Leitsatz (redaktionell)

Die Bräuteversorgung im Wege des Härteausgleichs gemäß BVG § 89 Abs 1 setzt grundsätzlich eine Prüfung der Verwaltung unter dem Gesichtspunkt der Feststellung voraus, ob durch den Kriegstod des Verlobten die Antragstellerin in eine der Kriegerwitwe vergleichbare Lage geraten ist, wobei es nicht allein darauf ankommt, ob ein aus dem Verlöbnis hervorgegangenes Kind vorhanden ist.

 

Normenkette

BVG § 89 Abs. 1 Fassung: 1960-06-27

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 6. Februar 1968 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.

 

Gründe

Die im Jahre 1912 geborene Klägerin begehrt die Gewährung einer sogenannten Bräuteversorgung im Wege des Härteausgleichs nach § 89 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Sie war seit 1943 mit Karl D - nachfolgend mit D. bezeichnet - verlobt, der als Soldat an der Ostfront war. Die im Jahre 1944 beabsichtigte Eheschließung konnte wegen einer plötzlichen Urlaubssperre, durch die D. gehindert war, den vorgesehenen Heiratsurlaub anzutreten, nicht vollzogen werden. D. ist am 5. Januar 1945 in russischer Gefangenschaft gestorben.

Die Klägerin beantragte im März 1964 Versorgung im Wege des Härteausgleichs und trug dazu vor, sie helfe als Familienmitglied auf einem kleinen landwirtschaftlichen Anwesen ihres Bruders mit und erhalte für diese Mithilfe freie Kost, Wohnung und gelegentlich Geld für kleine Anschaffungen. Die Versorgungsbehörde lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 2. Dezember 1964 ab. In der Begründung ist ausgeführt, es stehe zwar fest, daß die Verlobten die Absicht gehabt hätten, alsbald die Ehe zu schließen, und es sei auch davon auszugehen, daß die Eheschließung durch Kriegsereignisse verhindert worden sei, jedoch liege bei der Klägerin keine besondere Härte im Sinn des § 89 BVG vor. Wenn auch der Tod des D. für die Klägerin eine Härte darstelle, so sei für eine solche alle Bräute in gleicher Lage treffende Härte ein Ausgleich nach § 89 BVG nicht vorgesehen. Der Widerspruch war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 25. Januar 1965).

Das Sozialgericht (SG) hat mit Urteil vom 20. Mai 1966 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und den Beklagten verurteilt, der Klägerin einen neuen Bescheid auf Gewährung eines Härteausgleichs ab 1. März 1964 unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen. Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 6. Februar 1968 auf die Berufung des Beklagten das Urteil des SG Lüneburg vom 20. Mai 1966 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, der Klägerin als Braut des in russischer Gefangenschaft verstorbenen D. stehe kein Rechtsanspruch auf Hinterbliebenenrente zu, weil sie nicht zu dem in § 38 BVG aufgeführten Personenkreis gehöre. Aber auch die Voraussetzung für einen Härteausgleich nach § 89 BVG sei nicht gegeben. Die Gewährung dieses Härteausgleichs stehe im Ermessen des Beklagten, das nur im Rahmen des § 54 Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) daraufhin geprüft werden könne, ob die Versorgungsbehörde bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen ihres Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht habe.

Die Versorgungsbehörde habe den Begriff der "besonderen Härte" im vorliegenden Fall nicht unrichtig ausgelegt und daher ihr Ermessen nicht fehlerhaft gebraucht. Zwar könne der in § 89 BVG enthaltene Begriff "besondere Härte" durch Erlaß und Rundschreiben der Verwaltung nicht eingeschränkt oder ausgedehnt werden. Dies bedeute jedoch nicht, daß der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (BMA), von dessen Zustimmung die Gewährung eines Ausgleichs nach § 89 BVG abhänge, gehindert sei, für die nachgeordneten Verwaltungsbehörden eine Erläuterung des Begriffs der besonderen Härte bei der Bräuteversorgung und damit gleichzeitig eine Anleitung zur gleichmäßigen Handhabung des Ermessens zu geben. Der BMA habe von der ihm im Gesetz erteilten Ermächtigung des § 89 Abs. 2 BVG Gebrauch gemacht und in den Fällen der Bräuteversorgung seine Zustimmung allgemein erteilt (siehe dazu Rundschr. vom 11. Juli 1966 - BVBl 1966 S. 82 Nr. 43). Hiernach sei die Gewährung eines Härteausgleichs ua von dem Vorhandensein eines von dem gefallenen Soldaten stammenden unehelichen Kindes abhängig, für das die Mutter sorge oder gesorgt habe.

Die Rechtskontrolle des Gerichts habe sich allein darauf zu beschränken, ob die in dem Rundschreiben enthaltene Rechtsauffassung richtig sei, daß eine besondere Härte erst dann vorliege, wenn es sich bei der Braut um eine uneheliche Mutter handele, die für das Kind sorge und gesorgt habe. Insoweit stehe der Versorgungsbehörde ein Beurteilungsspielraum zu. Eine Härte allein reiche nicht aus, um den Ausgleich zu gewähren; durch die Einfügung des Wortes "besondere" vor dem Wort "Härte" ergebe sich eine Verschärfung des Begriffs der Härte. Es müßten daher besonders unbillige und unvertretbare Auswirkungen einer Härte vorhanden sein, um den Ausgleich nach § 89 BVG zu rechtfertigen. Dieser Fall liege nach der zutreffenden Auffassung des BMA bei den Soldatenbräuten vor, die bereits ein aus dem Verlöbnis hervorgegangenes uneheliches Kind versorgten oder versorgt hätten, denn erfahrungsgemäß sei die Braut, die ein uneheliches Kind von ihrem Bräutigam habe, in vielem erheblich schlechter gestellt als kinderlose Bräute. Weiterhin ist vom LSG ausgeführt, daß alle jene aus dem Vorhandensein eines unehelichen Kindes herrührenden Umstände bei der Klägerin nicht vorlägen. Durch die Gewährung der Bräuteversorgung an die Bräute der Soldaten mit unehelichen Kindern werde entscheidend auf die Existenz des Kindes eines gefallenen oder verstorbenen Soldaten mit den daraus herrührenden Belastungen und Folgen für die Mutter abgestellt und diese in der Versorgung im Ergebnis einer Witwe im Sinn des § 38 BVG gleichgestellt. Unterbliebe eine solche Regelung, so wäre es gerechtfertigt, von einer "besonderen" Härte zu sprechen. Gerade weil der Gesetzgeber nur besondere Härten ausgleichen wolle, stehe es jedenfalls nicht im Gegensatz zu den Grundsätzen, die für den Erlaß des BVG maßgebend gewesen seien, wenn die Bräute von Soldaten ohne uneheliche Kinder keine Versorgung erhielten, weil sie in ihrer Existenz durch den Tod des Bräutigams wirtschaftlich und persönlich nicht schlechter gestellt seien als vor dem Verlöbnis.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Die Klägerin hat gegen dieses ihr am 19. Februar 1968 zugestellte Urteil mit einem beim Bundessozialgericht (BSG) am 6. März 1968 eingegangenen Schriftsatz vom 4. März 1968 Revision eingelegt und diese mit einem beim BSG am 20. März 1968 eingegangenen Schriftsatz vom 19. März 1968 begründet. Sie beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 6. Februar 1968 die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 20. Mai 1966 zurückzuweisen und dem Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens aufzuerlegen,

hilfsweise,

die Sache unter Aufhebung des Berufungsurteils zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht Niedersachsen zurückzuverweisen sowie die Kostenentscheidung dem Endurteil vorzubehalten.

In ihrer Revisionsbegründung, auf die Bezug genommen wird, rügt die Klägerin eine Verletzung des § 89 BVG durch das LSG. Sie trägt hierzu insbesondere vor, die Auffassung des LSG sei unrichtig, daß sich die gerichtliche Kontrolle in Fällen vorliegender Art nur darauf beschränke, ob die in dem bezeichneten Rundschreiben des BMA enthaltene Rechtsauffassung zutreffe, wonach eine besondere Härte im Sinn des § 89 BVG erst dann vorliegt, wenn es sich bei der Braut um eine uneheliche Mutter handelt. Insoweit verweist sie auf das Urteil des erkennenden Senats vom 1. Februar 1968 - 10 RV 333/66 - (BSG 27, 286). Aus diesem Urteil sei zu entnehmen, daß eine "besondere Härte" im Sinn des § 89 BVG nicht nur dann vorliege, wenn die Braut eines im Kriege gefallenen Soldaten, deren Eheschließung durch Kriegsereignisse verhindert worden sei, von ihrem Verlobten ein uneheliches Kind habe; vielmehr müsse auch dann eine besondere Härte angenommen werden, wenn sie durch den Verlust ihres Verlobten in persönlicher und wirtschaftlicher Beziehung in eine Lage geraten sei, die der einer Ehefrau entspreche, die ihren Ehemann durch schädigende Einwirkungen im Sinn des BVG verloren habe. Da das LSG insoweit keine Feststellungen getroffen habe, müsse die Sache an dieses Gericht zurückverwiesen werden.

Der Beklagte hat keinen Antrag gestellt.

Wegen seines Vorbringens wird auf die Revisionserwiderung vom 10. Juni 1968 verwiesen.

Die durch Zulassung gemäß § 162 Abs. 1 Satz 1 SGG statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und auch rechtzeitig begründet worden (§§ 164, 166 SGG). Die Revision ist zulässig. Sie ist auch begründet.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin einen Härteausgleich gemäß § 89 BVG erhalten kann. Da die Klägerin im Jahre 1964 ihren Antrag gestellt hat, ist von § 89 BVG idF des Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Kriegsopferrechts vom 21. Februar 1964 (BGBl I 85 - 2. NOG) und des Dritten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Kriegsopferrechts vom 20. Januar 1967 (BGBl I 141 - 3. NOG) auszugehen.

Der Auffassung des LSG kann nicht gefolgt werden, wonach bei der sogenannten Bräuteversorgung nach § 89 Abs. 1 BVG immer als "besondere Härte" zu fordern ist, daß die hinterbliebene Braut ein Kind zu versorgen hat, welches aus dem Verlöbnis mit ihrem später an den Folgen einer Schädigung verstorbenen Verlobten hervorgegangen ist. Dies hat der erkennende Senat bereits in seinem Urteil vom 1. Februar 1968 (BSG 27, 286 ff) mit eingehender Begründung dargelegt.

Nach § 89 Abs. 1 BVG in der maßgeblichen Fassung durch das 2. und 3. NOG "kann" ein Ausgleich gewährt werden, sofern sich in einzelnen Fällen aus den Vorschriften dieses Gesetzes besondere Härten ergeben. Aus dem Wort "kann" ergibt sich, daß es sich bei der Gewährung des Härteausgleichs um eine sogenannte Ermessensleistung handelt, auf die ein Rechtsanspruch nicht besteht. Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, daß die Ausübung des Ermessens durch die Verwaltungsbehörde von dem Gericht nur daraufhin nachprüfbar ist, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten worden sind oder ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist (§ 54 Abs. 2 Satz 2 SGG). Bei der Gewährung der Bräuteversorgung macht die Versorgungsbehörde in Ausübung ihres Ermessens die Gewährung von Leistungen regelmäßig von der Bedürftigkeit der Antragstellerin abhängig. Das LSG hat aber im vorliegenden Fall verkannt, daß die Versorgungsbehörde in dem angefochtenen Bescheid gar nicht von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht hat; sie hat nämlich nicht etwa wegen fehlender Bedürftigkeit oder wegen eines anderen Umstandes, den sie bei Ausübung ihres Ermessens für erheblich gehalten hat, die Gewährung einer Versorgung im Wege des Härteausgleichs abgelehnt, sondern deshalb, weil eine "besondere Härte" nicht vorliege. Das Vorliegen einer "besonderen Härte" hat das Gesetz jedoch zur Voraussetzung ("sofern") dafür gemacht, daß die Versorgungsbehörde ihr Ermessen ausüben und nach diesem Ermessen eine Leistung gewähren kann. Die "besondere Härte" ist demnach materiell-rechtliche Voraussetzung für das Ermessenshandeln der Versorgungsbehörde. Entgegen der Auffassung des LSG ist aber das Vorliegen oder Nichtvorliegen des Tatbestandsmerkmals besondere Härte als materiell-rechtliche Voraussetzung nach § 89 Abs. 1 BVG von den Gerichten bei einer Entscheidung der Versorgungsbehörde über einen beantragten Härteausgleich nachzuprüfen. Das bedeutet, daß im vorliegenden Fall nachgeprüft werden muß, ob bei der Klägerin eine besondere Härte nicht vorgelegen hat, mit welcher Begründung der ablehnende Bescheid der Versorgungsbehörde erteilt worden ist.

Wie der erkennende Senat in der oben zitierten Entscheidung ausgeführt hat, handelt es sich bei dem Begriff "besondere Härte" in § 89 Abs. 1 BVG um einen unbestimmten Rechtsbegriff (BSG 27, 287), dessen Inhalt und Begrenzung weitgehend ungewiß ist, der aber mit einem bestimmten Inhalt ausgefüllt werden muß (vgl. dazu Urteil des erkennenden Senats vom 7. Dezember 1965 in BVBl 1966, 66 und vom 15. August 1967 in BSG 27, 102 sowie vom 27. Mai 1959 in BSG 10, 51 ff; Urteil des 7. Senats des BSG vom 18. Dezember 1964 in Breithaupt 1964, 327; siehe insbesondere auch Bachof, JZ 1955, 97 ff). Die Wertung der gegebenen Tatsachen, ob diese eine besondere Härte darstellen, also die Beurteilung der Tatsachen daraufhin, ob sie sich unter den Begriff "besondere Härte" subsumieren lassen, läßt zwar der Verwaltungsbehörde einen gewissen Spielraum, jedoch ändert das - entgegen der Auffassung des LSG - nichts an der Nachprüfbarkeit der Verwaltungsentscheidung daraufhin, ob sie den Spielraum bei der Abgrenzung und Auslegung des Begriffs eingehalten hat. Soweit das LSG meint, durch das von ihr bezeichnete Rundschreiben des BMA, in dem der Begriff der "besonderen Härte" bei der Bräuteversorgung dahin eingeengt wird, daß eine solche Härte nur dann vorliegt, wenn die Braut für ein uneheliches Kind ihres früheren Verlobten sorgt oder gesorgt hat, sei der der Versorgungsbehörde eingeräumte Spielraum nicht unzulässig eingeengt, kann ihm nicht gefolgt werden. Ganz allgemein erscheint es nicht zulässig, einen unbestimmten Rechtsbegriff, mit dem ein gewisser Beurteilungsspielraum eingeräumt wird, in seinem Umfang auf eine einzige "richtige Lösung" im konkreten Fall zu beschränken. Dies ist für den Begriff der "besonderen Härte" im Rahmen des § 89 BVG um so weniger möglich, als hier eine besondere Härte "aus den Vorschriften dieses Gesetzes" bei verschiedensten Ansprüchen eintreten kann, welche das BVG nach seinen Vorschriften gewährt. Die Beurteilung von Tatsachen auf ihre Einordnung unter den Begriff "besondere Härte" hin muß sich daher notwendig an dem jeweiligen Anspruch orientieren, der geltend gemacht wird. Somit kann die besondere Härte nur darin liegen, wenn bei Ablehnung des Anspruchs wegen Fehlens eines Tatbestandsmerkmals des gerade geltend gemachten Anspruchs diese Ablehnung als besonders hart empfunden werden muß. Wenn demnach der Begriff "besondere Härte" nur im Hinblick auf den jeweils geltend gemachten Versorgungsanspruch seinen Inhalt und seine Bedeutung gewinnen kann, so muß dieser Begriff im vorliegenden Fall in dem Anspruch der Witwe auf Hinterbliebenenrente (§ 38 BVG) seine Bedeutung finden. Die Klägerin erhebt nämlich einen solchen Anspruch, dessen Durchsetzung daran scheitert, daß sie nicht die Witwe des Gefallenen ist, was in § 38 BVG als Tatbestandsmerkmal für die Gewährung der Witwenrente gefordert wird. Die Klägerin macht demnach eine Hinterbliebenenrente über die Vorschrift des § 89 BVG geltend, weil sie die Verlobte des D. gewesen ist und sich in ihrem Fall aus der Anwendung der Vorschriften des BVG (§ 38) und der damit begründeten Ablehnung dieses Anspruchs eine "besondere Härte" ergibt. In Anbetracht dessen, daß in unserer gesamten Rechtsordnung eine Verlobte nicht rechtlich einer Ehefrau ganz oder auch nur annähernd gleichgestellt ist und daß auch das BVG ausdrücklich Verlobten keinerlei Ansprüche gewährt, kann in dem Umstand allein, daß die Klägerin als Verlobte keinen Hinterbliebenenrentenanspruch nach den sonstigen Vorschriften des BVG hat, nur dann eine besondere Härte im Sinne des § 89 BVG liegen, wenn sie wegen ihrer Verlobung mit dem später Gefallenen oder an einer sonstigen Schädigung im Sinn des § 1 BVG Verstorbenen in eine Lage geraten ist, die der einer versorgungsberechtigten Witwe nahekommt. Soweit der Beklagte wie auch das LSG (wenngleich es dies nicht ausdrücklich hervorgehoben hat) allgemein für die sogenannte Bräuteversorgung im Härteausgleich und im vorliegenden Fall gefordert haben, daß ein Verlöbnis bestanden hat und die beabsichtigte Heirat durch Kriegsereignisse verhindert worden ist, bestehen keine Bedenken, solche Tatsachen als Merkmal zur Erfüllung des Begriffs "besondere Härte" bei der Bräuteversorgung zu fordern (siehe dazu BSG 27, 288). Soweit aber das LSG über diese Erfordernisse hinaus zum Begriff der "besonderen Härte" bei der Bräuteversorgung mit der in dem bezeichneten Rundschreiben des BMA zum Ausdruck gebrachten Einschränkung des Begriffs "besondere Härte" fordert, daß aus dem Verlöbnis ein Kind hervorgegangen ist, für das die Klägerin sorgt, kann ihm nicht gefolgt werden. Der erkennende Senat hat in der bereits zitierten Entscheidung (siehe dazu BSG 27, 289) hierzu ausgeführt, es sei zwar zuzugeben, daß eine Verlobte, die aus dem Verlöbnis mit ihrem später an Schädigungsfolgen verstorbenen Verlobten ein Kind empfangen und dieses zu versorgen hat, regelmäßig in eine ähnliche wirtschaftliche Lage geraten ist wie eine Witwe, die für ein Kind aus der Ehe mit ihrem gefallenen Ehemann zu sorgen hat. Diese Kriegerbraut werde fast immer wirtschaftlich schlechter gestellt sein als eine Verlobte, die nicht für ein Kind ihres Verlobten zu sorgen hat. Damit sei in ihrer Person der für die Versorgung nach dem BVG maßgebende Grundgedanke erfüllt, daß bei der Witwenversorgung eine Versorgung nur für die wirtschaftlichen Folgen der Schädigung gewährt werden soll. Bei der Hinterbliebenenversorgung einer Witwe liegt aber die Schädigung in dem Kriegstod des Ehemannes, durch den nachteilige wirtschaftliche Folgen eingetreten sind und entschädigt werden sollen. Entsprechend müßte aber, so hat der erkennende Senat ausgeführt, bei der sogenannten Bräuteversorgung für den Kriegstod des Verlobten der hinterbliebenen Braut ein wirtschaftlicher Schaden entstanden sein, damit überhaupt nach dem Grundgedanken des Versorgungsrechts im BVG eine Versorgungsleistung wegen "besonderer Härte" gewährt werden könne. Wenn nun auch die mit einem unehelichen Kind des Gefallenen hinterbliebene Braut regelmäßig in eine ähnliche Lage wie eine Witwe geraten sei und durch den Kriegstod des Verlobten wirtschaftliche Nachteile zu tragen habe, so daß auch regelmäßig eine "besondere Härte" in der Versagung einer Hinterbliebenenrente liegen werde, so rechtfertige es dennoch kein Gesichtspunkt, den Begriff der "besonderen Härte" und damit die Bräuteversorgung gemäß § 89 BVG allein auf die mit einem Kind des Gefallenen hinterbliebene Braut zu beschränken. Denkbar und möglich seien auch andere Tatsachen, durch die eine "Kriegerbraut" nach dem Tode ihres Verlobten in eine ähnliche Lage wie eine Witwe geraten ist und wirtschaftliche Nachteile zu tragen hat. Der Senat hat in diesem Zusammenhang in dem bezeichneten Urteil (siehe dazu BSG 27, 289, 290) Beispiele erwähnt, bei deren Vorliegen eine "besondere Härte" im Sinn des § 89 Abs. 1 BVG bei einer Braut, die kein Kind ihres später gefallenen Verlobten zu versorgen hat, vorliegen kann und ausgeführt, daß sich derartige Beispiele einer "besonderen Härte" in beliebiger Zahl bilden ließen. Wenn es aber neben der mit einem Kind hinterbliebenen Braut noch andere Fälle gebe, in denen in gleicher Weise die Braut durch den Kriegstod ihres Verlobten in eine ähnliche Lage wie eine Witwe geraten ist, die wirtschaftliche nachteilige Folgen zu tragen hat, dann habe der unbestimmte Rechtsbegriff "besondere Härte" durch das vom LSG bezeichnete Rundschreiben des BMA eine Einengung erfahren, die weder tatsächlich noch rechtlich eine Grundlage habe. Die Ausschließung aller anderen Fälle als der mit einem Kind hinterbliebenen Braut von den Fällen der besonderen Härte wäre willkürlich und damit eine unzulässige Einengung des Begriffs. Wenn der Gesetzgeber den Fall der sog. Bräuteversorgung darauf hätte beschränken wollen, daß eine "besondere Härte" im Sinn des § 89 Abs. 1 BVG nur bei den Bräuten vorliege, die aus dem Verlöbnis ein Kind empfangen hätten, so hätte er die in der früheren Verordnung über ergänzende Vorschriften zum Einsatzfürsorge- und Versorgungsgesetz vom 3. April 1941 (RGBl I 194) in § 2 getroffene Regelung in das BVG übernehmen können, in dem bestimmt war, daß der unverheirateten Mutter eines unehelichen Kindes eines Verstorbenen, dessen Tod die Folge einer Beschädigung bei besonderem Einsatz ... ist, ein Unterhaltsbeitrag in Höhe der Witwenrente nach dem Wehrmachtsfürsorge- und Versorgungsgesetz gewährt werden kann.

Da das LSG den Begriff der "besonderen Härte" im Sinne des § 89 BVG verkannt hat, ist die Revision begründet. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben. Für eine abschließende Entscheidung des Senats fehlte es an Feststellungen darüber, ob die Klägerin durch den Tod ihres Verlobten in eine ähnliche wirtschaftliche Lage geraten ist wie eine Witwe, die ihren Ehemann durch schädigende Einwirkungen im Sinn des BVG verloren hat. Hierüber muß das LSG noch Feststellungen treffen, wobei der Umstand allein, daß die Eheschließung der Klägerin mit D. durch die Kriegsereignisse verhindert worden ist, noch nicht "eine besondere Härte" im Sinn des § 89 Abs. 1 BVG darstellt. Die Sache mußte an das LSG zurückverwiesen werden (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2284891

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