Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Erstattung einer Leistung bei Befriedigung des notwendigen Lebensbedarfs
Leitsatz (amtlich)
Sozialleistungen, die während eines Rechtsstreits auf Grund gerichtlicher Aussetzung der Vollziehung eines Entziehungsbescheides gezahlt wurden, hat der Empfänger nach den Grundsätzen des Bereicherungsrechts zu erstatten.
Diese Verpflichtung wird nach Billigkeitsmaßstäben eingeschränkt.
Orientierungssatz
1. Die Erstattung einer Leistung, die während eines Prozesses zur Befriedigung des notwendigen Lebensbedarfs gewährt wurde, kann nach allgemeinen Vorschriften, besonders nach dem allgemein im Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben, wegen Wegfalls der Bereicherung verweigert werden.
2. Anstelle der Ersatzkasse darf die Versorgungsverwaltung das zu Unrecht gezahlte Übergangsgeld vom Empfänger zurückverlangen; sie hat der Ersatzkasse das Übergangsgeld zu ersetzen.
3. Für Streitigkeiten zwischen einem Versorgungsempfänger und der Versorgungsverwaltung über die Rückzahlungsverpflichtung für ein aufgrund einer einstweiligen Anordnung gezahlten, durch sozialgerichtliche Entscheidung als rechtsgrundlos gezahlten Übergangsgeldes ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben.
Normenkette
SGB 10 § 50; SGG § 97 Abs 2 S 1; SGG § 97 Abs 2 S 3; BVG § 18c Abs 2 S 2; KOVVfG § 47 Abs 4; BGB §§ 812, 820, 818 Abs 3; SGG § 51 Abs 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die beigeladene Ersatzkasse, bei der der Kläger versichert ist, zahlte ihm ab 13. September 1974 Übergangsgeld (Übg) wegen einer Arbeitsunfähigkeit, von der angenommen wurde, daß sie wegen Verdachts auf Osteomyelitis durch anerkannte Schädigungsfolgen verursacht werde (§ 16 Bundesversorgungsgesetz -BVG-). Mit Bescheid vom 12. März 1976 stellte die beklagte Versorgungsverwaltung fest, die in ihrem Auftrag geleistete Zahlung ende mit dem 29. März 1976, weil der Kläger 78 Wochen lang Übg bezogen habe und voraussichtlich in den nächsten 78 Wochen nicht wieder arbeitsfähig werde (§ 18a Abs 7 BVG). Auf die dagegen gerichtete Klage - S 4 (12) V 50/76 - ordnete das Sozialgericht (SG) auf Antrag des Klägers die einstweilige Aussetzung des Vollzuges an (§ 97 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). In Ausführung dieses Beschlusses vom 17. August 1976 zahlte die Beigeladene wieder von diesem Tag ab Übg. Der Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 3. September 1976 mit, er müsse die zu Unrecht empfangenen Leistungen zurückerstatten, falls er im Rechtsstreit unterliege. Mit Bescheid vom 7. Juni 1978 stellte der Beklagte die Beendigung des Anspruchs auf Übg zum 21. Mai 1978 fest, weil der Kläger nicht mehr wegen Schädigungsfolgen arbeitsunfähig sei (§18a Abs 7 Halbs 1 BVG). Die dagegen erhobene, mit dem anderen Rechtsstreit verbundene Klage nahm der Kläger zurück. Das SG hob seinen Beschluß vom 17. August 1976 auf und wies die Klage gegen den Bescheid vom 12. März 1976 ab, mit der der Kläger Übg für die Zeit bis zum 7. September 1977 begehrte. Die dagegen gerichtete Berufung wurde als unzulässig verworfen (Urteil des Landessozialgerichts -LSG- vom 1. April 1980). Mit Bescheid vom 25. Juni 1980 forderte der Beklagte das vom 17. August 1976 bis 21. Mai 1978 gezahlte Übg in Höhe von 44.651,91 DM zurück. Auf die Klage gegen diesen Verwaltungsakt und gegen den Widerspruchsbescheid vom 7. November 1980 schlossen die Beteiligten am 24. November 1982 einen Vergleich; der Beklagte verpflichtete sich, den Bescheid vom 25. Juni 1980 zu ändern, über die Rückforderung erneut zu entscheiden und den Bescheid unter Berücksichtigung des § 47 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOV-VfG) näher zu begründen.
In Ausführung des Vergleichs forderte der Beklagte mit Bescheid vom 17. Mai 1983 den überzahlten Betrag wiederum zurück und erließ die Schuld nicht nach §47 Abs 4 KOV-VfG, weil die Erstattung keine besondere Härte für den Kläger bedeute. Das SG hat diesen Bescheid und den Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 1983 aufgehoben (Urteil vom 7. Dezember 1983). Die im Berufungsverfahren beigeladene Ersatzkasse hat einen Krankengeldanspruch des Klägers für die Zeit vom 13. September 1977 bis 21. Mai 1978 anerkannt. Darauf hat der Beklagte durch Teilvergleich seinen Verwaltungsakt geändert und die Rückforderung auf Leistungen für die Zeit bis zum 12. September 1977 auf 26.148,72 DM ermäßigt. Das LSG hat die weitergehende Klage abgewiesen (Urteil vom 25. April 1985). Das Gericht hält die Rückforderung entsprechend § 50 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) für ebenso berechtigt wie bei einer zu Unrecht nach § 154 Abs 2 SGG gezahlten "Urteilsrente". Der Kläger genieße keinen Vertrauensschutz nach § 50 Abs 2 iVm § 45 Abs 4 und 2 Satz 3 Nr 3 SGB X. Weder das Gericht noch der Leistungsträger hätten beim Kläger ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, daß er die erhaltenen Leistungen behalten könne, begründet. Darauf habe sich der Kläger zudem wegen des Schreibens vom 3. September 1976 nicht verlassen können. Die Erstattung bedeute auch keine besondere Härte für den Kläger.
Der Kläger wendet sich mit der - vom LSG zugelassenen - Revision gegen eine Erstattungspflicht entsprechend § 50 SGB X. Diese Vorschrift sei schon deshalb nicht anzuwenden, weil er die zurückzuzahlenden Leistungen vor dem Inkrafttreten des SGB X (1. Januar 1981) erhalten habe. Im übrigen habe das LSG selbst zu Unrecht ein Ermessen anstelle der Verwaltung ausgeübt. Außerdem sei durch den Vergleich vom 24. November 1982, der auf § 47 KOV-VfG abgestellt gewesen sei, eine Erstattungspflicht nach § 50 SGB X ausgeschlossen. § 47 KOV-VfG begründe nach dem Urteil des SG keinen Anspruch. Insbesondere habe der Kläger nicht gewußt und nicht wissen müssen, daß die gezahlten Beträge ihm nicht zuständen. Erst ein ärztliches Gutachten vom 23. November 1978 habe nachträglich im Gegensatz zur unbestimmten Annahme zur Zeit der einstweiligen Anordnung ergeben, daß die Krankheit des Klägers keine Schädigungsfolge gewesen sei. Falls sich eine einstweilige Anordnung später als unzutreffend erweise, sei im übrigen für einen Schadensersatz der "ordentliche" Rechtsweg gegeben. Der Kläger weist auf seine Wiederaufnahmeklage gegen das den Entziehungsbescheid bestätigende Urteil hin.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG sowie den Bescheid vom 17. Mai 1983 und den Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 1983 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg.
Entgegen der Ansicht der Revision sind nicht die Zivilgerichte zuständig. Vielmehr ist der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nach § 51 Abs 1 SGG gegeben; denn es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit der Kriegsopferversorgung. Maßgebend ist die Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (st Rspr des Bundessozialgerichts -BSG-, zB SozR 1500 § 51 Nrn 39 und 44; BSGE 60, 209 f = SozR 1500 § 54 Nr 66). Der Kläger hat einen die Kriegsopferversorgung betreffenden Verwaltungsakt angefochten (§ 54 Abs 1 SGG) und wendet sich außerdem in der Sache gegen die Rückforderung von Leistungen aus diesem sozialrechtlichen Gebiet (§§ 5, 24, Art II § 1 Nr 11 Sozialgesetzbuch, Allgemeiner Teil -SGB I- vom 11. Dezember 1975 -BGBl I 3015-; § 16 BVG); dies ist die Kehrseite der ursprünglichen Leistungsbeziehung und wird durch deren Rechtsnatur geprägt (BSGE 60, 209 f). Die Rechtsfolgen der Aufhebung einer nach § 97 Abs 2 SGG getroffenen einstweiligen Vollzugsaussetzung sind nicht im zivilprozessualen Vollstreckungs- oder Schadensersatzrecht geregelt. Der Erstattungsanspruch des Beklagten, gegen den sich der Kläger wendet, gründet vielmehr im Sozialprozeßrecht.
Der Kläger hat das während des früheren Rechtsstreits erhaltene Übg grundsätzlich zurückzuzahlen. Diesen Anspruch kann die Versorgungsverwaltung durch Verwaltungsakt geltend machen; und sie darf ihn gegen den Anspruch auf Grundrente aufrechnen.
Die Verpflichtung des Klägers, das kraft einer vorläufigen Anordnung nach § 97 Abs 2 SGG erhaltene Übg zurückzuzahlen, ist nicht gesetzlich geregelt, sondern bestimmt sich nach allgemeinen Prozeßrechtsgrundsätzen und besteht auf einem Bereicherungs- oder Erstattungsanspruch der Verwaltung (vgl für andere Rechtsbereiche: BVerwGE 18, 72, 75). Rechtsgrundlage für jene Leistung war die im anhängigen Gerichtsverfahren vom SG nach § 97 Abs 2 Satz 1 SGG angeordnete Aussetzung der Vollziehung des damals angefochtenen Entziehungsbescheides vom 12. März 1976, mithin eine prozeßrechtliche Maßnahme im vorläufigen Rechtsschutz (BVerwGE 24, 92, 95 f, 98; Finkelnburg/Janck, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 3. Aufl 1986, S 9 f). Das SG traf damals keine Entscheidung in der Sache selbst. Vielmehr blieb die durch den Entziehungsbescheid beendete Regelung, die die Krankenkasse zuvor durch die Zuerkennung von Übg getroffen hatte (BSG 10. März 1987 - 3 RK 7/86), weiterhin maßgebend. Wenn - wie hier - später rechtskräftig entschieden wird, daß der Entziehungsbescheid rechtmäßig war, erweisen sich die Zahlungen, die in der Zeit der Ungewißheit vorläufig geleistet werden mußten, als rechtsgrundlos. Dadurch wird der Gerichtsbeschluß, der sie rechtfertigte, gegenstandslos (BVerwGE 24, 92, 98 f; für die einstweilige Anordnung nach § 123 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO-: BVerwG, DVBl 1985, 1243). Das SG hat ihn zudem ausdrücklich aufgehoben. Die Pflicht des Klägers, das vorläufig erhaltene Übg zu erstatten, ergibt sich aus dem Prozeßrechtsverhältnis. Auf diese Verpflichtung hatte ihn der Beklagte durch den Bescheid vom 3. September 1976 ausdrücklich hingewiesen. Der Rückforderungsvorbehalt ergab sich unabhängig von diesem Hinweis aus der Natur der einstweiligen Regelung (BVerwGE 24, 92, 100; VGH Baden-Württemberg, FamRZ 1976, 718). Schon die Möglichkeit, die nach § 97 Abs 2 Satz 1 SGG erlassene Anordnung gemäß Satz 3 jederzeit aufzuheben, läßt erkennen, daß sie den Leistungsfall nicht endgültig regelt. Der Empfänger der vorläufig vom Gericht angeordneten Leistung muß mit einer Erstattungspflicht auch dann rechnen, wenn er den von ihm angefochtenen Entziehungsbescheid für rechtswidrig und deshalb die Leistungen für rechtmäßig hält (BVerwGE 24, 92, 101; vgl zum früheren Recht für vorläufige Leistungen nach § 60a BVG: BSG SozR Nr 22 zu § 47 VerwVG). Entgegen der Ansicht des Klägers ist im gegenwärtigen Verfahrensstand weiterhin von der Rechtskraft des SG-Urteils auszugehen, das die nach § 97 Abs 2 SGG getroffene Anordnung gegenstandslos gemacht hat. Eine Erfolgsaussicht für die Wiederaufnahmeklage, die der Kläger inzwischen erhoben hat, ist nicht erkennbar.
Den Erstattungsanspruch darf die Versorgungsverwaltung durch Verwaltungsakt geltend machen, obwohl die beigeladene Ersatzkasse das Übg an den Kläger gezahlt hat (BSGE 32, 150, 151 f = SozR Nr 4 zu § 14 BVG). Sie hat der Ersatzkasse als der beauftragt gewesenen Zahlstelle (§ 18c Abs 2 BVG) das als Versorgungsleistung gezahlte Übg (§ 10 Abs 1, §§ 16 ff BVG idF vom 22. Juni 1976 -BGBl I 1633- mit geringfügigen späteren Änderungen) zu ersetzen (§ 183 Abs 6 Reichsversicherungsordnung -RVO-, § 20 BVG) und darf daher anstelle der Krankenkasse zu deren Gunsten die zu Unrecht gezahlten Leistungen zurückverlangen. Dies gilt jedenfalls hier für die Rückforderung von Übg, das nicht mehr nach dem BVG zu gewähren war und über dessen Entziehung die Versorgungsverwaltung rechtsverbindlich entschieden hat. Diese Zuständigkeit wurde durch die grundsätzliche Befugnis der Krankenkasse, über die von ihr antragsweise zu erbringenden Versorgungsleistungen zu entscheiden (BSG SozR 3100 § 18c Nr 14), nicht ausgeschlossen (vgl dazu BSG SozR 3100 § 10 Nr 18). Seit der ab 1. Januar 1982 geltenden Neufassung des § 18c Abs 1 und 2 BVG (Art 1 Nr 8 des 11. AnpG-KOV vom 20. November 1981 -BGBl I 1199-) hat ohnedies allein die Versorgungsverwaltung diese Art der Heilbehandlung "durchzuführen" und damit einen Erstattungsanspruch geltend zu machen.
Die Rückzahlungspflicht des Klägers besteht entgegen der Ansicht des LSG nicht entsprechend § 50 Abs 1 oder 2 SGB X (vom 18. August 1980 - BGBl I 1469 -), und zwar auch nicht nach einer dieser Vorschriften wie bei der Gewährung einer "Urteilsrente" während des Berufungsverfahrens gemäß § 154 Abs 2 SGG (vgl dazu BSGE 57, 138 = SozR 1300 § 50 Nr 6; ablehnende Anmerkung von Tannen, DRV 1985, 61 ff). Die für das Verwaltungsverfahren in § 50 SGB X geregelte Erstattungspflicht setzt voraus, daß die Verwaltung selbst die zurückgeforderte Leistung kraft ihrer eigenen Regelungsmacht nach den Maßstäben des materiellen Sozialrechts, hier des BVG, im Verwaltungsverfahren gezahlt hatte. Diese Verwaltungsentscheidung muß sich nachträglich als unrichtig erweisen. Ein solcher Fall war hier nicht gegeben. Die nach § 97 Abs 2 SGG vorläufig zu gewährende Leistung unterscheidet sich von der Urteilsrente, die auf einer materiell-rechtlichen Beurteilung des angefochtenen Verwaltungsaktes durch das SG beruht, außerdem dadurch, daß die zugrunde liegende Gerichtsanordnung die beiderseitigen Interessen gegeneinander abgewogen hat.
Schließlich ist die Rechtsfolge nicht wie im Fall des auch im Sozialgerichtsverfahren entsprechend anwendbaren § 123 VwGO (BVerfGE 46, 166, 181 ff) dem § 945 Zivilprozeßordnung (ZPO) zu entnehmen (im Ergebnis ebenso BVerwGE 18, 72, 77 ff; 24, 92, 93); denn eine derartige einstweilige Anordnung, die keine Klage gegen einen Verwaltungsakt voraussetzt, unterscheidet sich von der vorläufigen Aussetzung eines Verwaltungsaktes nach § 97 Abs 2 SGG, einem ordentlichen Rechtsbehelf.
Grundsätzlich kann die Verwaltung die vorläufig nach § 97 Abs 2 SGG erbrachten Leistungen, falls die gerichtliche Anordnung - wie hier - gegenstandslos geworden ist, noch eher als bei Vorschüssen auf eine dem Grunde nach zustehende Leistung (§ 42 Abs 1 Satz 1 Abs 2 Satz 2 SGB I) ohne Ermessensausübung zurückfordern. Nach allgemeinen Grundsätzen des Bereicherungsrechts, wie sie in § 820 Abs 1 iVm § 818 Abs 3 und 4 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) für das bürgerliche Recht festgelegt sind, besteht auch in Fällen dieser Art, in denen mit der Vorläufigkeit der Leistung zwangsläufig eine Ungewißheit verbunden war, mit der Rechtskraft der entgegenstehenden Gerichtsentscheidung die Herausgabepflicht so, wie wenn der Erstattungsanspruch zur Zeit des Empfanges der Leistung rechtshängig geworden wäre, also ohne den Fortfall dessen, um das der Empfänger nicht mehr bereichert ist (BVerwGE 24, 92, 100 f; für den Zivilprozeß: Kohler, Zeitschrift für Zivilprozeß 1986, 34, 44 ff, bes 49 ff).
Gleichwohl kann nach allgemeinen Vorschriften, besonders nach dem allgemein im Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben, die Erstattung einer Leistung, die während eines Prozesses zur Befriedigung des notwendigen Lebensbedarfs gewährt wurde, wegen Wegfalls der Bereicherung verweigert werden (BVerwGE 18, 72, 74 ff; 24, 92, 101 ff; 30, 296, 298 ff). Ob dieser Grundsatz zugunsten des Klägers hier durchgreift, ist nicht zu entscheiden.
Ungeachtet dieser Einschränkung, die auf die Lebensverhältnisse zur Zeit des Leistungsempfanges abstellt, haben die Beteiligten in diesem Verfahren durch Vergleich und damit durch gegenseitiges Nachgeben (§ 101 Abs 1 SGG) eine andere Rechtsgrundlage für maßgeblich erklärt, um den Erstattungsanspruch der Verwaltung zu beschränken; die Verwaltung sollte die Erstattungspflicht des Klägers nach § 47 KOV-VfG neu prüfen. Diese Vorschrift war allerdings zur Zeit des Vergleichs schon außer Kraft getreten (Art II § 16 Nr 1, § 40 Abs 1 SGB X). Gleichwohl hat sich die Verwaltung im Vergleich zutreffend verpflichtet, nach Billigkeit unter Berücksichtigung einer besonderen Härte für den Kläger über den Anspruch neu zu befinden. Das entsprach einem allgemeinen Rechtsgrundsatz für Erstattungsfälle, wie er früher in § 47 Abs 4 KOV-VfG zum Ausdruck kam, jetzt die Erstattungspflicht nach § 50 SGB X gemäß § 59 Abs 1 Nr 3 Bundeshaushaltsordnung einschränkt (vgl dazu Urteil des Senats in SozR 1300 Art 2 § 40 Nr 8; vgl auch § 765a Abs 1 ZPO) und auch die Rückzahlung vorläufig im Prozeß zuerkannter Leistungen regelt (BVerwGE 18, 72, 77; 24, 92, 103 f; 30, 296, 300, 301). Dabei werden die gegenwärtigen Einkommensverhältnisse und die gegenwärtige Leistungsfähigkeit des Schuldners berücksichtigt. Die darüber von der Verwaltung getroffene Ermessensentscheidung, die das LSG lediglich auf ihre Rechtmäßigkeit geprüft hat (§ 54 Abs 2 Satz 2 SGG), ist nicht zu beanstanden.
Die Verwaltung durfte eine "besondere Härte" unter den besonderen Umständen dieses Falles verneinen, weil dem Kläger und seiner Ehefrau noch monatlich 1.761,69 DM verbleiben, also ein Betrag weit über der Sozialhilfegrenze; die Pfändungsfreigrenze müßte ohnedies spätestens im Vollstreckungsverfahren beachtet werden. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Entscheidung über den unbestimmten Rechtsbegriff "besondere Härte" ausnahmsweise wegen der Koppelung mit einem Ermessensspielraum im Leistungsrecht - ebenso wie im Steuerrecht (Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, BVerwGE 39, 355 = SozR 1500 § 54 Nr 54) - lediglich auf Ermessensfehler gerichtlich zu überprüfen ist (dazu BSGE 36, 143, 144 f = SozR Nr 9 zu § 89 BVG; BSGE 43, 153, 159 = SozR 4100 § 79 Nr 2; SozR 4100 § 23 Nr 1). Die Verwaltung durfte unter den Umständen dieses Falles auch die monatlichen Grundrentenbeträge zur Tilgung der Schuld heranziehen (§ 51 SGB I; Urteil des Senats vom 21. September 1983 -9a RV 26/83 - = USK 83147; BSGE 48, 217, 218 = SozR 1200 § 54 Nr 3; vgl auch BVerwG Buchholz 412.4 § 46b KgfEG Nr 1). Eine Hilfsbedürftigkeit iS des Sozialhilferechts, die entsprechend § 51 Abs 1 und § 54 Abs 3 Nr 2 SGB I (dazu BSGE 51, 98 = SozR 1200 § 51 Nr 9) die Zugriffsmöglichkeit nach unten begrenzen könnte, bleibt hier bei den wirtschaftlichen Verhältnissen des Klägers außer Betracht.
Soweit sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers nachträglich verschlechtert haben sollten, kann dies in einem neuen Bescheid berücksichtigt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen