Tenor
Die Revisionen des Klägers und des Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 23. März 1965 werden als unbegründet zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Der Kläger hatte für den an Tuberkulose (Tbc) erkrankten Emil St. in der Zeit von 1954 bis 1957 auf Grund der Vorschriften über die Tbc-Fürsorge 12 318,96 DM aufgewendet. Nachdem der Beklagte in einem gerichtlichen Vergleich mit dem Beschädigten St. dessen Tbc als Schädigungsleiden anerkannt und sich zur Zahlung einer Versorgungsrente rückwirkend ab 1. Juni 1951 verpflichtet hatte, beanspruchte der Kläger die Erstattung des von ihm aufgewendeten Betrages. Mit Schreiben vom 13. Mai 1959 erkannte der Beklagte die Verpflichtung zur Übernahme der Kosten für die stationäre Behandlung des St. in Höhe von 12 009,16 DM an, rechnete jedoch mit einer Gegenforderung in Höhe von 4 359,10 DM auf, die ihm aus „vorlagsweise übernommener Heilbehandlung” für die Kriegswaise Heidi Ph. gegen den Kläger zustehe. Der Beklagte überwies daher an den Kläger einen Betrag von 7 650,06 DM. Dieser hat seinen über 12 009,16 DM hinausgehenden Anspruch nicht weiter verfolgt. Er macht mit der Klage den von dem Beklagten nicht gezahlten Betrag in Höhe von 4 359,10 DM geltend und bestreitet das Bestehen der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung. Dieser liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Beklagte hatte mit Bescheid vom 17. Februar 1956 der Waise Ph. über das 18. Lebensjahr hinaus die Waisenrente (Grund- und Ausgleichsrente) als Kannleistung wegen Berufsausbildung weitergewährt. In der Zeit vom 24. April 1957 bis 26. August 1958 wurde die Ph. wegen einer erneut aufgetretenen Scheuermann'schen Erkrankung stationär im Krankenhaus Fulda behandelt. Die Behandlungskosten trug gemäß § 28 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) aF der Beklagte, da die Ph. bereits seit dem 3. Januar 1957 wegen dieser Krankheit von der Krankenkasse ausgesteuert war. Als später der Ph. auch die Waisenrente aus der Angestelltenversicherung (AV) rückwirkend vom 1. Januar 1957 an in Höhe von 62,40 DM monatlich wiedergewährt wurde, stellte deswegen der Beklagte mit Bescheid vom 29. Oktober 1957 die Zahlung der Ausgleichsrente vom 1. Dezember 1957 an ein, trug jedoch die Heilbehandlungskosten weiterhin, die insgesamt die Höhe von 7 121,60 DM erreichten. Den auf die Zeit ab 1. Dezember 1957 entfallenden Teil der Heilbehandlungskosten in Höhe von 4 359,10 DM machte der Beklagte mit Schreiben vom 13. Mai 1959 als Gegenforderung geltend und rechnete mit ihr gegen die Forderung des Klägers auf. Zur Begründung seiner Gegenforderung führte der Beklagte aus, er sei nach Wegfall der Ausgleichsrente für die Ph. nicht mehr zur Zahlung der Heilbehandlungskosten verpflichtet gewesen. Da der Bescheid über die Entziehung der Ausgleichsrente am 12. November 1957 zugestellt worden sei, habe er die Behandlungskosten für die Zeit vom 24. April bis Ende November 1957 in Höhe von 2 762,50 DM endgültig übernommen; die Kosten für die Zeit vom 1. Dezember 1957 bis 26. August 1958 in Höhe von 4 359,10 DM müßten von dem Kläger erstattet werden. Der Kläger vertrat demgegenüber die Auffassung, ein Eintreten der Fürsorge sei nicht erforderlich gewesen, da der Beklagte die Behandlungskosten für den gesamten Zeitraum getragen habe; eine Hilfsbedürftigkeit der Ph. habe somit zu keinem Zeitpunkt vorgelegen; erstmalig durch das Schreiben des Beklagten vom 3. Februar 1959 – also nach Beendigung der Krankenhausbehandlung – habe er von dem angeblichen Notstand erfahren.
Der Kläger erhob Klage und beanspruchte aus dem Erstattungsfall St. die Zahlung der restlichen 4 359,10 DM nebst 4 % Zinsen seit Klageerhebung. Das Sozialgericht (SG) Kassel hat durch Urteil vom 25. Oktober 1962 den Beklagten verurteilt, dem Kläger 4 359,10 DM zu zahlen; im übrigen, d. h. hinsichtlich des Zinsanspruchs, hat es die Klage abgewiesen. Das Hessische Landessozialgericht (LSG) hat mit Beschluß vom 10. Dezember 1964 die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, beigeladen und durch Urteil vom 23. März 1965 die Berufung des Beklagten und die – unselbständige – Anschlußberufung des Klägers zurückgewiesen; die Revision gegen dieses Urteil wurde zugelassen. In den Gründen wird ausgeführt, der Rechtsweg zu den Sozialgerichten sei gegeben. Die Klageforderung sei begründet; dem Beklagten stehe kein Ersatzanspruch gegen den Kläger zu, den er zur Aufrechnung stellen könne. Der Beklagte sei zwar zutreffend davon ausgegangen, daß er nach Wegfall der Ausgleichsrente gemäß § 2 Abs. 2 Buchst. c der Durchführungsverordnung (DVO) zu § 28 BVG nicht mehr verpflichtet gewesen sei, der Waise Ph. Heilbehandlung zu gewähren, da diese als anderweitig sichergestellt gegolten habe. Der Wortgebung „gilt als sichergestellt” in dieser Vorschrift komme der Charakter einer unwiderlegbaren Rechtsvermutung zu. Nach §§ 5, 6 der „Reichsgrundsätze über Voraussetzung, Art und Maß der öffentlichen Fürsorge” (idF der Bekanntmachung vom 1. August 1931, RGBl I 441), die zur Zeit der hier streitigen aufgewendeten Leistungen galten, i.V.m. §§ 2, 6 des Körperbehindertengesetzes vom 27. Februar 1957 (BGBl I 147) hätte der Kläger jedoch nur dann eine Ersparnis gehabt, wenn er verpflichtet gewesen wäre, im Zeitpunkt der Leistung des Beklagten der Waise Ph. Krankenbehandlung zu gewähren. Eine solche Verpflichtung setze aber voraus, daß die Empfängerin sich in gegenwärtiger Notlage befunden und dadurch eine Hilfsbedürftigkeit bestanden habe. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen, da der Beklagte – zu Recht oder Unrecht – die Krankenbehandlung gewährt habe. Nachträglich könne eine Leistungspflicht nicht begründet werden, weil vergangene Notstände keine Hilfsbedürftigkeit begründeten. Wenn nun im Fürsorgerecht hierzu noch der – auch in das spätere Bundessozialhilfegesetz (BSHG) übergegangene – Grundsatz des Nachranges der Fürsorgeleistungen komme, dann sei es unbeachtlich, ob die zuvor leistende Stelle zur Leistung verpflichtet gewesen sei oder nicht. Es genüge allein die Tatsache, daß die Bedürftige von einer anderen Stelle krankenversorgt und damit für diese Zeit ihrer Bedürftigkeit entkleidet gewesen sei. Damit entfalle der dem Anspruch des Klägers gegenüber geltend gemachte Erstattungsanspruch des Beklagten. Zinsen könne der Kläger nicht beanspruchen, dafür fehle es an einer Rechtsgrundlage. Wenn für die vom Kläger aufgewendeten Tbc-Hilfeleistungen für St. seinerzeit nach § 1 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung über die Tbc-Hilfe vom 8. September 1942 (RGBl I 549) ein Erstattungsanspruch gegen den Beklagten nicht bestanden habe, der Beklagte aber trotzdem im Wege einer Ermessensleistung, nach VV Nr. 3 Abs. 1 zu § 14 BVG idF vom 6. Juni 1956 die Kosten bis auf eine geringfügige Differenz anerkannt habe, so sei dieser freiwillig anerkannte Anspruch keinesfalls zu verzinsen. Die Nichtübernahme der Zinsen sei auch kein Ermessensfehler, da die Frage der Zinszahlung überhaupt in der Sozialrechtsprechung umstritten sei (vgl. RVA AN 39 S. 445 und RVG Bd. 3 S. 82). Auf dem Gebiet des Versorgungsrechts habe sich kein Gewohnheitsrecht dahin gebildet, daß Leistungen der Versorgungsverwaltung im Prozeß zu verzinsen seien.
