Beteiligte
Bau-Berufsgenossenschaft Rheinland und Westfalen |
Tenor
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 24. März 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Streitig ist die Höhe der Verletztenrente des im Jahre 1938 geborenen und am 29. Januar 1995 verstorbenen Versicherten (V.), welche die Kläger als dessen Rechtsnachfolger geltend machen; umstritten ist insbesondere, welcher Jahresarbeitsverdienst (JAV) der Berechnung dieser Leistung zugrunde zu legen ist.
V. arbeitete von 1957 bis 1959 und von 1961 bis 1976 als abhängig beschäftigter Isolierer; anschließend war er bis Mai 1992 als selbständiger Isolierer bei der Beklagten kraft Satzung mit der Mindestversicherungssumme gegen Unfall pflichtversichert. Nach den Ermittlungen des Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) der Beklagten war V. sowohl während seiner abhängigen Beschäftigung als auch während seiner selbständigen Tätigkeit bei den Isolierarbeiten der Einwirkung von Asbestfaserstaub ausgesetzt.
Wegen Beschwerden im linken Thoraxbereich war V. ab Mai 1991 wiederholt und ab 26. Mai 1992 durchgehend arbeitsunfähig krank. Nach dem erneuten Auftreten eines Rippenfellergusses links wurde bei ihm ein malignes Pleura-Mesotheliom diagnostiziert. Die Beklagte erkannte daraufhin durch Bescheid vom 14. Dezember 1993 eine Berufskrankheit (BK) nach Nr 4105 (durch Asbest verursachtes Mesotheliom des Rippenfells, des Bauchfells oder des Pericards) der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKVO) an; als Zeitpunkt des Leistungsfalls gelte der 26. Mai 1992. Sie gewährte V. vom 15. September 1993 an Verletztenvollrente nach einem JAV in Höhe der nach ihrer Satzung maßgeblichen Mindestversicherungssumme von 34.200,00 DM.
Widerspruch und Klage, mit denen V. bzw nach seinem Tode die Kläger sich gegen die Höhe des der Rentenberechnung zugrunde gelegten JAV aus der Zeit als Selbständiger wandten, weil V. bereits als unselbständig Beschäftigter aufgrund der BK erwerbsunfähig gewesen und daher der JAV aus dieser Beschäftigung maßgeblich sei, blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 8. September 1994; Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ Gelsenkirchen vom 24. August 1995).
Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat die Berufung der Kläger durch Urteil vom 24. März 1998 zurückgewiesen. Zwar sei nach § 571 Abs 1 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) als JAV grundsätzlich der Gesamtbetrag aller Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen im Jahr vor dem Versicherungsfall zugrunde zu legen. Für – kraft Satzung pflichtversicherte – Unternehmer bestimme sich der JAV jedoch nicht nach den tatsächlichen Einkünften; statt dessen gelte nach § 571 Abs 3 RVO die nach der Satzung der Beklagten bestimmte Mindestversicherungssumme. Ein Sachverhalt mit einer für den Versicherten günstigeren JAV-Berechnung durch Vorverlegung des Versicherungsfalles iS der §§ 551 Abs 3 oder 572 RVO liege nicht vor. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme bestünden keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, daß die medizinischen Voraussetzungen für den Eintritt des Versicherungsfalls der anerkannten BK Nr 4105 oder einer anderen asbestassoziierten BK vor dem Jahre 1991 erfüllt gewesen seien. Zwar habe die während der versicherten unselbständigen Tätigkeit stattgefundene Asbestexposition für die Entstehung des Mesothelioms grundsätzlich ausgereicht. Die Verursachung der Erkrankung des V. könne aber nicht auf den Zeitraum seiner unselbständigen Beschäftigung als Isolierer eingegrenzt werden. V. sei, wenngleich in geringerem Maße, auch in den Jahren seiner selbständigen Tätigkeit als Isolierer weiterhin deutlich asbestfeinstaubexponiert gewesen. Eine Differenzierung, welche Fasern letztlich die Entstehung des Mesothelioms verursacht hätten, sei auch unter Anwendung licht- bzw elektronenmikroskopischer Untersuchungsmethoden nicht möglich. Nach dem Ergebnis des von Dipl. Med. F. nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingeholten Gutachtens sei davon auszugehen, daß die Erkrankung durch ein nicht näher zu differenzierendes Zusammenwirken der Exposition aus Arbeitnehmer- und Unternehmertätigkeit verursacht worden sei.
Die Kläger könnten sich demgegenüber nicht mit Erfolg auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30. Juni 1993 - 2 RU 42/92 - (BSGE 73, 1 = SozR 3-2200 § 571 Nr 2) berufen, da – anders als im vorliegenden Fall – der klagende Unternehmer in der vom BSG entschiedenen Sache niemals als solcher versichert gewesen sei. Der Entschädigungsanspruch habe sich dort ausschließlich auf die Tätigkeit als abhängig Beschäftigter begründet. Hier habe jedoch wesentlich auch die kraft Satzung versicherte Unternehmertätigkeit des V. als Isolierer zur Entstehung des Mesothelioms und damit zum Eintritt des Versicherungsfalles beigetragen.
Mit ihrer – vom LSG zugelassenen – Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen und formellen Rechts. Nach der vom LSG zitierten Entscheidung des BSG vom 30. Juni 1993 (aaO) bestimmten sich die Entschädigungsansprüche nach dem JAV aus der Tätigkeit, durch welche die BK wesentlich verursacht worden sei. Wenn also die BK des V. wesentlich durch die bis 1976 verrichtete abhängige Tätigkeit verursacht worden sei, so müsse der Verdienst aus dieser Tätigkeit auch den maßgebenden JAV darstellen. Nach der genannten Rechtsprechung des BSG könnten Entschädigungsansprüche wegen einer BK, die wesentlich durch eine versicherungspflichtige Tätigkeit verursacht worden sei, nicht durch eine nachfolgende Versicherung als Unternehmer gemindert werden. Die Entscheidung des LSG stehe auch nicht mit der Rechtsprechung des BSG zu § 572 RVO in Einklang (Urteil vom 14. November 1996 - 2 RU 13/95 - = SozR 3-2200 § 572 Nr 2), wonach für die Berechnung des JAV auch dann der letzte Tag zugrunde zu legen sei, an dem der Versicherte Arbeiten verrichtet habe, die ihrer Art nach geeignet gewesen seien, die BK zu verursachen, wenn der Versicherte die abstrakt gefährdende Tätigkeit nicht im Zusammenhang mit der BK aufgegeben habe. Schließlich habe das LSG den Sachverhalt auch nicht hinreichend aufgeklärt, wenn es von einer überwiegenden Verursachung der Erkrankung durch die Unternehmertätigkeit ausgegangen sei. Die weitere Aufklärung hätte vielmehr eine Gleichwertigkeit beider Verursachungsanteile ergeben.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 24. März 1998 und des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 24. August 1995 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung ihres Bescheides vom 14. Dezember 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. September 1994 zu verurteilen, die Verletztenrente des Versicherten nach einem dynamisierten Jahresarbeitsverdienst von einem am 15. August 1976 eingetretenen Versicherungsfall zu berechnen,
hilfsweise,
- das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 24. März 1998 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil gemäß § 124 Abs 2 SGG einverstanden erklärt.
II
Die Revision der Kläger ist in dem Sinne begründet, daß das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen ist. Die dem V. bzw den Klägern als seinen Rechtsnachfolgern zustehende Verletztenrente ist entgegen der Ansicht des LSG nach dem JAV in den letzten zwölf Kalendermonaten vor dem Eintritt des Versicherungsfalls zu berechnen, falls dies für ihn günstiger ist als die Zugrundelegung der satzungsmäßigen Mindestversicherungssumme aus der Unternehmertätigkeit. Es fehlen tatsächliche Feststellungen, um abschließend entscheiden zu können, welcher JAV danach maßgeblich ist.
Der von den Klägern verfolgte Anspruch auf Verletztenrente richtet sich noch nach den bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Vorschriften der RVO, da der diesem Anspruch zugrundeliegende Versicherungsfall vor dem Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) am 1. Januar 1997 eingetreten ist (Art 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes ≪UVEG≫, § 212 SGB VII).
Berechnungsgrundlage für die den Klägern dem Grunde nach unstreitig zustehende Verletztenrente des V. ist – neben dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) – der JAV des Verletzten (§ 581 Abs 1 RVO). Als JAV gilt regelmäßig in erster Linie der Gesamtbetrag aller Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen des Versicherten in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat, in dem der Arbeitsunfall eingetreten ist (§ 571 Abs 1 Satz 1 RVO). Als Zeitpunkt des Arbeitsunfalls gilt der Beginn der Krankheit iS der Krankenversicherung, oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, der Beginn der MdE (§ 551 Abs 3 Satz 2 RVO). Ferner gilt bei BKen für die Berechnung des JAV, wenn es für den Berechtigten günstiger ist, als Zeitpunkt des Arbeitsunfalls der letzte Tag, an dem der Versicherte in einem Unternehmen Arbeiten verrichtet hat, die ihrer Art nach geeignet sind, die BK zu verursachen (§ 572 RVO). Demgegenüber gilt bei freiwillig (§ 545 RVO) oder kraft Satzung (§ 543 RVO) versicherten Unternehmern die zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles nach der Satzung des zuständigen Unfallversicherungsträgers maßgebliche Versicherungssumme (§ 571 Abs 3 RVO).
V. war als abhängig beschäftigter Isolierer bis 1976 gemäß § 539 Abs 1 Nr 1 RVO gegen Arbeitsunfall versichert. Dabei stand der Gesundheitsschädigung durch einen Unfall ua die Erkrankung an einer BK gleich (§ 551 Abs 1 RVO). Während seiner Tätigkeit als selbständiger Isolierer bis Mai 1992 war V. kraft Satzung der Beklagten gegen Arbeitsunfall und die Erkrankung an einer BK versichert (§ 543 Abs 1 RVO). In den durch Satzung geregelten Fällen tritt der Schutz ebenso ein, als wäre er durch Gesetz bestimmt. Er beginnt allein durch das im Gesetz (§§ 539 bis 542 RVO) umschriebene Tätigwerden des Unternehmers (BSGE 31, 47, 50 mwN = SozR Nr 1 zu § 543 RVO).
Welche dieser versicherten Tätigkeiten für die Berechnung des JAV maßgeblich ist, richtet sich nach der Rechtsprechung des Senats danach, ob die BK wesentlich durch die versicherungspflichtige Tätigkeit als Arbeitnehmer oder die – kraft Satzung pflichtversicherte – selbständige Tätigkeit verursacht worden ist (s Urteil vom 30. Juni 1993 - 2 RU 42/92 - = BSGE 73, 1, 2 ff, 4 = SozR 3-2200 § 571 Nr 2). Leistungsansprüche haben ihren maßgeblichen Entstehungsgrund in dem (uU schon viel früher bestandenen) Versicherungsverhältnis zwischen dem Versicherten und der Berufsgenossenschaft als Trägerin der Unfallversicherung, obwohl die Leistungsansprüche des Versicherten erst nach Eintritt des Versicherungsfalls unter den Voraussetzungen des Leistungsfalls (s hierzu BSG SozR 2200 § 551 Nr 35 mwN) entstehen. Dies gilt für Versicherungsverhältnisse kraft Gesetzes aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ebenso wie für eine Unternehmerversicherung kraft Satzung. In diesem Versicherungsverhältnis sind die Leistungsansprüche des Versicherten entsprechend den oben dargelegten Grundsätzen der gesetzlichen Unfallversicherung entweder kraft Gesetzes oder durch Satzungsbestimmungen bereits in wesentlichen Merkmalen fest umrissen. Dies gilt insbesondere auch für die Feststellung des JAV zur Berechnung der Verletztenrente. Diese Rechtsposition kann der Versicherte, der sich während des Versicherungsverhältnisses iS der haftungsbegründenden Kausalität durch schädigende Einwirkungen bei der versicherten Tätigkeit eine Krankheit zugezogen hat, nicht dadurch verlieren, daß das Versicherungsverhältnis endet, bevor – wie es bei einer BK vorkommen kann – auch der Leistungsfall eintritt.
Zwar betrifft die genannte Entscheidung des Senats einen zunächst abhängig Beschäftigten, der sich während dieser Tätigkeit eine BK zuzog und bei dem erst während einer sich anschließenden unversicherten Tätigkeit als Unternehmer der Leistungsfall eintrat. Nichts anderes muß dem Grunde nach aber auch dann gelten, wenn sich – wie hier – an die unselbständige versicherungspflichtige Tätigkeit eine kraft Satzung pflichtversicherte Unternehmertätigkeit anschließt. Nach dem in § 551 Abs 3 Satz 2 und § 572 RVO manifestierten Günstigkeitsprinzip (s hierzu ausführlich BSGE 73, 1, 3 f = SozR 3-2200 § 571 Nr 2) gibt es für BKen grundsätzlich nur fiktive Zeitpunkte für den Eintritt des schädigenden Ereignisses, die, je nachdem, ob sie der Berechnung des JAV oder der sonstigen Leistungen dienen, zugunsten des Erkrankten auch noch variieren (BSG SozR 2200 § 571 Nr 7). Nach Sinn und Zweck dieser gesetzlichen Regelungen im System der sozialen Sicherheit soll für den spät an einer BK Erkrankten der bestmögliche Risikoausgleich oder Schadensausgleich für die durch die BK bedingte Einkommenseinbuße erreicht werden (BSGE 73, 1, 4 = SozR 3 aaO).
Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG, die für das Revisionsgericht mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen bindend sind (§ 163 SGG), hat zwar die während der versicherten Tätigkeit des V. als Arbeitnehmer stattgefundene Asbestexposition für die Entstehung der BK grundsätzlich ausgereicht, war V. aber auch bei der selbständigen Isolierertätigkeit weiterhin deutlich asbeststaubexponiert tätig. Hieraus hat das LSG im Rahmen seiner Beweiswürdigung den Schluß gezogen, daß die Erkrankung durch ein nicht näher zu differenzierendes Zusammenwirken der Exposition aus Arbeitnehmer- und Unternehmertätigkeit verursacht worden ist. Daraus folgt, daß die BK nicht wesentlich allein durch eine der beiden Tätigkeiten, sondern durch beide wesentlich verursacht worden ist. Dies hat das LSG auch durch seine Feststellung, die Verursachung der Erkrankung könne nicht auf den Zeitraum der unselbständigen Tätigkeit eingegrenzt werden, zum Ausdruck gebracht. Die von den Klägern behauptete Feststellung des LSG, die Erkrankung sei überwiegend durch die Unternehmertätigkeit verursacht worden, findet sich hingegen in dem angefochtenen Urteil nicht, so daß die diesbezügliche Verfahrensrüge gegenstandslos ist.
Sind aber zwei unterschiedlich versicherte Tätigkeiten gleichermaßen wesentlich ursächlich für die Entstehung einer BK, so ist es nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht gerechtfertigt, für die JAV-Berechnung aus Kausalitätserwägungen auf eine dieser Tätigkeiten abzustellen. Dies wäre nur dann richtig, wenn eine der Tätigkeiten unversichert gewesen wäre. Vielmehr ist nach dem aufgezeigten Günstigkeitsprinzip auf den für den Versicherten günstigsten JAV abzustellen. Dieser ist festzustellen, indem beide Berechnungen, dh die Berechnung nach § 571 Abs 1 Satz 1 RVO und die Berechnung nach der satzungsmäßigen Mindestversicherungssumme nebeneinander durchgeführt und die Ergebnisse der Berechnungen miteinander verglichen werden. Das gemäß § 571 Abs 1 Satz 1 und § 551 Abs 3 Satz 2 RVO zu berücksichtigende Arbeitseinkommen ergibt sich aus § 15 Satz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) in der bis zum 31. Dezember 1994 geltenden Fassung, die hier Anwendung findet. Das Arbeitseinkommen ist entgegen der Ansicht der Revision im Falle des § 571 Abs 1 Satz 1 iVm § 551 Abs 3 Satz 2 RVO nicht aus den zwölf Monaten vor Aufgabe der unselbständigen Tätigkeit zu berechnen. Denn der Versicherungsfall liegt nach den Feststellungen des LSG in jedem Fall im Zeitraum der Unternehmertätigkeit, so daß sich die Höhe des JAV allein nach dem aktuellen Arbeitseinkommen aus dieser Tätigkeit bemißt (vgl auch Zöllner, Internationale Revue für soziale Sicherheit, 1970, 241 ff, 250). Nach der klaren gesetzlichen Regelung des § 551 Abs 3 Satz 2 RVO (Günstigkeitsprinzip), wäre hier lediglich eine Vorverlegung wegen eines früheren Beginns der MdE denkbar. Die Anwendung des § 572 RVO scheidet aus, weil V. zur Zeit der Beendigung des versicherten Beschäftigungsverhältnisses als Arbeitnehmer die gefährdenden Arbeiten nicht aufgegeben hat, sondern sie als Unternehmer fortgesetzt hat (vgl Urteil des Senats vom 14. November 1996 - 2 RU 13/95 - = SozR 3-2200 § 572 Nr 2).
Feststellungen des LSG, auf welchen Betrag sich der JAV des V. in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist, belief und ob dieser JAV günstiger für die Rentenberechnung ist als die satzungsmäßige Mindestversicherungssumme, fehlen. Der Senat kann diese tatsächlichen Feststellungen nicht selbst treffen (§ 163 SGG). Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG), damit die noch erforderlichen Ermittlungen angestellt werden können. Für die Bestimmung des berücksichtigungsfähigen Einkommenszeitraums wird das LSG ebenfalls noch den tatsächlichen Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles zu klären haben. Zwar hat die Beklagte diesen auf den 26. Mai 1992 als Zeitpunkt der Aufgabe der schädigenden Tätigkeit festgelegt. Nach den auf das Sachverständigengutachten von Dipl. Med. F. gestützten Feststellungen des LSG könnte dieser aber auch schon ein Jahr früher eingetreten sein. Dafür sprächen iS des § 551 Abs 3 Satz 2 Alt 1 RVO uU auch die ab Mai 1991 wiederholt aufgetretenen Erkrankungszeiten. Das LSG hat hierzu – von seinem Standpunkt aus zu Recht – keine Feststellungen getroffen. Diese sind nunmehr ebenfalls nachzuholen.
Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Fundstellen
NZA 2000, 312 |
NZS 2000, 150 |