Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufsichtsrecht. Krankenversicherung. Zusammenschluss von Krankenkassen zu Arbeitsgemeinschaft in Rechtsform der Aktiengesellschaft. aufsichtsbehördliches Auskunftsverlagen. Entziehung nicht aufgrund aktienrechtlicher Verschwiegenheitspflichten
Leitsatz (amtlich)
Ein Zusammenschluss von Krankenkassen zu einer Arbeitsgemeinschaft in der Rechtsform der Aktiengesellschaft kann sich aufsichtsbehördlichen Auskunftsverlangen nicht aufgrund aktienrechtlicher Verschwiegenheitspflichten entziehen.
Normenkette
SGB IV § 29 Abs. 3, § 30 Abs. 1, §§ 85, 88 Abs. 1-2, § 89 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 Fassung: 2009-11-12, S. 2 Fassung: 2009-11-12, S. 3 Fassung: 2009-11-12, S. 4 Fassung: 2009-11-12, S. 5 Fassung: 2009-11-12, § 90 Abs. 1 S. 1 Fassung: 2009-11-12, § 90a; SGB V § 137 f., § 195 Abs. 2 S. 1, § 197b S. 1, § 219 Abs. 1 Fassung: 2005-03-21; SGB X § 31 S. 1, § 33 Abs. 1, § 35 Abs. 1, § 39 Abs. 2, § 94 Abs. 1a S. 1 Fassung: 2005-03-21, Abs. 2 S. 1 Fassung: 2005-03-21, S. 1 Hs. 1, S. 1 Hs. 2, S. 1 Hs. 3; AktG § 78 Abs. 1 S. 1, § 93 Abs. 1 Sätze 1-4, § 116 Sätze 1-2, § 131 Abs. 1 S. 1, §§ 132, 243 Abs. 1, § 245 Nrn. 1-2, § 246 Abs. 2 S. 1, §§ 394-395; SGG § 54 Abs. 1 S. 2, Abs. 3
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Beigeladenen gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21. Februar 2018 wird zurückgewiesen.
Die Beigeladene trägt die Kosten des Revisionsverfahrens. Die Klägerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Klageverfahrens als Gesamtschuldner.
Der Streitwert für beide Instanzen wird auf 250 000 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über eine Aufsichtsmaßnahme der beklagten Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesversicherungsamt (BVA).
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Die Klägerin, eine bundesunmittelbare Betriebskrankenkasse (BKK), gründete zusammen mit dem Bundesverband der BKKn, weiteren BKKn und der Rechtsvorgängerin der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (DRV KBS) die beigeladene Aktiengesellschaft (AG) insbesondere zur Durchführung strukturierter Behandlungsprogramme (Disease-Management-Programme - DMP). Zum Stichtag 30.6.2012 waren fünfzehn BKKn - darunter vierzehn bundesunmittelbare KKn - und die DRV KBS Aktionäre der Beigeladenen. Die Beklagte vertrat unter Hinweis auf Rspr des BSG (Urteil vom 16.11.2005 - B 2 U 14/04 R - juris) die Auffassung, die Beigeladene unterliege als Arbeitsgemeinschaft (ARGE) (§ 94 Abs 1a SGB X) ihrer staatlichen Aufsicht. Sie forderte die Beigeladene erfolglos auf, ihre eigenen Prüfrechte und die Prüfrechte der für ihre Aktionäre zuständigen Aufsichtsbehörden in die Satzung zu integrieren (ua Schreiben vom 29.6.2009). Nach erfolgloser aufsichtsrechtlicher Beratung (Schreiben vom 30.7.2012) verpflichtete die Beklagte in gesonderten zeitgleichen Bescheiden alle bundesunmittelbaren KKn, die Aktionäre der Beigeladenen waren, darunter die Klägerin, |
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"1. die umfassenden Prüf- und Informationsrechte der Aufsichtsbehörden an der M. AG (Arbeitsgemeinschaft in Form einer Beteiligtengesellschaft) schriftlich anzuerkennen. Die Bestätigung ist dem Bundesversicherungsamt bis zum 26.10.2012 abzugeben, |
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2. gemeinsam mit den übrigen bundesunmittelbaren Aktionären eine Ergänzung der Tagesordnung der stattfindenden nächsten Hauptversammlung dahingehend zu verlangen, dass ein entsprechender Antrag auf Satzungsänderung eingereicht wird, der die Aufnahme der Prüf- und Informationsrechte der Aufsichtsbehörden vorsieht. Die Bertelsmann BKK wird sich im Rahmen der späteren Abstimmung mit der Aufnahme der folgenden Bestimmungen in der Satzung der M. AG einverstanden erklären: |
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Die Gesellschaft hat der für einen oder mehrere Gesellschafter zuständigen Aufsichtsbehörde bzw. deren Beauftragten auf Verlangen alle Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu erteilen, die zur Ausübung des Aufsichtsrechts über die Gesellschaft aufgrund pflichtgemäßer Prüfung gefordert werden. |
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Der Beschluss der Hauptversammlung über die Satzungsänderung ist dem Bundesversicherungsamt bis zum 15.1.2013 vorzulegen" (Bescheid vom 2.10.2012). |
Die Klägerin ist mit ihrer als Musterstreitverfahren geführten Klage gerichtet auf Aufhebung des Verpflichtungsbescheides, hilfsweise auf Feststellung, dass der Bescheid rechtswidrig war, erfolglos geblieben. Das LSG hat zur Begründung ausgeführt, der Hauptantrag sei unzulässig. Die angegriffene Maßnahme habe sich mit Ablauf der in ihr vorgegebenen Fristen erledigt (§ 39 Abs 2 SGB X). Die hilfsweise erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage sei zulässig, aber unbegründet. Die Auflage habe mit dem maßgeblichen Aufsichtsrecht in Einklang gestanden. Die Beigeladene habe als ARGE iSv §§ 94 SGB X, 219 Abs 1 SGB V unter staatlicher Aufsicht gestanden. Die sich hieraus ergebenden Vorlage- und Auskunftspflichten seien nicht durch die Vorstand und Aufsichtsrat einer AG obliegende Verschwiegenheitspflicht (§§ 93, 116 AktG) ausgeschlossen oder beschränkt (Urteil vom 21.2.2018).
Die Beigeladene rügt mit ihrer Revision die Verletzung von § 94 Abs 1a SGB X iVm § 85 und § 88 SGB IV sowie § 93 Abs 1 Satz 3, § 116 Satz 2 AktG und von Verfahrensrecht. Der streitgegenständliche Bescheid habe sich nicht erledigt. Es handele sich um einen Verpflichtungsbescheid mit Dauerwirkung. Maßgeblich sei die Sachlage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Zu diesem Zeitpunkt sei sie aufgrund inzwischen eingetretener tatsächlicher Veränderungen (Tätigkeit nicht nur für Träger der Sozialversicherung; privater Aktionär) keine ARGE (mehr) gewesen und habe nicht (mehr) der Aufsicht der Beklagten unterstanden. Zudem habe die Beklagte den Grundsatz der Rücksichtnahme und der maßvollen Aufsicht sowie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt: Es sei ausreichend, wenn sich die Beklagte auf die Prüfung beschränke, ob die Aktionäre, die gesetzliche KKn seien, ihre Prüfpflichten gegenüber der Beigeladenen wahrnähmen. Einer umfassenden Aufsicht stünden die zwingenden aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflichten entgegen.
Die Beigeladene beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21. Februar 2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 2. Oktober 2012 aufzuheben,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21. Februar 2018 aufzuheben und festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 2. Oktober 2012 rechtswidrig gewesen ist.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Klägerin stellt keinen Antrag.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beigeladenen ist zulässig (dazu 1.), aber unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Das LSG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Aufsichtsklage (§ 54 Abs 3 SGG) gegen die Aufsichtsanordnung der beklagten Bundesrepublik Deutschland ist zulässig (dazu 2.), aber unbegründet. Die Beklagte verpflichtete rechtmäßig die Klägerin, die umfassenden Prüf- und Informationsrechte der Aufsichtsbehörden an der Beigeladenen anzuerkennen und in der Hauptversammlung der Beigeladenen - gemeinsam mit den anderen bundesunmittelbaren Aktionären - darauf hinzuwirken, dass die Prüf- und Informationsrechte der Aufsichtsbehörden in der Satzung der Beigeladenen verankert werden (dazu 3.).
1. Die Revision der Beigeladenen ist zulässig. Die Revisionsbegründung entspricht insbesondere den Anforderungen des § 164 Abs 2 Satz 3 SGG (dazu a). Der Beigeladenen fehlt es auch nicht an der erforderlichen Rechtsmittelbefugnis (dazu b).
a) Gemäß § 164 Abs 2 Satz 1 SGG ist die Revision fristgerecht zu begründen. Nach Satz 3 dieser Vorschrift muss die Begründung "einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben". Die Revisionsbegründung der Beigeladenen genügt diesen bindend vorgegebenen Anforderungen auch insoweit, als sie sinngemäß eine Verfahrensrüge erhebt (zu den Anforderungen vgl zB BSG SozR 4-5562 § 2 Nr 1 mwN). Die Beigeladene rügt, das LSG sei rechtsfehlerhaft von einer Erledigung der Aufsichtsanordnung (§ 39 Abs 2 SGB X) ausgegangen. Die in dem Bescheid enthaltenen Fristen seien Fristen zur Erfüllung der von der Beklagten gesetzten Auflagen und verfahrensrechtlich Voraussetzung für Vollstreckungsmaßnahmen. Sie macht schlüssig geltend, das LSG habe zu Unrecht über das Anfechtungsbegehren durch Prozessurteil entschieden und ihr insoweit eine Sachentscheidung verwehrt (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 55 S 73; BSG Beschluss vom 5.4.2018 - B 1 KR 102/17 B - juris RdNr 9 mwN). Eine nähere Darlegung der den Verfahrensverstoß begründenden Tatsachen ist hierfür nicht erforderlich, da sich diese aus dem Urteil selbst ergeben (vgl BFH GrS BFHE 196, 39 = BStBl II 2001, 802 = juris RdNr 73 mwN; vgl auch BSG GrS Beschluss vom 13.6.2018 - GS 1/17 - NZS 2019, 264 = juris, RdNr 37 zur Sachrüge; Hauck in Zeihe/Hauck, SGG, Stand März 2019, § 164 Anm 27).
b) Die Beigeladene kann als Beteiligte des Verfahrens (§ 69 Nr 3 SGG) gemäß § 75 Abs 4, § 160 Abs 1 SGG selbstständig Revision einlegen. Die Beigeladene ist durch das LSG-Urteil - wie für das Rechtsmittel eines Beigeladenen erforderlich (vgl etwa BSGE 118, 30 = SozR 4-2500 § 85 Nr 81, RdNr 14 mwN, BSG SozR 4-2500 § 5 Nr 27 RdNr 17 f) - nicht nur formell, sondern auch materiell beschwert. Das Vorliegen einer materiellen Beschwer erfordert, dass die angefochtene Entscheidung geeignet ist, beim Rechtsmittelführenden eine Rechtsverletzung iS des § 54 Abs 1 Satz 2 SGG zu bewirken, wobei es auf zuvor gestellte Anträge nicht ankommt (vgl Hauck in Zeihe/Hauck, SGG, Stand März 2019, § 160 Anm 4a; Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 75 RdNr 19, Leitherer, aaO, Vor § 143 RdNr 4a, 8). Dies setzt voraus, dass die Beigeladene aufgrund der Bindungswirkung des angefochtenen Urteils unmittelbar in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt werden kann. Mithin muss sich die mögliche Belastung aus der Rechtskraftwirkung des § 141 Abs 1 Nr 1 SGG ergeben (stRspr, vgl etwa BSGE 111, 79 = SozR 4-3520 § 7 Nr 1, RdNr 13 mwN; vgl auch BVerwGE 31, 233, 234; BVerwGE 37, 43, 44). Hieran fehlt es, wenn sich eine mögliche Belastung nur aus der Begründung der Entscheidung ergibt, nicht jedoch von deren Rechtskraft erfasst wird (vgl BSG SozR 4-2600 § 118 Nr 3 RdNr 9; Hauck in Zeihe/Hauck, SGG, Stand März 2019, § 164 Anm 27; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 141 RdNr 9). So liegt es hier jedoch nicht. Die Klageabweisung hatte nicht ausschließlich verfahrensrechtliche Gründe (mangelndes Rechtsschutzbedürfnis). Das LSG hat zwar - wie sich aus den zur Auslegung des Tenors heranzuziehenden Entscheidungsgründen des LSG ergibt - den Hauptantrag wegen der seiner Auffassung nach eingetretenen Erledigung als unzulässig angesehen. Auf den Hilfsantrag hat das LSG jedoch über die Rechtmäßigkeit der Aufsichtsanordnung entschieden und damit eine der Rechtskraft fähige, materiell-rechtliche Entscheidung getroffen. Mit der Abweisung der hilfsweise gestellten Feststellungsklage ist zwischen den Beteiligten rechtskräftig entschieden, dass die Aufsichtsanordnung rechtmäßig ist (vgl Hauck in Zeihe/Hauck, SGG, Stand März 2019, § 141 Anm 4g; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 141 RdNr 13). Hierdurch ist die Beigeladene ggf materiell beschwert (vgl auch BSG SozR 3-1500 § 131 Nr 5 S 7 zur Fortsetzungsfeststellungklage eines Beigeladenen). Die Beklagte nimmt in der streitigen Aufsichtsanordnung umfassende "Prüf- und Informationsrechte der Aufsichtsbehörden" gegenüber der Beigeladenen und ihren Aktionären mit Auswirkungen für die Beigeladene für sich in Anspruch (§ 94 Abs 2 Satz 1 SGB X idF durch Art 9 Nr 2 Buchst b Gesetz zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht - Verwaltungsvereinfachungsgesetz - vom 21.3.2005, BGBl I 818 mWv 30.3.2005 iVm § 88 SGB IV idF durch Art 7 Nr 21 Gesetz zur Neuordnung der Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung ≪LSV-Neuordnungsgesetz - LSV-NOG≫ vom 12.4.2012, BGBl I 579 mWv 1.1.2013). Die Aufsichtsanordnung zielt zudem auf eine entsprechende Änderung der Satzung der Beigeladenen. Ohne Belang ist, ob die Beigeladene selbst unmittelbar gegen die Aufsichtsanordnung mit Erfolg hätte klagen können (zur fehlenden drittschützenden Wirkung einer aufsichtsrechtlichen Anordnung/Prüfung vgl zB BSGE 63, 173, 175 = SozR 2200 § 182 Nr 112; BSGE 98, 129 = SozR 4-2400 § 35a Nr 1, RdNr 13 mwN; BSGE 113, 107 = SozR 4-1500 § 54 Nr 32, RdNr 17; BSGE 113, 114 = SozR 4-1500 § 54 Nr 33, RdNr 20). Auch die einfache ("streitgenössische") Beiladung (§ 75 Abs 1 Satz 1 SGG; vgl auch BSGE 125, 207 = SozR 4-2400 § 35a Nr 5, RdNr 10 zur notwendigen Beiladung) dehnt - vergleichbar einer Streitverkündung im Zivilprozess - die Rechtskraftwirkung der Aufsichtsklage auf den Beigeladenen aus (§ 69 Nr 3 SGG, § 141 Abs 1 Nr 1 SGG; vgl auch BVerwGE 64, 67, 69 f = Buchholz 406.11 § 133 BBauG Nr 76 = juris RdNr 14; BVerwGE 77, 102, 105 f = Buchholz 418.711 LMBG Nr 15 = juris RdNr 36; Hauck in Zeihe/Hauck, SGG, Stand März 2019, § 141 Anm 6a). Würde das LSG-Urteil rechtskräftig, präjudizierte die Klageabweisung eine anschließende aktienrechtliche Anfechtungsklage der jetzigen Klägerin gegen einen in der Hauptversammlung der Beigeladenen in Ausführung der Aufsichtsanordnung gefassten Beschluss (vgl § 243 Abs 1 AktG; zur Anfechtungsbefugnis des Aktionärs vgl § 245 Nr 1 und 2 AktG). Weder die Klägerin noch die dann notwendigerweise beklagte Beigeladene (vgl § 246 Abs 2 Satz 1 AktG) könnte sich auf die Rechtswidrigkeit der Aufsichtsanordnung berufen. Entsprechendes gilt, soweit die Beigeladene bereits im Vorfeld zB mit einer vorbeugenden Unterlassungsklage gegen die klagende KK, ggf unter Zuhilfenahme einstweiligen Rechtsschutzes, gegen eine drohende Satzungsänderung vorgehen wollte.
2. Die Aufsichtsklage ist zulässig, insbesondere hat sich die Aufsichtsanordnung nicht durch Zeitablauf (dazu a) oder "auf andere Weise" (dazu b) erledigt (§ 39 Abs 2 SGB X). Zu Unrecht hat das LSG die Aufsichtsklage als unzulässig angesehen und über die Sache im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage entschieden.
a) Nach § 39 Abs 2 SGB X bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Anders als das LSG meint, hat sich die Aufsichtsanordnung nicht durch Zeitablauf erledigt. Das Revisionsgericht darf Willenserklärungen, auch öffentlich-rechtliche Erklärungen einschließlich Verwaltungsakte, jedenfalls dann selbst auslegen, wenn das Vordergericht den Verwaltungsakt nicht ausgelegt, insbesondere die von ihm selbst festgestellten tatsächlichen Umstände nicht vollständig verwertet hat und weitere Feststellungen nicht mehr in Betracht kommen (vgl BSGE 75, 92, 96 = SozR 3-4100 § 141b Nr 10 = juris RdNr 31; BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 12; BSG SozR 4-2500 § 133 Nr 6 RdNr 36; BSG Urteil vom 9.4.2019 - B 1 KR 5/19 R - juris RdNr 18, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; vgl auch BSG Urteil vom 13.12.2018 - B 5 RE 1/18 R - juris RdNr 37, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2600 § 6 Nr 18 vorgesehen). So liegt es hier. Das LSG hat auf den Ablauf der in der Aufsichtsanordnung genannten Fristen abgestellt, ohne deren Bedeutung zu würdigen.
Die aufsichtsbehördliche Anordnung der Beklagten ist zugleich ein Verwaltungsakt (§ 31 Satz 1 SGB X). Sie verpflichtet die Klägerin, umfassende Prüf- und Informationsrechte der Aufsichtsbehörden an der Beigeladenen schriftlich anzuerkennen sowie gemeinsam mit den übrigen bundesunmittelbaren Aktionären darauf hinzuwirken, dass eine Satzungsänderung durch die Hauptversammlung der Beigeladenen erfolgt, ohne diese Verpflichtungen zeitlich zu begrenzen. Dies ergibt sich aus dem hier maßgeblichen Empfängerhorizont (vgl BSGE 118, 137 = SozR 4-2400 § 90 Nr 1, RdNr 11) unter Berücksichtigung von Wortlaut und Vorgeschichte. Schon nach dem Wortlaut der Anordnung sind die beiden Verpflichtungen unbefristet; lediglich für die Vorlage des schriftlichen Anerkenntnisses und des Beschlusses der Hauptversammlung über die Satzungsänderung setzte die Beklagte der Klägerin Fristen. Auch aus dem vorangegangen Beratungsverfahren, auf das die Aufsichtsanordnung ausführlich Bezug nimmt, erschließt sich zwanglos, dass die ausgesprochenen Verpflichtungen der gerichtlichen Klärung der Rechtsmäßigkeit der Prüf- und Informationsrechte der Aufsichtsbehörden an der Beigeladenen zu dienen bestimmt waren und nicht etwa nach Fristablauf entfallen sollten. Die genannten Fristen dienen ersichtlich - neben der Beschleunigung des Verfahrens - auch der Klarstellung, bis zu welchem Zeitpunkt die Klägerin (noch) nicht mit Vollstreckungsmaßnahmen rechnen muss (vgl § 89 Abs 1 Satz 3 bis 5 SGB IV; vgl Gaßner, MedR 2017, 677, 683 f). Die Klägerin ist trotz Fristablaufs weiterhin verpflichtet, der Anordnung nachzukommen (vgl ähnlich BSGE 89, 227, 235 = SozR 3-2500 § 194 Nr 1 S 9 f).
b) Die aufsichtsbehördliche Anordnung hat sich auch nicht auf andere Weise erledigt (§ 39 Abs 2 SGB X). Von einer Erledigung "auf andere Weise" ist auszugehen, wenn der Verwaltungsakt nicht mehr geeignet ist, rechtliche Wirkungen zu entfalten oder wenn die Steuerungsfunktion, die ihm ursprünglich innewohnte, nachträglich entfallen ist. Dagegen führt selbst der Vollzug eines Handlungspflichten auferlegenden Verwaltungsaktes nicht bereits zu dessen Erledigung, wenn von ihm weiterhin rechtliche Wirkungen ausgehen (vgl BSG SozR 4-1200 § 51 Nr 1 RdNr 20; BSGE 119, 57 = SozR 4-2500 § 34 Nr 17, RdNr 38; BVerwG Urteil vom 25.9.2008 - 7 C 5.08 - NVwZ 2009, 122 RdNr 13 mwN - zu § 43 Abs 2 LVwVfG; vgl auch BSGE 125, 233 = SozR 4-2400 § 89 Nr 7, RdNr 33; Steinwedel in Kasseler Komm, Stand Juni 2019, § 39 SGB X, RdNr 24). Daran gemessen, hat sich die Aufsichtsanordnung bisher nicht "auf andere Weise" erledigt. Sie verpflichtet die Klägerin als Adressatin unverändert zu einer bestimmten Handlung (ua auf die Änderung der Satzung der Beigeladenen hinzuwirken). Bei einer solchen Handlungspflicht tritt regelmäßig keine Erledigung ein, solange der Adressat dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist. Dass der Zweck der Aufsichtsanordnung anderweitig erreicht worden wäre, etwa indem die übrigen Aktionäre ohne Beteiligung der Klägerin die Satzungsänderung vorgenommen hätten, hat das LSG nicht festgestellt. Hierfür ist auch nichts ersichtlich.
Ebenso wenig bestehen Anhaltspunkte, dass eine Erledigung auf andere Weise aus anderen Gründen, etwa wegen Auflösung der Beigeladenen, eingetreten ist. Keine Erledigung wäre eingetreten, wenn die Beigeladene - wie sie vorträgt - mittlerweile neben ihren Aktionären und anderen KKn (§ 197b Satz 1 SGB V; vgl hierzu Sichert, NZS 2013, 129, 134) auch private KKn zu ihren "Kunden" zählt. Das machte die angegriffene Aufsichtsanordnung nicht gegenstandslos. Eine möglicherweise den Zuständigkeitsbereich überschreitende Ausdehnung der Geschäftstätigkeit einer ARGE durch Dienstleistungen an private Dritte (vgl hierzu Schirmer/Kater/Schneider, Aufsicht in der Sozialversicherung, Stand September 2019, 310 S 9) wäre Anlass etwa für aufsichtsrechtliche Beratung (§ 89 Abs 1 Satz 1 SGB IV idF der Neubekanntmachung vom 12.11.2009, BGBl I 3710; zum Meinungsstand zur nach hM möglichen Beanstandung unmittelbar gegenüber der ARGE vgl Sichert, NZS 2013, 129, 136) und ggf für weitere Aufsichtsanordnungen. Eine unzulässige Ausweitung der Tätigkeit einer ARGE lässt ihre Rechtsnatur jedoch nicht von selbst entfallen (vgl § 94 Abs 1a Satz 1 SGB X idF durch Art 9 Nr 2 Buchst a Verwaltungsvereinfachungsgesetz; § 219 Abs 1 SGB V idF durch Art 4 Nr 10 Buchst a bis c Verwaltungsvereinfachungsgesetz, beide mWv 30.3.2005). Das LSG hat im Übrigen schon keine unzulässige Ausweitung der Tätigkeit der Beigeladenen festgestellt.
Keine Erledigung bewirkte es ebenso, wenn - wie die Beigeladene vorträgt - sie inzwischen auch einen privatrechtlichen Aktionär haben sollte. Das LSG hat schon nicht festgestellt, dass private Dritte an der Beigeladenen beteiligt sind. Hieran ist der erkennende Senat mangels durchgreifender Verfahrensrügen (§ 163 SGG) gebunden. Im Übrigen würde die angegriffene Aufsichtsanordnung hierdurch nicht gegenstandslos. Eine einmal gegründete ARGE wird nicht dadurch der Rechtsaufsicht entzogen, dass eine Privatperson ohne Vorabinformation der Aufsichtsbehörde Anteile an ihr erhält ungeachtet der Grenzen einer Beteiligung privater Dritter an einer ARGE (vgl zB §§ 197b, 219 SGB V, § 94 Abs 1a SGB X; Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung ≪11. Ausschuss≫ zu dem Entwurf der BReg eines Sozialgesetzbuchs ≪SGB≫ - Zusammenarbeit der Leistungsträger und ihre Beziehungen zu Dritten - BT-Drucks 9/1753 S 43 Zu § 95 - Arbeitsgemeinschaften; Herbst in Kasseler Kommentar, Stand Juni 2019, § 94 SGB X, RdNr 31; Sehnert in Hauck/Noftz, SGB X, Stand November 2014, § 94 RdNr 4 mwN).
3. Die Aufsichtsanordnung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Sie ist formell (dazu a) und materiell rechtmäßig (dazu b).
a) Rechtsgrundlage für das aufsichtsrechtliche Einschreiten der Beklagten ist § 89 SGB IV. Wird durch das Handeln oder Unterlassen eines Versicherungsträgers das Recht verletzt, soll die Aufsichtsbehörde zunächst beratend darauf hinwirken, dass der Versicherungsträger die Rechtsverletzung behebt (§ 89 Abs 1 Satz 1 SGB IV). Kommt der Versicherungsträger dem innerhalb angemessener Frist nicht nach, kann die Aufsichtsbehörde den Versicherungsträger verpflichten, die Rechtsverletzung zu beheben (§ 89 Abs 1 Satz 2 SGB IV).
Die Beklagte ist die für die Klägerin zuständige Aufsichtsbehörde (§ 90 Abs 1 Satz 1 SGB IV idF der Neubekanntmachung vom 12.11.2009, BGBl I 3710), denn die Klägerin ist ein bundesunmittelbarer Versicherungsträger. Die Beklagte beachtete auch das gesetzlich vorgesehene, zeitlich und in seiner Intensität abgestufte Verfahren (vgl dazu BSG SozR 3-2400 § 89 Nr 4 S 12; BSG SozR 4-2400 § 89 Nr 2 RdNr 13 mwN; BSGE 121, 179 = SozR 4-2500 § 194 Nr 1, RdNr 9). Sie erließ die angegriffene Aufsichtsanordnung erst nach mehrfachen Hinweisen, erfolglosen Aufforderungen zur Anerkennung der Prüf- und Informationsrechte der Aufsichtsbehörde und Beratung.
b) Die Aufsichtsanordnung ist auch materiell rechtmäßig. Sie ist unproblematisch hinreichend bestimmt (§ 33 Abs 1 SGB X). Sie fordert von der Klägerin in verständlicher Weise ein bestimmtes Verhalten. Sie gibt insbesondere den Passus, der in die Satzung der Beigeladenen aufgenommen werden soll, ausdrücklich vor. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Aufsichtsanordnung an einen rechtskundigen Versicherungsträger richtet und auf der vorangegangenen aufsichtsrechtlichen Beratung aufbaut (vgl BSGE 125, 233 = SozR 4-2400 § 89 Nr 7, RdNr 45).
Die Beklagte erließ die angefochtene Anordnung unter Beachtung des aufsichtsrechtlichen Prüfmaßstabs (dazu aa) wegen einer Rechtsverletzung (dazu bb) ermessensfehlerfrei (dazu cc).
aa) Der Prüfungsmaßstab der Aufsichtsbehörde richtet sich nach den rechtlichen Vorgaben für das Verhalten des Versicherungsträgers, das Gegenstand der Maßnahme ist (vgl BSGE 121, 179 = SozR 4-2500 § 194 Nr 1, RdNr 11 mwN). Gegenstand der angefochtenen Maßnahme ist allein, ob die Klägerin verpflichtet ist, Prüf- und Informationsrechte der Aufsichtsbehörde(n) unmittelbar gegenüber der Beigeladenen anzuerkennen und die Pflicht, auf die Aufnahme einer Bestimmung in die Satzung der Beigeladenen hinzuwirken, wonach diese Auskunfts- und Vorlageansprüche der für ihre Gesellschafter zuständigen Aufsichtsbehörden erfüllt. Konkrete Maßnahmen unmittelbar gegenüber der Beigeladenen sind nicht Gegenstand der Aufsichtsanordnung.
Die Klägerin hat als Sozialversicherungsträger ihre Aufgaben in eigener Verantwortung "im Rahmen des Gesetzes und des sonstigen für sie maßgeblichen Rechts" zu erfüllen (§ 29 Abs 3 SGB IV). Im Rahmen der reinen Rechtsaufsicht (§ 89 Abs 1 SGB IV) gebieten es der auch im Aufsichtsrecht geltende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und der Grundsatz maßvoller Ausübung der Rechtsaufsicht der Aufsichtsbehörde, dem beaufsichtigten Versicherungsträger bei seiner Verwaltungstätigkeit insoweit einen gewissen Bewertungsspielraum zu belassen, als dafür auch entsprechende Gestaltungsspielräume eröffnet sind (vgl etwa zum Gebot der Wirtschaftlichkeit sowie der Sparsamkeit im Haushaltswesen BSG SozR 4-2400 § 80 Nr 1 S 6; BSGE 125, 207 = SozR 4-2400 § 35a Nr 5, RdNr 16 mwN; BSG Urteil vom 30.7.2019 - B 1 A 2/18 R - juris RdNr 20, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Die Beklagte verletzte mit dem Erlass der Aufsichtsanordnung nicht das Gebot einer maßvollen Ausübung der Rechtsaufsicht. Das Verhalten der Klägerin, pauschal und insgesamt eine Anerkennung der Prüf- und Informationsrechte der Aufsichtsbehörde und die Aufnahme der Pflicht zur Erfüllung der Prüf- und Unterrichtungsrechte der Aufsichtsbehörde gegenüber den Aktionären in die Satzung der Beigeladenen zu verweigern, hielt sich nicht mehr im Rahmen des Vertretbaren (vgl zB § 94 Abs 2 Satz 1 Teilsatz 2 SGB X iVm § 88 SGB IV).
Die Beigeladene war zur Zeit der Verwaltungsentscheidung und der mündlichen Verhandlung beim LSG (zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung als maßgeblich für die Beurteilung der Rechtslage bei in die Zukunft gerichteten Verpflichtungsanordnungen der Aufsicht vgl BSG Urteil vom 8.10.2019 - B 1 A 3/19 R - juris RdNr 9, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) nach dessen unangegriffenen Feststellungen (§ 163 SGG) eine ARGE (§ 219 Abs 1 SGB V, § 94 Abs 1a Satz 1 SGB X; zum Begriff der ARGE als organisatorisch selbständige Einheit, bei denen es um eine tatsächliche, rechtliche und finanziell verbindliche Form der Zusammenarbeit geht bei freigestellter Rechtsform vgl BT-Drucks 15/4228 S 32; vgl auch BVerwG Urteil vom 11.11.1999 - 3 C 33.98 - Buchholz 451.74 § 18 KHG Nr 9 = juris RdNr 21). Denn sie war ein Zusammenschluss mehrerer KKn mit dem Ziel der Zusammenarbeit bei der Versorgung chronisch Kranker in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft. Sie unterlag zum einen der unmittelbaren Aufsicht der Beklagten (§ 94 Abs 2 Satz 1 Teilsatz 2 SGB X iVm § 90a SGB IV; vgl hierzu II 3. b bb 1). Die Aufsicht umfasst die Prüfung der Geschäfts- und Rechnungsführung der ARGE sowie die zur Ausübung des Aufsichtsrechts erforderliche Vorlage von Unterlagen und Erteilung von Auskünften (§ 94 Abs 2 Satz 1 Teilsatz 2 SGB X iVm § 88 SGB IV). Zum anderen erfordert eine effektive Aufsicht über die wirtschaftliche Tätigkeit der Aktionäre der Beigeladenen, dass die zuständigen Aufsichtsbehörden (im Fall der bundesunmittelbaren KKn die Beklagte, vgl § 90 Abs 1 Satz 1 SGB IV; im Fall der landesunmittelbaren KKn die zuständige Landesbehörde, vgl § 90 Abs 2 SGB IV) nicht nur von diesen, sondern auch direkt von der Beigeladenen verlangen kann, die erforderlichen Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu erteilen (vgl hierzu im Einzelnen II 3. b bb 1).
Indem sich die Klägerin - wie zuvor auch die Beigeladene - demgegenüber auf die Verschwiegenheitsverpflichtungen des Vorstands und des Aufsichtsrats einer AG berief (§ 93 Abs 1 Satz 3, § 116 Satz 1 und 2 AktG), missachtete sie die gesetzgeberische Grundentscheidung und deren Ziele. Ungeachtet der Frage, ob und ggf in welchem Umfang aktienrechtliche Verschwiegenheitspflichten - allgemein oder in konkreten Einzelfällen - auch gegenüber der Aufsichtsbehörde bestehen (vgl hierzu II 3. b bb 2), sind diese nicht geeignet, ganz allgemein Prüf- und Unterrichtungspflichten gegenüber der Aufsichtsbehörde auszuschließen, unabhängig davon, ob überhaupt vertrauliche Angaben oder Gesellschaftsgeheimnisse betroffen wären. Das AktG knüpft das Schweigegebot allein an das objektive Vorliegen der Merkmale "vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft" (§ 93 Abs 1 Satz 3, § 116 Satz 1 AktG) und "vertrauliche Berichte und vertrauliche Beratungen" (§ 116 Satz 2 AktG), ohne eine generelle, im Einzelfall zu widerlegende Vermutung für ein sachlich unbegrenztes Schweigegebot aufzustellen (vgl BGHZ 64, 325, 330 = juris RdNr 14).
bb) Da sich die Klägerin trotz ausführlicher Beratung durch die Beklagte weigerte, deren Informations- und Prüfrechte an der Beigeladenen anzuerkennen und in der Satzung die Pflicht zur Erfüllung der Informations- und Prüfrechte der Aufsichtsbehörden gegenüber den Aktionären zu verankern, liegt auch eine Rechtsverletzung vor. Den Informations- und Unterrichtungsrechten der Beklagten und ggf weiterer für die Aktionäre zuständiger Landesbehörden (dazu 1.) stehen aktienrechtliche Verschwiegenheitspflichten (§ 93 Abs 1 Satz 3, § 116 Satz 1 und 2 AktG) nicht entgegen (dazu 2.).
(1) Können nach dem SGB ARGEn gebildet werden, unterliegen diese staatlicher Aufsicht. Die Aufsicht erstreckt sich auf die Beachtung von Gesetz und sonstigem Recht, das für die ARGEn, die Leistungsträger und ihre Verbände maßgebend ist; die §§ 85, 88, 90 und 90a SGB IV gelten entsprechend (§ 94 Abs 2 Satz 1 Teilsatz 1 und 2 SGB X). Das Gesetz sieht damit - in Ergänzung zur fortbestehenden Aufsicht gegenüber den Mitgliedern der ARGE (mittelbare oder indirekte Aufsicht) - eine unmittelbare (direkte) Aufsicht gegenüber der ARGE selbst vor. Sie ermöglicht es der Aufsichtsbehörde insbesondere, die Geschäfts- und Rechnungsführung der ARGE zu prüfen (§ 94 Abs 2 Satz 1 Teilsatz 2 SGB X iVm § 88 Abs 1 SGB IV). Die ARGE hat der Aufsichtsbehörde oder ihren Beauftragten auf Verlangen alle Unterlagen vorzulegen und alle Auskünfte zu erteilen, die zur Ausübung des Aufsichtsrechts auf Grund pflichtgemäßer Prüfung der Aufsichtsbehörde gefordert werden (§ 94 Abs 2 Satz 1 Teilsatz 2 SGB X iVm § 88 Abs 2 SGB IV).
Die Zuständigkeit der Aufsichtsbehörden für eine ARGE richtet sich gemäß § 94 Abs 2 Satz 1 Teilsatz 3 SGB X iVm §§ 90 und 90a SGB IV grundsätzlich nach dem territorialen Zuständigkeitsbereich der ARGE, nicht ihrer Mitglieder. Die Aufsicht über eine ARGE, an der - wie bei der Beklagten - weder der Spitzenverband der GKV noch die BA beteiligt ist (vgl hierzu § 94 Abs 2 Satz 1 Teilsatz 3 SGB X) und deren Zuständigkeitsbereich sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt, führt grundsätzlich die Beklagte vertreten durch das BVA (§ 90 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGB IV iVm § 94 Abs 2 Satz 1 Teilsatz 2 SGB X; Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB IV, 8. Aufl 2014, § 94 RdNr 11a). Rechtmäßig verlangt die Beklagte in ihrer Aufsichtsanordnung von der Klägerin und den weiteren bundesunmittelbaren KKn, die Aktionäre der Beigeladenen sind, dass sie für eine Satzungsänderung der Beigeladenen sorgen, die die Pflicht in ihre Satzung aufnimmt, die Prüf- und Informationsrechte "der für einen oder mehrere Gesellschafter zuständigen Aufsichtsbehörde bzw. deren Beauftragten" zu erfüllen. Dies stellt eine wirksame Aufsicht über die KKn sicher, die Aktionäre der Beigeladenen sind. Die Aufsichtsbehörden verfügen lediglich gegenüber diesen Aktionären über Zwangsmittel, nicht aber gegenüber der Beigeladenen (vgl § 94 Abs 2 Satz 1 Teilsatz 2 SGB X ohne Verweisung auf § 89 SGB IV; abweichend Art 8 Nr 7 des Referentenentwurfs des BMAS eines Siebten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze - 7. SGB IV-ÄndG zu § 94 SGB X). Ungeachtet dessen muss die Beigeladene unmittelbar der Beklagten die zur Ausübung ihres Aufsichtsrechts über die ARGE erforderlichen Informationen zukommen lassen. In gleicher Weise muss sie dies, um die Ausübung des Aufsichtsrechts über die Aktionäre der ARGE zu ermöglichen. Die aufzunehmende Satzungsbestimmung sichert, dass es nicht zu kontrollfreien Räumen kommt.
Die KKn sind als Aktionäre einer ARGE nach Aktienrecht nicht in der Lage, sich die für eine wirksame Aufsicht über die KKn erforderlichen umfassenden Informationen über die ARGE zu verschaffen. Die Aufsichtsbehörden haben nur die Möglichkeit, sich mit ihren Auskunftsbegehren unmittelbar an die ARGE zu wenden. Anderenfalls müssten die Aufsichtsbehörden die Beteiligung an einer ARGE in der Rechtsform der AG von vorneherein untersagen, damit es nicht zu aufsichtsfreien Räumen kommt. Die KKn unterliegen hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Beteiligung als Aktionäre an einer in der Form der AG gegründeten ARGE der staatlichen Aufsicht. Versicherungsträger dürfen nur Geschäfte zur Erfüllung ihrer gesetzlich vorgeschriebenen oder zugelassenen Aufgaben führen und ihre Mittel nur für diese Aufgaben sowie die Verwaltungskosten verwenden (§ 30 Abs 1 SGB IV). Die zuständigen Aufsichtsbehörden müssen überprüfen können, ob eine wirtschaftliche Beteiligung der KKn sich in diesen Grenzen bewegt. So unterliegt es etwa der Prüfung, ob die privatrechtlich gegründete AG (noch) die Voraussetzungen einer ARGE im Sinne eines Zusammenschlusses mehrerer KKn mit dem Ziel der Zusammenarbeit erfüllt (§ 94 Abs 1a SGB X), oder ob die wirtschaftliche Beteiligung sich auf einer anderen rechtlichen Grundlage rechtfertigen lässt (zB als Beteiligung an gemeinnützigen Einrichtungen, § 83 Abs 1 Nr 7 SGB IV). Hierfür reicht es nicht aus, dass die KKn den Aufsichtsbehörden die erforderlichen Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu erteilen haben (§ 88 Abs 2 SGB IV). Denn die KKn verfügen selbst regelmäßig nicht über alle entscheidungserheblichen Informationen. Als Aktionäre einer AG gilt für sie bloß das in sich abgeschlossene Informationssystem des Jahres- bzw Konzernabschlusses sowie der Auskunft in der Hauptversammlung (§§ 131, 132 AktG; vgl Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 3. Aufl 2006, RdNr 473; zu den speziellen individuellen Auskunftsrechten im Konzern- und Umwandlungsrecht vgl § 293g Abs 3, § 295 Abs 2 Satz 3, § 319 Abs 3 Satz 4 und 5, § 320 Abs 4 Satz 3, § 326 AktG; § 64 Abs 2 Umwandlungsgesetz - UmwG; vgl Reger in Bürgers/Körber, AktG, 4. Aufl 2017, § 131 RdNr 3; Spindler in K. Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl 2015, § 131 RdNr 12). Das Auskunftsrecht ermöglicht dem Aktionär einen Zugang lediglich zu denjenigen Informationen, die zur sachgemäßen Beurteilung des Geschäftsgegenstands der Tagesordnung erforderlich sind (§ 131 Abs 1 Satz 1 AktG). Es soll dem Aktionär den sinnvollen Gebrauch seiner Mitgliedschaftsrechte ermöglichen und ist sowohl in zeitlicher als auch in gegenständlicher Hinsicht beschränkt (vgl hierzu BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 20.9.1999 - 1 BvR 636/95 - juris RdNr 17 f = NJW 2000, 349). Daneben bestehen aktienrechtlich nur Berichts- und Informationspflichten des Vorstands gegenüber der Hauptversammlung als Organ (etwa im Rahmen der Einberufung der Hauptversammlung, vgl zB § 121 AktG, § 124 Abs 1 Satz 1, Abs 2 AktG) oder die allgemeinen handelsrechtlichen Publizitätspflichten (vgl §§ 325 ff HGB).
(2) Die Beigeladene ist nicht durch aktienrechtliche Verschwiegenheitspflichten gehindert, der Aufsichtsbehörde auf Verlangen alle Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu erteilen, die zur Ausübung des Aufsichtsrechts über die Gesellschaft aufgrund pflichtgemäßer Prüfung erforderlich sind. Gleiches gilt auch für die Informationen, die zur Ausübung des Aufsichtsrechts über die Aktionäre der ARGE erforderlich sind (vgl oben unter 1).
Vorstandsmitglieder einer AG haben gemäß § 93 Abs 1 AktG (idF durch Art 9 Nr 7 Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister - EHUG - vom 10.11.2006, BGBl I 2553 mWv 1.1.2007) bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden (Satz 1). Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln (Satz 2). Über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die den Vorstandsmitgliedern durch ihre Tätigkeit im Vorstand bekanntgeworden sind, haben sie Stillschweigen zu bewahren (Satz 3). Die Pflicht des Satzes 3 gilt nicht gegenüber einer nach § 342b des Handelsgesetzbuchs anerkannten Prüfstelle im Rahmen einer von dieser durchgeführten Prüfung (Satz 4). Für die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder gilt § 93 AktG mit Ausnahme des Abs 2 Satz 3 über die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder sinngemäß (§ 116 Satz 1 AktG). Die Aufsichtsratsmitglieder sind insbesondere zur Verschwiegenheit über erhaltene vertrauliche Berichte und vertrauliche Beratungen verpflichtet (Satz 2). Auskunftspflichten wie hier gegenüber der Aufsichtsbehörde richten sich allerdings in erster Linie an die AG selbst, sodass der Vorstand als Vertreter der Gesellschaft (vgl § 78 Abs 1 Satz 1 AktG) die entsprechenden Informationen weitergeben muss. Nur wenn der Vorstand seine Pflicht nicht erfüllt und entsprechende Aufforderungen des Aufsichtsrats fruchtlos bleiben, kann in seltenen Ausnahmefällen der Aufsichtsrat selbst die Information erteilen (vgl Spindler in Spindler/Stilz, Kommentar zum AktG, Bd 1, 4. Aufl 2019, § 116 RdNr 21; vgl auch Habersack in MüKo, AktG, 5. Aufl 2019, § 116 RdNr 65; BGH NJW 2016, 2569 = juris RdNr 35).
Zu den Sorgfaltspflichten eines Vorstandsmitglieds gehört die Legalitätspflicht, dh die Pflicht, sich bei seiner Amtsführung gesetzestreu zu verhalten. Neben der internen Pflichtenbindung durch AktG, Satzung und Geschäftsordnung unterliegt der Vorstand der externen Pflichtenbindung durch allgemeine Gesetzespflichten: Ein Vorstandsmitglied muss im Außenverhältnis sämtliche Rechtsvorschriften einhalten, die das Unternehmen als Rechtssubjekt treffen. Hierzu gehören die Regelungen des Verwaltungsrechts ebenso wie die Vorgaben des Arbeits-, Sozial- und Steuerrechts (vgl Fleischer in Spindler/Stilz, Kommentar zum AktG, Bd 1, 4. Aufl 2019, § 93 RdNr 14, 23; BGHSt 55, 266 = NJW 2010, 3458, RdNr 29; BGHSt 55, 288 = NJW 2011, 88, RdNr 37). Konsequent findet die Verschwiegenheitspflicht der Vorstandsmitglieder ihre Grenze, wo eine gesetzliche Pflicht zur Offenlegung bestimmter Tatsachen besteht. Hierzu gehören auch Auskunftsrechte der Behörden (vgl Fleischer in Spindler/Stilz, Kommentar zum AktG, Bd 1, 4. Aufl 2019, § 93 RdNr 167; Koch in Hüffer/Koch, AktG, 13. Aufl 2018, § 93 RdNr 31; Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 3. Aufl 2006, RdNr 528 ff; Spindler in MüKo, AktG, 5. Aufl 2019, § 93 RdNr 159; vgl auch den Entwurf der BReg eines Gesetzes zur Kontrolle von Unternehmensabschlüssen ≪Bilanzkontrollgesetz - BilKoG≫, BT-Drucks 15/3421, 21: Auskunftspflicht nach § 37o Abs 4 WpHG geht der Verschwiegenheitspflicht vor). Insofern kommt auch dem Verweis in § 93 Abs 1 Satz 4 AktG auf die fehlende Pflicht zur Verschwiegenheit gegenüber einer nach § 342b HGB anerkannten Prüfstelle im Rahmen einer von dieser durchgeführten Prüfung lediglich klarstellende Bedeutung zu (vgl Koch in Hüffer/Koch, AktG, 13. Aufl 2018, § 93 RdNr 33). Auch die Sonderregelungen in §§ 394, 395 AktG betreffend die Berichte der Aufsichtsratsmitglieder, die auf Veranlassung einer Gebietskörperschaft in den Aufsichtsrat gewählt oder entsandt worden sind, stellen - anders als die Beigeladene meint - keine abschließende Regelung der Verschwiegenheitspflicht bei Tätigkeiten der öffentlichen Hand in den Formen privater Gesellschaften dar (vgl Schall in Spindler/Stilz, Kommentar zum AktG, Bd 2, 4. Aufl 2019, § 394 RdNr 2; Schürnbrand, MüKo, AktG, 5. Aufl 2019, Vor § 394 RdNr 2, 14 ff). Vielmehr haben die Vorstandsmitglieder der Beigeladenen im Rahmen ihrer Tätigkeit auf Aufforderung der Aufsichtsbehörde dieser die Prüfung der Geschäfts- und Rechnungsführung der Beigeladenen zu ermöglichen, ihr die zur Ausübung des Aufsichtsrechts erforderlichen Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu erteilen (§ 94 Abs 2 SGB X iVm § 88 SGB IV).
cc) Die Beklagte übte das ihr eingeräumte Ermessen rechtmäßig aus, gegen die zutreffend festgestellte Rechtsverletzung einzuschreiten (§ 89 Abs 1 Satz 2 SGB IV). Sie traf - formal hinreichend begründet (§ 35 Abs 1 SGB X) - eine Ermessensentscheidung, hielt dabei die gesetzlichen Grenzen des Ermessens ein und machte von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch.
Die Beklagte übte ihr Entschließungsermessen rechtmäßig aus, die Klägerin zu verpflichten, die Prüf- und Informationsrechte der Beklagten an den Aktionären der Beigeladenen auch hinsichtlich dieser sowie an der Beigeladenen anzuerkennen sowie darauf hinzuwirken, dass die gebotene Pflicht zur Erfüllung dieses Gebots in die Satzung aufgenommen wird. Ermessensgerecht begründete sie ihre Entscheidung damit, die Verpflichtungsanordnungen seien unabdingbare Grundlage für die Wahrnehmung der Aufsicht über die bundesunmittelbaren KKn als Aktionäre der Beigeladenen und über die Beigeladene als ARGE. Dies entsprach auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Beklagte durfte mit diesen Erwägungen auf die an vorangegangene Informationsverweigerungen anknüpfende, eindeutig rechtswidrige Weigerung der Klägerin reagieren, die Aufsichtsrechte an der Beigeladenen anzuerkennen, und von ihr nicht nur die schriftliche Anerkennung der Prüf- und Informationsrechte der Aufsichtsbehörde verlangen, sondern auch deren Hinwirken darauf, dass die Erfüllung der Prüf- und Informationsrechte der Aufsichtsbehörde gegenüber den Aktionären der Beigeladenen in der Satzung verankert wird. Die Beklagte musste sich nicht auf den ineffizienten Weg einer -ggf gerichtlichen- Durchsetzung ihrer Aufsichtsrechte im jeweiligen konkreten Einzelfall beschränken.
Dem steht nicht entgegen, dass es sich nur um die Aufsichtsanordnung gegenüber einer einzelnen Aktionärin handelt und eine Satzungsänderung einer Mehrheit in der nachfolgenden Hauptversammlung bedarf. Denn die Beklagte erließ gleichlautende Aufsichtsanordnungen gegenüber allen weiteren ihrer Aufsicht unterstehenden Aktionären der Beigeladenen. Diese Vorgehensweise war auch rechtlich vorgegeben. Der Beklagten stehen unmittelbar gegenüber einer ARGE keine Zwangsmittel zu (vgl oben II 3. b bb 1). Eine Durchsetzung der Prüf- und Informationsrechte war ihr von vorneherein in rechtlich zulässiger Weise nur über Aufsichtsanordnungen an die Aktionäre der Beigeladenen möglich.
Die Klägerin genießt keinen Vertrauensschutz. Selbst wenn sich die Beklagte zunächst mit einer Änderung der von der Hauptversammlung der Beigeladenen beschlossenen "Richtlinie für den Vorstand zur Erteilung von Auskünften gegenüber den Aktionären bei Anfragen der zuständigen Aufsichtsbehörden" zufrieden gegeben haben sollte, hinderte sie dies nicht, einen als rechtswidrig erkannten Zustand in Bezug auf die Aufsicht der Beigeladenen zu beenden (vgl entsprechend § 195 Abs 2 Satz 1 SGB V zur nachträglichen Änderung einer genehmigten Satzung, vgl BSGE 121, 179 = SozR 4-2500 § 194 Nr 1, RdNr 23). Die Vorstandsrichtlinie regelt kein funktionsadäquates Surrogat für die Auskunftsrechte der Aufsichtsbehörden, sondern lediglich Auskunftsrechte der Aktionäre gegenüber der Beigeladenen.
5. Der erkennende Senat weicht mit seiner Auslegung der Grenzen des Aufsichtsrechts nicht von Entscheidungen des BGH ab. Ein Vorlagebeschluss an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes ist nicht geboten (vgl § 2 Abs 1 und § 11 Abs 1 Gesetz zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes). Der erkennende Senat geht in Übereinstimmung mit der Rspr des BGH davon aus, dass das Schweigegebot des § 116 iVm § 93 Abs 1 Satz 3 AktG eine abschließende Regelung ist, die durch Satzung oder Geschäftsordnung weder gemildert noch verschärft werden kann (vgl BGHZ 64, 325, 326 f; vgl auch BGH Urteil vom 26.4.2016 - XI ZR 108/15 - juris RdNr 34 = NJW 2016, 2569). Gegenstand der Aufsichtsanordnung ist jedoch weder eine Einschränkung noch Ausweitung der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflicht durch eine Änderung der Satzung der Beigeladenen, sondern die auch satzungsmäßige Verankerung bestehender Auskunfts- und Informationsrechte nach dem SGB X und SGB IV, welche die Schweigepflicht der Beigeladenen einschränken. Die von der Beklagten über die Klägerin und die anderen Aktionäre angestrebte Satzungsänderung zielt nur darauf ab, die gesetzlich bestehenden Auskunfts- und Informationspflichten der Beigeladenen deklaratorisch in der Satzung festzuhalten, um die mittelbare Durchsetzung dieser Pflichten gegenüber den aufsichtspflichtigen KKn zu erleichtern. Verletzt die Beigeladene diese Pflichten, können die Aufsichtsbehörden auf die ihrer Aufsicht unterliegenden KKn insbesondere dahin einwirken, die Beigeladene aufzulösen (vgl § 262 AktG).
6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2, Abs 3 Teilsatz 1 VwGO für das Revisionsverfahren und aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 1, Abs 3 Teilsatz 1, § 159 Satz 2 VwGO für das Klageverfahren. Die Klägerin und die Beigeladene, die im Klageverfahren einen Antrag gestellt hat, tragen danach als Unterliegende die Kosten des Klageverfahrens. Die Pflicht trifft sie als Gesamtschuldner. Besteht der kostenpflichtige Teil - wie hier - aus mehreren Personen, so gilt § 100 ZPO entsprechend (vgl § 159 Satz 1 VwGO). Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden (vgl § 159 Satz 2 VwGO). Ob das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden kann, richtet sich nach der konkreten Prozesslage (vgl entsprechend zum Normenkontrollantrag mehrerer Miteigentümer gegen einen Bebauungsplan im selben Verfahren BVerwG Beschluss vom 17.10.2000 - 4 BN 48/00 - Buchholz 310 § 159 VwGO Nr 1). Hierfür genügt es in Verfahren nach dem SGG, dass gegenüber Kläger und Beigeladenem einheitlich über die Rechtmäßigkeit einer Aufsichtsanordnung zu entscheiden ist (vgl ausführlich BSG Urteil vom 30.7.2019 - B 1 KR 15/18 R - juris RdNr 23 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR-4 vorgesehen). Der erkennende Senat berücksichtigt bei seiner Ermessensentscheidung insbesondere die Mitwirkung der Beigeladenen im Klageverfahren, die sich mit ihrem Sachantrag dem Klagebegehren angeschlossen hat.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, Abs 3 Satz 1 Nr 2 und Satz 2, § 52 Abs 1, § 47 Abs 1 Satz 1 GKG.
Fundstellen
BSGE 2020, 135 |
DStR 2019, 12 |
NVwZ 2019, 9 |
NZG 2019, 6 |
ZIP 2019, 80 |
AG 2020, 180 |
KrV 2020, 21 |
NZS 2019, 8 |
SGb 2020, 41 |
SGb 2020, 93 |
NJW-Spezial 2020, 112 |