Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für Mehrkostenzuschuß. Aufhebung eines Anerkennungsbescheides. Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte. Vertrauensschutz
Leitsatz (redaktionell)
Nach der Rechtsprechung zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch lassen sich zwar unter bestimmten Gegebenheiten sozialrechtliche Voraussetzungen, wie verspätete Anträge, verspätete Beitragsentrichtungen und ähnliches, welche sich nur auf das Sozialrechtsverhältnis auswirken, als erfüllt ansehen. Für rechtserhebliche Tatbestände, die außerhalb des Sozialrechtsverhältnisses entstehen, gilt dies nicht (vgl BSG 1982-05-12 7 RAr 7/81 = DBlR 2781a AFG/ § 137).
Orientierungssatz
1. Ausreichend sind gemäß § 78 Abs 2 AFG zusätzliche Schutzvorkehrungen nur, wenn sie für die gesamte Förderungszeit gewährleisten, daß die Bauarbeiten trotz solcher ungünstiger Witterungseinflüsse, mit deren Eintritt in der Förderungszeit in der betreffenden Gegend üblicherweise zu rechnen ist, durchgeführt werden können; läßt sich dies wegen der Beschaffenheit der Baustelle aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht gewährleisten, liegen ausreichende Schutzvorkehrungen nicht vor (vgl BSG 1979-10-02 7 RAr 15/78 = SozR 4100 § 78 Nr 3).
2. Der Anerkennungsbescheid (§ 81 Abs 2 AFG) ist ein Leistungsbescheid iS von § 151 Abs 1 AFG (vgl BSG 1979-10-02 7 RAr 15/78 = SozR 4100 § 78 Nr 3).
3. Der § 151 Abs 1 AFG dient nicht nur dazu, nach § 77 SGG bindend gewordene Leistungsbewilligungen den veränderten Verhältnissen anzupassen; vielmehr befugt § 151 Abs 1 AFG die Bundesanstalt für Arbeit auch, Bewilligungen, die in Verkennung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ausgesprochen sind, mit Rückwirkung von Anfang an aufzuheben.
4. Ob der durch den Bewilligungsbescheid Begünstigte oder die Bundesanstalt für Arbeit die Verkennung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse zu verantworten hat, ist nach § 151 Abs 1 AFG unerheblich; die Aufhebung einer rechtswidrigen Bewilligung entfällt nicht deshalb, weil der Bundesanstalt für Arbeit anzulasten ist, daß sie bei Erlaß des rechtswidrigen Bewilligungsbescheides den Sachverhalt oder das geltende Recht verkannt hat. Vertrauensschutz gewährt das AFG an dieser Stelle nicht.
Normenkette
AFG § 78 Abs. 2 S. 1 Fassung: 1972-05-19, § 81 Abs. 2 Fassung: 1972-05-19, § 151 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25; SGG § 77 Fassung: 1953-09-03
Verfahrensgang
LSG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 24.07.1981; Aktenzeichen L 6 Ar 13/81) |
SG Koblenz (Entscheidung vom 03.12.1980; Aktenzeichen S 4 Ar 184/79) |
Tatbestand
Der Rechtsstreit betrifft die Gewährung eines Winterbaumehrkostenzuschusses (MKZ).
Die Klägerin, ein Tief- und Straßenbauunternehmen, beantragte 1978 die Anerkennung der Voraussetzungen für die Gewährung eines MKZ für die Baustelle "Straßenbrücke T. ". Dabei gab sie an, zum Schutze von Arbeitnehmern, Baustelle und Materialien stünden Abdeckplanen, Strohmatten, Heißluftgeräte, beheizte Baustellenwagen, Unterkünfte und Schutzbekleidung zur Verfügung. Die Beklagte ließ die Baustelle durch den Prüfer B. besichtigen. Nach seinem Bericht konnten die jeweiligen Arbeitsplätze durch Lufterhitzer, Planen- und Gerüstmaterial vollständig geschützt werden. Daraufhin erkannte die Beklagte die Voraussetzungen für die Gewährung eines MKZ (Förderung ab 1. Dezember 1978) für Erd- und Stahlbetonarbeiten auf der genannten Baustelle unter der Bedingung an, daß die getroffenen Schutzvorkehrungen während der gesamten Dauer der Förderung ausreichend seien; den Widerruf der Anerkennung behielt sich die Beklagte für den Fall vor, daß die Voraussetzungen nicht vorgelegen hätten oder wegfielen (Bescheid vom 19. Dezember 1978).
