Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 19. Februar 1993 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Klägerin bezieht nach ihrem 1963 an Schädigungsfolgen verstorbenen kriegsbeschädigten Ehemann F. Witwenversorgung. Der Beklagte lehnte es ab, außer der ab 1963 gezahlten Grundrente und der später bewilligten Ausgleichsrente auch Schadensausgleich nach § 40a des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zu gewähren (Bescheid vom 7. September 1983). Daran hielt er auch nach Überprüfung dieses Bescheides fest. Das Einkommen der Klägerin liege über dem maßgeblichen Vergleichseinkommen. Dieses ergebe sich für den nach Schulausbildung, abgeschlossener Lehre und Erwerb des Elbschifferzeugnisses als selbständiger Binnenschiffer tätigen F. aus der Besoldungsgruppe A 9 des Bundesbesoldungsgesetzes. Das so bestimmte Vergleichseinkommen werde der wirtschaftlichen Bedeutung der von F. ausgeübten selbständigen Tätigkeit gerecht. Gemessen an seinem Gewinn aus Gewerbebetrieb sei F. beruflich nicht besonders erfolgreich gewesen (Bescheid vom 10. Januar 1989; Widerspruchsbescheid vom 22. August 1990). Klage und Berufung hatten keinen Erfolg (Urteile des Sozialgerichts ≪SG≫ Koblenz vom 9. Januar 1992 und des Landessozialgerichts ≪LSG≫ Rheinland-Pfalz vom 19. Februar 1993). Das LSG hat nach den Gewinn- und Verlustrechnungen der Jahre 1960, 1961 und 1962 für den Betrieb des F. einen durchschnittlichen monatlichen Gewinn von 957,58 DM festgestellt. Dieser Betrag bleibe hinter der nächsthöheren Besoldungsgruppe A 10 zurück, die wirtschaftliche Bedeutung der selbständigen Tätigkeit werde deshalb mit einem Vergleichseinkommen nach der Besoldungsgruppe A 9 ausreichend berücksichtigt.
Die Klägerin hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung des § 40a BVG sowie der §§ 5, 6 der Berufsschadensausgleichsverordnung (BSchAV). Die Gewinnermittlung sei fehlerhaft. Maßgeblich sei nach § 4 Abs 1 des Einkommenssteuergesetzes (EStG) der aus den Bilanzen des Unternehmens ersichtliche Vermögenszuwachs. Der so ermittelte Gewinn liege deutlich höher als die Vergütung nach Besoldungsgruppe A 9. Der wirtschaftlichen Bedeutung der von F. ausgeübten selbständigen Tätigkeit sei die Besoldungsgruppe A 11 angemessen.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Sozialgerichts Koblenz vom 9. Januar 1992 und des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 19. Februar 1993 sowie den Bescheid des Beklagten vom 10. Januar 1989 idF des Widerspruchsbescheides vom 22. August 1990 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, unter Zurücknahme des Bescheides vom 7. September 1993 Schadensausgleich gem § 40a BVG ab dem 1. April 1983 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das LSG hat zutreffend entschieden, daß die Klägerin keinen Anspruch auf Schadensausgleich nach § 40a BVG hat.
Das LSG hat den ursächlichen Zusammenhang zwischen der Schädigung des verstorbenen Ehemannes und der wirtschaftlichen Situation der Klägerin nicht gesondert geprüft, obwohl diese im allgemeinen entbehrliche Prüfung (vgl BMA, Rundschreiben vom 13. Juni 1972, BVBl 1972, 71 Nr 41) hier nahe gelegen hätte. Anders als bei abhängig Beschäftigten und bei Freiberuflern, deren Einkommen mit Eintritt der Schädigung wegfällt oder gemindert wird, besteht die Erwerbsgrundlage eines selbständigen Gewerbetreibenden in Gestalt des Gewerbebetriebes unabhängig von der Schädigung fort. Die wirtschaftliche Situation der Klägerin dürfte sich durch den schädigungsbedingten Tod ihres Ehemannes 1963 nicht entscheidend verschlechtert haben, weil anzunehmen ist, daß das Binnenschiffahrtsunternehmen auf sie übergegangen ist. Ob das der Fall gewesen ist, wie, wann und aus welchen Gründen die Einkommensverhältnisse der Klägerin sich verschlechtert haben und weshalb sie schließlich erst 1983, also aufgrund ihrer Einkommenssituation 20 Jahre nach dem Tod des Ehemannes Schadensausgleich beantragt hat, ergibt sich aus den Feststellungen des LSG im angegriffenen Urteil nicht. Einer Zurückverweisung der Sache bedarf es deswegen aber nicht, weil unabhängig vom etwa fehlenden Ursachenzusammenhang kein Anspruch auf Schadensausgleich besteht.
Das Bruttoeinkommen der Klägerin unterschreitet, anders als in § 40a Abs 1 Satz 1 BVG gefordert, nicht die Hälfte dessen, was ihr verstorbener Ehemann ohne die Schädigung ab 1. April 1983 an Einkommen erzielt hätte. Es kann dahingestellt bleiben, ob das LSG dieses Ergebnis zu Recht dadurch gewonnen hat, daß es dem derzeitigen Bruttoeinkommen der Klägerin als Vergleichseinkommen des F. ausgehend von dessen Schul- und Berufsausbildung die Vergütung eines Beamten nach der Besoldungsgruppe A 9 gegenüber gestellt hat. Fraglich ist, ob der wahrscheinlich ohne die Schädigung zurückgelegte Schul, Ausbildungs und Berufsweg nachzuzeichnen und nach diesem mutmaßlichen Berufserfolg unter Zuordnung zu einer Besoldungsgruppe des Beamtenrechts ein fiktives Vergleichseinkommen auch dann zu ermitteln ist, wenn – wie im vorliegenden Fall – die Schädigung auf Ausbildung, Berufswahl, selbständige berufliche Tätigkeit und das daraus erzielte Einkommen keinen Einfluß gehabt hat. In diesen Fällen könnte es geboten sein, das Vergleichseinkommen der Besoldungsgruppe zu entnehmen, die dem Einkommen entspricht, welches der Beschädigte vor seinem Tode tatsächlich zuletzt erzielt hat. Verführe man nicht so, würden über den Schadensausgleich auch schädigungsunabhängige Einkommensdifferenzen ausgeglichen. Der Senat brauchte diese Frage aber nicht zu entscheiden, weil F. sowohl fiktiv nach seiner Schul-und Berufsausbildung, als auch nach seinem tatsächlich zuletzt erzielten Einkommen nicht höher als nach Besoldungsgruppe A 9 einzustufen ist.
Zu Recht hat das LSG die wirtschaftliche Bedeutung der von F. ausgeübten selbständigen Tätigkeit mit dieser Einstufung als ausreichend berücksichtigt angesehen. Das Vergleichseinkommen wäre nur dann abweichend von der Regeleinstufung nach § 5 Abs 1 BSchAV höher als mit A 9 anzunehmen, wenn F. vor Eintritt der Schädigung oder vor Eintritt der Schädigungsfolgen beruflich besonders erfolgreich gewesen wäre. Eine derart herausgehobene wirtschaftliche Stellung hatte F. im Vergleich zu seinen bei gleicher Vorbildung nach A 9 eingestuften Berufskollegen nach dem in § 6 Abs 3 BSchAV beschriebenen Maßstab vor seinem Tod 1963 aber nicht erreicht.
Das fiktive Einkommen, welches ein Selbständiger ohne die Schädigung hätte erzielen können (Vergleichseinkommen) wird nach dem Endgrundgehalt einer Besoldungsgruppe des Bundesbesoldungsgesetzes festgelegt. Maßgebend bei dieser dem Beamtenrecht entsprechenden Einstufung sind die schulische und die berufliche Ausbildung des Beschädigten. Das Ergebnis der Einstufung wird nur in dem besonderen Fall korrigiert, daß der Beschädigte schon vor Eintritt der Schädigung oder vor Auswirkung ihrer Folgen tatsächlich einen Gewinn aus selbständiger Tätigkeit erzielt hat, der über den fiktiven Betrag der zugeordneten Besoldungsgruppe hinausgeht und mindestens die Endstufe der nächsthöheren Besoldungsgruppe erreicht (§ 6 Abs 3 Satz 2 BSchAV).
Das ist hier nicht der Fall. Die in Sonderfällen angemessene Besoldungsgruppe ist nach dem um 20 vH geminderten Gewinn aus Gewerbebetrieb oder selbständiger Tätigkeit zu ermitteln, der in den letzten drei Jahren vor Eintritt der Schädigung oder vor Auswirkung ihrer Folgen durchschnittlich erzielt worden ist. F. hat nach den Feststellungen des LSG während der drei Jahre vor seinem Tode einen durchschnittlichen monatlichen Gewinn von 957,58 DM erzielt und damit das Endgrundgehalt von 994,00 DM monatlich in der nächsthöheren Besoldungsgruppe A 10 nicht erreicht.
Ohne Erfolg rügt die Klägerin, das LSG habe den Gewinn aus Gewerbebetrieb nur mit dem in den Gewinn- und Verlustrechnungen der Jahre 1960, 1961 und 1962 ausgewiesenen Betrag und damit unzutreffend niedrig festgestellt. Nach § 4 Abs 1 EStG sei Gewinn der Zuwachs im Betriebsvermögen. Das Betriebsvermögen habe von 63.343,59 DM im Jahre 1960 über 79.921,76 DM im Jahr 1961 auf 116.956,30 DM am Ende des Jahres 1962 zugenommen. Aus diesem Zuwachs ergebe sich nach Abzug von 20 % ein durchschnittlicher Gewinn in Höhe des Endgrundgehalts der Besoldungsgruppe A 11. Die Klägerin übersieht, daß entscheidend für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs 1 EStG allein der Zuwachs beim Nettobetriebsvermögen (Kapital), unerheblich dagegen die von ihr genannte Bilanzsumme ist. Das Kapital ergibt sich als Saldo von Aktiva und Passiva. Im Betrieb des F. hat das Kapital nach den von der Klägerin vorgelegten Bilanzen von 41.098,31 DM Ende 1959 auf 43.098,31 DM am Ende des Jahres 1960 und dann im Jahre 1961 auf 44.281,49 DM sowie schließlich im Jahre 1962 auf 64.253,53 DM zugenommen. Dieser Gesamtdifferenz von 23.080,99 DM sind nach § 4 Abs 1 EStG Privatentnahmen von zusammen 22.450,29 DM hinzuzurechnen. Die danach sich ergebende Summe von 45.531,28 DM ist – ebenfalls nach § 4 Abs 1 EStG – um Kapitaleinlagen von 2.440,00 DM zu kürzen, so daß sich für den Zeitraum der Jahre 1960, 1961 und 1962 ein Gesamtgewinn von 43.091,28 DM ergibt. Dieser Betrag stimmt mit dem vom LSG aus den Gewinn-und Verlustrechnungen entnommenen Gewinn überein. Nach Abzug von 20 % (§ 6 Abs 3 Satz 3 BSchAV) ergibt sich – wie vom LSG errechnet – ein monatliches Durchschnittseinkommen von 957,58 DM. Die nächsthöhere Besoldungsgruppe A 10 (994,00 DM am 1. Juni 1960) wird danach nicht erreicht.
Ohne Erfolg bleibt auch der Hinweis der Klägerin auf § 6 Abs 3 Satz 4 BSchAV. Danach ist bei Ermittlung des Wertes der eigenen Arbeitsleistung eines Selbständigen zum Vergleich das Arbeitsentgelt heranzuziehen, das einem Arbeitnehmer in vergleichbarer Stellung zu zahlen gewesen wäre. Es mag sein, daß einem angestellten Geschäftsführer in einem Unternehmen der Binnenschiffahrt, das dem Betrieb des F. vergleichbar war, ein höheres Arbeitsentgelt als der von F. erwirtschaftete Gewinn gezahlt worden ist. Deshalb ist der tatsächlich von F. erzielte Gewinn für die Zwecke des § 6 Abs 3 BSchAV aber nicht – wie von der Klägerin gewünscht – zu erhöhen. Satz 4 dieser Vorschrift erläutert lediglich, wie aus einem tatsächlich erzielten Unternehmensgewinn der – niedrigere – Wert der eigenen Arbeitsleistung des Selbständigen, der Unternehmerlohn herauszurechnen ist. Die Vorschrift hebt – anders als von der Klägerin angenommen – tatsächlich erzielte nur schmale Unternehmensgewinne nicht auf das Niveau mindestens eines Geschäftsführergehalts in vergleichbaren Betrieben. Erreicht also – wie hier – schon der tatsächlich erzielte Unternehmensgewinn nicht das Vergleichseinkommen der nächsthöheren Besoldungsgruppe, so bedarf es keiner Verringerung des Unternehmensgewinns auf den Unternehmerlohn mehr, weil der wirtschaftlichen Bedeutung der selbständigen Tätigkeit durch Einstufung nach § 5 BSchAV offensichtlich selbst unter Berücksichtigung des vollen Unternehmensgewinns ausreichend Rechnung getragen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen