Leitsatz (amtlich)
In der Ausstellung und Ausgabe der Bundesbehandlungsscheine liegt kein Verwaltungsakt.
Bei Gesundheitsstörungen, die iS der Verschlimmerung anerkannt sind, ist nach BVG § 10 Abs 1 in der Fassung des 2. NOG KOV der Anspruch auf Heilbehandlung für das Gesamtleiden nicht mehr davon abhängig, daß der anerkannte Verschlimmerungsanteil ursächlich iS der geltenden Kausalitätsnorm für die Behandlungsbedürftigkeit des Gesamtleidens) ist.
Leitsatz (redaktionell)
Ist über die Heilbehandlung nicht unter ausdrücklicher Beschränkung auf eine bestimmte Heilmaßnahme oder eine bestimmte Dauer entschieden, sondern jegliche Heilbehandlung abgelehnt worden, so ist der Anspruch auf Heilbehandlung für mehr als 13 Wochen streitig; insoweit ist die Berufung durch SGG § 144 Abs 1 nicht ausgeschlossen.
Normenkette
BVG § 10 Abs. 1 Fassung: 1964-02-21, § 14 Abs. 1 Fassung: 1964-02-21; SGG § 144 Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 1953-09-03
Tenor
Auf die Revision des Beklagten werden die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 8. März 1963 und des Sozialgerichts Bayreuth vom 10. Dezember 1958 aufgehoben, soweit sie die Heilbehandlung für die im Sinne der Verschlimmerung anerkannte Schädigungsfolge betreffen. Insoweit wird die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.
Gründe
Die Klägerin beantragte im Jahre 1950 Rente wegen der Verschlimmerung eines Hüftgelenk- und Wirbelsäulenleidens, die zuerst abgelehnt, dann aber vom Sozialgericht (SG) Bayreuth mit Urteil vom 13. Dezember 1956 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 25 v. H. bewilligt wurde. Das SG stützte sich dabei auf das Gutachten des Dr. A, der eine schädigungsbedingte Verschlimmerung mit einem Anteil von 25. v. H. bejaht hatte. Der zur Ausführung dieses nicht angefochtenen Urteils erlassene Bescheid vom 18. Januar 1957, in dem sekundäre Arthrosis deformans, Protrusio acetabuli beider Hüften und sekundäre Spondylarthrosis deformans bei Torsionsskoliose der gesamten Wirbelsäule als Schädigungsfolgen im Sinne der Verschlimmerung mit einer MdE um 25 v. H. festgestellt worden waren, war mit einem Merkblatt über die Heilbehandlung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) versehen und außerdem als Ausweis gegenüber der Krankenkasse bestimmt. Das Versorgungsamt (VersorgA) gewährte der Klägerin für das letzte Vierteljahr 1956 und für das erste Vierteljahr 1957 auch Heilbehandlung, lehnte dann aber mit Bescheid vom 8. Mai 1957 die Bewilligung einer Badekur in einem Schwefelbad und mit einem weiteren Bescheid vom 22. Juli 1957 die Gewährung einer Heilbehandlung überhaupt ab, weil das Leiden im Sinne einer nicht richtunggebenden Verschlimmerung anerkannt sei und der Leidenszustand dem naturgemäßen Verlauf des Grundleidens entspreche. Schließlich lehnte es mit Bescheid vom 19. März 1958 auch den Antrag auf Erhöhung der Rente wegen Verschlimmerung der Schädigungsfolgen mit der Begründung ab, daß die anerkannte Verschlimmerung nicht richtunggebend sei. In allen drei Fällen hatte der Widerspruch keinen Erfolg. Nach Anhörung des ärztlichen Sachverständigen Dr. H, der die Verschlimmerung des Wirbelsäulenleidens für richtunggebend, die Bewertung mit 25 v. H. jedoch für ausreichend hielt, hob das SG mit Urteil vom 10. Dezember 1958 die Bescheide vom 8. Mai 1957 und vom 22. Juli 1957 mit den entsprechenden Widerspruchsbescheiden auf und verurteilte den Beklagten, der Klägerin Heilbehandlung nach den Bestimmungen des BVG zu gewähren; die Klage auf Erhöhung der Rente wies es jedoch ab.
Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 8. März 1963 die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Es hat die Berufung nicht nach § 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) für ausgeschlossen angesehen, weil sie nicht nur einmalige oder wiederkehrende Leistungen betreffe, sondern weil der Anspruch auf Heilbehandlung überhaupt streitig sei. Die Berufung des Beklagten sei jedoch nicht begründet. Der Anspruch auf Heilbehandlung sei bis zum 31. Mai 1960 nach § 10 BVG aF und vom 1. Juni 1960 an nach § 10 BVG in der Fassung des Ersten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Kriegsopferrechts (1. NOG) vom 27. Juni 1960 (BGBl I 453) zu beurteilen, wonach die Heilbehandlung nicht mehr vom Bezug einer Beschädigtenrente abhänge. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in den Fällen, die den Urteilen vom 14. November 1961 (BSG 15, 228) und vom 14. Februar 1962 (BSG 16, 198) zugrunde lagen, ohne nähere Begründung ausschließlich § 10 BVG aF angewandt, obwohl bei der Entscheidung über den für die Zeit nach Inkrafttreten des 1. NOG bejahten Anspruch auf Heilbehandlung auch § 10 BVG nF hätte berücksichtigt werden müssen.
Entgegen der Auffassung des BSG handle es sich auch nicht um die erstmalige Feststellung eines Anspruchs auf Heilbehandlung, sondern um eine Neufeststellung, wenn für ein ständig der Behandlung bedürftiges Leiden die bereits gewährte Heilbehandlung versagt werde. Eine Neufeststellung sei aber nach § 62 BVG nur bei einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse zulässig. Die Feststellung des Anspruchs auf Heilbehandlung habe Dauerwirkung (vgl. § 14 Abs. 3 Satz 1 BVG nF), die Aufteilung in vierteljährliche Behandlungszeiträume bedeute keine Trennung des einheitlichen Anspruchs auf Heilbehandlung in voneinander unabhängige Einzelansprüche. Die Feststellung des Anspruchs auf Heilbehandlung sei weder in dem Urteil des SG vom 13. Dezember 1956 noch in dem Bescheid vom 18. Januar 1957, sondern in den Behandlungsscheinen vom 11. Februar und 4. April 1957 enthalten, auch wenn diese nicht der Klägerin, sondern der Krankenkasse zurückgegeben worden seien. Die Klägerin habe spätestens bei Inanspruchnahme der ärztlichen Behandlung von der Entscheidung des VersorgA über den Anspruch auf Heilbehandlung Kenntnis erhalten. Diese Entscheidung betreffe nicht nur das Verhältnis zwischen der Krankenkasse und dem VersorgA. Bei einer anderen Auslegung wäre nach dem von den Versorgungsämtern geübten Verfahren eine wirksame Feststellung des Anspruchs auf Heilbehandlung überhaupt nie möglich, weil ausdrückliche Bescheide nur im Falle der Ablehnung erteilt würden. Sei aber der Anspruch auf Heilbehandlung festgestellt gewesen, so hätte dieser nur bei einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse entzogen werden dürfen, die jedoch im vorliegenden Falle nach einmütiger Auffassung der Beteiligten nicht in Betracht komme. Auf die Frage der Entziehung sei das BSG in den genannten Urteilen nicht näher eingegangen. Der 11. Senat des BSG habe in seinem Falle nur erwähnt, daß der Zustand des Leidens sich seit 1951 nicht wesentlich geändert und bereits früher zeitweise eine Heilbehandlung erfordert habe, die auch gewährt worden sei.
Wie das LSG weiter zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt hat, wäre es zu dem gleichen Ergebnis gekommen, wenn es in Übereinstimmung mit der Auffassung des 11. Senates des BSG geprüft hätte, ob der behandlungsbedürftige Zustand Schädigungsfolge ist. Zu dieser Prüfung hätte Anlaß bestanden, weil das Behandlungsleiden nur im Sinne der Verschlimmerung anerkannt worden sei. Auch in diesem Falle sei nach den Ausführungen des 11. Senats der Anspruch auf Heilbehandlung nur dann nicht begründet, wenn die anerkannte Leidensverschlimmerung die spätere Entwicklung des Leidens und damit den Zustand, der Heilbehandlung erfordere, nicht beeinflußt habe, weil dieser Zustand allein durch den natürlichen, schicksalsmäßigen Verlauf des Leidens auch ohne die anerkannte Verschlimmerung eingetreten wäre. Davon könne im Falle der Klägerin keine Rede sein. In seinem Gutachten vom 13. Dezember 1956, dem das SG in seinem Urteil vom gleichen Tage gefolgt sei, habe Dr. A nämlich ausgeführt, daß am "heutigen" Zustand die 1945 eingetretene Verschlimmerung noch mit einer MdE von 25 v. H. beteiligt sei. Das Verhältnis des anerkannten Verschlimmerungsanteils zu dem Gesamtleiden sei nicht von ausschlaggebender Bedeutung. In dem vom 11. Senat des BSG entschiedenen Fall seien zwar die schädigungsbedingten und die nicht schädigungsbedingten Anteile der Verschlimmerung annähernd gleichwertig gewesen, damit sei jedoch nicht gesagt, daß dieser Gesichtspunkt ausschlaggebend gewesen sei, zumal der auf die einzelnen Leiden entfallende Grad der MdE nicht festgestellt worden sei. Es lasse sich daher kein Grundsatz des Inhalts aufstellen, daß bei einem als Schädigungsfolge im Sinne der Verschlimmerung anerkannten Leiden ein Anspruch auf Heilbehandlung grundsätzlich immer nur dann bestehe, wenn der schädigungsbedingte und der nicht schädigungsbedingte Teil der Verschlimmerung annähernd gleich seien. Entscheidend sei vielmehr, ob der jetzige Zustand noch wesentlich durch die Schädigung beeinflußt werde, was immer anzunehmen sei, wenn er ohne die Schädigung nicht der gleiche wäre wie jetzt. Das aber habe Dr. A bejaht und darauf beruhe das Urteil des SG, von dem der Beklagte jetzt nicht abweichen dürfe. Das LSG hat die Revision zugelassen.
Gegen das am 29. April 1963 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 7. Mai 1963, beim BSG eingegangen am 10. Mai 1963, Revision eingelegt. Er beantragt,
die Urteile des Bayerischen LSG vom 8. März 1963 und des SG Bayreuth vom 10. Dezember 1958 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid des VersorgA Bayreuth vom 22. Juli 1957 sowie die Klage gegen den Bescheid des Landesversorgungsamts Bayern vom 8. Mai 1957 abzuweisen.
In der Revisionsbegründung vom 17. Juli 1963, die innerhalb der bis zum 29. Juli 1963 verlängerten Begründungsfrist am 22. Juli 1963 beim BSG eingegangen ist, rügt der Beklagte eine unrichtige Anwendung der §§ 10, 62 BVG sowie eine Verletzung der §§ 103, 128 SGG. Er hält die Voraussetzungen für die Gewährung der begehrten Heilbehandlung nicht für gegeben. Zur Begründung beruft er sich vornehmlich auf das Urteil des 11. Senats des BSG vom 14. Februar 1962 - 11 RV 612/61 - (BSG 16, 198). Es könne dahingestellt bleiben, ob § 10 BVG in der Fassung vor oder nach Inkrafttreten des 1. NOG anzuwenden sei, da die Klägerin eine Rente bezogen habe. Im Streit seien ausschließlich die Bescheide vom 8. Mai 1957 und vom 22. Juli 1957 mit den entsprechenden Widerspruchsbescheiden, deren Rechtmäßigkeit nach § 10 BVG aF beurteilt werden müsse. Bei diesen Bescheiden handle es sich nicht um die Neufeststellung eines früher bindend festgestellten Anspruchs auf Heilbehandlung, so daß schon aus diesem Grunde eine Anwendung des § 62 BVG aF entfalle. Das Berufungsgericht hätte die Behandlungsscheine vom 11. Februar und 4. April 1957 nicht als erstmalige und bindende Feststellung des Anspruchs auf Heilbehandlung ansehen dürfen, zumal eine Zustellung der Stellungnahme der Versorgungsbehörde an die Klägerin nicht erfolgt ist. Der Behandlungsschein, der von der Krankenkasse ausgestellt werde, bestehe aus drei Teilen. Der Teil I sei für den Arzt bestimmt, der die Teile II und III nach der Behandlung an die Krankenkasse zurückgebe; von dieser würden sie an das VersorgA weitergeleitet, das erst dann auf der Rückseite von Teil II eine Entscheidung über den ursächlichen Zusammenhang treffe und diesen Teil der Krankenkasse, aber nicht dem Arzt gebe. Der Versorgungsberechtigte erhalte von der Entscheidung des VersorgA möglicherweise erst bei einem späteren Besuch bei dem gleichen Arzt und in der Regel nur bei einer Ablehnung Kenntnis. Die Feststellung des LSG, die Klägerin habe spätestens bei Inanspruchnahme der ärztlichen Behandlung von der Entscheidung des VersorgA erfahren - was übrigens die Klägerin auch selbst nie behauptet habe -, beruhe daher auf einer Verletzung der §§ 103, 128 SGG, die gerügt werde. Die Feststellung des LSG widerspreche eindeutig dem Inhalt des bei den Versorgungsakten befindlichen Bundesbehandlungsscheins für das 4. Quartal 1956 vom 7. Februar 1957, denn danach habe die ärztliche Behandlung am 11. Februar 1957 begonnen, das VersorgA seine Stellungnahme aber erst am 1. März 1957 abgegeben. Mangels einer Eröffnung der Erklärung des VersorgA gegenüber der Klägerin könne in der Erklärung über die Zusammenhangsfrage kein Verwaltungsakt im Sinne der Rechtsprechung des BSG gesehen werden, weil die Erklärung nur für die Krankenkasse bestimmt gewesen sei und daher gegenüber der Klägerin unmittelbar keine rechtlichen Wirkungen äußern konnte. Darüber hinaus scheitere eine Anwendung des § 62 BVG daran, daß diese einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung voraussetze, der Bundesbehandlungsschein aber nur für ein Vierteljahr ausgestellt werde und somit nur eine befristete Feststellung enthalte.
Strittig sei, ob die Krankenkasse im Rahmen des § 14 BVG überhaupt zur Erteilung eines Verwaltungsaktes an den Versorgungsberechtigten befugt sei, einheitlich sei aber in Literatur und Rechtsprechung die Auffassung, daß die Ausstellung eines Krankenscheines keinen Verwaltungsakt darstelle. Für die Ausstellung eines Bundesbehandlungsscheines könne nichts anderes gelten. Die Mitteilung des VersorgA an die Krankenkasse bedeute somit keine verbindliche Feststellung über das Bestehen eines Anspruchs auf Heilbehandlung. Nicht von ungefähr sei daher auch das BSG in den genannten Entscheidungen bei der Beurteilung des Anspruchs auf Heilbehandlung von den Feststellungen im Rentenbescheid ausgegangen; dafür spreche auch sein Hinweis auf die Vorschriften des § 62 BVG und des § 41 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (VerwVG), die sich auf Änderungen der Anerkennung im Rentenbescheid, nicht aber auf die Aufhebung von Feststellungen in früheren Bundesbehandlungsscheinen bezögen. Die Identität des anerkannten mit dem behandlungsbedürftigen Leiden und die Kausalität könne nur nachträglich geprüft werden.
Das Berufungsgericht habe das Urteil des BSG vom 14. Februar 1962 (BSG 16, 198) auch in anderer Beziehung nicht richtig verstanden. Nach dem Leitgedanken in diesem Urteil bestehe ein Anspruch auf Heilbehandlung nur, wenn der behandlungsbedürftige Zustand Schädigungsfolge ist. Das LSG habe diese Frage aus eigener Sachkenntnis nicht bejahen dürfen, zwar habe es sich auf Dr. A berufen, jedoch sei der Sachverständige zu der speziellen Frage nicht gehört worden. Die weitere Frage, ob der Leidenszustand, der sich seit der Anerkennung im Jahre 1956 nicht weiterentwickelt habe, auch "wesentlich" durch die Schädigung herbeigeführt sei, hätte das LSG nicht danach beantworten dürfen, ob der jetzige Zustand auch ohne die Schädigung der gleiche wäre; vielmehr hätte das LSG diese Frage danach beantworten müssen, ob der anerkannte Verschlimmerungsanteil des Leidens mindestens gleichwertig neben dem schicksalsbedingten übrigen Leidensanteil stehe. Da aber nur ein geringer Teil des Leidens als Schädigungsfolge im Sinne der Verschlimmerung anerkannt sei, könne dieser Teil nicht als wesentliche Bedingung für die Behandlungsbedürftigkeit des derzeitigen Leidenszustandes angesehen werden.
Zur weiteren Darstellung des Vorbringens des Beklagten wird auf dessen Revisionsbegründung vom 17. Juli 1963 Bezug genommen.
Die Klägerin und Revisionsbeklagte sowie die beigeladene Allgemeine Ortskrankenkasse Bayreuth beantragen,
die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen LSG vom 8. März 1963 als unbegründet zurückzuweisen.
Die Beigeladene vertritt in ihrem Schriftsatz vom 28. Januar 1966, auf den Bezug genommen wird, die Auffassung, daß nach dem Urteil des BSG vom 14. Februar 1962 eine Heilbehandlung für "das Leiden" zu gewähren sei, also auch dann, wenn der Zustand, der eine Heilbehandlung erfordere, durch die anerkannte Verschlimmerung des Leidens mitverursacht sei. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung habe mit Rundschreiben vom 17. Mai 1962 - Nr. V a 2 - 5207.1 - 2556/62 - die Rechtsauffassung des BSG gebilligt und die Versorgungsverwaltung angewiesen, danach zu verfahren. Dieser Weisung habe das Landesversorgungsamt Bayern durch die Verfügung vom 19. Juni 1962 - Nr. II a/8 b - 807/22/62 - (Mittbl. des Landesverbandes der Ortskrankenkassen 1963 S. 32) entsprochen.
Die Klägerin führt in ihrem Schriftsatz vom 19. Oktober 1966 nur aus, die Entscheidung des LSG sei richtig und es bedürfe daher keiner weiteren Ausführungen.
Die Revision ist durch Zulassung gemäß § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthaft. Sie ist auch frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden. Voraussetzung für die sachliche Überprüfung des Urteils des LSG ist weiter, daß die Berufung zulässig war (vgl. BSG 15, 67). Insoweit hat das LSG zutreffend die Berufung als statthaft angesehen. Der Beklagte hat mit Bescheid vom 8. Mai 1957 die Gewährung einer Badekur in einem Schwefelbad und mit Bescheid vom 22. Juli 1957 den Antrag auf Gewährung einer Heilbehandlung schlechthin abgelehnt, wenn auch der letztgenannte Bescheid durch einen Antrag auf Erstattung von Kosten für Unterwassermassagen und auf Gewährung weiterer Heilbehandlung ausgelöst worden war.
Das SG hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und den Beklagten, ohne auf das spezielle sachliche Begehren der Klägerin einzugehen, verurteilt, der Klägerin Heilbehandlung nach den Bestimmungen des BVG zu gewähren. Ist aber über die Heilbehandlung nicht unter ausdrücklicher Beschränkung auf eine bestimmte Heilmaßnahme oder eine bestimmte Dauer entschieden, sondern jegliche Heilbehandlung abgelehnt worden, so war der Anspruch auf Heilbehandlung für mehr als 13 Wochen streitig (vgl. BSG in SozR SGG § 144 Nr. 2). Insoweit war die Berufung durch § 144 Abs. 1 SGG nicht ausgeschlossen.
Die Revision ist auch begründet.
Das LSG hat seine Entscheidung auf zwei verschiedene Begründungen gestützt. Zunächst hat es ausgeführt, in der Ausstellung der Bundesbehandlungsscheine und der Ausgabe an die Klägerin für das letzte Vierteljahr des Jahres 1956 und für das erste und zweite Vierteljahr des Jahres 1957 lägen Verwaltungsakte mit der Feststellung des Anspruchs auf Heilbehandlung, diese Verwaltungsakte seien bindend geworden, so daß die Versorgungsbehörde auch weiterhin zur Gewährung der Heilbehandlung verpflichtet sei, solange nicht eine Neufeststellung über den Anspruch auf Heilbehandlung nach den allein dafür in Frage kommenden Vorschriften des § 62 BVG und des § 41 VerwVG erfolgt sei. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Die Ausstellung und Ausgabe der Bundesbehandlungsscheine an die Beschädigte durch die Krankenkasse ist kein Verwaltungsakt. Als Verwaltungsakt wird allgemein jede Maßnahme einer Verwaltungsbehörde zur Regelung der öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem zuständigen Träger der öffentlichen Gewalt und den gewaltunterworfenen Personen gesehen. In der Ausstellung und Ausgabe der Bundesbehandlungsscheine liegt aber keine "Regelung" nach den Vorschriften des BVG über den Heilbehandlungsanspruch der Beschädigten und sonstiger berechtigter Personen. In den Heilbehandlungsscheinen sind nämlich nur die Angaben über das anerkannte Schädigungsleiden aus dem maßgeblichen Renten- oder Feststellungsbescheid wiederholt und dazu ist gesagt, daß allein dafür oder - unter gewissen Voraussetzungen - auch für andere Leiden Heilbehandlung gewährt wird. Damit wird jedoch die Heilbehandlung selbst nicht geregelt, denn über deren Art und Umfang ist in diesen Scheinen überhaupt nichts gesagt. Seinem ganzen Sinn und Zweck nach liegt in der Ausgabe eines Bundesbehandlungsscheines eine Leistung für die Heilbehandlung, und zwar in Form einer ambulanten Behandlung durch den Arzt und der von diesem Arzt sonst für erforderlich gehaltenen Heilbehandlung. Mit der Ausgabe des Bundesbehandlungsscheins wird dem Beschädigten gegenüber die Garantie für die Übernahme der Kosten des behandelnden Arztes und der von diesem sonst angeordneten Heilmaßnahmen ausgesprochen. Der Bundesbehandlungsschein berechtigt ihn, kostenlos die Behandlung in Anspruch zu nehmen. Liegt aber in der Ausstellung und Ausgabe des Scheines die Gewährung einer bestimmten Leistung für die Heilbehandlung, so kann darin vernünftigerweise nicht auch zugleich die Regelung dieser Leistung selbst liegen. Ferner kann aber auch in dieser Leistung bestimmten Umfangs, die in dem Bundesbehandlungsschein verkörpert ist, nicht die Regelung eines Heilbehandlungsanspruchs allgemein und über den Rahmen der gewährten Leistung selbst hinaus liegen. Für die der Klägerin gewährte Leistung (Kostenübernahme für die Heilbehandlung und die von dem behandelnden Arzt sonst angeordneten Heilmaßnahmen) ist also eine Regelung gar nicht mehr erforderlich, und über die gewährte Leistung hinaus kann in der Ausstellung und Ausgabe der Scheine unmöglich eine Regelung gesehen werden.
Abgesehen davon, daß schon nach Inhalt und Zweck in der Ausstellung und Ausgabe der Bundesbehandlungsscheine kein Verwaltungsakt liegen kann, spricht auch die Ausgabe durch die Krankenkasse dafür, daß es sich insoweit nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um die Gewährung einer Leistung selbst handeln soll. Der § 14 BVG überträgt die "Durchführung" der Heilbehandlung, d. h. in diesem Zusammenhang unmißverständlich das Leisten der für die Heilbehandlung erforderlichen ärztlichen Dienste und das Zurverfügungstellen sächlicher Mittel im Rahmen des § 14 Abs. 1 BVG - und dazu gehört als Voraussetzung die Ausgabe eines Behandlungsscheines - den Krankenkassen. Eine Befugnis, über den Heilbehandlungsanspruch des Beschädigten selbst zu entscheiden und die Heilbehandlung gegenüber dem Beschädigten in eigener Zuständigkeit zu regeln, ist den Krankenkassen vom Gesetz nicht eingeräumt. Es kann daher auch nicht angenommen werden, daß die Krankenkasse im vorliegenden Fall mit der Ausstellung und Ausgabe des Behandlungsscheines eine Regelung getroffen, d. h. einen Verwaltungsakt erlassen hat.
Soweit das LSG aber in der Ausstellung und Ausgabe der Behandlungsscheine einen Verwaltungsakt der Versorgungsbehörde sehen will, steht, abgesehen von dem Leistungscharakter des Bundesbehandlungsscheins, dieser Annahme entgegen, daß die Versorgungsbehörde von der Ausstellung und Ausgabe eines Krankenscheins zunächst überhaupt nichts weiß. Sie erfährt erst davon, wenn der behandelnde Arzt die Teile II und III des Bundesbehandlungsscheins der Krankenkasse eingereicht hat und diese Teile sodann von der Krankenkasse beim Versorgungsamt eingehen. In diesem Zeitpunkt aber hat die Heilbehandlung des Beschädigten schon längst eingesetzt oder ist gar beendet, so daß für eine Regelung der ganz oder teilweise bereits durchgeführten Behandlung gar kein Raum mehr ist. Die Versorgungsbehörde trifft in einem Heilbehandlungsfall, der auf einen Behandlungsschein hin erfolgt ist, zum ersten Mal eine Entscheidung erst nach Eingang der Behandlungsscheine, wenn sie mit der Übersendung des Teils II an die Krankenkasse deren Erstattungsanspruch anerkennt oder nicht. Diese Entscheidung ist aber weder bestimmend für die Heilbehandlung des Beschädigten, noch kommt sie regelmäßig dem Beschädigten überhaupt zur Kenntnis. Alle Erwägungen führen somit zu dem Schluß, daß in der Ausstellung und Aushändigung der Bundesbehandlungsscheine an den Beschädigten kein Verwaltungsakt liegt, weder seitens der Krankenkasse noch seitens der Versorgungsbehörde. Wenn dem aber so ist, dann war das VersorgA auch nicht allein wegen der Ausgabe der Behandlungsscheine für das letzte Vierteljahr des Jahres 1956 und für die beiden ersten Vierteljahre des Jahres 1957 verpflichtet, dem Anspruch der Klägerin auf Weitergewährung der Heilbehandlung nachzukommen, und es konnte, ohne erst eine Neufeststellung über den Heilbehandlungsanspruch der Klägerin nach § 62 BVG oder § 41 VerwVG treffen zu müssen, über die Anträge der Klägerin nach den maßgeblichen Vorschriften in §§ 10 ff BVG entscheiden.
Dazu hat das LSG im zweiten Teil seiner Urteilsbegründung ausgeführt, daß selbst bei erstmaliger Entscheidung über den Heilbehandlungsanspruch das Begehren der Klägerin begründet sei. Auch hierzu konnte der Senat dem LSG nicht folgen. Nur insoweit ist die Auffassung des LSG zutreffend, als es angenommen hat, daß der Heilbehandlungsanspruch der Klägerin nach der jeweiligen Fassung des § 10 BVG zu beurteilen ist, die in dem Zeitraum gilt, für den die Heilbehandlung beansprucht wird. Dieser Ansicht steht nicht - worauf das LSG mit Bedenken hinweist - das Urteil des 11. Senats des BSG (Bd. 16 S. 198) entgegen; denn auch in diesem Urteil wird auf die zwischenzeitlichen Änderungen in der Fassung des BVG hingewiesen, jedoch zu den einzelnen Fassungen nicht mehr besonders Stellung genommen, weil auch in jenem Fall die durch das 1. NOG eingetretene Änderung des § 10 (Fortfall des Rentenanspruchs als Voraussetzung der Heilbehandlung) für den zu entscheidenden Fall keine Bedeutung hatte. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin ihre Ansprüche im Jahre 1957 für die Zukunft in unbeschränkter Dauer erhoben, so daß an sich auch - was zunächst den Anspruch der Klägerin für die Zeit bis Ende des Jahres 1963 angeht - besonders zu entscheiden wäre, ob der Anspruch der Klägerin bei seiner Erhebung im Jahre 1957 und ob er auch nach der Änderung des § 10 BVG durch das 1. NOG seit dem 1. Januar 1960 weiterhin begründet ist. Da jedoch durch das 1. NOG der § 10 BVG nur insoweit eine Änderung erfahren hat, als das Bestehen eines Rentenanspruchs nicht mehr zur Voraussetzung für die Heilbehandlung genannt ist, braucht auf diese Änderung auch im vorliegenden Fall nicht eingegangen zu werden, weil die Klägerin unverändert seit dem Urteil des SG vom 15. Dezember 1956 Rente erhält.
Nach § 10 BVG in den beiden erwähnten Fassungen wird die Heilbehandlung "wegen der anerkannten Folgen einer Schädigung" gewährt. Das bedeutet, daß bei der Anerkennung einer Gesundheitsstörung im Sinne der Verschlimmerung der Verschlimmerungsanteil die wesentliche Bedingung für die Behandlungsbedürftigkeit des Gesamtleidenszustandes sein muß. Das ist aber nach der geltenden Kausalitätsnorm nur dann der Fall, wenn der anerkannte Verschlimmerungsanteil dem schicksalsbedingten Anteil des Leidenszustandes annähernd gleichwertig ist. In diesem Sinn ist auch die erwähnte Entscheidung des 11. Senats zu verstehen, von der abzuweichen kein Anlaß besteht. Im vorliegenden Fall ist der anerkannte Verschlimmerungsanteil des Hüftgelenk- und Wirbelsäulenleidens mit einer MdE um 25 v. H. bewertet worden. Um die Frage beurteilen zu können, ob dieser Verschlimmerungsanteil ursächlich für die erforderliche Heilbehandlung ist, hätte festgestellt werden müssen, in welchem Verhältnis dazu der Gesamtleidenszustand steht. Dazu sind vom LSG aber keine Feststellungen getroffen worden, weil seiner Ansicht nach dies Verhältnis "keine ausschlaggebende Rolle" spielt (Urteilsausfertigung S. 12). Der Senat konnte daher wegen noch erforderlicher Feststellungen zum Heilbehandlungsanspruch der Klägerin, soweit dieser bis zum 31. Dezember 1963 geltend gemacht ist, keine Entscheidung treffen.
Soweit der Heilbehandlungsanspruch der Klägerin in der Revision weiterhin unbeschränkt über den 30. Juni 1964 hinaus geltend gemacht wird, richtet er sich nach § 10 BVG idF des derzeit noch geltenden 2. NOG, das am 1. Januar 1964 in Kraft getreten ist. In dieser Fassung des § 10 kehrt der alte Absatz 1 des BVG idF des 1. NOG als Satz 1 wieder. Im Satz 2 des Absatzes 1 des § 10 in der geltenden Fassung befaßt sich das Gesetz erstmals ausdrücklich besonders mit dem Heilbehandlungsanspruch bei Anerkennung einer Gesundheitsstörung im Sinne der Verschlimmerung und bestimmt, daß in diesem Fall "abweichend vom Satz 1 die Heilbehandlung für die gesamte Gesundheitsstörung gewährt" wird usw. Das kann nur bedeuten, daß nunmehr bei einer anerkannten Verschlimmerung die Heilbehandlung grundsätzlich unabhängig von der in Satz 1 (wie früher auch im Abs. 1 des BVG aF) geforderten Kausalität zwischen Verschlimmerungsanteil und Heilbehandlungsbedürftigkeit des Gesamtleidens zu gewähren ist. Dieser Grundsatz ist allerdings insoweit eingeschränkt, als der Heilbehandlungsanspruch entfällt, wenn "die anerkannte Gesundheitsstörung auf den Zustand, der Heilbehandlung erfordert, ohne Einfluß ist" (so letzter Halbsatz des Satzes 2 im Abs. 1 des § 10 BVG). Der anerkannte Verschlimmerungsanteil übt aber einen "Einfluß" im Sinne der erwähnten Vorschrift nur dann aus, wenn er wenigstens eine Bedingung für die Behandlungsbedürftigkeit des Gesamtleidens ist. Wenngleich die Klägerin danach vom 1. Januar 1964 an auch grundsätzlich wegen der anerkannten Verschlimmerung die Heilbehandlung insgesamt für das Hüftgelenk- und Wirbelsäulenleiden beanspruchen kann, so hängt dieser Anspruch somit von der Feststellung ab, daß der anerkannte Verschlimmerungsanteil wenigstens Bedingung - wenn auch nicht wesentliche - für die Behandlungsbedürftigkeit des Gesamtleidens ist. Da vom LSG hierzu aber keine Feststellungen getroffen worden sind und auch nicht getroffen werden konnten, weil das Urteil des LSG noch vor dem Inkrafttreten des 2. NOG ergangen ist, konnte der Senat über den Anspruch der Klägerin auch nicht entscheiden, soweit dieser Anspruch auf die Zeit vom 1. Januar 1964 an gerichtet ist. Deshalb mußte uneingeschränkt das angefochtene Urteil des LSG, soweit es den Heilbehandlungsanspruch der Klägerin betrifft, aufgehoben und der Rechtsstreit an das LSG zurückverwiesen werden.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen