Leitsatz (amtlich)
Nach § 3 S 1 KVLG idF bis zum 2. ASEG (1.7.1980) bleibt die Subsidiarität der Krankenversicherung der Landwirte gegenüber einer Krankenversicherung aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung erhalten, solange der Nebenerwerbslandwirt nach § 311 S 1 Nr 2 RVO versichert ist; dem steht eine nachträgliche Zubilligung von EU-Rente für die Krankengeldzeit nach der Gesamtregelung des § 183 Abs 3 S 1 bis 3 RVO nicht entgegen (Bestätigung und Fortentwicklung von BSG 1978-03-16 11 RK 9/77 = BSGE 46, 81).
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Versicherungspflicht in der KVdR nach § 165 Abs 1 Nr 3 RVO kann nicht zur Mitgliedschaft führen, weil sie sowohl gegenüber der Versicherungspflicht nach § 311 RVO (§ 165 Abs 6 RVO) als auch gegenüber der Versicherungspflicht nach § 2 Abs 1 Nr 1 KVLG (§ 3 S 2 Nr 2 Halbs 1 KVLG, ab 1.7.1980 § 3 Abs 1 S 2 Nr 2 Halbs 1 KVLG) nachrangig ist.
2. Wenn auch hinsichtlich der Argumentation des 5. Senats zu § 311 S 1 Nr 2 RVO in seinem Urteil vom 25.5.1976 5/12 RJ 120/75 zum Beitragszuschuß nach § 95 KVLG (= BSGE 42, 64) nicht gefolgt werden kann, war aber nach dem Sinnzusammenhang dem Versicherten in dem danach streitigen Fall der Beitragszuschuß nach § 95 KVLG zuzuerkennen. Infolgedessen war der 11. Senat wegen der Abweichung vom Urteil des 5. Senats nicht gezwungen, den Großen Senat anzurufen.
Normenkette
RVO § 165 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1945-03-17, Nr. 3, Abs. 6, § 183 Abs. 3 Fassung: 1961-07-12, § 311 S. 1 Nr. 2 Fassung: 1974-08-07; KVLG § 3 S. 1 Fassung: 1972-08-10, S. 2, § 2 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1972-08-10; ASEG 2 Fassung: 1980-07-09; KVLG § 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Fassung: 1980-07-09, § 95 Fassung: 1972-08-10
Verfahrensgang
SG Landshut (Entscheidung vom 23.06.1981; Aktenzeichen S 4 KrLw 168/79) |
SG Landshut (Entscheidung vom 23.06.1981; Aktenzeichen S 4 KrLw 169/79) |
SG Landshut (Entscheidung vom 23.06.1981; Aktenzeichen S 4 KrLw 166/79) |
Tatbestand
Die klagende Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) verlangt von der beklagten Landwirtschaftlichen Krankenkasse Ersatz von Aufwendungen für drei Versicherte nach deren Arbeitsunfähigkeit (AU). Diese waren als Arbeitnehmer bei der Klägerin pflichtversichert, außerdem aber landwirtschaftliche Unternehmer iS von § 2 Abs 1 Nr 1 des Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG). Bei den Aufwendungen handelt es sich unter anderem um gezahltes Krankengeld. Die Versicherten erhielten ferner Renten wegen Berufsunfähigkeit (BU) bzw Erwerbsunfähigkeit (EU), welche die zuständige Landesversicherungsanstalt (LVA) unter Berufung auf § 183 Abs 3 bzw 5 Reichsversicherungsordnung (RVO) zum Teil an die Klägerin ausgezahlt hat. Die hierdurch nicht gedeckten Aufwendungen will die Klägerin von der Beklagten erstattet haben. Die Einzelheiten sind folgende:
a) Versicherter Hermann Hackl (H.): AU seit 22.8.1975; verstorben am 20.11.1976; Krankengeld vom 3.10.1975 bis zum Tode; BU-Rente laut Bescheid vom 3.6.1976 ab 1.3.1976, durch Vergleich vom 25.1.1978 umgewandelt in EU-Rente ab 1.4.1976; Aufwendungen ab 25.9.1976 geltend gemacht im Restbetrag von 2.905,99 DM.
b) Versicherter Xaver Radlspeck (R.): AU seit 6.12.1976; verstorben am 25.6.1977; Krankengeld vom 17.1.1977 bis zum Tode; BU-Rente laut Bescheid vom 27.9.1977 ab 1.1.1977; Aufwendungen ab 20.1.1977 geltend gemacht im Restbetrag von 18.102,86 DM.
c) Versicherter Johann Datzmann (D.): AU seit 8.1.1977; Krankengeld vom 19.2. bis 31.7.1977; BU-Rente laut Bescheid vom 16.6.1977 ab 1.2.1977; Aufwendungen geltend gemacht ab 2.4. bis 31.7.1977 im Restbetrag vom 1.641,97 DM.
Das Sozialgericht (SG) hat die erhobenen (drei) Ersatzklagen miteinander verbunden und im Urteil vom 23. Juni 1981 unter Zulassung der Sprungrevision abgewiesen. Nach seiner Ansicht ist ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch schon deshalb nicht gegeben, weil die Beklagte nicht der zur Gewährung der Leistungen verpflichtete Leistungsträger gewesen ist. In den maßgebenden Zeiträumen seien die Versicherten Mitglieder der Klägerin gewesen. Das Versicherungsverhältnis sei durch Aufnahme der Beschäftigung als Arbeitnehmer gemäß § 165 Abs 1 Nr 1 RVO begründet worden. Das habe nach § 3 Satz 1 KVLG zur Folge gehabt, daß trotz Erfüllung des § 2 Abs 1 Nr 1 KVLG keine Versicherung nach diesem Gesetz eingetreten sei. Während des Anspruchs auf Krankengeld sei die Mitgliedschaft bei der Klägerin gemäß § 311 Satz 1 Nr 2 RVO fortgesetzt worden; die rückwirkende Gewährung von Renten wegen BU bzw EU habe daran nichts geändert. Der Rentenbezug habe auch nicht zur Anwendung des § 3 Satz 2 Nr 2 KVLG (Vorrang der Unternehmerversicherung vor der Rentnerkrankenversicherung) geführt, weil die nach § 311 RVO fortgesetzte Mitgliedschaft über § 165 Abs 6 RVO eine Rentnerkrankenversicherung nach § 165 Abs 1 Nr 3 RVO gleichfalls verhindert habe. Schließlich lasse sich die Anwendung von § 3 Satz 1 KVLG nicht durch eine Analogie zu § 3 Satz 2 KVLG ausschließen; der im Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 25. September 1976 - 5/12 RJ 120/75 - vertretene gegenteilige Standpunkt sei nicht gerechtfertigt.
Mit der Sprungrevision rügt die Klägerin eine Verletzung der §§ 2 und 3 KVLG sowie der §§ 311, 312 RVO. Die im Anschluß an den Krankengeldanspruch fortgesetzte Mitgliedschaft aus § 311 Satz 1 Nr 2 RVO habe die Zugehörigkeit zur Krankenversicherung der Landwirte in den streitigen Zeiten nicht verdrängt. Die bei der Beklagten bestehende Versicherung stelle eine andere Versicherung iS des § 312 RVO dar.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen,
an sie 22.650,22 DM zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Sprungrevision der Klägerin ist nicht begründet.
Der Senat kann offenlassen, ob als Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Zahlungsanspruch der "allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch" (SozR 2200 § 306 Nr 5; § 539 Nr 13 mwN) in Frage kommt, wie das SG meint, oder § 43 Abs 3 des Sozialgesetzbuches - Allgemeiner Teil -SGB I- (vgl BSGE 49, 151, 152 und SozR 2200 § 1237 Nr 12) in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung. Dahinstehen kann ferner, ob danach ein erstattungspflichtiger Versicherungsträger auch Leistungen erstatten müßte, die er nach seinem Recht gar nicht hätte erbringen dürfen (hier: Krankengeld für landwirtschaftliche Unternehmer). In jedem Falle entfällt nämlich ein Erstattungsanspruch der Klägerin deshalb, weil für die Leistungen an die drei Versicherten in den streitigen Zeiten (zwischen September 1976 und Juli 1977) nicht die Beklagte, sondern die Klägerin selbst der zuständige Versicherungsträger war.
Als Anknüpfungspunkte für die Leistungszuständigkeit kommen a) die nach § 311 Satz 1 Nr 2 RVO fortbestehende Mitgliedschaft, b) die Versicherungspflicht als landwirtschaftliche Unternehmer nach § 2 Abs 1 Nr 1 KVLG und c) die Versicherungspflicht als Rentner nach § 165 Abs 1 Nr 3 RVO in Betracht. Hiervon kann die Rentnerkrankenversicherung indessen sogleich ausgeschieden werden, weil sie gegenüber beiden anderen Versicherungen subsidiär ist. Im Verhältnis zu der nach § 311 RVO fortbestehenden Mitgliedschaft ergibt sich das aus § 165 Abs 6 Satz 1 RVO; danach ist Voraussetzung der Versicherung für die in Abs 1 Nr 3 bezeichneten Personen, daß sie nicht nach anderen gesetzlichen Vorschriften versichert sind; letzteres ist bei einer nach § 311 RVO fortbestehenden Mitgliedschaft zu bejahen (SozR Nr 56 zu § 165 RVO). Im Verhältnis zur landwirtschaftlichen Krankenversicherung folgt die Subsidiarität aus Ä 3 KVLG in der hier noch anzuwendenden Fassung bis zum 30. Juni 1980 (aF); gemäß dessen Satz 1 ist grundsätzlich nach dem KVLG zwar nicht versichert, wer nach anderen gesetzlichen Vorschriften für den Fall der Krankheit versicherungspflichtig ist; nach Satz 2 Nr 2 gilt dies jedoch (ua) nicht für die in § 165 Abs 1 Nr 3 RVO bezeichneten Personen, wenn sie nach § 2 Abs 1 Nr 1 KVLG versichert sind. Entscheidend kann deshalb hier nur das Verhältnis der nach § 311 RVO fortbestehenden Mitgliedschaft zu der Versicherungspflicht nach § 2 Abs 1 Nr 1 KVLG sein.
Dabei bedarf vorweg noch der Klärung, ob § 311 Satz 1 Nr 2 RvO in seinem Tatbestand überhaupt in den streitigen Zeiten erfüllt gewesen ist. Nach dieser Vorschrift bleibt die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger - in der hier durch § 165 Abs 1 Nr 1 RVO begründeten Art (BSGE 22, 295, 297; 49, 151, 152) - erhalten, "solange Anspruch auf Krankengeld besteht". In den streitigen Zeiten hatten die Versicherten jedoch Anspruch auf Krankengeld; die Zubilligung der ihnen gewährten Renten stand dem nicht entgegen, wie auch die Klägerin in der Verhandlung vor dem Senat eingeräumt hat. Zweifelhaft könnte das lediglich bei dem Versicherten H. wegen der nachträglich ab 1. April 1976 zugebilligten EU-Rente sein, weil bei Zubilligung einer derartigen Rente nach dem Wortlaut des § 183 Abs 3 Satz 1 RVO der "Anspruch auf Krankengeld" mit dem Tage "endet", von dem die Rente zugebilligt wird. Dieser Satz ist jedoch im Zusammenhang mit den folgenden Sätzen 2 und 3 zu sehen. Dort ist nämlich im weiteren geregelt, daß ein schon gezahltes Krankengeld vom Versicherten nicht zurückgefordert werden kann und lediglich bis zur Höhe dieses Krankengeldes der Anspruch auf die EU-Rente auf die Kasse übergeht. Dieser Gesamtregelung ist somit, wie schon der mit ihr im Gesetzgebungsverfahren befaßte Sozialpolitische Ausschuß des Deutschen Bundestages ausgeführt hat (BT-Drucks III/2748, wiedergegeben in SozR Nr 11 zu § 19 BVG), zu entnehmen, daß bei Zubilligung einer EU-Rente während einer AU mit Krankengeldbezug der "Anspruch" auf das Krankengeld für die Dauer des Bezuges nicht rückwirkend wegfallen soll; die Krankenkasse durfte jedenfalls ihre Leistungen frühestens mit der Rentenfeststellung im Bescheid der LVA einstellen (vgl BSG, Urteil des 5a Senats vom 14. Juli 1982 - 5a RKn 9/81).
Für die sonach zu beurteilende Konkurrenz der nach § 311 RVO fortbestehenden Mitgliedschaft mit der Versicherungspflicht nach § 2 Abs 1 Nr 1 KVLG ist wiederum die schon erwähnte Grundsatznorm des § 3 Satz 1 KVLG aF maßgebend. Da nach dieser Norm die Versicherungspflicht nach einer anderen gesetzlichen Vorschrift der Versicherung nach dem KVLG vorgeht, bedeutet dies, daß auch die nach § 311 RVO fortbestehende Mitgliedschaft die Versicherung nach dem KVLG verdrängt. Insoweit kann das Verständnis der fortbestehenden Mitgliedschaft als Versicherung bzw Versicherungspflicht nach einer anderen gesetzlichen Vorschrift kein anderes sein als in § 165 Abs 6 Satz 1 RVO. Dementsprechend hat bereits der erkennende Senat im Urteil vom 16. März 1978 (BSGE 46, 81) den Vorrang der nach § 311 RVO fortbestehenden Mitgliedschaft vor der Versicherung nach § 2 Abs 1 Nr 1 KVLG festgestellt. Dabei hat der erkennende Senat zugleich dargelegt, daß die in § 3 Satz 2 KVLG aF im einzelnen aufgeführten Ausnahmen von der Subsidiarität der landwirtschaftlichen Krankenversicherung nicht noch auf die nach § 311 RVO fortbestehende Mitgliedschaft erstreckt werden dürften. Die Ausnahmen beträfen mit der Pflichtmitgliedschaft nach § 311 Satz 1 Nr 2 RVO nicht zu vergleichende Sachverhalte; (schon) das schließe eine entsprechende Anwendung von § 3 Satz 2 KVLG aF aus. Auch seien keine Gründe für eine Ausnahme von der Subsidiarität der landwirtschaftlichen Krankenversicherung bei einer Versicherung nach § 311 Abs 1 Nr 2 RVO anzuerkennen; wenn ein landwirtschaftlicher Unternehmer auch noch Einkünfte aus unselbständiger Beschäftigung erziele (Nebenerwerbslandwirt), sei er für den Fall der AU am ehesten an Krankengeld als Ersatz für den ausfallenden Arbeitslohn interessiert. Der 8b Senat des BSG hat sich dem erkennenden Senat im Urteil vom 22. November 1979 angeschlossen (BSGE 49, 151, 153). In der Begründung hat er noch auf den inzwischen Gesetz gewordenen § 2 SGB IV hingewiesen; danach bedeute "versicherungspflichtig" die Sozialversicherung kraft Gesetzes, womit also auch die fortbestehende gesetzliche Versicherung nach § 311 RVO darunter fällt.
Daß die nach § 311 RVO fortbestehende Pflichtmitgliedschaft die Versicherung in der Krankenversicherung der Landwirte ausschließt, ist mittlerweile auch im Gesetz selbst ausdrücklich bestimmt. In der ab 1. Juli 1980 geltenden Neufassung des KVLG durch das Zweite Agrarsoziale Ergänzungsgesetz (2. ASEG) vom 9. Juli 1980 (BGBl I 905) - KVLG nF - hat der Gesetzgeber nämlich den bisherigen Satz 1 des § 3 (nunmehr als Abs 1 Satz 1) um den Halbsatz "oder nach § 311 RVO Mitglied einer anderen Krankenkasse ist" ergänzt. Der Senat kann offenlassen, ob es dieser Ergänzung bedurfte. Jedenfalls war damit keine Gesetzesänderung gewollt. Die Ergänzung ist vielmehr zur Klarstellung erfolgt (s. Begründung des Regierungsentwurfs in BT-Drucks 8/2844, Begründung zu Nr 2, Buchst a auf S 22: "Die Vorschrift stellt klar, daß die nach § 311 RVO bestehende Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse wie die Versicherung nach § 165 Abs 1 Nr 1 oder Nr 2 RVO Vorrang vor der landwirtschaftlichen Krankenversicherung hat").
Demgegenüber hat allerdings der 5. Senat des BSG in dem vom SG und von der Klägerin erwähnten Urteil vom 25. Mai 1976 (BSGE 42, 64), das zum Beitragszuschuß zur Krankenversicherung der Landwirte ergangen ist und die Übergangsvorschrift des § 95 KVLG betrifft, die Ansicht vertreten, ein landwirtschaftlicher Unternehmer, der die Voraussetzungen der Versicherungspflicht nach § 2 Abs 1 Nr 1 KVLG erfülle, sei in entsprechender Anwendung von § 3 Satz 2 Nr 2 KVLG aF auch dann mit dem Inkrafttreten des KVLG in der Krankenversicherung der Landwirte versicherungspflichtig geworden, wenn er zu dieser Zeit nur deshalb nicht der KVdR angehört habe, weil er nach § 311 Satz 1 Nr 2 RVO noch wegen des Krankengeldbezuges versichert gewesen sei. An maßgebenden Erwägungen sind insoweit ua aufgeführt, der Gesetzgeber habe bei der Aufzählung der Ausnahmen von der Subsidiarität in § 3 den § 311 RVO offenbar nicht gesehen und daher unerwähnt gelassen. In Anbetracht des Grundsatzes, daß die Versicherung bei aktiver Berufstätigkeit Vorrang vor anderen Tatbeständen der Versicherungspflicht habe, könne § 311 Satz 1 Nr 2 RVO seiner Natur nach gegenüber der Versicherungspflicht der landwirtschaftlichen Unternehmer nur subsidiär sein.
Hinsichtlich der zu § 311 Satz 1 Nr 2 RVO dargelegten Argumentation vermag der erkennende Senat dem 5. Senat jedoch nicht zu folgen. Die Feststellung, der Versicherungsschutz aus § 311 Satz 1 Nr 2 RVO könne "seiner Natur nach" gegenüber einer Versicherungspflicht aus aktiver Berufstätigkeit stets nur subsidiär sein, trifft in dieser uneingeschränkten Aussage nicht zu. Abgesehen davon, daß die Neufassung des § 3 Abs 1 Satz 1 KVLG durch das 2. ASEG, die die Vorrangigkeit des Versicherungsschutzes aus § 311 RVO gegenüber der Krankenversicherung der Landwirte nun ausdrücklich postuliert, einem dahingehenden Grundsatz nicht entspräche, hat sich die Rechtsprechung des BSG bisher nur in Sonderfällen mit einer Rangfolge des Krankenversicherungsschutzes aus § 311 RVO im Verhältnis zu dem Krankenversicherungsschutz aus einer aktiven Berufstätigkeit befaßt. Insoweit handelt es sich um den Fall des doppelten Beschäftigungsverhältnisses und den des lückenlosen Anschlusses einer Beschäftigung an eine andere. Hier vertrat das BSG (BSGE 28, 202, 203, 204 und SozR 2200 § 306 Nr 5) die Auffassung, daß § 311 RVO in der bis zum 30. September 1974 geltenden Fassung nur Platz greife, wenn und soweit kein anderes die Versicherungspflicht begründendes Beschäftigungsverhältnis vorliege; die Regelung solle nämlich die Arbeitsunfähigen schützen, die aus ihrer versicherungspflichtigen Beschäftigung ausgeschieden seien und wegen ihrer Arbeitsunfähigkeit keinen neuen Versicherungsschutz erlangen könnten. Dieser Schutzgedanke versage, wenn ein die Versicherungspflicht begründendes Beschäftigungsverhältnis bestehe; die Mitgliedschaft nach § 311 RVO folge jedenfalls der aufgrund eines solchen im Range nach, so daß ein Fall des Übertritts eines Versicherten zu einer anderen Kasse bei laufendem Leistungsbezug iS des § 212 RVO gegeben sei.
Auch wenn sich angesichts dieser Gedankengänge nicht von der Hand weisen läßt, daß eine Subsidiarität des § 311 RVO gegenüber anderen Kassenmitgliedschaften bestehen kann, so zwingt das gleichwohl nicht dazu, hier den vom 5. Senat aaO beschrittenen Weg einzuschlagen. Bei einer entsprechenden Anwendung von § 3 Satz 2 Nr 2 KVLG aF bliebe außer Betracht, daß im Falle des arbeitsunfähigen Nebenerwerbslandwirts - wie schon hervorgehoben - die Interessenlage eine andere ist. Während nämlich in den Fällen der doppelten bzw sich einander anschließenden Beschäftigungsverhältnisse der Bezug des Krankengeldes als die bei Arbeitsunfähigkeit in Frage kommende Sozialleistung nicht in Rede steht, stünde in der Krankenversicherung der Landwirte dem Unternehmer im Krankheitsfalle kein Krankengeld zu; bei ihm könnte während der Arbeitsunfähigkeit nur der Fortbestand der Betriebseinnahmen durch die Gewährung einer Betriebshilfe gesichert werden (§§ 34, 36 KVLG). Aus diesem Grunde trägt, wie bereits ausgeführt (BSGE 46, 81, 83), die Subsidiarität der landwirtschaftlichen Krankenversicherung gerade dem Umstand Rechnung, daß ein Nebenerwerbslandwirt, der neben den Betriebseinnahmen auch Arbeitseinkommen erzielt, für den Fall der AU in der Regel weniger an einer Sicherung der Betriebseinnahmen als an dem Ersatz für den ausgefallenen Arbeitslohn interessiert ist (s. hierzu BT-Drucks 7/3012, S 27, Begründung zu § 3 sowie BT-Drucks 8/2844 S 22, Begründung zu Nr 2 Buchst a). Will man zu diesem an der Lebenswirklichkeit orientierten Ergebnis gelangen, dann müssen die nebenher noch in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stehenden landwirtschaftlichen Unternehmer aber nach § 311 Satz 1 Nr 2 RVO Mitglieder der nach § 165 Abs 1 Nr 1 RVO für sie zuständig gewesenen Krankenkasse bleiben können; anderenfalls wäre ihnen der Bezug von Krankengeld verwehrt. Daß auch auf anderen Wegen dazu nicht zu kommen ist, hat das BSG ebenfalls schon entschieden. Nach der Ansicht des 3. Senats in SozR 2200 § 183 Nr 34 besteht für einen landwirtschaftlichen Unternehmer, der während einer versicherungspflichtigen Beschäftigung erkrankt, kein Anspruch auf Krankengeld, wenn er nach Beendigung der Mitgliedschaft in der allgemeinen gesetzlichen Krankenversicherung während einer gemäß § 2 Abs 1 Nr 1 iVm § 47 Nr 5 KVLG wieder entstehenden Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Landwirte arbeitsunfähig wird. Auch mit Rücksicht hierauf muß es dabei bleiben, daß schon aufgrund von § 3 Satz 1 KVLG in der bis zum 30. Juni 1980 geltenden Fassung die Versicherung nach § 311 Satz 1 Nr 2 RVO die Versicherungspflicht nach § 2 Abs 1 KVLG verdrängt hat. Dabei kann es, was der Senat früher noch nicht zu entscheiden brauchte, auch keine Rolle spielen, ob die nach § 311 RVO fortbestehende Mitgliedschaft außerdem noch eine Rentnerkrankenversicherung nach § 165 Abs 1 Nr 3 RVO nicht zum Zuge kommen ließ.
Diese Entscheidung zwingt den Senat indessen nicht, wegen Abweichung von dem Urteil des 5. Senats den Großen Senat des BSG nach § 42 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) anzurufen. Diese Pflicht bestünde nur, wenn vom Standpunkt des erkennenden Senats der 5. Senat in der ihm vorgelegenen Sache eine andere Entscheidung hätte treffen müssen. Dies ist nicht der Fall. Der 5. Senat hat in seinem Urteil aaO nämlich ergänzend auf den Sinn des dort den eigentlichen Streitgegenstand billigenden § 95 KVLG hingewiesen, der der Besitzstandswahrung diene. Dem (dortigen) Kläger, welcher der KVdR nur deshalb nicht angehört habe, weil er während der Dauer des Krankengeldbezuges aufgrund von § 311 RVO einen vorläufigen kostenlosen Versicherungsschutz gehabt habe, sei durch das Inkrafttreten des KVLG letztlich ebenso wie den Mitgliedern der KVdR ein dauernder kostenloser Versicherungsschutz genommen worden, weil der Versicherungsschutz nach § 311 nach Beendigung des Krankengeldbezuges in den Versicherungsschutz für Rentner übergegangen wäre; für diesen Verlust sei er nach dem in § 95 KVLG zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers zu entschädigen. Diesem und den hierzu weiter dargelegten Gedankengängen, die das Urteil des 5. Senats für sich allein tragen konnten, schließt sich der erkennende Senat an. Auch nach seiner Ansicht stand dem damaligen Kläger somit aus diesen allein aus § 95 KVLG zu entnehmenden Erwägungen der Beitragszuschuß zu.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 Abs 4 SGG.
Fundstellen