Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten werden das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 15. Dezember 1993 und das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 14. Januar 1993 geändert. Die Berufung der Beklagten wird als unzulässig verworfen, soweit sie die Aufhebung des Verwaltungsaktes „über die Zahlung eines entsprechenden Vorschusses” betrifft. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Kosten des Rechtsstreits sind in allen drei Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten, ob der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten Verletztengeld in Höhe von 7.902,00 DM zurückzuzahlen.
Der Kläger war in einem Mitgliedsunternehmen der beklagten Berufsgenossenschaft (BG) als Organisator für Arbeits- und Zeitstudien beschäftigt und bei einer privaten Krankenversicherungsgesellschaft krankenversichert. Am 31. März 1987 stieg er in dem Betriebsgebäude eine Treppe hinunter, rutschte auf einer Stufe ab und verdrehte sich das rechte Knie. Die am 21. Mai 1987 durchgeführte Arthroskopie zeigte einen Vorderhornabriß des lateralen Meniscus rechts und einen alten vorderen Kreuzbandschaden. Daraufhin wurde ein Teil des lateralen Meniscus rechts operativ entfernt. Der Kläger befand sich deswegen vom 20. bis zum 29. Mai 1987 in stationärer Behandlung und war bis zum 31. August 1987 arbeitsunfähig krank.
Bis zum 13. Mai 1987 hatte der Kläger Arbeitsentgelt auf dem Wege der Lohnfortzahlung erhalten. Danach begehrte er von der Beklagten in mehreren Telefongesprächen vor allem Verletztengeld wegen seiner Arbeitsunfähigkeit. Die Beklagte gewährte dem Kläger zunächst mit Schreiben vom 10. Juni 1987 einen Vorschuß von 1.000,00 DM „ohne Anerkennung der Entschädigungspflicht dem Grunde nach” und unter Rückforderungsvorbehalt. Am 23. Juni 1987 beauftragte die Beklagte die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK), dem Kläger für die Zeit seiner Arbeitsunfähigkeit das Verletztengeld zu errechnen und auszuzahlen. Sie teilte ihm das mit Schreiben vom selben Tage mit und erklärte dazu: „Wir weisen Sie jedoch nochmals ausdrücklich darauf hin, daß diese Zahlung lediglich unter Vorbehalt erfolgen kann, und Sie mit einer Rückforderung unserer Leistungen rechnen müssen, wenn die Ermittlungen ergeben, daß die Arbeitsunfähigkeit nicht Folge eines Arbeitsunfalles ist.” Zugleich kündigte die Beklagte weitere Ermittlungen wegen seiner Vorerkrankungen an, „insbesondere das Kniegelenk betreffend”. Die AOK zahlte dem Kläger daraufhin Verletztengeld für die Zeit vom 14. Mai bis zum 27. Juli 1987 abzüglich des Vorschusses von 1.000,00 DM.
Am Ende ihrer Ermittlungen, nachdem sie dem Kläger zuvor schon am 18. August 1987 eine endgültige negative Entscheidung angekündigt hatte, holte die Beklagte das unfallchirurgische Gutachten von der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Frankfurt am Main vom 30. Juli 1988 mit einer ergänzenden Stellungnahme vom 9. Januar 1989 ein. Darin kamen die Sachverständigen zu dem Ergebnis, daß durch den Arbeitsunfall lediglich eine Dehnung des äußeren Knieseitenbandes eingetreten sei, die für insgesamt vier Wochen bis zum 30. April 1987 Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit verursacht habe, und daß die weiteren Beschwerden durch unfallunabhängige Vorschäden verursacht worden seien.
Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13. Juni 1990 die Gewährung einer Rente aus Anlaß des Arbeitsunfalls ab und stellte außerdem fest, daß unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit lediglich bis zum 29. April 1987 bestanden hätten. Dazu hob sie den „Verwaltungsakt in Form der Auszahlung von Verletztengeld für die Zeit vom 14. Mai bis 27. Juli 1987 bzw der Zahlung eines entsprechenden Vorschusses” auf. Außerdem entschied sie, daß der Kläger verpflichtet sei, „das für die Zeit vom 14. Mai bis 27. Juli 1987 zu Unrecht gewährte Verletztengeld in Höhe von 7.902,00 DM” zu erstatten. Nur gegen die Feststellung, daß kein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Arbeitsunfall und der Dauer seiner Arbeitsunfähigkeit bedingenden Krankheit bestanden habe, und gegen die Rückforderung des gezahlten Verletztengeldes legte der Kläger Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. August 1991 zurückwies.
Das Sozialgericht (SG) Mainz hat den Bescheid vom 13. Juni 1990 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. August 1991 aufgehoben (Urteil vom 14. Januar 1993). Nach dem Ergebnis der gerichtlichen Beweisaufnahme sei zwar erwiesen, daß der Kläger mangels eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Arbeitsunfall und seiner Arbeitsunfähigkeit keinen Anspruch auf das umstrittene Verletztengeld gehabt habe, aber die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, die Bewilligungen von Verletztengeld aufzuheben und die gewährten Leistungen zurückzufordern. Die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz „als unzulässig verworfen, soweit das angefochtene Urteil die Aufhebung des Bescheides vom 13. Juni 1990 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. August 1991 betrifft”. Im übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 15. Dezember 1993). Die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 13. Juni 1990 hänge davon ab, ob nach § 45 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Bewilligung von Verletztengeld mit Wirkung für die Vergangenheit vorgelegen hätten. Darüber könne das Gericht aber nicht in der Sache entscheiden. Bei der Aufhebung der Bewilligung von Verletztengeld und dessen Rückforderung handele es sich um zwei selbständige prozessuale Ansprüche. Für beide sei die Zulässigkeit der Berufung gesondert festzustellen. Soweit die Berufung die Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheides betreffe, sei sie gemäß dem hier noch anzuwendenden § 144 Abs 1 Nr 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der bis zum 1. März 1993 geltenden Fassung (aF) unzulässig, weil es sich um einen Anspruch auf wiederkehrende Leistungen für einen Zeitraum bis zu dreizehn Wochen handele und die Berufung auch nicht ungeachtet dessen nach § 150 SGG aF zulässig sei. Dagegen sei die Berufung „hinsichtlich des Rückforderungs- bzw Erstattungsanspruchs zulässig” gemäß § 149 SGG aF. Sie sei aber nicht begründet, da keine Anspruchsgrundlage ersichtlich sei. Die Beklagte habe das Verletztengeld durch den endgültigen Verwaltungsakt vom 23. Juni 1987 bewilligt. Es treffe zwar zu, daß die Leistung zu Unrecht erfolgt sei. Die Beklagte habe aber nicht allein deshalb die gewährten Leistungen zurückfordern dürfen, auch nicht unter Berufung auf einen Vorbehalt der Vorläufigkeit. Mit einem solchen Rücknahmevorbehalt würde der Schutz des Begünstigten durch § 45 Abs 2 bis 4 SGB X unzulässig unterlaufen (BSGE 67, 104, 117). Sollte die Beklagte indessen mit der Vorbehaltsklausel gemeint haben, der Bewilligungsbescheid werde sich ohne weiteres erledigen, wenn sie nach Abschluß der Ermittlungen zu einer endgültigen negativen Entscheidung kommen würde, während bei einem positiven Ergebnis der Ermittlungen die erteilte Bewilligung letztlich endgültig werden solle, dann sei auch dies unzulässig. Solche Vorläufigkeitsregelungen hielten die Frage der Vorläufigkeit oder Endgültigkeit in einer für den Empfänger unzumutbaren Weise in der Schwebe. Ihnen fehle die gebotene Warnfunktion hinsichtlich des mit dem Erhalt und Verbrauch vorläufiger Leistungen verbundenen Risikos (BSGE 67, 104, 120; 62, 32, 42 f). Die Unzulässigkeit der Vorbehaltsklausel führe dazu, daß diese im Ergebnis nicht zu beachten sei (vgl BSGE 67, 104, 113). Damit liege kein vorläufiger – und damit nicht aufhebungsbedürftiger –, sondern ein endgültiger begünstigender Verwaltungsakt vor, der nur unter den Voraussetzungen des § 45 Abs 2 bis 4 SGB X zurückgenommen werden könne. Darüber aber könne das Berufungsgericht mangels diesbezüglicher Zulässigkeit der Berufung nicht in der Sache entscheiden.
Mit der – vom LSG zugelassenen – Revision rügt die Beklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Die Entscheidung des LSG sei unklar. In welchem Umfang die Berufung als unzulässig verworfen worden sei, lasse sich nicht genau erkennen. Dazu fehlten jedenfalls auch die Entscheidungsgründe. Ihr Bescheid vom 13. Juni 1990 habe einen dreifachen Inhalt, der jedenfalls vom SG insoweit für rechtmäßig erachtet worden sei, als er feststelle, daß die unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit lediglich bis zum 29. April 1987 gedauert habe. Das angefochtene Urteil des LSG sei aber auch insoweit rechtsirrig, als es ihren Rückforderungsanspruch für unbegründet halte. Sie habe das Verletztengeld unmißverständlich nur auf dem Wege einer vorläufigen Regelung unter Vorbehalt gewährt, bis die laufenden Ermittlungen über einen Ursachenzusammenhang zwischen dem Arbeitsunfall und der Arbeitsunfähigkeit des Klägers abgeschlossen seien. Ihre vorläufige Regelung sei gerade durch das Merkmal gekennzeichnet, daß zur Zeit der im Interesse des Verletzten notwendigen Regelung noch zu einem Teil Ungewißheit bestanden habe, ob sich der Anspruch als begründet herausstellen würde oder nicht. In einer solchen Situation sei lediglich eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage möglich. Deren Ziel könne nur sein, die Wahrscheinlichkeit der endgültigen Leistungsgewährung festzustellen. Wenn eine solche Wahrscheinlichkeit bestehe, könne zulässigerweise ein vorläufiger Verwaltungsakt erteilt und eine vorläufige Leistung gewährt werden. Bestätige sich der angenommene Leistungsanspruch später nicht, werde die vorläufige Regelung durch eine endgültige ersetzt, ohne daß eine Aufhebung nach den §§ 44 ff SGB X notwendig sei. Dementsprechend hätten ihre Vorschußzahlung vom 10. Juni 1987 und der nachfolgende Verwaltungsakt vom 23. Juni 1987 nicht eine mit einer Nebenbestimmung versehene vorweggenommene Hauptregelung dargestellt, sondern eine vorläufige Leistungsgewährung eigener Art, die sie zurückfordern dürfe, ohne daß der vorläufige Verwaltungsakt zuvor eigens aufgehoben worden sei.
Die Beklagte beantragt,
die angefochtenen Urteile aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Über den Aufhebungsbescheid habe das LSG nicht entschieden; er sei auch nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden. Zu Recht habe das LSG entschieden, daß sich die Beklagte für die von ihr getroffene Regelung weder unmittelbar noch in entsprechender Anwendung auf § 42 Sozialgesetzbuch, Erstes Buch (SGB I) berufen könne. Soweit die Beklagte aus dem Rückforderungsvorbehalt auf einen Vorschuß schließe, verwische sie die Grenzen zweier unterschiedlicher Sachverhalte. Auch die Annahme einer zulässigen Vorwegzahlung scheide aus, da mit dem LSG davon auszugehen sei, daß er, der Kläger, im vorliegenden Fall nicht eindeutig habe erkennen können, ob noch ein zweiter Verwaltungsakt ergehen würde. Unabhängig von der rechtlichen Einordnung lägen somit hier in keinem Fall die Voraussetzungen für eine Rückforderung vor.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beklagten ist begründet.
Die angefochtenen Urteile waren wie geschehen zu ändern und die Klage abzuweisen. Der angefochtene Bescheid vom 13. Juni 1990 ist auch insoweit rechtmäßig, als die Beklagte darin das zu Unrecht gezahlte Verletztengeld von dem Kläger zurückfordert. Das Recht dazu hatte sie sich entgegen den Meinungen des Klägers, des SG und des LSG in dem vorläufigen, keiner besonderen Aufhebung bedürfenden Verwaltungsakt vom 23. Juni 1987 in zulässiger Weise vorbehalten, bis ihr den Arbeitsunfall betreffendes Verwaltungsverfahren mit einer endgültigen Entscheidung abgeschlossen sein werde. Diese endgültige Entscheidung hat sie in dem angefochtenen Bescheid hinsichtlich des streitigen Verletztengeldes negativ getroffen.
Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 13. Juni 1990 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. August 1991 insoweit, als er von dem Kläger Verletztengeld in Höhe von 7.902,00 DM als zu Unrecht empfangene Leistung zurückfordert. Die Entscheidungsformeln der angefochtenen Urteile sind hierzu und auch im übrigen unklar und bedürfen der Auslegung aus den Entscheidungsgründen. Diese ermöglichen mangels einer unmittelbar darauf bezogenen Erläuterung jeweils nur mittelbare Schlußfolgerungen. Obwohl das SG den angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. August 1991 ohne Einschränkung aufgehoben hat, ergibt sich aus den Entscheidungsgründen seines Urteils, daß es nur die darin erklärte Aufhebung der Verwaltungsakte vom 10. Juni 1987 und vom 23. Juni 1987 sowie die Rückforderung des Verletztengeldes meinte. Damit erschöpft sich dieser angefochtene Bescheid jedoch nicht. Der Beklagten ist beizupflichten, daß dieser mehrere Verfügungssätze enthält. Sein erster Verfügungssatz, daß dem Kläger keine Verletztenrente zustehe, ist von Anfang an bindend geworden, weil der Widerspruch des Klägers jedenfalls darauf nicht gerichtet war. Sein zweiter Verfügungssatz, daß die streitige Arbeitsunfähigkeit des Klägers nicht durch den Arbeitsunfall verursacht worden sei, hat das SG in seinen Entscheidungsgründen als erwiesenermaßen rechtmäßig gewürdigt. Gleiches gilt für den dritten Verfügungssatz, ein Zusammenhang zwischen dem Riß des rechten Innenmeniscus sowie dem Bandschaden am rechten vorderen Kreuzband und dem Unfall am 31. Mai 1987 bestehe nicht. Der Kläger hat diese Feststellungen des SG im Berufungsverfahren nicht angegriffen. Insoweit hätte das SG nach dem Sinnzusammenhang seiner Entscheidungsgründe die Klage abweisen müssen. Danach trifft die Berufung der Beklagten jedenfalls den Bescheid vom 13. Juni 1990 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. August 1991 in seinen beiden weiteren Teilen. Darin wird als vierter Verfügungssatz eigens erklärt, der Verwaltungsakt (vom 23. Juni 1987 bzw 10. Juni 1987) in Form der Auszahlung von Verletztengeld für die Zeit vom 14. Mai bis 27. Juli 1987 bzw der Zahlung eines entsprechenden Vorschusses wird aufgehoben. Und schließlich trifft der fünfte Verfügungssatz die Entscheidung, daß das zu Unrecht gezahlte Verletztengeld von dem Kläger zurückgefordert wird. Das LSG hat indessen die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen, soweit das angefochtene Urteil des SG „die Aufhebung des Bescheides vom 13. Juni 1990 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. August 1991 betrifft”. Das ist aber der mit der Klage angefochtene Bescheid mit allen angeführten fünf Verfügungssätzen, und damit hat das LSG scheinbar den gesamten Streitgegenstand erfaßt, ohne daß noch Raum für eine Entscheidung in der Sache wäre. Weil aber das LSG trotzdem die Berufung im übrigen zurückgewiesen und in den Entscheidungsgründen ausgeführt hat, die Berufung sei hinsichtlich des Rückforderungs- oder Erstattungsanspruchs zulässig jedoch unbegründet, ist auch das Urteil des LSG auszulegen. Das LSG erklärt diesen Widerspruch nicht in den Entscheidungsgründen. Es hat aber praktisch dem SG in der Sache zugestimmt, daß der angefochtene Bescheid rechtswidrig ist, soweit er in dem fünften Verfügungssatz das zu Unrecht gezahlte Verletztengeld von dem Kläger zurückfordert. Soweit dagegen der vierte Verfügungssatz des angefochtenen Bescheides betroffen ist, mit dem der Verwaltungsakt vom 23. Juni 1987 bzw 10. Juni 1987 aufgehoben wird, hat das LSG von einer Sachentscheidung abgesehen und die Berufung als unzulässig verworfen.
Der Senat geht mit dem LSG davon aus, daß die Berufung der Beklagten insoweit gemäß § 144 Abs 1 Nr 2 SGG aF (s Art 14 Abs 1 Satz 1 des Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege vom 11. Januar 1993 ≪BGBl I 50≫) unzulässig ist. Der vierte Verfügungssatz spricht den Leistungsgrund für Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen für einen Zeitraum von weniger als 13 Wochen an (Aufhebung des Verwaltungaktes über die vorläufige Zahlung eines Vorschusses und von Verletztengeld für die Zeit vom 14. Mai bis 27. Juli 1987). Insofern hat auch der erkennende Senat davon auszugehen, daß der Bescheid der Beklagten in seinem vierten Verfügungssatz schon durch das Urteil des SG aufgehoben ist. Dies steht jedoch dem Anspruch auf Erstattung der Vorschußleistungen nicht entgegen.
Der Senat vermag dem LSG und dem Kläger nicht zu folgen, daß die hinsichtlich des Erstattungsanspruches zulässige Berufung unbegründet sei, weil die Beklagte mangels einer Anspruchsgrundlage kein Recht habe, das zu Unrecht gezahlte und empfangene Verletztengeld zurückzufordern. Dieses Recht hat die Beklagte sich vielmehr in dem Verwaltungsakt vom 23. Juni 1987 bzw vom 10. Juni 1987 in zulässiger Weise vorbehalten. Die Beklagte hat darin im Hinblick auf eine wirtschaftliche Notsituation des Klägers nach Fortfall seiner Lohnfortzahlung insoweit eine vorläufige Regelung eines Teils des noch nicht abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens bis zu dessen endgültigem Abschluß getroffen und dem Kläger das Verletztengeld als vorläufige Leistung auf dem Wege der sogenannten Vorwegzahlung gewährt.
Ergänzend zu § 42 SGB I und von dieser Vorschrift nur ausgeschlossen, wenn nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen für die Verwaltung schon mit dem erforderlichen Grad an Gewißheit feststeht, daß der Anspruch dem Grunde nach besteht, hat der Leistungsträger außer in den spezialgesetzlich geregelten Fällen die Befugnis, in einem formlosen Verfahren durch einstweilige Regelung die beantragte Geldleistung (in vollem Umfang oder zum Teil) sogar schon dann zu bewilligen, wenn eine abschließende Entscheidung nach dem Stand der Ermittlungen im Entscheidungszeitpunkt dem Grunde nach noch nicht möglich ist. Voraussetzung ist ferner, daß der gesetzliche Zweck der Leistung nur erreicht werden kann, wenn sie möglichst zeitnah zur Entstehung des Bedarfs, dem sie abhelfen soll, erbracht wird, jedoch zwingende verfahrenstechnische Gründe die endgültige Gewährung oder eine Vorschußbewilligung noch unmöglich machen (BSG SozR 3-1200 § 42 Nr 2 mwN). Ausschlaggebend dazu ist – darin stimmt der Senat mit der Rechtsauffassung des 4. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) überein –, ob dem Adressaten hinreichend bestimmt (§ 33 Abs 1 SGB X) verdeutlicht wird, daß es sich bei der bekanntgegebenen Regelung derzeit noch nicht um das letzte Wort der Verwaltung, dh um eine das Verwaltungsverfahren endgültig abschließende Regelung handelt (BSGE 67, 104, 120). Es trifft auch zu, wovon ebenso das LSG ausgeht, daß Maßstab der Auslegung des Verwaltungsakts der „Empfängerhorizont” eines verständigen Beteiligten ist, der die Zusammenhänge berücksichtigt, welche die Behörde nach ihrem wirklichen Willen (§ 133 BGB) erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat (BSGE 67 aaO S 110). Maßgebend sind dabei die gesamten Umstände des Einzelfalls.
Nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG), die sich wegen der weiteren Einzelheiten ausdrücklich auch auf die Verwaltungsakten der Beklagten beziehen, stellte sich die Situation für die Beteiligten wie folgt dar: Die Beklagte führte wegen eines unzweifelhaften Arbeitsunfalls des Klägers ein Verwaltungsverfahren zur Feststellung der Unfallfolgen und der dem Kläger zustehenden Leistungen durch. Die medizinische Sachaufklärung war noch nicht abgeschlossen und ihr Ende war vorläufig und unabhängig von dem direkten Einfluß der Beklagten auch noch nicht abzusehen. In diesem Stadium des Verwaltungsverfahrens bedrängte der Kläger die Beklagte in mehreren Telefongesprächen, ihm Geldleistungen zu gewähren, weil er immer noch arbeitsunfähig krank und inzwischen nach dem Fortfall der Lohnfortzahlung, ohne den Schutz der gesetzlichen Krankenversicherung, in einer wirtschaftlichen Notlage sei. Dem abzuhelfen erklärte sich die Beklagte bereit. Schon fernmündlich wies sie aber den Kläger auf die Vorläufigkeit der zunächst erfolgenden Regelung hin: auf das noch weiterhin laufende Verwaltungsverfahren, in dem zunächst der Abschluß des Heilverfahrens abgewartet werden müsse, auf die dann zu treffende Entscheidung, ob die derzeit geklagten Beschwerden Arbeitsunfallfolgen seien, und auf die Rückforderung im negativen Entscheidungsfalle (Ferngespräch vom 18. Mai 1987, Bl 9 VA der Beklagten). Dem entspricht der Wortlaut des Bescheides vom 10. Juni 1987 über den Vorschuß von 1.000,00 DM. Er wurde als „Vorschuß auf unsere voraussichtlichen Leistungen” ohne Anerkennung der Entschädigungspflicht dem Grunde nach bezeichnet. Die Beklagte wies darauf hin, daß ihre Feststellungen erst in Zukunft abgeschlossen würden, der Kläger dann eine Abrechnung erhalte und sie sich für den Fall, daß ihre Entscheidung über den Anspruchsgrund negativ ausfallen werde, die Rückforderung des zu Unrecht geleisteten Vorschusses vorbehalte. Daran knüpft dann das Schreiben (Verwaltungsakt) der Beklagten vom 23. Juni 1987 mit der Mitteilung über den Verletztengeldauszahlungsauftrag an die AOK ausdrücklich an. Sie erklärt, sie „weise nochmals ausdrücklich darauf hin, daß diese Zahlung lediglich unter Vorbehalt erfolgen kann”. Das ist zum einen auf die Vorläufigkeit der Regelung zu beziehen, denn sie setzt hinzu, daß sie ihre Ermittlungen darüber, ob die Arbeitsunfähigkeit Folge des Arbeitsunfalles sei, noch nicht abgeschlossen habe, sondern fortführen werde. In diesem Zusammenhang fordert sie den Kläger sogar zu einer bestimmten Mitwirkung bei den Ermittlungen auf. Zum zweiten kündet die Beklagte nach dem Abschlußergebnis ihrer Ermittlungen eine endgültige Entscheidung auch über den Grund des Verletztengeldanspruchs an, nämlich ob die Arbeitsunfähigkeit Folge des Arbeitsunfalles sei. Und schließlich regelt sie mit dem Vorbehalt ihr Recht, das Verletztengeld zurückzufordern, falls die Entscheidung über den Ursachenzusammenhang zwischen Arbeitsunfall und Arbeitsunfähigkeit negativ ausfallen wird.
Gemessen daran ist entgegen der Meinung des LSG vom Empfängerhorizont aus deutlich erkennbar, daß die Beklagte sowohl den Vorschuß von 1.000,00 DM als auch das durch die AOK berechnete und ausgezahlte Verletztengeld nicht als letztes Wort der Verwaltung endgültig bewilligt, sondern nur vorläufig gewährt hat. Dem Kläger ist unmißverständlich zu verstehen gegeben worden, daß es sich gerade – noch – nicht um eine endgültige Anerkennung des Verletztengeldanspruchs handelt (s BSGE 67, aaO S 111). Die vorläufige Regelung sollte – nach den ausdrücklichen Erklärungen der Beklagten und dem einem verständigen Empfänger ersichtlichen Sachzusammenhang für die Leistung – solange dauern, bis das Ergebnis der noch laufenden Ermittlungen sie in die Lage versetzt, die medizinischen Zusammenhänge zu beurteilen, das Verwaltungsverfahren abzuschließen und endgültig über die Leistungsansprüche des Klägers einschließlich desjenigen auf Verletztengeld wegen des Arbeitsunfalls zu entscheiden. Daß sich die Beklagte pflichtgemäß eine endgültige Entscheidung vorbehalten hatte, schränkt – entgegen der Auffassung des LSG – weder die klare Kennzeichnung als vorläufige Leistung noch die damit verbundene Warnfunktion ein. Sie zeigte dem Kläger lediglich, daß die Beklagte ihrer Pflicht nachkommen werde, nach Abschluß der erforderlichen Ermittlungen in der Sache die noch ausstehende endgültige Entscheidung zu treffen. Auch dies ist zwangsläufig mit einer Vorwegzahlung verbunden.
Dem entspricht das weitere Verwaltungshandeln der Beklagten. Als sie auf ihre Anfrage vom 23. Juni 1987 am 17. Juli 1987 eine ärztliche Stellungnahme vom 15. Juli 1987 des den Kläger behandelnden Arztes erhielt, daß die zur operativen Behandlung führende Erkrankung nicht mit dem Arbeitsunfall in Zusammenhang stehe (Bl 40 VA), forderte sie die Unterlagen an, auf die sich diese Stellungnahme bezog, und kündete dem Kläger nach deren Eingang mit Anhörungsschreiben vom 18. August 1987 an, daß sie beabsichtige, über den Verletztengeldanspruch negativ zu entscheiden und ua das zu Unrecht geleistete Verletztengeld zurückzufordern. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 13. Juni 1990 hat die Beklagte ua auch diese angekündigten endgültigen Entscheidungen getroffen.
Es ist zulässig, bei derartigen vorläufigen Regelungen einen Rückforderungsvorbehalt zu machen, der im Falle einer negativen endgültigen Entscheidung das Recht des Versicherungsträgers unmittelbar begründet, die vorläufig und zu Unrecht gewährte Leistung zurückzufordern (BSG SozR 3-1200 § 42 Nr 2; BSGE 62, 32, 39). Insoweit erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtmäßig. Einer Aufhebung des Verwaltungsaktes über eine vorläufige Leistung bedarf es für die Verwirklichung des Erstattungsanspruches schon deshalb nicht, weil die Entscheidung über die Gewährung vorläufiger Leistungen gar nicht aufgehoben werden soll und nicht aufgehoben zu werden braucht; denn die Gewährung vorläufiger Leistungen begründet nach einer negativen endgültigen Entscheidung den Erstattungsanspruch. Deshalb steht, wie bereits erwähnt, auch die Unzulässigkeit der Berufung hinsichtlich der Aufhebung des Verwaltungsaktes über die Gewährung der vorläufigen Leistung der Abweisung der Klage hinsichtlich des Erstattungsanspruchs nicht entgegen.
Da das SG den angefochtenen Bescheid insgesamt aufgehoben und das LSG die Berufung hiergegen zum Teil als unzulässig und im übrigen uneingeschränkt zurückgewiesen hat, obwohl nach den tatsächlichen Feststellungen des SG der Verfügungssatz eins nicht angefochten, die Klage gegen die Verfügungssätze zwei bis drei unbegründet war und das LSG als Streitgegenstand des Berufungsverfahrens nur den Rückforderungs- bzw Erstattungsanspruch angesehen hatte, waren die Urteile des SG und LSG zu ändern.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG und berücksichtigt, daß die Klage in allen wesentlichen Streitpunkten ohne Erfolg geblieben ist.
Fundstellen