Verfahrensgang
Hessisches LSG (Urteil vom 20.06.1988) |
SG Frankfurt am Main (Urteil vom 12.05.1986) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 20. Juni 1988 aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 12. Mai 1986 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren und für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Im Streit ist der vom Kläger erhobene Anspruch auf Vormerkung der Zeit seines in Rumänien abgeleisteten Wehrdienstes als Versicherungszeit in der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland.
Der im Dezember 1941 in Rumänien geborene Kläger leistete dort vom 28. Mai 1966 bis zum 28. September 1967 Wehrdienst. Im Jahre 1978 übersiedelte er in die Bundesrepublik Deutschland. Er ist als Vertriebener anerkannt und Inhaber des Vertriebenenausweises A.
In ihrem Bescheid vom 6. März 1984 über die Anerkennung von Versicherungszeiten nach den Vorschriften der Fremdrentengesetzes (FRG) lehnte die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) ua eine Anerkennung der Zeit vom 28. Mai 1966 bis 28. September 1967 als Ersatzzeit iS des § 28 Abs 1 Nr 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) ab. Der auch hiergegen gerichtete Widerspruch des Klägers wurde zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 14. Januar 1985).
Das Sozialgericht (SG) Frankfurt am Main hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 12. Mai 1986). Auf die allein noch den Anspruch auf Vormerkung der Zeit des rumänischen Wehrdienstes betreffende Berufung des Klägers hat das Hessische Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG vom 12. Mai 1986 geändert und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 6. März 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Januar 1985 verurteilt, die Zeit vom 28. Mai 1966 bis zum 28. September 1967 zugunsten des Klägers als Beitragszeit vorzumerken (Urteil vom 20. Juni 1988). Zur Begründung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt:
Der Kläger habe einen Anspruch auf Vormerkung der Zeit seines vom 28. Mai 1966 bis zum 28. September 1967 in Rumänien abgeleisteten Militärdienstes als Beitragszeit in der deutschen Rentenversicherung. Die Zeit sei in einer gesetzlichen Rentenversicherung iS des § 15 Abs 2 FRG zurückgelegt worden und iS des § 15 Abs 1 Satz 1 FRG eine Beitragszeit, welche den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleichstehe. Zwar seien während des Zeitraums der Wehrdienstleistung nach rumänischem Recht Beiträge nicht zu entrichten gewesen. Die Wehrdienstzeit des Klägers sei aber eine „Beitragszeit ohne Beitragsleistung”. Nach Anlage und Konzeption des § 15 FRG müsse es genügen, wenn die bei einem außerhalb der Bundesrepublik Deutschland befindlichen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegte Zeit einer deutschen Beitragszeit nach § 27 Abs 1 Buchst a) AVG in den wesentlichen Kriterien so weit vergleichbar sei, daß eine Entschädigung im Wege der Gleichstellung mit ihr gerechtfertigt erscheine (Hinweis auf die Beschlüsse des Großen Senats -GS- des Bundessozialgerichts -BSG- vom 4. Juni 1986 = BSGE 60, 100 = SozR 5050 § 15 Nr 32 und vom 25. November 1987 = BSGE 62, 255 = SozR aaO Nr 35). Diese Voraussetzungen seien hinsichtlich der Militärdienstzeit des Klägers in der rumänischen Armee erfüllt. Das rumänische Rentenversicherungsrecht kenne den gesetzlichen Begriff der Beitragszeiten nicht. Seit 1949 seien dort Grundlage für die Feststellung von Rechten aus der Sozialversicherung wie insbesondere von Rentenansprüchen die Beschäftigungszeiten der Arbeitnehmer. Bestimmte Fälle der Arbeitsunterbrechung würden ebenfalls als