Nach dem es vom 2. bis 5., 11., 12., 15. bis 19., 22. bis 26., 29. bis 31. Januar sowie am 1., 2., 5., 7. und 23. Februar 1979 zu witterungsbedingten Arbeitsausfällen gekommen war, hob die Beklagte den Bescheid vom 19. Dezember 1978 mit Wirkung vom 1. Dezember 1978 auf (Bescheid vom 29. März 1979). Widerspruch und Klage hatten keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 4. September 1979; Urteil des Sozialgerichts -SG- vom 3. Dezember 1980).
Auf die vom SG zugelassene Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG und den Bescheid vom 29. März 1979 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. September 1979 aufgehoben. Zur Begründung seines Urteils hat das LSG ausgeführt, bereits im Zeitpunkt der Bewilligung sei bekannt gewesen, daß ein Teil- oder Vollschutz der Brückentrasse weder vorhanden noch beabsichtigt gewesen sei. Aufgrund seiner Sachkenntnis habe B. bekannt sein müssen, daß angesichts der beträchtlichen Höhe des über eine Bahnlinie führenden, komplizierten Brückenbauwerks die Gefahr der Vereisung bei Nässe und Temperaturen schon um den Gefrierpunkt bestanden habe, so daß weder die von der Klägerin in ihrem Antrag genannten noch die bei der ersten Besichtigung von B. vorgefundenen Schutzvorkehrungen die Baustelle so hätten schützen können, daß eine Weiterarbeit möglich gewesen wäre; dies wäre nur durch einen kombinierten Schutz (z.B. zeltartige Umhüllung) möglich gewesen. Dennoch habe die Beklagte die Voraussetzungen für die Gewährung eines MKZ anerkannt, ohne die hierfür notwendig gewesenen Auflagen zu erteilen. Die Beklagte habe damit einen rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt mit Bindungswirkung und Rechtsschein erlassen, auf den die Klägerin habe vertrauen dürfen. Bestandskraft und Vertrauensschutz stünden der Aufhebung ab 1. Dezember 1978 entgegen. Die Voraussetzungen für die Leistung hätten nach Prüfung und Auffassung der Beklagten bei Erlaß des Bewilligungsbescheides iS des § 151 Abs 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) vorgelegen. Diese Voraussetzungen seien auch nicht weggefallen, wie die Baustellenbesichtigungen Anfang Februar und Mitte März 1979 bewiesen hätten. Wenn die Beklagte angesichts der Berichte des B., nach denen Anfang Februar 1979 - abgesehen von vier mit Erd- und Fundamentierungsarbeiten beschäftigten Arbeitern - die Kolonne wegen Vereisung trotz der Schutzvorkehrungen nicht habe arbeiten können, weiterhin angenommen habe, daß die Voraussetzungen für den MKZ gegeben seien, gehe dies zu ihren Lasten und berechtige sie nicht, erheblich später den begünstigenden Verwaltungsakt rückwirkend von Anfang an aufzuheben. Da eine Versagung der Voraussetzungen für den MKZ trotz des Berichts von Anfang Februar 1979 nicht erfolgt sei, bedürfe es keiner Prüfung, ob Ende Januar/Anfang Februar 1979 die Voraussetzungen weggefallen seien und deshalb die Aufhebung möglich gewesen wäre. Hiervon könne schließlich auch nach dem Bericht Mitte März 1979 nicht ausgegangen werden. Diese Besichtigung sei für die Feststellung, ob die Schutzvorkehrungen ausreichten, schon deshalb ungeeignet, weil die Klägerin, wie diese glaubhaft vorgetragen habe, nach dem Ende der Schlechtwetterperiode (Ende Februar 1979) angesichts des besser werdenden Wetters diese abgebaut habe. Entscheidungserheblich sei allein, daß zum letzten Prüfungszeitpunkt die Voraussetzungen für die Bewilligung des MKZ ab Dezember 1978 weder im ersten Prüfzeitpunkt noch von dem Bewilligungszeitpunkt an weggefallen seien. Aufgrund der nach der letzten Baustellenbesichtigung gewachsenen Erkenntnis der Beklagten, daß sie von Anfang an ein Bauzelt hätte fordern müssen, könne jedenfalls nicht für den Beginn des Förderungszeitraums davon ausgegangen werden, daß die Voraussetzungen des MKZ nicht vorgelegen hätten oder weggefallen seien. Ob dies später (z.B. Ende Januar 1979) der Fall gewesen sei, sei nicht Streitgegenstand. Die Aufhebung sei schließlich nicht auf die Vorbehaltsklausel zu stützen. Zumindest für den Beginn der Förderung hätten die Leistungsvoraussetzungen aufgrund des Prüfberichts vorgelegen und seien mit Bestandskraft und Rechtsscheinwirkung von der Beklagten anerkannt worden. Ebenso seien die Voraussetzungen nicht nachträglich bereits ab Dezember 1978 weggefallen. Die auflösende Bedingung, daß die getroffenen Schutzvorkehrungen während der gesamten Dauer der Förderung ausreichend seien, könne die Bestands- und Vertrauensschutzwirkung ebenfalls nicht beseitigen, weil für den 1. Dezember 1978 die Beklagte in Kenntnis der Sachumstände die Anforderungen des § 78 Abs 2 AFG anerkannt habe; Die Bedingung habe daher zu diesem Zeitpunkt ihre Wirkung nicht entfalten können.
Die Beklagte rügt mit der Revision eine Verletzung von § 78 Abs 2, § 151 Abs 1 AFG (in der bis zum 31. Dezember 1980 geltenden Fassung) und bringt hierzu insbesondere vor: Zu Unrecht habe das LSG nicht auf das Vorliegen der in § 78 Abs 2 AFG geregelten Anspruchsvoraussetzungen, sondern darauf abgestellt, daß die Klägerin auf die Bestandskraft des Anerkennungsbescheids habe vertrauen können. Nach § 151 Abs 1 AFG sei allein maßgebend, ob der bewilligende Bescheid objektiv rechtswidrig gewesen sei. Das Vertrauen des Leistungsempfängers werde nur in bestimmten Fällen der Rückforderung zu Unrecht gewährter Leistungen geschützt. Insoweit sei der Gesetzmäßigkeit des Verwaltungshandelns der Vorrang vor dem Vertrauensschutz eingeräumt worden. Danach und nach den vom SG getroffenen Feststellungen sei die Berufung unbegründet. Da das LSG keine eigenen Feststellungen getroffen habe, komme eine Zurückverweisung an das LSG in Betracht. Ein Vertrauen der Klägerin in den Bestand des Anerkennungsbescheides könne auch nicht aus dem Gesichtspunkt des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zum Erfolg der Klage führen. Bei Nichtanerkennung der Förderungsvoraussetzungen wären nämlich Mehraufwendungen zum Schutze der Bauarbeiten unterblieben, wie die Klägerin ausdrücklich vorgetragen habe. Der Ersatz von Kosten, die im Vertrauen auf den Bestand eines begünstigenden, später aufgehobenen Verwaltungsaktes aufgewendet worden seien, sei Angelegenheit der ordentlichen Gerichte.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG zurückzuweisen; hilfsweise, den Rechtsstreit an das LSG zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision "zu verwerfen".
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt weiter aus: Die Anspruchsvoraussetzungen für den MKZ hätten vorgelegen; sei seien nicht später weggefallen. Es seien ausreichende Schutzvorkehrungen getroffen worden, um die Arbeiten auch bei ungünstiger Witterung durchzuführen. Dies hätten die Baustellenbesichtigungen ergeben; lediglich im März 1979 seien einige Vorrichtungen abgebaut gewesen, die aber ohne weiteres hätten installiert werden können, wenn es erforderlich geworden wäre. Die offenbar durch die Ausfalltage im Februar 1979 veranlaßte Aufhebung des Anerkennungsbescheids sei eine unzulässige neue Bewertung unveränderter Tatbestände.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SG-).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet. Der angefochtene Bescheid vom 29. März 1979 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. September 1979, durch den die Beklagte den Bescheid vom 19. Dezember 1978 mit Wirkung vom 1. Dezember 1978 aufgehoben hat, ist nicht zu beanstanden.
Nach § 151 Abs 1 AFG (idF vom 25. Juni 1969; BGBl I 582) werden Entscheidungen, durch die Leistungen nach dem AFG bewilligt worden sind, insoweit aufgehoben, als die Voraussetzungen für die Leistungen nicht vorgelegen haben oder weggefallen sind. Diese Vorschrift ist trotz ihrer Streichung durch Art II § 2 Nr 1 Buchst a des Sozialgesetzbuches - Verwaltungsverfahren - (SGB X) vom 18. August 1980 (BGBl I 1469) für die vor dem 1. Januar 1981 erfolgte Aufhebung des Anerkennungsbescheids noch maßgebend. Zwar sind nach Art II § 37 Abs 1 SGB X, das am 1. Januar 1981 in Kraft getreten ist (Art II § 40 Abs 1 Satz 1 SGB X), bereits begonnene Verfahren nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu Ende zu führen. Ist mit dem Widerspruchsbescheid das Verfahren noch nicht zu Ende geführt worden (vgl dazu BSGE 52, 98, 100 = SozR 1200 § 51 Nr 11 und die zur Veröffentlichung vorgesehenen Urteile vom 27. April 1982 - 1 RJ 84/80 - und 7. September 1982 - 1 RA 53/81 -), wären danach die Befugnisse der Beklagten zur Aufhebung von Verwaltungsakten nach neuem Recht zu beurteilen. Indes sind die neuen Vorschriften über die Aufhebung von Verwaltungsakten des Art I §§ 44 - 49 SGB X erstmals anzuwenden, wenn nach dem 31. Dezember 1980 ein Verwaltungsakt aufgehoben wird (Art II § 40 Abs 2 Satz 1 SGB X). Dies hat zur Folge, daß die Rechtmäßigkeit einer vor dem 1. Januar 1981 erfolgten Aufhebung einer Leistungsbewilligung im Rahmen einer Anfechtungsklage nach dem bisherigen Recht zu beurteilen bleibt, wie das Bundessozialgericht (BSG) wiederholt entschieden hat (vgl SozR 1300 § 45 Nr 1; SozR 2200 § 1301 Nr 14; SozR 5866 § 12 Nr 6). Ob dagegen neues Recht anzuwenden ist, wenn der Kläger mit der (kombinierten Anfechtungs- und) Verpflichtungsklage geltend macht, ein bestandskräftig gewordener Bescheid sei aufzuheben, obwohl die Verwaltung vor dem 1. Januar 1981 die Aufhebung abgelehnt hat (so die Urteile vom 27. April 1982 - 1 RJ 84/80 - und 7. September 1982 - 1 RA 53/81 -), bedarf hier keiner Entscheidung.
Die Voraussetzungen des § 151 Abs 1 AFG sind, was das LSG verkannt hat, gegeben. Durch den Bescheid vom 19. Dezember 1978, den die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid in vollem Umfang aufgehoben hat, hat die Beklagte zwar noch keine Leistungen bewilligt, wie dies § 151 Abs 1 AFG für den Regelfall voraussetzt, sondern nur die Voraussetzungen für die Gewährung eines MKZ anerkannt. Damit ist jedoch ein entsprechender Anspruch dem Grunde nach anerkannt worden; es handelt sich um den verselbständigten Teil einer Entscheidung, durch die Leistungen gewährt werden (Hennig/Kühl/Heuer, Kommentar zum AFG, § 81 Anm 7, Februar 1981). Solche Bescheide sind Leistungsbescheide iS von § 151 Abs 1 AFG und sind daher nach Maßgabe dieser Vorschrift aufzuheben (BSG SozR 4100 § 78 Nr 3; vgl BSG SozR 4100 § 64 Nr 5).
Voraussetzung für die Aufhebung von Bewilligungsbescheiden ist nach § 151 Abs 1 AFG allein, daß die Voraussetzungen für die Leistung von vornherein nicht vorgelegen haben, der Bewilligungsbescheid also falsch (rechtswidrig) war, oder weggefallen sind, die frühere Entscheidung mithin durch später eingetretene Ereignisse falsch (rechtswidrig) geworden ist (BSG SozR 4100 § 151 Nr 10 und § 78 Nr 3); dabei hat wegen Änderung der Verhältnisse ggf auch eine rückwirkende Aufhebung stattzufinden, wenn nämlich die Änderung den rückwirkenden Wegfall einer Anspruchsvoraussetzung zur Folge hat (BSG SozR 4100 § 151 Nr 7).
Daß der Anerkennungsbescheid nach § 77 SGG bindend geworden ist, steht seiner Aufhebung nicht entgegen. Die Bindung reicht nur so weit, als durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist, wie § 77 SGG selbst vorsieht. Eine solche anderweitige Bestimmung enthält § 151 Abs 1 AFG (BSGE 48, 33, 37 = SozR 4100 § 44 Nr 19); diese Vorschrift dient gerade dazu, die Bindung zu durchbrechen. Berechtigt § 151 Abs 1 AFG die Beklagte zur Aufhebung, kann der Aufhebung daher die Bindung nicht entgegengehalten werden. Bewilligungsbescheide nach dem AFG stehen (bis zum Außerkrafttreten dieser Vorschrift) unter dem im Gesetz vorgesehenen Vorbehalt, daß die Voraussetzungen für die Leistung vorgelegen haben und nicht weggefallen sind (BSGE 41, 263, 264 = SozR 4460 § 24 Nr 2).
Der § 151 Abs 1 AFG dient nicht nur dazu, nach § 77 SGG bindend gewordene Leistungsbewilligungen den veränderten Verhältnissen anzupassen; vielmehr befugt § 151 Abs 1 AFG die Beklagte auch, Bewilligungen, die in Verkennung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ausgesprochen sind, mit Rückwirkung von Anfang an aufzuheben. Das LSG hat verkannt, daß der Beklagten damit Befugnis zusteht, fehlerhafte Entscheidungen nachträglich zu korrigieren (BSGE 47, 241, 246 = SozR 4100 § 134 Nr 11). Dies zwingt ggf nicht nur zur Berücksichtigung neu eingetretener, sondern auch bisher unbeachteter Tatsachen; selbst eine neue Würdigung eines unverändert gebliebenen Sachverhalts kann zur Aufhebung führen, nämlich dann, wenn die frühere Würdigung objektiv unrichtig war. Daher ist die Aufhebung eines Bewilligungsbescheides nicht ausgeschlossen, weil die der Entscheidung zugrundegelegten Verhältnisse oder die tatsächlichen Verhältnisse unverändert geblieben sind. Ob der durch den Bewilligungsbescheid Begünstigte oder die Beklagte die Verkennung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse zu verantworten hat, ist nach § 151 Abs 1 AFG ebenfalls unerheblich; die Aufhebung einer rechtswidrigen Bewilligung entfällt nicht deshalb, weil der Beklagten anzulasten ist, daß sie bei Erlaß des rechtswidrigen Bewilligungsbescheides den Sachverhalt oder das geltende Recht verkannt hat. Vertrauensschutz gewährt das AFG an dieser Stelle nicht. Zwar hat das AFG aus Gründen des Vertrauensschutzes die Rückforderung von Leistungen eingeschränkt, soweit ein Bewilligungsbescheid aufgehoben oder eine ohne Bescheid erbrachte Leistung gesetzwidrig gewährt worden ist (vgl § 152 Abs 1 AFG in der bis zum 31. Dezember 1980 geltenden ursprünglichen Fassung des Gesetzes); bei der Aufhebung eines Bewilligungsbescheids wirkt sich jedoch der Vertrauensschutz nicht aus. Einen Vertrauensschutz in die Bestandskraft von Bescheiden kennt das AFG nicht, wie das BSG wiederholt entschieden hat (BSGE 38, 63, 68 = SozR 4100 § 151 Nr 1; BSGE 41, 260, 261 = SozR 4100 § 151 Nr 3; BSGE 41, 263, 266 = SozR 4460 § 24 Nr 2; BSGE 48, 33, 37 = SozR 4100 § 44 Nr 19; SozR 4100 § 78 Nr 3).
Die im März 1979 ausgesprochene Aufhebung der Anerkennung der Voraussetzungen für die MKZ rückwirkend von Anfang an scheitert mithin entgegen der Ansicht des LSG nicht daran, daß die Beklagte die von der Klägerin bereitgestellten Schutzvorkehrungen bis zum Erlaß des angefochtenen Bescheides als ausreichend angesehen hat, obwohl sie, wie das LSG in tatsächlicher Hinsicht angenommen hat, von Anfang an hätte erkennen müssen, daß die Vorkehrungen nicht ausreichten. Vielmehr ist darauf abzustellen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für den MKZ nicht gegeben waren oder weggefallen sind.
Nach § 78 AFG (idF des Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des AFG vom 19. Mai 1972, BGBl I 791) werden Arbeitgebern Zuschüsse zu sogenannten sonstigen witterungsbedingten Mehrkosten von Bauarbeiten in der Förderungszeit gewährt, sofern die Bauarbeiter, das Bauwerk und die Baumaterialien durch Voll-, Teil- oder Einzelschutz gegen Witterungseinflüsse ausreichend geschützt sind, so daß die Bauarbeiten auch bei ungünstiger Witterung durchgeführt werden können. Gefördert wird weder der Erfolg, daß es nicht zu Ausfalltagen gekommen ist, noch der Einsatz von zusätzlichen Schutzvorkehrungen, sondern das Bereithalten ausreichender zusätzlicher Schutzvorkehrungen während der gesamten Förderungszeit (BSG SozR 4100 § 78 Nr 3). Ausreichend sind zusätzliche Schutzvorkehrungen nur, wenn sie für die gesamte Förderungszeit gewährleisten , daß die Bauarbeiten trotz solcher ungünstiger Witterungseinflüsse, mit deren Eintritt in der Förderungszeit in der betreffenden Gegend üblicherweise zu rechnen ist, durchgeführt werden können; läßt sich dies wegen der Beschaffenheit der Baustelle aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht gewährleisten, liegen ausreichende Schutzvorkehrungen nicht vor (BSG aaO).
Diesen Anforderungen haben die Schutzvorrichtungen der Klägerin nicht genügt. Die getroffenen Schutzvorkehrungen haben, wie das LSG festgestellt hat, nicht ausgereicht, das Brückenbauwerk beim Zusammentreffen von Nässe und Temperaturen um den Gefrierpunkt vor Arbeitsausfall wegen Glatteisbildung (Vereisungen) zu schützen; nur durch eine zeltartige Umhüllung des Bauwerks wäre ein Schutz möglich gewesen. Deshalb hat das LSG gemeint, die Beklagte habe von Anfang an eine zeltartige Umhüllung fordern müssen. Das LSG ist damit in tatsächlicher Hinsicht auch davon ausgegangen, daß mit der geschilderten, für das Brückenbauwerk gefährlichen Wetterlage in der Gegend des Bauwerks üblicherweise gerechnet werden mußte, wie dies für das Zusammentreffen von Nässe und Temperaturen um den Gefrierpunkt wohl allgemein für das Bundesgebiet gilt. An diese tatsächlichen Feststellungen ist der Senat gebunden; denn in bezug auf sie sind keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht worden (§ 163 SGG).
Haben somit von Anfang an die gesetzlichen Voraussetzungen des MKZ nicht vorgelegen, ist der Tatbestand des § 151 Abs 1 AFG erfüllt. Ob daneben der Widerrufsvorbehalt oder die in dem Anerkennungsbescheid genannte "Bedingung, daß die getroffenen Schutzvorkehrungen während der gesamten Dauer der Förderung ausreichend sind", selbständige Aufhebungsgründe abgeben, bedarf keiner Entscheidung.
Der nach § 151 Abs 1 AFG begründeten Aufhebung der Anerkennung läßt sich ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch nicht entgegenhalten. Unterstellt, die Beklagte habe eine Beratungs- oder Betreuungspflicht dadurch verletzt, daß sie die Klägerin nicht von Anfang an darauf hingewiesen hat, daß weitere Schutzvorkehrungen erforderlich sind, kann dies nicht dazu führen, daß die gesetzlichen Voraussetzungen des MKZ als gegeben angesehen werden, selbst wenn die Klägerin bei entsprechender Belehrung durch die Beklagte ausreichende Schutzvorkehrungen getroffen hätte. Dem widerspricht nämlich die tatsächliche Entwicklung, die nicht rückwirkend geändert werden kann. Die Beklagte ist auch nicht befugt, die tatsächliche Entwicklung unberücksichtigt zu lassen; hierfür fehlt es an der gesetzlichen Grundlage. Nach der Rechtsprechung zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch lassen sich zwar unter bestimmten Gegebenheiten sozialrechtliche Voraussetzungen, wie verspätete Anträge, verspätete Beitragsentrichtungen und ähnliches, welche sich nur auf das Sozialrechtsverhältnis auswirken, als erfüllt ansehen. Für rechtserhebliche Tatbestände, die außerhalb des Sozialrechtsverhältnisses entstehen, gilt dies nicht (BSG SozR 2200 § 1233 Nr 17; Gagel/ Jülicher, Kommentar zum AFG, § 15 Rdnr 17); anderenfalls verpflichtete der Herstellungsanspruch die Sozialleistungsträger zu einer Gesetz und Recht widersprechenden Amtshandlung, was unzulässig ist (BSGE 49, 76, 80 = SozR 2200 § 1418 Nr 6; BSGE 50, 25, 29; vgl BSGE 44, 114, 121 = SozR 2200 § 886 Nr 1). So hat der Senat schon entschieden, daß sich im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs weder die Eintragung einer neuen Lohnsteuerklasse in die Lohnsteuerkarte oder ein höheres Arbeitsentgelt als das tatsächlich erzielte ersetzen läßt (Urteil vom 10. Dezember 1980 - 7 RAr 14/78 -; Urteil vom 12. Mai 1982 - 7 RAr 7/81 -). Für das Bereitstellen ausreichender Schutzvorkehrungen gilt nichts anderes; es läßt sich nicht mehr nachträglich bewirken, daß die Bauarbeiten auch bei ungünstiger Witterung hätten durchgeführt werden können. Soweit der Klägerin durch das Verhalten der Beklagten ein Schaden in Geld entstanden sein sollte, ist sie auf den Amtshaftungsanspruch verwiesen, über den nicht die allgemeinen oder besonderen Verwaltungsgerichte, sondern gem § 40 Abs 2 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung die ordentlichen Gerichte zu entscheiden haben.
Hat die Beklagte somit zu Recht die Anerkennung der Voraussetzungen für die Gewährung eines MKZ aufgehoben, erweist sich das die Klage abweisende Urteil des SG als zutreffend. Auf die Revision der Beklagten ist daher die unbegründete Berufung der Klägerin gegen dieses Urteil zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen