicherungsfalls voraussetzt, für den Rente gewährt wird (BSG, Urteil vom 3. November 1976 – 7 RAr 115/75), wenn man von der sozialen Altersrente für Personen im Alter über 65 Jahre ohne zurechenbares eigenes Einkommen absieht (vgl. hierzu: Simons, aaO, S 279 ff, Vergleichende Darstellung der Systeme der sozialen Sicherheit in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften, aaO, S 71). Die soziale Altersrente hat allerdings subsidiären Charakter gegenüber anderen Sozialleistungen sowie anderem Einkommen und Vermögen des Berechtigten; sie stellt deshalb eine bedarfsorientierte Hilfe dar. Beleg für eine Charakterisierung der italienischen Altersrente als Lohnersatzleistung ist zudem die gesetzlich vorgesehene hälftige Kürzung der Rente bis zur Höhe des Erwerbseinkommens bei fortbestehender Arbeitstätigkeit, soweit der Mindestrentenbetrag überschritten ist (vgl.: Simons, aaO, S 284; Vergleichende Darstellung der Systeme der sozialen Sicherheit in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften, aaO, S 75). Die italienische Altersrente greift außerdem auf die Arbeitsverdienste des Versicherten im Verlaufe seines Versicherungslebens zurück und setzt voraus, daß der Versicherte über eine Mindestwartezeit von 15 Jahren verfügt (vgl. zu dieser Voraussetzung: Simons, aaO, S 282; Weber/Leienbach, aaO, S 103; Vergleichende Darstellung der Systeme der sozialen Sicherheit in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften, aaO, S 69). Während des Erwerbslebens wird demnach Vorsorge für das Alter mit dem damit im allgemeinen verbundenen Verlust an Entgelt aus aktueller Arbeit getroffen.
Konzeptionell ist der italienischen Altersrente bei dieser normativen Struktur die Funktion der Sicherstellung des Lebensunterhalts immanent. Dies verdeutlichen vornehmlich die Grundsätze über ihre Leistungsberechnung mit einem Entgelt- und Zeitfaktor (vgl. hierzu: Simons, aaO, S 283; Vergleichende Darstellung der Systeme der sozialen Sicherheit in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften, aaO, S 71) und das Institut der Mindestrente, die im Betrag höher liegt als die bedürftigkeitsabhängige soziale Altersrente (vgl.: Simons, aaO, S 283 f; Vergleichende Darstellung der Systeme der sozialen Sicherheit in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften, aaO, S 71). Ob die Leistung individuell den Lebensunterhalt (tatsächlich) sicherstellt, ist für die Ruhensregelung ohne Belang (BSGE 41, 177, 183 f = SozR § 118 Nr. 2; BSGE 43, 26, 34 = SozR 4100 § 118 Nr. 3; BSG SozR 4100 § 118 Nr. 12; BSG, Urteil vom 3. November 1976 – 7 RAr 115/75; GK-AFG, aaO, § 118 Nr. 34). Wenngleich die Zahlung von Beiträgen durch den Versicherten keine essentielle Voraussetzung für die Annahme einer Ähnlichkeit iS des § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AFG ist, so bekräftigt doch der Umstand, daß das italienische Recht wie das deutsche Beitragsleistungen durch den Versicherten kennt, die gewonnene Erkenntnis.
Mit der Entscheidung, daß § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AFG zu einem vollständigen Ruhen des Alhi-Anspruchs selbst bei Bezug einer niedrigeren Altersrente führt, weicht der Senat nicht von der vom Kläger angeführten Entscheidung des 1. Senats (BSGE 44, 226 ff = SozR 2200 § 1241 Nr. 5) ab. Darin ist ausdrücklich unentschieden geblieben, ob die für das Zusammentreffen von Krankengeld und Übergangsgeld (Übg) nach damaligem Recht (§ 183 Abs. 6 RVO, der seinerseits in der Folgezeit geändert wurde) entschiedene Rechtsfolge des Ruhens nur bis zur Höhe des hinzutretenden Anspruchs – dort auf Übg – auch für § 118 Abs. 1 Nr. 4 AFG gelten solle. Darüber hinaus ist zeitlich nach dieser Entscheidung § 118 Abs. 1 AFG vom Gesetzgeber mit dem 21. RAG durch die Einfügung des Satzes 3 geändert worden. Danach ruht nur in den in Satz 3 genannten Fällen der Alg-Anspruch teilweise, was indes wegen § 134 Abs. 4 Satz 3 AFG nicht für den Alhi-Anspruch gilt. Über diesen normativen Rahmen hinaus darf eine Auslegung nicht erfolgen.
Die Regelung des § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AFG iVm § 134 Abs. 4 Sätze 1 und 3 AFG ist nicht verfassungswidrig.
Sie verstößt nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG; der Alhi-Anspruch unterliegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht der Eigentumsgarantie, da es sich nicht um eine aus Beitrags-, sondern gemäß § 188 AFG aus Steuermitteln finanzierte Leistung handelt (BSGE 59, 227, 233 mwN = SozR 4100 § 134 Nr. 29; BSG SozR 3-4100 § 138 Nr. 7). Im Gegensatz zum Alg-Anspruch (vgl. BVerfGE 72, 9, 18 ff = SozR 4100 § 104 Nr. 13) geht der Alhi-Anspruch nämlich von seiner Konzeption her nicht auf eigene Leistung zurück (vgl. zu dieser Voraussetzung BVerfGE 45, 142, 170).
Aus dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) kann der Kläger keine subjektiven Rechte ableiten (vgl.: BVerfGE 27, 253, 283; 82, 60, 80). Es gewährt alleine keinen Anspruch auf eine bestimmte soziale Regelung (BSGE 55, 115, 120 = SozR 1500 § 162 Nr. 17); durch Zahlung von Sozialhilfe wird dem Sozialstaatsprinzip genügt. Der Vertrauensgrundsatz als Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips (BVerfGE 63, 343, 356 f; 67, 1, 14) ist vorliegend nicht tangiert. Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, worauf der Kläger vertraut hat oder vertrauen durfte; es gab für ihn zu keinem Zeitpunkt eine gegenüber den maßgeblichen Normen günstigere Regelung.
Schließlich kann sich der Kläger nicht auf Art. 3 Abs. 1 GG (Gleichheitsgrundsatz) berufen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ist dieser Grundsatz verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht nicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BVerfGE 55, 72, 88; 71, 146, 154 f; 75, 382, 393). Der Kläger sieht eine Ungleichbehandlung darin, daß er gegenüber Alg-Empfängern wegen der Nichtanwendung des § 118 Abs. 1 Satz 3 AFG benachteiligt sei. Da der Bezug italienischer Altersrente nur in beschränktem Umfang mit einem aus einer fortdauernden Arbeitstätigkeit bezogenen Erwerbseinkommen vereinbar ist (vgl. hierzu: Simons, aaO, S 284; Vergleichende Darstellung der Systeme der sozialen Sicherheit in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften, aaO, S 75), ist bereits äußerst zweifelhaft, ob nicht auch ein Alg-Anspruch des Klägers in vollem Umfang ruhen würde, so daß der Kläger keine Ungleichbehandlung erfahren würde.
Unabhängig davon liegen rechtfertigende Gründe vor, die Ruhensregelung beim Alg-Anspruch anders zu gestalten als beim Alhi-Anspruch. Zwar ist § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AFG wegen der Nichtanwendbarkeit von § 118 Abs. 1 Satz 3 AFG für die Alhi (§ 134 Abs. 4 Satz 3 AFG) nur dann von Bedeutung, wenn die andere Leistung niedriger ist als die an sich zu gewährende Alhi, weil diese ihrerseits bereits Bedürftigkeit voraussetzt (vgl. Gagel, aaO, § 134 RdNr. 205); eine Systemwidrigkeit der Regelung für den Alhi-Anspruch ist gleichwohl nicht anzunehmen, weil es dem Gesetzgeber unbenommen ist, iS einer typisierenden Betrachtung Ruhensregelungen zu normieren, die die Prüfung der Bedürftigkeit schon vom Ansatz her überflüssig machen.
Systemgerechtigkeit böte nach der Rechtsprechung des BVerfG ohnedies keinen eigenen Maßstab bei der Beurteilung des Gleichheitsgrundsatzes, sondern stellte allenfalls ein Indiz für einen Verstoß dar (BVerfGE 34, 103, 115; 66, 214, 224; 67, 70, 84 f; 76, 130, 139 f; 81, 156, 207); bei plausiblen Gründen für die Regelung scheidet eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG aus (BVerfGE 81, 156, 207). Plausible Gründe in diesem Sinne hat der Gesetzgeber bei Einfügung des Satzes 3 in § 118 Abs. 1 AFG mit dem 21. RAG genannt (BT-Drucks 8/1734 S 37 zu § 7 Nr. 3). Die unterschiedliche Behandlung von Alg und Alhi rechtfertigt sich danach im Hinblick auf das Versicherungsprinzip, dem das Alg unterliegt, während die Alhi als nachrangige Sozialleistung mit besonderen Vorschriften über die Bedürftigkeitsprüfung nach der in den Motiven wiedergegebenen Ansicht des Gesetzgebers diesem Prinzip – trotz gewisser versicherungsrechtlicher Anknüpfungspunkte (Gagel, aaO, Vor § 134 RdNrn 6 ff) – nicht mehr folgt.
Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, daß die subsidiäre Leistung der Alhi bei einer Leistung, die von ihrer Konzeption her bereits den Lebensunterhalt sicherstellen soll, nicht gewährt werden soll. Da die Alhi selbst den Lebensunterhalt nicht in jedem Einzelfall tatsächlich sicherstellt, müßten unter Umständen zwei von Bedürftigkeit abhängige Leistungen nebeneinander zusätzlich zur Rente gewährt werden, Alhi und Sozialhilfe. Unterstellt aber der Gesetzgeber, daß Bezieher von Altersrenten bereits aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind (vgl. BT-Drucks V/2291 S 57), so ist es nicht willkürlich, den Alg-Empfänger zu begünstigen, wenn die in § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AFG genannten Leistungen während einer Beschäftigung und (kumulativ) ohne Rücksicht auf die Höhe des Arbeitsentgeltes gewährt werden. Er bezieht von der Idee her eine regelmäßig „mit Beiträgen erkaufte” Leistung (Alg), die an die Stelle einer ansonsten möglichen rentenunschädlichen beruflichen Tätigkeit tritt. Bei der mehr vom Fürsorgegedanken bestimmten Alhi bedarf es dann nicht zwingend der gleichen Regelung. Da wegen des Alters des arbeitslosen Rentenbeziehers nur selten mit einer Vermittlung in Arbeit zu rechnen sein dürfte, ist es nicht sachwidrig, bei ohnehin erforderlicher Bedürftigkeitsprüfung eine im Einzelfall zu niedrige Leistung iS des § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AFG nur durch Sozialhilfe aufzustocken. Ob der Gesetzgeber mit der vorliegenden Regelung die beste denkbare Lösung gefunden hat, unterliegt nicht der Prüfung durch die Gerichte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen