Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsunfall bei Teilnahme am Richtfest. Unterbrechung der betrieblichen Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Wird der Versicherte im Personenkraftwagen seines Vorgesetzten (hier Mitgesellschafter und Geschäftsführer des Beschäftigungsunternehmens) zum Ort des Richtfestes bzw des sich anschließenden geselligen Beisammenseins gefahren, so steht er grundsätzlich auch bei der Rückfahrt unter Unfallversicherungsschutz, wenn es ihm nicht zuzumuten ist, das entsprechende Angebot seines Vorgesetzten abzulehnen. Dies gilt auch dann, wenn ein im Anschluß an ein Richtfest stattfindendes - fortgesetztes - geselliges Beisammensein von Bauunternehmer und Bauarbeitern grundsätzlich nicht mehr unter Unfallversicherungsschutz steht.
2. Zur Frage der selbstgeschaffenen Gefahr bei der Mitfahrt in einem Fahrzeug eines alkoholbedingt fahruntüchtigen Kraftfahrers.
Leitsatz (redaktionell)
1. Die an einem Richtfest teilnehmenden Bauarbeiter sind während des Richtfestes sowie während der Hin- und Rückfahrt zu der Veranstaltung unfallversichert.
2. Die den endgültigen Verlust des Unfallversicherungsschutzes bewirkende Lösung des Zusammenhangs mit der versicherten Tätigkeit ist nach den gesamten Umständen, die die private Verrichtung nach Art und Dauer im Einzelfall kennzeichnen, zu beurteilen; eine etwa vier Stunden dauernde Unterbrechung der betrieblichen Tätigkeit ist für den Unfallversicherungsschutz unschädlich, wenn der anschließende Heimweg in einem rechtlich wesentlichen ursächlichen Zusammenhang mit dem Unternehmen steht.
Normenkette
RVO § 548 Abs. 1 Fassung: 1963-04-30, § 550 S. 1 Fassung: 1963-04-30
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 21. Juni 1974 aufgehoben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 25. Januar 1972 zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger am Sonntag dem 21. September 1969, um 0.10 Uhr, einen versicherten Arbeitsunfall erlitten hat.
Der Kläger war als Zimmermann 1969 bei der Firma Holzbau W GmbH in L beschäftigt. Mitgesellschafter und Geschäftsführer dieses Unternehmens war der Zeuge Z, weiterer Gesellschafter Hermann W. Die Firma W war mit der Aufbringung des Dachgebälks und der Dacheindeckung auf der neuen Werkshalle der Firma K GmbH in H (Saar), beauftragt worden. Der Kläger hatte hierbei mitgearbeitet. Die Arbeiten waren von Anfang Juli bis zum 20. September 1969 ausgeführt worden. Der Kläger hatte in dieser Zeit in der Regel während der Woche in dem Gasthaus S in N übernachtet. Etwa 2 Tage vor Abschluß der Arbeiten war er von der Baustelle abgezogen und anderweitig beschäftigt worden.
Der Zeuge K - Gesellschafter der Firma K GmbH - hatte die bei dem Neubau der Halle beschäftigten Arbeitskräfte zum Richtfest am Sonnabend, dem 20. September 1969, eingeladen.
Am Tage des Richtfestes fuhr der Kläger zusammen mit anderen Betriebsangehörigen von seinem (etwa 60 km entfernten) Wohnort L mit dem von dem Zeugen Z gelenkten Pkw nach H, wo das Richtfest am frühen Nachmittag in der neu errichteten Werkshalle stattfand. Teilnehmer waren etwa 30 Personen, nämlich u.a. der Zeuge K als Bauherr mit seiner Ehefrau, weitere Angehörige der Firma K, die die Maurerarbeiten ausgeführt hatten, die Gesellschafter Z und W sowie die Angehörigen der Firma Holzbau W GmbH, die auf dem Bau gearbeitet hatten.
Bei Einbruch der Dämmerung begaben sich die Teilnehmer - mit Ausnahme eines Teiles der Arbeiter der Firma K - in das Gasthaus des Zeugen S in N und feierten dort weiter. Der Zeuge K und seine Ehefrau entfernten sich etwa um 20.00 Uhr. Etwa um 23.15 Uhr fuhr der Gesellschafter W mit 3 in L, einem Nachbarort von L, wohnenden Betriebsangehörigen in einem VW-Bus nach Hause. Gegen Mitternacht verließ der Kläger N in dem von Z gesteuerten Pkw. Er saß auf dem Beifahrersitz. Am 21. September 1969 um 0.10 Uhr, stieß der Pkw in St. Wendel auf eine ordnungsgemäß beleuchtete Baustellenabsperrung, wobei der Kläger schwer verletzt wurde. Eine dem Zeugen Z entnommene Blutprobe ergab orientierend errechnet eine Blutalkoholkonzentration zur Unfallzeit von 1,9 0 / 00 . Dem Kläger wurde keine Blutprobe entnommen.
Die Beklagte lehnte die Entschädigung der Unfallfolgen des Klägers ab (Bescheid vom 27. Juli 1970). Das Richtfest sei gegen 18.00 Uhr offiziell beendet gewesen. Von diesem Zeitpunkt an habe der Kläger nicht mehr unter Unfallschutz gestanden. Bei der unfallbringenden Fahrt habe es sich daher nicht mehr um die Heimfahrt von einem unter Versicherungsschutz stehenden Besuch eines Richtfestes gehandelt. Das Sozialgericht hat die Beklagte verurteilt, den Unfall des Klägers vom 21. September 1969 als Arbeitsunfall anzuerkennen und die entsprechenden Leistungen zu gewähren (Urteil vom 25. Januar 1972). Es hat die Fahrt von N nach L als Rückfahrt von einem Richtfest bzw. einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung angesehen. Das Landessozialgericht (LSG) hat das Urteil des Sozialgerichts (SG) aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 27. Juli 1970 abgewiesen. Es hat die Teilnahme an einem Richtfest, bei dem der Alkoholgenuß im Vordergrund stehe, als eine private, nichtversicherte Tätigkeit angesehen und den Entschädigungsanspruch des Klägers auch für den Fall verneint, daß es sich im Anschluß an das Richtfest um eine versicherte betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung der Firma Holzbau W GmbH gehandelt haben sollte, weil der Kläger einer selbstgeschaffenen Gefahr erlegen sei. Es hätte ihm nicht verborgen bleiben können, daß zumindest erhebliche Zweifel an der Fahrtüchtigkeit des Zeugen Z begründet gewesen seien. Bei einer Blutalkoholkonzentration (BAK) Z von 1,9 0 / 00 habe der Kläger erkannt oder hätte doch erkennen müssen, daß dieser fahruntüchtig gewesen sei. Als Mitfahrer sei er versicherungsrechtlich nicht anders zu behandeln als der Kraftfahrer selbst. Die Baustelle habe mitten in der Stadt St. W gelegen, wo nüchterne Kraftfahrer besondere Aufmerksamkeit walten ließen und sei vorschriftsmäßig beleuchtet gewesen. Es beständen daher keine vernünftigen Zweifel daran, daß ein nicht unter Alkoholeinfluß stehender Kraftfahrer bei gleicher Sachlage wahrscheinlich nicht verunglückt wäre. Der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung sei daher verlorengegangen, weil die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit die rechtlich allein wesentliche Ursache des Unfalles gewesen sei. Gleichgültig sei, ob der Kläger selbst gar nicht oder nur gering alkoholisch beeinflußt gewesen sei oder in gleichhohem Maße wie Z. Im ersteren Falle trage er die Verantwortung dafür, daß er wider besseres Wissen oder fahrlässig die Heimfahrt mit dem fahruntüchtigen Z angetreten habe. Im letzteren Falle gelte im Ergebnis nichts anderes, weil derjenige, der in der Absicht, dem Alkohol über mehrere Stunden und in erheblichem Maße zuzusprechen, an einer Feier teilnehme, oder es doch bewußt darauf ankommen lasse, daß er erhebliche Mengen Alkohol konsumieren werde, vorher Vorsorge treffen müsse, daß ihm aus dem erhöhten Alkoholgenuß keine Gefahr erwachse. Er hätte im Gasthaus übernachten oder den VW-Bus, die Bundesbahn oder ein anderes Verkehrsmittel benutzen müssen.
Mit seiner von dem LSG zugelassenen Revision trägt der Kläger u.a. vor, nach der Rechtsprechung des Reichsversicherungsamts (RVA) und des Bundessozialgerichts (BSG) unterlägen die Teilnehmer an einem Richtfest dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Die von dem LSG hiergegen vorgebrachten Bedenken träfen nicht zu. Es könne nämlich nicht grundsätzlich davon ausgegangen werden, daß die Teilnehmer an Richtfesten, die allgemein üblich seien und zu denen der Beschäftigte als Firmenangehöriger eingeladen sei, stets übermäßig Alkohol zu sich nähmen und damit eine besondere Gefahr, vor allem auch während des Heimweges, mit Kraftfahrzeugen hervorriefen. Es müsse davon ausgegangen werden, daß der Kläger sowohl während des eigentlichen Richtfestes als auch während des anschließenden Beisammenseins in der Gaststätte S unter Unfallversicherungsschutz gestanden habe, so daß auch die Rückfahrt versichert gewesen sei, zumal der Kläger sowohl den Hinweg als auch die Heimfahrt mit einem Firmenfahrzeug, also einem "Arbeitsgerät" zurückgelegt bzw. angetreten habe. Das LSG, das hierauf nicht eingegangen sei, habe dem Kläger den Versicherungsschutz auch nicht aus dem Gesichtspunkt der selbstgeschaffenen Gefahr heraus versagen dürfen. Zumindest werde seine Entscheidung durch den festgestellten Sachverhalt nicht getragen. Es fehle jeder Anhalt dafür, daß der Kläger seinen Vorgesetzten, den Zeugen Z, während des ganzen Tages und Abends beobachtet und entsprechende Erkenntnisse gesammelt habe. Nur hierauf könne es ankommen, nicht aber darauf, ob er solche Erkenntnisse hätte sammeln können. Mit der bloßen Feststellung, der Personenkreis sei für den Kläger überschaubar gewesen, könne die weitere Schlußfolgerung, er sei deshalb schuldhaft einer selbstgeschaffenen Gefahr erlegen, nicht begründet werden. Insoweit sei der Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt. Im übrigen sei die letzte Zugverbindung ab N um 22.01 Uhr gegeben gewesen.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des LSG für das Saarland vom 21. Juni 1974 die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Selbst wenn der Kläger während des Richtfestes unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden hätte und die Heimfahrt nicht aus dem Gesichtspunkt der selbstgeschaffenen Gefahr unversichert gewesen wäre, so wäre der Entschädigungsanspruch des Klägers schon deswegen zu verneinen, weil er nach Abschluß des Richtfestes an einer rein privaten Veranstaltung teilgenommen habe. Das weitere Zusammensein der Angehörigen der Firma Holzbau W GmbH sei zwar aus dem vorangegangenen Richtfest hervorgegangen, sei aber keine Betriebsgemeinschaftsveranstaltung gewesen, sondern eine Nachfeier zum Richtfest, die als solche nicht mehr zu diesem gehört habe. Zu der erfolgten Beiladung habe keine begründete Veranlassung bestanden.
Die Beigeladene ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.
Alle Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die durch Zulassung statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte sowie begründete und daher zulässige Revision des Klägers ist auch in der Sache begründet.
Der Kläger hatte zunächst gerügt, der 4. Senat des LSG für das Saarland sei bei seiner Entscheidung vom 21. Juni 1974 falsch besetzt gewesen. Nachdem sich jedoch ergeben hatte, daß die Besetzung dem Geschäftsverteilungsplan des Jahres 1974 entsprach, hat er diese Rüge fallen lassen. - Es ist nicht erkennbar, inwiefern die Beiladung des Kraftfahrzeug-Hauptpflichtversicherers, der S Versicherungs AG, rechtlich geboten gewesen sein sollte; er hat demgemäß auch weder in den Tatsacheninstanzen (vgl. die Urteile des SG und des LSG) noch im Revisionsverfahren Sachanträge gestellt, was bei der Kostenentscheidung zu berücksichtigen war.
Das LSG hat zu Unrecht Entschädigungsansprüche des Klägers wegen der Folgen des Unfalles vom 21. September 1969 verneint, so daß sich die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts als unbegründet erwies. Entgegen der Rechtsauffassung des LSG stand der Kläger unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 550 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) in der hier anzuwendenden Fassung des Unfallversicherungsneuregelungsgesetzes (UVNG) vom 30.April 1963 (BGBl I, 241) - a.F. -.
Unstreitig hatte der Kläger seit dem frühen Nachmittag des 20. September 1969 an dem von dem Bauherrn, der Firma K GmbH bzw. dessen Gesellschafter dem Zeugen K, ausgerichteten Richtfest der Werkshalle in H teilgenommen. Im Anschluß an die Rechtsprechung des 2. Senats des BSG (zuletzt in BSG 21, 226 ff) vertritt auch der erkennende Senat die Auffassung, daß die an einem Richtfest teilnehmenden Bauarbeiter während des Richtfestes und daher auch während der Hin- und Rückfahrt unfallversichert sind. Die von dem LSG gegen die genannte Rechtsprechung eingehend dargelegten Bedenken vermögen nicht zu überzeugen. Es mag zunächst zwar zutreffen, daß der Bauherr in der Regel kein besonderes Interesse an der Verbundenheit der Belegschaft und deren Kameradschaftsgeist hat, weil die Bauarbeiten im wesentlichen beendet sind. Das hindert aber nicht, Grundsätze, die zum Unfallversicherungsschutz bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen entwickelt worden sind, wenigstens im Ausgangspunkt, auch auf Richtfeste anzuwenden, deren Kosten in aller Regel vom Bauherrn und allenfalls in denkbaren Ausnahmefällen vom Bauunternehmer getragen werden. Im übrigen hat der 2. Senat des BSG (aaO S. 228) die Eigenart eines Richtfestes zutreffend dahin charakterisiert, es stelle symbolisch eine einen betrieblichen Arbeitsvorgang unmittelbar abschließende Veranstaltung dar, was ebenfalls ein geeigneter Grund sei, den an dem Fest teilnehmenden Bauarbeitern und Zimmerleuten, die den Bau erstellt haben, grundsätzlich den Unfallversicherungsschutz zukommen zu lassen. Der von alters her im Baugewerbe übliche Brauch des Richtfestes ist so eng mit der eigentlichen betrieblichen Tätigkeit verbunden und praktisch nicht abdingbar, daß es natürlicher Betrachtungsweise widersprechen würde, einen inneren Zusammenhang mit der betrieblichen Beschäftigung zu verneinen und das Richtfest als rein eigenwirtschaftliche Tätigkeit zu kennzeichnen. Dem 2. Senat des BSG (aaO) ist auch darin zuzustimmen, daß es allgemeiner Lebensanschauung widersprechen würde, den Unfallversicherungsschutz nur auf die Teilnahme an der eigentlichen Richtfeier zu beschränken und nicht auch auf den anschließenden "Richtschmaus" und den Heimweg vom Fest auszudehnen. Wenn das LSG demgegenüber einwendet, auf Richtfesten werde erfahrungsgemäß übermäßig Alkohol genossen, woraus sich eine erhebliche Gefährdung auch Dritter, insbesondere während der Heimfahrt mit Kraftfahrzeugen ergebe, so daß bei verantwortlicher Interessenabwägung ein Unfallversicherungsschutz für Teilnehmer an Richtfesten nicht gerechtfertigt sei, so erscheint eine solche Verallgemeinerung nicht gerechtfertigt. Es kann nämlich nicht grundsätzlich davon ausgegangen werden, daß alle Teilnehmer an Richtfesten vernunftswidrig in solchem Maße Alkohol zu sich nehmen, daß dadurch eine nicht zu rechtfertigende Gefährdung ihrer eigenen Person und auch Dritter eintritt, die dem Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung entgegenstehen würde. Nur im Einzelfall kann der Unfallversicherungsschutz etwa aus dem Gesichtspunkt der selbstgeschaffenen Gefahr oder bei alkoholbedingt fahruntüchtigen Kraftfahrern nach den hierzu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ausgeschlossen werden, jedoch nicht allgemein für bestimmte umfassende Sachverhalte, von denen eine Vielzahl von Betroffenen erfaßt werden, ohne daß zu prüfen wäre, ob entgegenstehende Gesichtspunkte auf den Einzelnen zutreffen oder nicht.
Mit dem Ende des Richtfestes entfiel jedoch der Unfallversicherungsschutz für den Kläger. Ob das bereits bei Eintritt der Dämmerung der Fall war, als die Teilnehmer die Werkshalle verließen und sich zusammen mit dem Zeugen K und dessen Ehefrau in die Gastwirtschaft des Zeugen S begaben, um dort weiter zu feiern, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls war das Richtfest beendet, als sich K etwa um 20.00 Uhr entfernte und die Angehörigen der Firma Holzbau W GmbH unter sich blieben. Zwar entwickelte sich dies Zusammensein zwangslos aus dem voraufgegangenen Richtfest, bekam aber jetzt, nachdem der Bauherr nicht mehr anwesend war und auch keine Kosten für die anschließend noch genossenen Getränke und Speisen mehr trug, einen anderen Charakter. Der zeitliche Abstand von der eigentlichen Richtfeier sowie die Abwesenheit des Bauherrn und schließlich die Tatsache, daß die weiteren Kosten nicht mehr zu dessen Lasten gingen, stehen der Qualifizierung dieses Zusammenseins als fortgesetztes "Richtfest" entgegen. Aus dem zeitlichen Anschluß an das Richtfest und der Tatsache, daß ein wesentlicher Ortswechsel nicht stattgefunden hatte, ergibt sich zwar ein gewisser äußerer Zusammenhang, ein innerer Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit des "Richtfestes" bestand jedoch nicht mehr.
Es handelt sich auch nicht um eine sogenannte betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung der Firma Holzbau W GmbH. Eine Festlichkeit steht dann unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn sie der Betrieb veranstaltet, d.h. sie wenigstens von der Autorität des Unternehmers oder seines Stellvertreters getragen wird (vgl. RVA in EuM Bd. 41, 469, 470; BSG 1, 179, 181, 182; 17, 280, 281; SozR Nr. 66 zu § 542 RVO a.F.; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Stand Februar 1975 II S. 482 o I mit weiteren Hinweisen). Es reicht nicht aus, daß das Zusammensein von Betriebsangehörigen auch der Förderung oder Aufrechterhaltung einer gedeihlichen betrieblichen Zusammenarbeit dient. Zur Herstellung des inneren Zusammenhanges mit der betrieblichen Tätigkeit ist es vielmehr notwendig, daß die Veranstaltung von der Betriebsleitung als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung getragen, gebilligt oder gefördert wird (BSG 1, 179, 183; 7, 252). Ebenso wie es nicht erforderlich ist, daß der Unternehmer, sein Vertreter oder ein Beauftragter in jedem Fall an der Festlichkeit selbst teilnimmt, reicht seine bloße Anwesenheit nicht aus, um einem Zusammensein von Betriebsangehörigen den Charakter einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung zu geben (vgl. u.a. das Urteil des erkennenden Senats vom 14. November 1974 - 8 RU 248/73 - unveröffentlicht). Entscheidend ist vielmehr, ob eine Veranstaltung als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung vom Unternehmer gewollt ist, d.h. als solche von ihm getragen oder wenigstens gebilligt ist. Dazu gehört ein gewisses Maß an Planung und Organisation, sei es durch den Unternehmer selbst oder Dritte in seinem Auftrag oder mit seiner Billigung, wobei vorwiegend betriebliche Interessen maßgebend sein müssen. Ein mehr oder weniger zufälliges oder auch aus bestimmtem Anlaß zustande gekommenes Zusammensein von Angehörigen eines Betriebes auch in Anwesenheit des Unternehmers ist daher noch keine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung, im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung.
Die auf dem Bau in Hofeld-Mauschbach beschäftigt gewesenen Angehörigen der Firma W Holzbau GmbH blieben mit den beiden Gesellschaftern W und Z im Anschluß an das Richtfest noch etwa 3 1/4 bis 4 Stunden zusammen, wobei der Zeuge Z einen erheblichen Teil der Rechnungen bezahlt hat (Urteil des LSG S. 13). Hierbei standen nichtbetriebliche Interessen ebenso im Vordergrund wie bei Angehörigen eines Betriebes, die gemeinsam außerhalb der Arbeits- oder Dienstzeit einem Hobby nachgehen oder auch nur gesellig zusammenkommen. Selbst wenn der Unternehmer oder ein "Vorgesetzter" an einer solchen Veranstaltung teilnimmt, ist er unfallversicherungsrechtlich ebenso Privatperson wie die übrigen Anwesenden.
Als der Kläger gegen 24.00 Uhr im PKw des Zeugen Z die Heimfahrt antrat, war die versicherte Tätigkeit, nämlich das Richtfest, seit wenigstens etwa 4 Stunden beendet. Eine derart lange Zeitspanne hat in der Regel eine endgültige Lösung von der betrieblichen Tätigkeit zur Folge, es sei denn, daß der Heimweg in einem rechtlich wesentlichen ursächlichen Zusammenhang mit dem Unternehmen steht, weil er derart eng mit der versicherten Tätigkeit verknüpft ist, daß andere mit dieser Tätigkeit nicht zusammenhängende Ursachen für die Zurücklegung des Weges dem gegenüber unberücksichtigt bleiben können (BSG 1, 171, 172; 8, 53, 55; SozR Nrn. 26 und 40 zu § 543 RVO a.F.; Urteil des erkennenden Senats vom 19. Dezember 1974 - 8 RU 102/74 -). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nach Auffassung des erkennenden Senats erfüllt. Hierbei ist der gesamte Geschehensablauf seit dem Vormittag des 20. September 1969 zu berücksichtigen. Der Kläger war mit dem Zeugen Z, dem Mitgesellschafter und Geschäftsführer seines Beschäftigungsunternehmens, in dessen Pkw von dem gemeinsamen etwa 60 km entfernten Wohnort L nach H gefahren, um dort an dem alsbald beginnenden Richtfest teilzunehmen. Es kann dahingestellt bleiben, ob von vornherein beabsichtigt oder vereinbart war, daß Z und auch der Mitgesellschafter W dieselben Betriebsangehörigen, die sie am Vormittag mitgenommen hatten, auch abends wieder zu ihren Wohnorten zurückbringen sollten. Jedenfalls ergibt sich aus den gesamten Umständen, daß wenigstens im Laufe des Tages die Betroffenen in diesem Sinne übereingekommen sind, zumal es bei einer so großen Entfernung das Nächstliegende war, daß der Rückweg in gleicher, nämlich der schnellsten und bequemsten Weise erfolgen sollte wie der Hinweg. Daraus ergibt sich allerdings nicht ohne weiteres, daß die Heimfahrt ebenso wie die Hinfahrt unfallversichert war, jedoch kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß der Zeuge Z als Arbeitgeber des Klägers und als Geschäftsführer ein betriebliches Direktionsrecht hatte. Selbstverständlich erstreckten sich seine daraus folgenden Befugnisse nicht zwingend auf die Teilnahme des Klägers und der übrigen Belegschaft an dem Richtfest oder auf die Art und Weise der Hin- und Rückfahrt. Jedoch kann bei natürlicher Betrachtungsweise das betriebliche Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Zeugen Z nicht außer acht gelassen werden. Obwohl Z sicherlich nicht anordnen konnte, der Kläger habe die Rückfahrt mit seinem, Z, Pkw zurückzulegen und der Kläger, wie er selbst vortragen läßt, die Möglichkeit hatte, um 22.01 Uhr mit dem letzten Zug nach Hause zu fahren oder sich, wie das LSG meint, eines anderen Verkehrsmittels hätte bedienen können und schließlich auch in Namborn hätte übernachten können, kann es ihm nicht zum Nachteil gereichen, daß er das Angebot seines Vorgesetzten Z, ihn wieder nach Hause zu fahren, nicht abgelehnt hat. Ohne einen triftigen - in seiner Person liegenden - Grund, wofür hier kein Anhalt gegeben ist, hätte eine solche Ablehnung den Eindruck des Mißtrauens, einer Abneigung, der Gleichgültigkeit oder gar des Vorwurfs gegenüber dem "Vorgesetzten", der sich zu seinen Untergebenen kameradschaftlich und "spendabel" verhalten hatte, hervorrufen oder den einer mangelnden Verbundenheit mit dem Betrieb erwecken können. Daraus hätte sich zwar - objektiv gesehen - keine unmittelbare Handhabe für dem Kläger nachteilige Maßnahmen seitens der Betriebsleitung, etwa einer Kündigung oder Benachteiligung bei der betrieblichen Tätigkeit, herleiten lassen. Der Kläger hätte aber doch damit rechnen können, daß er im Betrieb und vor allem bei dem Zeugen Z einen nachteiligen Eindruck hinterlassen haben würde, was seinem Beschäftigungsverhältnis insgesamt hätte abträglich sein können. Unter diesen Umständen war ihm nicht zuzumuten, die Rückfahrt mit dem Pkw seines Vorgesetzten, der ihn an den Ort des Richtfestes verbracht hatte, abzulehnen. Dies um so weniger, als sich bei Schluß des Zusammenseins der Betriebsangehörigen auch keine andere naheliegende Beförderungsmöglichkeit zu seinem Wohnort anbot. Damit stand jedenfalls die Heimfahrt mit dem Pkw des Vorgesetzten - ebenso wie die Hinfahrt - in einem wesentlichen inneren Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit, was zur Folge hat, daß diese grundsätzlich unfallversichert war.
Der Unfallversicherungsschutz des Klägers während der Heimfahrt aus § 550 Satz 1 RVO aF ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil er einer selbstgeschaffenen erhöhten Gefahr erlegen ist. Der 2. Senat des BSG hat in einem sehr ähnlich gelagerten Fall (BSG 14, 64 ff) im Anschluß an die neuere Rechtsprechung zum Verlust des Unfallversicherungsschutzes bei alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit im Gegensatz zu der Rechtsauffassung des LSG ausgeführt, Einwirkungen auf den Geschehensablauf durch das Fehlverhalten des alkoholbedingt fahruntüchtigen Kraftfahrers seien nicht ohne weiteres geeignet, die gleichen versicherungsrechtlichen Folgen auch für den Mitfahrer auszulösen. In dem dort entschiedenen Fall hatte der Mitfahrer erkannt, der Fahrer sei schwer angetrunken (BAK 2,95 0 / 00 ) und war - selbst nicht erheblich angetrunken - aus freien Stücken mitgefahren. Der 2. Senat hätte einen Ausschluß des Versicherungsschutzes aus dem Gesichtspunkt der selbstgeschaffenen Gefahrenerhöhung nur angenommen, wenn der Entschluß zum Weiter- (Mit-) fahren ein völlig unvernünftiges mit dem Zweck einer Betriebsfahrt nicht zu vereinbarendes Verhalten des Mitfahrers hätte erkennen lassen. Dies wäre anzunehmen gewesen, falls der Mitfahrer trotz seiner Kenntnis, daß der Fahrer nicht bloß stark angetrunken und damit fahruntüchtig sondern durch Volltrunkenheit zu keinerlei zweckgerichteter Tätigkeit mehr fähig ist, sich doch zu ihm in den Wagen setzen und schon alsbald nach dem Start - wie in solchen Fällen mit Sicherheit zu erwarten - verunglücken würde (aaO S. 67). Der erkennende Senat sieht keinen Anlaß, von dieser Rechtsauffassung abzuweichen, denn auch ein selbstgeschaffener erhöhter Gefahrenbereich schließt den Versicherungsschutz nicht aus, wenn er der versicherten Tätigkeit wesentlich zuzurechnen ist, also zu ihr in einem ursächlichen Zusammenhang im Sinne der Unfallversicherung steht (BSG 6, 164, 169).
Selbst wenn der Kläger daher erkannt hätte, daß Z alkoholbedingt absolut fahruntüchtig war, wäre der innere Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit (siehe oben) dadurch noch nicht gelöst worden, denn Z war trotz seiner BAK von ca. 1,9 0 / 00 noch in der Lage, sein Kraftfahrzeug zu lenken, und es mußte nicht zwangsläufig auch ohne jeden weiteren Grund wie bei einem Vollrausch schon nach kürzester Fahrstrecke zu einem Unfall kommen. Wie in dem von dem 2. Senat in Band 14 aaO entschiedenen Fall ist auch Z eine nicht ganz unerhebliche Strecke gefahren, nämlich ca. 8 km von Namborn nach St. Wendel, bevor er dort in eine Baustellenabsperrung fuhr und verunglückte. Er selbst stand, falls er als Unternehmer unfallversichert war, bis zum Zeitpunkt des Unfalles unter Versicherungsschutz, der dann allerdings wohl wegen seiner hohen BAK verloren ging (vgl. BSG 12, 242 ff). Für den Kläger blieb dieser Schutz jedoch erhalten.
Sind somit die Entschädigungsansprüche des Klägers dem Grunde nach schon nach den von dem LSG getroffenen Feststellungen zu bejahen, sind die von der Revision erhobenen Verfahrensrügen der mangelnden Sachaufklärung gegenstandslos. Das angefochtene Urteil des LSG war aufzuheben sowie die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG, das die Beklagte dem Grunde nach zur Leistung verurteilt hatte, zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG, wobei eine Kostenerstattung an die Beigeladene aus den obigen Gründen entfiel.
Fundstellen