Leitsatz (amtlich)

1. Unmittelbare Kriegseinwirkungen im Sinne des KBLG BY Art 1 Abs 1 in Verbindung mit DV GKBLG BY § 2 Abs 1 Buchst a vom 1949-05-01 (Bayer GVBL S 113) sind Kampfhandlungen nur, wenn sie mit einem der beiden Weltkriege zusammenhängen. Dieser Zusammenhang besteht nur, wenn die Kampfhandlungen bei kriegerischen Auseinandersetzungen stattgefunden haben, an denen das Deutsche Reich als kriegführende Macht beteiligt war.

2. Bei Flüchtlingen ist die Erfüllung der gesetzlichen Wehrpflicht dann militärischer Dienst im Sinne des DV KBLG BY § 3 Abs 2 (1949-05-01) wenn er nach den Vorschriften des Landes geleistet wurde, in dem der Flüchtling zur Zeit der Erfüllung der gesetzlichen Wehrpflicht beheimatet war.

 

Normenkette

KBLG BY Art. 1 Abs. 1; KBLGDV BY §§ 2-3

 

Tenor

Das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 24. September 1954 wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

Der Kläger ist im Jahre 1886 in Riga geboren. Er war aktiver Offizier im russischen Heer und gehörte seit Sommer 1917 dem Stoßregiment General K. an. Mit diesem Regiment nahm er an den Kämpfen gegen die seit November 1917 organisierten bolschewistischen Streitkräfte teil. Am 19. Dezember 1918 erlitt er bei Kampfhandlungen in Charkow erhebliche Verwundungen. Wegen Verlustes von 60 v. H. seiner normalen Arbeitsfähigkeit bezog er später in Lettland eine Kriegsinvalidenpension der Stufe IV. Während des zweiten Weltkrieges wurde er nach Deutschland umgesiedelt und erwarb im Jahre 1942 durch Einbürgerung die deutsche Staatsangehörigkeit (Reichsangehörigkeit). Am 22. September 1941 wurde er von dem Polizeidirektor in Heilbronn auf Grund der Notdienstverordnung vom 15. Oktober 1938 (RGBl. I S. 1441) zur Dienstleistung bei der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) "für die Dauer von voraussichtlich mehreren Wochen" einberufen, und zwar nach seinem unwidersprochenen Vorbringen als Dolmetscher. Vom 26. Januar 1946 bis zum 5. Juni 1946 war er im Internierungslager Moosburg interniert. In einem Flüchtlingsausweis des Staatsministers für das Flüchtlingswesen vom 17. November 1949 ist er als volksdeutscher Flüchtling bezeichnet.

Am 21. März 1947 beantragte der Kläger bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse Memmingen, ihm eine Versorgungsrente für die im Dezember 1918 erlittenen Verwundungen nach dem bayerischen Gesetz über Leistungen an Körperbeschädigte (KBLG) vom 26. März 1947 zu gewähren. Die Landesversicherungsanstalt (LVA.) Schwaben lehnte mit Bescheid vom 24. Februar 1950 die Gewährung von Rentenleistungen ab, und zwar sowohl für die Verwundungen von 1918 als auch für eine inzwischen festgestellte Lungenerkrankung, die nach Ansicht des Klägers auf die Internierung in Moosburg zurückzuführen war. Die Berufung des Klägers gegen diesen Bescheid wurde durch die Vorentscheidung des Vorsitzenden der IV. Spruchkammer des Oberversicherungsamts (OVA.) Augsburg vom 10. November 1950 zurückgewiesen. Hiergegen legte der Kläger zum damaligen Bayerischen Landesversicherungsamt (LVAmt) Rekurs ein, der nach dem Inkrafttreten des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) als Berufung gemäß § 215 Abs. 3 SGG auf das Bayerische Landessozialgericht (LSG.) überging.

Bevor das Bayerische LSG. über diese Berufung entschied, erließ das Versorgungsamt (VersorgA.) Augsburg am 23. Juli 1953 einen weiteren Bescheid, nach welchem der Rentenanspruch des Klägers nach dem KBLG, dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und dem bayerischen Gesetz Nr. 93 über die Regelung der Ansprüche der Flüchtlinge aus der Sozialversicherung (Flüchtlingsrentengesetz) vom 3. Dezember 1947 (GVBl. S. 215) abgelehnt wurde. Auch gegen diesen Bescheid legte der Kläger Berufung beim OVA. Augsburg ein. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bayerischen LSG. in München am 24. September 1954 erklärte der Beklagte, daß er den Bescheid des VersorgA. Augsburg vom 23. Juli 1953 zurückziehe, worauf die Beteiligten sich darüber einig waren, daß in diesem Verfahren lediglich der Anspruch auf Rente nach dem KBLG in Streit stehe.

Das Bayerische LSG. entschied darauf mit Urteil vom 24. September 1954, daß die Berufung des Klägers gegen die Vorentscheidung des Vorsitzenden der IV. Spruchkammer des OVA. Augsburg vom 10. November 1950 zurückgewiesen werde. In der Urteilsbegründung führt das LSG. aus, daß die Verwundung des Klägers in Charkow keine unmittelbare Kriegseinwirkung im Sinne des Art. 1 Abs. 1 KBLG darstelle, weil es sich bei den damaligen Kämpfen nicht um einen Krieg im völkerrechtlichen Sinne, sondern um eine Auseinandersetzung innenpolitischer Natur unter russischen Staatsangehörigen gehandelt habe. Der Kläger, der zwar Flüchtling im Sinne des bayer. Flüchtlingsgesetzes vom 19. Februar 1947 sei, habe seine Verwundung auch nicht anläßlich militärischen Dienstes erlitten, der in Erfüllung der gesetzlichen Wehrpflicht nach den Vorschriften des Heimatlandes geleistet worden sei und gemäß § 3 Abs. 2 der Durchführungsverordnung vom 1. Mai 1949 zum KBLG (Bayer. GVBl. S. 113) (DurchfVO vom 1.5.1949) dem Dienst in der deutschen Wehrmacht gleichstehe. Als Heimatland des Klägers im Sinne dieser Vorschrift könne nur Lettland angesehen werden. Lettland habe aber seine Selbständigkeit bereits am 11. November 1918 proklamiert, so daß der Kläger als gebürtiger Lette im Dezember 1918 während des russischen Bürgerkrieges nicht "der Wehrpflicht seines Heimatlandes Lettland" genügte. Mit der Selbständigkeit Lettlands habe zugleich eine Wehrpflicht im ehemaligen Rußland aufgehört, der Kläger habe damals nicht mehr eine gesetzliche Wehrpflicht "seines ehemaligen Heimatlandes Rußland" erfüllen können.

Aus dem Umstand, daß der Kläger in Lettland eine Kriegsversehrtenpension bezogen habe, könne er einen Versorgungsanspruch nach dem KBLG nicht herleiten. Die versorgungsrechtliche Anerkennung eines Kriegsleidens durch einen fremden Staat genüge nicht zur Anwendung des § 3 Abs. 2 DurchfVO vom 1. Mai 1949, vielmehr sei allein nach deutschem Recht zu beurteilen, ob ein Flüchtling seine Wehrpflicht nach den gesetzlichen Vorschriften des Heimatlandes erfüllt habe.

Schließlich könne der Kläger auch nicht Versorgungsansprüche aus Erlassen herleiten, die vom früheren Reichsminister des Inneren und früheren Reichsminister der Finanzen im Anschluß an den Vertrag über die Umsiedlung lettischer Staatsbürger deutscher Volkszugehörigkeit in das deutsche Reich vom 30. Oktober 1939 (Umsiedlungsvertrag) ergangen waren. Da nach diesen Vorschriften oder anderen Versorgungsgesetzen Rentenleistungen nicht festgesetzt worden seien, so könne auch die Umrechnung eines Rentenanspruches nach Art. 39 KBLG in Verbindung mit § 36 DurchfVO vom 1. Mai 1949 nicht in Frage kommen.

Wegen der durch die Internierung im Jahre 1945 entstandenen Gesundheitsschädigung könne der Kläger Rentenleistungen nach Art. 1 und 2 KBLG nicht erhalten, weil die Voraussetzungen der hier allein einschlägigen Vorschrift des § 4 Abs. 1 Buchst. k der DurchfVO vom 1. Mai 1949 nicht gegeben seien. Der vom Kläger auf Grund der Notdienstverordnung geleistete Dienst sei zwar als militärähnlicher Dienst anzusehen, jedoch sei die Lungen-Tuberkulose des Klägers nicht während dieser Dienstzeit, sondern nach seinen eigenen Angaben erst im Internierungslager aufgetreten. Dieses Leiden könne daher nicht als Leistungsgrund im Sinne des KBLG anerkannt werden. Die Internierung selbst stelle keinen für militärische oder Sicherheitszwecke geleisteten Dienst im Sinne der genannten Vorschrift dar. Der Kläger sei allein zum Zwecke der politischen Überprüfung inhaftiert worden, nicht in seiner Eigenschaft als ehemaliger Notdienstverpflichteter. Sinn und Zweck des KBLG und der hierzu erlassenen Durchführungsverordnungen ließen es nicht zu, eine Entschädigung für Gesundheitsschäden zu gewähren, die anläßlich der von den Besatzungsmächten und der deutschen Verwaltung durchgeführten politischen Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus entstanden sind.

Gegen dieses Urteil, das dem Kläger am 3. November 1954 zugestellt wurde und in welchem die Revision zugelassen ist, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 8. November 1954, eingegangen beim Bundessozialgericht (BSG.) am 9. November 1954, Revision eingelegt und die Revision mit Schriftsatz vom 25. November 1954, eingegangen beim BSG. am 26. November 1954, begründet. Er beantragt,

das Urteil des Bayerischen LSG. vom 24. September 1954, die Vorentscheidung des Vorsitzenden der IV. Spruchkammer des OVA. Augsburg vom 10. November 1950 sowie den Bescheid der LVA. Schwaben - KB-Abteilung - in Augsburg vom 24. Februar 1950 aufzuheben und den Beklagten kostenpflichtig dem Grund nach zu verurteilen, dem Kläger ab 1. März 1947 eine Rente nach den Vorschriften des KBLG zu zahlen,

hilfsweise, die Sache zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das LSG. zurückzuverweisen.

Er führt in seiner Revisionsbegründung aus, daß die Definition des Krieges als eine bewaffnete Auseinandersetzung zwischen souveränen Staaten, die das LSG. der Haager Landkriegsordnung entnehmen zu können geglaubt habe, nicht stichhaltig sei. Es hätte dann keinen amerikanischen Unabhängigkeitskrieg, keinen koreanischen und keinen indonesischen Krieg geben dürfen. Die Kampfhandlungen gegen die Bolschewiken in Rußland hätten im Zusammenhang mit dem ersten Weltkrieg gestanden. Seine Schädigungen, die er während dieser Kampfhandlungen erlitten hat, müßten deshalb als durch unmittelbare Kriegseinwirkung herbeigeführt gelten. Der Kläger hebt in diesem Zusammenhang hervor, daß nicht die Truppen, welche die roten Revolutionäre bekämpften, Rebellen gewesen seien, sondern die Bolschewiken, die sich gegen die gesetzliche Ordnung im Staat auflehnten und mit Gewalt und Aufstand die Macht ergriffen.

Der Kläger tritt weiterhin der Auffassung des LSG. entgegen, daß er seine Verwundung nicht anläßlich militärischen Dienstes erlitten habe. Lettland sei mit der Proklamation vom 18. November 1918 noch nicht von der Sowjetrepublik als selbständiger Staat anerkannt worden; es habe von 1918 bis 1920 mit der Sowjetrepublik Krieg geführt und sei von der Sowjetrepublik erst im Friedensvertrag Lettlands mit der Sowjetrepublik vom Jahre 1920 anerkannt worden. Wenn er, der Kläger, im Rahmen der weißrussischen Verbände zu einer Zeit gegen die Bolschewiken gekämpft habe, als auch Lettland sich im Krieg gegen die Bolschewiken befand, so müsse seine Teilnahme an diesen Kämpfen als Erfüllung der Wehrpflicht seines Heimatlandes angesehen werden.

Der Kläger ist fernerhin der Ansicht, daß er entgegen der Auffassung des LSG. auf Grund des Umsiedlungsvertrages und der dazu ergangenen Erlasse Anspruch auf eine "Militärrente" in Deutschland habe, die seiner früheren Pension in Lettland entspreche. Der Umsiedlungsvertrag habe noch Geltung. Ebenso wie ihm auf Grund des Umsiedlungsvertrages bei seiner Angestelltenrente die vor der Umsiedlung zurückgelegten Beschäftigungszeiten angerechnet worden seien, so müsse er auch auf Grund des Umsiedlungsvertrages seine Militärrente aus Lettland weiterhin erhalten. Daß er in der Zeit nach der Umsiedlung keinen Umrentungsbescheid erhalten habe, sei lediglich auf seine Unkenntnis der deutschen Versorgungsgesetze zurückzuführen.

Bezüglich seiner gesundheitlichen Schädigungen im Internierungslager Moosburg hält der Kläger die Auffassung des LSG. für nicht zutreffend. Er sei nicht zum Zwecke der politischen Überprüfung interniert worden, sondern weil er Dolmetscherdienste für die Gestapo geleistet habe. Da er die Dolmetscherdienste auf Grund der Notdienstverordnung leisten mußte, seien die Schädigungen im Internierungslager auf einen Dienst zurückzuführen, für den bei Eintritt von Schädigungen die Bestimmungen des KBLG oder BVG zutreffend seien.

Der Beklagte beantragt,

die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Er hält die Entscheidung des LSG. für richtig und wiederholt im wesentlichen zur Begründung seines Antrags die Gründe, die das LSG. in seiner Urteilsbegründung angegeben hat.

Die Revision ist frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden. Es kann dahingestellt bleiben, ob der in der Revisionsschrift gestellte Antrag des Klägers, das Urteil des Bayerischen LSG. vom 24. September 1954 aufzuheben, als bestimmter Antrag im Sinne des § 164 Abs. 2 Satz 1 SGG angesehen werden kann. Da die Revisionsbegründung vom 25. November 1954 noch innerhalb der Revisionsfrist beim BSG. eingegangen ist und sich daraus das Begehren des Klägers mit hinreichender Deutlichkeit ergibt, so erfüllt die Revisionsbegründung zum mindesten zugleich die Erfordernisse einer Revisionsschrift.

Auch die Revisionsbegründung vom 25. November 1954 ist als eine von einem zugelassenen Prozeßbevollmächtigten eingereichte Revisionsbegründung (§§ 166, 164 Abs. 2 Satz 2 SGG) anzusehen, obwohl in ihr wesentliche Teile als persönliche und wörtliche Ausführungen des Klägers wiedergegeben sind. Der Senat ist der Auffassung, daß die übrigen Ausführungen des Prozeßbevollmächtigten des Klägers für sich allein betrachtet wenigstens insoweit eine Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm ergeben, als auf die Nichtanwendung der Vorschriften des KBLG über den militärischen Dienst - gemeint sind in diesem Zusammenhang die Vorschriften des Art. 1 KBLG in Verbindung mit § 3 Abs. 2 der DurchfVO vom 1. Mai 1949 - hingewiesen ist. Damit ist aber bereits dem Erfordernis des § 164 Abs. 2 SGG genügt. Es kam daher bei den übrigen Ausführungen nicht mehr darauf an, ob der Prozeßbevollmächtigte sie als eigene Erklärungen abgeben wollte und sie nur deshalb als wörtliche Ausführungen des Klägers wiedergab, um ihnen besonderes Gewicht beizulegen, weil der Kläger die damaligen Verhältnisse aus eigenem Erleben besser kennt und die daraus sich ergebenden staatsrechtlichen und versorgungsrechtlichen Fragen besser beurteilen kann.

Die Revision ist auch zulässig. Sie ist im angefochtenen Urteil zugelassen worden. Die Revision ist auch begründet. Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung bestehen nicht deshalb, weil die Berufung in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG. am 24. September 1954 auf die Ansprüche des Klägers allein nach dem KBLG beschränkt wurde. Die Berufung des Klägers gegen die Vorentscheidung des Vorsitzenden der IV. Spruchkammer des OVA. Augsburg war schon aus dem Grunde nicht gemäß § 148 Nr. 2 in Verbindung mit § 215 Abs. 3 SGG ausgeschlossen, weil die angefochtene Vorentscheidung, auf deren Umfang es allein für die Zulässigkeit der Berufung ankommt (vgl. BSG. 1 S. 225 und SozR. SGG § 148 Bl. Da 2 Nr. 6), zeitlich unbegrenzte Ansprüche des Klägers betraf. Die spätere Beschränkung der Berufung beseitigte daher nicht ihre Zulässigkeit, die im vorliegenden Fall auch bei der zugelassenen Revision insoweit von Amts wegen zu prüfen war (SozR. SGG § 150 Bl. Da 2 Nr. 7).

Für die im Jahre 1918 erlittenen Verwundungen kann der Kläger allerdings nicht Versorgungsansprüche unmittelbar aus dem Umsiedlungsvertrag (vgl. "Dokumente der deutschen Politik", herausgegeben vom Deutschen Auslandswissenschaftlichen Institut, Bd. 7 Nr. 125 a S. 653 bis 659, mit Zusatzprotokoll Nr. 125 b S. 659 bis 664 und "Dokumente der deutschen Politik und Geschichte", Herausgeber Dr. Johannes Hohlfeld, Bd. 5 Nr. 56 S. 152 bis 155) herleiten. Dieser Vertrag, der nicht im Reichsgesetzblatt verkündet worden ist, behandelt überhaupt nicht die Gewährung von Versorgungsansprüchen an Umsiedler für früher erlittene Beschädigungen oder früher bereits gezahlte Versorgungsansprüche. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob aus diesem Vertrag überhaupt Einzelpersonen Rechte herleiten können. Aber auch aus den zu diesem Umsiedlungsvertrag ergangenen Erlassen des früheren Reichsministers des Inneren und des früheren Reichsministers der Finanzen (vgl. Erl. v. 16.2.1940 - RMBliV 1940 S. 284 -, Erl. v. 7.4.1940 - RMBliV 1940 S. 1451 -, Erl. v. 14.8.1940 - RMBliV 1940 S. 1637 -, Erl. v. 16.1.1941 - RMBliV 1941 S. 99 -) kann der Kläger keine Versorgungsansprüche unmittelbar herleiten. Zwar erwähnt der Erlaß vom 16. Februar 1940, daß die umgesiedelten Personen ihre Versorgungsansprüche nach der Abwanderung von Dienststellen im Reich erhalten sollen. Dieser Erlaß wie auch die anderen erwähnten Erlasse regeln jedoch noch nicht selbst die Gewährung von Versorgungsbezügen, sondern an deren Stelle nur die Gewährung einer Fürsorge, auf die nach ausdrücklicher Bestimmung kein Rechtsanspruch bestand. Es kann daher auch bezüglich dieser Erlasse dahingestellt bleiben, ob sie Rechtsnormen enthalten, aus denen überhaupt Rechtsansprüche hergeleitet werden konnten oder heute noch hergeleitet werden können, da jedenfalls in ihnen "Versorgungsansprüche" der Umsiedler nicht geregelt waren. Ein Gesetz, das die früheren Versorgungsansprüche der umgesiedelten Personen regelt und auf das der Erlaß vom 16. Februar 1940 hinweist, ist aber nicht mehr ergangen. Insofern ist die Rechtslage der umgesiedelten Personen bezüglich der Versorgungsansprüche eine andere als auf dem Gebiet der Sozialversicherung. Für das Gebiet der Sozialversicherung sind die Verordnung über die Eingliederung von Umsiedlern in die Reichsversicherung vom 19. Juni 1943 (RGBl. I S. 375) und im Anschluß daran das Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz (FremdRG) vom 7. August 1953 (BGBl. I S. 848) - vgl. dort § 3 Abs. 3 - und die erste Verordnung zur Durchführung des FremdRG vom 31. Juli 1954 (BGBl. I S. 245) - vgl. insbesondere dort § 7 - ergangen. Der Kläger irrt also, wenn er meint, die Regelung der versicherungsrechtlichen Ansprüche der Umsiedler ergebe sich aus dem Umsiedlungsvertrag und den dazu ergangenen Ministererlassen. Es erübrigt sich daher ein weiteres Eingehen auf die von ihm gezogene Folgerung, daß gleicherweise auch die versorgungsrechtlichen Ansprüche der Umsiedler nach dem Umsiedlungsvertrag und den dazu ergangenen Erlassen behandelt werden müßten.

Der Kläger kann Versorgungsansprüche für seine Verwundungen auch nicht auf die Vorschriften über unmittelbare Kriegseinwirkungen (Art. 1 KBLG in Verbindung mit § 2 DurchfVO v. 1.5.1949) stützen. Mit Recht hat das LSG. nach diesen Vorschriften, die revisibles Recht im Sinne des § 162 Abs. 2 SGG sind (BSG. 1 S. 59), Versorgungsansprüche des Klägers verneint. Dabei konnte dahingestellt bleiben, ob die Ansicht des LSG. zutrifft, daß als Kriegseinwirkungen im Sinne dieser Vorschriften nur solche Einwirkungen angesehen werden können, die bei einem Krieg zwischen völkerrechtlich selbständigen Staaten entstanden sind. Auf jeden Fall muß es sich, damit die Vorschriften über unmittelbare Kriegseinwirkungen anwendbar sind, um Vorgänge im Zusammenhang mit einem der beiden Weltkriege handeln. Dabei kommen nur kriegerische Auseinandersetzungen in Betracht, an denen das Deutsche Reich als kriegführende Macht beteiligt war. Zwar sprechen das KBLG und die DurchfVO vom 1. Mai 1949 nicht - wie § 5 BVG ausdrücklich - davon, daß als unmittelbare Kriegseinwirkungen bestimmte Ereignisse nur gelten, wenn sie im Zusammenhang mit einem der beiden Weltkriege stehen. Die Vorschriften des KBLG über unmittelbare Kriegseinwirkungen sind nach ihrem Zweck jedoch ebenso auszulegen, zumal nach der Begründung zum BVG der Begriff der unmittelbaren Kriegseinwirkung im BVG der bisherigen Regelung in den Landesgesetzen entspricht (Begr. zu § 5 BVG, BTDrs. Nr. 1333). Beide Versorgungsgesetze, KBLG wie BVG, regeln mit ihren Vorschriften über unmittelbare Kriegseinwirkungen im wesentlichen die Versorgung der Zivilbevölkerung aus Anlaß von Schädigungen, die Gegenstand des Personenschädengesetzes vom 20. Dezember 1927 und der Personenschädenverordnung (PSchVO) vom 10. November 1940 waren, bis sie ausdrücklich gemäß Art. 38 Buchst. d und e KBLG und § 84 Abs. 1 Buchst. c und h BVG aufgehoben worden sind. Da das Personenschädengesetz sich aber ausdrücklich nur auf Schädigungen des ersten Weltkrieges bezog (§ 1 Kriegspersonenschädengesetz) und die PSchVO sich nur auf Schädigungsfolgen bezog, die nach dem 26. August 1939 entstanden sind (§ 1 Abs. 6 in Verbindung mit § 17 PSchVO), ist anzunehmen, daß sich die Vorschriften des KBLG über unmittelbare Kriegseinwirkungen ebenfalls nur auf Schädigungen beziehen, die im Zusammenhang mit einem der beiden Weltkriege entstanden sind. Dabei ist es unerheblich, daß die Vorschriften des KBLG und BVG auch Personen erfassen können, die zur Zeit der Schädigung gleichzeitig militärischen oder militärähnlichen Dienst verrichteten. Demnach ergibt sich schon aus der Entstehungsgeschichte des KBLG, daß die Vorschriften über unmittelbare Kriegseinwirkungen nur mit der Einschränkung auf die beiden Weltkriege zu verstehen sind, obwohl nur der Wortlaut des § 5 BVG dies zum Ausdruck bringt. Ebensowenig wie nach dem späteren BVG ist es der Sinn und Zweck des KBLG gewesen, für die Folgen aller Kriegseinwirkungen, gleichgültig bei welcher Gelegenheit sie eingetreten sind, Versorgungsansprüche zu gewähren. Die Versorgung deutscher Staatsangehöriger und der wegen ihrer persönlichen Beziehung zum deutschen Volk ihnen gleichgestellten Personen aus Anlaß einer kriegerischen Verwicklung des deutschen Volkes war der Zweck beider Versorgungsgesetze. Dieser Gedanke ist auch besonders in den Verhandlungen des Deutschen Bundestages zum Ausdruck gekommen, in denen von der "Wiedergutmachung der den Opfern zweier Weltkriege zugefügten Schäden" gesprochen wurde (vgl. Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 1. Wahlperiode 1949, 93. Sitzung, S. 3453). Auch nach dem KBLG sind daher unmittelbare Kriegseinwirkungen nur beachtlich, wenn sie im Zusammenhang mit einem der beiden Weltkriege stehen, auch wenn das KBLG nicht den gleichen Wortlaut hat wie das BVG.

Im Zusammenhang mit einem der beiden Weltkriege stehen aber nur kriegerische Auseinandersetzungen, bei denen das Deutsche Reich kriegführende Macht war. Im Personenschädengesetz kam dieser Gedanke dadurch zum Ausdruck, daß nach § 1 "die durch den letzten Krieg" erlittenen Schädigungen erfaßt wurden und daß als solche nach § 2 nur diejenigen galten, die von deutschen, verbündeten oder fremden Streitkräften sowie von deutschen oder feindlichen Behörden hervorgerufen worden waren. Eine gewisse Abweichung von diesen Gedanken stellte allerdings die Nr. 4 des § 2 dar, nach welcher auch Schäden erfaßt werden sollten, die durch fremde Behörden oder Streitkräfte hervorgerufen waren, denen das Deutsche Reich im Augenblick der Schädigung nicht mehr als kriegführende Macht gegenüberstand. Deutlicher kommt der Gedanke aber in der PSchVO zum Ausdruck, die im § 1 von einem Eingreifen auf das Reichsgebiet einerseits und dem Einsatz der bewaffneten Macht andererseits und im § 2 von Kampfhandlungen und Maßnahmen deutscher Streitkräfte und Behörden einerseits und Kampfhandlungen und Maßnahmen gegnerischer Streitkräfte und Behörden andererseits spricht. Wenn somit bereits die Entstehungsgeschichte auf die Einengung des Begriffs der unmittelbaren Kriegseinwirkung in dem Sinne hindeutet, daß als solche nur Einwirkungen bei kriegerischen Auseinandersetzungen zu verstehen sind, bei denen das Deutsche Reich kriegführende Macht war, so verlangt auch der Zweck des KBLG, den Begriff der unmittelbaren Kriegseinwirkung in diesem Sinne auszulegen. Der Begriff der unmittelbaren Kriegseinwirkung (Art. 1 KBLG und § 1 BVG) sollte durch § 2 1. DurchfVO und § 5 BVG abgegrenzt werden. Es kann nicht der Sinn dieser Vorschriften sein, bei ihrer Anwendung jede kriegerische Auseinandersetzung in der Welt nach 1914 daraufhin zu untersuchen, ob sie auf irgendeine Weise mit einem der beiden Weltkriege zusammenhängt. Die neuzeitliche wirtschaftliche und politische Verflechtung aller Ereignisse in der Welt läßt eine Abgrenzung der kriegerischen Ereignisse daraufhin, ob sie mit einem der beiden Weltkriege im Zusammenhang stehen, praktisch kaum zu. Ein Zusammenhang im weiten Sinn wird stets gegeben sein, aber eine solche Beurteilung des Zusammenhangs würde zu einer schrankenlosen Ausdehnung des Begriffs der unmittelbaren Kriegseinwirkung führen. Das verträgt sich nicht mit dem Gedanken, daß nach den Versorgungsgesetzen nur diejenigen Personen entschädigt werden sollen, die wegen ihrer Zugehörigkeit zum deutschen Volk und aus Anlaß einer kriegerischen Auseinandersetzung des deutschen Volkes entschädigt werden sollen. Weiterhin ist nicht anzunehmen, daß den Verwaltungsbehörden und Gerichten bei Anwendung der Vorschriften über die unmittelbare Kriegseinwirkung zugemutet werden sollte, gelegentlich der Entscheidung eines einzelnen Versorgungsanspruchs geschichtliche Ereignisse auf ihren ursächlichen Zusammenhang hin zu werten. Der Begriff der unmittelbaren Kriegseinwirkung im Sinne des Art. 1 Abs. 1 des bayer. KBLG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Buchst. a DurchfVO vom 1. Mai 1949 ist daher nach seiner Entstehungsgeschichte und im Hinblick auf seine praktische Anwendbarkeit eng auszulegen: Unmittelbare Kriegseinwirkungen sind Kampfhandlungen nur, wenn sie mit einem der beiden Weltkriege zusammenhängen. Dieser Zusammenhang besteht nur bei kriegerischen Auseinandersetzungen, an denen das Deutsche Reich als kriegführende Macht beteiligt war.

Bei den Kämpfen um Charkow im Dezember 1918 zwischen den bolschewistischen Streitkräften und den weißrussischen Truppen war das Deutsche Reich nicht mehr als kriegführende Macht oder als Verbündeter einer der kriegführenden Mächte beteiligt (v. Rauch, Geschichte des bolschewistischen Rußland, Rhein. Verlagsanstalt, S. 143 ff.; Hanisch, Geschichte Sowjetrußlands 1917 - 1941, Verlag Herder, Freiburg i. Br. S. 19 ff.; Paul Miliukow , Rußlands Zusammenbruch, Dt. Verlagsanstalt Stuttgart, 2. Band, Kap. VIII). Die Verwundungen des Klägers, die er bei diesen Kampfhandlungen erlitten hat, sind daher nicht mehr auf unmittelbare Kriegseinwirkungen im Sinne des Art. 1 KBLG in Verbindung mit § 2 der DurchfVO vom 1. Mai 1949 zurückzuführen.

Dagegen konnte der Senat nicht dem LSG. folgen, soweit das LSG. einen Versorgungsanspruch des Klägers für die im Jahre 1918 erlittenen Verwundungen allein deshalb abgelehnt hat, weil als Heimatland des Klägers nur Lettland anzusehen sei und der Dienst, bei dem der Kläger verwundet wurde, nicht in Erfüllung der gesetzlichen Wehrpflicht nach den Vorschriften Lettlands geleistet worden sei. Gemäß § 3 Abs. 2 der DurchfVO vom 1. Mai 1949 ist bei Flüchtlingen im Sinne des Flüchtlingsgesetzes vom 19. Februar 1947 (GVBl. 1947 S. 51) militärischer Dienst nach Art. 1 KBLG auch der Dienst, der in Erfüllung der gesetzlichen Wehrpflicht nach den Vorschriften des Heimatlandes geleistet wurde. Zutreffend hat zunächst das LSG. bei Anwendung dieser Vorschrift angenommen, daß der Kläger, der einen Flüchtlingsausweis besitzt, Flüchtling im Sinne des Flüchtlingsgesetzes ist (§ 3 Flüchtlingsgesetz in Verb. mit § 3 Nr. 2 Satz 1 der Ausführungsbestimmungen v. 8.7.1947 - GVBl. S. 153 -). Mit Recht hat das LSG. auch den Wehrdienst des Klägers in Rußland nicht einem Wehrdienst in Lettland gleichgesetzt, wie dies nach lettischem Recht für die Festsetzung der Kriegsinvalidenpension geschehen war.

Für die Versorgung des Klägers ist allein das KBLG maßgebend und die gemäß § 3 Abs. 2 der DurchfVO vom 1. Mai 1949 zu entscheidende Frage, ob der Kläger seine Verwundungen "in Erfüllung der Wehrpflicht nach den Vorschriften des Heimatlandes" erlitten hat. Diesen Begriff hat aber das LSG. zu eng ausgelegt, wenn es darunter nur die Erfüllung des Wehrdienstes in dem Staat verstand, aus dem der Flüchtling umgesiedelt worden ist. Mit der Vorschrift des § 3 Abs. 2 der DurchfVO vom 1. Mai 1949 sollten nicht Versorgungslasten des Staates übernommen werden, aus dem die Flüchtlinge umgesiedelt oder geflüchtet sind, sondern die Flüchtlinge sollten den Einheimischen gleichgestellt und hinsichtlich der Erfüllung ihrer abgeleisteten gesetzlichen Wehrpflicht so gestellt werden, als ob sie diese in der deutschen Wehrmacht erfüllt hätten. Es kann daher nicht darauf ankommen, daß sie eine gesetzliche Wehrpflicht gerade in dem Staat erfüllt haben, aus dem sie geflohen oder umgesiedelt worden sind. Andernfalls würde die Anwendung des § 3 Abs. 2 der DurchfVO vom 1. Mai 1949 auf die vornehmlich aus den Baltenländern, Galizien, Wolhynien, Bessarabien, Buchenland und der Dobrudscha kommenden Flüchtlinge und Umsiedler zu willkürlich unterschiedlichen Ergebnissen führen, je nach der Zeit, in der sie ihre gesetzliche Wehrpflicht erfüllten. Als Heimatland im Sinne dieser Vorschrift ist daher der Staat anzusehen, in dem die Flüchtlinge zur Zeit der Erfüllung der gesetzlichen Wehrpflicht beheimatet waren. Für die aus dem Gebiet des früheren zaristischen Rußland kommenden Flüchtlinge bedeutet dies, daß auch die Erfüllung der gesetzlichen Wehrpflicht in der russischen Armee als Erfüllung der Wehrpflicht nach den Vorschriften ihres Heimatlandes anzusehen ist, gleichgültig ob ihr Heimatland im sowjetrussischen Staatsverband geblieben ist, ob es zwischenzeitlich zu einem anderen Staat gehörte oder in einem Nachfolgestaat aufging. Auch zu § 2 Abs. 2 BVG ist allgemein die Ansicht vertreten worden, daß die Erfüllung der gesetzlichen Wehrpflicht in der zaristischen Armee bei volksdeutschen Flüchtlingen und Umsiedlern uneingeschränkt als Erfüllung der Wehrpflicht nach den Vorschriften des Heimatlandes anzusehen ist (vgl. Schönleiter, Handbuch der Bundesversorgung, Bd. 1, Nr. 9 zu § 2; van Nuis-Vorberg, Recht der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen, II. Teil, Abschn. G VI 1 b und 2 c; Schönleiter, Bundesversorgungsgesetz, § 2 Anm. 9; Röckner-Bluschke, Bundesversorgungsgesetz, § 2 Anm. 8 b). Es besteht kein Anlaß, den entsprechenden § 3 Abs. 2 der DurchfVO vom 1. Mai 1949 anders auszulegen.

Der vom Kläger in Rußland geleistete Dienst ist daher als Dienst in seinem Heimatland anzusehen und muß mithin als militärischer Dienst gemäß Art. 1 KBLG in Verbindung mit § 3 Abs. 2 DurchfVO vom 1. Mai 1949 gelten, wenn er in Erfüllung der gesetzlichen Wehrpflicht geleistet wurde. Dabei kann dahingestellt bleiben, von wann an Lettland als selbständiger Staat bestand und wann der Kläger die lettische Staatsangehörigkeit erwarb. Da er sich zur Zeit seines Wehrdienstes (1918) nicht in Lettland befand, konnte sich seine Verpflichtung zur Erfüllung der gesetzlichen Wehrpflicht nur nach den Verhältnissen seines Heimatlandes Rußland an seinem Aufenthaltsort richten, wo er der Regierungsgewalt der jeweiligen Machthaber unterworfen war. Das Urteil des LSG. mußte daher aufgehoben werden, insoweit dadurch die Versorgungsansprüche des Klägers für die im Jahre 1918 erlittenen Verwundungen aus dem Grunde abgelehnt wurden, weil der Kläger die Verwundungen nicht anläßlich eines Dienstes in Erfüllung der gesetzlichen Wehrpflicht nach den Vorschriften Lettlands erlitten habe.

Der Senat konnte selbst eine Entscheidung über die auf diese Verwundung gegründeten Ansprüche des Klägers nicht treffen, weil Feststellungen darüber fehlen, ob der Kläger im Dezember 1918 noch seine gesetzliche Wehrpflicht nach den Vorschriften in Rußland erfüllte. Von entscheidender Bedeutung für diese Frage wird sein, ob der Kläger freiwillig oder gezwungen an diesen Kämpfen auf weißrussischer Seite teilnahm. Dabei wird es unter den damaligen Verhältnissen in Rußland nicht darauf ankommen, ob er zum Eintritt und zum Verbleiben bei seiner Truppe kraft geschriebener Rechtsnormen oder unter dem Druck der tatsächlichen Verhältnisse verpflichtet war. Ein Eintritt und Verbleiben bei der Truppe ohne äußeren Zwang oder allein aus dem Grunde, weil der Kläger Berufsoffizier war, wird nicht genügen, um darin eine Erfüllung der "gesetzlichen Wehrpflicht" nach den Vorschriften des Heimatlandes zu sehen.

Soweit der Kläger seine Versorgungsansprüche für Schädigungen begehrt, die er angeblich im Internierungslager Moosburg erlitten hat, konnte der Senat im Ergebnis ebenfalls nicht dem LSG. folgen, das die Ansprüche allein mit der Begründung abgelehnt hat, daß die Internierung keinen für militärische oder Sicherheitszwecke geleisteten Dienst im Sinne des § 4 Abs. 1 Buchst. k der DurchfVO vom 1. Mai 1949 darstelle. Mit Recht hat das LSG. angenommen, daß die in Moosburg erlittenen Schäden des Klägers nicht auf den militärähnlichen Dienst zurückzuführen sind, den er auf Grund der Notdienstverordnung geleistet hat. Der Kläger irrt, wenn er meint, daß auch die in der Internierung in Moosburg erlittenen Gesundheitsstörungen zu entschädigen seien, weil die Internierung mit dem militärähnlichen Dienst, der Notdienstleistung, zusammenhänge. Der § 4 der DurchfVO vom 1. Mai 1949 bestimmt den Begriff des militärähnlichen Dienstes. Als solcher kann aber nur der dort genannte Dienst angesehen werden, nicht dagegen Verhältnisse, die erst Folgen des militärähnlichen Dienstes gewesen sind. Schädigungen, die einzig und allein ihre Ursache in den, dem militärähnlichen Dienst nachfolgenden Verhältnissen haben, sind daher nicht durch militärähnlichen Dienst entstanden; für sie können Versorgungsleistungen nicht gewährt werden, es sei denn, daß diese nachfolgenden Verhältnisse selbst einen Schädigungstatbestand bilden, der die Gewährung von Versorgung rechtfertigt. Das LSG. hätte demnach prüfen müssen, ob die Tatsache der Unterbringung des Klägers im Lager Moosburg für sich allein betrachtet die Gewährung von Versorgungsansprüchen rechtfertigt. Das LSG. hat nach der Richtung nur geprüft, ob die Unterbringung in Moosburg als Kriegsgefangenschaft anzusehen ist, und hat diese Frage mit Recht verneint. Es hat jedoch nicht geprüft, ob die vom Kläger behauptete Schädigung auf eine unmittelbare Kriegseinwirkung im Sinne des Art. 1 KBLG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Buchst. d DurchfVO vom 1. Mai 1949 zurückzuführen ist. Der Kläger ist nach seinen eigenen Behauptungen von der amerikanischen Besatzungsmacht allein deshalb in Moosburg interniert worden, weil er für die Gestapo, gezwungen durch die Notdienstverpflichtung, Dolmetscherdienste habe leisten müssen. Es ist daher den Umständen nach die Annahme naheliegend, daß die in Moosburg entstandenen Schädigungen des Klägers auf Vorgänge zurückzuführen sind, die infolge einer mit der militärischen Besetzung deutschen Gebiets zusammenhängenden besonderen Gefahr eingetreten sind. Da das LSG. die Ansprüche des Klägers für die angeblich in Moosburg erlittenen Schäden abgelehnt hat, ohne zu prüfen, ob die Ansprüche gemäß Art. 1 KBLG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Buchst. d DurchfVO, vom 1. Mai 1949 gerechtfertigt sind, mußte die Entscheidung aufgehoben werden.

Der erkennende Senat konnte selbst bezüglich dieser Schäden keine Entscheidung treffen, weil ebenfalls Feststellungen darüber fehlen, ob es sich bei der Internierung des Klägers in Moosburg um Vorgänge infolge der militärischen Besetzung deutschen Gebietes handelt und ob tatsächlich Schädigungen des Klägers vorhanden sind, die durch die Internierung verursacht sind. Die Sache mußte daher auch insoweit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das LSG. zurückverwiesen werden. Das LSG. wird bei seiner Entscheidung zu prüfen haben, ob es seine in einem anderen Zusammenhang geäußerte Rechtsansicht aufrechterhalten kann, daß es nicht Zweck des KBLG gewesen sein könne, Entschädigungen für Gesundheitsschäden zu gewähren, die anläßlich der von den Besatzungsmächten durchgeführten politischen Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus entstanden sind (vgl. Verwaltungsvorschriften Nr. 5 zu § 5 Buchst. d BVG, Schönleiter, Handbuch der Bundesversorgung, zu § 5 Rundschreiben Nr. 1, 3, 4, 5, 17; van Nuis-Vorberg, Recht der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen, II. Teil, Abschn. K l n, Schönleiter, Bundesversorgungsgesetz, § 5 Anm. 14, Röckner-Bluschke, Bundesversorgungsgesetz, § 5 Anm. 5 e 1, Sozialrechtliche Entscheidungssammlung IX/3 § 5 BVG Nr. 13 und 21, Breith. 1954 S. 551). Dabei wird auch bedeutsam sein, daß der Kläger nach seiner Behauptung vom Befreiungsgesetz nicht betroffen ist und der Gestapo nicht selbst angehörte, sondern nur gezwungen für sie Dolmetscherdienste leistete.

Die Kostenentscheidung muß dem abschließenden Urteil vorbehalten bleiben.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2324697

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