Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensausgleich für Witwen als Härteausgleich?. Rundschreiben des BMA vom 1965-08-05 = BVBL 1965, 117. Härteausgleich bei Nichterteilung eines Bescheides in angemessener Frist?

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die in BVG § 40a Abs 1 aF getroffene Regelung ist vom Gesetzgeber bewußt gewollt, er hat nicht übersehen, daß einer Witwe, deren Einkommen höher ist, kein Schadensausgleich mehr zusteht. Der Umstand, daß der Bescheid bei der Erstfeststellung - im Einklang mit dem Gesetz - eine geringere Nachzahlung und - im Rahmen der Gesamtregelung - keine erhöhten laufenden Leistungen von einem bestimmten Zeitpunkt an mehr vorsieht, wie dies von der Witwe erwartet worden ist, stellt keine besondere Härte iS des BVG § 89 dar.

2. Der BMA entsprach der ihm in BVG § 89 erteilten Ermächtigung, wenn er anordnete, daß in Härtefällen wenigstens der soziale Besitzstand des Versorgungsberechtigten gewahrt bleiben und diesem nicht die Hinnahme einer Kürzung des seitherigen Gesamteinkommens zugemutet sowie die Rückzahlung bereits gewährter Leistungen aufgebürdet werden sollte.

3. Eine im Einzelfall eingetretene Verzögerung rechtfertigt noch nicht die Gewährung eines Härteausgleichs.

 

Normenkette

BVG § 40a Abs. 1 Fassung: 1964-03-21, § 89 Abs. 1 Fassung: 1964-02-21

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein Westfalen vom 30. Januar 1969 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Klägerin, die Witwenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) bezieht, beantragte im Dezember 1964 die Gewährung von Schadensausgleich nach § 40 a BVG. Mit Bescheid vom 31. Mai 1966 wurde ihr Schadensausgleich vom 1. Oktober 1964 bis 31. Mai 1965 in Höhe von 27,- DM und vom 1. Juni 1965 bis 31. Mai 1966 in Höhe von 26,- DM monatlich bewilligt; vom 1. Juni 1966 an erhielt sie Bezüge "wie bisher unverändert", d. h. es wurde kein Schadensausgleich mehr gewährt, weil infolge der nach dem 8. Rentenanpassungsgesetz (RAG) eingetretenen Erhöhung der Sozialversicherungsrente von 198,70 DM auf 215,20 DM der Unterschiedsbetrag von 50,- DM des § 40 a Abs. 1 Satz 1 BVG nicht mehr erreicht wurde. Mit ihrem Widerspruch begehrte die Klägerin, ihr vom 1. Juni 1966 an Schadensausgleich im Wege des Härteausgleichs nach dem Erlaß des Arbeits- und Sozialministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 21. September 1965 - II B 2 - 4280 - (13/65) - zu gewähren. Der Widerspruch wurde zurückgewiesen. Im Klageverfahren hat die Klägerin geltend gemacht, daß die Anwendung des § 40 a BVG für die Zeit vom 1. Juni 1966 bis 30. September 1966 (vom 1. Oktober 1966 an war durch Bescheid vom 24. Januar 1967 wieder Schadensausgleich bewilligt worden) eine besondere Härte im Sinne des § 89 Abs. 1 BVG bedeute, weil sich ihr Gesamteinkommen trotz der Erhöhung der Sozialrente vom 1. Juni 1966 an von 345,70 DM auf 335,20 DM gemindert habe. Das Sozialgericht (SG) hat den Beklagten mit Urteil vom 6. Dezember 1967 unter Abänderung des Bescheides vom 31. Mai 1966 verurteilt, der Klägerin einen neuen Bescheid zu erteilen, mit dem ihr im Wege des Härteausgleichs für die Zeit vom 1. Juni 1966 bis 30. September 1966 eine Versorgung in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den Gesamteinkünften vor und nach der den Wegfall des Schadensausgleichs bedingenden Einkommenserhöhung gewährt werde. Auf die zugelassene Berufung des Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) nach Beiladung der Bundesrepublik Deutschland mit Urteil vom 30. Januar 1969 unter Abänderung des SG-Urteils die Klage abgewiesen. Bei der Versorgung im Wege des Härteausgleichs nach § 89 Abs. 1 BVG idF des Zweiten Neuordnungsgesetzes (2. NOG) vom 21. Februar 1964 (BGBl I 85 - aF -) handele es sich um eine Ermessensleistung, auf die ein Rechtsanspruch nicht bestehe. Die Ausübung des der Versorgungsverwaltung hiernach eingeräumten Ermessens sei daher gemäß § 54 Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) seitens des Gerichts nur daraufhin zu prüfen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten worden seien oder ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden sei. Die Ablehnung des Härteausgleichs sei nicht rechtswidrig, wenn mangels Vorliegens einer besonderen Härte von der Verwaltung eine Ermessensentscheidung überhaupt nicht habe getroffen werden dürfen. Dies sei aber bei der erstmaligen Feststellung des Schadensausgleichs durch den Bescheid vom 31. Mai 1966 der Fall. Die Versorgungsverwaltung sei hierbei verpflichtet gewesen, den Unterschieds- bzw. Einkommensgrenzbetrag von 50,- DM für den gesamten von der Antragstellung bzw. vom 1. Januar 1964 bis Juni 1966 bescheidmäßig erfaßten Zeitraum auch dann zu berücksichtigen, wenn die Beachtung dieses Grenzbetrages zur Versagung des Schadensausgleichs für einzelne Zeit abschnitte und damit zu einer Minderung der Nachzahlung und zu einer Ablehnung laufenden Schadensausgleichs (bis zu einer Neufeststellung) führe. Bei rechtmäßiger Anwendung des § 40 a BVG habe der Beklagte wegen des fehlenden Unterschiedsbetrages von mindestens 50,- DM zeitweise den Schadensausgleich versagen müssen. Die darin liegende Härte beruhe auf der Vorschrift des § 40 a BVG und könne nicht als vom Gesetzgeber unbeabsichtigt angesehen werden. Eine Versagung des Schadensausgleichs werde für die Witwe, auch wenn ihr Einkommensverlust unter dem Grenzbetrag von 50,- DM liege, meist eine Härte bedeuten, ohne daß es sich hierbei generell um Fälle besonderer, d. h. unbilliger Härte handeln müsse. Grundsätzlich seien aber keine Leistungen im Wege des Härteausgleichs zu gewähren, die über die Höhe der im BVG vorgesehenen Leistungen hinausgingen. Jedenfalls gelte dies, wenn sich die Witwe auf die Höhe eines sich nach erstmaliger Bewilligung des Schadensausgleichs ergebenden monatlichen Einkommens in ihrer Lebenshaltung noch nicht eingerichtet habe. Zu einer anderen Beurteilung könnten die Erlasse des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (BMA) vom 5. August 1965 (BVBl S. 117 Nr. 78) und des Arbeits- und Sozialministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 21. September 1965 (Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen vom 5. Oktober 1965 - Glied.-Nr. 8300 -) nicht führen, da die mit ihnen erteilte Zustimmung gemäß § 89 Abs. 1 BVG sich ausschließlich auf bereits bewilligte und laufende Schadensausgleichsleistungen beziehe und daher nur für eine bescheidmäßige Neufeststellung dieser Leistung in Betracht komme. Die besondere Härte ergebe sich unter den in den Erlassen angeführten Voraussetzungen daraus, daß der Leistungsberechtigte auf Grund einer Erhöhung des Bruttoeinkommens und als Folge der Unterschreitung des Grenzbetrages eine Minderung seines laufenden Gesamteinkommens erleide. Sie berühre den in den laufenden Einkünften des Versorgungsberechtigten begründeten sozialen Besitzstand und treffe Versorgungsberechtigte, die als Folge einer Erhöhung ihrer übrigen Einkünfte allenfalls mit einer entsprechenden Kürzung ihrer einkommensabhängigen Versorgungsleistungen hätten rechnen dürfen, besonders hart. Die Gefährdung oder Minderung dieses Besitzstandes widerspreche sowohl der besonderen rechtspolitischen Funktion des Grenzbetrages als auch allgemein dem sozialen Charakter des Bundesversorgungsgesetzes. Eine besondere Härte sei jedoch nicht gegeben, wenn die Versagung des Schadensausgleichs, wie dies bei der Klägerin der Fall sei, ausschließlich zu einer Minderung der einmaligen Nachzahlung und einer im Rahmen der Erstfeststellung zwingenden Versagung der Schadensausgleichsleistungen ab 1. Juni 1966 geführt habe. Der Neufeststellungsbescheid vom 24. Januar 1967 habe die ab 1. Oktober 1966 eingetretene Erhöhung des Durchschnittseinkommens berücksichtigt, so daß nunmehr die Gewährung eines Härteausgleichs schon aus diesem Grunde nicht mehr in Betracht gekommen sei. Es liege auch kein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Versorgungsberechtigten darin, daß die Versorgungsverwaltung, wenn sie den Schadensausgleich bereits vor der Erhöhung der Sozialrente erstmals festgestellt hätte, danach einen Neufeststellungsbescheid hätte erteilen müssen und es dann zu einer der Klägerin günstigeren Regelung des Schadensausgleichs gekommen wäre. Denn der Zeitpunkt der Erstfeststellung eines Schadensausgleichs hänge wie bei anderen Versorgungsleistungen von der Antragstellung wie auch von der Bearbeitungsdauer und damit von Umständen ab, die in der Regel weder von dem Leistungsberechtigten noch von der Versorgungsverwaltung zu vertreten seien. Einer willkürlichen Handhabung der Schadensausgleichsfälle könne der Versorgungsberechtigte, falls sie durch Untätigkeit der Verwaltung herbeigeführt sein sollte, mit der in § 88 SGG vorgesehenen Klage begegnen.

Mit der zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung der §§ 40 a, 89 Abs. 1 BVG sowie des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Versorgungsberechtigten. In dem Umstand, daß die der Verbesserung der Einkommensverhältnisse dienende Erhöhung der Sozialversicherungsrente nach dem 8. RAG bei ihr im Ergebnis zu einer Minderung ihres Gesamteinkommens in Höhe von 10,50 DM geführt habe, sei eine besondere Härte im Sinne des § 89 Abs. 1 BVG zu erblicken. Denn es könne nicht im Willen des Gesetzgebers gelegen haben, daß eine Kriegerwitwe dadurch finanziell geschädigt werde, daß ihr wegen einer Erhöhung der Sozialrente gleichzeitig der Schadensausgleich mit der Folge versagt werde, daß sie nunmehr im Ergebnis weniger erhalte als zuvor. Auch die hier einschlägigen Erlasse des BMA vom 5. August 1965 und des Arbeits- und Sozialministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 21. September 1965, die den Begriff der besonderen Härte weder einschränken noch ausdehnen und eine Bindung der Gerichte nicht herbeiführen könnten, rechtfertigten keine Beschränkung der Härteausgleichsleistung auf den Fall der Neufeststellung des Anspruchs auf Schadensausgleich gemäß § 62 BVG. Der vorliegende Fall beweise eindeutig, daß eine besondere Härte nicht nur bei einer Neufeststellung des Schadensausgleichs, sondern auch bei seiner Erstbewilligung eintreten könne. Dem stehe auch nicht entgegen, daß sich die Klägerin wegen der Erstbewilligung des Schadensausgleichs in ihrer Lebenshaltung bis zum 31. Mai 1966 noch nicht auf die höheren Gesamteinkünfte von monatlich 345,70 DM eingerichtet habe; denn eine derartige Auslegung würde die Gewährung der Versorgung im Wege des Härteausgleichs von dem zufälligen Zeitpunkt der Beantragung des Schadensausgleichs oder der Bearbeitung des Antrags durch den Beklagten abhängig machen und damit unzulässige und unberechtigte Manipulationen bei der Bearbeitung von Schadensausgleichsanträgen ermöglichen. Das SG habe in den Entscheidungsgründen seines Urteils bereits zutreffend darauf hingewiesen, daß diese Bedenken gerade auf den Fall der Klägerin zuträfen, über deren Schadensausgleichsantrag vom 9. Dezember 1964 erst mit Bescheid vom 31. Mai 1966, also etwa 1 1/2 Jahre später, entschieden worden sei. Wäre der Bescheid eher erteilt worden und demgemäß zum 1. Juni 1966 eine Neufeststellung des Schadensausgleichs erforderlich geworden, dann hätte auch nach der Ansicht des Beklagten ein Härtefall vorgelegen, weil dann in dem Neufeststellungsbescheid die Erhöhung der Sozialrente durch das 8. RAG ab 1. Juni 1966 hätte mitberücksichtigt werden müssen. In dieser unterschiedlichen Behandlung habe das SG zutreffend einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Versorgungsberechtigten erblickt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30. Januar 1969 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 6. Dezember 1967 zurückzuweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Die Beigeladene hält die Revision für unbegründet. Beide halten das LSG Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.

Die durch Zulassung statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164, 166 SGG); sachlich konnte sie jedoch keinen Erfolg haben.

Streitig ist nur, ob der Klägerin für die Zeit vom 1. Juni 1966 bis 30. September 1966 der Unterschiedsbetrag zwischen den Gesamteinkünften vor und nach der den Wegfall des Schadensausgleichs begründenden Erhöhung der Sozialversicherungsrente von 198,70 DM auf 215,20 DM (345,70 DM - 335,20 DM = 10,50 DM monatlich) als Härteausgleich nach § 89 Abs. 1 BVG zu gewähren ist. Dies war zu verneinen.

Nach § 89 Abs. 1 BVG in der hier maßgebenden Fassung des 2. NOG - aF - kann mit Zustimmung des BMA ein Ausgleich gewährt werden, sofern sich in einzelnen Fällen aus den Vorschriften dieses Gesetzes besondere Härten ergeben. Bei den "besonderen Härten" im Sinne dieser Vorschrift handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der aus dem Gesetz selbst auszulegen und der gerichtlichen Nachprüfung zugänglich ist (BSG, Urteil vom 18. Dezember 1963 - 7 RV 1302/61 - in Breithaupt 1964 S. 327). Der Härteausgleich des § 89 Abs. 1 BVG ist, wie der erkennende Senat im Urteil vom 25. Juli 1967 - 9 RV 310/66 - (vgl. SozR Nr. 1 zu § 89 BVG) ausgesprochen hat, ein Rechtsinstitut, das aus früheren Versorgungsgesetzen übernommen wurde (vgl. zB § 113 des Reichsversorgungsgesetzes idF der Bekanntmachung vom 22. Dezember 1927 - RGBl I, 515; § 19 des Kriegspersonenschädengesetzes idF vom 22. Dezember 1927 - RGBl I, 533, 515; § 104 des Wehrmachtsversorgungsgesetzes idF vom 19. September 1925 - RGBl I, 349; § 196 Abs. 1 des Wehrmachtsfürsorge- und -versorgungsgesetzes vom 26. August 1938 - RGBl I, 1077). In der Begründung zum Entwurf des BVG wurde auf die schon in früheren Versorgungsgesetzen vorgesehene Möglichkeit der Gewährung eines Härteausgleichs hingewiesen und ausgeführt, auch in diesem Gesetz sei eine entsprechende Vorschrift dringend notwendig (Deutscher Bundestag, 1. Wahlperiode, Drucks. Nr. 1333 S. 36, 71 zu § 88 des Entwurfs - § 89 des Gesetzes -). Das Bedürfnis zu einem Härteausgleich gerade auf dem Gebiete des Versorgungsrechts ergibt sich aus der Erfahrung, daß der Gesetzgeber kaum in der Lage ist, alle möglichen Einzelfälle oder Gruppen von Einzelfällen in ihrer Vielgestaltigkeit zu übersehen und sie durch ausreichend differenzierte Normen einer angemessenen und gerechten gesetzlichen Regelung zuzuführen. Da er die Besonderheit der Einzelfälle nicht ausreichend überschauen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1962 - BVerwG V G 138.62 in Samuel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des BVerwG 409.2, § 40 des Abgeltungsgesetzes Nr. 3) oder auch unabhängig hiervon eine Normierung im Gesetz für untunlich hält, geht er von der Unvollständigkeit der gesetzlichen Regelungen aus. Die Vielgestaltigkeit der möglichen Tatbestände kann somit zu einem Mißverhältnis zwischen der Anwendung des Gesetzes und dem Maß an Gerechtigkeit führen, das der Gesetzgeber verwirklicht sehen will. Die Anwendung des § 89 BVG ist allerdings auf die Beseitigung von Härten in einzelnen Fällen oder Gruppen von Einzelfällen beschränkt, in denen die Anwendung des Gesetzes eine besondere , d. h. unbillige, dem Sinn der Versorgung widersprechende Härte ergibt (ähnlich Wilke, Komm. zum BVG, 2. Aufl., § 89 Anm. I). Damit ist der Anwendungsbereich der Vorschrift trotz der im übrigen allgemeinen Fassung begrenzt (vgl. auch BVerwG vom 12. Dezember 1962 aaO). Darüber hinaus ist die Gewährung von Härteausgleich in das Ermessen der Versorgungsbehörde gestellt; damit ist ihr ein Ermessensspielraum eingeräumt, innerhalb dessen es ihr überlassen ist, den Erfordernissen des Einzelfalles im Sinne der ihr übertragenen Ermächtigung und unter Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes des Art. 3 des Grundgesetzes (GG) Rechnung zu tragen (vgl. auch Wilke, Komm. zum BVG, 3. Aufl., Erl. zu § 9 BVG S. 115). Dieses Ermessen kann von den Gerichten nur daraufhin überprüft werden, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG und BSG 2, 148). Die Gerichte sind daher nicht befugt, der Verwaltung die ihr übertragene Regelungsinitiative dadurch zu nehmen, daß sie - unter der Voraussetzung, daß der Rechtsbegriff der besonderen Härte erfüllt ist - anstelle der Verwaltung nach eigenem Ermessen einen Härteausgleich als sachgemäß ansehen und allein schon deswegen die Versagung eines Härteausgleichs durch die Versorgungsbehörde als ermessensfehlerhaft bezeichnen (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 25. Juli 1967). Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so erweist sich das Begehren der Klägerin als unbegründet.

Der Gesetzgeber hat die Gewährung eines Schadensausgleichs in § 40 Abs. 1 BVG idF des 2. NOG - aF - davon abhängig gemacht, daß das Einkommen der Witwe "um mindestens 50 Deutsche Mark geringer ist" als die Hälfte des ohne die Schädigung wahrscheinlich erzielten Einkommens des Ehemannes. Ist diese Voraussetzung erfüllt, so erhält die Witwe einen Schadensausgleich in Höhe von vier Zehnteln des festgestellten Unterschiedsbetrags, höchstens 200,- DM monatlich. Beträgt das wahrscheinliche Einkommen des Ehemannes z. B. 700,- DM, so erhält die Witwe hiernach nur dann einen Schadensausgleich, wenn ihre Einkünfte nicht höher als 300,- DM sind, und zwar in diesem Falle 20,- DM monatlich. Beträgt ihr Einkommen 301,- DM, so erhält sie nichts; ihr Gesamteinkommen ist somit in diesem Falle um 19,- DM geringer. Ein solches in Grenzfällen mögliches Ergebnis mag unbillig oder hart erscheinen, es ist aber die notwendige Folge der vom Gesetzgeber in § 40 a BVG aF getroffenen Regelung; dieser hat es nicht für notwendig gehalten, für Witwen, die über ein Einkommen verfügen, das annähernd der Hälfte des wahrscheinlichen Einkommens des Ehemannes entspricht, einen Schadensausgleich nach § 40 a BVG vorzusehen. Nur in den Fällen, in denen die Einkünfte der Witwe erheblich unter dieser Hälfte liegen (mindestens 50,- DM weniger), sollte nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung ein Schadensausgleich zustehen. Eine ähnliche Regelung ist in § 30 Abs. 3 BVG aF für den Berufsschadensausgleich des Schwerbeschädigten getroffen worden, wo bestimmt ist, daß der Einkommensverlust mindestens 75,- DM betragen muß. Beide Vorschriften sind durch das 3. NOG zum BVG vom 28. Dezember 1966 (BGBl I 750) dahin geändert worden, daß die Mindestbeträge von 50,- DM bzw. 75,- DM (ab 1.1.1967) entfallen, weshalb von diesem Zeitpunkt an Härtefälle der vorliegenden Art vermieden werden. Der Senat hatte nicht zu prüfen, ob die in § 40 a BVG aF vom Gesetzgeber getroffene Regelung vom Standpunkt eines Beteiligten aus die "gerechteste" denkbare Lösung darstellt; denn das gehört nicht zu den Aufgaben des Gerichts (vgl. BVerfG, Bd. 2, 280; 2, 135; 4, 18 ff). Bemerkt sei jedoch, daß das BVG auch sonst, so z. B. im Falle des § 30 Abs. 2 BVG, nicht jedes schädigungsbedingte Mindereinkommen durch eine Erhöhung der Versorgungsleistungen ausgleicht. Denn auch eine Erhöhung der Minderung der Erwerbsfähigkeit wegen besonderer beruflicher Betroffenheit kommt grundsätzlich nur bei Vorliegen erheblicher wirtschaftlicher Nachteile in Betracht (vgl. BSG 12, 212; 15, 226). Durch § 30 Abs. 2 BVG sollen nicht alle Nachteile ausgeglichen werden, die der Versorgungsberechtigte in seinem Beruf erleidet, sondern nur die über die Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben hinausgehenden "besonderen Nachteile". Hiernach wird ein schädigungsbedingter Minderverdienst in Höhe von etwa 50,- DM oft nicht ausreichen, um eine besondere berufliche Betroffenheit im Sinne des § 30 Abs. 2 BVG zu begründen (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 24. November 1965 - 9 RV 610/64 -, in dem ein Minderverdienst von 100,- DM nicht als erheblicher wirtschaftlicher Schaden im Sinne des § 30 Abs. 2 BVG angesehen worden ist; der 10. Senat des Bundessozialgerichts hat im Urteil vom 19. Februar 1969 - 10 RV 561/66 - diese Voraussetzung sogar bei einem Minderverdienst von 207,- DM noch verneint). Auch solche Versorgungsberechtigte könnten sich gegenüber anderen Beschädigten, die in ihrem Beruf keinen Minderverdienst hinnehmen müssen, benachteiligt fühlen. Derartige Verschiedenheiten beruhen auf der Notwendigkeit, die MdE grundsätzlich nach einheitlichen Maßstäben festzusetzen. Ebenso wie in einem solchen Fall die Anwendung des § 89 Abs. 1 BVG nicht in Betracht kommt, ist auch im Falle der Klägerin die Gewährung eines Härteausgleichs nicht geboten. Denn die in § 40 a Abs. 1 BVG aF getroffene Regelung, daß ein Schadensausgleich nur zu gewähren ist, wenn das Einkommen der Witwe um mindestens 50,- DM geringer ist als die Hälfte des ohne die Schädigung wahrscheinlich erzielten Einkommens des Ehemannes, ist vom Gesetzgeber bewußt gewollt, er kann also dabei nicht übersehen haben, daß einer Witwe, deren Einkommen höher ist, kein Schadensausgleich mehr zusteht. Witwen, die erstmals die Gewährung von Schadensausgleich beantragt haben, konnten aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlauts nicht damit rechnen, daß ohne Vorliegen eines solchen Mindereinkommens ein Schadensausgleich gewährt werde; bei schwankendem Einkommen ließ sich ein Anspruch auf Schadensausgleich nur für die Monate begründen, in denen ein derartiges Mindereinkommen festzustellen war. Es ist zwar möglich, daß sich die Witwe über die genaue Berechnung des Schadensausgleichs keine Vorstellung gemacht hat. Der Umstand, daß der Bescheid bei der Erstfeststellung - im Einklang mit dem Gesetz - eine geringere Nachzahlung und - im Rahmen der Gesamtregelung - keine erhöhten laufenden Leistungen von einem bestimmten Zeitpunkt an mehr vorsieht, wie dies von der Witwe etwa erwartet worden ist, stellt aber keine besondere Härte im Sinne des § 89 BVG dar. Unter diesen Umständen kann es, da die gesetzlichen Voraussetzungen einer Ermessensregelung fehlen, auch nicht als rechtswidrig angesehen werden, wenn der Beklagte in dem hier streitigen Fall einer Erstfeststellung des Schadensausgleichs, in dem die in § 40 a Abs. 1 BVG aF getroffene Regelung nur zu einer Minderung der einmaligen Nachzahlung und - vorübergehender - Versagung künftiger Schadensausgleichs-Leistungen geführt hat, die Voraussetzung einer " besonderen " Härte im Sinne des § 89 Abs. 1 BVG nicht als gegeben angesehen hat, zumal die Klägerin mit dem angefochtenen Bescheid vom 31. Mai 1966 ab 1. Juni 1966 nicht weniger als anderweitig festgesetzt, sondern Bezüge "wie bisher" erhalten hat.

Der Beklagte und die Beigeladene mußten sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung mit Rücksicht auf den Erlaß des Arbeits- und Sozialministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 21. September 1965 II B 2 - 4280 (13/65) (in Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen, Ausgabe A, vom 5. Oktober 1965 - Glied. Nr. 8300, S. 1338/39) und auf das im wesentlichen gleichlautende Rundschreiben des BMA vom 5. August 1965 (BVBl 1965 S. 117 Nr. 78) zur Gewährung eines Härteausgleichs an die Klägerin veranlaßt sehen. Denn hiernach ist nur "bei einer Neufeststellung des Anspruchs auf Berufsschadensausgleich oder auf Schadensausgleich wegen Einkommenserhöhung" eine besondere Härte im Sinne des § 89 BVG angenommen worden, sofern der Wegfall der Leistung nach § 30 Abs. 3 BVG oder nach § 40 a Abs. 1 BVG im Einzelfall zu einer Minderung des Gesamteinkommens trotz Erhöhung des sonstigen Einkommens (etwa der Sozialversicherungsrente) führt. Wenn hier einer Versorgung nach § 89 Abs. 2 BVG im Wege des Härteausgleichs in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den Gesamteinkünften vor und nach der den Wegfall des Schadensausgleichs bedingenden Einkommenserhöhung allgemein zugestimmt worden ist, so war dies aus der Erwägung gerechtfertigt, daß diejenigen Versorgungsberechtigten, die bereits einen Schadensausgleich erhalten und sich demgemäß in ihrer Lebenshaltung auf die laufenden Versorgungsbezüge eingerichtet haben, besonders hart betroffen werden, wenn die Bezüge aus Anlaß der Erhöhung des sonstigen Einkommens - in der Regel sogar nachträglich - so stark gekürzt werden, daß das Einkommen insgesamt niedriger sein würde als zuvor. Der BMA konnte der Auffassung sein, daß die Anwendung des Gesetzes in diesen Fällen in einem Mißverhältnis zu dem Maß an Gerechtigkeit stehe, das der Gesetzgeber verwirklicht sehen wollte. Er entsprach daher der ihm in § 89 BVG erteilten Ermächtigung, wenn er anordnete, daß in solchen Härtefällen wenigstens der soziale Besitzstand des Versorgungsberechtigten gewahrt bleiben und diesem nicht die Hinnahme einer Kürzung des seitherigen Gesamteinkommens zugemutet sowie die Rückzahlung bereits gewährter Leistungen aufgebürdet werden sollte. Nur in diesen Fällen hat der BMA eine besondere, d. h. unbillige, dem Sinn der Versorgung widersprechende Härte erblickt und auch erblicken dürfen. Da im Falle der Klägerin solche Umstände nicht gegeben waren, hat die Versorgungsbehörde nicht rechtswidrig gehandelt, wenn sie hier nicht nach dem obigen Rundschreiben bzw. Erlaß über die Gewährung eines Härteausgleichs verfahren ist. Auch wenn im Falle der Klägerin die Entziehung des Schadensausgleichs für die Zeit vom 1. Juni 1966 bis 30. September 1966 ebenfalls unbillig erscheinen mag, so war es doch nicht willkürlich, sondern noch sachgerecht, wenn die Versorgungsbehörde aus den genannten Gründen hier keine " besondere Härte" im Sinne des § 89 BVG angenommen hat. Zumindest hat sie sich dabei in jedem Fall noch im Rahmen der ihr übertragenen Regelungsinitiative gehalten und deshalb die Grenzen des ihr eingeräumten Ermessens nicht überschritten.

Aus § 89 BVG läßt sich nicht entnehmen, daß ein Härteausgleich auch dann gewährt werden könne, wenn die Versorgungsbehörde einen Antrag nicht in angemessener Frist beschieden hat und der Versorgungsberechtigte deshalb finanziell benachteiligt ist. Selbst wenn es der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG geböte, vergleichbare Anträge binnen annähernd gleicher Frist zu bescheiden - was bei den unterschiedlichen und meist nicht einander gleichzustellenden Anträgen und Antragstellern kaum möglich erscheint -, so würde doch eine im Einzelfall eingetretene Verzögerung noch nicht die Gewährung eines Härteausgleichs rechtfertigen können. Ist die Verzögerung in der Bescheiderteilung "ohne zureichenden Grund" erfolgt, so hat der Antragsteller nach § 88 Abs. 1 SGG das Recht, Untätigkeitsklage zu erheben. Weitere Ansprüche bestehen insoweit nicht, jedenfalls dann nicht, wenn nicht ersichtlich ist, daß das Versorgungsamt den Antragsteller in sittenwidriger oder in einer gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßenden Weise durch eine unbegründete Hinauszögerung der Bescheiderteilung benachteiligt hat. Dafür besteht jedoch im vorliegenden Fall kein Anhalt, wie auch weder vom LSG festgestellt noch von der Revision dargetan ist, daß der Bescheid vom 31. Mai 1966 etwa "ohne zureichenden Grund" erst zu dieser Zeit ergangen sei. Deshalb kann auch dahingestellt bleiben, inwieweit für solche oder ähnliche Schadensersatzansprüche der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben wäre.

Nach alledem ist das angefochtene Urteil nicht zu beanstanden, weshalb die Revision der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2285014

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