Leitsatz (amtlich)
Vorschriften des früheren Versorgungsrechts, nach denen bestimmte Gruppen von freiwilligen Angehörigen der WaffenSS keinen Anspruch auf Rente haben, sind für die Zeit, für die sie gegolten haben, auch jetzt noch anzuwenden; sie verstoßen nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz und sind auch nicht wegen eines "Wandels der Rechtsanschauung" unanwendbar; dies ergibt sich daraus, daß die Einschränkung des versorgungsberechtigten Personenkreises, die in diesen Vorschriften enthalten ist, nicht willkürlich ist und daß sie durch das BVG nur mit Wirkung vom 1950-10-01 an aufgehoben worden ist.
Normenkette
GG Art. 3, 20; SVD 27 §§ 4-5; SVAnO 11 §§ 33, 41
Tenor
Das Urteil des Landessozialgerichts Bremen vom 22. November 1956 wird aufgehoben; die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 28. Juli 1955 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
I
Der Kläger, geboren am 7. Februar 1916, trat am 1. April 1937 freiwillig in einen Verband der SS-Verfügungstruppe ein; dieser Verband wurde später in die Waffen-SS überführt; während des Krieges wurde der Kläger mehrfach, zuletzt zum Sturmbannführer befördert. Er beantragte im Juli 1947 bei der Landesversicherungsanstalt (LVA.) H, ihm wegen der Folgen seiner Verwundungen Versorgungsrente zu gewähren. Nachdem er im Entnazifizierungsverfahren durch Bescheid vom 15. April 1950 in die Kategorie IV eingestuft worden war, lehnte die LVA. durch Bescheid vom 24. Mai 1950 die Gewährung einer Rente nach der Sozialversicherungsdirektive (SVD) Nr. 27 ab: Die Körperschäden des Klägers - 1. Verlust des linken Oberschenkels, 2. reizlose Narben am rechten Unterarm mit Gefühlsstörungen am Unterarm nach Granatsplitterverletzung, 3. reizlose Narben am rechten Kniegelenk ohne Funktionsstörung - seien zwar auf Kriegseinwirkungen zurückzuführen, auch sei die Erwerbsfähigkeit dadurch um 80 v.H. gemindert, der Kläger habe aber als freiwilliger Angehöriger der Waffen-SS nach der SVD Nr. 27 und den Sozialversicherungsanordnungen (SVA) Nr. 11 und Nr. 41 keinen Anspruch auf Rente, da er dem Jahrgang 1916 angehöre, bei der Waffen-SS den Dienstgrad eines Sturmbannführers gehabt habe und nach der Direktive Nr. 38 des Kontrollrats vom 12. Oktober 1946 rechtskräftig in die Gruppe IV eingestuft worden sei. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Einspruch ein. Nach Inkrafttreten des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) wurde dem Kläger durch Bescheid vom 16. März 1951 ab 1. Oktober 1950 eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE.) von 80 v.H. gewährt. Der Kläger begehrte jedoch weiterhin die Rente auch für die Zeit bis zum 30. September 1950. Er legte eine Bescheinigung des Regierungspräsidenten in H vom 19. Juli 1952 vor, nach der er mit Wirkung vom 19. Dezember 1951 als in Kategorie V (entlastet) eingestuft gilt. Das Landesversorgungsamt (LVersorgA.) Niedersachsen lehnte durch den Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 1954 die Gewährung einer Rente für die Zeit bis zum 30. September 1950 ab. Die Klage wies das Sozialgericht (SG.) Bremen durch Urteil vom 28. Juli 1955 ab. Das SG. ließ die Berufung zu. Auf die Berufung des Klägers hob das Landessozialgericht (LSG.) Bremen durch Urteil vom 22. November 1956 das Urteil des SG. Bremen vom 28. Juli 1955, den Bescheid der LVA. Hannover - Außenstelle Verden - vom 24. Mai 1950 und den Widerspruchsbescheid des LVersorgA. H vom 26. Juni 1954 auf und verurteilte den Beklagten, dem Kläger für die Zeit vom 1. August 1947 bis zum 30. September 1950 Versorgungsbezüge nach den Vorschriften der SVD Nr. 27 nach einer MdE. um 80 v.H. zu zahlen: Zwar seien nach der SVA Nr. 41 an freiwillige Angehörige der Waffen-SS Leistungen nach der SVD Nr. 27 nur zu gewähren, wenn diese Freiwilligen entweder nach dem 31. Dezember 1918 geboren sind oder rechtskräftig nach der Direktive des Kontrollrats Nr. 38 in die Grup e V eingereiht worden sind oder in der Waffen-SS keinen höheren Rang als den eines Unterscharführers bekleidet haben; keine dieser Voraussetzungen sei bei dem Kläger gegeben; die Regelung der SVA Nr. 11 bedeute jedoch eine unberechtigte Härte und widerspreche dem heutigen Rechtsempfinden; das ergebe sich auch daraus, daß das BVG, das am 1. Oktober 1950 in Kraft getreten sei, die Versorgungsansprüche der ehemaligen Angehörigen der Waffen-SS nicht mehr einschränke; höhere Offiziere der Waffen-SS bis zum Range eines Obersturmbannführers könnten auch wieder als Offiziere in der Bundeswehr freiwillig Dienst tun; nach dem Wehrpflichtgesetz seien frühere Angehörige der Waffen-SS grundsätzlich wieder wehrpflichtig; die Einschränkung des Kreises der Versorgungsberechtigten in der SVA Nr. 11 habe darauf beruht, daß das deutsche Volk in seiner Gesamtheit und die Mitglieder der NSDAP und ihrer Gliederungen insbesondere für den Angriffskrieg bestraft werden sollten, der nach dem Urteil der Siegermächte vom Deutschen Reich vorbereitet und geführt worden sei; diese "moralische Rechtfertigung" sei durch das politische Verhalten der Besatzungsmächte in den letzten Jahren hinfällig geworden, nach der "gewandelten Rechtsauffassung" könnten derartige Vorschriften heute durch deutsche Gerichte nicht mehr angewandt werden. Das LSG. ließ die Revision zu.
Das Urteil wurde dem Beklagten am 25. Januar 1957 zugestellt, Am 9. Februar 1957 legte er Revision ein und beantragte,
das Urteil des LSG. Bremen vom 22. November 1956 aufzuheben und die Berufung zurückzuweisen.
Am 20. April 1957 - nach Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist bis zum 25. April 1957 - begründete er die Revision: Das LSG. habe zu Unrecht die Vorschriften, nach denen der Kläger in der strittigen Zeit keine Rente habe erhalten können, nicht angewandt; die Gerichte seien nicht befugt, von den geltenden Gesetzen abzuweichen; um eine Auslegung der Gesetze oder eine Ausfüllung von Gesetzeslücken habe es sich hier nicht gehandelt.
Der Kläger beantragte,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beteiligten erklärten sich mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden.
II
Die Voraussetzung für eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung - Einverständnis der Beteiligten (§§ 126 Abs. 2, 153, 165 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) - ist gegeben.
Die Revision ist statthaft (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG); sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden; sie ist daher zulässig. Die Revision ist auch begründet.
Streitig ist, ob dem Kläger auch für die Zeit vor dem Inkrafttreten des BVG - vom 1. August 1947 bis 30. September 1950 - ein Anspruch auf Versorgungsrente zusteht. Die versorgungsrechtlichen Vorschriften, nach denen dieser Anspruch zu beurteilen ist, sind die SVD Nr. 27 der Kontrollkommission (British Element) vom 2. Mai 1947 und die Ergänzungsvorschriften (Sozialversicherungsanordnungen), die zu dieser Direktive (§ 22 SVD Nr. 27) ergangen sind (vgl. BSG. 3, 251 (256, 257); 7, 119; 7, 187 (189, 190)); diese Vorschriften sind revisibel im Sinne des § 162 Abs. 2 SGG (BSG. 3, 251 (253)).
Nach § 4 der SVD Nr. 27 haben Anspruch auf Versorgung Personen, die durch unmittelbare Kriegseinwirkung oder anläßlich militärischen oder militärähnlichen Dienstes Gesundheitsschädigungen erlitten haben; nach § 5 der SVD Nr. 27 sind Leistungen nicht zu gewähren an Personen, die im Verlaufe einer Dienstleistung für die NSDAP, deren Gliederungen oder angeschlossenen Verbände Verletzungen erlitten haben, oder an Personen, die als Hauptschuldige oder Belastete in die Gruppe I oder II nach der Direktive des Kontrollrats Nr. 38 vom 12. Oktober 1946 eingereiht worden sind. Die Ergänzungsvorschriften (Sozialversicherungsanordnungen), die der Präsident des Zentralamts für Arbeit mit Ermächtigung der Kontrollkommission auf Grund des § 22 der SVD Nr. 27 erlassen hat, bestimmen dazu weiter: Nach Ziff. 2 Buchst. a der SVA Nr. 11 vom 5. Juli 1947 gilt als militärischer Dienst jeder nach deutschem Militär- oder Wehrrecht geleistete Dienst einschließlich des nichtfreiwilligen Dienstes in der Waffen-SS; freiwillige Angehörige der Waffen-SS erhalten auch für Gesundheitsschädigungen durch unmittelbare Kriegseinwirkungen, die mit dem Dienst bei der Waffen-SS in ursächlichem Zusammenhang stehen, keine Leistungen nach der SVD Nr. 27 (Nr. 2 der SVA Nr. 33 v. 30.1.1948); unter bestimmten Voraussetzungen erhalten jedoch nach Ziff. 3 der SVA Nr. 41 vom 29. Juli 1948 ausnahmsweise auch freiwillige Angehörige der Waffen-SS Leistungen, nämlich wenn sie entweder a) nach dem 31. Dezember 1918 geboren und weder in der Gruppe I oder II nach der Direktive des Kontrollrats Nr. 38 vom 12. Oktober 1946 eingereiht worden sind noch wegen eines Kriegsverbrechens oder wegen eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit angeklagt oder verurteilt worden sind oder b) rechtskräftig in die Gruppe V nach der Direktive des Kontrollrats Nr. 38 eingereiht worden sind oder c) unter die Verordnung der britischen Militärregierung über die Amnestie gewisser ehemaliger Angehöriger der Waffen-SS und der allgemeinen SS vom 1. Juni 1948 fallen (Angehörige der Waffen-SS, die keinen höheren Rang als den eines Unterscharführers in der SS bekleidet und weder zu den Wachmannschaften eines Konzentrationslagers gehört noch einer Einheit während einer Zeit angehört haben, zu der sie zur Bewachung eines Konzentrationslagers eingesetzt war, noch wegen eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit angeklagt und verurteilt worden sind), andere freiwillige Angehörige der Waffen-SS erhalten lediglich Heilbehandlung, jedoch keine Geldleistungen (Ziff. 4 SVA Nr. 41). Nach diesen Vorschriften hat dem Kläger für die Zeit bis zum 30. September 1950 kein Anspruch auf Rente zugestanden. Der Kläger ist freiwillig in einen Verband der SS eingetreten, er ist vor dem 31. Dezember 1918 geboren, er hat in der SS einen höheren Rang als den eines Unterscharführers bekleidet; er ist auch im Entnazifizierungsverfahren nicht in Gruppe V, sondern in Gruppe IV eingestuft gewesen; lediglich mit Wirkung vom 19. Dezember 1951 - also von einem Zeitpunkt an, um den es sich hier nicht mehr handelt - "gilt" er nach der Bescheinigung des Regierungspräsidenten in H vom 19. Juli 1952 als in Kategorie V (entlastet) eingestuft.
Auch das LSG. ist davon ausgegangen, daß die versorgungsrechtlichen Vorschriften, die in der Zeit gegolten haben, für die der Kläger Rente begehrt, den Anspruch nicht rechtfertigen; es hat aber dem Kläger die Rente für die zurückliegende Zeit dennoch zugesprochen, es hat die früheren versorgungsrechtlichen Vorschriften, soweit sie den Personenkreis, zu dem der Kläger gehört hat, von der Gewährung von Versorgungsleistungen in Geld ausschließen, "bewußt" nicht angewandt, weil sie nach seiner Ansicht "mit dem heutigen Rechtsempfinden nicht zu vereinbaren" seien. Dieses Vorgehen ist rechtlich nicht vertretbar; das LSG. hat nicht das Recht "fortentwickelt", es hat sich vielmehr über Rocht, das in der hier fraglichen Zeit gegolten hat, hinweggesetzt.
Zu Unrecht beruft sich das LSG. zur Begründung seines Vorgehens auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundessozialgerichts (BSG.). In keinem der vom LSG. angeführten Fälle ist entschieden worden, daß eine bestimmte gesetzliche Vorschrift durch die Gerichte nicht anzuwenden sei. Die Befugnis der Gerichte, das Recht (durch Auslegung der geltenden Gesetze - auch unter Berücksichtigung eines etwaigen Wandels der Anschauungen - oder durch Ausfüllung von Gesetzeslücken) fortzubilden (BGHZ. 1 S. 313 (316); 3 S. 308 (315); RGZ. 106 S. 272 (275); 154 S. 164; 167 S. 22; BSG. 2 S. 164), schließt nicht auch das Recht ein, von der Anwendung einer bestimmten gesetzlichen Vorschrift im Hinblick auf eine "gewandelte Rechtsauffassung" abzusehen und damit der in dieser Vorschrift klar und eindeutig zum Ausdruck gebrachten und mit der Gerechtigkeit nicht in einem "unerträglichen Widerspruch" stehenden rechtspolitischen Entscheidung den Gehorsam zu versagen (vgl. dazu Radbruch, Südd. Juristenzeitung, 1946 S. 105 ff. (107); Urteil des BVerfG. vom 18.2.1953, Juristenzeitung 1954 S. 32 ff. (34) und Engisch, Einführung in das juristische Denken, 1956 S. 172). Um eine Fortbildung des Rechts durch Auslegung der gesetzlichen Vorschriften oder durch Ausfüllung von Gesetzeslücken handelt es sich nicht mehr, wenn ein Gericht, wie es hier das LSG. getan hat, eine gesetzliche Regelung einfach für unanwendbar erklärt. Es kann dahingestellt bleiben, ob und inwieweit eine Fortbildung des Rechts durch die Gerichte auch insoweit in Betracht kommt, als die Gerichte im Wege der "gesetzesändernden Auslegung" eine "ältere", auf einer "überholten" Rechtsauffassung beruhende Gesetzesvorschrift für unanwendbar halten dürfen, ohne damit gegen den Grundsatz, daß der Richter an Gesetz und Recht gebunden ist (Art. 20 Abs. 3 GG), zu verstoßen (vgl. hierzu BGHZ. 1, 90; 3, 89; BAG. Nachschlagewerk Nr. 4 zu § 11 KSchG); eine solche "gesetzesändernde Auslegung" scheidet hier schon deshalb aus, weil die Wertung, ob eine gesetzliche Vorschrift wegen eines Wandels der allgemeinen Rechtsanschauung "überholt" ist, jedenfalls dann nicht mehr dem Richter zustehen kann, wenn der Gesetzgeber selbst seine frühere Regelung geändert und damit selbst bestimmt hat, ob, inwieweit und von welchem Zeitpunkt ab die frühere Vorschrift als "überholt" anzusehen ist. Im vorliegenden Fall ist ein Anspruch auf Versorgungsrente für eine zurückliegende Zeit (vor Oktober 1950) erhoben; dieser Anspruch kann nur auf die damals geltende, im wesentlichen besatzungsrechtliche Regelung der Versorgung (SVD Nr. 27) gestützt werden. Der Gesetzgeber hat diese Regelung bereits im Jahre 1950 durch eine andere ersetzt; er selbst hat damals das Versorgungsrecht bis zu einem gewissen Grade "dem Wandel der allgemeinen Rechtsanschauung" angepaßt; er hat dies dadurch getan, daß er eine ähnliche Einschränkung des berechtigten Personenkreises, wie sie in der früheren Regelung vorgesehen war, für die Zukunft nicht mehr vorgenommen hat; er hat aber nicht bestimmt, daß die frühere Einschränkung auch für die Vergangenheit wegfallen solle; er hat vielmehr festgelegt, daß Leistungen nach dem neuen Recht des BVG ab 1. Oktober 1950 zu gewähren sind (§§ 86, 88 BVG). Bei dieser Sachlage ist es mit dem Grundsatz des Art. 20 Abs. 2 GG unvereinbar, wenn das LSG. "einschränkende Vorschriften" der früheren Versorgungsregelung für unanwendbar erklärt und damit die zeitliche Anwendung der neuen, vom Gesetzgeber "der heutigen Rechtsauffassung angepaßten" Versorgungsregelung entgegen ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung vorverlegt.
Es trifft auch nicht zu, daß gegen die Anwendung der einschränkenden Vorschriften des früheren Versorgungsrechts deshalb Bedenken bestehen, weil sie den Versorgungsanspruch des Klägers nicht der "materiellen Gerechtigkeit" entsprechend regeln und weil sie sich nicht an die Grenzen halten, die der Gesetzgebung durch das Grundgesetz und überpositive Normen (Art. 3 GG, Grundsatz der Gleichheit) gesetzt seien. Das Gebot der Gleichheit vor dem Gesetz als Verfassungsnorm und als überpositiver Rechtssatz (BVerwG. 1 S. 223) schließt Differenzierungen der zu regelnden Tatbestände nicht aus, wenn sie "sachgemäß" sind (BVerfG. 4 S. 243 f). Der Ermessensspielraum des Gesetzgebers wird insoweit durch das Willkürverbot begrenzt (BVerfG. 1 S. 52, 243), wobei Willkür nicht im "subjektiven", sondern im "objektiven Sinne" gemeint ist (BVerfG. 4, 155; 2, 281). "Objektive Willkür" ist nur die "tatsächliche und eindeutige Unangemessenheit" der Regelung in Bezug auf den zu ordnenden Gesetzgebungsgegenstand, d. h. das Fehlen einer ausreichenden Orientierung an der Idee der Gerechtigkeit. Bei der Wertung früherer gesetzlicher Vorschriften nach diesen Gesichtspunkten ist naturgemäß von Bedeutung, in welcher Zeit und für welche Zeit sie erlassen worden sind. Eine gesetzliche Regelung, die in den ersten Jahren nach Beendigung des Krieges bestimmte Angehörige der Waffen-SS Beschränkungen unterworfen oder von Berechtigungen ausgeschlossen hat, wie das hier geschehen ist, ist jedenfalls keine willkürliche Differenzierung gewesen. Für solche Sonderregelungen - wie sie im übrigen nicht nur auf besatzungsrechtlicher Grundlage in der früheren britischen Zone, sondern auch in anderen deutschen Ländern nach den Gesetzen dieser Länder gegolten haben (vgl. z.B. § 1 Abs. 2 des Bayer. KBLG vom 26.3.1947 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 2 der ersten DVO zum Bayer. KBLG) - ist der Grund die besondere Bedeutung gewesen, die der SS in der Zeit der Herrschaft des Nationalsozialismus zugekommen ist.
Die Revision ist daher begründet; dem Kläger steht für die Zeit vom 1. August 1947 bis zum 30. September 1950 ein Anspruch auf Rente nicht zu. Das Urteil des LSG. ist aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG. zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 2325776 |
BSGE, 64 |
MDR 1959, 794 |