Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhaus. obligatorische Schlichtung bei Vergütungsstreitigkeiten. Leistungsklagen ab 1.8.2013. Anrufbarkeit des Schlichtungsausschusses. Schlichtungsspruch ergeht in Form eines Verwaltungsakts. keine Aufwandspauschale bei der Prüfung der Abrechnung von Entbindungsbehandlungen. Zulässigkeit von Klagen bei Nichterfüllung erst nach Klageerhebung normierter Zulässigkeitserfordernisse. Verwirkung von Vergütungsansprüchen
Leitsatz (amtlich)
1. Die Regelungen zur obligatorischen Schlichtung bei Vergütungsstreitigkeiten zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen mit Streitwerten bis zu 2000 Euro erfassen alle ab 1.8.2013 erhobenen Leistungsklagen. Sie sind aber erst anwendbar, wenn der Schlichtungsausschuss anrufbar und damit das Schlichtungsverfahren tatsächlich durchführbar ist.
2. Ein Schlichtungsausschuss ist erst anrufbar, wenn er seine Errichtung und Funktionsfähigkeit förmlich angezeigt hat. Die Anrufbarkeit des Schlichtungsausschusses berührt die Zulässigkeit im Zeitpunkt der Anzeige bereits erhobener Klagen nicht.
3. Der Schlichtungsspruch in einem obligatorischen Schlichtungsverfahren ergeht in Form eines Verwaltungsakts.
Orientierungssatz
1. Ein Krankenhaus kann von der Krankenkasse nicht die Zahlung der Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c S 3 SGB 5 verlangen, wenn die Prüfung des MDK sich auf die Abrechnung einer Entbindungsbehandlung nach § 197 RVO bzw § 24f SGB 5 bezogen und die Prüfung nicht zur Minderung des Abrechnungsbetrages geführt hat. Die Aufwandspauschale ist auf MDK-Prüfungen zu Krankenhausbehandlungen nach § 39 SGB 5 beschränkt (vgl BSG vom 18.6.2014 - B 3 KR 10/13 R = SozR 4-2500 § 275 Nr 17).
2. Zulässig erhobene Klagen bleiben nach allgemeinen prozessualen Grundsätzen auch dann grundsätzlich zulässig, wenn sie Zulässigkeitserfordernisse nicht erfüllen, die erst nach Klageerhebung normiert worden sind (vgl BGH vom 1.2.1978 - IV ARZ 8/78 = NJW 1978, 887). ^
3. Zur Frage der Verwirkung von Vergütungsansprüchen.
Normenkette
KHG § 17c Abs. 2 Fassung: 2013-07-15, Abs. 3 S. 2 Fassung: 2013-07-15, Abs. 4 S. 8 Fassung: 2013-07-15, S. 9 Fassung: 2013-07-15, S. 10 Fassung: 2013-07-15, S. 11 Fassung: 2013-07-15, Abs. 4b S. 3 Fassung: 2013-07-15, § 18a Abs. 1; SGB 5 § 24c Nr. 3, § § 24cff, §§ 24f, 39, 65c Abs. 6, § 69 Abs. 1 S. 3, § 73b Abs. 4a, §§ 89, 132a Abs. 2 S. 6, § 275 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 1c S. 3; RVO § 195 Abs. 1 Nr. 3, § § 195ff, § 197 S. 2; SGB 1 § 45 Abs. 1; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4; BGB § 204 Abs. 1 Nr. 4, §§ 206, 242; SGB 10 § 31; SGG § 78
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. März 2014 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht zurückverwiesen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 1018,30 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der mit der Klage geltend gemachte unstreitige Vergütungsanspruch für eine vollstationäre Krankenhausbehandlung durch die Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch aus der behaupteten Überzahlung einer vollstationären Entbindungsbehandlung in Höhe von 1018,30 Euro erloschen ist.
Klägerin ist eine nach Berliner Landesrecht anerkannte Hochschulklinik (§ 108 Nr 1 SGB V), verfasst als Gliedkörperschaft der Freien Universität Berlin und der Humboldt-Universität zu Berlin. In der Geburtshilfe-Abteilung des Krankenhauses (Campus Virchow-Klinikum) wurde die bei der beklagten Krankenkasse versicherte Patientin D in der Zeit vom 6. bis zum 21.11.2009 behandelt; die Entbindung ihres Sohnes erfolgte mittels Kaiserschnitt am 14.11.2009. Die Rechnung des Krankenhauses vom 2.12.2009 über 3953,88 Euro wurde von der Beklagten am 17.12.2009 vollständig beglichen. Der am 16.12.2009 eingeschaltete Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) zeigte den Begutachtungsauftrag am 6.1.2010 an und kam nach Auswertung der ihm übersandten Behandlungsunterlagen (Arztbrief vom 17.12.2009 und Operationsbericht vom 14.11.2009) in seinem Gutachten vom 5.3.2010 zu dem Ergebnis, wegen der nicht plausiblen Kodierung mehrerer Nebendiagnosen, darunter O99.4 (Krankheiten des Kreislaufsystems, die Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett komplizieren) und I80.8 (Thrombose, Phlebitis und Thrombophlebitis sonstiger Lokalisation), hätte nicht die DRG O01C (Sectio caesarea mit mehreren komplizierenden Diagnosen, Schwangerschaftsdauer ≫ 33 vollendete Wochen ≪SSW≫, ohne intrauterine Therapie, … mit äußerst schweren Komplikationen oder Komorbiditäten ≪CC≫), sondern nur die niedriger vergütete DRG O01D (gleiche Definition, jedoch ohne äußerst schwere CC) abgerechnet werden dürfen. Die Aufforderung der Beklagten vom 21.5.2010 zur Rechnungskorrektur und Rückzahlung des Differenzbetrages von 1018,30 Euro lehnte die Klägerin ab; sie gestand zwar zu, dass statt der Nebendiagnose O09.5 (Schwangerschaftsdauer: 34. Woche bis 36. vollendete SSW) die Nebendiagnose O09.6 (Schwangerschaftsdauer: 37. Woche bis 41. vollendete SSW) hätte kodiert werden müssen, hält aber ansonsten an ihrer Kodierung fest, sodass die Abrechnung wiederum zur DRG O01C führte. Daraufhin rechnete die Beklagte am 27.7.2010 mit einem Erstattungsanspruch in Höhe von 1018,30 Euro gegen einen dem Grund und der Höhe nach unstreitigen Vergütungsanspruch der Klägerin aus einem späteren Behandlungsfall auf. Dies hat die Klägerin nicht akzeptiert und am 22.11.2013 Klage erhoben.
Im Klageverfahren haben die Beteiligten an ihren unterschiedlichen Auffassungen über die Kodierung der Nebendiagnosen festgehalten. Zusätzlich hat die Beklagte die Einrede der Verwirkung erhoben, weil die Klägerin nach dem allgemeinen Beschleunigungsgebot gehalten gewesen wäre, den Anspruch bis Ende 2011 geltend zu machen. Die Beteiligten sind übereinstimmend der Auffassung, dass die Klage zulässig ist. Die durch die Änderung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) zum 1.8.2013 eingeführte Pflicht zur Durchführung eines Schlichtungsverfahrens vor Klageerhebung (§ 17c Abs 4 iVm Abs 4b Satz 3 KHG) betreffe ausschließlich Vergütungsansprüche wegen Krankenhausbehandlungen aus der Zeit ab 1.8.2013 (Aufnahmedatum).
Das SG hat die Klage als unzulässig abgewiesen (Urteil vom 25.3.2014). Das bei Vergütungsansprüchen bis zu 2000 Euro vorgeschriebene Schlichtungsverfahren sei nach den Grundsätzen des intertemporalen Prozessrechts unabhängig vom Zeitpunkt der stationären Aufnahme des Versicherten, der Entlassung oder der Rechnungslegung durchzuführen und nur dann entbehrlich, wenn die Klage noch bis zum 31.7.2013 erhoben worden sei. Bei Klageerhebung ab 1.8.2013 sei die Durchführung des Schlichtungsverfahrens eine besondere Prozessvoraussetzung, deren Nichtbeachtung zur Unzulässigkeit der Klage führe. Der Umstand, dass im Land Berlin noch gar kein Schlichtungsausschuss existiere und deshalb ein Schlichtungsverfahren tatsächlich nicht hätte durchgeführt werden können, sei prozessual unbeachtlich. Das verfassungsrechtliche Gebot effektiven Rechtsschutzes nach Art 19 Abs 4 GG sei nicht verletzt, weil die gerichtliche Verfolgung des Vergütungsanspruchs zu einem späteren Zeitpunkt möglich bleibe und die Verjährung des Anspruchs wegen Hemmung der Verjährungsfrist nicht drohe, solange der Schlichtungsausschuss nicht angerufen werden könne. Eine Aussetzung des Klageverfahrens komme nicht in Betracht, weil das Schlichtungsverfahren während eines laufenden Prozesses nicht nachgeholt werden könne.
Mit ihrer Sprungrevision rügt die Klägerin die Verletzung von § 17c Abs 4b Satz 3 KHG. Das SG hätte statt eines Prozessurteils eine Entscheidung zur Hauptsache treffen müssen. Das obligatorische Schlichtungsverfahren gelte nur für Krankenhausbehandlungen aus der Zeit ab 1.8.2013. In der Sache hält sie an ihrer Auffassung fest, der Behandlungsfall sei nach der DRG O01C abzurechnen gewesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des SG Berlin vom 25.3.2014 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 1018,30 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 27.7.2010 zu zahlen,
hilfsweise,
das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das SG zurückzuverweisen.
|
Die Beklagte hält ebenfalls das Prozessurteil für rechtswidrig, sieht die Klage aber aus sachlichen Gründen weiterhin als unbegründet an und beantragt deshalb, |
|
die Revision zurückzuweisen. |
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin hat im Sinne der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das SG Erfolg. Das SG hat zu Unrecht die Klage als unzulässig abgewiesen; denn es bedurfte nicht der Durchführung eines vorgeschalteten Schlichtungsverfahrens, um die Vergütungsklage erheben zu können. Die Voraussetzungen des § 17c Abs 4 iVm Abs 4b Satz 3 KHG sind nicht erfüllt, sodass der Klageerhebung am 22.11.2013 kein rechtliches Hindernis im Wege stand. Die Klage ist auch nicht aus Rechtsgründen von vornherein unbegründet, insbesondere war der Anspruch nicht verwirkt. Da für eine abschließende Entscheidung Feststellungen zum Sachverhalt notwendig sind und das SG - auf Basis seiner Rechtsauffassung folgerichtig - auf jegliche Ermittlungen zum medizinischen Tatbestand verzichtet hat, musste das angefochtene Urteil aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das SG zurückverwiesen werden (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Eine Zurückverweisung des Rechtsstreits sogleich an das LSG, die nach § 170 Abs 4 SGG ebenfalls möglich gewesen wäre, erschien hier untunlich.
Der eingeklagte, aus § 109 Abs 4 Satz 2 SGB V iVm dem Krankenhausbehandlungsvertrag nach § 112 Abs 1 SGB V abzuleitende Vergütungsanspruch beruht nicht auf der Entbindungsbehandlung der Versicherten P, sondern auf einer Krankenhausbehandlung eines anderen Versicherten der Beklagten aus dem Jahre 2010. Dieser - von der Klägerin im erneuten Klageverfahren vor dem SG noch zu konkretisierende - Behandlungsfall hat zu einem von den Beteiligten dem Grunde und der Höhe nach als unstreitig erachteten Vergütungsanspruch geführt, gegen den die Beklagte mit dem von ihr aus dem Behandlungsfall der Versicherten P
abgeleiteten öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Höhe von 1018,30 Euro aufgerechnet hat. Die Aufrechnung hat nach § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V iVm § 389 BGB zum Erlöschen des unstreitigen Vergütungsanspruchs aus dem späteren Behandlungsfall geführt, sofern der Erstattungsanspruch begründet war. Dies ist im erneut durchzuführenden Klageverfahren vom SG zu prüfen.
1. Rechtsgrundlage der Entscheidung des SG, die Klage als unzulässig abzuweisen, ist § 17c KHG in der Fassung von Art 5c des Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung (Beitragsschuldengesetz) vom 15.7.2013 (BGBl I 2423), das am 1.8.2013 in Kraft getreten ist (Art 6 des Gesetzes). Die insoweit maßgebenden Vorschriften finden sich in den Absätzen 4 und 4b des § 17c KHG.
§ 17c Abs 4 KHG lautet in dieser Neufassung: "Die Ergebnisse der Prüfungen nach § 275 Absatz 1c des Fünften Buches Sozialgesetzbuch können durch Anrufung des Schlichtungsausschusses überprüft werden. Aufgabe des Schlichtungsausschusses ist die Schlichtung zwischen den Vertragsparteien. Der Schlichtungsausschuss besteht aus einem unparteiischen Vorsitzenden sowie Vertretern der Krankenkassen und der zugelassenen Krankenhäuser in gleicher Zahl. Die Vertreter der Krankenkassen werden von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen und die Vertreter der zugelassenen Krankenhäuser von der Landeskrankenhausgesellschaft bestellt; bei der Auswahl der Vertreter sollen sowohl medizinischer Sachverstand als auch besondere Kenntnisse in Fragen der Abrechnung der DRG-Fallpauschalen berücksichtigt werden. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen und die Landeskrankenhausgesellschaft sollen sich auf den unparteiischen Vorsitzenden einigen; § 18a Absatz 2 Satz 4 gilt entsprechend. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. Der Schlichtungsausschuss prüft und entscheidet auf der Grundlage fallbezogener, nicht versichertenbezogener Daten. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen vereinbaren mit der Landeskrankenhausgesellschaft die näheren Einzelheiten zum Verfahren des Schlichtungsausschusses." Der zum 1.8.2013 neu geschaffene § 17c Abs 4b KHG hat folgenden Wortlaut: "Gegen die Entscheidungen der Schiedsstelle nach Absatz 2 Satz 3, Absatz 3 Satz 7 und Absatz 4a Satz 5 sowie des Schlichtungsausschusses auf Bundesebene nach Absatz 3 und der Schlichtungsausschüsse nach Absatz 4 ist der Sozialrechtsweg gegeben. Ein Vorverfahren findet nicht statt; die Klage hat keine aufschiebende Wirkung. Bei Klagen, mit denen nach Durchführung einer Abrechnungsprüfung nach § 275 Absatz 1c des Fünften Buches Sozialgesetzbuch eine streitig gebliebene Vergütung gefordert wird, ist vor der Klageerhebung das Schlichtungsverfahren nach Absatz 4 durchzuführen, wenn der Wert der Forderung 2000 Euro nicht übersteigt."
2. Das SG hat angenommen, die Klage sei unzulässig, weil der Klageerhebung am 22.11.2013 kein Schlichtungsverfahren nach § 17c Abs 4 iVm Abs 4b Satz 3 KHG vorausgegangen sei. Diese Rechtauffassung trifft im Ergebnis nicht zu.
a) Richtigerweise ist das SG allerdings davon ausgegangen, die Klage, deren durch die streitige Aufrechnungserklärung der Beklagten vom 27.7.2010 bestimmter Gegenstand die richtige Abrechnung von Leistungen der Klägerin anlässlich eines Behandlungsfalls aus dem Jahre 2009 ist, werde in zeitlicher Hinsicht vom Regelungsbereich des § 17c Abs 4b Satz 3 KHG erfasst. Der Senat folgt nicht der Auffassung, dass der Ausschluss von Direktklagen über "streitig gebliebene Krankenhausvergütungen" nur solche Krankenhausbehandlungen erfasst, die seit dem 1.8.2013 durchgeführt worden sind (so aber Weis/Romeyke, NZS 2013, 733, 734). Nach den Grundsätzen des intertemporalen Prozessrechts sind Änderungen der Rechtslage grundsätzlich ab dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens anzuwenden (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, Vor § 143 RdNr 10e). Für eine Abweichung von diesem Grundsatz unter so weitgehender Einschränkung des Anwendungsbereichs der Vorschrift bieten Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Zielsetzung der Regelung keine hinreichenden Anhaltspunkte (so auch Buchner, SGb 2014, 119, 121). Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass der Gesetzgeber mit der Einführung eines obligatorischen Schlichtungsverfahrens die Sozialgerichte von einer Vielzahl von Streitigkeiten um die Abrechnung von Krankenhausleistungen entlasten wollte. Die Regelung über ein "obligatorisches Schlichtungsverfahren" auf Landesebene ist im Zuge der parlamentarischen Beratungen des Bundestagsausschusses für Gesundheit in das Beitragsschuldengesetz aufgenommen worden (Beschlussempfehlung und Bericht des 14. Ausschusses vom 12.6.2013, BT-Drucks 17/13947 S 40). Der gewünschte Entlastungseffekt kann realistischerweise nur eintreten, wenn die Notwendigkeit der Anrufung des Schlichtungsausschusses sofort eingreift. Nach dem typischen Ablauf von Krankenhausrechnungsprüfungen war damit zu rechnen, dass frühestens Ende 2014 Streitigkeiten aus der Abrechnung von Behandlungen aus der Zeit nach dem 31.7.2013 die Sozialgerichte hätten erreichen können. Dass auf die offenbar als dringend beurteilte Entlastung der Gerichte so lange hätte gewartet werden sollen, hätte angesichts der Schnelligkeit, mit der die Ergänzung des § 17c KHG in das laufende Gesetzgebungsverfahren zu den Beitragsschulden eingefügt worden ist, zumindest eines Hinweises bedurft. Im Übrigen geht das BSG zur strukturell vergleichbaren vertragsärztlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung davon aus, dass für die materielle Rechtslage der Zeitpunkt der ärztlichen Behandlungen oder Verordnungen maßgeblich ist, während etwa für die verwaltungsmäßige Zuständigkeit das zum Entscheidungszeitpunkt geltende Recht anzuwenden ist (vgl BSGE 92, 283 = SozR 4-2500 § 106 Nr 5, RdNr 7 ff).
b) Zutreffend ist auch, dass es für das Eingreifen der Schichtungsregelung nicht darauf ankommt, ob das Krankenhaus mit der Klage unmittelbar eine "streitig gebliebene Vergütung" nach Durchführung einer Abrechnungsprüfung iS des § 17c Abs 4b Satz 3 KHG fordert, oder ob Streitgegenstand vordergründig eine an sich unstreitige Vergütung ist, gegen die die Krankenkasse mit einem Erstattungsanspruch wegen einer "streitig gebliebenen Vergütung" für eine andere Behandlung im selben Krankenhaus aufrechnet. Der Gesetzgeber will erreichen, dass die nach Durchführung einer Abrechnungsprüfung streitig gebliebenen Vergütungsforderungen von Krankenhäusern im Wert von maximal 2000 Euro vor Eröffnung des Rechtsweges von einem Schlichtungsausschuss geprüft werden. Auf welchem technischen Weg diese Forderung gerichtlich geltend gemacht wird - ob als unmittelbarer Zahlungsanspruch oder als Rückforderungsanspruch, der im Wege einer Aufrechnung realisiert wird - ist vor diesem Hintergrund ohne Bedeutung.
c) An dieser Stelle braucht nicht abschließend entschieden zu werden, ob ein Schlichtungsverfahren nach § 17c Abs 4b Satz 3 SGB V auch dann durchgeführt werden muss, wenn die Krankenkasse einen Erstattungsanspruch wegen einer aus ihrer Sicht ganz oder teilweise zu Unrecht beglichenen Krankenhausrechnung geltend macht, sie aber - zB wegen eines vertraglichen Aufrechnungsverbots in einem Landesvertrag nach § 112 Abs 2 Nr 1 Buchst b SGB V - daran gehindert ist, mit dem Erstattungsanspruch gegen einen unstreitigen Vergütungsanspruch des Krankenhauses aufzurechnen und deshalb im Rechtsstreit die Rolle des Klägers einnehmen muss. § 17c Abs 4b Satz 3 KHG erfasst nach dem Wortlaut ("Klagen, mit denen … eine streitig gebliebene Vergütung gefordert wird") nur Vergütungsklagen der Krankenhäuser. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift dürfte es aber sachgerecht sein, die Regelung auf solche Erstattungsklagen der Krankenkassen entsprechend anzuwenden (so auch Buchner, SGb 2014, 119).
3. Die Voraussetzungen der Regelungen des § 17c Abs 4 iVm Abs 4b Satz 3 KHG über die obligatorische Vorschaltung eines Schlichtungsverfahrens als besondere Prozessvoraussetzung, deren Nichterfüllung vor Klageerhebung zur Unzulässigkeit der Klage führt, sind im vorliegenden Fall allerdings nicht gegeben. Zum einen ist eine Abrechnungsprüfung durch den MDK nach § 275 Abs 1c SGB V nicht durchgeführt worden und war auch nicht durchzuführen. Zum anderen ist nach Sinn und Zweck des § 17c Abs 4 iVm Abs 4b Satz 3 KHG sowie der Gesetzessystematik die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens nur dann Zulässigkeitsvoraussetzung einer Klage, wenn der zuständige Schlichtungsausschuss auch tatsächlich von den Beteiligten angerufen werden kann. Das setzt seine Einrichtung, seine Arbeitsfähigkeit bzw Funktionsfähigkeit sowie deren förmliche Bekanntgabe voraus. Daran hat es hier gefehlt.
4. Die Durchführung eines vorherigen Schlichtungsverfahrens war hier nach dem Wortlaut des § 17c Abs 4b Satz 3 KHG nicht erforderlich, weil das Gutachten des MDK vom 5.3.2010 nicht auf einer Abrechnungsprüfung nach § 275 Abs 1c SGB V beruht. Das Gesetz knüpft die Pflicht zur Schlichtung ausdrücklich an das nicht akzeptierte Ergebnis einer Abrechnungsprüfung nach § 275 Abs 1c SGB V, nicht aber generell an Abrechnungsprüfungen durch den MDK, die § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V ermöglicht. Die Regelung des § 275 Abs 1c SGB V ist indes auf die Prüfung der Abrechnung von Krankenhausbehandlungen nach § 39 SGB V beschränkt (so auch Buchner, SGb 2014, 119). Krankenhausaufenthalte auf anderer Rechtsgrundlage werden von dieser Vorschrift nicht erfasst. Dazu gehört auch die Behandlung und Pflege im Krankenhaus anlässlich einer stationären Entbindung. Rechtsgrundlage für die Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft waren in der Vergangenheit die §§ 195 ff RVO und sind seit der Integration dieser Vorschriften in das SGB V zum 30.10.2012 die §§ 24c ff SGB V. Besondere Regelungen zum Anspruch auf eine stationäre Entbindung waren erforderlich, weil Schwangerschaft und Mutterschaft grundsätzlich nicht als Krankheit iS der §§ 27 ff SGB V gelten und § 39 SGB V nur die Krankenhausbehandlung wegen einer Krankheit erfasst (vgl § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V). Die Behandlung und Pflege anlässlich einer stationären Entbindung basierte früher auf § 195 Abs 1 Nr 3 iVm § 197 RVO und beruht nunmehr auf § 24c Nr 3 iVm § 24f SGB V. Diese Art der Krankenhausleistung kann auch nicht etwa als Unterform der Krankenhausbehandlung wegen einer Krankheit nach § 39 SGB V angesehen werden; denn nach § 197 Satz 2 RVO und § 24f Satz 4 SGB V besteht während der Zeit der Entbindungsbehandlung kein Anspruch auf Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V. Mangels Regelungslücke scheidet auch eine analoge Anwendung des § 275 Abs 1c SGB V auf die Prüfung der Abrechnung von Entbindungsbehandlungen nach § 197 RVO bzw § 24f SGB V aus. Demgemäß hat der erkennende Senat bereits entschieden, dass ein Krankenhaus von der Krankenkasse nicht die Zahlung der Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c Satz 3 SGB V verlangen kann, wenn die Prüfung des MDK sich auf die Abrechnung einer Entbindungsbehandlung nach § 197 RVO bzw § 24f SGB V bezogen und die Prüfung nicht zur Minderung des Abrechnungsbetrages geführt hat. Die Aufwandspauschale ist auf MDK-Prüfungen zu Krankenhausbehandlungen nach § 39 SGB V beschränkt (vgl Urteil vom 18.6.2014 - B 3 KR 10/13 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).
5. Selbst wenn im vorliegenden Fall eine Krankenhausbehandlung der Versicherten nach § 39 SGB V Gegenstand der Prüfung des MDK gewesen wäre und deshalb der Wortlaut des § 17c Abs 4b Satz 3 KHG der Anwendung dieser Regelung nicht entgegenstünde, hätte hier die unterbliebene Durchführung eines Schlichtungsverfahrens die unmittelbare Klageerhebung am 22.11.2013 nicht gehindert. § 17c Abs 4b Satz 3 KHG ist so zu verstehen, dass die prozessuale Sanktion der Unzulässigkeit der Klage nur dann eingreift, wenn das Schlichtungsverfahren nach § 17c Abs 4 KHG tatsächlich durchführbar ist. Das wiederum setzt die Anrufbarkeit des Schlichtungsausschusses voraus. Der Schlichtungsausschuss ist jedoch nur dann anrufbar, wenn er tatsächlich gebildet worden und auch funktionsfähig ist, was ua voraussetzt, dass Vereinbarungen zu den näheren Einzelheiten des Schlichtungsverfahrens abgeschlossen und Regelungen zur Finanzierung der wahrzunehmenden Aufgaben getroffen worden sind (§ 17c Abs 4 Satz 8 KHG). Ferner muss die Funktionsfähigkeit bekanntgegeben werden. Die Anrufbarkeit des Schlichtungsausschusses stellt eine ungeschriebene, aber verfassungsrechtlich gebotene Anwendungsvoraussetzung für den Ausschluss der unmittelbaren Anrufung des Sozialgerichts dar.
a) Die vom Senat für richtig gehaltene Auslegung des § 17c Abs 4 iVm Abs 4b KHG beruht auch auf dessen historischer Entwicklung (dazu insbesondere Felix, NZS 2014, 601, 602). Der jetzt mit der Überschrift "Prüfung der Abrechnung von Pflegesätzen, Schlichtungsausschuss" versehene § 17c KHG war in seiner Ursprungsfassung durch das Fallpauschalengesetz (FPG) vom 23.4.2002 (BGBl I 1412) nur mit "Prüfung der Abrechnung von Pflegesätzen" betitelt. Die Vorschrift enthielt Regelungen zum Schutz des DRG-Fallpauschalensystems vor Falschabrechnungen, insbesondere durch die stichprobenartige Prüfung von Krankenhausabrechnungen. Die Einhaltung der in § 17c Abs 1 KHG aufgeführten Pflichten des Krankenhauses, nämlich die Vermeidung von Fehlbelegung (Nr 1), das Unterbleiben vorzeitiger Entlassungen aus wirtschaftlichen Gründen (Nr 2) sowie die ordnungsgemäße Abrechnung der nach § 17b KHG vergüteten Krankenhausbehandlungsfälle (Nr 3), konnte nach § 17c Abs 2 KHG von den Krankenkassen durch Einschaltung des MDK strichprobenartig geprüft werden, wobei der Prüfauftrag eine Mehrheitsentscheidung der Krankenkassen erforderte. Bei der Prüfung ging es um eine verdachtsunabhängige Kontrolle von im Voraus nicht festgelegten Behandlungsfällen. Zweck des Verfahrens war die Prüfung des Verhaltens eines Krankenhauses in seiner Gesamtheit, vor allem aber bezogen auf die Prüfung der Abrechnung von Pflegesätzen. Dieses gesonderte ganzheitliche Prüfverfahren, das nur ein Element im System der Krankenhausprüfungen darstellte (Felix, NZS 2012, 1 ff) und für das auch damals schon ein Schlichtungsverfahren vorgesehen war (§ 17c Abs 4 KHG idF des FPG), ist in der Praxis allerdings kaum angewandt worden; denn die Krankenkassen bevorzugten die jeweils aktuelleren, einen größeren wirtschaftlichen Erfolg versprechenden Einzelfallprüfungen nach § 275 SGB V, die deshalb auch mit der Zeit ein immer größeres Ausmaß angenommen haben.
b) Mit der Neufassung des § 17c KHG durch das Beitragsschuldengesetz hat der Gesetzgeber zum 1.8.2013 die Konsequenzen aus der weitgehenden Nichtanwendung der Norm gezogen und die Stichprobenprüfung ersatzlos gestrichen. Im Gegenzug sollte die Einzelfallprüfung nach § 275 SGB V verbessert werden. § 17c Abs 2 KHG beauftragt nunmehr die Selbstverwaltungspartner auf Bundesebene, das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs 1c SGB V zu regeln. Die Schlichtungsausschüsse wurden in geänderter Form beibehalten. Nach § 17c Abs 3 KHG bilden der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft einen Schlichtungsausschuss auf Bundesebene, dem das DRG-Institut und das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) als Mitglieder ohne Stimmrecht angehören. Aufgabe dieses bundesweit agierenden Schlichtungsausschusses ist die verbindliche Klärung von Kodier- und Abrechnungsfragen von grundsätzlicher Bedeutung (§ 17c Abs 3 Satz 2 KHG).
c) In § 17c Abs 4 KHG sind die Schlichtungsausschüsse auf Landesebene normiert. Ihre Aufgabe ist die Überprüfung der Ergebnisse der MDK-Prüfungen nach § 275 Abs 1c SGB V. Dabei ist die Anrufung eines Schlichtungsausschusses nicht gesetzlich vorgeschrieben, sondern den Beteiligten freigestellt (sie "können" ihn anrufen, vgl § 17c Abs 4 Satz 1 KHG), wenn die streitige Forderung nach Durchführung der MDK-Prüfung (noch) mindestens 2000,01 Euro beträgt. Hingegen ist ein Schlichtungsverfahren als Voraussetzung für die Erhebung einer Vergütungsklage vor dem Sozialgericht zwingend vorgeschrieben, wenn eine Forderung von bis zu 2000 Euro streitig ist (§ 17c Abs 4b Satz 3 KHG). Hintergrund dieser Neuregelung war die zunehmende Belastung der Sozialgerichte mit Vergütungsstreitigkeiten als Folge von MDK-Prüfungen. Insoweit hatte auch die Einführung der Aufwandspauschale von zunächst 100 Euro (vgl Art 1 Nr 185 Buchst a GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz ≪GKV-WSG≫ vom 26.3.2007, BGBl I 378) und von derzeit 300 Euro (vgl Art 3 Nr 8a des Krankenhausfinanzierungsreformgesetzes ≪KHRG≫ vom 17.3.2009, BGBl I 534), die von den Krankenkassen grundsätzlich dann zu zahlen ist, wenn eine MDK-Prüfung zu einer Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V nicht zur Minderung des Abrechnungsbetrages führt, keine wirklich zufriedenstellende Situation herbeigeführt. Die in der Vergangenheit zu beobachtende Ausweitung der Einzelfallprüfungen mit nachfolgendem Anstieg der Klageverfahren ist mit diesem Steuerungselement weder gestoppt noch gar rückgängig gemacht worden. Dem sollte durch eine verpflichtende Einleitung eines Schlichtungsverfahrens abgeholfen werden.
d) Die Hoffnung des Gesetzgebers, die Schlichtungsausschüsse auf Landesebene würden alsbald ihre Arbeit aufnehmen und so zu einer deutlichen Verringerung der Vergütungsklagen beitragen, hat sich nicht erfüllt. Wegen der sehr geringen praktischen Bedeutung der alten Stichprobenprüfung waren Anfang 2013 ohnehin nur in acht Bundesländern Schlichtungsausschüsse nach § 17c Abs 3 KHG (idF des FPG) installiert (Baden-Württemberg, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen ≪NRW≫, Sachsen-Anhalt und Thüringen, vgl Weis/Romeyke, NZS 2013, 733, 734). Für die Fortsetzung ihrer Arbeit als Schlichtungsausschuss zur Überprüfung von einzelfallbezogenen MDK-Prüfungen nach § 275 Abs 1c SGB V ab 1.8.2013 hätte es dort in rechtlicher Hinsicht nur noch der Vereinbarungen der Landesverbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen zu den Einzelheiten des Schlichtungsverfahrens gemäß § 17c Abs 4 Satz 8 KHG bedurft. In den restlichen acht Bundesländern existierten mangels tatsächlichen Bedarfs gar keine Schlichtungsausschüsse zur Stichprobenprüfung. Dort mussten diese Ausschüsse neu eingesetzt werden, und zusätzlich waren Vereinbarungen zu den Einzelheiten des Schlichtungsverfahrens abzuschließen. Außerdem musste auf jeden Fall die Funktionsfähigkeit der Schlichtungsausschüsse in personeller und sachlicher Hinsicht hergestellt werden. Da sich die Selbstverwaltungspartner aber immer schon gegen die Einführung des neuen Schlichtungsverfahrens nach § 17c Abs 4 KHG ausgesprochen hatten und die Aufsichtsbehörden sich weitgehend passiv bzw abwartend verhielten, waren bis Mitte 2014 in keinem Bundesland arbeitsfähige Schlichtungsausschüsse zur Einzelfallprüfung vorhanden. Zudem war bei der Reform des § 17c Abs 4 KHG möglicherweise nicht hinreichend bedacht worden, dass die Schlichtungsausschüsse angesichts der neuen Aufgaben einer anderen personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung bedurften als die früheren, nur selten tagenden Ausschüsse zur Stichprobenprüfung. Insbesondere die Finanzierungsfragen blieben ungelöst und blockierten die Arbeitsfähigkeit der Schlichtungsausschüsse. Der Gesetzgeber hat hierauf durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz ≪GKV-FQWG≫ vom 21.7.2014 - BGBl I 1133) reagiert. Gemäß § 17c Abs 4 Satz 8 KHG sind in den abzuschließenden Vereinbarungen zu den Einzelheiten des Schlichtungsverfahrens nunmehr auch Regelungen zur Finanzierung der wahrzunehmenden Aufgaben zu treffen. Sofern diese Vereinbarungen nicht zustande kommen, entscheidet gemäß § 17c Abs 4 Satz 9 KHG die Schiedsstelle nach § 18a Abs 1 KHG, wenn eine Vertragspartei dies beantragt.
e) Entscheidende Bedeutung kommt im hier maßgeblichen Zusammenhang dem durch das GKV-FQWG ebenfalls neu geschaffenen § 17c Abs 4 Satz 10 KHG zu: "Wenn bis zum 31. August 2014 kein Schlichtungsausschuss anrufbar ist, ist die Aufgabe des Schlichtungsausschusses bis zu seiner Bildung übergangsweise von der Schiedsstelle nach § 18a Abs 1 wahrzunehmen." Überdies kann diese Schiedsstelle für die Übergangszeit unter Berücksichtigung der Vorgaben nach § 17c Abs 4 Satz 3 KHG einen vorläufigen Schlichtungsausschuss einrichten (§ 17c Abs 4 Satz 11 KHG). Die Schiedsstelle, die im Streitfall zur Festsetzung des Erlösbudgets nach § 4 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und weiterer Vergütungstatbestände für das einzelne Krankenhaus sowie des Landesbasisfallwerts gemäß § 10 KHEntgG berufen ist, ist also ab 1.9.2014 in der neuen Funktion als Schlichtungsausschuss auch für die Beurteilung von MDK-Prüfungen und deren Konsequenzen zuständig, und zwar bis zum Zeitpunkt der Anrufbarkeit eines regulären Schlichtungsausschusses (§ 17c Abs 4 Satz 10 KHG) oder der vorübergehenden Installierung eines vorläufigen Schlichtungsausschusses (§ 17c Abs 4 Satz 11 KHG).
Diese Regelung lässt erkennen, dass der Gesetzgeber an der "Durchführung eines Schlichtungsverfahrens in Streitigkeiten unterhalb einer Bagatellgrenze von 2000 Euro" (BT-Drucks 17/13947 S 40) festhalten will und nicht vor der mehr oder weniger deutlich zum Ausdruck kommenden passiven Haltung der Vertragsparteien kapituliert. Diese gesetzgeberische Zielsetzung hat indessen die weitgehende faktische Funktionsunfähigkeit der Schlichtungsausschüsse nicht unmittelbar beseitigt, sondern zunächst nur den Weg dahin freigemacht. In der Begründung zu dem erst im Zuge der parlamentarischen Beratungen des GKV-FQWG eingefügten Art 16a, der die Ergänzung des § 17c KHG enthält, ist ausgeführt, bisher (dh bis zum 4.6.2014, dem Tag der Veröffentlichung der Beschlussempfehlung des 14. Ausschusses für Gesundheit) hätten die Selbstverwaltungspartner auf Landesebene noch keinen arbeitsfähigen Schlichtungsausschuss eingerichtet (BT-Drucks 18/1657 S 71).
6. Folge der (offenbar bundesweit) fehlenden Arbeitsfähigkeit der Schlichtungsausschüsse nach § 17c Abs 4 KHG ist die Unanwendbarkeit der Sperrklausel des § 17c Abs 4b Satz 3 KHG auf Direktklagen, die ab 1.8.2013 erhoben worden sind. Auch im vorliegenden Fall war die Durchführung einer Schlichtung keine Voraussetzung der Zulässigkeit der Klage, weil ein solches Verfahren in Berlin tatsächlich nicht durchführbar war. Klagen sind so lange nicht unzulässig, wie nicht tatsächlich arbeitsfähige Schlichtungsausschüsse angerufen werden können.
a) In der Rechtsprechung des BVerfG ist geklärt, dass der Gesetzgeber grundsätzlich vorschreiben darf, dass vor Erhebung einer Klage vor den Zivilgerichten ein außergerichtliches Schlichtungsverfahren durchgeführt werden muss (BVerfG vom 14.2.2007 - 1 BvR 1351/01 - BVerfGK 10, 275). Die dazu erforderliche gesetzliche Grundlage in § 15a EGZPO hat das BVerfG ebenso wenig beanstandet wie die Umsetzung im Gütestellen- und Schlichtungsgesetz NRW. Für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nach § 51 Abs 1 Nr 2 SGG gilt nichts anderes, zumal für eine Vielzahl dieser Streitigkeiten schon immer vor Klageerhebung ein Widerspruchsverfahren durchzuführen war und ist (§ 78 SGG). Dass der Gesetzgeber auch bei den krankenversicherungsrechtlichen Streitigkeiten, in denen sich Krankenhäuser und Krankenkassen im Gleichordnungsverhältnis gegenüberstehen und deshalb § 78 SGG nicht anwendbar ist, der Klagerhebung eine außergerichtliche Streitschlichtung vorschalten darf, unterliegt deshalb keinem Zweifel.
Indessen gelten auch für eine solche außergerichtliche Streitschlichtung im öffentlich-rechtlich gestalteten Gleichordnungsverhältnis die Grenzen, die das BVerfG für den Zuständigkeitsbereich der Zivilgerichte hervorgehoben hat. Insoweit ist hier von Bedeutung, dass eine obligatorische Streitschlichtung in keinem Fall den Zugang zu den staatlichen Gerichten versperren darf. Im Zusammenhang mit dem Verzicht des nordrhein-westfälischen Gesetzgebers auf die öffentliche Zustellung der Ladung zu einem Schlichtungstermin hat das BVerfG ausgeführt, dem Kläger dürfe auch im Schlichtungsverfahren die Herbeiführung der Zulässigkeit der Klage nicht verwehrt werden (BVerfG, BVerfGK 10, 275, 281 f = Juris RdNr 41). Dem dient nach Ansicht des BVerfG insbesondere die förmliche Erfolglosigkeitsbescheinigung, die die Schlichtungsstelle in NRW in jedem Fall ausstellen muss, wenn innerhalb von drei Monaten nach ihrer Anrufung kein Verfahren hat durchgeführt werden können. Es bedarf hier keiner näheren Prüfung, ob diese teilweise deskriptiven Ausführungen des BVerfG im Rahmen der Beurteilung der vom Gericht konkret geprüften landesrechtlichen Normen zugleich eine verbindliche Konkretisierung der verfassungsrechtlichen Grenzen für obligatorische Schlichtungsverfahren beschreiben. Jedenfalls ergibt sich daraus in Verbindung mit den Darlegungen des BVerfG zur Effektivität des gerichtlichen Rechtsschutzes, dass kein potenzieller Kläger durch die Verpflichtung zur Anrufung einer Schlichtungsstelle auf nicht absehbare Zeit an einer Klagerhebung gehindert werden darf. Für die hier maßgebliche Regelung des § 17c Abs 4 Satz 3 KHG folgt daraus, dass die Klägerin vor Erhebung ihrer Klage kein Schlichtungsverfahren durchführen musste.
Das beruht zunächst ganz vordergründig auf dem Umstand, dass ein solches Verfahren nicht durchführbar ist, weil es in Berlin keinen Schlichtungsausschuss gab, den die Klägerin hätte anrufen können. Erste und schlichthin unverzichtbare Voraussetzung dafür, dass eine obligatorische Schlichtung unter Beachtung der Gewährleistung des Art 19 Abs 4 GG und des allgemeinen Justizgewährungsanspruchs (Art 2 Abs 1 GG iVm dem Rechtsstaatsprinzip, dazu BVerfGE 88, 118, 123; 107, 395, 404 = SozR 4-1100 Art 103 Nr 1 RdNr 13) zulässig ist, ist, dass sie überhaupt und in angemessener Zeit durchgeführt werden kann. Das war zum Zeitpunkt der Klageerhebung (November 2013) weder in Berlin möglich, wie das nicht einmal zustellbare Schlichtungsbegehren der Klägerin vom 24.3.2014 belegt, noch sonst im Bundesgebiet, wie sich aus der Begründung des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages vom 4.6.2014 im Rahmen der Beratungen zum GKV-FQWG (BT-Drucks 18/1657 S 71) ergibt.
b) Daraus ergibt sich weiterhin, dass alle bis zum 31.8.2014 unmittelbar erhobenen Klagen auf Vergütungen iS des § 17c Abs 4b Satz 3 KHG ohne Durchführung des Schlichtungsverfahrens zulässig sind. Zwar tritt infolgedessen der vom Gesetzgeber gewünschte Entlastungseffekt für die Sozialgerichte nicht ein, doch muss das in Kauf genommen werden. Eine Entlastung der Gerichte um den Preis einer Verletzung der Garantie effektiven Rechtsschutzes lässt das Grundgesetz nicht zu. Soweit im Schrifttum dazu die Auffassung vertreten wird, eine solche Verletzung drohe nicht, weil Forderungen der Krankenhäuser nach Anrufung eines Schlichtungsausschusses auch dann nicht verjähren könnten, wenn ein solcher Ausschuss nicht existiert (so zB Buchner, SGb 2014, 119, 122), folgt der Senat dem nicht. "Effektiver Rechtsschutz" meint nicht lediglich dauerhaften Schutz vor Verjährung, sondern garantiert die gerichtliche Prüfung streitiger Ansprüche als Voraussetzung ihrer tatsächlichen Durchsetzbarkeit. Selbst wenn der hier streitige Vergütungsanspruch nicht verjähren sollte, nachdem von der Klägerin ein (nicht existierender) Schlichtungsausschuss angerufen worden ist (vgl das Schlichtungsgesuch vom 24.3.2014), kommt die Klägerin der Durchsetzung ihres Anspruchs aber ohne Klageerhebung keinen Schritt näher.
Im Übrigen dürfte die Hemmungswirkung in entsprechender Anwendung des § 204 Abs 1 Nr 4 BGB nicht eintreten, wenn auf Landesebene der Schlichtungsausschuss nicht funktionsfähig eingerichtet ist. Ein Fall "höherer Gewalt" iS des § 206 BGB liegt ersichtlich nicht vor, wenn Schlichtungsausschüsse nicht errichtet werden: die Rechtspflege steht dann nämlich nicht still, weil die zur Entscheidung berufenen Gerichte handlungsfähig sind und es auch ab 1.8.2013 waren.
c) Die nun zur Entscheidung stehende Klage ist auch nicht unzulässig geworden, nachdem der Gesetzgeber durch das GKV-FQWG § 17c Abs 4 KHG um die Sätze 9 bis 11 ergänzt und bestimmt hat, dass die Schiedsstellen nach § 18a Abs 1 KHG ab dem 1.9.2014 die Funktion der Schlichtungsausschüsse übernehmen, solange diese nicht errichtet sind. Zulässig erhobene Klagen bleiben nach allgemeinen prozessualen Grundsätzen auch dann grundsätzlich zulässig, wenn sie Zulässigkeitserfordernisse nicht erfüllen, die erst nach Klageerhebung normiert worden sind (BGH NJW 1978, 887; Piekenbrock, NJW 2000, 3476; Thomas/Putzo, ZPO, 35. Aufl 2014, § 17 GVG, RdNr 3).
d) Im Übrigen sind auch seit dem 1.9.2014 erhobene Klagen über streitig gebliebene Krankenhausvergütungen zunächst noch ohne Anrufung der Schiedsstelle nach § 18a Abs 1 KHG oder eines Schlichtungsausschusses zulässig. Im Gesetzgebungsverfahren zum GKV-FQWG ist darauf hingewiesen worden, dass die vorgesehenen Regelungen erst gewährleisten sollen, dass die schon lange bestehenden Schiedsstellen nach § 18a Abs 1 KHG die notwendigen Anordnungen für die Errichtung und Finanzierung des Schiedsausschusses erlassen, einen vorläufigen Schlichtungsausschuss errichten oder übergangsweise die Aufgaben des Schlichtungsausschusses selbst übernehmen (BT-Drucks 18/1657 S 71/72). Das heißt im Umkehrschluss, dass zumindest der zuständige Bundestagsausschuss davon ausging, dass jedenfalls nicht gesichert ist, dass ab dem 1.9.2014 effektiv und zeitnah ein Schlichtungsverfahren durchgeführt werden kann. Zudem ist nicht geklärt, welches der im § 17c Abs 4 Sätze 9 bis 11 KHG angesprochenen Gremien zunächst das Schlichtungsverfahren durchführt. Diese Unklarheiten lassen es im hohen Maße als unsicher erscheinen, dass die Anforderungen des BVerfG an eine obligatorische Schlichtung vor Eröffnung des Rechtsweges schon jetzt erfüllt sind. Deshalb muss zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (vgl BVerfGE 88, 118, 123) eine förmliche Bekanntgabe erfolgen, welches Gremium ab wann tatsächlich in der Lage ist, die Aufgaben des Schlichtungsausschusses zu bewältigen.
Folglich greift die Sperre des § 17c Abs 4b Satz 3 KHG erst ein, wenn die Schiedsstelle oder der Schlichtungsausschuss den jeweiligen Landeskrankenhausgesellschaften und den Verbänden der Krankenkassen förmlich angezeigt haben, dass sie "funktionsfähig errichtet" sind (Schlichtungsausschüsse) bzw die Aufgaben der Schlichtung tatsächlich übernehmen können (Schiedsstellen). Dem Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes wird nicht hinreichend entsprochen, wenn die betroffenen Krankenhausträger und Krankenkassen erst recherchieren müssen, ob ein Ausschuss besteht und auch arbeitsfähig ist. Die "Anzeige" als Mitteilung mit rechtlicher Außenwirkung ist etwa in § 116b Abs 2 Satz 1 SGB V ausdrücklich vorgesehen. Dem steht zB die "Mitteilung" nach § 115b Abs 2 Satz 2 SGB V gleich. Auch die Regelung im § 13 Abs 1 Satz 2 des Gütestellen- und Schlichtungsgesetzes NRW, das Gegenstand der Kammerentscheidung des BVerfG vom 14.2.2007 (1 BvR 1351/01 - aaO, RdNr 41) gewesen ist, sieht eine förmliche Mitteilung über die Erfolglosigkeit der Schlichtung vor. Das lässt erkennen, dass es im Interesse der Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes geboten ist, die scharfe Sanktion der Unzulässigkeit einer Klage wegen unterlassener Anrufung einer Schlichtungsstelle an transparente, formalisierte und leicht überprüfbare Kriterien zu binden. Das erfordert im Anwendungsbereich des § 17c Abs 4b Satz 3 KHG eine förmliche Mitteilung des zuständigen oder als (vorübergehend) zuständig bestimmten Gremiums an die jeweiligen Landesverbände der Krankenkassen und die Landeskrankenhausgesellschaft. Dort kann sich jedes Krankenhaus und jede Krankenkasse verlässlich und mit zumutbarem Aufwand informieren, ob ein Schlichtungsverfahren tatsächlich durchgeführt werden kann und - bejahendenfalls - bei welchem Gremium; dass dazu auch Angaben über die Erreichbarkeit dieses Gremiums erforderlich sind, versteht sich von selbst. Deshalb bleiben auch Klagen, die zu einem Zeitpunkt erhoben sind oder künftig erhoben werden, in dem die Schlichtungsausschüsse bzw Schiedsstellen (noch) nicht förmlich ihre Funktionsfähigkeit angezeigt haben, zulässig, auch wenn vor Erledigung des gerichtlichen Verfahrens die Funktionsfähigkeit dieser Gremien sichergestellt wird.
e) Gegen die im Hinblick auf die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes gebotene Bindung des Klageausschlusses gemäß § 17c Abs 4b Satz 3 KHG an eine förmliche Mitteilung der Arbeitsfähigkeit des jeweils zuständigen Schlichtungsgremiums kann nicht mit Erfolg eingewandt werden, auf diese Weise könnten die Vertragsparteien im Krankenhausbereich auf Landesebene die gewollte Entlastung der Sozialgerichte auf Dauer verhindern. Dagegen spricht schon die Gesetzesentwicklung im Jahr 2014. Der Bundesrat hatte im Zuge der Beratungen des GKV-FQWG die Streichung der Bestimmung über das obligatorische Schiedsverfahren vorgeschlagen, weil dieses auf Landesebene "nicht angenommen" werde und sich als Hindernis für die Durchsetzung "berechtigter Forderungen" der Krankenhäuser erweise (BT-Drucks 18/1579 S 7). Dem ist die Bundesregierung ausdrücklich entgegengetreten, hat das Konfliktlösungspotential des Schlichtungsverfahrens hervorgehoben und Verbesserungen der Umsetzung angekündigt (BT-Drucks 18/1579 S 10/11). Wenige Tage nach Veröffentlichung dieser Stellungnahme ist dann im Gesundheitsausschuss des Bundestages - wohl im Wege einer Formulierungshilfe der Bundesregierung - die als Art 16a GKV-FQWG Gesetz gewordene Änderung des § 17c Abs 4 KHG eingebracht worden. Daraus ist abzuleiten, dass der Bundesgesetzgeber den Erfolg des Schlichtungsverfahrens will und deshalb den hinhaltenden Widerstand der Vertragsparteien auf Landesebene nicht weiter hinnehmen kann. Der Senat ist überzeugt, dass die zuständigen Aufsichtsbehörden dies den Vertragsparteien auf Landesebene ggf mit dem gebotenen Nachdruck verdeutlichen werden. Die Verweigerung effektiven Rechtsschutzes durch Verweisung der Krankenhäuser auf nicht arbeitsfähige Schlichtungsausschüsse ist deshalb weder ein auf mittlere Sicht erforderliches, noch im Übrigen ein verfassungskonformes Druckmittel.
7. Weiterhin hat die Entscheidung des Gesetzgebers, zumindest vorübergehend die Schiedsstellen nach § 18a Abs 1 KHG mit der Wahrnehmung der Aufgaben der Schlichtungsausschüsse zu betrauen, zur Folge, dass einige der offenen Fragen zur Umsetzung des Verfahrens vor den Schlichtungsausschüssen geklärt sind. Das betrifft vor allem die Rechtsnatur der "Entscheidung" iS des § 17c Abs 4b Satz 1 KHG.
a) Die Schiedsstelle nach § 18a Abs 1 KHG ist nach der Rechtsprechung des Senats eine Behörde im Sinne des Verfahrensrechts, die durch Verwaltungsakt (§ 31 SGB X) entscheidet. Das kann dann für die Schlichtungsausschüsse, deren Funktion die Schiedsstelle nach § 18a Abs 1 KHG in unveränderter Ausgestaltung und Zusammensetzung zunächst übernehmen soll, nicht anders beurteilt werden. Diese Auffassung hat zur Folge, dass eine Klage "gegen die Entscheidung des Schlichtungsausschusses nach § 17c Abs 4 KHG" gegen diesen Ausschuss zu richten ist.
Die Behördeneigenschaft der Schiedsstelle nach § 18a Abs 1 KHG hat der Senat bereits bejaht (BSGE 107, 123, 129 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 19). Der Klage unmittelbar gegen diese Schiedsstelle bei Schiedssprüchen zu Budgets und Pflegesätzen steht nur entgegen, dass diese Entscheidungen genehmigt werden müssen (§ 14 KHEntgG), weshalb die Klagen gegen die Genehmigungsbehörde bzw deren Rechtsträger zu richten sind (BVerwGE 94, 301). Da im Anwendungsbereich des § 17c Abs 4 KHG eine staatliche Genehmigung nicht vorgesehen ist und in § 17c Abs 4b Satz 2 KHG ausdrücklich die aufschiebende Wirkung von Klagen gegen die Entscheidungen des Schlichtungsausschusses nach Abs 4 ausgeschlossen wird, spricht alles dafür, dass der Gesetzgeber den Rechtsschutz so ausgestalten wollte, dass Klagen unmittelbar gegen die "Entscheidungen" (Verwaltungsakte) der Schlichtungsausschüsse zu erheben sind, die ohne die Klageerhebung bestandskräftig werden (so auch Felix, NZS 2014, 601, 604).
b) Der Senat verkennt nicht, dass die Qualifizierung der "Entscheidungen" der Schlichtungsausschüsse als Verwaltungsakte und die Eröffnung einer Klagemöglichkeit gegen den Ausschuss umstritten ist und kein völlig widerspruchsfreies Konzept erkennen lässt. Unbefriedigend ist insbesondere, dass sich nunmehr die Prozesskonstellationen bei Auseinandersetzungen über streitig gebliebene Vergütungen grundlegend danach unterscheiden, ob ein Schlichtungsverfahren durchgeführt worden ist. Ist das der Fall, muss der Beteiligte, der mit dem Ergebnis nicht einverstanden ist, Klage gegen den Schlichtungsausschuss erheben. Ist kein Schlichtungsverfahren durchgeführt worden, weil der Ausschuss wegen Überschreitung der Grenze der streitigen Vergütung von 2000 Euro nicht angerufen werden musste, bleibt es bei der unmittelbaren Klagemöglichkeit im Gleichordnungsverhältnis (vgl Buchner, SGb 2014, 119, 123). Ob diese Konsequenz im Gesetzgebungsverfahren gesehen und als unvermeidlich hingenommen wurde, vermag der Senat nicht zu beurteilen. Selbst wenn das nicht der Fall gewesen sein sollte, liegt in der Entscheidung des Gesetzgebers für die Ausgestaltung des Schlichtungsverfahrens nach § 17c Abs 4b KHG als schiedsamtsähnliches Verfahren kein redaktionelles Versehen, das die Rechtsprechung korrigieren könnte.
c) Die seit langem im SGB V implantierten Mechanismen zur Lösung von Konflikten der Vertragspartner im Krankenversicherungsrecht lassen sich vereinfacht den Typen "Schiedsamt" und "Vertragshelfer" zuordnen. Das in § 89 SGB V geregelte Schiedsamtsverfahren hat in Gesetz und Rechtsprechung klare Konturen: Das Schiedsamt ist Behörde, seine Entscheidungen sind (auch) Verwaltungsakte, die bestandskräftig werden, wenn sie von keinem Beteiligten fristgerecht angefochten werden. Klagen sind gegen das Schiedsamt zu richten, die Beteiligten des Schiedsverfahrens sind iS des § 75 Abs 2 SGG zum Verfahren notwendig beizuladen. Das alternative Modell einer reinen Vertragshelferlösung ist in § 132a Abs 2 Satz 6 SGB V realisiert. Für einen begrenzten, punktuell zu lösenden Konflikt wird eine Schiedsperson eingesetzt, diese ist nicht Behörde, sondern gestaltet einen Vertrag, und mit der Festlegung des Inhalts dieses Vertrages ist ihre Aufgabe erledigt. Klagen sind nicht gegen sie, sondern gegen den jeweils anderen Vertragspartner zu richten. Nachdem der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 25.11.2010 (BSGE 107, 123, 129 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 19) diese grundlegenden Unterschiede dargestellt hatte, hat der Gesetzgeber in verschiedenen Regelungsbereichen des Krankenversicherungsrechts reagiert. Durch das GKV-VStG vom 22.12.2011 (BGBl I 2983) wurde zum 1.1.2012 § 73b Abs 4a SGB V durch die Änderung von Satz 4 und die Anfügung von Satz 5 deutlich in Richtung auf das Modell "Vertragshelfer" ausgerichtet, nachdem das zuvor kontrovers beurteilt worden war. Noch eindeutiger dem Vertragshelfermodell zugeordnet ist die mit dem Gesetz vom 3.4.2013 (BGBI I 617) eingeführte Schlichtungsregelung in § 65c Abs 6 Sätze 8 bis 12 SGB V zur Höhe der Vergütung für eine Meldung an das klinische Krebsregister. Eine unabhängige Schiedsperson, auf die sich die Vertragsparteien verständigen sollen, legt die Vergütung fest. Kommt eine Einigung über die Schiedsperson nicht zustande, wird diese vom Bundesministerium für Gesundheit bestimmt. Die Klage gegen diese Bestimmung hat keine aufschiebende Wirkung; Klagen gegen die von der Schiedsperson festgelegte Vergütung richten sich gegen einen der Vertragspartner, nicht gegen die Schiedsperson.
Wenige Wochen nach Inkrafttreten des § 65c Abs 6 SGB V ist die Schlichtungsregelung in § 17c Abs 4 und Abs 4b KHG im Bundestag beschlossen worden, die an zentralen Stellen von der Vertragshelferkonzeption abweicht. In Abs 4b ist eine Regelung über "Klagen gegen die Schlichtungsausschüsse" nach Abs 4 getroffen worden. Diese Klagen haben keine aufschiebende Wirkung, was impliziert, dass die Entscheidungen der Ausschüsse Verwaltungsakte sind, weil sich die aufschiebende Wirkung iS des § 86a Abs 1 SGG auf Anfechtungsklage und Widerspruch bezieht. Auch die Regelung über den Ausschluss des Vorverfahrens in § 17c Abs 4b KHG deutet auf eine Entscheidung durch Verwaltungsakt hin, weil § 78 SGG das Vorverfahren nur im Zusammenhang mit Klagen gegen und auf Erlass von Verwaltungsakten normiert. Es kann dem Gesetzgeber schlechthin nicht entgangen sein, dass er damit die Fragen, die bei der Entscheidung für oder gegen eine schiedsamtsähnliche Konfliktlösung eine Rolle spielen, im Sinne einer Anlehnung an das Modell des Schiedsamtes und explizit anders als bei einer Vertragshelferlösung beantwortet hat.
Mit der Ergänzung des § 17c Abs 4 durch das GKV-FQWG vom 21.7.2014 hat der Gesetzgeber das Konzept einer behördlichen Schlichtungsentscheidung durch Verwaltungsakt weiter entwickelt, indem er zumindest vorübergehend die Kompetenz zur Schlichtung auf die Schiedsstelle nach § 18a Abs 1 KHG übertragen hat, die nach der Rechtsprechung des Senats eine Behörde ist und durch Verwaltungsakt entscheidet. Vor allem hat der Gesetzgeber damit die Schlichtung einer permanent existierenden, paritätisch besetzten und rechtlich verfassten Einrichtung übertragen und gerade nicht einer Schieds- oder Schlichtungsperson, der eine konkrete, einmalig zu erledigende Aufgabe übertragen wird. Ob sich das Vertragshelfermodell überhaupt für die Schlichtung iS des § 17c Abs 4 KHG als einer Daueraufgabe mit mutmaßlich hohem Geschäftsanfall eignet, ist fraglich. Jedenfalls fehlt jeder Ansatzpunkt im Gesetz, wie eine rein vermittelnde Schlichtung ohne abschließende Entscheidung im Rahmen des § 17c Abs 4b KHG rechtlich umgesetzt werden könnte. Insbesondere wäre unklar, wann im Falle des potenziellen Scheiterns der Schlichtung der Klageweg eröffnet wäre. Das mindestens muss bestimmbar sein, wenn effektiver Rechtsschutz gewährleistet sein soll.
8. Da die Klage nach alledem zulässig ist, hätte der Senat eine abschließende Entscheidung in der Sache nur treffen können, wenn die vom SG getroffenen Feststellungen zum Sachverhalt hierzu ausgereicht hätten. Das ist jedoch nicht der Fall. Auch eine abschließende negative Entscheidung war ausgeschlossen, weil die von der Beklagten erhobene Einrede der Verwirkung des Vergütungsanspruchs (§ 69 Abs 1 Satz 3 SGB V iVm § 242 BGB) unbegründet war. Der geltend gemachte Vergütungsanspruch war auch nicht verjährt.
a) Streitgegenstand ist hier vordergründig nicht der Vergütungsanspruch der Klägerin aus der im November 2009 erfolgten Entbindungsbehandlung der Versicherten P, der mit der Zahlung des Rechnungsbetrags am 17.12.2009 erloschen war, sondern ein von der Klägerin noch zu konkretisierender, ansonsten aber unstreitiger Vergütungsanspruch aus der 2010 erfolgten stationären Behandlung eines anderen Versicherten, dessen Erlöschen durch Aufrechnung mit dem Erstattungsanspruch der Beklagten aus der bezahlten Entbindungsbehandlung der Versicherten P aus dem Jahre 2009 streitig ist. Der streitgegenständliche Vergütungsanspruch aus dem Jahr 2010 war nicht verjährt, als die Klage am 22.11.2013 erhoben worden ist. Die aus der entsprechenden Anwendung des § 45 Abs 1 SGB I folgende vierjährige Verjährungsfrist (stRspr, zuletzt BSGE 98, 142 = SozR 4-2500 § 276 Nr 1, RdNr 25) begann erst am 1.1.2011 (§ 45 Abs 2 SGB I iVm § 199 Abs 1 Satz 1 BGB) und reichte deshalb bis zum 31.12.2014, war also am 22.11.2013 bei Weitem noch nicht abgelaufen. Den Einwand der Verjährung hat die Beklagte daher auch zu Recht nicht erhoben.
|
b) Der Vergütungsanspruch war am 22.11.2013 aber auch nicht verwirkt. Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch (aber noch innerhalb der Verjährungsfrist) nicht geltend gemacht hat, der Verpflichtete sich auf die Nichtgeltendmachung eingerichtet hat und er sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten zudem darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (BGHZ 43, 289, 292; 84, 280, 281; 105, 290, 298; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl 2014, § 242 RdNr 87 ff). Die Verwirkung ist damit ein Fall der unzulässigen Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens. Der Verstoß gegen Treu und Glauben liegt in der illoyalen Verspätung der Rechtsausübung (BGHZ 25, 47, 51 f). Demgemäß müssen für die Verwirkung eines Rechts stets drei Voraussetzungen erfüllt sein (BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8; BSG SozR 4-2500 § 276 Nr 2), dh ein "Zeitmoment", ein "Umstandsmoment" und zusätzlich eine faktische und rechtliche Untätigkeit des Anspruchsinhabers. Im Einzelnen gilt: |
- |
Zeitmoment: Seit der Möglichkeit, das Recht geltend zu machen, muss eine längere Zeit verstrichen sein; maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. |
- |
Umstandsmoment (Vertrauenstatbestand): Der Schuldner hat sich darauf eingestellt, der Gläubiger werde aufgrund des geschaffenen Vertrauenstatbestandes sein Recht nicht mehr geltend machen. Dies ist der Fall, wenn der Berechtigte unter solchen Umständen untätig geblieben ist, die den Eindruck erwecken, dass er sein Recht gegenwärtig und auch in Zukunft nicht mehr geltend machen wird. |
- |
Untätigkeit des Berechtigten: Während des für die Verwirkung erforderlichen Zeitraums darf der Berechtigte nichts zur Durchsetzung seines Rechts getan haben. So ist die Verwirkung ausgeschlossen, wenn er zB durch Mahnung, Widerspruch oder in sonstiger Weise zu erkennen gegeben hat, dass er auf seinem Recht beharrt. |
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, denn es fehlt am Umstandsmoment (Vertrauenstatbestand). |
Der eingeklagte Vergütungsanspruch resultiert aus einem Behandlungsfall aus dem Jahr 2010. Mit der Rechnungsstellung ist der Anspruch fällig geworden. Die Rechnungserteilung ist zwar vom SG nicht ausdrücklich festgestellt worden, aber als gegeben zu unterstellen, weil ansonsten die erklärte Aufrechnung in Höhe von 1018,30 Euro mangels konkreter Gegenforderung technisch gar nicht möglich gewesen wäre. In der Zeit zwischen der Aufrechnung (27.7.2010) und der Klageerhebung (22.11.2013) sind 3 Jahre und 4 Monate vergangen.
In diesem Zeitraum hat die Klägerin durch ihr Verhalten der Beklagten jedoch keinen Anlass gegeben darauf zu vertrauen, sie werde die Aufrechnung letztlich akzeptieren und deshalb von der weiteren Verfolgung des Vergütungsanspruchs absehen. Dabei kann sogar offenbleiben, ob ihr Schreiben vom 11.11.2010 über die Abgabe der Unterlagen zum Behandlungsfall P an den Geschäftsbereich Unternehmenscontrolling zur Prüfung der behaupteten Überzahlung bei der Beklagten eingegangen ist, was diese bestreitet. Ebenso kann die Frage offenbleiben, ob der Vergütungsanspruch von der Klägerin zu der auf dem 21.11.2013 angesetzten, von der Beklagten aber am 5.11.2013 abgesagten Fallkonferenz angemeldet worden war. Selbst wenn beide die Aufrechterhaltung des Vergütungsanspruchs ausdrückenden Handlungen der Klägerin unterblieben (bzw nicht zu belegen) wären, fehlt es an einem der Klägerin zuzurechnenden Vertrauenstatbestand, sie werde die Forderung nicht mehr geltend machen. Sie wäre dann zwar 3 Jahre und 4 Monate untätig geblieben, womit das reine Zeitmoment erfüllt gewesen sein dürfte, es fehlt aber am Umstandsmoment. Ein reiner Zeitablauf kann nur zur Verjährung, nicht aber zur Verwirkung führen.
Ein Vertrauenstatbestand wäre nur dann in Betracht gekommen, wenn die Klägerin zu einer beschleunigten Geltendmachung ihrer Rechte gesetzlich oder vertraglich verpflichtet gewesen wäre und diese Frist vor der Klageerhebung am 22.11.2013 abgelaufen gewesen wäre. Das war jedoch nicht der Fall. Das für die Beziehungen zwischen den Krankenhäusern und den Krankenkassen maßgebende Beschleunigungsgebot gibt den Krankenhäusern zwar nur ein sehr eingeschränktes Recht zur Korrektur einer bereits erteilten Schlussrechnung, um eine Nachforderung geltend zu machen; solche Korrekturen sind grundsätzlich auf den Ablauf des dem Behandlungszeitraum folgenden Kalenderjahres begrenzt (BSGE 105, 150 = SozR 4-2500 § 109 Nr 20; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 27 und 28; BSG SozR 4-2500 § 276 Nr 2). Ein Krankenhaus kann aber die Forderung aus einer Schlussrechnung außerhalb von Korrekturfällen prinzipiell bis zum Ablauf der Verjährungsfrist geltend machen; denn der reine Zeitablauf bewirkt keinen Vertrauenstatbestand.
9. Das SG wird im Zuge der erneuten Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
Fundstellen
BSGE 2015, 65 |
SGb 2014, 670 |
GesR 2015, 306 |
GuP 2015, 110 |