Entscheidungsstichwort (Thema)
Beitragsnachentrichtung für in den USA lebende Verfolgte des Nationalsozialismus nach SozSichAbkSchlProt USA Nr 8. Fremdrentenrecht. Sozialversicherungsabkommen. Ausschlussklausel
Leitsatz (amtlich)
Eine Nachentrichtung von Beiträgen nach SozSichAbkSchlProt USA Nr 8 idF des SozSichAbkZusAbk2 USA vom 6.3.1995 ist ausgeschlossen, wenn bereits vor Inkrafttreten des § 17a FRG Fremdbeitragszeiten nach anderen Vorschriften erfüllt waren (Fortführung von BSG vom 22.3.2001 – B 12 RA 5/00 R = SozR 3-6481 Nr 11 Nr 2).
Normenkette
SGB VI § 46 Abs. 1, § 50 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 113 Abs. 1 S. 2, § 110; FRG § 1 Buchst. a, §§ 15, 17a; WGSVG § 10 F: 1975-04-28, § 20; SozSichAbkSchlProt USA Nr. 4 Buchst. a, Nr. 8 Buchst. a S. 1; SozSichAbkZusAbk2 USA Art. 1 Abs. 7; SozSichAbkDVbg USA Art. 16 Abs. 2 Buchst. a; SozSichAbk USA Art. 4 Abs. 1, Art. 5
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 18. Februar 2002 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist, ob der Klägerin monatliche Zahlungsansprüche aus ihrem Stammrecht auf Witwenrente nach § 46 Abs 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zustehen, falls sie ein Recht auf Nachentrichtung von Beiträgen hat und dieses wirksam ausübt.
Die in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) wohnhafte Klägerin ist die Witwe des am 16. September 1913 in K.…/Kreis S.…/Bezirk L.… geborenen und am 2. März 1996 in den USA verstorbenen W.… S.…. Dieser war nach Angaben der Klägerin von 1931 bis 1941 in S.… beschäftigt. Im Rahmen dieser Beschäftigungen wurden von Januar 1936 bis Ende Juni 1941 Beiträge an den Sozialversicherungsträger in Polen bzw der Sowjetunion entrichtet. Von 1941 bis 1944 wurde die Beschäftigung wegen nationalsozialistischer Verfolgungsmaßnahmen unterbrochen. Nach Kriegsende hielt sich der verstorbene Ehemann der Klägerin als Displaced Person beschäftigungslos in Lagern in Deutschland (US-Zone) auf und wanderte am 21. Juni 1950 in die USA aus. Dort entrichtete er ab Oktober 1950 Beiträge zur bundesstaatlichen Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversicherung. 1955 erwarben er und die Klägerin die amerikanische Staatsangehörigkeit. Der Ehemann der Klägerin erhielt als Verfolgter iS des § 1 Bundesentschädigungsgesetz (BEG) Entschädigung (Bescheid vom 4. Mai 1960).
Den Antrag der Klägerin vom 24. März 1997 auf Zahlung von Witwenrente unter Nachentrichtung von Beiträgen gemäß Nr 8 des Schlussprotokolls (SP) zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika über Soziale Sicherheit (DASVA) vom 7. Januar 1976 (BGBl II 1358) idF des Zweiten Zusatzabkommens vom 6. März 1995 (BGBl 1996 II 302) lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 28. Oktober 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Januar 1998). Klage und Berufung hatten keinen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Berlin ≪SG≫ vom 26. Juni 2000; Urteil des Landessozialgerichts Berlin ≪LSG≫ vom 18. Februar 2002).
Das LSG hat ausgeführt: Die Klägerin habe weder einen Anspruch auf Zulassung zur Nachentrichtung von Beiträgen nach Nr 8 SP/DASVA noch auf Zahlung einer Witwenrente aus der deutschen Rentenversicherung. Auf den verstorbenen Ehemann der Klägerin sei die in Nr 8 Buchst a Satz 1 SP/DASVA enthaltene Ausschlussklausel anwendbar. Für ihn habe schon vor Inkrafttreten des § 17a Fremdrentengesetz (FRG) die Möglichkeit bestanden, eine in die USA zahlbare Rente durch Nachentrichtung von Beiträgen für die zusätzlich erforderlichen Bundesgebiets-Beitragszeiten zu erhalten. Ein entsprechendes Nachentrichtungsrecht sei ihm als anerkannten Verfolgten mit amerikanischer Staatsangehörigkeit in Art 16 der Durchführungsvereinbarung zum DASVA (DV/DASVA) vom 21. Juni 1978 (BGBl 1979 II 567) eingeräumt worden. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in zwei Urteilen vom 22. März 2001 (B 12 RA 5/00 R und B 12 RA 7/00 R) die übereinstimmende Nachentrichtungsvorschrift der Nr 11 Buchst a des SP zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über Soziale Sicherheit (DISVA) vom 17. Dezember 1973 (BGBl 1975 II 246) idF des Zusatzabkommens vom 12. Februar 1995 (BGBl 1996 II 299) entsprechend ausgelegt. Zwar sei die für einen Anspruch auf Witwenrente erforderliche allgemeine Wartezeit von fünf Jahren an Beitrags- und Ersatzzeiten erfüllt. Gleichwohl könne die Witwenrente an die Klägerin, die ihren Wohnsitz im Ausland habe, nicht gezahlt werden. Bei der Berechnung einer ins Ausland zu zahlenden Rente seien Entgeltpunkte für Fremdbeitrags- und Ersatzzeiten nur zu berücksichtigen, wenn zusätzlich Entgeltpunkte aus Beitragszeiten, für die Beiträge nach Bundesrecht nach dem 8. Mai 1945 gezahlt worden seien, vorhanden seien. Die Klägerin sei auf Grund der in Art 5 DASVA vorgenommenen Gleichstellung so zu behandeln, als ob sie in der Bundesrepublik Deutschland leben würde. Diese Gebietsgleichstellung stehe jedoch unter dem Vorbehalt einer anderweitigen Regelung im Sozialversicherungsabkommen, die in Nr 4 Buchst a SP/DASVA getroffen worden sei. Danach würden die deutschen Rechtsvorschriften über Geldleistungen aus Versicherungszeiten, die nicht nach Bundesrecht zurückgelegt worden seien, nicht berührt. Daher fänden die Auslandszahlungsvorschriften Anwendung. Für den verstorbenen Ehemann der Klägerin seien jedoch Beiträge nach Bundesrecht nicht entrichtet worden. Auch könnten Beiträge zum Zwecke der Zahlbarmachung einer Witwenrente nicht nachentrichtet werden.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von Nr 8 Buchst a Abs 1 SP/DASVA. Die Voraussetzungen dieser Abkommensvorschrift seien erfüllt. Ihr stehe ein Nachentrichtungsrecht zu. Sie habe die Nachentrichtung fristgerecht beantragt. Die Ausschlussklausel greife nicht ein. Das Nachentrichtungsrecht sei nur für solche Personen ausgeschlossen, deren Beitrags- und Beschäftigungszeiten nach dem FRG auf Grund anderer Rechtsgrundlagen bereits verbindlich festgestellt worden seien. Dies ergebe sich zwingend aus der Denkschrift zum Zweiten Zusatzabkommen vom 6. März 1995 zum DASVA. Anders als in dem vom BSG entschiedenen Fall habe weder ihr verstorbener Ehemann noch sie früher eine Entscheidung auf Anerkennung von Versicherungszeiten herbeigeführt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 18. Februar 2002 und das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. Juni 2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. Oktober 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Januar 1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, sie zur Nachentrichtung von Beiträgen nach Nr 8 SP/DASVA in das Konto ihres verstorbenen Ehemannes zuzulassen und ihr ab 1. April 1996 eine Hinterbliebenenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen, hilfsweise das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 18. Februar 2002 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen.
Sie hält das Urteil im Ergebnis für zutreffend. Sie ist der Auffassung, dass der verstorbene Ehemann der Klägerin als Vertriebener iS des § 1 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) von vornherein nicht zum Personenkreis der §§ 17a FRG, 20 des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) gehöre. Nach den Feststellungen des Ausgleichsamts habe sich der Ehemann der Klägerin über den bloßen Gebrauch der deutschen Sprache hinausgehend zum deutschen Volkstum bekannt. Da das LSG insoweit keine Feststellungen getroffen habe, sei der Hilfsantrag gerechtfertigt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht die Berufung gegen das die zulässig kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (s BSG SozR 3-1500 § 54 Nr 3) abweisende Urteil des SG zurückgewiesen. Denn die Entscheidung der Beklagten im angefochtenen Bescheid vom 28. Oktober 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Januar 1998, den Antrag der Klägerin auf Zahlung von Witwenrente nach § 46 Abs 1 SGB VI unter Nachentrichtung von Beiträgen abzulehnen, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Die Klägerin hat zwar ein Stammrecht auf Witwenrente erworben (dazu unter 1.), ihr stehen jedoch keine aus diesem Stammrecht erwachsenden Einzelansprüche auf Zahlung einer monatlichen Geldleistung zu. Solange sich die Klägerin im Ausland gewöhnlich aufhält und keine (hinreichenden) Bundesgebiets-Beitragszeiten (vgl § 113 Abs 1 Satz 2 SGB VI) hat, liegt ein die Entstehung monatlicher Zahlungsansprüche hindernder Umstand vor (dazu unter 2.). Diese anspruchshindernde Einwendung kann von der Klägerin nicht durch die Nachentrichtung von Beiträgen nach Nr 8 SP/DASVA idF des Zweiten Zusatzabkommens vom 6. März 1995 (BGBl 1996 II 302) beseitigt werden (dazu unter 3.). Denn der verstorbene Ehemann der Klägerin hatte bereits die Möglichkeit, in der Zeit vom 1. Dezember 1979 bis zum 1. Dezember 1980 die Nachentrichtung von Beiträgen zu beantragen (§ 10 WGSVG iVm Art 16 Abs 2 DV/DASVA vom 21. Juni 1978 – BGBl 1979 II 567, 1283 – dazu unter 4.).
1. Mit dem Tode ihres Ehemannes am 2. März 1996 hat die Klägerin ein Stammrecht auf Witwenrente nach § 46 Abs 1 SGB VI erworben, denn ihr Ehemann hatte zu diesem Zeitpunkt die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt (§ 46 Abs 1 Satz 1 SGB VI iVm § 50 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB VI). Nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und damit bindenden Feststellungen des LSG hatte der verstorbene Ehemann der Klägerin von Januar 1936 bis Ende Juni 1941 in S.…/Bezirk L.… im Rahmen von versicherungspflichtigen Beschäftigungen Beiträge entrichtet. Diese Fremdbeitragszeiten iS des § 15 FRG sind als Beitragszeiten auf die allgemeine Wartezeit anrechenbar (§ 51 Abs 1 SGB VI). Denn diese Vorschrift stellt die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegten Beitragszeiten den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Entgegen der Auffassung der Beklagten gehörte der verstorbene Ehemann nicht zum Personenkreis, der von § 1 FRG begünstigt wird, denn es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass er “anerkannter Vertriebener” iS des § 1 Buchst a FRG war (zur Anerkennung als Vertriebener oder Spätaussiedler als Voraussetzung für die Anwendung des § 1 Buchst a FRG: BSG SozR 3-5050 § 1 Nr 4 S 10; dazu auch Verbandskommentar, Anm 2 und 3 zu § 1 FRG). Dem Ehemann kam jedoch die Regelung des § 20 WGSVG zu Gute, die durch Art 21 Nr 4 des Rentenreformgesetzes 1992 (RRG 1992) neu gefasst worden ist. Nach Abs 1 Satz 1 dieser Vorschrift stehen bei Anwendung des FRG den “anerkannten Vertriebenen” iS des BVFG “vertriebene Verfolgte” gleich, die lediglich deswegen nicht als Vertriebene anerkannt sind oder anerkannt werden können, weil sie sich nicht ausdrücklich zum deutschen Volkstum bekannt haben. Für diesen Personenkreis genügt es, wenn sie im Zeitraum des Verlassens des Vertreibungsgebietes dem deutschen Sprach- und Kulturkreis (dSK) angehört haben (§ 20 Abs 1 Satz 2 iVm § 19 Abs 2 Buchst a 2. Halbsatz WGSVG; dazu zB BSG SozR 3-5070 § 20 Nr 2 S 9 f, Nr 7 S 25 ff).
Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit bindenden Feststellungen des LSG gehörte der verstorbene Ehemann zu diesem Personenkreis. Er war Verfolgter iS des § 1 BEG. Er hat ein Vertreibungsgebiet – nämlich den zum Generalgouvernement gehörenden Bezirk Lemberg – vor dem 1. Juli 1990 verlassen (§ 1 Abs 2 Nr 3 BVFG) und im Zeitpunkt des Verlassens (1945) dem dSK angehört.
Dies hat zur Folge, dass der verstorbene Ehemann der Klägerin vor seinem Tode eine Anwartschaft auf Regelaltersrente (RAR) erworben hatte (§ 35 SGB VI iVm § 50 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI), die mit dessen Tod ein abgeleitetes subjektiv-öffentliches Recht der Klägerin auf Witwenrente begründet hat.
Der Entstehung der Anwartschaft auf RAR bzw des Stammrechts auf Witwenrente steht nicht entgegen, dass der Ehemann bzw die Klägerin amerikanische Staatsangehörige mit ständigem Aufenthalt in den USA waren. Art 4 Abs 1 DASVA enthält eine Gleichstellung der amerikanischen Staatsangehörigen mit deutschen, in Art 5 DASVA ist außerdem eine Gebietsgleichstellung geregelt. Der Ehemann und die Klägerin stehen deshalb bei der Anwendung rentenrechtlicher Vorschriften (Art 2 Abs 1 Buchst a DASVA) – wie der Erfüllung der Wartezeit zur Begründung der Anwartschaft auf RAR und des Stammrechts auf Witwenrente – Deutschen mit Inlandsaufenthalt gleich. Die Klägerin erfüllt mithin die Voraussetzungen für ein subjektives Recht auf Witwenrente nach § 46 Abs 1 SGB VI (zum subjektiven Recht auf Altersrente nach § 25 Abs 5 AVG: BSG SozR 3-5070 § 18 Nr 2 S 5 = BSGE 79, 113, 115 f; BSG SozR 3-5070 § 21 Nr 4 S 13 f).