Dieses Urteil ist dem Kläger und dem Beklagten am 29. Juni 1965 zugestellt worden. Der Kläger hat dagegen am 6. Juli 1965, der Beklagte am 8. Juli 1965 Revision eingelegt. Eine Begründung für seine Revision hat der Kläger bereits in der Revisionsschrift gegeben; der Beklagte hat seine Revision mit besonderem Schriftsatz vom 20. August 1965, beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangen am 21. August 1965, begründet. Der Kläger führt in seiner Revisionsbegründung aus, ein Senat des BSG habe zwar die Frage verneint, ob allgemein für Forderungen oder wenigstens für öffentlich-rechtliche Erstattungsforderungen von Behörden auf Antrag Prozeßzinsen zu zahlen seien. In jenem Fall habe es sich jedoch um die Klage eines Versicherten gegen einen Versicherungsträger gehandelt, während hier ein Erstattungsanspruch zwischen Behörden streitig sei. Bei der Prüfung der Zinspflicht für solche Ausgleichsansprüche sei auf allgemeine Grundsätze des öffentlichen Rechts zurückzugreifen. Sowohl der Bundesgerichtshof (BGH) als auch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hätten generelle Erwägungen angestellt und den „allgemein gültigen Grundsatz von der Zinspflicht des Schuldners” anerkannt. Dem Urteil des BGH vom 25. Juni 1953 (BGHZ 10 S. 125) komme für diese Frage besondere Bedeutung zu. Nach Auffassung des BVerwG dürfe nicht das gesamte Risiko der Prozeßführung hinsichtlich der Verzinsung auf den Gläubiger abgewälzt werden. Heute dürfe als gefestigte Rechtsprechung angesehen werden, daß öffentlich-rechtliche Geldforderungen zu verzinsen seien; die Ansichten hätten sich im Laufe der Zeit geändert.
Der Kläger beantragt daher,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger 4 % Zinsen jährlich ab Klageerhebung am 11. Februar 1960 aus 4 359,10 DM zu zahlen.
Der Beklagte bringt zur Begründung seiner Revision vor, ein Rechtsgrund für die von ihm zugunsten der Kriegswaise Ph. erbrachten Leistungen habe mit Rücksicht auf § 28 BVG aF und § 2 DVO nicht bestanden. Die Vorinstanzen hätten den Erstattungsanspruch des beklagten Landes gegen den Kläger zu Unrecht mit der Begründung verneint, daß die Nachrangigkeit von Fürsorge- und Sozialhilfeleistungen einen Erstattungsanspruch zwischen den Beteiligten ausschließen solle. Nach richtiger Auffassung könne nur eine rechtmäßige Leistung zum Nachrang und damit zur Leistungsfreiheit der Träger von Fürsorge- und Sozialhilfeleistungen führen. Die Vorinstanzen hätten den gewohnheitsrechtlich anerkannten Grundsatz der Erstattungspflicht zwischen öffentlichen Leistungsträgern, dessen positivrechtliche, seit 1. Juni 1960 geltende Normierung durch § 81 b BVG und den Sinn des Nachranges gemäß §§ 5, 8 der Reichsgrundsätze (RGr), § 21 Reichsfürsorgepflichtverordnung (FürsPflVO) und § 2 BSHG verkannt und unrichtig angewandt. Der Zinsanspruch des Klägers sei auf jeden Fall unbegründet. Die von dem Kläger zitierte Rechtsprechung des BVerwG und des BGH enthalte noch keine gefestigte Rechtsprechung für das gesamte öffentliche Recht; noch viel weniger habe diese Rechtsprechung eine gewohnheitsrechtliche Anerkennung von Zinsansprüchen im öffentlichen Recht zur Folge gehabt. Erstattungsansprüche von Behörden könnten nicht anders behandelt werden als versorgungsrechtliche Ansprüche selbst, für die eine Verzinslichkeit weder gesetzlich vorgesehen noch gewohnheitsrechtlich anerkannt sei.
Der Beklagte beantragt,
- das Urteil des SG Kassel vom 25. Oktober 1962 dahin abzuändern, daß die Klage in vollem Umfange abgewiesen wird, und das Urteil des Hessischen LSG vom 23. März 1965 aufzuheben, soweit es die Berufung des Beklagten zurückweist,
- die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt demgegenüber,
Die Beigeladene hat sich den Anträgen des Beklagten angeschlossen. In ihrem Schriftsatz vom 16. August 1965 bringt sie vor, die beklagte Versorgungsverwaltung habe 1957/1958 für die Kriegswaise Ph. Heilbehandlungskosten aufgewendet, aber erst nachträglich feststellen können, daß sie hierzu nicht verpflichtet gewesen sei und daß ohne ihr Eintreten der Kläger diese Kosten hätte tragen müssen. Rechtsgrundlage des Anspruches der Versorgungsverwaltung auf Erstattung der Heilbehandlungskosten gegen den Kläger sei das Rechtsinstitut des Ausgleichsanspruchs. Dieses allgemein im Verwaltungsrecht anerkannte Rechtsinstitut habe für die Versorgungsverwaltung seinen Niederschlag in § 81 b BVG gefunden. Dadurch solle vermieden werden, daß Anspruchsberechtigte unter eventuellen Kompetenzstreitigkeiten von Leistungsträgern zu leiden hätten. Es sei Sinn und Zweck dieses Rechtsinstituts und des § 81 b BVG, den Zustand herbeizuführen, der bestanden hätte, wenn von Anfang an entsprechend der geltenden Rechtslage verfahren worden wäre. Wenn das Berufungsgericht dieses klare Ergebnis mit Hilfe des Grundsatzes der Subsidiarität in das Gegenteil verkehrt habe, so liege darin eine Überspitzung dieses Grundsatzes. Der Anspruch des Klägers auf 4 % Prozeßzinsen sei von den Vorinstanzen zu Recht abgewiesen worden. Von gezogenen Nutzungen (Zinsgewinn) durch den Beklagten könne nicht gesprochen werden.
Die – durch Zulassung statthaften – Revisionen des Klägers und des Beklagten sind in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden und somit zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG–); sie konnten jedoch keinen Erfolg haben.
Zunächst ist dem LSG insoweit zu folgen, als es den Rechtsweg zu den Sozialgerichten gemäß § 51 SGG für gegeben gehalten hat. Die Zulässigkeit des Rechtsweges ist von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens zu prüfen, mithin auch hier in der Revisionsinstanz (vgl. BSG 2, 23, 26; 3, 180; 19, 207). Für den vorliegenden Fall ergibt sich die Zulässigkeit des Rechtsweges nicht ohne weiteres aus § 149 Satz 1 SGG, der von „Ersatz- und Erstattungsstreitigkeiten zwischen Behörden oder Körperschaften des öffentlichen Rechts” spricht; denn diese Vorschrift regelt nur die Berufungsfähigkeit von Erstattungsstreitigkeiten und läßt einen zwingenden Schluß auf die Zulässigkeit des Sozialrechtswegs für den vorliegenden Erstattungsanspruch nicht zu. Die Zulässigkeit des Sozialrechtswegs wird vielmehr allein durch § 51 SGG bestimmt (vgl. BSG 6, 197). Nach dieser Vorschrift entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit ua über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in „Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung” (KOV). Die Verwendung des allgemeinen Begriffs „Angelegenheiten” läßt erkennen, daß alle Streitigkeiten aus den Rechtsgebieten, die in § 51 SGG aufgezählt sind, vor die Sozialgerichte gehören. Es kommt also auf die Rechtsnatur des erhobenen Anspruchs an, d. h. ob dieser Anspruch Gegenstand der materiell-rechtlichen Regelung auf dem betreffenden Rechtsgebiet ist (vgl. BSG 10, 206). Im vorliegenden Fall liegt der Klageforderung ein Versorgungsanspruch des Beschädigten St. zugrunde. Dessen Tbc ist mit Bescheid vom 11. Februar 1958 rückwirkend ab 1. Juni 1951 als Schädigungsleiden anerkannt worden; seither hat St. auch gemäß § 10 BVG einen Anspruch auf Heilbehandlung für die Lungentbc gegen den Beklagten gehabt. Lediglich wegen der späten und rückwirkenden Anerkennung sind diese Kosten nicht vom Beklagten, sondern von dem Kläger getragen worden. Für diese vom Kläger aufgewendete Tbc-Hilfeleistung stand dem Kläger zwar nach § 1 Abs. 2 Satz 2 der zur Zeit der Gewährung der Leistung geltenden Verordnung über die Tbc-Hilfe vom 8. September 1942 (RGBl I 549) kein Erstattungsanspruch gegen den Beklagten zu, jedoch hat der Beklagte von der ihm durch die seinerzeit geltenden VV (Ziff. 3 Abs. 1 zu § 14 Abs. 1 BVG) eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht und diese Kosten übernommen. Der Kläger macht somit einen Anspruch aus der Übernahme einer Versorgungsverpflichtung geltend, die ursprünglich dem Beschädigten St. gegenüber bestand. Für diesen Anspruch, der seine Grundlage im materiellen Recht der KOV, nämlich dem BVG, hat, ist also der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben.
Die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Sozialgerichten wird auch nicht dadurch beeinträchtigt, daß über den zur Aufrechnung gestellten streitigen Gegenanspruch des Beklagten, wenn er selbständig verfolgt würde, nicht von den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit entschieden werden könnte (vgl. Gutachten des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge in NDV 1967 S. 342; s. auch NDV 1954 S. 415 und BSG 13, 279, 282). Der Beklagte hat seine Gegenforderung jedoch nicht als selbständige Klageforderung, sondern nur verteidigungsweise im Wege der Aufrechnung geltend gemacht. Die Geltendmachung einer zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung wird grundsätzlich nicht dadurch gehindert, daß die Gegenforderung ihrer Natur nach nicht in den Entscheidungsbereich derjenigen Gerichtsbarkeit gehört, vor welcher der Prozeß um die Klageforderung läuft (vgl. RGZ 77, 412; 155, 242; BGHZ 16, 124; BSG 19, 207; BAG, Urteil vom 5. März 1968 – 1 AZR 229/67 –; Rosenberg, Lehrbuch des Deutschen Zivilprozeßrechts, 8. Aufl., § 104 Anm. II 1). Das Gericht, bei welchem das Verfahren läuft, hat vielmehr – allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsätzen entsprechend – den gesamten Prozeßstoff in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht zu würdigen und auch über etwaige Vorfragen selbst zu entscheiden, soweit nicht gesetzlich etwas anderes bestimmt ist (BSG 3, 121). Eine Bestätigung dafür, daß dieser Grundsatz auch im sozialgerichtlichen Verfahren gilt, ergibt sich aus § 114 SGG, der seinerseits auf § 148 der Zivilprozeßordnung (ZPO) zurückgeht. Nach § 114 SGG haben die Sozialgerichte in den dort erwähnten Fällen die Wahl, ob sie über bestimmte Rechtsverhältnisse – über die an sich von einer anderen Gerichtsbarkeit zu entscheiden ist – selbst entscheiden oder das Verfahren aussetzen wollen. Ein Rechtsverhältnis, von dem die Entscheidung abhängt und das an sich nicht vor die Sozialgerichte gehört, ist auch das der Gegenforderung zugrunde liegende Rechtsverhältnis zwischen Beklagtem und Kläger. Mithin besteht auch bei der Aufrechnung, die vom SGG in § 141 Abs. 2 ausdrücklich zugelassen ist, für das Sozialgericht die Wahl, entweder über die zur Aufrechnung gestellte und nicht in den Entscheidungsbereich der Sozialgerichte fallende Gegenforderung selbst zu entscheiden oder das Verfahren auszusetzen. Bei der Ausübung seiner Wahl, ob das Gericht über die einem anderen Rechtsgebiet angehörende Vorfrage bzw. Gegenforderung selbst entscheiden oder aussetzen soll, wird für das Gericht die Überlegung maßgebend sein müssen, ob es für die Beteiligten zumutbar ist, ein weiteres Verfahren durchzuführen, das in der Regel mit Kosten, stets aber mit Zeitverlust verbunden ist, oder ob es das Gericht selbst auf sich nehmen soll, eine Entscheidung aus einem Rechtsgebiet zu treffen, das eigentlich zum Entscheidungsbereich einer anderen Gerichtsbarkeit gehört (vgl. Peters/Sautter/Wolff, SGG § 114 Anm. 1). Auf jeden Fall werden die Sozialgerichte für befugt zu erachten sein, über eine zivilrechtliche Gegenforderung mitzuentscheiden, sofern diese unstreitig ist. Rosenberg (§ 104 Anm. II 2 am Ende) bejaht für den umgekehrten Fall – wenn das ordentliche Gericht ohne Aussetzung über eine zur Aufrechnung gestellte öffentlich-rechtliche Gegenforderung entschieden hat –, die Anwendung des § 322 Abs. 2 ZPO.
Das BSG hat allerdings (BSG 19, 207, 210) die Aussetzung des Sozialrechtsstreits dann für geboten gehalten, wenn eine privatrechtliche Gegenforderung noch zu klären und nicht bereits vom Schuldner anerkannt oder rechtskräftig festgestellt ist. Es hat gemeint, diese Entscheidung im Hinblick auf § 141 Abs. 2 SGG treffen zu müssen, weil andernfalls „den Beteiligten wegen der materiellen Rechtskraftwirkung der Entscheidung über die Gegenforderung der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten entzogen würde”. Es mag dahinstehen, ob dieser Entscheidung zu folgen ist; jedenfalls ist dadurch der erkennende Senat nicht gehalten, den vorliegenden Rechtsstreit gleichfalls auszusetzen. Bei jenem Fall handelte es sich um das Verhältnis von Sozialgerichtsbarkeit bei der Klageforderung zur Zivilgerichtsbarkeit bei der Gegenforderung; die Entscheidung des BSG ist vornehmlich von der Verschiedenheit der Rechtsgebiete und Gerichtsbarkeiten getragen. Der vorliegende Rechtsstreit ist jedoch dadurch gekennzeichnet, daß Forderung und Gegenforderung dem öffentlichen Recht angehören. Die Hauptforderung fällt in den Entscheidungsbereich der Sozialgerichte, während die Gegenforderung in den Entscheidungsbereich der allgemeinen Verwaltungsgerichte fallen würde. Die Unterschiede zwischen diesen beiden Gerichtszweigen sind nicht so erheblich, daß deshalb eine Aussetzung zwingend geboten wäre. Gemäß § 1 SGG sind die Sozialgerichte „besondere Verwaltungsgerichte”; beide Gerichtszweige entscheiden über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten. Die Verbundenheit der beiden Gerichtszweige hat der Gesetzgeber in § 51 Abs. 2 Satz 2 SGG selbst insofern anerkannt, als er die Entscheidung in bestimmten Angelegenheiten, die im Recht der KOV (BVG) geregelt sind, den Verwaltungsgerichten zugewiesen hat, und andererseits in § 51 Abs. 3 SGG vorgesehen hat, daß Entscheidungen in sonstigen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten, in denen an sich die allgemeinen Verwaltungsgerichte zuständig wären, den Sozialgerichten zugewiesen werden können. Bei dieser Verbundenheit der Gerichtsbarkeiten ist die Zulässigkeit des Sozialrechtsweges zu bejahen, sofern die Sozialgerichte auch über eine bestrittene Gegenforderung mitentscheiden, wenn diese gleichfalls dem öffentlichen Recht angehört. Das muß insbesondere dann gelten, wenn auch die Gegenforderung aus Rechtsverhältnissen hergeleitet wird, die zu den in § 51 SGG erwähnten Rechtsgebieten gehören. Das ist hier bei der Gegenforderung des Beklagten der Fall, da diese aus der Voraussetzung erhoben ist, daß zur Zahlung der Heilbehandlungskosten für die Ph. versorgungsrechtlich keine Verpflichtung bestand. Mithin bestehen keine Bedenken gegen die Entscheidung des LSG, indem es nicht das Verfahren ausgesetzt, sondern der Sache nach über die Hauptforderung und die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung entschieden hat.
Auch die von dem LSG getroffene Sachentscheidung ist gerechtfertigt. Der Klageforderung des Klägers in Höhe von 4 359,10 DM, die vom Beklagten nach Grund und Betrag anerkannt worden ist, hat der Beklagte eine Gegenforderung zur Aufrechnung gegenübergestellt, die nicht begründet ist. Dem Beklagten steht nämlich ein Gegenanspruch aus der Heilbehandlung für die Kriegswaise Ph. gegen den Kläger nicht zu. Gemäß § 45 Abs. 3 BVG (idF des 5. und 6. Änderungsgesetzes zum BVG) war der Ph. Waisengrundrente nach Vollendung des 18. Lebensjahres gewährt worden, weil sie sich seinerzeit noch in Berufsausbildung befand. Ferner war ihr Ausgleichsrente nach § 47 BVG zugebilligt worden, da ihr Lebensunterhalt nicht auf andere Weise sichergestellt war. Als sie am 24. April 1957 (erneut) ins Krankenhaus eingewiesen wurde, gewährte ihr der Beklagte daraufhin auch die Behandlung dort als Heilanstaltspflege nach § 28 Satz 1 und 2 BVG aF, da „die Krankenbehandlung nicht anderweitig sichergestellt war oder sichergestellt werden konnte”. Die Ph. war nämlich bereits seit dem 3. Januar 1957 wegen der erneut zu behandelnden Scheuermann'schen Erkrankung von der Krankenkasse ausgesteuert; ein Anspruch gegen einen Sozialversicherungsträger stand ihr nicht zu (§ 2 Abs. 1 DVO zu § 28 BVG). Mithin hat seinerzeit der Beklagte die Kosten für die am 24. April 1957 beginnende erneute Heilbehandlung zu Recht übernommen.
Diese Verpflichtung entfiel jedoch zu dem Zeitpunkt, als der Waise Ph. rückwirkend ab Januar 1957 auch die Waisenrente aus der AV wiedergewährt wurde. Die Höhe dieser Waisenrente betrug 62,40 DM. Damit wurde der in § 47 Abs. 3 BVG idF des 6. Änderungsgesetzes vom 1. Juli 1957 (BGBl I 661) geltende Höchstsatz des sonstigen Einkommens für Halbwaisen von 60,– DM überschritten. Die Ausgleichsrente war nicht mehr zu gewähren und wurde der Ph. mit Wirkung vom 1. Dezember 1957 durch den Bescheid vom 29. Oktober 1957 entzogen. Mit diesem Fortfall der Waisenausgleichsrente entfiel auch die Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung der Heilbehandlung bzw. Heilanstaltspflege, weil von diesem Zeitpunkt an die Heilbehandlung als anderweitig sichergestellt im Sinne des § 28 BVG zu gelten hatte. Der § 2 Abs. 2 Buchst. c der VO zur Durchführung des § 28 BVG vom 26. Februar 1951 (BGBl I 160) idF der VOen vom 23. Oktober 1952 (BGBl I 714) und vom 18. August 1953 (BGBl I 973) bestimmt nämlich, daß die Krankenbehandlung als anderweitig sichergestellt „gilt”, wenn der Waise wegen der Höhe des sonstigen Einkommens Ausgleichsrente nicht gewährt wird.
Bei dieser Bestimmung handelt es sich, wie das LSG zutreffend entgegen der Ansicht des Klägers angenommen hat, um eine unwiderlegbare Rechtsvermutung, die den Gegenbeweis ausschließt (§ 292 ZPO). Das geht zunächst aus dem Gebrauch des Wortes „gilt” hervor, das im Recht der Sozialversicherung und der KOV regelmäßig für eine unwiderlegbare Rechtsvermutung verwendet wird (vgl. BSG 7, 53, 55; 12, 91, 94; 13, 4, 5; 19, 65, 66; BSG in SozR BVG § 38 Nr. 17). Die Unwiderlegbarkeit der in Abs. 2 des § 2 DVO ausgesprochenen Rechtsvermutung ergibt sich aber auch aus dem Zusammenhang mit der in Abs. 1 getroffenen Regelung. Dort ist in Satz 1 ausgeführt, wann eine Krankenbehandlung sichergestellt ist, und in Satz 2 der Fall geregelt, daß die anderweitig sichergestellte Krankenbehandlung nicht den Umfang derjenigen nach § 28 BVG erreicht; darauf kommt es aber nach dem letzten Halbsatz („es sei denn”) dann nicht an, wenn die Krankenbehandlung nach Abs. 2 als sichergestellt „gilt”. Das besagt, daß die Frage, ob und in welchem Umfang anderweitige Ansprüche auf Krankenbehandlung bestehen, unerheblich und nicht zu prüfen ist, wenn die Krankenbehandlung nach Abs. 2 als sichergestellt gilt. Mithin kann das „gilt” in Abs. 2 nur eine unwiderlegbare Vermutung sein, denn andernfalls würde das in Abs. 1 Gesagte widerrufen werden, wenn dennoch bei einer wegen der Höhe des sonstigen Einkommens nicht gewährten Ausgleichsrente geprüft werden könnte, ob eine Krankenbehandlung wirklich sichergestellt ist. Schließlich rechtfertigt sich die Unwiderlegbarkeit der gesetzlichen Vermutung aus dem offenbaren Zweck dieser Vorschrift, die Verwaltungsarbeit zu vereinfachen und weitere Ermittlungen zu ersparen.
Mit der Entziehung der Ausgleichsrente der Ph. entfiel also vom 1. Dezember 1957 an auch der Anspruch auf Heilbehandlung gemäß § 28 BVG, weil von diesem Zeitpunkt an die Krankenbehandlung unwiderleglich als sichergestellt zu gelten hatte. Seither hat der Beklagte die Heilanstaltskosten ohne rechtlichen Grund geleistet. Gerade die nach diesem Zeitpunkt geleisteten Kosten der Krankenbehandlung verlangt aber der Beklagte von dem Kläger erstattet. Dieser geltend gemachte Erstattungsanspruch für die ohne Verpflichtung nach § 28 BVG gewährte Heilbehandlung hat weder im BVG noch in der Fürsorgepflichtverordnung oder der RVO, wie sie zur Zeit des hier geltend gemachten Erstattungsanspruchs galten, eine ausdrückliche Grundlage (vgl. BSG 16, 151 und 222 und die dort zitierte Rechtsprechung und Literatur). Erst durch § 81 b BVG idF des 1. Neuordnungsgesetzes (NOG) vom 27. Juni 1960 hat der Gesetzgeber mit Wirkung vom 1. Juni 1960 eine ausdrückliche Grundlage geschaffen. Danach ist in den Fällen, in denen die Versorgungsverwaltung zu Unrecht Leistungen gewährt hat, die ein anderer öffentlich-rechtlicher Leistungsträger hätte gewähren müssen, ein Ausgleich vorzunehmen. Nach der amtlichen Begründung (vgl. 3. Wahlperiode, BT-Drucksache Nr. 1239 – Regierungsentwurf zur Neuregelung des Rechts der KOV, § 82 – und Nr. 1825 – Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen –) sollte diese – nicht mit rückwirkender Kraft ausgestattete – Vorschrift „lediglich eine Klarstellung bringen” und einen internen Lastenausgleich der öffentlich-rechtlichen Leistungsträger herbeiführen. Mit diesem bereits bestehenden Ausgleichsanspruch, der nach Ansicht des Gesetzgebers lediglich klargestellt werden sollte, kann nicht ein Anspruch gemeint sein, wie er sich aus dem 5. Buch der RVO und dessen 1. Abschnitt – überschrieben „Beziehungen der Versicherungsträger zueinander und zu anderen Verpflichteten” (§§ 1501 ff RVO) – ergibt. Dort sind zwar die Fürsorgeträger ausdrücklich erwähnt, nicht jedoch die Versorgungsverwaltungen; zudem sind dort nur Regelungen für den Fall des Zusammentreffens von Verpflichtungen mehrerer Verpflichteter aus Anlaß eines Krankheitsfalles bei einer nur einmal zu gewährenden Leistung getroffen (vgl. BSG 16, 151, 154; RVA in EuM 41, 240; Bd. 44, 55). Auch im Fürsorgerecht fehlten Vorschriften, die derartige Erstattungsansprüche geregelt hätten. In der FürsPflVO (§§ 14 ff) wie auch jetzt im BSHG (Abschnitt 9, §§ 103 ff) sind nur Kostenerstattungsansprüche zwischen den Fürsorgeträgern untereinander und Erstattungsansprüche der Sozialhilfeträger gegen andere Leistungsträger (§ 59 BSHG) geregelt, nicht jedoch – mit Ausnahme des § 121 BSHG – Erstattungsansprüche anderer öffentlich-rechtlicher Verwaltungen gegen den Fürsorge- bzw. Sozialhilfeträger (vgl. Schellhorn/Reinehr/Schwörer „Die Kostenerstattung zwischen den Trägern der Sozialhilfe” 1966, S. 3 und S. 31 ff). Ebensowenig können die aus dem bürgerlichen Recht abgeleiteten Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff BGB mit dem Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen gemäß § 683 BGB) den Erstattungsanspruch des Beklagten stützen; denn der Beklagte hat die Heilbehandlungskosten für die Ph. in der irrigen Annahme getragen, zur Gewährung von Krankenbehandlung nach § 28 BVG verpflichtet zu sein, hat also nicht ein Geschäft des Klägers führen wollen, sondern ein objektiv fremdes Geschäft in der Meinung besorgt, daß es sein eigenes sei (§ 687 Abs. 1 BGB).
Der Erstattungsanspruch des Beklagten – der in der oben erwähnten Begründung zu § 81 b BVG nF angesprochen ist und durch diese Vorschrift eine Klarstellung erhalten sollte – könnte daher nur als öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch begründet sein. Bei diesem Erstattungsanspruch, der zunächst aus den zivilrechtlichen Normen über ungerechtfertigte Bereicherung (§§ 812 ff BGB) abgeleitet worden ist, handelt es sich um ein Rechtsinstitut, das seit den grundlegenden Ausführungen von Lassar („Der Erstattungsanspruch im Verwaltungs- und Finanzrecht”, Berlin 1921) mehr und mehr anerkannt worden ist. Zwar hatte Lassar seine Untersuchungen noch auf Vermögensverschiebungen „zwischen den Verwaltungen und anderen Rechtssubjekten” beschränkt (s. aaO S. 94 ff; vgl. auch Haueisen „Erstattungsansprüche im öffentlichen Recht” in NWJ 1954, 977; BSG 14, 59, 63), also den Erstattungsanspruch zwischen Verwaltungen untereinander nicht einbezogen. Die Gedankengänge von Lassar haben jedoch allgemein Zustimmung gefunden und sind auch auf das Verhältnis zwischen Verwaltungen und öffentlichen Rechtsträgern untereinander angewendet worden (vgl. BSG 16, 151, 156 und die dort zitierte Rechtsprechung und Literatur). Danach gilt im öffentlichen Recht ganz allgemein – auch ohne ausdrückliche Normierung im Gesetz – der Grundsatz, daß Leistungen, die ohne rechtlichen Grund bewirkt sind, von dem zu erstatten sind, der eigentlich zur Leistung verpflichtet war. Dabei ist dem Mangel des rechtlichen Grundes zur Leistung der spätere Wegfall des ursprünglich vorhandenen rechtlichen Grundes gleichzustellen (vgl. Haueisen aaO). Die Anwendung dieses Grundsatzes ist nicht auf die Fälle beschränkt, in denen es sich um Ansprüche auf Rückforderung zu Unrecht erbrachter Leistungen handelt, sondern findet auch auf Fälle der hier streitigen Art Anwendung, in denen ein nicht verpflichteter Träger des öffentlichen Rechts einem berechtigten Dritten Leistungen gewährt hat. Der erkennende Senat sieht keinen Hinderungsgrund, diesen im öffentlichen Recht allgemein anerkannten Grundsatz, den bereits der 2. Senat des BSG für das Verhältnis von Unfallversicherungsträger zum Versorgungsträger der KOV angewendet hat (vgl. BSG aaO), auf den Erstattungsanspruch zwischen dem Versorgungsträger und dem Fürsorgeträger anzuwenden.
Bei diesem Ersatzanspruch kommt es nicht darauf an, ob die Leistung in der irrigen Annahme einer Verpflichtung erbracht oder ob sie aus einem anderen Grunde als eigene Leistung gewährt worden ist. Allein ausschlaggebend ist nur, daß sie ohne eine Verpflichtung geleistet worden ist. Mithin kommt es insoweit nicht darauf an, ob die Versorgungsbehörde – wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zur Erwägung gestellt hat – etwa doch in Erkenntnis ihrer nicht bestehenden Verpflichtung (nach Erlaß des Bescheides vom 29. Oktober 1957 über den Entzug der Ausgleichsrente) gleichwohl die Krankenbehandlung aber deshalb weitergewährt hat, um die Kontinuität der Heilanstaltspflege nicht zu gefährden. Auch in diesem Falle würde einer „Abwälzung” (s. Lassar S. 106) der aufgewandten Kosten nichts entgegenstehen. Es kommt ferner bei diesem Ersatzanspruch auch nicht darauf an, ob der Beklagte schon von Beginn der hier streitigen Leistungen an, d. h. vom 1. Dezember 1957 an, gewußt hat, daß er nicht zur Leistung verpflichtet ist, oder ob er diese Erkenntnis erst später erlangt hat. Zwar heißt es in dem inzwischen in Kraft getretenen § 81 b BVG, daß ein Ersatzanspruch gewährt wird, wenn sich „nachträglich herausstellt”, daß anstelle der Versorgungsverwaltung ein anderer Leistungsträger verpflichtet gewesen wäre. Das BSG hat jedoch selbst für diesen ausdrücklich geregelten Ersatzanspruch ausgesprochen (vgl. BSG 16, 222, 226), daß das Merkmal der „nachträglichen” Kenntnis des wahren Sachverhalts nicht als ein tatbestandsmäßiges Erfordernis des Ersatzanspruchs zu werten ist.
Ist somit davon auszugehen, daß der Beklagte die erste Voraussetzung für die Entstehung eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs erfüllt, nämlich mit der Zahlung der Heilbehandlungskosten für die Zeit vom 1. Dezember 1957 bis 26. August 1958 in Höhe von 4 359,10 DM eine Leistung ohne rechtliche Verpflichtung erbracht hat, so fehlt es als weitere Voraussetzung für den Erstattungsanspruch gegen den Kläger daran, daß dieser „an Stelle des Beklagten” zur Leistung verpflichtet war. Zu Unrecht nimmt der Beklagte an, daß eine solche Verpflichtung schon deswegen besteht, weil für die Heilbehandlungskosten letzten Endes der Kläger als Fürsorgeträger einzutreten habe. Dieser Ansicht kann schon im Hinblick auf § 28 BVG nicht gefolgt werden. Wenn der Fürsorgeträger stets und unter allen Umständen die Kosten der Heilbehandlung zu übernehmen hätte, dann wäre die Heilbehandlung immer sichergestellt; damit wäre aber § 28 BVG seiner Bedeutung und seines Sinnes entkleidet. Die Versorgungsverwaltung hätte dann nämlich den anspruchsberechtigten Personenkreis, falls sich sonst kein anderer Leistungsträger für die Krankenbehandlung finden läßt, regelmäßig nur auf den Fürsorgeträger zu verweisen, und würde ihrerseits stets leistungsfrei bleiben (vgl. Schieckel, BVG, 2. Aufl. 1953, § 28 Anm. 2). Das aber würde dem Sinn dieser Vorschrift widersprechen, denn dadurch sollten gerade die Kriegshinterbliebenen von der Notwendigkeit enthoben werden, wegen der Heilbehandlung die Fürsorge in Anspruch nehmen zu müssen. Der Wortlaut des § 28 BVG erweist sich somit insoweit als ungenau, als er schlechthin von einer anderweitigen Sicherstellung spricht. Gemeint sind offenbar nur die Fälle, in denen durch eine andere Verpflichtung als die der Fürsorgebehörden die Krankenbehandlung anderweitig sichergestellt ist (vgl. Schieckel aaO; Wilke in KOV 1959, 211; vgl. auch § 2 Abs. 2 Satz 2 BSHG), wie dies in § 2 Abs. 1 der DVO zu § 28 BVG zum Ausdruck kommt, in dem die anderweitige Sicherstellung definiert und gesagt ist, daß die Krankenbehandlung anderweitig sichergestellt ist, „soweit und solange ein Anspruch gegen einen Sozialversicherungsträger oder aufgrund eines Vertrages gegen Dritte besteht”. Diese Auslegung des § 28 BVG zeigt, daß in dieser Vorschrift eine Verpflichtung des Fürsorgeträgers gar nicht angesprochen ist, so daß diese Vorschrift auch nichts über eine Verpflichtung des Klägers, die Heilbehandlungskosten anstelle des Beklagten zu tragen, hergeben kann.
Daß eine solche Verpflichtung des Klägers im vorliegenden Fall nicht besteht, ergibt sich aus dem allgemein anerkannten und im Gesetz verankerten Grundsatz der Nachrangigkeit, d. h. der Subsidiarität der Fürsorge- bzw. Sozialhilfeleistungen (vgl. Gottschick/Keese „Reichsgrundsätze” 1955, Erläuterung zu § 5; Fuchs „Sozialhilfe und Kriegsopferfürsorge” 1963, S. 100; Mergler „Bundessozialhilfegesetz”, §§ 2, 78; Keese „Sozialhilferecht” 2. Aufl., 1964, S. 21 und 24; Gottschick „Das Bundessozialhilfegesetz”, 2. Aufl., 1963, S. 80/81). Dieser Grundsatz besagt, daß die Gewährung von Fürsorgeleistungen nur dann in Betracht kommt, wenn der Hilfsbedürftige den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsbedürftigen Angehörigen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht von dritter Seite erhält. Dieser Grundsatz ging bereits aus § 21 der VO über die Fürsorgepflicht vom 13. Februar 1924 (FürsPflVO, (RGBl I 100), zuletzt geändert durch das Gesetz über die Fürsorge für Körperbehinderte und von einer Körperbehinderung bedrohte Personen (KBG) vom 27. Februar 1957 (BGBl I 147)), und aus § 5 der Reichsgrundsätze über Voraussetzung, Art und Maß der öffentlichen Fürsorge vom 4. Dezember 1924 („Reichsgrundsätze” – RGr–, RGBl I 765, zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung der RGr vom 4. Juli 1957 (BGBl I 693)), hervor. Dort heißt es nämlich, daß hilfsbedürftig nur ist – mit einer entsprechenden Verpflichtung des Fürsorgeträgers zur Hilfeleistung –, wer den notwendigen Lebensbedarf „nicht … beschaffen kann und ihn auch nicht von anderer Seite erhält”. Dieser Grundsatz ist unverändert unter besonderer Betonung der Nachrangigkeit in § 2 des BSHG vom 30. Juni 1961 (BGBl I 815), das am 1. Juni 1962 in Kraft getreten ist, übernommen worden. Lediglich zur Klarstellung sind anstelle der Worte in § 5 RGr „insbesondere von Angehörigen” die Worte „besonders von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen” in § 2 BSHG gebraucht worden. Inhaltlich ist damit keine Änderung oder Erweiterung eingetreten, denn bereits bei dem früheren Zustand entsprach es allgemeiner Rechtsüberzeugung und Rechtsanwendung, daß zu den Mitteln von anderer Seite nicht nur Unterhaltsbeiträge von Angehörigen zählten („Familiennotgemeinschaft”), sondern auch Leistungen aus früheren Arbeits- oder Dienstverhältnissen und von öffentlich-rechtlichen Leistungsträgern aller Art, insbesondere Sozialversicherungsträgern und Trägern der KOV (vgl. hierzu auch Rundschreiben BMA vom 27. November 1959 in BVBl 1960 S. 2).
Auch § 121 BSHG muß als Bestätigung des allgemeinen Grundsatzes der Subsidiarität der Fürsorge- und Sozialhilfeleistungen angesehen werden, da diese Vorschrift eine Erstattungspflicht des Sozialhilfeträgers ausdrücklich nur für die Fälle vorsieht, in denen ein Dritter in einem „Eilfalle” Hilfe gewährt, die der Träger der Sozialhilfe bei rechtzeitiger Kenntnis gewährt haben würde.
Setzt also der Grundsatz der Subsidiarität für eine Verpflichtung des Sozialhilfeträgers voraus, daß die Hilfe nicht bereits von dritter Seite tatsächlich geleistet worden ist, so bestand im vorliegenden Fall eine Verpflichtung des Klägers zur Übernahme der Heilbehandlungskosten schon deshalb nicht, weil der Beklagte sie getragen hat. Es kommt insoweit nicht darauf an, ob der Dritte – wie hier der Beklagte – die Hilfe freiwillig oder auf Grund von privaten oder öffentlichen Verpflichtungen, aus moralischen, ethischen oder Dotationsgründen, mit oder ohne Rechtsgrund oder in der irrtümlichen Annahme eines Rechtsgrundes leistet. In jedem Falle schließt eine derartige Hilfegewährung die Verpflichtung des Sozialhilfeträgers zum Eintreten aus, falls nicht weitergehende Maßnahmen („Aufzahlung”) zur Beseitigung der gegenwärtigen Notlage erforderlich sind (vgl. Urteil BSG vom 30. April 1968 – 3 RK 79/67 – in „Die AV” 1968 S. 312). Das Bundesamt für Heimatwesen (BAH) hatte bereits am 19. März 1930 (BAH Bd. 74 S. 65) ausgesprochen, daß Hilfsbedürftigkeit im Sinne der FürsPflVO nicht gegeben sei, wenn eine öffentliche Krankenkasse irrtümlich Krankengeld gewährt habe, dadurch die öffentliche Fürsorge entbehrlich geworden und tatsächlich auch nicht in Anspruch genommen worden sei; Hilfsbedürftigkeit sei auch dann ausgeschlossen, wenn eine Person, die sich aus eigenen Kräften nicht unterhalten könne, die Mittel zu ihrem Unterhalt von dritter Seite erhalte, selbst wenn sie dieser gegenüber einen Rechtsanspruch auf Unterhaltsgewährung nicht habe. Diese Auffassung ist in der Folgezeit wiederholt bestätigt (vgl. NDV 1954 S. 415) und aus dem oben erörterten Grundsatz der Subsidiarität der Fürsorge (§ 21 FürsPflVO) abgeleitet worden (vgl. Keese „Die öffentliche Fürsorge”, 5. Aufl., 1957 S. 21; s. auch Gutachten in NDV 1956 S. 66).
Obwohl der im vorliegenden Fall geltend gemachte Erstattungsanspruch des Beklagten nicht nach dem erst später in Kraft getretenen § 81 b BVG zu beurteilen ist, so ist doch darauf hinzuweisen, daß durch diese Vorschrift nicht etwa der Grundsatz der Subsidiarität für Erstattungsansprüche des Versorgungsträgers der KOV gegen Fürsorgeträger beseitigt worden ist, sondern auch weiterhin gilt. Eine höchstrichterliche Entscheidung fehlt allerdings noch zu dieser Frage. Die überwiegende Meinung in der Literatur geht jedoch dahin, daß ein Erstattungsanspruch des Versorgungsträgers gegen den Sozialhilfeträger nicht besteht, wenn der Versorgungsträger ohne Rechtsgrund Leistungen erbracht hat, weil dieser Anspruch mit dem Grundsatz der Subsidiarität der Fürsorgeleistungen kollidieren würde (vgl. Kurth”§ 81 b und die fürsorgerechtliche Subsidiarität” in ZfS 1961 S. 36; Pappai „Der Ersatzanspruch nach § 81 b” in ZfS 1962 S. 155 und S. 196; Gurgel in ZfSH 1965 S. 135; Mayer in KOV 1967 S. 69; Gutachten in NDV 1964 S. 436 und NDV 1967 S. 342; ZfF 1961 S. 174 und 1967 S. 349; DOK 1968 S. 105; Urteil LSG Nordrhein-Westfalen in Breithaupt 1966 S. 610; Otto in SozVers 1966 S. 321; Schieckel/Gurgel, BVG, 3. Aufl., Bd. 2 S. 569; Schriftliche Stellungnahme des BMI an BMA, zitiert bei van Nuis/Vorberg, 6. Teil, § 81 b BVG, Anm. II 4; vgl. auch Werkmüller in NDV 1964 S. 436). Entsteht somit nach diesem Grundsatz keine Verpflichtung des Fürsorgeträgers, wenn die Hilfeleistung bereits tatsächlich von dritter Seite gewährt worden ist, und wird dieser Grundsatz auch zugunsten des Versorgungsträgers nicht durchbrochen, so ist der Erstattungsanspruch des Beklagten für die Heilbehandlungskosten der Ph. nicht begründet. Ist aber der Erstattungsanspruch unbegründet, so hat die Aufrechnung mit dieser Gegenforderung die an sich unbestrittene Hauptforderung des Klägers nicht zum Erlöschen gebracht.
Nur dann könnte ein Erstattungsanspruch des Beklagten für die von ihm geleistete Hilfe in Betracht kommen, wenn er die Krankenbehandlung der Ph. als Eilfall im Sinne des § 121 BSHG übernommen hätte. Abgesehen davon aber, daß seinerzeit das BSHG noch nicht galt, war ein „Eilfall” für das Eintreten des Beklagten keinesfalls gegeben, da die Krankenhausbehandlung der Ph. bereits im April 1957 begonnen hatte, so daß hinreichend Zeit war, sich mit dem zuständigen Sozialhilfeträger in Verbindung zu setzen.
Die Revision des Beklagten, mit der dieser sich gegen seine Verurteilung zur Zahlung der Hauptforderung von 4 359,10 DM gewendet hat, war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Der von dem Kläger mit seiner Revision verfolgte weitergehende Anspruch auf Prozeßzinsen ist unbegründet. Das BSG hat bereits wiederholt zur Frage der Zinspflicht auf den Gebieten der Sozialgerichtsbarkeit Stellung genommen (vgl. 2 RU 39/55 in Breithaupt 1958 S. 725, 730; 1 RA 285/62 in BSG 24 S. 16; 2 RU 122/64 in „Die Sozialgerichtsbarkeit” 1967 S. 117; 12 RJ 526/64 in BSG 22, 150 = SozR BGB § 288 Nr. 1; 6 RKa 19/67 vom 20. Februar 1968 in SozR BGB § 288 Nr. 3; 2 RU 73/65 vom 27. Juni 1968; 9 RV 370/63 in BSG 24 S. 118; 3 RK 42/64 in Breithaupt 1967 S. 737; 6 RKa 17/66 vom 24. September 1968). In allen diesen Fällen ist ein Zinsanspruch mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage (vgl. zB §§ 751, 823 Abs. 2, 1400 Abs. 3 und 1436 Abs. 2 RVO) verneint worden. Zwar trifft der Hinweis des Klägers zu, daß in der in BSG 24 S. 118 veröffentlichten Entscheidung nur über den Zinsanspruch des Versorgungsberechtigten gegen die KOV entschieden ist, während es sich im vorliegenden Fall um den Zinsanspruch des Sozialhilfeträgers gegen die KOV handelt. Nach Auffassung des Senats sind jedoch die Gründe, die in den bisherigen Entscheidungen des BSG zur Ablehnung eines Zinsanspruchs geführt haben, auch für den vorliegenden Zinsanspruch des Klägers maßgebend. Zur Stützung dieses Anspruchs kann auch nicht § 291 BGB herangezogen werden, wie der Kläger offenbar meint. Eine Anwendung dieser Vorschrift im Sozialrecht kraft Gesetzes scheidet aus, da das SGG in § 202 zwar auf die verfahrensrechtlichen Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes und der ZPO verweist, nicht jedoch auf die materiell-rechtlichen Vorschriften des bürgerlichen Rechts. Auch wäre es, wie der 12. Senat des BSG bereits ausgesprochen hat (SozR BGB § 291 Nr. 1), ein grundlegender Fehler, Einzelregelungen anderer Rechtsgebiete, wie zB des bürgerlichen Rechts, im Wege entsprechender Anwendung in das Sozialrecht zu übertragen, ohne dabei die Gesamtheit der sozialrechtlichen und der damit zusammenhängenden verfahrensrechtlichen Regelungen im Blick zu behalten. Es sind auch keine Regelungen bekannt, die einen Zinsanspruch bei verspäteten Leistungen des Sozialversicherungsträgers und insbesondere des Versorgungsträgers rechtfertigen könnten. Darauf deutet schon die Tatsache hin, daß in der KOV sowohl eine besondere Bestimmung über die Verzinsung fehlt als auch darüber, wann in der KOV die Versorgungsleistungen „fällig” werden. Nach Auffassung des Senats ist es im Hinblick auf die seit Jahrzehnten bekannte Streitfrage ausgeschlossen, daß der Gesetzgeber das Problem der Prozeßzinsen etwa übersehen und eine beabsichtigte Zinspflicht gleichsam „vergessen” haben sollte. Das Reichsversorgungsgericht (RVG) hatte bereits in einer grundsätzlichen Entscheidung (GE) vom 18. November 1922 (RVG 3, 82) nach eingehender Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung und unter bewußter Abweichung von der Auffassung des Reichsgerichts ausgesprochen, daß für Versorgungsleistungen weder Verzugszinsen noch Prozeßzinsen beansprucht werden können. Diese Auffassung hat das RVG in der GE vom 26. Februar 1936 (Bd. 12, 99, 103) bestätigt und ausdrücklich darauf hingewiesen, daß es „für die Zinspflicht an einer Rechtsgrundlage fehlt, insbesondere Verzugszinsen dem Versorgungsrecht fremd sind”. Im Anschluß an diese Rechtsprechung des RVG hatte sich, worauf der 9. Senat des BSG in Bd. 24 S. 118, 121 hingewiesen hat, für die folgenden Jahre und Jahrzehnte eine allgemeine, einhellige Rechtsüberzeugung aller beteiligten Kreise (Reich, Bund, Versorgungsbehörden, Versorgungsberechtigte) im Sinne eines Gewohnheitsrechts dahin gebildet, daß eine Zinspflicht der Versorgungsbehörden nicht besteht (Schwankhart: „Anspruch des Bürgers auf Prozeßzinsen im Sozialrecht?” in NWJ 1967 S. 377 spricht in diesem Zusammenhang von „Lückenschließung” durch die Annahme von Gewohnheitsrecht). Wenn der Gesetzgeber bei Erlaß des BVG und der zahlreichen Änderungs- und Neuordnungsgesetze in dem Zeitraum von 1950 bis 1966 keinen Anlaß gesehen hat, eine eindeutige abändernde Regelung hinsichtlich der Zinsfrage zu geben, dann muß aus diesem Schweigen geschlossen werden, daß die in langdauernder Übung angewandte Rechtsüberzeugung beibehalten werden soll (vgl. BSG vom 20. Februar 1968, 6 RKa 19/67, gekürzt abgedruckt in SozR BGB § 288 Nr. 3; vgl. auch Rundschreiben des BMA vom 12. April 1954 – BVBl 1954 S. 56 Nr. 46). Diese Rechtsüberzeugung und die dementsprechende ständige Rechtsübung aller beteiligten Kreise sind als selbständige Rechtsquelle neben das Gesetzesrecht getreten. Die Gerichte entsprechen der ihnen durch Art. 20 Abs. 3 und Art. 97 des Grundgesetzes auferlegten Bindung an Gesetz und Recht, wenn sie ihre Entscheidung auf eine solche zu Gewohnheitsrecht gewordene ständige Rechtsübung stützen (vgl. BSG 24, 118).
Demgegenüber trifft das Vorbringen des Klägers, in letzter Zeit sei ein Wandel der Rechtsauffassung eingetreten, insbesondere werde von den übrigen Obersten Gerichtshöfen des Bundes eine Zinspflicht bei öffentlich-rechtlichen Erstattungsansprüchen grundsätzlich bejaht, nicht zu; es ist auf eine unzutreffende Würdigung dieser Rechtsprechung zurückzuführen. Das BVerwG hat in einer neueren Entscheidung vom 25. Oktober 1962 (Bd. 15, 78, 81, 85) ausdrücklich ausgesprochen, daß es keinen das gesamte öffentliche Recht beherrschenden Grundsatz gibt, wonach öffentlich-rechtliche Forderungen zu verzinsen sind. Eine Abweichung von der Rechtsprechung anderer Senate des BVerwG – mit der Notwendigkeit, den Großen Senat anzurufen – hat der 8. Senat des BVerwG in dieser Entscheidung verneint mit der Begründung, daß ein Anspruch auf Prozeßzinsen nicht auf allen Rechtsgebieten bejaht wird, sondern für das jeweilige Sachgebiet besonders geprüft und entschieden werden muß. Ebenso ist das BVerwG in den Entscheidungen Bd. 7 S. 95 und Bd. 9 S. 225 davon ausgegangen, daß zwar Zinsansprüche für öffentlich-rechtliche Geldforderungen durch ein allgemeines Gesetz nicht grundsätzlich ausgeschlossen sind, daß aber jeweils im einzelnen geprüft werden muß, ob nicht der Gesetzgeber für bestimmte Arten von Geldforderungen den Zinsanspruch anderweitig geregelt und ausgeschlossen hat. In beiden Fällen hat überdies das BVerwG die Zinsforderung abgewiesen. In Übereinstimmung damit hat der 6. Senat des BSG (Urteil vom 20. Februar 1968 in SozR BGB § 288 Nr. 3) darauf hingewiesen, daß der Gesetzgeber nicht gehindert sei, für bestimmte Arten von Geldforderungen Zinsansprüche auszuschließen, und daß dazu eine ausdrückliche gesetzliche Regelung nicht notwendig sei, sondern ein Stillschweigen des Gesetzgebers genüge. In gleicher Richtung hat der BGH (NJW 1962 S. 1012) ausgesprochen, eine öffentlich-rechtliche Forderung könne, müsse aber nicht verzinslich sein; er hat weiter ausgeführt, der Gedanke der Verzinslichkeit einer Geldforderung aus dem bürgerlichen Recht könne nicht unbesehen auf das Verwaltungsrecht übertragen werden, vielmehr müsse auf die Besonderheiten des verwaltungsrechtlichen Verhältnisses Rücksicht genommen werden (ebenso BGH vom 28. März 1958 in Lindenmaier/Möhring, Nachschlagewerk des BGH, BEG 1956, § 169 Nr. 1). Auch der Bundesfinanzhof hat in einer neuen Entscheidung (BStBl II 1968 S. 687) nach Erörterung der Auffassung des BVerwG einen Anspruch auf Prozeßzinsen (zu §§ 4, 5 Wohnungsbau-Prämien-Gesetz) abgelehnt. Ergänzend soll noch darauf hingewiesen werden, daß § 14 FürsPflVO, der allgemein Verzugszinsen in Höhe von 6 % bei Kostenerstattung zwischen Fürsorgeträgern untereinander vorsah, in das BSHG nicht übernommen worden ist (vgl. Schellhorn/Reinehr/Schwörer aaO S. 211 und die sehr einschränkende Regelung in § 107 Abs. 3 BSHG; vgl. auch „Zinsgutachten” von 1958 der Zentralen Spruchstelle für Fürsorgestreitsachen). Entsprechend bestätigte der Vertreter des Klägers in der mündlichen Verhandlung, daß Sozialhilfeträger unter sich außerhalb eines Streitverfahrens und an andere Behörden keine Zinsen zahlen. Damit zeigt sich, daß es den von dem Kläger in Anspruch, genommenen Rechtssatz der allgemeinen Zinspflicht (Verzugs- oder Prozeßzinsen) im öffentlichen Recht und bei öffentlich-rechtlichen Erstattungsforderungen nicht gibt. Die Obersten Gerichtshöfe des Bundes (hier: BVerwG, BGH, BFH, BSG) haben einen allgemeinen Rechtssatz dieses Inhalts nicht anerkannt, sondern im Gegenteil die Entscheidung jeweils von dem einzelnen Sachgebiet und der Art der strittigen Geldforderung abhängig gemacht. Wenn es aber einen allgemeinen Grundsatz, daß öffentlich-rechtliche Leistungen zu verzinsen sind, nicht gibt, und insbesondere im Recht der KOV ein Gewohnheitsrecht dahin geht, daß Leistungen der Versorgungsträger nicht zu verzinsen sind, dann fehlt auch jegliche Grundlage dafür, daß der Beklagte die von ihm zu erbringende Leistung zu verzinsen hat. Die Revision des Klägers war deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Unterschriften
Dr. Tesmer, Dr. Brocke, Dr. Burdenski
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 11.12.1968 durch Bittner Reg. Hauptsekretär Schriftführer
Fundstellen