Beschäftigungszeiten anerkannt. Hingegen seien dem rumänischen Sozialversicherungsrecht Ersatzzeiten oder Ausfallzeiten iS des deutschen Rentenrechts unbekannt. Die nicht als Beruf ausgeübte Dienstzeit in der rumänischen Armee werde nach dortigem Recht im Rahmen der Rentenberechnung in gleicher Weise berücksichtigt wie die von einem abhängig beschäftigten Arbeitnehmer zurückgelegte Zeit. Nach Art 81 des seit dem Jahre 1972 geltenden Gesetzes Nr 14 vom 28. Dezember 1972 über die Landesverteidigung bestehe das – beitragspflichtige – Arbeitsverhältnis während der Erfüllung des Wehrdienstes weiter. Soweit dieser vor der im Jahre 1972 erfolgten Gesetzesänderung abgeleistet worden sei, werde er ebenso wie bestimmte Zeiten der Krankheit oder Berufsausbildung zwar als beitragslose, gleichwohl jedoch pensionsanrechnungsfähige Beschäftigungszeit behandelt. Die versicherungsrechtliche Position des Klägers während der Ableistung der Wehrpflicht in Rumänien habe sich demzufolge im Ergebnis nicht von derjenigen eines Arbeitnehmers unterschieden, für den vom Arbeitgeber Beiträge entrichtet worden seien. Die nach rumänischem Recht bei der Rentenberechnung für die Dauer des Wehrdienstes zu berücksichtigende beitragslose Beschäftigungszeit entspreche damit einer „Beitragszeit ohne Beitragsleistung” iS des § 27 Abs 1 Buchst a) AVG. Die in Rumänien durch die Ableistung des Wehrdienstes erworbene rentenrechtliche Position sei mit den aus dem Grundwehrdienst der Bundesrepublik Deutschland erworbenen Rentenrechten vergleichbar und damit „eingliederungsfähig”
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte sinngemäß eine Verletzung des § 15 FRG. Die an dem Beschluß des GS des BSG vom 4. Juni 1986 orientierte Auffassung des LSG, daß die rumänische Wehrdienstzeit des Klägers als „beitragslose Beitragszeit” anrechnungsfähig sei, könne unter Berücksichtigung des Beschlusses des GS vom 25. November 1987 nicht aufrechterhalten werden. Dieser Beschluß verdeutliche gewisse Grenzen der Entschädigung einer beitragslosen Beitragszeit fremden Rechts gemäß § 15 FRG. Aus ihm ergebe sich die Konsequenz, daß der rumänische Wehrdienst des Klägers nicht als Beitragszeit nach § 15 FRG berücksichtigt werden könne. Es fehle an der Voraussetzung, daß die Anrechnung der fraglichen Zeit nach dem Recht des Herkunftslandes nicht an bestimmte Voraussetzungen im Versicherungsverlauf geknüpft sei, wie das bei deutschen Ersatz- und Ausfallzeiten der Fall sei. Der rumänische Wehrdienst vermittele als solcher nicht eine beitragszeitähnliche Rechtsposition. Er werde versicherungsund rentenrechtlich im rumänischen Recht erst dadurch beachtlich, daß er ein beitragspflichtiges Arbeitsverhältnis unterbreche. Als Rechtsgrundlage hierfür sei zZ Art 20 Abs 2 Buchst a) des Gesetzes Nr 3 vom 30. Juni 1977 über die staatliche Sozialversicherung und Sozialhilfe (Amtsblatt Nr 82 vom 6. August 1977) einschlägig. Darin konstruiere das rumänische Recht Anrechnungsvoraussetzungen wie das deutsche Recht bei Ersatz- und Ausfallzeiten „Vorversicherung”, „Beschäftigungsunterbrechung”). Übereinstimmend mit den Urteilen des BSG vom 19. März 1980 (BSGE 50, 55 = SozR 5050 § 15 Nr 14) und vom 29. September 1980 (BSG SozR aaO Nr 18) sei daher der rumänische Wehrdienst als ersatzzeitähnlich und damit nicht von § 15 FRG erfaßt anzusehen. Eine Parallele zum Grundwehrdienst in der DDR könne nicht gezogen werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 20. Juni 1988 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 12. Mai 1986 zurückzuweisen.
Der Kläger ist im Revisionsverfahren nicht durch einen beim BSG zugelassenen Prozeßbevollmächtigten vertreten.
Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) erklärt (zur Zulässigkeit einer solchen Erklärung seitens eines im Revisionsverfahren nicht oder nicht durch einen postulationsfähigen Bevollmächtigten vertretenen Beteiligten vgl BSG SozR 1500 § 124 Nr 6 S 11 mwN).
Entscheidungsgründe
II
Die durch Zulassung statthafte Revision der Beklagten ist zulässig und begründet.
Der Kläger kann die Herstellung einer Versicherungsunterlage (vgl § 11 Abs 2 der Versicherungsunterlagen-Verordnung -VuVO- vom 3. März 1960; BGBl I S 137) für die Zeit seiner rumänischen Wehrdienstleistung als nach § 15 Abs 1 FRG anrechenbarer Beitragszeit nicht beanspruchen.
Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen oder nach dem 30. Juni 1945 bei einem außerhalb des Geltungsbereichs des FRG befindlichen deutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen zurückgelegt sind, stehen den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich (§ 15 Abs 1 Satz 1 FRG). Als gesetzliche Rentenversicherung ist jedes System der sozialen Sicherheit anzusehen, in das in abhängiger Beschäftigung stehende Personen durch öffentlich-rechtlichen Zwang einbezogen sind, um sie und ihre Hinterbliebenen für den Fall der Minderung der Erwerbsfähigkeit, des Alters und des Todes oder für einen oder mehrere dieser Fälle durch Gewährung regelmäßig wiederkehrender Geldleistungen (Renten) zu sichern (§ 15 Abs 2 Satz 1 FRG).
Das LSG hat ausgeführt, die rumänische Sozialversicherung sei eine gesetzliche Rentenversicherung iS des § 15 Abs 2 Satz 1 FRG. Dies beanstandet die Revision nicht. Streitig ist allein, ob die Zeit der Wehrdienstleistung des Klägers in Rumänien vom 28. Mai 1966 bis zum 28. September 1967 eine fremde Beitragszeit iS des § 15 Abs 1 Satz 1 FRG ist. Das hat das LSG zu Unrecht bejaht.
Der in § 15 Abs 1 Satz 1 FRG selbst nicht definierte Begriff der „Beitragszeit” ist insbesondere durch die Beschlüsse des GS des BSG vom 4. Juni 1986 (BSGE 60, 100, 104 ff = SozR 5050 § 15 Nr 32 S 101 ff) und vom 25. November 1987 (BSGE 62, 255, 260 ff = SozR aaO Nr 35 S 119 ff) konkretisiert worden. Danach sind, ausgehend von der ausdrücklichen Definition des grundlegenden Begriffs „Beitragszeit” in § 1250 Abs 1 Buchst a) der Reichsversicherungsordnung (RVO) und in § 27 Abs 1 Buchst a) AVG, Beitragszeiten iS des § 15 Abs 1 Satz 1 FRG sowohl solche Zeiten, für die „Beiträge wirksam entrichtet sind” (§ 1250 Abs 1 Buchst a Alternative 1 RVO; Beitragszeiten im engeren Sinne, „echte” Beitragszeiten), als auch solche, „für die Beiträge als entrichtet gelten” (§ 1250 Abs 1 Buchst a Alternative 2 RVO; „Beitragszeiten ohne Beitragsleistung”). Für die Anrechnungsfähigkeit einer außerhalb der Bundesrepublik Deutschland nach nichtdeutschem oder DDR-Recht zurückgelegten Zeit als „Beitragszeit ohne Beitragsleistung” verlangt § 15 Abs 1 FRG unter Berücksichtigung dessen, daß er anders als die sonstigen Vorschriften des FRG noch vom Entschädigungsgedanken geprägt ist, nicht, die außerhalb der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegten Zeiten immer nur dann Beitragszeiten nach Bundesrecht gleichzustellen, wenn sie ganz präzise den in § 1250 Abs 1 Buchst a) RVO gestellten Anforderungen entsprechen. Vielmehr muß es genügen, wenn die bei einem außerhalb der Bundesrepublik Deutschland befindlichen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegte Zeit einer bundesdeutschen Beitragszeit nach § 1250 Abs 1 Buchst a) RVO in den wesentlichen Kriterien so weit vergleichbar ist, daß eine Entschädigung im Wege der Gleichstellung mit ihr gerechtfertigt erscheint. Für eine Zeit, die außerhalb der Bundesrepublik Deutschland bei einem nichtdeutschen oder DDR-”Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen zurückgelegt” ist, kann der in die Bundesrepublik zugewanderte Versicherte nur „entschädigt” werden, soweit durch die Zurücklegung der fremden Zeit beim Träger des Herkunftslandes trotz fehlender Beitragsleistung eine Rechtsposition entstanden ist, die derjenigen entspricht, die dort durch Zeiten vermittelt wird, für die Beiträge entrichtet worden sind. Daher ist zum einen maßgebend, welchen Charakter das Rentenrecht des Herkunftslandes der streitigen beitragslosen Zeit zumißt. Zum anderen kommt es darauf an, ob die Rechtsposition einer nach Bundesrecht zurückgelegten Zeit gleichgestellt werden kann. Dabei kann allerdings die Gleichstellung beitragsloser Zeiten mit echten Beitragszeiten im Recht des Herkunftslandes nicht uneingeschränkt zur Anerkennung einer Beitragszeit iS des § 15 FRG führen. Einmal ist die nachträgliche Gewährung eines Versichertenstatus durch den staatlichen Gesetzgeber kein zu entschädigender Tatbestand. Zu entschädigen ist nur der Versicherungsschutz, der unmittelbar durch die ausgeübte Tätigkeit erarbeitet worden ist. Daher ist erforderlich, daß sowohl nach dem jeweils im Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Recht als auch nach dem Recht, welches in der streitigen Zeit gegolten hat, eine Gleichstellung der beitragslosen Zeiten mit echten Beitragszeiten gesetzlich vorgesehen ist. Zum anderen wird dem den § 15 FRG tragenden Entschädigungsgedanken eine Grenze durch den das FRG insgesamt prägenden Eingliederungsgedanken gezogen mit der Folge, daß der Entschädigung von im Herkunftsland erworbenen Rentenansprüchen und Rentenanwartschaften eine rechtliche Schranke dort gesetzt ist, wo deren Anrechnung mit der Struktur des innerstaatlichen Rentenrechts schlechthin und offenkundig unvereinbar wäre. Eine schrankenlose Entschädigung jeder im fremden Herkunftsgebiet entstandenen Rentenberechtigung oder Rentenanwartschaft würde im Vergleich zu den auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland tätig gewesenen Versicherten zB die Zuwanderer aus solchen fremden Rentenrechtssystemen bevorzugen, die anders als das System der Bundesrepublik Deutschland Zeiten unterschiedlicher rechtlicher Qualifikation – wie Ersatz- und Ausfallzeiten im Verhältnis insbesondere zu den Beitragszeiten – schlechthin nicht kennen. § 15 FRG müßte in diesen Fällen konsequenterweise zu einer unterschiedslosen Anerkennung aller Zeiten und damit, gemessen am Rentenrecht der Bundesrepublik Deutschland, zu einer systemfremden, nicht hinnehmbaren Begünstigung führen.
Auf der Grundlage dessen kann die Zeit der Wehrdienstleistung des Klägers in Rumänien vom 28. Mai 1966 bis 28. September 1967 nicht als Beitragszeit iS des § 15 Abs 1 Satz 1 FRG anerkannt werden. Um eine „echte” Beitragszeit hat es sich nicht gehandelt. Hierzu hat das LSG festgestellt, seit dem 1. Januar 1949 würden in Rumänien die Beiträge zur staatlichen Sozialversicherung ausschließlich von den Arbeitgebern geleistet. Erst durch das Gesetz Nr 14 vom 28. Dezember 1972 über die Landesverteidigung sei bestimmt worden, daß das Arbeitsverhältnis während der Erfüllung des Wehrdienstes weiterbestehe. Demzufolge könne nicht davon ausgegangen werden, daß während der Wehrdienstleistung des Klägers sein ursprüngliches Arbeitsverhältnis weiterbestanden und sein früherer Arbeitgeber während dieser Zeit ununterbrochen Sozialversicherungsbeiträge entrichtet habe. Diese Feststellungen sind für den erkennenden Senat bindend (§ 163 SGG).
Die Zeit der Wehrdienstleistung des Klägers in Rumänien vom 28. Mai 1966 bis 28. September 1967 kann auch nicht als „Beitragszeit ohne Beitragsleistung” anerkannt werden. Zweifelhaft ist bereits, ob das während dieser Zeit geltende rumänische Recht eine Gleichstellung der beitragslosen Zeit der Wehrdienstleistung mit einer echten Beitragszeit vorgesehen hat. Die Feststellungen hierzu im angefochtenen Urteil sind unklar. Das LSG hat ausgeführt, nach dem seit dem Jahre 1972 geltenden Gesetz Nr 14 vom 28. Dezember 1972 über die Landesverteidigung bestehe das beitragspflichtige Arbeitsverhältnis während der Erfüllung des Wehrdienstes weiter. Soweit – wie im vorliegenden Fall – der Wehrdienst vor der im Jahre 1972 erfolgten Gesetzesänderung abgeleistet worden sei, werde er zwar als beitragslose, gleichwohl jedoch als pensionsanrechnungsfähige Beschäftigungszeit behandelt. Diesen Ausführungen ist nicht zu entnehmen, ob die Zeit eines vor dem Jahre 1972 in Rumänien abgeleisteten Wehrdienstes bereits nach dem vor Inkrafttreten des Gesetzes Nr 14 vom 28. Dezember 1972 über die Landesverteidigung geltenden Recht als Beschäftigungszeit behandelt worden oder ob diese Gleichstellung erst rückwirkend durch das genannte Gesetz erfolgt und damit iS des Beschlusses des GS des BSG vom 25. November 1987 (BSGE 62, 255, 261 = SozR 5050 § 15 Nr 35 S 120) für die Zeit der Wehrdienstleistung erst nachträglich ein Versichertenstatus gewährt worden ist, was der Anerkennung als Beitragszeit ohne Beitragsleistung entgegenstehen würde.
Dem braucht jedoch nicht nachgegangen und deswegen auch nicht der Rechtsstreit zwecks Nachholung der fehlenden Feststellungen an die Vorinstanz zurückverwiesen zu werden. Denn für eine Anerkennung der Zeit der Wehrdienstleistung des Klägers als „Beitragszeit ohne Beitragsleistung” fehlt es jedenfalls an der Voraussetzung, daß das im Zeitpunkt der Entscheidung über den Anspruch des Klägers geltende rumänische Recht eine Gleichstellung der beitragslosen Zeit mit echten Beitragszeiten vorsieht. Das ergibt sich aus dem am 1. Juli 1977 in Kraft getretenen Gesetz Nr 3 vom 30. Juni 1977 über die staatliche Sozialversicherung und Sozialhilfe (vgl Gesetze osteuropäischer Staaten über die Rentenversicherung, herausgegeben vom Verband Deutscher Rentenversicherungsträger, Bd 2, S 79 ff). Danach ist bei der Berechnung der Renten für den erworbenen Leistungsanspruch die Beschäftigungsdauer zu berücksichtigen; das ist die Zeit, während derer eine Person aufgrund eines Arbeitsvertrages beschäftigt gewesen ist (Art 9 Abs 1 des Gesetzes Nr 3). Als Beschäftigungszeit wird auch die Zeit angerechnet, die eine im Arbeitsverhältnis stehende Person zur Leistung des Militärdienstes, bei Einberufung, Mobilmachung oder Gefangenschaft unterbrochen hat (Art 20 Abs 2 Buchst a des Gesetzes Nr 3). Nach geltendem rumänischen Recht setzt somit die Berücksichtigung der Zeit einer Wehrdienstleistung bei der Rentenberechnung voraus, daß bei Beginn des Wehrdienstes ein Arbeitsverhältnis bestanden hat und dieses durch die Wehrdienstleistung unterbrochen worden ist.
Zu diesen das rumänische Recht betreffenden Feststellungen ist der erkennende Senat befugt. Zwar ist bezüglich ausländischen Rechts das Revisionsgericht an die dazu von der Tatsacheninstanz getroffenen Feststellungen, die darauf beruhende Rechtsauslegung und die aus dem ausländischen Recht gezogenen Schlußfolgerungen gebunden, weil es sich insoweit um nicht revisibles Recht handelt. Jedoch kommt ausnahmsweise eine Anwendung und Auslegung ausländischen Rechts im Revisionsverfahren dann in Betracht, wenn das Tatsachengericht an sich irrevisible ausländische Vorschriften überhaupt nicht erörtert hat, etwa weil es eine ihm unbekannte irrevisible Rechtsnorm übersehen und infolgedessen in seiner Entscheidung nicht gewürdigt hat. Unter dieser Voraussetzung kann eine übersehene (ausländische) Rechtsnorm in der Revisionsinstanz angewendet werden, weil es sich dann nicht um die unzulässige Nachprüfung einer Auslegung irrevisiblen Rechts durch das Tatsachengericht, sondern um die Anwendung des geltenden Rechts auf einen vom Tatsachengericht festgestellten Sachverhalt handelt (vgl dazu mit umfangreichen Nachweisen das zur Veröffentlichung bestimmte Urteil des erkennenden Senats vom 21. Juni 1989 – 1 RA 1/87 –; ferner BSG SozR 5050 § 15 Nr 21 S 69; BSGE 54, 93, 94 = SozR aaO Nr 22 S 74; BSGE 61, 267, 269 = SozR aaO Nr 33 S 110). Ein solcher Ausnahmefall ist hier gegeben. Das LSG hat im angefochtenen Urteil das rumänische Gesetz Nr 3 vom 30. Juni 1977 über die staatliche Sozialversicherung und Sozialhilfe nicht erwähnt und es somit ersichtlich nicht in seine Erörterungen einbezogen, so daß die erstmalige Heranziehung und Auslegung dieses Gesetzes im Revisionsverfahren zulässig und geboten ist.
Ist somit davon auszugehen, daß nach geltendem rumänischen Recht die Berücksichtigung der Zeit einer Wehrdienstleistung bei der Rentenberechnung davon abhängt, daß bei Beginn des Wehrdienstes ein Arbeitsverhältnis bestanden hat und dieses durch die Wehrdienstleistung unterbrochen worden ist, ergibt sich daraus, daß nach dem im Zeitpunkt der Entscheidung über den Anspruch des Klägers maßgebenden Recht des Herkunftslandes der Wehrdienst nicht selbst eine – originäre – Beschäftigungs- oder Versicherungszeit ist. Vielmehr wird er einer solchen nur bei der Rentenberechnung unter der Voraussetzung gleichgestellt, daß zuvor ein Arbeitsverhältnis bestanden hat und dieses durch die Einberufung zum Wehrdienst unterbrochen worden ist. Damit ist iS des Beschlusses des GS des BSG vom 25. November 1987 (BSGE 62, 255, 260 = SozR 5050 § 15 Nr 35 S 119) nach dem Recht des Herkunftslandes die Anrechnung der Zeit der Wehrdienstleistung „an bestimmte Voraussetzungen im Versicherungsverlauf geknüpft”, wie dies nach dem innerstaatlichen Recht der Bundesrepublik Deutschland etwa bei Ersatzzeiten oder bei Ausfallzeiten der Fall ist. Dann aber kann die Zeit der Wehrdienstleistung nicht über § 15 Abs 1 Satz 1 FRG einer innerstaatlichen „Beitragszeit ohne Beitragsleistung” gleichgestellt werden (zum rumänischen Wehrdienst vgl auch BSGE 50, 55, 56 ff = SozR 5050 § 15 Nr 14 S 52 ff und BSG SozR aaO Nr 18 S 63; die hierzu in BSGE 61, 267, 269 = SozR aaO Nr 33 S 110 geäußerte Meinung, der GS des BSG sei diesen Entscheidungen nicht gefolgt, ist ihrerseits durch den Beschluß des GS vom 25. November 1987 überholt; vgl dazu auch das Urteil des erkennenden Senats vom heutigen Tage – 1 RA 113/88 –).
Dies muß unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung führen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen