Entscheidungsstichwort (Thema)
Saarland. BVG. MdE. Umanerkennung
Orientierungssatz
Im Saarland war beim Erlaß von Umanerkennungsbescheiden auf Grund des Gesetzes zur Einführung des BVG im Saarland die MdE der Beschädigten unabhängig von dem nach Reichs- und saarländischem Recht zuerkannten MdE-Grad und unabhängig vom Nachweis einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse iS des § 62 Abs 1 BVG nach den im Zeitpunkt der Umanerkennung bestehenden tatsächlichen Verhältnissen zu bemessen (vgl BSG 1968-03-12 9 RV 1064/65 = SozR Nr 2 zu EGBVGSaar Art 1 § 2.
Normenkette
BVG § 62 Abs. 1; BVGSaarEG Art. 1 § 2 Abs. 1
Verfahrensgang
LSG für das Saarland (Entscheidung vom 05.10.1967) |
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 5. Oktober 1967 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.
Gründe
Die Rente der Kläger wurde durch Umstellungsbescheide aufgrund des Gesetzes zur Einführung des Bundesversorgungsgesetzes im Saarland (EGBVG-Saar) vom 16. August 1961 (BGBl I 1292) vom 1. Juni 1960 an nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) festgestellt. Dabei wurde die frühere Leidensbezeichnung übernommen, die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) nach ärztlicher Untersuchung jedoch niedriger als in den aufgrund des Reichsversorgungsgesetzes (RVG) erlassenen Bescheiden festgesetzt. Der Widerspruch hatte keinen Erfolg. Das Sozialgericht (SG) für das Saarland verurteilte - in getrennten Verfahren - den Beklagten, den Klägern auch über den 31. Mai 1960 hinaus Rente nach der bisher festgesetzten MdE zu gewähren. Gegen diese Urteile hat der Beklagte Berufung eingelegt. Das Landessozialgericht (LSG) für das Saarland hat die Rechtsstreitigkeiten unter Hinweis auf §§ 113 Abs. 1, 153 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zur gemein samen Entscheidung verbunden und mit Urteil vom 5. Oktober 1967 die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, die früheren Bescheide seien nach § 77 SGG verbindlich. Die Voraussetzungen für eine Änderung nach § 41 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (VerwVG) oder nach § 62 BVG seien nicht gegeben. Die Einführung des BVG im Saarland habe es dem Beklagten nicht gestattet, die Rente zuungunsten der Kläger neu festzusetzen. Das EGBVG-Saar enthalte darüber keine ausdrücklichen Vorschriften und lasse insoweit auch keine Lücke erkennen. Gemäß § 3 Satz 1 EGBVG-Saar hätte die Versorgung zwangsläufig auf das neue Recht umgestellt werden müssen. Soweit die bisherigen Rechte nicht ausdrücklich gesetzlich garantiert worden wären, hätten die saarländischen Kriegsopfer zwar etwaige Minderungen des bisherigen Rechtszustandes hinnehmen müssen, aber nicht eine Benachteiligung gegenüber den Kriegsopfern in den übrigen Ländern des Bundesgebietes, die dann eintrete, wenn allein aus Anlaß der Umstellung die bisherige verbindliche Bewertung der MdE zum Nachteil der Beschädigten geändert werden dürfte, während dies bei gleichen Verhältnissen im Bundesgebiet nicht möglich wäre. Aus der durch Art. I § 2 Abs. 1 Satz 1 EGBVG-Saar ausdrücklich auch für das BVG aufrechterhaltenen Rechtsverbindlichkeit einer früheren Entscheidung über den ursächlichen Zusammenhang könne nicht gefolgert werden, daß die Bescheide im übrigen der uneingeschränkten Nachprüfung unterlägen. Die Auffassung des 8. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) in dem Urteil vom 18. August 1966 (BSG 25, 153, 155), daß die Umstellung von saarländischem Versorgungsrecht auf das BVG mit der Umanerkennung nach dem BVG gleichzusetzen sei und deshalb den für diesen Fall in BSG 2, 264 entwickelten Grundsätzen unterliege, könne hier keine Anwendung finden, da die Regelung für die Überleitung der Versorgung der saarländischen Kriegsopfer auf das BVG nicht lückenhaft sei. Die Grundsätze, die für die Umanerkennung nach dem BVG im übrigen Bundesgebiet vom 1. Oktober 1950 an maßgebend waren, könnten auch deshalb nicht beachtet werden, weil die Verhältnisse zur Zeit der Verkündung des EGBVG im Saarland im August 1961 mit denen im übrigen Bundesgebiet im Jahre 1950 nicht verglichen werden könnten. Die politische Entwicklung in den damals zum Bundesgebiet gehörenden Ländern hätte zu unterschiedlichen versorgungsrechtlichen Regelungen geführt, die das BVG durch eine einheitliche Regelung auf einer neuen Grundlage habe beenden wollen. Auch die in BSG 2, 264 für die Aufhebung der Bindungswirkung früherer Bescheide angeführten neuen Grundsätze für die Bemessung der MdE gemäß den §§ 29, 30 BVG könnten eine niedrigere Bewertung der MdE nicht rechtfertigen, da aus diesen, nur der Besserstellung des Beschädigten dienenden Vorschriften nicht geschlossen werden könne, daß der Gesetzgeber eine Verschlechterung des Beschädigten beabsichtigt habe. Zwar müßten die Vorschriften des BVG auch dann angewandt werden, wenn sich daraus ungünstige Auswirkungen für den Versorgungsberechtigten ergäben; die Versorgungsverwaltung im Saarland habe aber in den strittigen Fällen die MdE herabgesetzt, obwohl das BVG dazu nicht die Möglichkeit biete. Entgegen der Auffassung des BSG habe es der Gesetzgeber auch nicht ausdrücklich auszusprechen brauchen, wenn er die Rechtsverbindlichkeit der früheren Entscheidung auch für die Höhe der MdE habe aufrechterhalten wollen. Gemäß § 77 SGG hätte er vielmehr zum Ausdruck bringen müssen, wenn er die Verbindlichkeit der Bescheide hätte beseitigen wollen. Mangels einer solchen Regelung oder entsprechend anwendbarer Rechtsgrundsätze habe die MdE bei der Einführung des BVG im Saarland daher nicht niedriger festgesetzt werden dürfen als vorher. Das LSG hat die Revision mit der Begründung zugelassen, daß es von einer Entscheidung des BSG abgewichen ist.
Gegen das am 17. Oktober 1967 zugestellte Urteil des LSG hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 27. Oktober 1967, der am 3. November 1967 beim BSG eingegangen ist, Revision eingelegt. Dem Sinn nach beantragt er,
das Urteil des LSG für das Saarland vom 5. Oktober 1967 aufzuheben, ferner die im einzelnen bezeichneten Urteile des SG für das Saarland insoweit aufzuheben, als den Klägern über den 31. Mai 1960 hinaus die Rente in der bis dahin gewährten Höhe zuerkannt worden ist, und die Klagen in vollem Umfang abzuweisen.
(Wegen des genauen Inhalts des Antrags wird auf den Schriftsatz vom 27. Oktober 1967 verwiesen.)
In der Revisionsbegründung rügt der Beklagte eine Verletzung des Art. I § 2 EGBVG-Saar und bringt dazu vor, die in dieser Vorschrift ausgesprochene Rechtsverbindlichkeit der nach den bisherigen Vorschriften des Saarlandes erlassenen Bescheide für die Umanerkennung der Versorgung nach dem BVG gelte nur für die Beurteilung der Zusammenhangsfrage, aber nicht für die Bewertung der MdE. Eine so weitgehende Bindung könne nicht angenommen werden, wie zwingend der Umkehrschluß aus Art. I § 2 Abs. 1 EGBVG ergebe. Das BSG habe diese Folgerung in ständiger Rechtsprechung aus § 85 BVG gezogen, der wörtlich mit Art. I § 2 Abs. 1 EGBVG übereinstimme. Nach der Entscheidung des 8. Senats des BSG vom 18. August 1966 (BSG aaO) gelte dies auch für Art. I § 2 Abs. 1 EGBVG-Saar. Zur weiteren Begründung hat der Beklagte die Ausführungen des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung in dem Rechtsstreit Saarland ./. D (9 RV 1064/65) wiederholt.
Die Kläger beantragen,
die Revision des Beklagten als unbegründet zurückzuweisen,
hilfsweise,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Sie halten das Urteil des LSG für zutreffend, das im übrigen auch mit dem Urteil des 9. Senats des BSG vom 26. August 1965 (BSG 23, 283) übereinstimme.
Die durch Zulassung gemäß § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 164, 166 SGG). Die Revision ist daher zulässig; sie ist auch begründet.
Das LSG hat die bei ihm durch die Berufung des Beklagten gegen die von den verschiedenen Klägern erwirkten Urteile des SG anhängigen Rechtsstreitigkeiten zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung gemäß § 113 Abs. 1 SGG verbunden. Es bestehen erhebliche rechtliche Bedenken, ob der nach dieser Vorschrift erforderliche Zusammenhang der "Ansprüche" der verschiedenen Kläger, die auf Zahlung von Renten in der vor der Einführung des BVG im Saarland jeweils festgesetzten Höhe gerichtet sind, schon deshalb bejaht werden kann, weil für die Entscheidung über die Ansprüche die gleiche Rechtsfrage bedeutsam ist. Bedenken bestehen auch gegen den Tenor des angefochtenen Urteils insofern, als das LSG, wie von dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers J in der mündlichen Verhandlung zutreffend hervorgehoben worden ist, die mit der Berufung erfolglos angegriffenen Urteile des SG nicht im einzelnen bezeichnet hat. Jedoch brauchte diesen Bedenken nicht nachgegangen zu werden, da die Unzulässigkeit der Verbindung und die Art der Tenorierung nicht als Verfahrensmangel innerhalb der Revisionsbegründungsfrist gerügt worden ist und von Amts wegen zu beachtende Fehler jedenfalls insoweit nicht vorliegen würden.
Der Sache nach ist für die Ansprüche der Kläger zunächst streitig, ob der Beklagte bei der Umstellung der Versorgung auf das BVG auch an den in dem früheren Bescheid nach den Vorschriften des Saarlandes festgestellten Grad der MdE gebunden war oder ob er die MdE unabhängig davon aufgrund der Verhältnisse nach der Einführung des BVG im Saarland neu bemessen durfte.
Zutreffend hat bereits der 8. Senat des BSG in seinem Urteil vom 18. August 1966 (BSG aaO) entschieden, daß gemäß Art. I § 2 Abs. 1 EGBVG-Saar bei der Umstellung der Versorgung auf das BVG im Saarland, ähnlich wie 1950 bei der Einführung des BVG in den übrigen Ländern des Bundesgebietes, nur eine andere Beurteilung der vorher nach den Rechtsvorschriften des Saarlandes entschiedenen Frage des ursächlichen Zusammenhangs einer Gesundheitsstörung mit einer Schädigung im Sinne des BVG ausgeschlossen ist, im übrigen ist aber die Entscheidung über den Versorgungsanspruch nach dem BVG, insbesondere auch über die Höhe der MdE, keinen Einschränkungen unterworfen. Der erwähnten Entscheidung und ihrer Begründung hat sich der 9. Senat des BSG in seinem Urteil vom 12. März 1968 - 9 RV 1064/65 - angeschlossen und gleichzeitig die in seinem früheren Urteil vom 26. August 1965 (BSG 23, 283, 291) vertretene Auffassung, daß Art. I § 3 letzter Satz EGBVG-Saar den rechtlichen Besitzstand garantiere, ausdrücklich aufgegeben. Das Urteil vom 12. März 1968 beruht vor allem auf der Erwägung, daß mit der Einführung des BVG im Saarland und der gleichzeitigen Aufhebung aller entgegenstehenden oder inhaltsgleichen Vorschriften des Saarlandes gemäß Art. III § 1 EGBVG-Saar vom 1. Juni 1960 an den nach früherem Recht ergangenen Entscheidungen die Grundlage entzogen war und diese ihre Wirkung verloren hatten, und zwar entsprechend den Rechtsgrundsätzen, die das BSG in ständiger Rechtsprechung allgemein für den Fall der Ablösung früherer Versorgungsgesetze durch neue entwickelt hat (BSG 1, 164; 3, 255; 4, 23; 10, 251; vgl. auch BSG 19, 247, 251). Die Umstellung der Versorgungsbezüge auf das BVG im Saarland gemäß Art. I § 3 Satz 1 EGBVG-Saar bedeutet nicht eine Umrechnung der Rente entsprechend dem vorher zuerkannten Grad der MdE, sondern die erstmalige Feststellung der Versorgung nach den Vorschriften des BVG und damit auch des nach diesen Vorschriften zu ermittelnden Grades der MdE, wobei gemäß Art. I § 2 Abs. 1 EGBVG-Saar nur die frühere Entscheidung über den ursächlichen Zusammenhang einer anderweitigen Beurteilung entzogen ist. Für die Feststellung der MdE ist die Rechtslage bei der Umstellung auf das BVG im Saarland nicht anders wie bei der Umanerkennung gemäß § 86 Abs. 1 BVG aufgrund der Einführung dieses Gesetzes in den übrigen Teilen des Bundesgebietes im Jahre 1950 (vgl. BSG 2, 263, 264). Der in Anlehnung an § 85 BVG getroffenen und inhaltlich damit übereinstimmenden Regelung in Art. I § 2 Abs. 1 Satz 1 EGBVG-Saar kommt nach der Amtlichen Begründung (vgl. Deutscher Bundestag, 3. Wahlperiode, Drucks. Nr. 2690, Begründung zum Entwurf des Gesetzes S. 5 zu § 2) die gleiche Bedeutung zu wie § 85 BVG für die vor Inkrafttreten des BVG am 1. Oktober 1950 erlassenen Entscheidungen, die nur insoweit auch nach dem BVG rechtsverbindlich waren, als sie den ursächlichen Zusammenhang einer Gesundheitsstörung mit einem schädigenden Ereignis im Sinne des § 1 BVG betrafen. Dazu kommt, daß die in den §§ 4 bis 6 EGBVG-Saar zur Erhaltung des Besitzstandes getroffenen Regelungen überflüssig gewesen wären, wenn die vorher erlassenen Bescheide allgemein auch weiterhin als bindend zu betrachten wären. Die den Versorgungsberechtigten im Saarland in diesen Vorschriften eingeräumten Ansprüche beruhen nicht auf der Anerkennung einer weiterwirkenden Rechtsverbindlichkeit, sondern auf eigenen Regelungen auf Grund des neuen Rechts, die nicht erforderlich gewesen wären, wenn die Wirksamkeit der nach früherem Versorgungsrecht erlassenen Bescheide nicht beseitigt und die Aufrechterhaltung der Rechtsverbindlichkeit gemäß Art. I § 2 Abs. 1 EGBVG-Saar nicht auf die Entscheidung über den ursächlichen Zusammenhang beschränkt wäre. Unter diesen Umständen hat der erkennende Senat keine Bedenken, sich bei seiner Entscheidung über die gleiche Rechtsfrage im vorliegenden Falle der Auffassung des 8. Senats des BSG im Urteil vom 18. August 1966 (BSG 25, 153) und insbesondere der Auffassung des 9. Senats des BSG in seinem Urteil vom 12. März 1968 anzuschließen (Az. 9 RV 1064/65). Er hat auch keinen Anlaß, die sehr eingehende Begründung der beiden Senate nochmals zu wiederholen, das gilt insbesondere von der Begründung des 9. Senats, soweit dieser seine Auffassung aus den Materialien zur Entwicklungsgeschichte des EGBVG-Saar gewonnen hat.
Haben mit der Ablösung der im Saarland früher gültigen Versorgungsgesetze durch das BVG die vorher erteilten Bescheide mit der in Art. I § 2 Abs. 1 EGBVG-Saar bestimmten Ausnahme für die Zukunft ihre Wirkung verloren, so sind damit auch die Voraussetzungen für eine weitere Bindung gemäß § 77 SGG entfallen. Eine Versorgung ist dann weiterhin nur noch nach den Vorschriften des BVG möglich und die erstmalige anderweitige Beurteilung des Versorgungsanspruchs nach dem BVG nicht von den Voraussetzungen des § 41 VerwVG oder des § 62 BVG abhängig. Die Umstellung erfordert - abgesehen von der in Art. I § 2 Abs. 1 EGBVG-Saar bestimmten Ausnahme - eine Beurteilung aller nach dem BVG für den Versorgungsanspruch und seine Höhe bedeutsamen Umstände. Die Möglichkeit einer Herabsetzung der Rente im Falle der Ermittlung einer geringeren MdE als vorher im Rahmen der Umstellung brauchte gesetzlich nicht noch ausdrücklich zugelassen zu werden, weil die frühere Entscheidung, auch soweit sie die Höhe betraf, ihre Wirkung verloren hatte und nunmehr unabhängig davon auch darüber eine neue Entscheidung nach dem BVG getroffen werden muß. Die Kriegsopfer im Saarland sind gegenüber denen im übrigen Bundesgebiet auch nicht schlechter gestellt, wenn die MdE bei der Umstellung niedriger bemessen werden darf. Sie erfahren vielmehr insoweit die gleiche Behandlung wie die Beschädigten im übrigen Bundesgebiet bei der Umanerkennung ihrer Versorgungsansprüche nach der Einführung des BVG im Jahre 1950, bei der die MdE auch schon unabhängig von den früheren Bescheiden und auch niedriger als vorher bemessen werden durfte. Die Ansicht des LSG der Gesetzgeber habe weder gewollt noch gebilligt, daß zB eine im Jahre 1959 von einem saarländischen Versorgungsamt verbindlich festgestellte MdE nunmehr geändert werden dürfe, obwohl dies im absolut gleichen Fall im übrigen Bundesgebiet nicht möglich wäre, beruht auf einer Verkennung der insoweit bestehenden rechtlichen und sachlichen Unterschiede. Die im Saarland 1959 und damit vor Einführung des BVG getroffene Feststellung der MdE ist nur mit einer Feststellung der MdE im übrigen Bundesgebiet vor dem 1. Oktober 1950 nach den bis dahin gültigen versorgungsrechtlichen Vorschriften zu vergleichen, die bei der Umanerkennung aber ebenso nachgeprüft und geändert werden konnte wie jetzt bei der Umstellung der Versorgung nach Einführung des BVG im Saarland. Soweit es sich jedoch um eine im übrigen Bundesgebiet außerhalb der Umanerkennung - etwa im Jahre 1959 - vorgenommenen Feststellung der MdE handelt, die nur unter den Voraussetzungen des § 41 VerwVG oder des § 62 BVG geändert werden kann, sind damit auch die im Saarland außerhalb der Umstellung vorgenommenen Feststellungen der MdE vergleichbar, die künftig auch nur unter den Voraussetzungen des § 41 VerwVG oder des § 62 BVG zuungunsten des Versorgungsempfängers geändert werden können.
Der sinngemäßen Anwendung der in BSG 2, 263, 264 dargelegten Grundsätze auch auf die Umstellung der Versorgungsansprüche im Saarland kann auch nicht entgegengehalten werden, daß die Regelung der Überleitung der Versorgung auf das BVG im EGBVG-Saar keine Lücke enthalte und daß die Verhältnisse zur Zeit der Verkündung des Gesetzes zur Einführung des BVG im Saarland im August 1961 nicht mit denen im Jahre 1950 verglichen werden könnten, weil die unterschiedliche Entwicklung des Versorgungsrechts vor 1950 in den übrigen Ländern des Bundesgebietes durch die Herstellung einer neuen Grundlage abgelöst werden sollte, während die Kriegsopferversorgung im Saarland schon weitgehend dem Rechtszustand des BVG angeglichen gewesen sei. Von einer Lücke bei der Regelung der Überleitung der Versorgung kann weder bei der Überleitung des Jahres 1950 noch der des Jahres 1961 (Saar) gesprochen werden in Anbetracht des vollständigen Ersatzes der alten Vorschriften durch die des BVG; dem steht nicht die Tatsache entgegen, daß eine Entscheidung über die Zusammenhangsfrage für die Umstellung als verbindlich erklärt wurde und besondere Vorschriften die wirtschaftlichen Nachteile infolge der notwendigen Beurteilung nach dem neuen Recht des BVG möglichst verhindern sollen. Ob die Unterschiede in der Versorgung im Verhältnis zum BVG vor Oktober 1950 in den übrigen Ländern des Bundesgebietes größer waren als im Saarland vor dem Juni 1960, kann dahinstehen, da diese Frage unerheblich ist angesichts der Neuregelung, die der Gesetzgeber mit dem Ersatz der alten Vorschriften durch die des BVG in gleicher Weise 1950 wie 1960 vornehmen wollte. Soweit das LSG unter Hinweis auf die angezogene Entscheidung (BSG 2, 263, 264) ausführt, die dort erwähnte Bemessung der MdE nach den neuen §§ 29 und 30 BVG ließe nur eine höhere Bewertung der MdE zu und könne eine niedrigere Bemessung daher nicht rechtfertigen, entbehrt seine Ansicht jeglicher Begründung und widerspricht auch klar der in dieser Entscheidung zum Ausdruck gekommenen Auffassung, daß bei der Umanerkennung die MdE frei und unabhängig von der früheren Bemessung zu schätzen ist. Haben die früheren Bescheide über die Gewährung der Versorgung mit dem Fortfall ihrer Rechtsgrundlage grundsätzlich ihre rechtliche Wirksamkeit eingebüßt, so haben sie nur noch insoweit Bedeutung, als ihnen ausdrücklich in den Überleitungsvorschriften für die Umanerkennung nach dem BVG Verbindlichkeit zugesprochen worden ist. Das aber ist jedenfalls nicht geschehen, soweit in früheren Bescheiden nach saarländischem Recht die Höhe der MdE festgesetzt war.
Nach alledem war der Beklagte mithin berechtigt, bei der Umstellung der Versorgung auf das BVG die Höhe der MdE unabhängig von den früheren Bescheiden aufgrund der Verhältnisse nach Einführung des BVG neu und eventuell auch niedriger zu bemessen als vorher. Das Urteil des LSG beruht auf einer Verkennung des Art. I § 2 EGBVG-Saar und war daher aufzuheben. In der Sache selbst konnte der Senat nicht entscheiden, da es an der nunmehr erforderlichen Feststellung fehlt, wie hoch die MdE der einzelnen Kläger für die Zeit der Umstellung ist. Die Sache mußte daher an das LSG zurückverwiesen werden.
Fundstellen