Entscheidungsstichwort (Thema)
Witwen-Ausgleichsrente. Anrechnung einer abgefundenen kleinen Dauerrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung
Orientierungssatz
Die Rentenabfindung ist nach Umfang und zeitlicher Dauer nur soweit auf die Ausgleichsrente anzurechnen, wie sie bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise anstelle der abgefundenen Dauerrentenleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts beitragen konnte. Denn nur solche Mittel, die für den Lebensunterhalt tatsächlich verbraucht werden können, sind geeignet, den durch die Ausgleichsrente abzudeckenden Bedarf zu mindern. Demgegenüber dürfen Vermögenswerte, die nicht wirklich zugeflossen sind, bei der Feststellung der Ausgleichsrente als Einkommen nur berücksichtigt werden, wenn der Berechtigte über sie ohne verständigen Grund so verfügt hat, daß sein bei der Feststellung der Ausgleichsrente zu berücksichtigendes Einkommen gemindert wird. Eine derartige Fallgestaltung liegt aber dann nicht vor, wenn dem Bezieher einer kleinen Verletztenrente antragsgemäß eine Kapitalwertabfindung nach § 604 RVO gewährt wird.
Normenkette
BVG § 33 Abs 1 S 1, § 41 Abs 3; BVG§33DV § 2 Abs 1 Nr 26; RVO § 604
Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Entscheidung vom 19.02.1986; Aktenzeichen L 07 V 0262/84) |
SG Würzburg (Entscheidung vom 18.07.1984; Aktenzeichen S 10 V 0370/83) |
Tatbestand
Streitig ist, ob eine vom Träger der Unfallversicherung abgefundene Verletztendauerrente, die wegen einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um weniger als 30 vH gewährt worden war (sogenannte kleine Dauerrente), bei der Berechnung der Witwenausgleichsrente zu berücksichtigen ist.
Die am 9. September 1913 geborene Klägerin ist die Witwe des 1945 als kriegsverschollen für tot erklärten Reichsbahngehilfen Alfons R und bezieht vom beklagten Land Hinterbliebenenrente und Ausgleichsrente für Witwen. Wegen eines im August 1959 erlittenen Arbeitsunfalls gewährte ihr die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft U eine Verletztenrente, die ab Januar 1962 als Teilrente in Höhe von 25 vH der Vollrente gezahlt wurde (Dauerrentenbescheid vom 27. November 1961). Ab Januar 1964 belief sich der Zahlbetrag auf 48,-- DM. Ab 1. August 1964 fand die Berufsgenossenschaft die Rente nach § 604 der Reichsversicherungsordnung (RVO) "mit Zustimmung" der Klägerin ab, indem sie ihr einen Betrag von 4.255,-- DM, das 7,4fache der Jahresrente von 575,-- DM, auszahlte. Der Beklagte stellte mit Bescheid vom 14. April 1966 die Witwenbezüge der Klägerin ab 1. Januar 1964 neu fest und berücksichtigte bei der Berechnung der Ausgleichsrente seither durchgehend die zwischenzeitlich abgefundene Verletztenrente in Höhe von 48,-- DM monatlich als anzurechnendes Einkommen der Klägerin. In gleicher Weise verfuhr er in den seither ergangenen Neufeststellungsbescheiden, mit denen er wegen der Änderung anderer für die Ausgleichsrente erheblicher Umstände den Versorgungsanspruch der Klägerin regelte, so auch in dem in Anschluß an einen Anfechtungsbescheid vom 14. Oktober 1977 ergangenen Bescheid vom 11. November 1977, mit dem die Versorgungsbezüge ab Januar 1974 neu festgestellt wurden, und in dem Bescheid vom 11. Januar 1982, der den Witwen-Rentenanspruch der Klägerin ab 1. Januar 1982 neu feststellte.
Durch den streitigen Bescheid vom 1. September 1982 hob der Beklagte "gemäß § 48 des Sozialgesetzbuches - Verwaltungsverfahren -" (SGB 10) die bisherige Entscheidung ab 1. Mai 1982 auf und stellte den Witwen-Rentenanspruch der Klägerin wegen Erhöhung der Einkünfte aus Renten und ähnlichen Leistungen ab Mai 1982 neu fest. Dabei verringerte sich der Auszahlungsbetrag der Ausgleichsrente um 7,-- DM auf 170,-- DM monatlich. Mit ihrem Widerspruch beantragte die Klägerin, bei der Berechnung der Ausgleichsrente die Rente aus der Unfallversicherung unberücksichtigt zu lassen; im übrigen erhob sie gegen die Neufeststellung keine Einwände. Sie trug vor, der Rentenabfindungsbetrag sei nach etwa 6 Jahren aufgebraucht. Insoweit und für diesen Zeitablauf scheine die Anrechnung mit 48,-- DM auf die Ausgleichsrente Rechtens zu sein. Nach Ablauf von 19 Jahren sei diese Handhabung nicht mehr gerechtfertigt. Daher beantrage sie, von einer weiteren Anrechnung der Rente abzusehen. Durch Widerspruchsbescheid vom 3. März 1983 wies der Beklagte den Widerspruch zurück und führte aus, der Widerspruch richte sich gegen die weitere Anrechnung der 1964 abgefundenen Rente bei der Bemessung der Witwenausgleichsrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Er sei unbegründet, weil die unbefristete Anrechnung der damaligen Unfallrente nicht zu beanstanden sei (Bezugnahme auf das Rundschreiben des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung vom 13. Januar 1965 - Nr V/2-5214-5289/64 - in: BVBl 1965 S 22).
Im Klageverfahren hat die Klägerin beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 1. September 1982 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3. März 1983 zu verpflichten, die Rente aus der Unfallversicherung bei der Berechnung der Ausgleichsrente nach dem BVG unberücksichtigt zu lassen. Das Sozialgericht (SG) Würzburg hat mit Urteil vom 18. Juli 1984 den Beklagten "unter Abänderung des Bescheides vom 11. November 1977 und der folgenden Neufeststellungsbescheide" verpflichtet, der Klägerin "die Witwenausgleichsrente ab 1. Januar 1978 ohne Anrechnung von Einkommen aus der abgefundenen Unfallrente zu gewähren". Die - vom SG zugelassene - Berufung des Beklagten hat das Bayerische Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 19. Februar 1986 zurückgewiesen. Zur Begründung hat das LSG ausgeführt: Die Klägerin begehre trotz der insoweit unklaren Antragstellung die Leistung von zu Unrecht nicht erbrachten Witwenausgleichsrentenzahlungen auch für die Vergangenheit. Für diese Auslegung des Klageantrages sprächen ihre Ausführungen in der Widerspruchsbegründung. Spätestens seit dem 1. Januar 1978 sei der monatliche Abzug von 48,-- DM rechtswidrig. Grundsätzlich stelle die Abfindung einer sogenannten kleinen Dauerrente anzurechnendes Einkommen iS des § 33 Abs 1 BVG dar. Die wirtschaftliche Identität von fortgezahlter Verletztenrente und Abfindungskapital verbiete es, anstelle des ursprünglich berücksichtigten Kapitals (Verletztenrente) nur noch dessen Früchte (Zinsen) als anrechenbares Einkommen anzusehen. Die Verordnung zur Durchführung des § 33 BVG (DVO § 33 BVG) enthalte insoweit eine Lücke, die durch entsprechende Anwendung des in § 9 Abs 4 der Durchführungsverordnung zu § 30 Abs 3 bis 5 BVG (Stand: 22. Dezember 1981 - DVO § 30 Abs 3 bis 5 BVG) enthaltenen Gedankens zu schließen sei. Daher sei es angebracht, als monatliches Einkommen einen Betrag in Höhe der abgefundenen monatlichen Unfallrente zugrunde zu legen. Zur Begrenzung des Zeitraumes, für den eine Anrechnung der als fortlaufend betrachteten Rente in Frage komme, biete sich eine entsprechende Anwendung des dem § 1278 Abs 2 Satz 2 RVO zugrunde liegenden Gedankens an, weil das Abfindungskapital letztlich den Wert der fortgezahlten Dauerrente für den Zeitraum darstelle, den der Berechtigte nach statistischen Erfahrungswerten noch zu leben habe. Es bedeutete eine ungerechtfertigte Schlechterstellung der Bezieher abgefundener kleinerer Dauerrenten, die Rente über diesen Zeitraum hinaus als fortlaufend zu behandeln, zumal das Versorgungsrecht eine Anrechnung fiktiver Einkünfte ungeachtet der tatsächlichen Unterhaltsbedürftigkeit nur bei Vermögensdispositionen ohne verständigen Grund und bei vorwerfbaren Verletzungen der Schadensminderungspflicht kenne. Daher sei die Berücksichtigung der Unfallrente in Höhe von 48,-- DM nur für einen Zeitraum von sieben Jahren und fünf Monaten zulässig gewesen.
Mit seiner - vom LSG zugelassenen - Revision macht der Beklagte geltend, eine rechtliche Möglichkeit, die nach § 33 Abs 1 BVG gebotene Anrechnung der abgefundenen Unfallrente zeitlich zu beschränken, bestehe nicht. Insbesondere könne § 1278 Abs 2 Satz 3 RVO nicht entsprechend angewandt werden, weil sich die Abfindung einer sogenannten kleinen Dauerrente von der Abfindung sonstiger Dauerrenten gemäß §§ 607 ff RVO wesentlich unterscheide, so daß eine Ungleichbehandlung der Anrechnungszeiträume gerechtfertigt sei (Hinweis auf BSGE 49, 296 = SozR 2200 § 1278 Nr 7). Bei der Kapitalisierung "sonstiger Dauerrenten" handele es sich um eine auf einen Zeitraum von 10 Jahren beschränkte und zweckgebundene besondere Form der Rentengewährung, welche die laufende Auszahlung verdränge. Demgegenüber bedeute die nicht zweckgebundene Abfindung der kleinen Dauerrente mit einem ihrem Kapitalwert entsprechenden Betrage einen Ausgleich für den endgültigen Wegfall der Rentenzahlung. Gegen eine Beschränkung des Anrechnungszeitraumes auf das 7,4fache des Jahresbetrages der Unfallrente spreche ferner, daß dies zu einer ungerechtfertigten Bevorzugung der Bezieher einer kleinen Dauerrente führe, weil bei sonstigen Dauerrenten gemäß § 609 Abs 2 Satz 2 RVO die Abfindungssumme auf das 9fache des der Abfindung zugrunde liegenden Jahresbetrages der Rente beschränkt sei, obwohl die Abfindung für einen Zeitraum von 10 Jahren wirke. Dadurch solle der mit der vorzeitigen Auszahlung der Rente verbundene Zinsvorteil des Versicherten und auch das vom Versicherungsträger zu tragende Risiko des Wegfalls der Rente in etwa ausgeglichen werden. Ferner rügt der Beklagte, das LSG habe nicht ermittelt, ob und in welcher Höhe Zinsen aus dem Kapitalwertabfindungsbetrag angefallen seien.
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich, die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 19. Februar 1986 und des Sozialgerichts Würzburg vom 18. Juli 1984 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid des Versorgungsamtes Würzburg vom 1. September 1982 als unbegründet abzuweisen, hilfsweise, das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Bayerische Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision des Beklagten als unbegründet zurückzuweisen.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich nicht geäußert.
Die Klägerin schließt sich dem Urteil des Berufungsgerichts an und trägt vor, für Fälle der vorliegenden Art schließe auch der Beigeladene eine andere Handhabung nicht aus. Sein Rundschreiben vom 13. Januar 1965 lasse es jedenfalls für sogenannte Bagatelleistungen (Abfindungen, die ohne Rücksicht auf die Lebenserwartung des Abzufindenden das 8fache des jährlichen Leistungsbetrages nicht übersteigen) ausdrücklich zu, bei der Bemessung der Ausgleichsrente als monatliches Einkommen nur ein Betrag in Höhe der monatlich abgefundenen Rentenleistung für die Dauer von 8 Jahren zu berücksichtigen.
Entscheidungsgründe
Das zulässige Rechtsmittel des Beklagten ist lediglich aus verfahrensrechtlichen Gründen begründet.
Soweit das SG den Bescheid vom 11. November 1977 und die "folgenden Neufeststellungsbescheide" einschließlich den Bescheid vom 11. Januar 1982 abgeändert und die Beklagte verpflichtet hat, für die Zeit vom 1. Januar 1978 bis zum 30. April 1982 - höhere - Ausgleichsrente ohne Anrechnung der abgefundenen kleinen Dauerrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren, können die Entscheidungen der Vorinstanzen schon deswegen keinen Bestand haben, weil die Klage unzulässig ist. In diesem Zusammenhang kann zwar dahingestellt bleiben, ob die Klägerin vor dem SG überhaupt die Aufhebung der vorgenannten Bescheide und die Gewährung höherer Ausgleichsrente beansprucht (§ 123 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) hat, oder ob das SG in seinem Urteilsausspruch über die von der Klägerin erhobenen Ansprüche hinausgegangen ist. Denn im letztgenannten Fall liegt eine konkludente, nach § 99 Abs 4 SGG unanfechtbare Zulassung einer Klageänderung vor, weil die Klägerin mit ihrem Antrag, die Berufung zurückzuweisen, sich die aus dem erstinstanzlichen Urteil erlangte günstige Rechtsposition zu eigen und zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gemacht hat und die Beteiligten darüber verhandelt haben (vgl Meyer-Ladewig, SGG, Sozialgerichtsgesetz mit Erläuterungen, 3. neubearbeitete Auflage, München 1987, § 123 RN 6 mwN). Das richtigerweise im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) zu verfolgende Klagebegehren kann jedoch insoweit nicht zu einer Sachentscheidung führen, weil eine auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtende Prozeßvoraussetzung nicht gegeben ist. Denn die Klägerin wird durch den Bescheid vom 1. September 1982, der in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 1983 Gegenstand der Klage ist (§ 95 SGG), hinsichtlich der für Zeiten vor dem 1. Mai 1982 mit der Klage erhobenen Ansprüche nicht denkbar beschwert (§ 54 Abs 1 Satz 2 SGG). Mit dem streitigen Bescheid hat der Beklagte nämlich keine Regelung über einen Anspruch der Klägerin auf höhere Ausgleichsrente für Zeiten vor dem 1. Mai 1982 getroffen, sondern ihren Versorgungsanspruch allein wegen einer nach Erlaß des Bescheides vom 11. Januar 1982 eingetretenen Änderung in den für die Ausgleichsrente maßgeblich gewesenen Umständen erst ab Mai 1982 neu festgestellt. In gleichem Sinne hat der Beklagte mit dem Widerspruchsbescheid vom 3. März 1983 das Widerspruchsbegehren der Klägerin, von "einer weiteren Anrechnung der Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung abzusehen", abgewiesen, weil diese Rente unbefristet auf die Ausgleichsrente anzurechnen sei. Dem Widerspruchsbescheid kann nicht entnommen werden, er sei zur Regelung (vgl § 31 Satz 1 SGB 10) des Versorgungsanspruchs der Klägerin auch für Zeiten bis zum 30. April 1982 ergangen. Insbesondere gibt es keinen Hinweis darauf, der Beklagte habe darüber entschieden, ob die Bindungswirkung der früheren Bescheide, die der streitige Bescheid vom 1. September 1982 nur mit Wirkung ab Mai 1982 durchbrochen hatte, auch für davorliegende Zeiträume aufzuheben oder ob an ihr festzuhalten sei.
Soweit der Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 1. September 1982 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 1983 verurteilt worden ist, ab 1. Mai 1982 die Ausgleichsrente ohne Anrechnung der abgefundenen Verletztenrente zu gewähren, ist die Revision begründet, weil der streitige Bescheid im Ergebnis aus verwaltungsverfahrensrechtlichen Gründen nicht zu beanstanden ist:
Prüfungsmaßstab ist allein § 48 Abs 1 SGB 10. Denn der Beklagte hat den Versorgungsanspruch der Klägerin wegen einer nachträglichen Erhöhung des bei der Berechnung der Ausgleichsrente zu berücksichtigenden Einkommens unter Teilaufhebung des bindenden Bescheides vom 11. Januar 1982 ab Mai 1982 neu festgestellt. Nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB 10 ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlaß vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Diese Vorschrift ermächtigt die Verwaltung nur bei einer nachträglichen Änderung in den Verhältnissen, die bei Erlaß des letzten, für den geltend gemachten Anspruch maßgeblichen Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorlagen und nur entsprechend dem Ausmaß der Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen zur Neufeststellung (BSGE 53, 235 = SozR 1300 § 48 Nr 2 mwN - st Rspr). Der streitige Bescheid genügt diesen gesetzlichen Anforderungen. Die Klägerin selbst macht nicht geltend, der Beklagte habe die nach Erlaß des Bescheides vom 11. Januar 1982 eingetretenen Änderungen in den auf ihre Ausgleichsrente anzurechnenden Einkommensarten unzutreffend berücksichtigt. Sie trägt auch nicht vor, die Anrechenbarkeit der abgefundenen kleinen Verletztendauerrente auf die Ausgleichsrente sei erst nach Erlaß des Bescheides vom 11. Januar 1982 entfallen, so daß der im streitigen Bescheid neu festgestellte Auszahlungsbetrag erst seither entsprechend hätte erhöht werden müssen. Sie vertritt vielmehr die Auffassung, der Beklagte habe die Rentenabfindung bereits nach Ablauf von etwa sechs Jahren bei der Berechnung ihrer Ausgleichsrente nicht mehr berücksichtigen dürfen. Aus dem vom Berufungsgericht bindend (§ 163 SGG) festgestellten Sachverhalt ergibt sich auch kein Hinweis, eine für die Klägerin günstige wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen sei nach dem 11. Januar 1982 eingetreten und im streitigen Bescheid unberücksichtigt geblieben. Hiernach waren die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Klage gegen den zutreffend nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB 10 erlassenen Bescheid der Beklagten abzuweisen.
Bereits das Widerspruchsvorbringen der Klägerin enthält aber - worauf bereits das SG hingewiesen hat - sinngemäß den Antrag, gemäß § 44 Abs 1 Satz 1 SGB 10 darüber zu befinden, ob bei Erlaß der seit etwa 1971 ergangenen Bescheide durch die monatliche Anrechnung der Rentenabfindung das Recht unrichtig angewandt und deswegen eine zu geringe Witwen-Ausgleichsrente gezahlt worden ist und welche Beträge ggf nachzuzahlen sind. Über dieses Begehren hat der Beklagte jedoch noch nicht durch Verwaltungsakt entschieden, insbesondere nicht - wie ausgeführt - durch den streitigen Bescheid. Es ist daher nicht Gegenstand des anhängigen Verfahrens.
Bei der nunmehr zutreffenden Entscheidung über den Zugunstenantrag der Klägerin wird der Beklagte folgendes zu beachten haben:
Nach § 41 Abs 1 Satz 1 BVG erhalten solche Witwen-Ausgleichsrente, die eine der unter den Buchstaben a bis c genannten Voraussetzungen erfüllen. Nach Satz 2 der Vorschrift kann Ausgleichsrente auch einer Witwe gewährt werden, der aus anderen zwingenden Gründen die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht möglich ist. Gemäß § 41 Abs 3 BVG gilt für die Berechnung der Ausgleichsrente § 33 BVG entsprechend - mit Ausnahme der hier nicht einschlägigen Regelungen von Absatz 1 Satz 2 Buchst b und Abs 4. Gemäß § 33 Abs 1 Satz 1 BVG ist die volle Ausgleichsrente (§ 41 Abs 2 BVG) um das anzurechnende Einkommen zu mindern. Dazu bestimmt § 1 DVO zu § 33 BVG, daß Einkommen, das bei der Feststellung der Ausgleichsrente zu berücksichtigen ist, alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert sind ohne Rücksicht auf ihre Quelle und Rechtsnatur, soweit nicht das BVG, die DVO zu § 33 BVG oder andere Rechtsvorschriften vorschreiben, daß bestimmte Einkünfte bei der Feststellung der Ausgleichsrente unberücksichtigt bleiben. Der Einkommensbegriff des § 33 Abs 1 Satz 1 BVG ist rein wirtschaftlich zu verstehen und umfaßt alle Zuwendungen (Einkünfte) von wirtschaftlichem Wert. Denn der Gesetzgeber wollte alle Einkünfte des Versorgungsberechtigten, gleich welcher Art, erfassen, sofern sie nur einen wirtschaftlichen Wert darstellen (Rohr/Sträßer, Bundesversorgungsrecht mit Verfahrensrecht, Handkommentar, Band II, Lose Blatt Stand: 6. Aufl Januar 1987, Anm 5 zu § 33 BVG unter Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 16. März 1961 - 8 RV 269/59 in: KOV 1961 Rechtsprechung Nr 1244). Es bedarf keiner Ausführungen, daß die der Klägerin zuteil gewordene Rentenabfindung diesem Einkommensbegriff unterfällt und deswegen grundsätzlich bei der Feststellung der Ausgleichsrente zu berücksichtigen ist.
Dies gilt jedoch nicht ohne Einschränkungen. Nach § 2 Abs 1 Nr 26 DVO zu § 33 BVG bleiben bei der Feststellung der Ausgleichsrente vereinzelt vorkommende Einkünfte unberücksichtigt, soweit sie nicht zur Sicherstellung des Lebensunterhalts bestimmt sind oder an die Stelle einer zur Sicherung des Lebensunterhalts bestimmten Leistung treten, mit Ausnahme der daraus erzielten regelmäßig wiederkehrenden Einkünfte. Zu den "vereinzelt vorkommenden Einkünften" im Sinne dieser Vorschrift gehört auch die Abfindung einer kleinen Dauerrente nach § 604 RVO, die durch einmalige Zahlung eines dem Kapitalwert der Rente entsprechenden Betrages erfolgt (Woltering, Anm VIII Nr 26 zu § 33 BVG in: Vorberg/van Nuis, Das Recht der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen, IV. Teil Beschädigtenversorgung, Stand: 1981, S 192). Zwar ist diese Rentenabfindung nicht unter den in § 2 Abs 1 Nr 26 DVO zu § 33 aufgeführten Leistungen erwähnt. Diese Aufzählung ist aber nicht erschöpfend (BSGE 37, 93 = SozR 3660 § 2 Nr 1) und nennt zudem ausdrücklich das Beispiel der Abfindungen, die nach gesetzlicher Vorschrift bei Eheschließung gewährt werden. Da die Vermögensvermehrung beim Berechtigten durch die Kapitalabfindung der Rente nur einmal eintritt, steht der Annahme "vereinzelt vorkommende Einkünfte" nicht entgegen, daß die - abgefundene - Rente eine Dauerleistung gewesen wäre. Andererseits unterscheidet sich die dem Versicherten gewährte Kapitalabfindung seiner kleinen Verletztendauerrente von der Zuwendung einer Versicherungssumme aus einer privaten Lebensversicherung an eine bezugsberechtigte Person dadurch, daß der Zuwendung des Kapitalwertes der Verletztenrente der - nach der Regelungsabsicht des § 604 RVO wirtschaftlich gleichwertige - Verlust des Anspruchs auf die Dauerrentenleistung gegenübersteht, während der Bezugsberechtigte aus einer privaten Lebensversicherung bei Auszahlung der Versicherungssumme deswegen keine "vereinzelt vorkommenden Einkünfte" im Sinne des § 2 Abs 1 Nr 26 DVO zu § 33 BVG erzielt, weil er nur ein bereits in seinem Vermögen vorhanden gewesenes Kapital realisiert (vgl BSG SozR Nr 1 zu § 1 DVO zu § 33 BVG).
Gleichwohl sind Abfindungen nach § 604 RVO der Berücksichtigung bei der Ausgleichsrente nur entzogen, soweit sie iS der Nr 26 aaO "nicht an die Stelle einer zur Sicherung des Lebensunterhalts bestimmten Leistung" getreten oder aus ihnen "regelmäßig wiederkehrende Einkünfte" erzielt worden sind. Denn die Ausgleichsrente soll als von der Bedürftigkeit abhängige Leistung den notwendigen Lebensunterhalt gewährleisten, soweit dieses Ziel nicht schon durch andere Mittel erreicht wird (Rohr/Sträßer, aaO Anm 1 zu § 32 BVG; Woltering, aaO, Anm E 2 zu § 32 BVG, jeweils mwN). Der Beklagte durfte deswegen die der Klägerin gewährte Rentenabfindung nur für die Dauer von 7,4 Jahren ab Beginn des Abfindungszeitraumes am 1. August 1964 mit einem monatlichen Betrag von 48,-- DM auf die Ausgleichsrente anrechnen. Denn nur in diesem Umfang ("soweit") ist der Abfindungsbetrag "an die Stelle einer zur Sicherung des Lebensunterhaltes bestimmten Leistung" getreten.
Eine Verletztenrente aus der Unfallversicherung ist zur Sicherung des Lebensunterhalts des Versicherten bestimmt, weil sie den unfallbedingten Ausfall an Arbeitseinkommen - in abstrakter Schadensbemessung - ausgleichen soll (Lohnersatzfunktion - vgl Bley, SozR, 5. Aufl 1986, S 311 mwN). Dem steht nicht entgegen, daß erfahrungsgemäß gerade Verletzte mit einer MdE unter 30 vH keinen oder nur einen geringen unfallbedingten Schaden im Arbeitseinkommen haben und im großen Umfang ohne Minderung ihres Arbeitsverdienstes wieder beschäftigt sind, so daß bei ihnen der weitere Wesenszug der Verletztenrente, die unfallbedingte Einbuße an körperlicher Integrität pauschaliert zu entschädigen, in den Vordergrund tritt (vgl Lauterbach, Unfallversicherung, Kommentar, Bd II, 3. Aufl 1986, Lose Blatt Stand: 1. Juli 1986, Anm 1 zu § 604 RVO, S 573 mit Zitat aus BT-Drucks IV/20 S 60; Bley, aaO, S 316, 311). Da nämlich die Verletztenrente keine tatsächliche, konkrete Minderung des Erwerbseinkommens voraussetzt, hebt ihr Entschädigungscharakter auch bei kleinen Teilrenten den Zweck nicht auf, durch den Ausgleich eines abstrakt berechneten Schadens im Arbeitseinkommen zum Lebensunterhalt des Versicherten beizutragen. Denselben Zweck verfolgt auch die Rentenabfindung mit einem Kapitalwert nach § 604 RVO, die eine besondere Form der "Zahlung" der festgestellten Entschädigungsleistung ist (Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd II, 10. Aufl 1987, S 594), selbst wenn sie darüber hinaus durch die einmalige Zuwendung eines Kapitalwertes auch noch einen Beitrag zur Eigentumsbildung leisten soll (vgl Lauterbach, aaO).
Die Rentenabfindung ist aber - wie das LSG im Ergebnis zutreffend erkannt hat - nach Umfang und zeitlicher Dauer nur soweit auf die Ausgleichsrente anzurechnen, wie sie bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise anstelle der abgefundenen Dauerrentenleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts beitragen konnte. Denn nur solche Mittel, die für den Lebensunterhalt tatsächlich verbraucht werden können, sind geeignet, den durch die Ausgleichsrente abzudeckenden Bedarf zu mindern. Demgegenüber dürfen Vermögenswerte, die nicht wirklich zugeflossen sind, bei der Feststellung der Ausgleichsrente als Einkommen nur berücksichtigt werden, wenn der Berechtigte über sie ohne verständigen Grund (s dazu: Rohr/Sträßer, aaO, Anm 5 zu § 33 BVG, K 7, mwN) so verfügt hat, daß sein bei der Feststellung der Ausgleichsrente zu berücksichtigendes Einkommen gemindert wird. Eine derartige Fallgestaltung liegt aber dann nicht vor, wenn dem Bezieher einer kleinen Verletztenrente antragsgemäß eine Kapitalwertabfindung nach § 604 RVO gewährt wird. Zwar führt sie - vorbehaltlich der §§ 605, 606 RVO - zu einem endgültigen Wegfall der Dauerrente. Jedoch hat der Gesetzgeber diese Rentenabfindung aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung, aber auch im Interesse der Verletzten vorgesehen (Brackmann, aaO, S 594a; RVO-Gesamtkommentar, 3. Buch, Anm 2 zu § 604 RVO, S 146) und so ausgestaltet, daß der Kapitalwert der Rente ausgekehrt und damit eine wirtschaftliche Einbuße des Verletzten grundsätzlich vermieden wird. Dem Versicherten wird der Wert zugewandt, den die Rente für ihn unter Berücksichtigung seines Lebensalters und der seit dem Unfalltage verflossenen Zeit erlangt hat (§ 1 der Verordnung über die Abfindung für Unfallrenten vom 14. Juni 1926 - RGBl I S 269 - idF vom 1. September 1941 - RGBl I S 555 -; vgl auch § 1 der Verordnung über die Berechnung des Kapitalwertes bei Abfindung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach den §§ 604 und 616 RVO vom 17. August 1965 - BGBl I S 894), ferner die ebenfalls einen wirtschaftlichen Wert bedeutende Verfügungsbefugnis über das Abfindungskapital. Wenn ein Verletzter von der Möglichkeit des § 604 RVO Gebrauch macht, liegt darin auch bei Würdigung der Belange der Allgemeinheit, die für die Ausgleichsrenten aufzukommen hat, keine unvernünftige Vermögensverfügung über den Rentenanspruch, sondern dessen wirtschaftlich neutrale Umgestaltung. Der Umstand, daß der Unfallversicherungsträger durch die Rentenabfindung nach § 604 RVO einerseits auf Dauer von der fortlaufenden Rentenzahlung befreit, andererseits mit dem Risiko einer aus nachträglicher Sicht überhöhten Abfindungsleistung belastet wird, rechtfertigt es aber nicht, auch den Staat als Träger der KOV immer und endgültig von der Zahlung einer Ausgleichsrente in der Höhe des abgefundenen Rentenbetrages freizustellen. Zum einen ist er nämlich von dem Risiko, das in der Unfallversicherung der Versicherungsträger und in umgekehrter Weise der Verletzte zu tragen hat, nicht betroffen. Zum anderen ist die Frage, ob zur Sicherstellung des notwendigen Lebensunterhalts eines Versorgungsberechtigten eine Ausgleichsrente zu gewähren ist, allein nach Sinn und Zweck dieser Versorgungsleistung, nicht der Leistung der gesetzlichen Unfallversicherung zu beurteilen.
Zutreffend hat das LSG erkannt, daß die letztlich auf die statistische Lebenserwartung gründende Berechnung des Kapitalwerts der kleinen Dauerrente den Maßstab für den Umfang der Anrechnung auf die Ausgleichsrente bietet. Denn das Kapital, das dem Berechtigten mit der Abfindung zufließt, stellt den Wert dar, mit dem die Rente für den Zeitraum, welcher der Berechnung des Kapitalwertes zugrunde gelegt wird, in Höhe ihres bisherigen Zahlbetrages zur Deckung des Lebensunterhalts des Verletzten beigetragen hätte. Daher beschränkt sich die bedarfsdeckende Wirkung der Kapitalabfindung einerseits nicht auf den Monat ihrer Auszahlung. Andererseits reicht sie nicht über den der Wertberechnung zugrunde gelegten Zeitraum hinaus, weil bei fortlaufender Rentenzahlung der Kapitalwert mit dem letzten Monat des Berechnungszeitraumes aufgezehrt wäre. "Soweit" (§ 2 Abs 1 Nr 26 DVO zu § 33 BVG) ist die Abfindung an die Stelle der zur Sicherung des Lebensunterhaltes bestimmten Verletztenrente getreten. Nach den Feststellungen des LSG ist die Klägerin im Jahre 1964 in Höhe des 7,4fachen der Jahresrente abgefunden worden, so daß die Anrechenbarkeit der Abfindung bereits im Jahre 1971 entfallen ist.
Nach § 2 Abs 1 Nr 26 DVO zu § 33 BVG sind ferner solche regelmäßig wiederkehrende Einkünfte nicht von der Berücksichtigung als Einkommen ausgeschlossen, die aus ("daraus") vereinzelt vorkommenden Einkünften erzielt worden sind. Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Tatsachenfeststellungen im Urteil des SG, die mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen für den Senat bindend sind (§ 163 SGG), hat die Klägerin den - nach § 604 RVO nicht zweckgebundenen - Abfindungsbetrag anläßlich der Heirat ihrer Söhne im Jahre 1964 verbraucht und schon deswegen daraus keine regelmäßig wiederkehrenden Einkünfte erzielt. Deswegen ist es auch nicht zur Anrechenbarkeit von Zinsen aus dem durch die Abfindung zugeflossenen Kapital (§ 11 DVO zu § 33 BVG) gekommen. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin damals "ohne verständigen Grund" (§ 1 Abs 2 Satz 2 DVO zu § 33 BVG) über den Abfindungsbetrag verfügt und deswegen Zinsen nicht gezogen hat. Denn selbst in diesem Falle wären Zinsen aus dem Kapitalwert der Rente als "daraus erzieltes" fiktives Einkommen nur solange und in dem Umfang bei der Feststellung der Ausgleichsrente zu berücksichtigen gewesen, wie der Klägerin das zinsbringende Kapital bei verständiger Vermögensverwaltung für ihre Bedarfsdeckung zur Verfügung gestanden hätte, also nicht über den Zeitraum hinaus, in dem sie es wie eine fortlaufend gezahlte Rente bestimmungsgemäß für ihren Lebensunterhalt verbraucht hätte.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen