Leitsatz (amtlich)

Die Fahrlehrerprüfung nach der Verordnung über Fahrlehrer im Kraftfahrzeugverkehr vom 1957-07-23 (BGBl 1 1957, 769) idF vom 1960-07-07 (BGBl 1 1960, 485) ist weder eine Meisterprüfung iS der DV § 30 Abs 3 und 4 BVG § 5 Abs 1, noch kann sie einer solchen gleichgestellt werden.

 

Normenkette

BVG § 30 Abs. 3 Fassung: 1960-06-27, Abs. 4 Fassung: 1960-06-27, Abs. 3 Fassung: 1964-02-21, Abs. 4 Fassung: 1964-02-21, Abs. 3 u 4 DV § 5 Abs. 1 Fassung: 1961-07-30; BVG § 30 Abs. 3 DV § 5 Abs 1 Fassung: 1964-07-30

 

Tenor

1) Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 28. Mai 1968 aufgehoben.

2) Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 20. Februar 1967 wird als unbegründet zurückgewiesen.

3) Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Der Kläger bezieht eine Versorgungsrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 100 v.H. sowie eine Pflegezulage. Er beantragte im Jahre 1960 die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs und trug dazu vor, er habe nach dem Besuch der Volksschule das Kraftfahrzeugschlosserhandwerk erlernt und sei von 1937 bis zu seiner Einberufung zum Wehrdienst im Jahre 1939 als Fahrlehrer aller Kraftfahrzeugklassen an der Reichsmotorsportschule in Diez tätig gewesen. Die Fahrlehrerprüfung habe er bei dem Technischen Überwachungsverein in Koblenz abgelegt. Ohne die Schädigungsfolge hätte er nach dem Krieg eine Fahrschule eröffnet.

Mit Bescheid vom 24. März 1964 gewährte ihm die Versorgungsbehörde einen Berufsschadensausgleich; sie nahm dabei an, daß der Kläger ohne die Schädigungsfolgen nach dem Kriege selbständig als Fahrlehrer tätig geworden wäre. Als Durchschnittseinkommen wurde gemäß § 5 der Verordnung zur Durchführung des § 30 Abs. 3 und 4 BVG vom 30. Juli 1961 (BGBl I 115 - DVO 1961 -) das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 6 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) zuzüglich der gesetzlichen Zuschläge der Berechnung zugrunde gelegt. Der hiergegen eingelegte Widerspruch war erfolglos; der Widerspruchsbescheid vom 2. Oktober 1964 ist bindend geworden. Aufgrund der Neuregelung durch das Zweite Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Kriegsopferrechts vom 21. Februar 1964 (BGBl I 85 - 2. NOG -) und der Verordnung zur Durchführung des § 30 Abs. 3 und 4 BVG vom 30. Juli 1964 (BGBl I 574 - DVO 1964 -) erteilte die Versorgungsbehörde von Amts wegen den Bescheid vom 22. Oktober 1965, mit dem sie den Berufsschadensausgleich vom 1. Januar 1964 an neu auf der Grundlage eines Durchschnittseinkommens gemäß § 5 Abs. 1 der DVO 1964 nach der Besoldungsgruppe A 7 des BBesG zuzüglich der gesetzlichen Zuschläge berechnete. Der Widerspruch war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 1966). Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben. Während des Klageverfahrens hat die Versorgungsbehörde den Bescheid vom 4. April 1966 erlassen, in dem sie wiederum der Berechnung des Berufsschadensausgleichs die Besoldungsgruppe A 7 des BBesG zuzüglich der gesetzlichen Zuschläge zugrunde gelegt hat.

Das Sozialgericht (SG) hat mit Urteil vom 20. Februar 1967 die Klage abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 28. Mai 1968 auf die Berufung des Klägers das Urteil des SG vom 20. Februar 1967 aufgehoben und den Beklagten verurteilt, in Abänderung des Bescheides vom 22. Oktober 1965 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 1966 sowie des Bescheides vom 4. April 1966 ab 1. Januar 1964 einen Berufsschadensausgleich entsprechend einem Durchschnittseinkommen nach der Besoldungsgruppe A 9 einschließlich Ortszuschlag nach Stufe II und der Ortsklasse A des BBesG zu gewähren. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, die Berufung sei nicht nach § 148 Nr. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ausgeschlossen. Zwar sei der Berufsschadensausgleich wegen einer gesetzlichen Änderung neu festgestellt worden. Es bestehe jedoch Streit darüber, ob die durch die DVO 1964 neu eingeführte Einkommensgruppe der Meister nach § 5 Abs. 1 der DVO 1964 auf den Kläger Anwendung finde. Hierüber habe in dem bindend gewordenen früheren Bescheid nicht entschieden werden können, da nach der DVO 1961 die Berufsgruppe der Meister in § 5 nicht enthalten gewesen sei. Es sei daher erstmalig ein neuer gesetzlicher Tatbestand zu prüfen, über den bisher noch nicht bindend entschieden worden sei. In einem solchen Falle finde § 148 Nr. 3 SGG keine Anwendung. Somit sei die Berufung des Klägers gemäß § 143 SGG zulässig.

Zutreffend sei das SG davon ausgegangen, daß durch den bindend gewordenen Bescheid vom 24. März 1964 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Oktober 1964 über den Berufsschadensausgleich des Klägers entschieden worden sei.

Die Bindungswirkung dieses Bescheides umfasse alle Merkmale, die für die Zuerkennung dieser Leistung von Bedeutung seien. Wenn eine Leistung mit bindender Wirkung einmal festgestellt worden sei, so könne eine "Änderung dieser Feststellung" nur dann erfolgen, wenn sich die Verhältnisse wesentlich geändert hätten. Das bedeute für den vorliegenden Fall, daß sowohl die Versorgungsbehörde als auch die Sozialgerichte daran gehindert seien, anläßlich der Neufeststellung des Berufsschadensausgleichs nach dem 2. NOG in eine Überprüfung der bindenden Entscheidung einzutreten, soweit nicht die Voraussetzungen des § 62 BVG gegeben seien. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne dieser Vorschrift liege auch in einer Änderung des Gesetzes. Eine gesetzliche Änderung sei jedoch, was den Kläger betreffe, durch das 2. NOG nur insoweit eingetreten, als nunmehr in der DVO 1964 nach § 5 Abs. 1 das Durchschnittseinkommen aus selbständiger Tätigkeit mit abgeschlossener Berufsausbildung nach A 7 statt nach A 6 zu berechnen sei. Dieser Änderung sei der Beklagte durch den angefochtenen Bescheid und durch den zum Gegenstand des Verfahrens gemäß § 96 SGG gewordenen Bescheid vom 4. April 1966 nachgekommen. Es können nicht erneut darüber entschieden werden, ob die Versorgungsbehörde zu Recht angenommen habe, daß der Kläger ohne die Schädigungsfolge heute als selbständiger Fahrlehrer berufstätig sein würde, ob also § 5 der DVO 1964 Anwendung finde oder ob das Durchschnittseinkommen nach § 4 (öffentlicher Dienst) ermittelt werden müsse.

Eine Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 62 BVG liege jedoch auch insoweit vor, als nunmehr in § 5 Abs. 1 der DVO 1964 die Gruppe der selbständig Tätigen mit Volksschulbildung um eine weitere Gruppe "mit abgelegter Meisterprüfung" erweitert worden sei. Diese Gruppe sei in der DVO 1961 nicht vorgesehen gewesen. Der Kläger habe zwar keine Meisterprüfung abgelegt; die von ihm abgelegte Fahrlehrerprüfung müsse aber wie eine abgelegte Meisterprüfung im Sinne des § 5 Abs. 1 der DVO 1964 angesehen werden.

Bei dem Begriff "mit abgelegter Meisterprüfung" könne nicht davon ausgegangen werden, daß der Verordnungsgeber nur die Berufe habe bevorzugen wollen, die eine Meisterprüfung kennen. Eine solche gebe es nur bei den Handwerkern und seit 1950 auch bei den Landwirten. Nach Sinn und Inhalt des § 5 sei die berufliche Qualifikation für die Einordnung in eine Besoldungsgruppe maßgebend. Es sei daher der Schluß gerechtfertigt, daß die abgelegte Meisterprüfung für den Nachweis einer abgeschlossenen qualifizierten Berufsausbildung stehen solle, die über die normale Berufsausbildung hinausgehe. Auch das Bundessozialgericht (BSG) habe in verschiedenen Urteilen anerkannt, daß § 5 Abs. 1 der DVO 1964 auslegungsfähig und auslegungsbedürftig sei. Eine ausschließliche Hervorhebung der Berufe, die eine Meisterprüfung kennen, sei nicht gerechtfertigt. Vom wirtschaftlichen Erfolg her, auf dem der Berufsschadensausgleich aufbaue, sei kein Unterschied zwischen selbständigen Berufen mit und ohne Meisterprüfung zu erkennen. Nur das Merkmal einer qualifizierten Berufsausbildung könne den Schluß auf ein höheres Durchschnittseinkommen rechtfertigen. Insoweit sei das Merkmal der Meisterprüfung geeignet, einen besseren Berufserfolg zu unterstellen, als mit einer normalen Berufsausbildung in der Regel zu erreichen sein werde. Eine qualifizierte Berufsausbildung, die die Annahme eines besseren Berufserfolges rechtfertige, gebe es jedoch auch in Berufen, die eine Meisterprüfung nicht kennen würden. Ein "qualifizierter Berufsabschluß" sei daher einer Meisterprüfung gleichzusetzen, wenn unter Berücksichtigung der verschiedenen Berufsbilder in etwa gleichwertige Anforderungen wie für eine Meisterprüfung an diesen qualifizierten Berufsabschluß zu stellen seien. Dies sei hinsichtlich der Fahrlehrerprüfung nach der Fahrlehrerverordnung vom 23. Juli 1957 (BGBl I 769) der Fall. Bei Gegenüberstellung der Bestimmungen über die Fahrlehrerprüfung und über die Meisterprüfung nach der Handwerksordnung ergebe sich, daß beide Prüfungen gleichwertig seien; zumindest soweit es sich um die Fahrlehrerprüfung für sämtliche Klassen, einschließlich der Klasse 2, handele. Ein Unterschied zwischen beiden Prüfungen könne nicht etwa daraus hergeleitet werden, daß ein Fahrlehrer - im Gegensatz zu einem Handwerksmeister - keine Lehrlinge ausbilden muß; dies liege in der Natur des Fahrlehrerberufes. Da der Fahrlehrer zur Aufgabe habe, Fahrschüler auszubilden, müsse auch er wie ein Handwerksmeister pädagogisches Geschick und Fähigkeiten haben, die in der Fahrlehrerprüfung nachgewiesen werden müßten. Sei aber die Fahrlehrerprüfung der Meisterprüfung gleichzusetzen, so erfülle der Kläger die Voraussetzungen eines selbständig Tätigen "mit abgelegter Meisterprüfung" im Sinne des § 5 Abs. 1 der DVO 1964.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Der Beklagte hat gegen dieses ihm am 24. Juni 1968 zugestellte Urteil mit einem am 8. Juli 1968 beim BSG eingegangenen Schriftsatz vom 4. Juli 1968 Revision eingelegt und diese nach Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist bis zum 24. September 1968 mit einem am 9. September 1968 beim BSG eingegangenen Schriftsatz vom 6. September 1968 begründet.

Er beantragt,

1.) das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 28. Mai 1968 aufzuheben;

2.) die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Koblenz vom 20. Februar 1967 zurückzuweisen.

Der Beklagte rügt eine Verletzung des § 30 Abs. 3 und 4 BVG sowie der §§ 2 und 5 der DVO 1964 durch das LSG. Er vertritt die Auffassung, daß die Fahrlehrerprüfung nicht der Meisterprüfung gleichzustellen sei. Insoweit habe das LSG eine individuelle Prüfung vorgenommen, was aber mit dem Sinn und Zweck des Berufsschadensausgleichs, nämlich einer pauschalen Abgeltung des wirtschaftlichen Schadens, nicht vereinbar sei. Der Kläger habe unstreitig weder eine Meisterprüfung im Sinne des § 5 Abs. 1 der DVO 1964 abgelegt, noch erfülle er die Voraussetzungen, die nunmehr an einen Fahrlehrer für alle Klassen nach der Fahrlehrerverordnung 1957 gestellt würden; denn der Kläger habe nicht einmal eine Gesellenprüfung abgelegt. Auch die vom LSG zitierten Urteile des BSG rechtfertigten es nicht, die Fahrlehrerprüfung der Meisterprüfung gleichzustellen. Die Entscheidungen des BSG bezögen sich nur auf solche Berufe, bei denen die Ablegung der Meisterprüfung möglich ist, nicht aber auf diejenigen, in denen eine Meisterprüfung gesetzlich gar nicht vorgesehen ist. Ferner bestünden hinsichtlich der erforderlichen Qualifikation zur Ablegung der Meisterprüfung und der eines Fahrlehrers erhebliche tatsächliche Unterschiede. Zur weiteren Darstellung des Vorbringens des Beklagten wird auf seine Revisionsbegründung vom 6. September 1968 und seinen Schriftsatz vom 30. September 1968 verwiesen.

Der Kläger beantragt,

1. die Revision des Beklagten gegen das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 28. Mai 1968 als unbegründet zurückzuweisen;

2. dem Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Klägers in allen Rechtszügen aufzuerlegen.

Er ist der Auffassung, daß das angefochtene Urteil der materiellen Rechtslage entspricht. Zur Darstellung seines Vorbringens wird auf seine Schriftsätze vom 26. Juli und 18. September 1968 verwiesen.

Die durch Zulassung gemäß § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthafte Revision des Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und auch rechtzeitig begründet worden (§§ 164, 166 SGG). Sie ist daher zulässig. Die Revision ist auch begründet.

Das LSG hat zunächst zutreffend die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 20. Februar 1967 gemäß § 143 SGG für zulässig erachtet. Die Zulässigkeit der Berufung ist bei einer zulässigen Revision auch ohne Revisionsrüge oder einen Antrag des Revisionsbeklagten von Amts wegen zu prüfen (BSG 2, 225; 3, 126). Die Berufung des Klägers gegen das Urteil erster Instanz war nicht nach § 148 Nr. 3 SGG ausgeschlossen, da sie weder den Grad der MdE noch die Neufeststellung der Versorgungsbezüge wegen Änderung der Verhältnisse betraf. Eine Neufeststellung "wegen Änderung der Verhältnisse" im Sinne des § 148 Nr. 3 SGG liegt nämlich nicht vor, wenn die Neufeststellung nicht wegen Änderung derjenigen Verhältnisse erfolgt ist, die für die Beurteilung einer Anspruchsvoraussetzung bei der ersten Feststellung maßgebend gewesen sind, sondern wegen einer anderen, bei der ersten Feststellung nicht geprüften Voraussetzung (BSG in SozR SGG § 148 Nr. 24). Sofern das SG über eine Anspruchsvoraussetzung zu entscheiden hatte, die nicht Gegenstand der ersten Feststellung war, handelt es sich somit nicht um eine Neufeststellung wegen Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 148 Nr. 3 SGG (BSG in SozR SGG § 148 Nr. 29). Im vorliegenden Fall hatte die Versorgungsbehörde zwar dem Kläger bereits mit dem bindend gewordenen Bescheid vom 24. März 1964 einen Berufsschadensausgleich bewilligt und mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 22. Oktober 1965 mit Wirkung vom 1. Januar 1964 an diese Leistung wegen der Änderung der Berechnungsgrundlagen des Berufsschadensausgleichs in § 5 Abs. 1 der DVO 1964 neu festgestellt, jedoch richtete sich die Berufung des Klägers nicht dagegen, daß wegen der Erhöhung des Durchschnittseinkommens bei selbständig Tätigen mit Volksschulbildung und abgeschlossener Berufsausbildung statt der Besoldungsgruppe A 6 des BBesG (§ 5 der DVO 1961) nunmehr die Besoldungsgruppe A 7 des BBesG (§ 5 Abs. 1 DVO 1964) der Berechnung des Berufsschadensausgleichs zugrunde gelegt worden war. Vielmehr richtete sich die Berufung des Klägers dagegen, daß er nicht dem in § 5 Abs. 1 DVO 1964 neu aufgenommenen Personenkreis der selbständig Tätigen "mit abgelegter Meisterprüfung" zugerechnet und deswegen auch nicht bei der Berechnung seines Berufsschadensausgleichs als Durchschnittseinkommen die Besoldungsgruppe A 9 des BBesG zugrunde gelegt worden war. Insoweit bestand also in der Berufungsinstanz Streit über das Vorliegen einer neuen Anspruchsvoraussetzung, über die bisher noch nicht entschieden worden war. Somit war die Berufung nicht nach § 148 Nr. 3 SGG ausgeschlossen. Da auch andere Ausschließungsgründe nicht vorlagen, war die Berufung somit - wie das LSG zutreffend erkannt hat - nach § 143 SGG zulässig.

In sachlicher Beziehung hat das LSG zu Unrecht angenommen, daß die vom Kläger abgelegte Prüfung als Fahrlehrer einer "abgelegten Meisterprüfung" im Sinne des § 5 Abs. 1 DVO 1964 gleichsteht und somit bei der Berechnung des Berufsschadensausgleichs das Durchschnittseinkommen nach der Besoldungsgruppe A 9 BBesG zugrunde zu legen ist. Soweit das LSG zunächst in diesem Zusammenhang erörtert hat, ob es wegen der Bindungswirkung des Bescheides vom 24. März 1964 an die darin von der Versorgungsbehörde vorgenommene Einordnung des Klägers in die Gruppe der "selbständig Tätigen" gemäß § 5 der DVO 1961 gebunden ist, kann diese Frage im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben. Der Kläger ist nämlich nach seinem vor dem LSG in der letzten mündlichen Verhandlung vom 28. Mai 1968 gestellten Antrag, ihm "ab 1.1.1964 Berufsschadensausgleich entsprechend einem Durchschnittseinkommen nach der Besoldungsgruppe A 9 ... zu gewähren" ganz offensichtlich selbst von dem Durchschnittseinkommen "aus selbständiger Tätigkeit" im Sinne des § 5 der DVO 1964 ausgegangen, und zwar gerade deshalb, weil er als Fahrlehrer mit einer entsprechenden Prüfung wie ein "selbständig Tätiger mit abgelegter Meisterprüfung" zu beurteilen sei. Er hat somit die Einordnung in eine andere Berufs- oder Wirtschaftsgruppe als die der selbständig Tätigen im Berufungsverfahren nicht begehrt und auch im Revisionsverfahren nicht geltend gemacht. Streitig ist demnach bei dem Anspruch auf Gewährung eines höheren Berufsschadensausgleichs nur die Frage, ob unter gleichbleibender Einordnung des Klägers in die Gruppe der selbständig Tätigen dessen Durchschnittseinkommen gemäß § 5 Abs. 1 der DVO 1964 nach der Besoldungsgruppe A 7 des BBesG einschließlich der gesetzlichen Zuschläge oder aber deshalb nach der Besoldungsgruppe A 9 des BBesG zuzüglich der Zuschläge berechnet werden muß, weil der Kläger durch die Ablegung der Fahrlehrerprüfung einem selbständig Tätigen "mit abgelegter Meisterprüfung" gleichzustellen ist. Das ist jedoch - entgegen der Auffassung des LSG - nicht der Fall.

Als "Meisterprüfung" wird allgemein ein nach der Rechts- und Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik abgelegter Befähigungsnachweis angesehen, der das Recht gibt, einen bestimmten Beruf als "Meister" auszuüben; dies betrifft in erster Linie die selbständige Ausübung eines Handwerksbetriebes (s. dazu Handwerksordnung idF vom 28. Dezember 1965, BGBl I 1966, 1). Es kann nicht angenommen werden, daß die DVO zu § 30 Abs. 3 und Abs. 4 BVG, die sich mit der Einordnung von Personen in Berufs- und Wirtschaftsgruppen befaßt und dabei in ihrem § 5 Abs. 1 (idF 1964) das Wort Meisterprüfung verwendet, damit einen anderen Begriff verbindet, als er von der Rechtsordnung geprägt ist und im Wirtschaftsleben gebräuchlich verstanden wird. Dies muß schon im Hinblick auf die Rechtseinheit gelten, zu deren Wesen es gehört, daß grundsätzlich mit den gleichen Worten auch gleiche Begriffe verbunden werden, sofern nicht in einem Gesetz besonders hervorgehoben ist, daß hier einem Ausdruck, abweichend von dem üblichen Begriff, eine andere Bedeutung zukommt. Dem Ausdruck "Meisterprüfung" in § 5 Abs. 1 der DVO 1964 ist aber gegenüber dem sonstigen Begriff dieses Wortes in der Handwerksordnung ausdrücklich keine abweichende Bedeutung beigemessen worden. Demnach muß davon ausgegangen werden, daß es sich bei der "Meisterprüfung" in § 5 Abs. 1 der DVO 1964 nur um denjenigen besonderen Befähigungsnachweis handelt, der gesetzlich das Recht gibt, einen Beruf als "Meister" auszuüben. Dieser Auffassung stehen nicht die Urteile des 8. Senats des BSG vom 19. Oktober 1967 (BSG in SozR Nr. 2 zu § 5 der DVO 1964) und vom 28. November 1967 (8 RV 409/66) entgegen. In diesen Entscheidungen hat der 8. Senat des BSG ausgeführt, daß der Begriff der "abgelegten Meisterprüfung" auslegungsfähig und auslegungsbedürftig ist und daß zu den Personen mit abgelegter Meisterprüfung auch diejenigen älteren Handwerker und Landwirte gehören, die derzeitig in Meisterberufen tätig sind, die aber wegen ihres Alters nicht mehr die gesetzlich vorgesehene Meisterprüfung ablegen konnten oder abzulegen brauchten, weil ihnen kraft Gesetzes die Ausübung ihres Berufes mit der Qualifikation eines Meisters gestattet wird oder aber weil sie - wie z.B. die Landwirte - durch ihre berufliche Qualifikation sich über den Leistungsstand der Mehrzahl der Berufskollegen heraushoben. Wie der 8. Senat des BSG selbst hierzu in seinem Urteil vom 7. August 1969 (8 RV 305/67) ausgeführt hat, rechtfertigt die von ihm in seinen oben zitierten Entscheidungen gewonnene Auslegung des Begriffs der "abgelegten Meisterprüfung" in § 5 Abs. 1 der DVO 1964 nicht die Annahme, daß Selbständige, in deren Beruf es keine Meisterprüfung gibt, den selbständig Tätigen mit abgelegter Meisterprüfung gleichgesetzt werden könnten, und zwar auch dann nicht, wenn sie die für ihren Beruf übliche Ausbildung abgeschlossen und bereits eine langjährige Selbständigkeit in ihrem Beruf erlangt haben. Bei richtiger Würdigung der Entscheidungen des 8. Senats des BSG vom 29. Oktober und 28. November 1967 (aaO) ergibt sich, daß nur dann eine Gleichstellung eines selbständig Tätigen ohne abgelegte Meisterprüfung mit demjenigen, der eine Meisterprüfung in diesem Beruf ablegen konnte und abgelegt hat, nach § 5 Abs. 1 der DVO 1964 gerechtfertigt ist, wenn Tatbestände vorliegen, die einen Vergleich der Erwerbschancen eines Selbständigen ohne Meisterprüfung mit denen eines Selbständigen seines Berufes mit abgelegter Meisterprüfung zulassen und notwendig machen (s. dazu Urteil des 8. Senats des BSG vom 7. August 1969 - 8 RV 305/67 -). Für die Frage, ob ein selbständig Tätiger ohne abgelegte Meisterprüfung durch eine ausdehnende Auslegung des Begriffs "mit abgelegter Meisterprüfung" i.S. des § 5 Abs. 1 der DVO 1964 einem Selbständigen gleichgestellt werden kann, der eine Meisterprüfung abgelegt hat, ist also - auch nach Auffassung des erkennenden Senats - allein entscheidend, daß in jenem Beruf, den der Selbständige ausübt, gesetzlich die Ablegung der Meisterprüfung überhaupt möglich ist. In dem Beruf als Fahrlehrer ist eine Meisterprüfung aber nicht vorgesehen; im übrigen hat der Kläger nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) auch im Kraftfahrzeughandwerk weder eine Meisterprüfung abgelegt, noch "wie ein Meister" eine langjährige Tätigkeit ausgeübt. Demnach könnte der Kläger schon deshalb nicht einer Person mit abgelegter Meisterprüfung gleichgestellt werden, weil es in seinem Beruf als Fahrlehrer eine Meisterprüfung überhaupt nicht gibt.

Der 8. Senat des BSG ist aber offenbar der Ansicht, daß es auch in Berufen, in denen eine Meisterprüfung nicht vorgesehen ist, Befähigungsnachweise geben kann, die einer Meisterprüfung im Sinne des § 5 Abs. 1 der DVO 1964 gleichzustellen sind. In der oben zitierten Entscheidung vom 7. August 1969 wird nämlich die Frage, ob ein Drogist, der noch eine besondere Prüfung neben der Gehilfenprüfung abgelegt hatte, als selbständig Tätiger "mit abgelegter Meisterprüfung" angesehen werden kann, mit der Begründung verneint, daß es "in seinem Beruf keine Meisterprüfung (oder einen entsprechenden, über die durch Lehre und Gesellen-Gehilfenprüfung abgeschlossene Berufsausbildung hinausgehenden - weiteren - beruflichen Befähigungsnachweis) gibt". Entsprechend der im Klammerzusatz zum Ausdruck gebrachten Auffassung hat der 8. Senat des BSG geprüft, ob der von dem Drogisten erbrachte Nachweis über die "Fähigkeit zum Handel mit Giften einer abgelegten Meisterprüfung" gleichzustellen ist. Es kann dahinstehen, ob eine derart weitgehende Auslegung des Begriffs der "abgelegten Meisterprüfung" dem Wortlaut, Sinn und Zweck des § 5 Abs. 1 der DVO 1964 entspricht, so daß auch andere Befähigungsnachweise, und zwar in Berufen, die eine Meisterprüfung gar nicht kennen, diesem Begriff untergeordnet werden können. Selbst wenn man insoweit der Auffassung des 8. Senats des BSG folgt, kann die Fahrlehrerprüfung des Klägers einer Meisterprüfung nicht gleichgestellt werden. Die Gleichstellung einer anderweitigen Prüfung mit der Meisterprüfung könnte nur dann in Betracht gezogen werden, wenn es sich dabei um einen über die durch Lehre und Gesellenprüfung abgeschlossene Berufsausbildung hinausgehenden - weiteren - beruflichen Befähigungsnachweis handelt, der der Meisterprüfung entspricht (so auch die entsprechende Formulierung im Urteil des 8. Senats des BSG vom 7. August 1969). Das bedeutet, daß jene Prüfung einen besonderen Qualifikationsnachweis in einem bestimmten Beruf darstellen müßte, in dem zwar die betreffende Person ihre Berufsausbildung nach Ablauf der Lehrzeit mit der Gehilfenprüfung abgeschlossen und eine Berufserfahrung durch mehrjährige Tätigkeit als Geselle (vgl. § 49 Handwerksordnung) erworben hat. Diese Voraussetzungen werden aber für die Fahrlehrerprüfung des Klägers nicht verlangt; zur Erlangung der Fahrlehrer-Erlaubnis genügt es vielmehr, daß der Bewerber geistig und körperlich geeignet ist, ein Mindestalter erreicht hat, persönlich zuverlässig ist, selbst die Fahrerlaubnis für sämtliche Klassen der Betriebsart besitzt, in der er ausbilden will, innerhalb einer bestimmten Zeit ein Kraftfahrzeug gehalten hat und diese Tätigkeit zum Erwerb ausreichender Erfahrungen über richtiges Verhalten im Straßenverkehr geeignet erscheint, sowie daß der Prüfling eine Fahrlehrerprüfung ablegt § 3 Abs. 1 der Fahrlehrerverordnung vom 23. Juli 1957).

Danach sind grundsätzlich alle Personen - ohne jegliche sonstige Berufsausbildung -, die diese Voraussetzungen erfüllen, in der Lage, die Fahrlehrerprüfung abzulegen. Zwar sieht der § 3 Abs. 2 der Fahrlehrerverordnung vor, daß die Erlaubnis zur Ausbildung für die Fahrerlaubnis der Klasse 2 außerdem die Gesellenprüfung im Kraftfahrzeughandwerk voraussetzt. Deswegen kann jedoch noch nicht eine solche Fahrlehrerprüfung mit einer Meisterprüfung im Sinne des § 5 Abs. 1 der DVO 1964 gleichgestellt werden, denn auch diese Fahrlehrerprüfung erstreckt sich nicht darauf, ob der Prüfling im Kraftfahrzeughandwerk einen Betrieb selbständig führen und die in diesem Betrieb gebräuchlichen Arbeiten meisterhaft verrichten kann (vgl. § 46 Abs. 2 Handwerksordnung), sondern allein darauf, ob er für einen ganz anderen Beruf, den Fahrlehrerberuf, die "fachliche Eignung und die für die Lehrtätigkeit erforderlichen Kenntnisse, sowie die Fähigkeit besitzt, dieses Wissen Fahrschülern zu vermitteln" (s. dazu § 2 der Prüfungsordnung für Fahrlehrer, Anlage 2 zur Fahrlehrerverordnung - BGBl 1957 I, 775 -). Die Fahrlehrerprüfung kann demnach schon deshalb nicht der Meisterprüfung im Sinne des § 5 Abs. 1 der DVO 1964 gleichgestellt werden, weil sie kein besonderer Befähigungsnachweis in demjenigen Beruf ist, in dem die Berufsausbildung mit der Lehre begonnen und mit der Gesellenprüfung abgeschlossen wurde. Schließlich entspricht auch die Fahrlehrerprüfung nach Art und Umfang nicht - entgegen der Auffassung des LSG - einer Meisterprüfung. Durch die Meisterprüfung ist festzustellen, ob der Prüfling befähigt ist, einen Handwerksbetrieb selbstständig zu führen und Lehrlinge ordnungsgemäß auszubilden; der Prüfling hat insbesondere darzutun, ob er die in seinem Handwerk gebräuchlichen Arbeitermeisterhaft verrichten kann und die notwendigen Fachkenntnisse sowie die erforderlichen betriebswirtschaftlichen, kaufmännischen, rechtlichen und berufserzieherischen Kenntnisse besitzt (§ 46 Abs. 2 der Handwerksordnung).

Schon der Vergleich der von einem Prüfling bei der Meisterprüfung nachzuweisenden Kenntnisse mit denjenigen, die von einem Bewerber für die Fahrlehrererlaubnis nach der entsprechenden Prüfungsordnung gefordert werden, zeigt die insoweit bestehenden Unterschiede. In der Fahrlehrerprüfung hat gemäß § 2 der Prüfungsordnung der Fahrlehrer seine fachliche Eignung und die für die Lehrtätigkeit erforderlichen Kenntnisse sowie die Fähigkeit nachzuweisen, dieses Wissen Fahrschülern zu vermitteln. Die fachlichen Kenntnisse, die der Fahrlehrer vermitteln muß, umfassen die zur Ausbildung des Fahrschülers notwendigen Grundkenntnisse, also die Vermittlung der zum Führen von Kraftfahrzeugen erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten, sowie die Anleitung der Fahrschüler zu verantwortungsbewußtem und rücksichtsvollem Verhalten im Straßenverkehr (s. dazu § 1 Abs. 3 der Fahrlehrerverordnung). Im Gegensatz zu den Anforderungen, die an einen Prüfling bei der Meisterprüfung gestellt werden, braucht der Bewerber um eine Fahrlehrererlaubnis keine Kenntnisse betriebswirtschaftlicher, kaufmännischer oder berufserzieherischer Art nachzuweisen, so daß schon insoweit von einem grundsätzlichen Unterschied zwischen beiden Prüfungen gesprochen werden kann. Hinzu kommt, daß in der Meisterprüfung neben der fachlichen Eignung im erlernten Beruf die Fähigkeit nachgewiesen werden muß, Lehrlinge ordnungsgemäß ausbilden zu können. Diese Befähigung kann aber nicht - entgegen der Auffassung des LSG - damit verglichen werden, daß in der Fahrlehrerprüfung u.a. nachzuweisen ist, daß der Fahrlehrer die Fähigkeit hat, sein "Wissen Fahrschülern zu vermitteln". Der Senat verkennt zwar nicht, daß bei der immer größer werdenden Dichte des Straßenverkehrs und den damit verbundenen Schwierigkeiten bei der Führung eines Kraftfahrzeuges auch die Aufgaben eines Fahrlehrers in der Unterweisung seiner Fahrschüler schwierig und verantwortungsvoll sind, dennoch bestehen zwischen der stundenweisen Unterrichtung eines Fahrschülers und der mehrjährigen von einem Meister vorzunehmenden ordnungsgemäßen Berufsausbildung von Lehrlingen erhebliche ins Gewicht fallende Unterschiede. Insbesondere ist dabei zu berücksichtigen, daß bei der Lehrlingsausbildung ein umfassendes Berufswissen vermittelt werden muß, welches letztlich dazu bestimmt ist, dem Lehrling als Grundlage für seine spätere Existenz zu dienen, welches aber auch der Wirtschaft die Facharbeitskräfte verschaffen soll, die für ein ordnungsgemäßes Funktionieren des Wirtschaftslebens erforderlich sind. Eine Übermittlung vergleichbarer qualifizierter Kenntnisse an einen Führerscheinbewerber liegt aber bei einem Fahrlehrer nicht vor.

Nach allem kann die Fahrlehrerprüfung des Klägers nicht einer Meisterprüfung im Sinne des § 5 Abs. 1 der DVO 1964 gleichgestellt werden, so daß der Kläger auch nicht zu den in dieser Vorschrift bezeichneten "selbständig Tätigen mit abgelegter Meisterprüfung" gehört und demgemäß auch nicht als Durchschnittseinkommen das Grundgehalt der Besoldungsgruppe A 9 BBesG einschließlich der gesetzlichen Zuschläge bei der Berechnung des Berufsschadensausgleichs zugrunde gelegt werden kann. Dieselbe Rechtslage ergibt sich auch für die Zeit nach dem Inkrafttreten des 3. Neuordnungsgesetzes, also vom 1. Januar 1967 an, da insoweit weder § 30 BVG noch die entsprechende DVO geändert worden ist.

Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 170 Abs. 2 SGG); da das SG im Ergebnis zutreffend die Klage abgewiesen hatte, mußte die Berufung des Klägers gegen das erstinstanzliche Urteil als unbegründet zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 193 Abs. 1 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2285191

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