Leitsatz (redaktionell)

Gesetzeskonformität von Anordnungsvorschriften, hier: zusätzliche Berufspraxis als Voraussetzung der beruflichen Fortbildungsförderung.

 

Normenkette

AFG § 42 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1969-06-25, § 41 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25; AFuU § 7 Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 1971-09-09, § 2 Abs. 8 Fassung: 1971-09-09; AFG § 39 Fassung: 1969-06-25

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 22. Oktober 1974 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Fortbildung des Klägers vom Kraftfahrzeugmechaniker zum Maschinenbautechniker zu fördern hat, obwohl der Kläger nach Ende seiner Lehrzeit weniger als ein Jahr im erlernten Beruf gearbeitet hat.

Der Kläger ist Kraftfahrzeugmechaniker. Nach erfolgreicher Lehrabschlußprüfung arbeitete er 11 Monate und 11 Tage im erlernten Beruf. Am 2. Oktober 1972 begann er eine zweijährige Ausbildung an der Technikerschule, Fachrichtung Maschinenbau, in G, die er am 29. Juni 1974 erfolgreich abschloß.

Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers, seine Technikerausbildung zu fördern, unter Hinweis auf § 7 Abs. 1 Nr. 2 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung vom 9. September 1971 (ANBA 1971, 797 - AFuU 1971) ab und führte dazu aus:

Der Kläger nehme an Maßnahmen mit ganztägigem Unterricht teil und habe nach Abschluß seiner Berufsausbildung nicht eine mindestens einjährige Berufspraxis durchlaufen (Bescheid vom 19. September 1972; Widerspruchsbescheid vom 7. November 1972).

Das Sozialgericht (SG) hat die Bescheide der Beklagten aufgehoben und diese verurteilt, den Besuch der Technikerschule durch den Kläger als Fortbildungsmaßnahme nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG) zu fördern (Urteil vom 29. März 1973).

Mit Urteil vom 22. Oktober 1974 hat das Landessozialgericht (LSG) die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Es hat ausgeführt: Die Beklagte überschreite den Ermächtigungsrahmen des § 39 AFG, wenn sie bei der Stufenausbildung eine zusätzliche persönliche Zulassungsvoraussetzung aufstelle (§ 2 Abs. 8 AFuU 1971) oder bei der Prüfung der Eignung des Antragstellers (§§ 36, 42 AFG) für die Teilnahme an Maßnahmen mit Vollzeitunterricht über die objektiven Maßnahmevoraussetzungen des § 41 Abs. 1 AFG hinausgehend als persönliche Voraussetzung eine zusätzliche Berufspraxis verlange (§ 7 Abs. 1 Nr. 2 AFuU 1971).

Die Eignungsprüfung der Beklagten im Rahmen der §§ 36, 42 AFG könne nur daran ausgerichtet sein, ob der Teilnehmer an der Bildungsmaßnahme das vom Maßnahmeträger aufgestellte Fortbildungsziel erreichen werde oder nicht. Sofern der Teilnehmer die dem Bildungsrecht folgenden Zulassungsbedingungen des Maßnahmeträgers erfülle, sei der Teilnahmeerfolg indiziert, wobei die Erfolgserwartung durch besondere, in der Person des Teilnehmers liegende Umstände im Einzelfall erschüttert und widerlegt werden könne. Das habe jedoch im Rahmen einer Einzelfallprüfung zu geschehen und könne nicht durch Aufstellen einer zusätzlichen persönlichen Zulassungsvoraussetzung generell geregelt werden. Der Beklagten sei auch nicht darin zu folgen, daß arbeitsmarktpolitische Zweckmäßigkeitserwägungen zusätzliche persönliche Zulassungsvoraussetzungen rechtfertigten. Erwägungen dieser Art könnten bei Fehlen der Förderungsvoraussetzung der arbeitsmarktpolitischen Zweckmäßigkeit im Einzelfall die Förderung ausschließen. Sie könnten jedoch nicht zu einer Änderung der übrigen gesetzlichen Förderungsvoraussetzungen führen, etwa zu einer Erweiterung der Maßnahmevoraussetzungen oder zur Einführung zusätzlicher persönlicher Zulassungsbedingungen oder Eignungsvoraussetzungen.

Im Falle des Klägers sei die Erwartung, daß er das Ausbildungsziel erreichen werde, vom Beginn der Technikerausbildung an zu keinem Zeitpunkt zweifelhaft gewesen. Das ergebe sich aus den Zeugnisunterlagen des Klägers sowie aus seinem bisherigen schulischen und beruflichen Werdegang und werde überdies bestätigt durch den erfolgreichen Abschluß des zu fördernden Bildungsganges.

Mit der zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung der §§ 36, 39, 41 Abs. 1, 42 AFG und § 7 Abs. 1 Nr. 2 AFuU 1971. Sie trägt vor:

Die Regelung des § 7 Abs. 1 AFuU 1971, mit der sie, die Beklagte, das Nähere über Voraussetzungen, Art und Umfang der Förderung der beruflichen Bildung bestimme (§ 39 AFG), beruhe auf den Erwägungen, daß ein dem jeweiligen Fortbildungsziel entsprechender beruflicher Ansatz im allgemeinen nicht nur durch die Teilnahme an einer hierauf gerichteten Maßnahme oder durch den Nachweis einer entsprechenden Prüfung zu erreichen sei, sondern grundsätzlich nur dann gewährleistet werde, wenn ein Mindestmaß an beruflicher Praxis im erlernten Grundberuf nachgewiesen werde. Dementsprechend baue auch vielfach der Unterrichtsstoff auf praktischen Erfahrungen auf, die während einer verantwortlichen Berufsausübung erworben würden. Es erscheine weder fachlich zweckmäßig noch arbeitsmarktpolitisch vertretbar, daß Fortbildungswillige unmittelbar nach dem Abschluß ihrer Berufsausbildung in Vollzeitmaßnahmen, die den wenigstens gleichzeitigen Erwerb von Berufserfahrung nicht zuließen, einträten, es sei denn, daß der erlernte Beruf ohne die in der Maßnahme vermittelten zusätzlichen Kenntnisse nicht ausgeübt werden könne. Die Allgemeingültigkeit dieser Erwägungen rechtfertige es, sie aus der grundsätzlich im Einzelfall vorzunehmenden Beurteilung der arbeitsmarktpolitischen Zweckmäßigkeit der Förderung nach § 36 AFG, § 8 AFuU herauszulösen und im Rahmen des § 39 AFG zur Aufstellung besonderer persönlicher Voraussetzungen für die Förderung der Teilnahme an Vollzeitmaßnahmen heranzuziehen. Wohl habe das Bundessozialgericht (BSG) entschieden, daß die Beklagte nicht befugt sei, im Wege einer satzungsrechtlichen Anordnung die in § 41 Abs. 1 AFG alternativ aufgeführten Zugangsvoraussetzungen für eine Maßnahme der beruflichen Fortbildung, abgeschlossene Berufsausbildung oder angemessene Berufserfahrung zwingend kumulativ vorzuschreiben (BSGE 37, 163; SozR 4100 § 41 AFG Nr. 1). Doch darum handele es sich hier nicht.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil und das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 29. März 1973 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.

Das LSG hat zutreffend entschieden, daß der Kläger einem Anspruch auf Förderung seines Besuchs der Technikerschule in Göttingen hat. Nach § 41 Abs. 1 AFG fördert die Bundesanstalt (BA) die berufliche Fortbildung. Berufliche Fortbildung ist danach die Teilnahme an Maßnahmen, die das Ziel haben, berufliche Kenntnisse und Fertigkeiten festzustellen, zu erhalten, zu erweitern oder der technischen Entwicklung anzupassen oder einen beruflichen Aufstieg zu ermöglichen. Kennzeichnend für die Fortbildung ist, daß die in dem bisherigen Beruf erlernten Fertigkeiten in den angestrebten Beruf inhaltlich mit übernommen werden (BSGE 38, 174). Wie aus den bindenden Feststellungen des LSG hervorgeht, ist die von dem Kläger durchgeführte Ausbildung an der Technikerschule Göttingen nach dem Charakter der Maßnahme für ihn eine berufliche Fortbildung i. S. dieser Regelung. Auch die Voraussetzung des § 41 AFG, daß die Teilnahme an der Fortbildungsmaßnahme nur gefördert wird, wenn die Maßnahme als solche eine abgeschlossene Berufsausbildung oder angemessene Berufserfahrung voraussetzt, liegt vor. Zur Teilnahme am Unterricht in der Fachschule - Technik - wird - wie das LSG festgestellt hat - nur zugelassen, wer eine einschlägige Berufsausbildung nachweist und einschließlich der erfolgreich abgeschlossenen Berufsausbildung eine mindestens vierjährige einschlägige Praxis hat. Diese Voraussetzungen hat der Kläger nach den bindenden Feststellungen des LSG erfüllt.

Die Teilnahme an der Fortbildungsmaßnahme war auf zwei Jahre begrenzt (§ 41 Abs. 2 AFG).

Der Kläger hatte auch, bevor er in die Maßnahme eintrat, eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung ausgeübt (§ 42 AFG); ferner bestanden an seiner Eignung und seiner Fähigkeit, den Lehrgang erfolgreich zu besuchen - wie das LSG festgestellt hat -, zu keiner Zeit Bedenken.

Zu Unrecht macht die Beklagte zur Voraussetzung der Förderung, daß der Kläger nach Abschluß seiner Berufsausbildung ein Jahr im erlernten Beruf tätig war (§ 7 Abs. 1 Nr. 2 AFuU 1971).

Wie der Senat zu § 41 Abs. 1 AFG entschieden hat (BSGE 37, 163 = SozR 4100 § 41 AFG Nr. 1), ist die BA nicht befugt, im Wege einer satzungsrechtlichen Anordnung, die in § 41 Abs. 1 AFG alternativ aufgeführten Zugangsvoraussetzungen für eine Maßnahme der beruflichen Fortbildung - abgeschlossene Berufsausbildung oder angemessene Berufserfahrung - zwingend kumulativ vorzuschreiben. Unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte des Gesetzes hat der Senat dargelegt, daß der gesetzgeberische Wille lediglich darauf gerichtet ist, eine der beiden Zugangsbedingungen, abgeschlossene Berufsausbildung oder angemessene Berufserfahrung als Voraussetzung der Förderung zu verlangen.

Wie der Senat weiter ausgeführt hat (BSGE 37, 169), läßt sich die Auffassung, daß der Charakter der Fortbildungsmaßnahme über § 41 Abs. 1 AFG hinausgehende persönliche oder sonstige Zugangsvoraussetzungen fordere, auch nicht aus § 42 oder § 36 AFG herleiten.

Dem AFG in der hier anzuwendenden Fassung ist ferner kein Anhalt dafür zu entnehmen, daß der Teilnehmer an einer Maßnahme nach Abschluß seiner Berufsausbildung erst eine gewisse Zeit in dem erlernten Beruf gearbeitet haben muß, um im Rahmen der Fortbildung Förderungsmittel erhalten zu können. Während § 41 AFG festlegt, welchen Anforderungen die Maßnahme genügen muß, wenn die Teilnahme an ihr zu fördern ist, enthalten die §§ 36 und 42 AFG die Merkmale, die bei den Maßnahmeteilnehmern persönlich vom Gesetz vorausgesetzt werden. Leistungen zur Förderung der beruflichen Bildung dürfen nach § 36 AFG u. a. nur gewährt werden, wenn der Antragsteller geeignet ist. § 42 AFG bestimmt, daß die Fähigkeiten und die bisherige berufliche Tätigkeit des Teilnehmers eine erfolgreiche Fortbildung erwarten lassen müssen. Nach § 39 AFG ist die BA befugt, durch Anordnung das Nähere über Voraussetzungen, Art und Umfang der Förderung der beruflichen Bildung zu bestimmen. Grundsätzlich kann die BA daher auch zu den §§ 36 und 42 AFG eine nähere Regelung treffen. Wie sich insbesondere aus § 39 Satz 2 Nr. 1 AFG ergibt, sollen die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers im Rahmen der Anordnung berücksichtigt werden, ebenso das von ihm mit der beruflichen Bildung angestrebte Ziel. Wenn die BA nach § 39 Satz 1 AFG durch Anordnung Näheres über Voraussetzungen, Art und Umfang der Förderung der beruflichen Bildung "nach diesem Unterabschnitt" bestimmen kann, so ergibt der Zusammenhang mit Satz 2 Nr. 1 dieser Vorschrift, daß der BA vom Gesetzgeber nicht die Befugnis übertragen worden ist, allgemeine Regelungen zu treffen, die im Ergebnis darauf hinauslaufen, über die Vorschriften des AFG hinaus die Förderungsmöglichkeiten und damit die Ansprüche der Bildungswilligen, die durch das AFG gegen die BA begründet worden sind, einzuengen.

Richtig ist allerdings, daß die Beklagte einem Erfahrungssatz Rechnung tragen kann, indem sie den Begriff der "Geeignetheit" in den §§ 36, 42 AFG konkretisiert. Wenn sie daher - als Ausfluß eines solchen Erfahrungssatzes - in § 7 Abs. 2 der AFuU 1971 vorschreibt, daß "in der Regel" nur der gefördert werden solle, der eine einjährige Berufspraxis hat, so kann dies als nähere Bestimmung des gesetzlichen Merkmals der "Geeignetheit" noch als unbedenklich angesehen werden. Die Beklagte muß aber den Nachweis zulassen, daß der Antragsteller trotz Fehlens dieser Voraussetzung geeignet ist, die Bildungsmaßnahme erfolgreich abzuschließen. Nur wenn man § 7 Abs. 1 Nr. 2 AFuU 1971 als eine Bestimmung auffaßt, die eine widerlegbare Vermutung enthält, kann sie als eine die §§ 36, 42 AFG erläuternde und noch dem § 39 AFG entsprechende Bestimmung angesehen werden. Wollte die Beklagte jedoch durch § 7 Abs. 1 Nr. 2 AFuU 1971 ausdrücken, daß derjenige Antragsteller stets nicht geeignet ist, der nicht eine einjährige Berufspraxis nachweisen kann, selbst wenn er durch den erfolgreichen Abschluß der Bildungsmaßnahme seine Befähigung nachgewiesen hat, so würde § 7 Abs. 1 Nr. 2 AFuU 1971 eine (unwiderlegbare) Fiktion darstellen. Das würde bedeuten, daß die Begriffe "geeignet" in § 36 AFG und "Fähigkeiten" in § 42 AFG, die an die individuellen Eigenschaften des einzelnen Antragstellers anknüpfen, letztlich ohne Rücksicht auf den Einzelfall objektiviert werden. Obwohl das Gesetz insoweit den individuellen Erfordernissen des Einzelfalles Rechnung tragen will, würde der Antragsteller, der weniger als ein Jahr berufstätig war, nach seinen Kenntnissen und Fähigkeiten aber dennoch erfolgreich an der gewünschten Bildungsmaßnahme teilnehmen könnte, entgegen der Regelung in den §§ 36 und 42 AFG von der Förderung ausgeschlossen sein. So gesehen handelte es sich bei der Regelung des § 7 Abs. 1 Nr. 2 AFuU 1971 um eine das Gesetz einschränkende - nicht nur erläuternde - Bestimmung, die nicht mehr ermächtigungskonform wäre. Dieser Auffassung steht nicht entgegen, daß der Senat bei der Umschulung entschieden hat, § 3 Abs. 2 Satz 2 AFuU 1969, wonach eine Umschulung in der Regel nur gefördert wird, wenn der Umschüler zuvor mehr als drei Jahre beruflich tätig gewesen ist, entspreche der Ermächtigung des § 39 AFG (BSGE 36, 48). Im Gegensatz zur Fortbildung wird bei der Umschulung in § 47 Abs. 1 AFG nur ganz allgemein inhaltlich umschrieben, welche Maßnahme als berufliche Umschulung einzuordnen ist, ohne hierfür die näheren Voraussetzungen formeller Art zu regeln, unter denen Förderung zu gewähren ist. In dieser Beziehung blieb es daher im Rahmen der Ermächtigung des § 39 AFG der Beklagten überlassen, die Voraussetzungen zu konkretisieren. Wenn aber das Gesetz selbst - wie bei § 42 AFG - eine die gesetzlichen Voraussetzungen eng umschreibende Regelung enthält, ist die Ermächtigung, "das Nähere" zu bestimmen, zwangsläufig enger.

Wenn das AFG (§ 46 Abs. 1) durch das Gesetz zur Verbesserung der Haushaltsstruktur im Geltungsbereich des Arbeitsförderungs- und des Bundesversorgungsgesetzes vom 18. Dezember 1975 mit Wirkung vom 1. Januar 1976 (Art. V § 1 des Gesetzes) nunmehr eine Fassung erhalten hat, die der von der Beklagten im vorliegenden Fall vertretenen Auffassung entsprechen mag, so kann dies zu keiner anderen Entscheidung führen. Der Gesetzgeber hat durch das obige Gesetz sowohl die Erkenntnisse berücksichtigen wollen, die im Arbeitsförderungsbericht der Bundesregierung vom März 1973 (BT-Drucks. 7/403) enthalten sind (Drucks. 7/4127, zu Art. 20 I S. 47), als auch damit einschneidende Ausgabenkürzungen in allen Bereichen der öffentlichen Haushalte vorgenommen (BR-Drucks. 575/75 I zu Art. 1 bis 16, S. 39). Daraus ergibt sich, daß die neu gefaßten Vorschriften nicht lediglich eine Klarstellung der bisherigen materiellen Regelungen, sondern materiell-rechtliche Änderungen enthalten, die allerdings auf den vorliegenden Fall noch keine Anwendung finden.

Der Anspruch des Klägers entfällt ferner nicht auf Grund des § 2 Abs. 8 der AFuU 1971. Nach dieser Bestimmung ist ein Bildungsgang, mit dem nach Abschluß einer Berufsausbildung ein stufenweiser Aufstieg angestrebt wird, als Fortbildung nur zu fördern, wenn der Antragsteller zuvor in der Regel mehr als ein Jahr im zunächst erlernten Beruf tätig war. Stufenausbildung in dem Sinne, daß die weitere Stufe nur als unselbständiger Teil einer bereits mit der vorigen Stufe begonnenen oder mit der nächsten Stufe fortgesetzten Maßnahme anzusehen ist, liegt, wie der Senat entschieden hat (BSGE 37, 163, 167), nur vor, wenn die einzelnen "Stufen" noch zu keinem Abschluß der Ausbildung führen, selbst wenn die jeweilige Stufe möglicherweise formell mit einer Prüfung enden mag. In diesem Sinne liegt im vorliegenden Fall Stufenausbildung nicht vor; denn der Kläger hat mit seiner früheren Ausbildung einen Abschluß erreicht, den er auf dem Arbeitsmarkt verwerten kann. Sollte § 2 Abs. 8 AFuU 1971 jedoch eine Regelung in dem Sinne treffen wollen, daß sie auch dann eingreifen soll, wenn ein Bildungswilliger nach Abschluß seiner Ausbildung (Erstausbildung) in Stufen, die jeweils einen Abschluß enthalten, ein neues Berufsziel anstrebt, so wäre im vorliegenden Fall § 2 Abs. 8 AFuU 1971 nicht anzuwenden, da der Kläger den von ihm angestrebten Beruf des Maschinenbautechnikers nicht in Stufen anstrebt. Wollte man aber § 2 Abs. 8 AFuU 1971 in dem Sinne verstehen, daß "Stufenausbildung" im Sinne dieser Vorschrift schon dann vorliege, wenn jemand überhaupt nach Erlernung seines ersten Berufes in einen weiteren (höheren) übergehen will, so daß also der zunächst erlernte Beruf als die erste Stufe anzusehen wäre, so enthielte diese Bestimmung eine Regelung für alle Fälle der Fortbildung ähnlich der des § 7 Abs. 1 Nr. 2 AFuU 1971. Der § 2 Abs. 8 AFuU 1971 ließe sich dann allenfalls unter denselben Erwägungen rechtfertigen, wie sie zu § 7 Abs. 1 Nr. 2 AFuU 1971 dargestellt sind. Aus den Worten "in der Regel" ist danach zu entnehmen, daß es sich um eine besondere Vermutung der Geeignetheit des Antragstellers handelt, die durch den tatsächlich erfolgreichen Abschluß der Maßnahme widerlegt werden kann. Wie oben zu § 7 Abs. 1 Nr. 2 AFuU 1971 ausgeführt, würde ein anderer Bedeutungsinhalt nicht mehr von der Ermächtigung des § 39 AFG erfaßt werden.

Da somit alle Voraussetzungen für die Förderung der Fortbildung des Klägers gegeben sind, hat die Beklagte die Teilnahme des Klägers an dem Lehrgang der Technikerschule, Fachrichtung Maschinenbau, in den Jahren 1972 bis 1974 zu fördern. Die Revision ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1650529

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