2. Die Klägerin kann jedoch, solange sie sich im Ausland aufhält und keine (hinreichenden) Bundesgebiets-Beitragszeiten hat, keine Zahlung ins Ausland verlangen. Der Entstehung von aus dem Stammrecht grundsätzlich als dessen Rechtsfrüchte erwachsenden Einzelansprüchen steht der rechtshindernde Einwand des Auslandsaufenthalts entgegen. Dieser ist mangels Bundesgebiets-Beitragszeiten nicht – auch nicht teilweise – beseitigt.
a) Für Berechtigte, die – wie die Klägerin – ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, entstehen aus ihren Stammrechten monatliche Rentenansprüche wegen des materiell-rechtlichen rechtshindernden Einwandes des Auslandswohnsitzes grundsätzlich nicht. Anderes gilt nur, soweit dieser Einwand des Auslandswohnsitzes seinerseits durch den Gegeneinwand ausreichender Bundesgebiets-Beitragszeiten ausgeräumt ist, also nur insoweit, als die §§ 110 ff, 272 SGB VI (oder zwischen- bzw überstaatliches Recht) die Entstehung von Zahlungsansprüchen zulassen (bzw die §§ 1315 ff RVO, §§ 94 ff AVG zugelassen haben). Gleich ob der Berechtigte mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland Deutscher oder Ausländer ist, setzt die Entstehung von monatlichen Rentenansprüchen Beitragszeiten, für die Beiträge nach Bundesrecht nach dem 8. Mai 1945 gezahlt worden sind, oder diesen im Fünften Kapitel SGB VI gleichgestellte Beitragszeiten voraus (so genannte Bundesgebiets-Beitragszeiten iS des § 113 Abs 1 Satz 2 SGB VI). Es reicht nicht aus, wenn – wie hier – ausschließlich Fremdbeitragszeiten vorliegen (vgl BSG SozR 3-5070 § 18 Nr 2 S 6 = BSGE 79, 113, 117).
b) Die Anwendbarkeit der Einwendung des Auslandswohnsitzes und der fehlenden Bundesgebiets-Beitragszeiten wird durch Art 4 Abs 1 oder Art 5 DASVA nicht ausgeräumt. Die Inländergleichstellung durch Art 4 Abs 1 DASVA führt nur dazu, dass die für im Ausland lebende Deutsche maßgeblichen Vorschriften anwendbar sind. Diese setzen, wie bereits ausgeführt, neben FRG-Zeiten auch Bundesgebiets-Beitragszeiten voraus. Die Gebietsgleichstellung des Art 5 DASVA führt zu keinem anderen Ergebnis, denn nach Nr 4 Buchst a SP/DASVA bleiben die deutschen Rechtsvorschriften über Geldleistungen aus Versicherungszeiten, die nicht nach Bundesrecht zurückgelegt sind, unberührt (vgl BSG SozR 3-5070 § 18 Nr 2 S 7 = BSGE 79, 113, 117 f).
c) Dem Einwand des Auslandswohnsitzes kann die Klägerin auch nicht entgegenhalten, dass ihr Rente wie Verfolgten zustehe, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des WGSVG haben. Ihr verstorbener Ehemann hielt sich nach den bindenden Feststellungen des LSG zwar als Displaced Person von 1945 bis 1950 in verschiedenen Lagern in Deutschland auf. Die Anwendung des § 18 Abs 1 Satz 1 iVm Abs 2 WGSVG auf Displaced Persons (vgl BSG SozR 3-5070 § 18 Nr 2 S 8 f = BSGE 79, 113, 119 f) setzt jedoch voraus, dass dieser Personenkreis das Gebiet des deutschen Reiches nach dem Stand vom 31. Dezember 1997 bereits vor dem 1. Januar 1950 verlassen hat. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Der verstorbene Ehemann der Klägerin hat nach den bindenden Feststellungen des LSG Deutschland erst nach dem 1. Januar 1950, nämlich am 21. Juni 1950, verlassen.
d) Bundesgebiets-Beitragszeiten können für den verstorbenen Ehemann auch nicht für die Zeit vom 8. Mai 1945 bis 21. Juni 1950 angerechnet werden. Nach den bindenden Feststelllungen des LSG hat der verstorbene Ehemann der Klägerin als Displaced Person keine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt. Es sind für ihn – wie die Ermittlungen des SG ergeben haben – in dieser Zeit auch keine Beiträge gezahlt worden.
3. Die Klägerin kann auch nicht wirksam nach Nr 8 SP/DASVA idF des Art 1 Abs 7 des Zweiten Zusatzabkommens vom 6. März 1995 (BGBl 1996 II 302) freiwillige Beiträge nachentrichten.
a) Nach Nr 8 Buchst a Satz 1 SP/DASVA können die in Art 3 Buchst a bis c DASVA bezeichneten Personen (ua amerikanische Staatsangehörige), die bis zu dem Zeitpunkt, in dem der nationalsozialistische Einflussbereich sich auf ihr Hoheitsgebiet erstreckt hat,
- dem dSK angehört haben,
- das 16. Lebensjahr vollendet hatten und
- sich wegen ihrer Zugehörigkeit zum Judentum nicht zum deutschen Volkstum bekannt hatten
und die Vertreibungsgebiete nach § 1 Abs 2 Nr 3 BVFG verlassen haben, auf Antrag freiwillige Beiträge zur deutschen Rentenversicherung nachentrichten, sofern für sie durch die Anwendung des § 17a FRG erstmals Beitragszeiten oder Beschäftigungszeiten nach dem FRG zu berücksichtigen sind.
Nach Nr 8 Buchst b SP/DASVA ist eine Nachentrichtung höchstens in dem Umfang zulässig, wie es zur Zahlung der auf Zeiten nach § 17a FRG beruhenden Leistung unter Anwendung der am 1. Juli 1990 im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet geltenden rentenrechtlichen Vorschriften über die Erbringung von Leistungen an Berechtigte ins Ausland erforderlich ist. (Der Nachentrichtungsumfang richtet sich damit nach § 1319 RVO bzw § 98 AVG jeweils in der Fassung des Rentenanpassungsgesetzes 1982 ≪RAG 1982≫ vom 1. Dezember 1981 – BGBl I 1205.)
Nach Nr 8 Buchst g Satz 1 SP/DASVA gelten diese Bestimmungen auch für die Hinterbliebenen entsprechend für Leistungen an Hinterbliebene, auch wenn der Tod des Versicherten bis zum Ablauf der Nachentrichtungsfrist eingetreten ist. Nach Nr 8 Buchst h beträgt die Antragsfrist zur Nachentrichtung 24 Monate nach Inkrafttreten des Zweiten Zusatzabkommens, sie ist also vom 1. Mai 1996 bis 1. Mai 1998 gelaufen (zum Inkrafttreten: BGBl 1996 II 968). Die Klägerin hat mithin den Antrag rechtzeitig gestellt (24. März 1997).
Für den Ehemann der Klägerin waren Beitragszeiten gemäß § 17a FRG zu berücksichtigen. Diese Ausdehnung des Anwendungsbereichs des FRG war zum 1. Juli 1990 in Kraft getreten (Art 15 Rentenreformgesetz 1992 vom 18. Dezember 1989 ≪BGBl I 2261≫ idF durch Art 14 Renten-Überleitungsgesetz vom 25. Juli 1991 ≪BGBl I 1606≫). Sie entspricht den Voraussetzungen der Nr 8 Buchst a Satz 1 SP/DASVA. Der Ehemann hatte zum Zeitpunkt, in dem der nationalsozialistische Einflussbereich sich auf den Bezirk Lemberg erstreckte (1. August 1941), das 16. Lebensjahr bereits vollendet und dem dSK angehört. Es kann offen bleiben, ob er sich ferner bis zum vorgenannten Zeitpunkt wegen seiner Zugehörigkeit zum Judentum nicht zum deutschen Volkstum bekannt hatte. Denn diese Voraussetzung ist – entgegen der Ansicht der Beklagten – nicht ausschließender Natur. § 17a FRG ist vielmehr ein Auffangtatbestand. Er zielt darauf ab, auch diejenigen zu erfassen, die dem dSK ohne Bekenntnis zum deutschen Volkstum angehörten, ohne jene auszuschließen, die ein solches Bekenntnis abgegeben hatten. Zur Verhinderung ungerechtfertigter Bevorzugungen hieraus bei Auslandswohnsitz wurde im Vertragsrecht eine Ausschlussklausel eingeführt. Der Ehemann hatte schließlich im Jahre 1945 das Gebiet des Bezirks Lemberg – ein Vertreibungsgebiet iS des § 1 Abs 2 Nr 3 BVFG – verlassen. Der Anwendung des § 17a FRG steht – entgegen der Beklagten – auch nicht entgegen, dass das FRG – wie oben gesagt – bereits gemäß § 20 WGSVG anzuwenden ist. Denn auch insoweit hat § 17a FRG die Bedeutung einer Auffangregelung. Das FRG soll auch für die gelten, die Vertreibung und Verfolgung in einer Weise erlitten haben, die nicht von § 1 FRG oder von § 20 WGSVG erfasst wird, ohne diejenigen auszuschließen, welche die dort genannten, im Regelfall besonders schweren Eingriffe erlitten haben.
b) Die Ausschlussklausel in der Nr 8 Buchst a Satz 1 SP/DASVA ist jedoch ebenfalls weit auszulegen. Von dieser werden nicht nur Personen erfasst, bei denen vor Inkrafttreten des § 17a FRG die Anrechenbarkeit von Beitrags- oder Beschäftigungszeiten nach dem FRG bereits auf Grund anderer Rechtsgrundlagen verbindlich festgestellt worden war, sondern auch Personen, die dies nach anderen Vorschriften bereits früher hätten beanspruchen können. Das hat der 12. Senat des BSG schon zur inhaltsgleichen Nachentrichtungsvorschrift der Nr 11 SP/DISVA idF des Art 1 des Zusatzabkommens vom 12. Februar 1995 (BGBl 1996 II 299) geklärt (Urteile vom 22. März 2001 – B 12 RA 5/00 R, SozR 3-6481 Nr 11 Nr 2 und B 12 RA 7/00 R, nicht veröffentlicht).
aa) Bei der Auslegung völkerrechtlicher Verträge – wie dem DASVA – ist in erster Linie vom Wortlaut des Vertragstextes auszugehen. Nach Art 31 Abs 1 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge (Wiener Vertragsrechtskonvention – WVK) vom 23. Mai 1969 (BGBl 1985 II 926; für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten am 20. August 1987, BGBl II 757) ist ein Vertrag nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen (vgl BSG SozR 3-6858 Nr 2 Nr 2 S 14; BSGE 75, 97, 157). Dem Vertragstext kommt damit bei der Auslegung im allgemeinen größere Bedeutung zu als dem Wortlaut des Gesetzes bei der Auslegung innerstaatlichen Rechts. Dies schließt allerdings die Heranziehung anderer Auslegungskriterien neben dem Vertragstext nicht aus. So ist für die Auslegung neben dem Wortlaut auch der Wille der Vertragsparteien zu berücksichtigen, wie er sich aus Entstehung, Inhalt und Zweck des Vertrages und der auszulegenden Einzelbestimmungen ergibt (vgl BSG SozR 3-6480 Art 22 Nr 1 S 8). Der Wortlaut der Ausschlussklausel (“sofern für sie durch die Anwendung des § 17a FRG erstmals Beitragszeiten oder Beschäftigungszeiten nach dem FRG zu berücksichtigen sind”) legt insbesondere durch die Wortwahl “erstmals” eine Auslegung nahe, wonach sich das Nachentrichtungsrecht nach Nr 8 Buchst a Satz 1 SP/DASVA auf die Personen mit ständigem Aufenthalt in den USA beschränken sollte, die erstmals durch die Regelung des § 17a FRG begünstigt werden, und im Umkehrschluss alle diejenigen von der Nachentrichtung ausgeschlossen sind, bei denen Beitragszeiten nach dem FRG nach einer bereits vor Inkrafttreten des § 17a FRG (am 1. Juli 1990) geltenden anderen Vorschrift zu berücksichtigen waren und ein Recht auf Nachentrichtung vermittelt hatten, durch die der Einwand des Auslandswohnsitzes hätte ausgeräumt werden können, wenn der Berechtigte davon Gebrauch gemacht hätte.
bb) Diese Auslegung wird auch durch die Entstehungsgeschichte der Nr 8 SP/DASVA bestätigt.
§ 17a FRG wurde durch Art 15 Abschn A Nr 4 RRG 1992 mit Wirkung ab 1. Juli 1990 (Art 85 Abs 6 RRG 1992) in das FRG eingefügt und durch Art 14 Nr 17 Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) vom 25. Juli 1991 (BGBl I 1606) ebenfalls mit Wirkung ab 1. Juli 1990 (Art 42 Abs 3 RÜG) ergänzt. Nach dieser Vorschrift finden die für die gesetzliche Rentenversicherung maßgebenden Vorschriften des FRG auch auf Personen Anwendung, die bis zu dem Zeitpunkt, in dem der nationalsozialistische Einflussbereich sich auf ihr jeweiliges Heimatgebiet erstreckt hat, dem dSK angehört haben, das 16. Lebensjahr bereits vollendet hatten (oder im Zeitpunkt des Verlassens des Vertreibungsgebietes dem dSK angehört haben) und sich wegen ihrer Zugehörigkeit zum Judentum nicht zum deutschen Volkstum bekannt hatten und die Vertreibungsgebiete nach § 1 Abs 2 Nr 3 BVFG verlassen haben.
§ 17a FRG ergänzt die Regelung des § 1 Buchst a FRG und des § 20 WGSVG um diejenigen, die sich wegen ihrer Zugehörigkeit zum Judentum nicht zum deutschen Volkstum bekannt haben und zum Beginn des nationalsozialistischen Einflusses, nicht jedoch beim Verlassen des Vertreibungsgebietes nach § 1 Abs 2 Nr 3 BVFG, dem dSK angehört haben, etwa wegen Abwendung vom dSK vor Verlassen des Vertreibungsgebietes (zB nach der Heirat mit einem fremdsprachigen Ehegatten). Insofern sollte durch Art 17a FRG eine Gleichstellung der aus den osteuropäischen Vertreibungsgebieten stammenden deutschen Juden mit den deutschsprachigen Aussiedlern erreicht werden (vgl BSG SozR 3-5050 § 17a Nr 3 S 15 unter Hinweis auf BT-Drucks 11/5530 S 29). Mit der Regelung des § 17a FRG sollten zudem diejenigen Personen in den Geltungsbereich des FRG einbezogen werden, die wegen fehlender Verfolgteneigenschaft iS des § 1 BEG (zB deutschsprachige Juden, die sich der nationalsozialistischen Verfolgung rechtzeitig durch Flucht in das Innere der Sowjetunion entziehen konnten) nicht nach § 20 WGSVG als vertriebene Verfolgte anerkannten Vertriebenen gleichgestellt werden konnten (vgl auch Abendroth, DAngVers 1996 S 342 ff).
Da, wie bereits ausgeführt, monatliche Zahlungsansprüche aus Beitragszeiten nach dem FRG grundsätzlich nur bei Aufenthalt der Berechtigten in der Bundesrepublik Deutschland entstehen, und viele dieser Betroffenen nach Israel oder in die USA ausgewandert waren, hatte sich der Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung des Deutschen Bundestages bereits bei den Beratungen des durch das RRG 1992 eingefügten § 17a FRG dafür ausgesprochen, durch Ergänzung des DISVA und des DASVA eine Regelung zu schaffen, die auch den von § 17a FRG begünstigten Personenkreis, der im Ausland wohnt, einbezieht und auf der Grundlage einer Beitragsnachentrichtung eine Rentenzahlung ins Ausland ermöglicht (vgl BT-Drucks 11/5530 S 29). Diesem Auftrag ist die Regierung der Bundesrepublik Deutschland durch den Abschluss von Zusatzabkommen nachgekommen, die die Nachentrichtungsrechte nach Nr 11 SP/DISVA bzw Nr 8 SP/DASVA enthalten. Ziel der Eröffnung des Nachentrichtungsrechts nach Nr 8 Buchst a Satz 1 SP/DASVA war es mithin, dem von § 17a FRG begünstigten Personenkreis, der sich ständig in den USA aufhält, dorthin eine Zahlung aus seinem Stammrecht auf Rente zu ermöglichen.
cc) Auch die weiteren Bestimmungen im SP/DASVA über den Nachentrichtungszeitraum und den Nachentrichtungsumfang sind eng an die Regelungen des § 17a FRG angelehnt. So ist nach Nr 8 Buchst a Satz 2 SP/DASVA die Nachentrichtung frühestens ab dem Zeitpunkt möglich, in dem der nationalsozialistische Einflussbereich sich auf das jeweilige Heimatgebiet erstreckt hat. Nach Buchst b ist eine Nachentrichtung höchstens in dem Umfang zulässig, wie es zur Zahlung der auf Zeiten nach § 17a FRG beruhenden Leistung erforderlich ist. Es finden dabei die am 1. Juli 1990 (Inkrafttreten des § 17a FRG) geltenden rentenrechtlichen Vorschriften über die Erbringung von Leistungen an Berechtigte ins Ausland Anwendung (§ 1319 RVO, § 98 AVG).
dd) Ein Vergleich mit dem Wortlaut anderer Nachentrichtungsrechte bestätigt ebenfalls die vom erkennenden Senat in Fortführung der Rechtsprechung des 12. Senats befürwortete Auslegung. Mit dem Nachentrichtungsrecht des § 22 Abs 1 Satz 1 WGSVG hat sich bereits eingehend der 12. Senat auseinander gesetzt (vgl Urteil vom 22. März 2001 – B 12 RA 5/00 R, SozR 3-6481 Nr 11 Nr 2 S 11 f, 14 f). § 21 WGSVG, eingeführt durch Art 21 Nr 5 RRG 1992, räumt kein neues Nachentrichtungsrecht ein, sondern – wie sich schon aus der durch Art 21 Nr 6 Buchst h RRG 1992 eingefügten Überschrift der Bestimmung ergibt – eröffnet ein außerordentliches Nachentrichtungsrecht wieder, ua für Verfolgte, die “in der Zeit vom 1. Dezember 1979 bis 1. Dezember 1980 berechtigt waren, einen Antrag (auf Nachentrichtung) zu stellen” (Satz 1 2. Alternative). Damit wurde nach rückwirkender Änderung des § 20 WGSVG ua denjenigen Personen, die eine bereits nach bisherigem Recht, aber zeitlich begrenzte, mithin ausgelaufene Nachentrichtungsmöglichkeit auf Grund Art 16 der DV zum DASVA vom 21. Juni 1978 (dazu Näheres unter 4.) nicht ausgeübt hatten, erneut befristet ein Nachentrichtungsrecht eingeräumt, wobei es nicht darauf ankam, ob diese Personen bereits tatsächlich einen Antrag auf Nachentrichtung gestellt hatten (vgl dazu BT-Drucks 11/4124 S 226; Verbandskommentar, § 21 WGSVG RdNr 9).
ee) Soweit die Klägerin meint, dass sich aus der Denkschrift zum Zweiten Zusatzabkommen vom 6. März 1995 zum DASVA (BR-Drucks 316/95 S 13 f) zwingend ergebe, dass von der Nachentrichtung nur solche Personen ausgeschlossen seien, denen Beitrags- und Beschäftigungszeiten nach dem FRG auf Grund anderer Rechtsgrundlagen bereits verbindlich festgestellt worden seien, verkennt sie die Bedeutung und den Gehalt der Erläuterungen in der Denkschrift. Diese enthält keine authentische Interpretation der Vertragsparteien (dazu Art 31 Abs 2 und 3 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge – WVK). Sie ist lediglich ein ergänzendes Auslegungsmittel iS des Art 32 WVK. Die Erläuterungen, auf die sich die Klägerin bezieht, sind mehrdeutig. Zunächst wird unter sinngemäßer Wiederholung der Ausschlussklausel klargestellt, dass das Recht zur Nachentrichtung nur besteht, “sofern für den genannten Personenkreis durch die Anwendung von § 17a FRG erstmals Beitragszeiten oder Beschäftigungszeiten nach dem FRG zu berücksichtigen sind” (BR-Drucks 316/95 S 14). Sodann wird daraus der Schluss gezogen: “Von der Nachentrichtung nach dem Zusatzabkommen sind damit solche Personen ausgeschlossen, denen Beitrags- oder Beschäftigungszeiten nach dem FRG auf Grund anderer Rechtsgrundlagen bereits verbindlich festgestellt worden sind.” Die Ausführungen lassen jedoch offen, ob das Nachentrichtungsrecht nur in diesem Fall ausgeschlossen ist. Wie bereits dargelegt, spricht der Wortlaut, verbunden mit der Entstehungsgeschichte und der Zielsetzung, für eine weiter gehende Auslegung der Ausschlussklausel. Die vorgenannte Erläuterung ist demnach nur als die Nennung eines Anwendungsfalles zu verstehen: Jedenfalls dann, wenn die Beitrags- oder Beschäftigungszeiten auf Grund anderer Rechtsgrundlagen bereits verbindlich festgestellt worden sind, besteht kein erneutes Nachentrichtungsrecht. Dies schließt es jedoch nicht aus, die Ausschlussklausel auch auf solche Personen anzuwenden, bei denen die Anerkennung von Fremdrentenzeiten bereits vor Inkrafttreten des § 17a FRG nach anderen Vorschriften möglich war, die also das Recht hatten, durch eine Nachentrichtung von Beiträgen monatliche Zahlungen aus den FRG-Beitragszeiten ins Ausland zu erhalten. Zu diesem Personenkreis gehörte auch der Ehemann der Klägerin.
4. Der Ehemann der Klägerin war als Verfolgter mit amerikanischer Staatsangehörigkeit, der sich gewöhnlich in den USA aufhielt, bereits nach Art 16 Abs 2 Buchst a DV/DASVA nach Maßgabe des § 10 WGSVG idF des § 19 des Achtzehnten Rentenanpassungsgesetzes vom 28. April 1975 (BGBl I 1018, 1778) berechtigt, in der Zeit vom 1. Dezember 1979 (Inkrafttreten der DV: BGBl II 1283) bis zum 1. Dezember 1980 (Art 16 Abs 2 Buchst b DV/DASVA) einen Antrag auf Nachentrichtung von Beiträgen zu stellen.
Nach § 10 WGSVG idF vom 28. April 1975 konnten Verfolgte des Nationalsozialismus, die nach § 9 zur Weiterversicherung berechtigt waren – also insbesondere rentenversicherungspflichtige Beschäftigte mit einer Versicherungszeit von mindestens 60 Kalendermonaten, deren Beschäftigung verfolgungsbedingt unterbrochen oder beendet wurde, für Zeiten vor Inkrafttreten des WGSVG (1. Februar 1971) und vor Vollendung des 65. Lebensjahres (beim Ehemann der Klägerin: 16. September 1978) bis zum 1. Januar 1933, längstens jedoch bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres (beim verstorbenen Ehemann der Klägerin: 16. September 1929) Beiträge nachentrichten, soweit diese Zeiten nicht bereits mit Beiträgen belegt oder als Ersatzzeiten anzurechnen waren. Zweck dieser Regelung war die Schließung verfolgungsbedingter Versicherungslücken und damit die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (vgl Peters in Kasseler Kommentar, § 209 SGB VI RdNr 23 f).
Für Verfolgte, die amerikanische Staatsangehörige waren und sich gewöhnlich in den USA aufhielten, eröffnete Art 16 DV/DASVA in Abs 2 Buchst a die Möglichkeit der Nachentrichtung nach Maßgabe des § 10 WGSVG. Der Antrag konnte nach Buchst b wirksam innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten (1. Dezember 1979, BGBl II 1283) gestellt werden. Nach Buchst c waren für die geforderte Versicherungszeit von 60 Kalendermonaten Versicherungszeiten nach den amerikanischen Rechtsvorschriften ebenso wie Versicherungszeiten nach den deutschen Rechtsvorschriften zu berücksichtigen.
Nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und damit bindenden Feststellungen des LSG war, wie bereits ausgeführt, der Ehemann Verfolgter iS des BEG. Die von ihm in der Zeit vom Januar 1936 bis Ende Juni 1941 ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung wurde verfolgungsbedingt 1941 bis 1944 unterbrochen. Er hätte demnach bereits in der Zeit vom 1. Dezember 1979 bis 1. Dezember 1980 jedenfalls für die Zeit vom 8. Mai 1945 bis 1. Februar 1971 die Nachentrichtung von Beiträgen beantragen können, sofern diese Zeiten nicht bereits als Ersatzzeiten für Verfolgte nach § 28 Abs 1 Nr 4 AVG idF des Art 2 § 2 Nr 1 Buchst a des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung der Vorschriften über die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung vom 22. Dezember 1970 (BGBl I 1846) anzurechnen waren. Da der verstorbene Ehemann von diesem Recht keinen Gebrauch gemacht hat, hat die Klägerin nunmehr auch kein Recht zur Nachentrichtung von Beiträgen und damit auch keinen Anspruch auf Zahlung der Witwenrente in die USA. Ob der verstorbene Ehemann der Klägerin in der Folgezeit noch weitere Nachentrichtungsrechte hatte (zB nach §§ 21, 22 WGSVG), kann offen bleiben.
Aus diesen Gründen ist die Revision der Klägerin gegen das Urteil des LSG Berlin vom 18. Februar 2002 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Fundstellen
NZS 2004, 319 |
SozR 4-6961, Nr. 8, Nr. 1 |
ZfSSV 2007 |